Die Reise nach Ugri-La-Brek - tjg. theater junge generation
Die Reise nach Ugri-La-Brek - tjg. theater junge generation
Die Reise nach Ugri-La-Brek - tjg. theater junge generation
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Thomas Tidholm<br />
<strong>Die</strong> <strong>Reise</strong> <strong>nach</strong> <strong>Ugri</strong>-<strong>La</strong>-<strong>Brek</strong><br />
Theaterpädagogisches Material
Sehr geehrte Pädagoginnen und Pädagogen!<br />
Das Sterben und der Tod nahe stehender Menschen berühren jeden Lebensweg. Auch Kinder sind davon nicht<br />
ausgenommen. <strong>Die</strong> Realität des Todes trifft sie ebenso wie Erwachsene. Wenn Kinder die Frage <strong>nach</strong> dem Tod<br />
stellen, tun sie dies ganz unbefangen. <strong>Die</strong> sie begleitenden Erwachsenen - Eltern wie Lehrer - wissen das und<br />
haben doch nur selten eine passende, genauso unbefangene Antwort parat. Denn trotz veränderter Alterspyramide<br />
bleibt der Tod im öffentlichen Leben weitgehend verborgen, und die unmittelbare Berührung mit dem<br />
Sterben ist aus der alltäglichen Lebensnähe verschwunden.<br />
In unserer Inszenierung des schwedischen Kinderbuchklassikers »<strong>Die</strong> <strong>Reise</strong> <strong>nach</strong> <strong>Ugri</strong>-<strong>La</strong>-<strong>Brek</strong>« von<br />
Thomas Tidholm können die Eltern ihren Kindern auf die Frage, wo ihr Opa geblieben ist, auch keine Antwort<br />
geben. Für die Kinder Ameise und Eimer bleibt das Verschwinden des Großvaters vor allem ein Rätsel, das gelöst<br />
werden muss…<br />
<strong>Die</strong>se unpathetische und doch poetische Geschichte im <strong>tjg</strong>. puppen<strong>theater</strong> bietet Anregungen, mit Kindern<br />
über das Zusammenleben von Generationen, über den Lebenskreislauf, über Leben und Tod zu philosophieren<br />
und sie damit zum Denken zu ermutigen. Denn durch diese Form der Auseinandersetzung mit existentiellen<br />
Fragen können Kinder lernen, eigene Gedanken zu formulieren, sie wertzuschätzen, diese in einen Kontext zu<br />
setzen und ihnen und somit sich selbst zu vertrauen.<br />
<strong>Die</strong>ses Material zur Inszenierung soll Ihnen Handreichungen dazu bieten, mit Ihren Schülern über das scheinbar<br />
Unaussprechliche in einen Dialog zu treten.<br />
<strong>Die</strong> <strong>tjg</strong>. <strong>theater</strong>akademie empfiehlt den Besuch der Inszenierung ab der dritten Klasse. Gespräche und Diskussionen<br />
mit Lehrern aller Schularten während des Inszenierungsprozesses haben gezeigt, dass das Interesse an<br />
dieser Thematik sehr wohl auch in älteren Klassenstufen besteht. Deshalb haben wir im Anhang Querverweise<br />
zu Lernbereichen der Unterrichtsfächer Deutsch, Ethik, Religion und Kunst aus dem Sächsischen Lehrplan für Sie<br />
zusammengestellt, bei denen sich die Behandlung der Themen Leben, Tod, Sterben und Trauer in den Klassenstufen<br />
3-8 anbieten würde.<br />
Im Namen des Inszenierungsteams grüßen Sie<br />
Ulrike Leßmann, Dramaturgin und Bettina Seiler, Theaterpädagogin.<br />
Kontaktieren Sie die <strong>tjg</strong>. <strong>theater</strong>akademie in allen Vermittlungsfragen rund um »<strong>Die</strong> <strong>Reise</strong> <strong>nach</strong> <strong>Ugri</strong>-<strong>La</strong>-<br />
<strong>Brek</strong>«!<br />
Bettina Seiler: 0351 – 42 91 294<br />
bettina.seiler@<strong>tjg</strong>-dresden.de<br />
2
Inhalt<br />
1 Besetzung<br />
2 Philosophieren mit Kindern<br />
2.1 Staunen – Fragen - Weiterfragen<br />
2.2 Methoden und Zielsetzung des Philosophierens mit Kindern<br />
2.3 Literaturempfehlungen zum Thema Philosophieren mit Kindern<br />
2.4 Zwei Positionen: Warum wir mit Kindern über den Tod philosophieren sollten<br />
2.4.1 Der Tod als einzige Gewissheit des Lebens<br />
2.4.2 Nein danke, wir sterben nicht - Mit Kindern und Jugendlichen über den Tod sprechen<br />
2.5 Literaturempfehlungen für ein Gespräch mit Schülern über Sterben und Tod<br />
2.6 Gedankenspiele zum Thema »Tod«<br />
3 Tod und Sterben<br />
3.1 Kinder und ihre Vorstellungen vom Tod<br />
3.2 Weltreligionen und ihre Vorstellungen vom Tod<br />
3.3 Museumskoffer, Bestattungsinstitut und Friedhofsspaziergang<br />
3.3.1 Der Museumskoffer »Vergissmeinnicht«<br />
3.3.2 Tod und Sterben als Rahmenthema für eine Projektwoche<br />
4 Trauer und Trauerrituale<br />
4.1 Trauerphasen <strong>nach</strong> Verena Kast<br />
4.2 Was Kinder brauchen, um rechtzeitig mit dem Tod leben zu lernen<br />
4.3 Literaturempfehlungen zum Thema »Trauern mit Kindern«<br />
4.4 Zehn Rechte für Kinder, die um einen Menschen trauern<br />
5 Zuordnung der Lernbereiche<br />
6 Impressum<br />
THEORIE – hier erhalten Sie hilfreiche Hintergrundinformationen<br />
PRAXIS – Tipps zur praktischen Vor- und Nachbereitung der Inszenierung<br />
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1 Besetzung<br />
Thomas Tidholm<br />
<strong>Die</strong> <strong>Reise</strong> <strong>nach</strong> <strong>Ugri</strong>-<strong>La</strong>-<strong>Brek</strong><br />
Aus dem Schwedischen von Dirk H. Fröse<br />
<strong>tjg</strong>. puppen<strong>theater</strong><br />
ab 8 / Spieldauer: 1:15 h<br />
Regie Moritz Sostmann<br />
Bühne und Kostüme Saskia Wunsch<br />
Musikalische Leitung Bernd Sikora<br />
Puppenbau Hagen Tilp<br />
Es spielen<br />
Ameise Ivana Sajević<br />
Eimer Christian Pfütze<br />
Opa Klaus Frenzel<br />
Quatsch Patrick Borck<br />
Mama Ulrike Schuster<br />
Papa / Fährmann Uwe Steinbach<br />
Dramaturgie Ulrike Leßmann Theaterpädagogik Bettina Seiler Regieassistenz Rahel Häseler Ausstattungsassitenz<br />
Katharina Kreßler Theaterpädagogische Mitarbeit Benjamin Graul Regiehospitanz Jessica Pötzsch (FSJ<br />
Kultur) Technische Leitung Lutz Hofmann Technische Einrichtung René Gorks Licht Holger Gabriel Ton <strong>Die</strong>tmar<br />
Husse Technik Arthur Garand / Richard Messerschmidt Herstellung der Dekorationen und Kostüme in den Werkstätten<br />
des <strong>tjg</strong>. Gesamtleitung Andreas Weidner Malsaal Carl-Mathias Wieder Plastik Rainer Assing Tischlerei<br />
Torsten Gaitzsch Schneiderei Undine Ehrlich / Annegret Fischer Dekorationsabteilung Uwe Scholz Schlosserei Chris<br />
Siebert Atelier <strong>tjg</strong>. puppen<strong>theater</strong> Roland Teichmann<br />
Aufführungsrechte Verlag der Autoren GmbH & Co KG, Frankfurt/Main<br />
Das Fotografieren sowie Film- und Tonaufnahmen während der Vorstellung sind nicht gestattet.<br />
in Kooperation mit dem Städtischen Bestattungsdienst Dresden<br />
Premiere 08.10.2011 <strong>tjg</strong>. puppen<strong>theater</strong> / Rundkino<br />
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2 Philosophieren mit Kindern<br />
2.1 Staunen – Fragen – Weiterfragen<br />
Wie Kinder Orientierung in der Welt suchen<br />
Kinder im Grundschulalter stellen endlos viele Fragen, einfache und komplizierte. Zu den komplizierten Fragen gehören<br />
(so bemerkte vor 300 Jahren bereits der englische Philosoph John Locke) Warum-Fragen und andere wichtige Sinnfragen,<br />
durch die die Kinder versuchen, den Dingen auf der Welt auf den Grund zu gehen: Warum müssen alle Menschen sterben?<br />
Können Tiere denken? Hat der Himmel ein Ende? Was ist Zeit?<br />
Solche Fragen entstehen beim Spielen, Fernsehen oder Lesen, und zwar immer dann, wenn Kinder auf Situationen stoßen,<br />
über die sie staunen, die sie anregen, mehr wissen zu wollen, d.h. weiterzufragen. Das Weiterfragen als Klärungsprozess<br />
fundamentaler Probleme menschlicher Existenz war seit jeher Thema der 2500-jährigen philosophischen Tradition. Jemand,<br />
der staunt, fragt und weiterfragt, sucht <strong>nach</strong> Erklärung für unerklärliche Dinge: Er philosophiert, um sich in der Welt<br />
besser orientieren zu können.<br />
Wenn Kinder Fragen stellen, dann wollen sie natürlich auch Antworten haben. Bei wichtigen Sinnfragen <strong>nach</strong> Gott, Glück<br />
und Gerechtigkeit treffen sie dabei allerdings auf ein nicht zu unterschätzendes Hindernis: Bei diesen Fragen gibt es nämlich<br />
mehr als eine nur mögliche Antwort. Deshalb gilt es verschiedene Aspekte zu bedenken und Gründe zu prüfen, bevor<br />
man sich für eine Möglichkeit entscheidet. So hat Glück beispielsweise etwas mit Wohlbefinden zu tun, mit erfüllten<br />
Wünschen und unvergesslichen Augenblicken, erreichten Zielen und einem gelungenen Leben. Jeder, der über Glück oder<br />
Glücklichsein <strong>nach</strong>denkt, muss viele Dimensionen in Betracht ziehen, um zum Kern des Problems vorzudringen.<br />
Aus: Barbara Brüning (Hrsg): Grundlagen und Konzeption für das Philosophieren in der Primarstufe. In: Philosophieren in der Grundschule,<br />
Rostocker Philosophische Manuskripte1999<br />
2.2 Methoden und Zielsetzung des Philosophierens mit Kindern<br />
Philosophieren heißt, Fragen zu stellen. Fragen <strong>nach</strong> Bedeutungen, <strong>nach</strong> Gründen und <strong>nach</strong> Folgen<br />
(z.B. Was ist…?, Warum ist…?, Was wäre, wenn…?). Philosophieren heißt auch, Antworten zu<br />
finden und diese zu begründen. Philosophieren ist immer ein Dialog, weil beides – Fragen und Antworten – zusammengehört.<br />
Philosophieren mit Kindern heißt nicht mehr und nicht weniger, als genau dieses gemeinsam mit<br />
Kindern zu tun und sie somit zum eigenständigen Denken anzuregen, sie zu bestärken, Fragen zu formulieren, andere<br />
Meinungen zuzulassen, sich zu positionieren, Antworten zu finden.<br />
Merkmale philosophischer Fragestellungen sind:<br />
Generalität: Fragestellungen und Probleme, die grundsätzlich für alle Menschen wichtig sind<br />
oder sein könnten.<br />
Mehrperspektivismus: Fragen, die sich nicht allein mit einer Fachwissenschaft beantworten lassen.<br />
Selbsterweiterung: Durch das Philosophieren neue Perspektiven für das eigene Handeln und Denken<br />
im Alltag gewinnen.<br />
Zu den Methoden des Philosophierens zählen:<br />
Phänomenologie – das beobachtende Beschreiben,<br />
Deuten – fragen und verstehen,<br />
Spekulieren – sinnieren und phantasieren,<br />
Dialektik – in Gegensätzen und Widersprüchen denken.<br />
Im Gespräch können all diese Methoden im Rahmen des Unterrichtes zum Einsatz kommen.<br />
Zur Fortsetzung oder Vertiefung des Gespräches dient das Fragen, Hinterfragen und Weiterfragen.<br />
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Das Blitzlicht (nennen eines Begriffes und Sammeln von knappen, spontanen Assoziationen) ist eine bewährte<br />
»Hebammenmethode« zur Gesprächseröffnung. Gedankenexperimente (Was wäre wenn, …?) regen ebenso<br />
zum Einen das logisch argumentative Denken an und zum Anderen das kreative Denken.<br />
Mittels des Kategorienspiels können die Schüler lernen, bestimmte Fragen <strong>nach</strong> selbst gewählten oder vorgegebenen<br />
Kategorien zu sortieren.<br />
Mit Kindern philosophieren, soll nicht zuletzt Spaß machen: Phantasievolles Nachdenken und Überlegen, Zusammenhänge<br />
entdecken und Netze spinnen, mit Gedanken und Sprache spielen, neue Möglichkeiten und Ideen verfolgen<br />
und ausprobieren.<br />
Nach: Karsten Dittmann: Philosophieren mit Kindern - Eine kurze Einführung in Konzeption und Methoden. Und: Philosophierwerkstatt<br />
für Kinder, Jugendliche und Erwachsene (www.philosophieren-mit-kindern.de)<br />
2.3 Literaturempfehlungen zum Thema »Philosophieren mit Kindern«<br />
- Selber denken macht schlau, Eva Zoller Morf , Zytglogge Verlag 2010<br />
- <strong>Die</strong> großen Fragen der Menschen, - Ethik für Kinder, Julia Knop, Verlag Herder 2009<br />
- <strong>Die</strong> Fragen des Lebens: Fernando Savater lädt ein in die Welt der Philosophie,<br />
Fernado Savater, Campus Verlag 2007<br />
- Gedankenspiele, Liza Haglund – Philosophie für Kinder, Omnibus 2004<br />
- Denk dir die Welt, Brigitte <strong>La</strong>bbé, Michel Puech, Loewe 2003<br />
- Beklage dich nicht – philosophiere, Schribi-Verlag Berlin - Milow<br />
2.4 Zwei Positionen: Warum man mit Kindern über den Tod philosophieren<br />
sollte<br />
2.4.1 Der Tod als einzige Gewissheit des Lebens<br />
Man hat Angst vor dem Tod der Menschen, die man liebt. Mit den Menschen zusammen zu sein, an denen man<br />
hängt, ist das Schönste auf Erden. Gehen sie weg, wartet man ungeduldig auf ihre Rückkehr. Deshalb ist es ganz<br />
normal, dass man sich davor fürchtet, diese Menschen könnten sterben. Denn was stirbt, ist nicht mehr da, für immer.<br />
Wir alle, Kinder, Erwachsene und alte Menschen, haben Angst davor, ohne die Mensche zu leben, die wir lieben.<br />
Wenn man vergisst, dass eines Tages der Tod vor der Tür steht, kann man immer alles auf morgen verschieben.<br />
Jeden Tag kann man sich sagen, dass man noch alle Zeit der Welt hat, dass alles noch warten kann, dass man es<br />
schon irgendwann erledigen wird, vielleicht morgen oder übermorgen.<br />
<strong>Die</strong> Tatsache, dass das Leben irgendwann zu Ende geht, bringt uns letztendlich dazu, uns anzustrengen und ein<br />
selbstbestimmtes Leben zu führen. <strong>Die</strong> wirkliche Frage lautet deshalb nicht: »Warum müssen wir eines Tages sterben?<br />
«, sondern »Wie sollen wir leben?«<br />
Brigitte <strong>La</strong>bbé, Michael Puech: Denk dir die Welt, Philosophie für Kinder<br />
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2.4.2 Nein danke, wir sterben nicht - Mit Kindern und Jugendlichen über den Tod sprechen<br />
Nachdenken über Sterben, sich auseinandersetzen mit dem Tod, Abschied nehmen - das sind alles Aufgaben für<br />
Lebende. Leben, Lebenssinn sind nicht Bestandteile des Nachdenkens über Sterben und Tod, umgekehrt müsste es<br />
sein: Ich kann den Tod - weder als konkretes Ereignis, noch als pure Denkmöglichkeit - nicht ausklammern wenn ich<br />
dem Leben <strong>nach</strong>sinnen möchte. Das aber gibt eine klare Zielrichtung für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen:<br />
Beschäftigung mit Sterben und Tod geschieht unter dem Zeichen der Stärkung von Lebensressourcen. Es geht um<br />
nichts weniger als um Integration von Sterben und Tod. Das sicher; aber auch so, dass <strong>junge</strong> Menschen Mut bekommen,<br />
den Balanceakt des Lebens zu wagen. Nachdenken über Sterben und Tod als Balanceschulung in Höhenflug<br />
und Erdanziehungskraft, in Unsterblichkeitsphantasien und Endlichkeitsrealitäten.<br />
Aus: Markus Baumgartner: Mit Kinder und Jugendlichen über Sterben und Tod <strong>nach</strong>denken. In: <strong>La</strong>st Minute. Staphehaus Lenzburg<br />
(Hrsg) hier und jetzt Verlag 1999<br />
2.5 Literaturempfehlungen für ein Gespräch mit Schülern über Sterben und<br />
Tod<br />
Es existieren circa 70 Kinder- und Bilderbücher, die die Themen Sterben, Tod, Abschied und Trauer ins Zentrum<br />
stellen. Bilderbücher bieten neben Inhalten und Sprache zusätzlich Bilder als Ebenen philosophischer Rezeption.<br />
Aus der Vielzahl der lieferbaren Kinder- und Bilderbücher empfehlen wir die folgenden:<br />
1. Leb wohl, lieber Dachs, Susan Varley, Anette Beetz Verlag<br />
2. Hat Opa einen Anzug an?, Amelie Fried, Jacky Gleich, Carl Hanser Verlag<br />
3. Ein Himmel für Oma: Ein Bilderbuch über das Sterben und den Tod,<br />
Antonie Schneider, Betina Gotzen-Beek, Coppenrath, Münster<br />
4. Eine Kiste für Opa, Schins Marie Therese, Aufbau-Verlag<br />
5. Der Besuch vom kleinen Tod, Kitty Crowther, Carlsen-Verlag<br />
6. Opa, ich kann Hummeln zähmen, Monika Feth, Sauerländer Verlag<br />
7. Der letzte unsichtbare Junge, Evan Muhlmann, dtv<br />
8. Mein trauriges Buch, Michael Rosen, Quentin Blake, Verlag freies Geistesleben<br />
9. Ente, Tod und Tulpe, Wolf Erlbruch, Kunstmann – Verlag<br />
10. Matti und der Großvater, Roberto Piumini, Quint Buchholz, dtv<br />
11. Adieu, Herr Muffin, Ulf Nilsson, Anna-Clara Tidholm, Ole Könnecke, Beltz<br />
<strong>Die</strong> <strong>tjg</strong>. <strong>theater</strong>akademie empfiehlt darüber hinaus folgende Romane, in denen die Themen Sterben, Tod, Abschied<br />
und Trauer für Jugendliche verarbeitet werden:<br />
Der letzte unsichtbare Junge, Evan Kuhlman, dtv (ab 11 Jahre)<br />
Wilde <strong>Reise</strong> durch die Nacht, Walter Moers, Goldmann Verlag (ab 11 Jahre)<br />
<strong>Die</strong> Spur ins Schattenland, Jonathan Stroud, Omnibus TB Verlag (ab 12 Jahre)<br />
Du fehlst mir – du fehlst mir, Peter Pohl, dtv (ab 12 Jahre)<br />
Das Buch der verlorenen Dinge, John Connoly, List Taschenbuch Verlag (ab 14 Jahre)<br />
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2.6 Gedankenspiele zum Thema »Tod«<br />
<strong>Die</strong> Theaterpädagogin Bettina Seiler philosophierte eine Unterrichtsstunde lang mit Schülern der dritten Klassenstufe<br />
der 84. Grundschule in Dresden-Hellerau zu folgenden Fragen:<br />
Was geht euch durch den Kopf, wenn Ihr an die Wörter `Sterben` oder `Tod`<br />
denkt?<br />
Methode: Blitzlicht<br />
Ich bin ganz traurig und fühle mich sehr schlecht.<br />
Friedhof<br />
Kirchenglocken<br />
Ich will das nicht!<br />
An traurige Menschen<br />
An Krieg und schießen<br />
Ich denke an Gott. Ich will bei Gott wohnen.<br />
Woran erkennt man, dass etwas lebt?<br />
Methode: Kategorienspiel<br />
Es atmet.<br />
Es läuft.<br />
Es wächst.<br />
Zur Vertiefung untersuchten wir diese Merkmale an verschiedenen Gegenständen bzw. Lebewesen im Klassenzimmer<br />
(Bleistift – Klassenbuch – Trinkflasche – Klassenlehrerin – Grünpflanze – Plüschtier – Schmetterlinge, …)<br />
und ergänzten die gesammelten Erkenntnisse.<br />
Es fliegt.<br />
Dinge können nicht leben.<br />
Es braucht ein Herz.<br />
Und Blut. Unsere Schmetterlinge haben geblutet.<br />
Mein Freund lebt.<br />
Wie würde sich unsere Welt verändern, wenn niemand mehr sterben würde?<br />
Methode: Gedankenexperiment<br />
Es wäre langweilig.<br />
<strong>Die</strong> Welt würde platzen.<br />
Es wäre alles zu eng.<br />
Dann gäbe es keine Friedhöfe mehr.<br />
Keiner wäre mehr traurig.<br />
Ich würde keine Luft mehr bekommen.<br />
Wir würden in unserem Klassenzimmer gar keinen Platz mehr haben.<br />
Und es gäbe noch Dinosaurier.<br />
Unsere Sprache ist sehr erfinderisch, um das Wort »Sterben« zu ersetzen. Welche<br />
kennt Ihr?<br />
zu Gott gehen<br />
abnippeln<br />
abkratzen<br />
ein Engel werden<br />
zu Staub werden<br />
ins Gras beißen<br />
erschossen werden<br />
8
tot sein<br />
den Löffel abgeben<br />
in eine andere Welt gehen<br />
Wie stellst Du Dir das <strong>La</strong>nd <strong>Ugri</strong>-<strong>La</strong>-<strong>Brek</strong> vor? Beschreibe oder zeichne Deine<br />
Vision!<br />
Ich stelle mir <strong>Ugri</strong>-<strong>La</strong>-<strong>Brek</strong> ganz bunt vor und sehr schön. Opa geht es ganz gut. Er wurde in einen Strudel gezogen,<br />
da kam er <strong>nach</strong> <strong>Ugri</strong>-<strong>La</strong>-<strong>Brek</strong>. Er wohnt in einem Schloss, er der König von <strong>Ugri</strong>-<strong>La</strong>-<strong>Brek</strong>. Opa war kleiner als ein<br />
Staubkorn, weil <strong>Ugri</strong>-<strong>La</strong>-<strong>Brek</strong> ein Staubkorn ist. Ameise und Eimer fanden das Staubkorn und hörten Opas Stimme.<br />
Helene<br />
Ich denke, dass <strong>Ugri</strong>-<strong>La</strong>-<strong>Brek</strong> unter der Erde ist und dass der Eingang sehr, sehr super doll versteckt ist und niemand<br />
kennt den Eingang. Außer dem Opa und den beiden Kindern. Ich meine, dass sie viel erleben werden und viel Spaß<br />
haben und hoffe, dass sie den Opa wiederfinden. In <strong>Ugri</strong>-<strong>La</strong>-<strong>Brek</strong> sind die Häuser aus der unterirdischen Natur gebaut.<br />
Dilano<br />
<strong>Ugri</strong>-<strong>La</strong>-<strong>Brek</strong> ist eine Insel. Auf der Insel gibt es nur einen Baum und zehn Büsche. <strong>Die</strong> Insel liegt im <strong>Ugri</strong>-Meer. Sie ist<br />
weit weg. Dort ist immer tolles Wetter.<br />
Annika<br />
Lukas, Kl. 3b<br />
Marwin, Kl. 3b<br />
Oskar, Kl. 3a<br />
Johann, Kl. 3b<br />
9
Jan, Kl. 3a<br />
Lena, Kl. 3b<br />
2.6 Textarbeit – <strong>Die</strong> Inszenierung als Ausgangspunkt für das<br />
Philosophieren mit Kindern<br />
Szenisches Lesen als praktische Übung zur Vor- oder Nachbereitung des Theaterbesuches<br />
Ziele: Entwicklung von Lesekompetenz, aktiv zuhören, kennenlernen von dialogischen Texten, <strong>nach</strong>denken,<br />
deuten, philosophieren<br />
<strong>Die</strong> Kinder lesen den Auszug aus der Stückfassung mit verteilten Rollen, um sich anschließend mit folgenden Fragen<br />
auseinander zu setzen:<br />
1. »<strong>Die</strong> <strong>Reise</strong> kostet nichts, aber wir nehmen nicht gern Kinder.« - Was meint der<br />
Fährmann damit?<br />
2. Wer ist der Fährmann?<br />
3. Wo bringt er Ameise und Eimer hin?<br />
4. Welche Antwort habt Ihr auf die dritte Frage, die der Fährmann den Kindern<br />
stellt?<br />
10
Kopiervorlage<br />
10. Szene<br />
Über dem Strom.<br />
<strong>Die</strong> Kinder sitzen am Ufer und essen aus der Konservendose. Das Essen schmeckt nicht. Der Hund Quatsch leckt sich<br />
das Maul. Ameise steht auf und geht zum Wasser hinunter. Vogelschreie in der Dunkelheit. Eimer ist müde, er legt<br />
sich hin und rollt sich zusammen. Ameise wird wütend und wirft Sand auf ihn.<br />
EIMER Ich bin müde.<br />
AMEISE Du darfst jetzt nicht müde sein. Dann kannst du gleich <strong>nach</strong> Hause<br />
gehen!<br />
EIMER Ja …<br />
AMEISE Na dann los!<br />
EIMER Und was willst du dann machen, hm?<br />
AMEISE Ich suche <strong>nach</strong> Großvater!<br />
EIMER Ach ja, wo denn?<br />
AMEISE Du weißt schon!<br />
EIMER Wo?<br />
AMEISE zögert erst, dreht sich dann um und zeigt über den Strom. Da!<br />
EIMER Guck! Da kommt jemand! In einem Boot! …<br />
AMEISE Großvater!?<br />
EIMER Nein, das ist nicht Großvater, das ist…<br />
Ein Boot nähert sich langsam, ein alter Mann in einem langen, dunklen, abgewetzten Mantel und Schlapphut stakt<br />
es heran. Ein Stück entfernt hält er an. Ameise geht zu Eimer und flüstert.<br />
AMEISE Hab jetzt keine Angst mehr … Eimer, bitte.<br />
EIMER steht auf. Na okay … Ich habe ja nur so getan.<br />
<strong>Die</strong> Kinder gehen jetzt zusammen auf den alten Mann zu und bleiben ein Stück entfernt stehen.<br />
EIMER Herr …<br />
AMEISE Wir wollen … wollten fragen, ob du uns rüber fahren würdest.<br />
EIMER Wenn das ginge …<br />
AMEISE Bitte …<br />
EIMER Wir können bezahlen … Sie flüstert Eimer zu. Hast du Geld?<br />
AMEISE wühlt in seiner Tasche und findet ein paar Münzen. Reicht das?<br />
FÄHRMANN <strong>Die</strong> <strong>Reise</strong> kostet nichts, aber wir nehmen nicht gern Kinder.<br />
EIMER Wir können auch die ganze Zeit still sein, wenn … wenn Sie wollen.<br />
Zu Ameise. Vielleicht ist da ein Ferienheim, wo sie auf Stühlen sitzen und schlafen.<br />
AMEISE zu Eimer. Oder auch solche, die schießen!<br />
FÄHRMANN Nein, Kleine, hier hat es sich ausgeschossen.<br />
AMEISE Aber was ist da denn?<br />
FÄHRMANN Nichts.<br />
AMEISE Großvater, weißt du, ob er da ist, Onkel?<br />
FÄHRMANN Das kann ich leider nicht sagen.<br />
EIMER Dann können wir doch <strong>nach</strong>sehen kommen …<br />
Der Mann zögert mit der Antwort. Plötzlich geht Quatsch auf ihn zu. Der Mann beugt sich vor, und Quatsch flüstert<br />
ihm etwas zu. Sie diskutieren. <strong>Die</strong> Kinder sehen einander verwundert an. Der Mann nickt schließlich.<br />
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FÄHRMANN Ich rudere euch hinüber. Wenn ihr drei Fragen beantworten könnt. Wie viele Leben … wie<br />
viele Leben hat eine Katze?<br />
EIMER zu Ameise. Warum fragt er das? Ich glaube neun, oder?<br />
Quatsch winselt.<br />
AMEISE Eins. Nur ein Leben.<br />
FÄHRMANN Richtig. Jetzt die nächste Frage: Wie viele Leben hat der Mensch?<br />
EIMER zu Ameise. Woher sollen wir das wissen? Wir sind ja noch mit dem ersten nicht fertig.<br />
AMEISE Sei nicht blöd. Eins. Menschen haben immer nur ein Leben.<br />
FÄHRMANN Das ist auch richtig. Darüber sollten alle <strong>nach</strong>denken. <strong>Die</strong> dritte Frage lautet: Was ist das: Es<br />
geht und …<br />
EIMER <strong>Die</strong> Uhr!<br />
FÄHRMANN beachtet ihn nicht. … geht und kommt am Ende an die Tür?<br />
EIMER Kommt an die Tür … ?<br />
AMEISE Das machen doch viele?<br />
EIMER Nicht die Uhr …<br />
Stille.<br />
FÄHRMANN Wollt ihr antworten? Ihr müsst antworten.<br />
Stille. <strong>Die</strong> Kinder sehen einander an. Da geht Quatsch wieder auf den Mann zu, flüstert etwas, und der Mann nickt.<br />
FÄHRMANN Euer Freund hat mir die richtige Antwort gegeben. Dann rudere ich<br />
euch auf die andere Seite.<br />
Der Fährmann dreht sich um und geht am Ufer entlang. <strong>Die</strong> Kinder und Quatsch folgen<br />
ihm.<br />
Aus: Thomas Tidholm: <strong>Die</strong> <strong>Reise</strong> <strong>nach</strong> <strong>Ugri</strong>-<strong>La</strong>-<strong>Brek</strong>, Verlag der Autoren GmbH & Co KG, Frankfurt/Main<br />
12
3 Tod und Sterben<br />
3.1 Kinder und ihre Vorstellungen vom Tod<br />
Um Kinder zu verstehen und um ihnen helfen zu können, müssen Erwachsene wissen, was der Tod für<br />
Kinder in den verschiedenen Altersstufen bedeuten kann. Dabei ist es wichtig zu beachten, dass Kinder<br />
gleichen Alters nicht immer auf dem gleichen Entwicklungsstand sind. <strong>Die</strong> kindlichen Vorstellungen von Tod unterliegen<br />
einem fortlaufenden Reifungsprozess.<br />
Kinder in den ersten fünf Lebensjahren<br />
Bis zum dritten Lebensjahr haben die Kinder noch keine Vorstellung vom Tod kommt es in ihrer Umgebung zu einem<br />
Todesfall, registrieren sie lediglich die Veränderung in ihrem Umfeld. Oft haben sie Angst, verlassen zu werden. <strong>Die</strong><br />
Wahrnehmung des Todes setzt ungefähr mit dem vierten Lebensjahr ein. Doch das vier- bis fünfjährige Kind sieht<br />
den Tod lediglich als etwas, das nur anderen widerfährt, den eigenen Tod gibt es emotional nicht.<br />
Für die meisten Kinder unter fünf Jahren ist der Tod nichts Endgültiges. Sie vergleichen ihn mit dem Schlaf, aus dem<br />
man wieder aufwacht oder mit einer <strong>Reise</strong>, von der man wieder zurückkommt. Für sehr viele Kinder dieser Altersstufe<br />
ist der Tod etwas Zufälliges. Menschen sterben dann, wenn der böse Räuber kommt oder sie von einem Auto<br />
überfahren werden. Man kann ewig leben, wenn man Glück hat oder ganz besonders vorsichtig ist.<br />
Kinder im Alter von fünf und sechs Jahren<br />
Eine realistische Vorstellung vom Tod entwickelt sich erst ab dem Schulalter. In dieser Entwicklungsphase beginnt<br />
das Kind den Tod mit Affekten zu verbinden, das heißt, es kann sich in die Situationen einfühlen, es kann auch mitfühlen.<br />
Sie lernen allmählich die Endgültigkeit des Todes zu akzeptieren, glauben trotzdem weiterhin, selbst davon nicht<br />
betroffen zu sein. Es ist ihnen auch nicht ganz klar, dass der Tod für jedes Lebewesen zutrifft. Ein Teil der Kinder in<br />
diesem Alter personifiziert den Tod. Oft wird er als Engel in menschenähnlicher Gestalt, der im Himmel lebt oder als<br />
Skelett, das ein Komplize des Teufels ist, gesehen. <strong>Die</strong>ses Wesen kann sich unsichtbar machen, ist ganz leise, tanzt<br />
mit den Geistern, hinterlässt Fußspuren, schickt Vorboten und agiert meist in der Dunkelheit. Mit circa sechs Jahren<br />
interessieren sich Kinder dafür, was aus den Toten wird. Sie haben zum Teil sehr konkrete Vorstellungen (Tote liegen<br />
im Sarg unter der Erde; sie können nicht mehr atmen, haben die Augen zu). Sie wissen, dass es neben dem Alter<br />
noch andere Todesursachen gibt, wie zum Beispiel Krankheit oder Unfall.<br />
Kinder im Alter von sieben bis neun Jahren<br />
Im siebten Lebensjahr wird das Zeitgefühl differenzierter. Ereignisse und zeitliche Zusammenhänge werden bewusst<br />
wahrgenommen. <strong>Die</strong> Ahnung, selbst einmal vom Tod betroffen zu sein, wird ignoriert. Dinge, die mit dem Tod<br />
einhergehen, wie Friedhof, Grab, Sarg oder Beerdigung, sind von großem Interesse.<br />
Achtjährige Kinder haben größtenteils kognitiv erkannt, dass alle Menschen, sie selbst mit eingeschlossen, einmal<br />
sterben müssen. Sie zeigen großes Interesse an dem, was <strong>nach</strong> dem Tod passiert. Normalerweise wissen Kinder ab<br />
dem achten Lebensjahr, dass der Körper eines Verstorbenen zerfällt. <strong>Die</strong>ser Gedanke ist für sie aber so unerträglich,<br />
dass sie beginnen, an die Unsterblichkeit zu glauben, unabhängig von der Religionszugehörigkeit. Das Kind hat schon<br />
etwas über die Loslösung der Seele vom Körper gehört und beginnt sich damit auseinander zu setzen.<br />
Nach dem neunten Lebensjahr akzeptieren Kinder in der Regel den Tod als ein Naturphänomen. <strong>Die</strong>se realistischen<br />
Vorstellungen beruhen auf Erfahrungen und Beobachtungen biologischer und physiologischer Vorgänge. Der Tod<br />
tritt ein, wenn die Organfunktionen versagen. Kinder der Mittel- und Oberschicht erleben Tod mehr als Folge von<br />
Alter und Krankheit. In der Vorstellungswelt von Kindern aus zerrütteten Familien und unteren sozialen Schichten ist<br />
der Tod auch als Folge von Gewalt, Unfällen und Suizid verankert.<br />
Das Interesse am Tod tritt im Alter zwischen neun und elf Jahren zurück. In dieser Zeit sind die Rollen der Kinder im<br />
Allgemeinen gut definiert. Es kommt dann in der Pubertät wieder verstärkt zum Vorschein. Je selbstbewusster ein<br />
Mensch ist und je sicherer in seiner Rolle im Leben, desto weniger scheint er sich um den Tod zukümmern.<br />
Nach: Christine Fleck-Bohaumilitzky, Wenn Kinder trauern, Südwest-Verlag 2003<br />
13
3.2 Weltreligionen und ihre Vorstellungen vom Tod<br />
Todesvorstellungen<br />
Im <strong>La</strong>ufe der Geschichte haben sich Menschen aller Kulturkreise damit befasst, wie es <strong>nach</strong> dem Tod<br />
weiter gehen könnte. Allen Religionen ist gemeinsam, dass sie einen Endzustand anstreben, in dem es kein Leiden<br />
gibt.<br />
Im Folgenden werden die Vorstellungen der fünf Weltreligionen sowie die Gedanken einiger Philosophen dargestellt.<br />
Todesvorstellung im Hinduismus<br />
Zwei wichtige Begriffe im Hinduismus sind die des »Karma (Lohn der Taten)« und der des »Samsara (der ewige<br />
Kreislauf). Da jede Tat Folgen mit sich bringt, ergibt sich daraus, dass das Leben kein Ende hat, sondern dass der<br />
Mensch in einem ewigen Kreislauf <strong>nach</strong> seinen Verdiensten in der Form wieder geboren wird, die er »verdient«, sei<br />
es in eine andere Kaste (sowohl höhere oder niedrigere), als Tier, Pflanze. Für den Hindu ist es das oberste Ziel, diesem<br />
Prozess von Leid und Tod zu entrinnen, um sich mit der Gottheit zu vereinigen. Dadurch kann man zu einem<br />
»absoluten Sein, das in einem reinen Bewusstsein absolute Glückseligkeit ausstrahlt«. »Erlösung« kann durch verschiedene<br />
Möglichkeiten ergänzt werden, die einander ergänzen:<br />
Erlösung durch Taten (Karma)<br />
Erlösung durch Erkenntnis (Jaina)<br />
Erlösung durch liebende Hingabe (Bhaki).<br />
Todesvorstellung im Buddhismus<br />
Für den Buddhisten ist das »Nirvana« die Erlösung. <strong>Die</strong>ses kann sowohl im <strong>Die</strong>sseits als auch im Jenseits erreicht<br />
werden. <strong>Die</strong> Erlösung im <strong>Die</strong>sseits bedeutet die Loslösung von Gier, Machtstreben und Hass. Im <strong>Die</strong>sseits können sich<br />
die Menschen jedoch nicht von ihrem Körper und ihrer Psyche befreien. Auf diese Weise ist man "schon" erlöst, aber<br />
»noch nicht« endgültig vom Leib befreit. Über das Nirvana <strong>nach</strong> dem Tod herrschen verschiedene Vorstellungen:<br />
Zum Einen die, dass der Mensch im Nirvana »vernichtet« wird, also nicht mehr »ist« und zum anderen gibt es die,<br />
dass das Nirvana ähnlich dem »Paradies« ist.<br />
Todesvorstellung im Judentum<br />
Im Judentum spielt das »ewige Leben« eine zentrale Rolle. Der Mensch ist zu höherem bestimmt, als das auf der Erde<br />
möglich ist. Da er ein »Ebenbild Gottes« ist, ist er »ein Kind der kommenden Welt«. Sein Leben vergeht nicht mit<br />
dem Tod, es geht geborgen bei Gott, der den von ihm geschaffenen Menschen aufnimmt, weiter. Dadurch vereinigen<br />
sich »Anfang und Endlosigkeit«. In diesem ewigen Leben findet der Mensch sein Ziel. Durch diese Ewigkeit wird die<br />
Endlichkeit des Menschen versöhnt. Es wird sich aber kein Bild darüber gemacht, wie dieses ewige Leben aussehen<br />
mag.<br />
Todesvorstellung im Islam<br />
Im Koran werden unterschiedliche Positionen zum Leben <strong>nach</strong> dem Tod erkennbar. In älteren Suren geht es hauptsächlich<br />
um das Gericht, das Mekkas Bewohnern angekündigt wird. Auf der anderen Seite hat Mohammed aber auch<br />
von der »Güte und Barmherzigkeit Allahs« und der Aussicht auf ein schönes Paradies geschrieben. <strong>Die</strong>ses wird sich<br />
sehr bildlich vorgestellt, als »Gärten der Wonne«, in denen nicht älter werdende »Paradiesesmädchen« leben. <strong>Die</strong>se<br />
werden <strong>nach</strong> dem Tod für die Gläubigen sorgen. Das wird als der Lohn Allahs für seine »Getreuen« angesehen.<br />
Todesvorstellung im Christentum<br />
In der Bibel wird die Vorstellung vom »ewigen Leben« in unterschiedlichen Bildern beschrieben (zum Beispiel als<br />
»himmlisches Hochzeitsmahl«, Leben, Licht oder Frieden). Der Himmel ist ein »Zustand vollendeter Glückseligkeit«.<br />
Im christlichen Glauben bedeutet dies die »ewige Gemeinschaft der Menschen mit Gott«. Der Himmel wird aber<br />
nicht als »überweltliches Droben« verstanden. Christen glauben, dass Gott nicht als »höchstes Wesen« über der Welt<br />
wohnt, sondern dass Gott in der Welt anwesend ist, dass die Welt in Gott geborgen ist. Der Himmel ist dem<strong>nach</strong> kein<br />
14
Ort, sondern eine »Seinsweise« , es ist der Bereich Gottes, der nicht fassbar ist, der nicht außerhalb der Welt steht,<br />
sondern der vielmehr alles zum Guten vollendet und damit Anteil an Gottes Reich gibt. <strong>Die</strong>se Teilnahme ist jedoch<br />
ein großes Geheimnis, in der man nur in Bildern sprechen kann.<br />
3.3 Museumskoffer, Bestattungsinstitut und Friedhofsspaziergang –<br />
Module als Anregungen für den Fächer verbindenden Unterricht<br />
3.3.1. Exemplarisch vorgestellt: Der Museumskoffer »Vergissmeinnicht«:<br />
Eine mobile Mitmachausstellung des Museums für Sepulkralkultur (1)<br />
Beim Museumskoffer »Vergissmeinnicht« handelt es sich um eine didaktische Einheit zum Thema »Sterben und<br />
Tod, Bestatten, Trauern und Erinnern« für Kinder von 5 bis 12 Jahren. <strong>Die</strong> Kinder werden in spielerischer Weise<br />
an die Themen Sterben, Bestatten, Trauern und Gedenken herangeführt. Dadurch sollen Ängste abgebaut,<br />
Hilfen zur Krisenbewältigung angeboten und wichtige soziale Fähigkeiten erlernt werden, z. B. die Fähigkeit,<br />
sich in andere hineinzuversetzen, oder die Fähigkeit zu trauern.<br />
Wie kann man mit dem Koffer arbeiten?<br />
Der Museumskoffer ist gefüllt mit Objekten, Büchern, Filmen und Vorschlägen für den kreativen Umgang mit<br />
den Themen: Sterben und Tod / Bestatten / Trauern / Erinnern<br />
<strong>Die</strong> diversen Materialien sind in Schachteln verstaut und <strong>nach</strong> diesen Themen geordnet. Bilder, Arbeitsblätter,<br />
Objekte, Filme und Musikstücke eröffnen dabei den Einstieg in das Thema. Stethoskope, Federn und Taschenlampen<br />
beleuchten den Tod von der medizinischen Seite. Und weil durch spielerische Elemente Berührungsängste<br />
mit dem Thema leichter überwunden werden, kann mit Schminke, Sonnenbrille und schwarzem Damenhut<br />
mit Schleier eine Beerdigung als Rollenspiel <strong>nach</strong>gespielt werden.<br />
Mit dem Inhalt des Museumskoffers und den Anregungen im Handbuch können kleine und große Projekte<br />
umgesetzt werden, die sich mit den unterschiedlichen Facetten dieser schwierigen und ernsten Themen auseinandersetzen.<br />
<strong>Die</strong> Vielzahl der Objekte und Arbeitsanleitungen im Museumskoffer »Vergissmeinnicht« ermöglichen einen<br />
alters- und fächerübergreifenden Einsatz. Mehrere Arbeitsvorhaben können parallel durchgeführt werden, der<br />
15
Ablauf der Projektwoche ist frei gestaltbar. Erweiterungen der Aktionen durch eigene Ideen, Anregungen aus<br />
beiliegenden Büchern und Vorschläge der Kinder sind natürlich ohne weiteres möglich und auch sinnvoll.<br />
Hintergrundwissen für die Pädagogen ist in einem Handbuch zum Teil in kurzer Form zusammengefasst (z. B.<br />
im Lexikon und in den Einstiegstexten).<br />
Wann sollte man mit dem Koffer arbeiten?<br />
Der Zeitpunkt für die Arbeit mit dem Museumskoffer »Vergissmeinnicht« kann sehr unterschiedlich sein. Er<br />
hängt sehr davon ab, ob das Thema in der Klasse bzw. Kindergruppe akut ist, zum Beispiel durch einen Trauerfall<br />
in einer Familie, durch eine große Katastrophe oder den Tod einer bekannten öffentlichen Person. Ausgangspunkt<br />
aller Bearbeitung wird dann das aktuelle Geschehen sein, der Themenkomplex »Tod und Trauer«<br />
wird thematisch im Vordergrund stehen. Wenn die allgemeinen Trauertage (Totensonntag, Allerseelen, Volkstrauertag)<br />
zum Anlass genommen werden, so können die Themenblöcke »Trauern« und »Erinnern« als Einstieg<br />
dienen.<br />
Falls eine Projektwoche ohne speziellen äußeren Anlass geplant ist, so kann es hilfreich sein, die Kinder zu<br />
bitten, Objekte/Fotos oder ein selbst gemaltes Bild mitzubringen, das für sie mit dem Thema Tod, Abschied,<br />
Trauern und Erinnern in Verbindung steht. <strong>Die</strong> Sammlung der Kinder wird durch Objekte, Fotos und Bücher aus<br />
dem Museumskoffer ergänzt. In der Schachtel »Einstimmung und allgemeines Ambiente« befinden sich hierfür<br />
einige Objekte, die zu Gesprächen und Assoziationen anregen, bzw. eine ruhige Stimmung unterstützen können.<br />
Einen solchen Museumskoffer können Sie mittlerweile in mehreren Städten bestellen. <strong>Die</strong> Ausleihbedingungen<br />
können unterschiedlich sein und sollten bei den angegebenen Adressen erfragt werden.<br />
Kontakt: www.sepulkralmuseum.de<br />
(1) Sepulkralkultur (lat. Sepulcrum = Grab, Grabgelege) umfasst die Kultur des Todes, des Sterbens, des Bestattens sowie des Trauerns<br />
und kann im weitesten Sinne auch als Trauer- und Begräbniskultur verstanden werden.)<br />
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3.3.2 Tod und Sterben als Rahmenthema für eine Projektwoche im Fächer verbindenden Unterricht<br />
Deutsch, Ethik, Kunst (dritte und vierte Klasse) in Dresden<br />
1. Tag<br />
Thematische Annäherung – Philosophieren mit Kindern zum Thema Tod und Sterben<br />
2. Tag<br />
Besuch von öffentlichen Räumen der Stille und des Gedenkens im Stadtteil<br />
z.B. Friedhofsspaziergang und Besuch bei einem Steinmetz (Betrachten von Grabstätten, Grabsteinen und Plastiken,<br />
deren Gestaltung in Inschrift und Ornamentik) oder Besuch einer Kirche<br />
3. Tag<br />
Führung durch das Städtische Bestattungsinstitut, mit Trauerraum und Sargtischlerei.<br />
(Anschrift: Löbtauer Str.70,01159 Dresden – zu erreichen mit den Straßenbahnen 2 bis Cottaer Straße oder<br />
Linien 7 und 12 bis Oederaner Straße + jeweils 5 Minuten Fußweg)<br />
4. und 5. Tag<br />
Anfertigung und Gestaltung eines Gedenkkoffers, in welchem ausgewählte Materialien, Accessoires, Zeichnungen,<br />
Todesanzeigen, Fotos, Liedtexte u.a. gesammelt werden. (Siehe auch 3.3.1)<br />
<strong>Die</strong> <strong>tjg</strong>. <strong>theater</strong>akademie empfiehlt darüber hinaus folgende Sachbücher als zusätzliche Inspiration für die<br />
inhaltliche Gestaltung der Projektwoche:<br />
Der Tod ist ein Teil des Lebens, Georg Schwikart, Patmos 2003<br />
Und was kommt dann? Das Kinderbuch vom Tod, Pernilla Stalfeld, Brigitta Kicherer, Moritz Verlag<br />
Wie ist das mit…der Trauer, Roland Kachler, Sandra Reckers, Gabriel Verlag<br />
Ich denke an dich, Peter van der Pol, Uitgeverij Zorgana, Rosmalen, Niederlande<br />
17
4 Trauer und Trauerrituale<br />
4.1 Trauerphasen <strong>nach</strong> Verena Kast<br />
Das folgende Modell der Trauerphasen wurde von der Schweizer Psychologin Verena Kast entwickelt<br />
und gilt als eine der wichtigsten Grundlagen für das Verständnis der Trauerprozesse. Jedes prozesshafte<br />
Geschehen ist unter anderem dadurch gekennzeichnet, dass es einen klaren Beginn und ein klares Ende hat. Der<br />
Beginn des Trauerprozesses ist der Verlust des geliebten Menschen. Wie dieser Beginn im Einzelfall abläuft, ist oft<br />
entscheidend für den weiteren Verlauf der Trauer. Das Ende des Trauerprozesses ist durch eine Neuorientierung des<br />
gesamten Lebensgefüges zu sehen. Wie lange das Trauergeschehen dauert, ist ganz unterschiedlich, auch die Dauer<br />
der einzelnen Phasen kann völlig variieren. Art und Dauer des Trauerprozesses werden von der Persönlichkeit des<br />
Trauernden, von den Umständen des Todes und der Beziehung zum Verstorbenen bestimmt.<br />
1. Trauerphase: Nicht-Wahrhaben-Wollen<br />
Der Tod eines Menschen schockiert immer, auch wenn er nicht unerwartet kommt. Auf einmal ist alles anders. Verzweiflung,<br />
Hilf- und Ratlosigkeit herrschen vor. Das Geschehene wird noch nicht erfasst, man leugnet es, man kann<br />
und will es nicht glauben.<br />
Viele Menschen sind wie erstarrt, verstört und völlig apathisch. Andere geraten außer Kontrolle, brechen zusammen.<br />
<strong>Die</strong>se Phase kann wenige Stunden bis – vor allem bei plötzlich eingetretenen Todesfällen - mehrere Wochen dauern.<br />
2. Trauerphase: Aufbrechende Emotionen<br />
Gefühle bahnen sich nun ihren Weg. Leid, Schmerz, Wut, Zorn, Freude, Traurigkeit und Angst können an die Oberfläche<br />
kommen. Je <strong>nach</strong> der Persönlichkeitsstruktur des Trauernden herrschen verschieden Gefühle vor. Wut und Zorn<br />
entstehen gegen Gott und die Welt: »Warum musste es ausgerechnet mich treffen?« oder »Womit habe ich das<br />
verdient?«. Aber auch gegen den Toten werden Vorwürfe gerichtet: »Wie konntest du mich nur im Stich lassen?«.<br />
<strong>Die</strong>se aggressiven Gefühle können sich aber auch gegen einen selbst richten: »Hätte ich nicht besser aufpassen müssen?«.<br />
Als Folge davon entstehen Schuldgefühle, die den Trauernden quälen. All diese Gefühle sollte man keineswegs<br />
unterdrücken. Sie helfen dem Trauernden, seinen Schmerz besser zu verarbeiten und nicht in eine Depression zu<br />
gleiten. <strong>Die</strong> Dauer dieser Phase lässt sich nur schwer abschätzen, man spricht etwa von ein paar Wochen bis zu<br />
mehreren Monaten.<br />
3. Trauerphase: Suchen und Sich-Trennen<br />
Auf jeden Verlust reagieren wir mit Suchen. Was wird eigentlich in der Trauer gesucht? Zum einen der reale Mensch<br />
(z. B. in den Gesichtern Unbekannter), das gemeinsame Leben (Gewohnheiten des Verstorbenen werden übernommen),<br />
gemeinsame Orte mit Erinnerungswert. Gemeinsame Erlebnisse werden gleichsam als »Edelsteine« gesammelt.<br />
In inneren Zwiegesprächen wird eine Klärung offener Punkte möglich, kann Rat eingeholt werden. Durch diese<br />
intensive Auseinandersetzung entsteht beim Trauernden oft ein starkes Begegnungsgefühl. Im Verlaufe dieses intensiven<br />
Suchens, Findens und Wieder-Trennens kommt einmal der Augenblick, wo der Trauernde die innere Entscheidung<br />
trifft, wieder ja zum Leben und zum Weiterleben zu sagen oder aber in der Trauer zu verharren.<br />
Je mehr gefunden wird, was weitergegeben werden kann, umso leichter fällt eine Trennung vom Toten. <strong>Die</strong>ses<br />
Suchen lässt aber auch oft eine tiefe Verzweiflung entstehen. Suizidale Gedanken sind in dieser Phase relativ häufig.<br />
4. Trauerphase: Neuer Selbst- und Weltbezug<br />
Nachdem man seinen Schmerz herausschreien durfte, Anklagen und Vorwürfe machen durfte, kehrt allmählich<br />
innere Ruhe und Frieden in die Seele zurück. Der Tote hat dort seinen Platz gefunden. <strong>La</strong>ngsam erkennt man, dass<br />
das Leben weitergeht und dass man dafür verantwortlich ist. Es kommt die Zeit, in der man wieder neue Pläne<br />
schmieden kann. Der Trauerprozess hat Spuren hinterlassen, die Einstellung des Trauernden zum Leben hat sich<br />
meist völlig verändert. Der Verstorbene bleibt ein Teil dieses Lebens und lebt weiter in den Erinnerungen und im<br />
Gedenken.<br />
Nach: Verena Kast, Trauern: Phasen und Chancen eines psychischen Prozesses, Kreuz Verlag 1982<br />
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4.2. Was Kinder brauchen, um rechtzeitig mit dem Tod leben zu lernen<br />
1. Kinder müssen Gelegenheit bekommen, zu lernen, wie man trauert<br />
Unterstütze Deine Kinder bei der Rückerinnerung. Erlaube ihnen, dass sie sich von den Gefühlen, die diese Erinnerungen<br />
bei ihnen auslösen, berühren lassen. Gib ihnen die Möglichkeit, sich mit tatsächlichen oder vermeintlichen<br />
Schuldgefühlen herumzuschlagen. <strong>La</strong>ss auch zu, dass sie über den Verlust wütend und ärgerlich werden. -<br />
<strong>La</strong>ss sie verstehen, was Trauer auch bedeutet: Nämlich, dass Gefühle, die einem verstorbenen Tier oder Menschen<br />
gegenüber empfunden werden, sich allmählich auflösen und neuen Beziehungen weichen.<br />
2. Kinder müssen die Möglichkeit bekommen, über die kleineren Verluste in ihrem Leben zu<br />
trauern<br />
Ermögliche ihnen z.B. über den Verlust eines Tieres zu trauern. Dann werden sie eines Tages auch besser in der<br />
<strong>La</strong>ge sein, mit dem größeren, sie stärker berührenden Verlust eines Menschen umzugehen.<br />
3. Kinder müssen über Todesfälle in ihrer Umgebung informiert werden<br />
Wenn Du sie nicht über einen Todesfall informierst, nehmen sie nur die Aufregung der Erwachsenen wahr. Sie<br />
suchen dann <strong>nach</strong> Erklärungen für dieses unverständliche Verhalten und geben sich womöglich selbst die<br />
Schuld daran.<br />
4. Kinder müssen lernen, die Endgültigkeit des Todes zu begreifen<br />
Benutze keine missverständlichen Umschreibungen des Todes, wie: »Sie ist von uns gegangen« oder »Er ist<br />
eingeschlafen«. Weil Kinder noch Schwierigkeiten mit dem abstrakten Denken haben, könnten sie solche Aussagen<br />
leicht wörtlich nehmen. - Wenn Du an ein Leben <strong>nach</strong> dem Tode glaubst und dies Deinen Kindern vermitteln<br />
möchtest, ist es dennoch wichtig zu betonen, dass sie den verstorbenen Menschen oder das verstorbene<br />
Tier auf Erden nicht wieder sehen werden.<br />
5. Kinder müssen die Möglichkeit bekommen, sich von Verstorbenen zu verabschieden<br />
Erlaube ihnen, einen Toten noch einmal zu sehen und/oder an der Beerdigung teilzunehmen (wenn auch vielleicht<br />
nur für wenige Minuten). Kein Kind ist für die Teilnahme an solchen Ritualen zu jung!<br />
6. Kinder müssen genügend Gelegenheit bekommen, ihre Gefühle über einen Verlust durchzuarbeiten.<br />
Hilf ihnen dabei, ihre Eindrücke und Gefühle angesichts des Todes zu verarbeiten: Ermuntere sie, hierüber zu<br />
sprechen, es im Spiel auszudrücken, Bücher darüber zu lesen oder auch künstlerische Ausdrucksformen zu wählen<br />
(z.B. zu malen, Gedichte zu schreiben u. Ä.)<br />
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7. Kinder benötigen die Sicherheit, dass Erwachsene gut genug auf sich selbst achten, um für sie<br />
lange genug am Leben zu bleiben<br />
Gib ihnen die Sicherheit, dass die Erwachsenen voraussichtlich nicht sterben werden, bevor ihre Kinder selbst<br />
erwachsen sind. <strong>La</strong>ss sie aber auch wissen, dass jeder Mensch eines Tages stirbt.<br />
8. Kinder müssen wissen, dass bisweilen auch schon Kinder sterben<br />
<strong>La</strong>ss sie aber wissen, dass Kinder nur dann sterben, wenn sie ganz schwer erkrankt sind oder einen schlimmen<br />
Unfall erlitten haben. <strong>La</strong>ss sie wissen, dass die weitaus meisten Kinder heranwachsen und bis ins hohe Alter<br />
leben.<br />
9. Kinder müssen ermuntert werden, ihre Gefühle zu zeigen<br />
Zensiere ihre Gefühle nicht! Erlaube ihnen, zu weinen, wütend zu sein oder auch zu lachen. Zeige Anteilnahme<br />
für ihre Gefühle; sage z.B.: »Ich sehe, Du bist traurig. Du vermisst Großmutter. Möchtest Du mit mir darüber<br />
sprechen?«<br />
10. Kinder brauchen das sichere Gefühl, dass ihre Fragen ehrlich beantwortet werden<br />
Gib ihnen die Gewissheit, dass Du ihren Fragen nicht ausweichst und dass Du ihnen verständliche Antworten<br />
geben wirst. <strong>La</strong>ss den Anstoß zu solchen Fragen vom Kind ausgehen und beantworte nur solche Fragen, die das<br />
Kind auch wirklich gestellt hat.<br />
Aus: Dr. Christoph Student, Im Himmel welken keine Blumen. Kinder begegnen dem Tod, Herder Verlag 2005<br />
4.3 Literaturempfehlungen zum Thema »Trauern mit Kindern«<br />
- Trauern: Phasen und Chancen eines psychischen Prozesses, Verena Kast, Kreuz Verlag 1982<br />
- Wenn Kinder trauern, Christine Fleck-Bohaumilitzky, Südwest-Verlag 2003<br />
- Kinder trauern anders: wie wir sie einfühlsam und richtig begleiten, Gertrud Ennulat Herder spektrum<br />
2011<br />
- Kinder bei Tod und Trauer begleiten. Konkrete Hilfestellung in Trauersituationen für Kindergärten,<br />
Grundschulen und zu Hause, Petra Hindere, Martina Kroth, Ökotopia 2005<br />
20
4.5 Zehn Rechte für Kinder, die um einen Menschen trauern<br />
<strong>Die</strong> Kinder Ameise und Eimer in unserer Geschichte verlieren auf dem Weg <strong>nach</strong> <strong>Ugri</strong>-<strong>La</strong>-<strong>Brek</strong> den Dosenöffner.<br />
<strong>Die</strong>ser Verlust könnte existentiell sein, denn an die zum Überleben wichtige Dosensuppe kommen sie nun nicht<br />
mehr. Glücklicherweise finden sie das so wichtige Küchenutensil wieder. Ihre Angst und Trauer sind somit<br />
schnell verflogen.<br />
Trauern wir anders, wenn ein Mensch stirbt, den wir lieb haben?<br />
Vergleichen und diskutieren Sie mit Ihren Schülern den Verlust von Dosenöffner und Großvater mit den Schülern<br />
im Rahmen des Ethik- oder Deutschunterrichtes und beziehen Sie die <strong>nach</strong>folgenden zehn Rechte mit ein:<br />
1. Du hast das Recht, traurig zu sein.<br />
Trauer ist ein ganz normales Gefühl.<br />
2. Du hast das Recht, Dich nicht schuldig zu fühlen.<br />
Du hast keine Schuld am Tod des Menschen, um den Du trauerst.<br />
3. Du hast das Recht, zu weinen.<br />
Weine, wenn Dir da<strong>nach</strong> ist! Dafür muss sich niemand schämen.<br />
4. Du hast das Recht, zornig zu sein.<br />
Vielleicht bist Du zornig – auch das ist in Ordnung. Schreie Deine Wut heraus!<br />
5. Du hast das Recht, zu schweigen.<br />
Wenn Du magst, dann schweige. Wenn Du reden möchtest, rede.<br />
6. Du hast das Recht, allein sein zu wollen.<br />
Brauchst Du Zeit zum Alleinsein, so nimm sie Dir.<br />
7. Du hast das Recht, Angst zu haben.<br />
Manchmal macht der Tod auch Angst. Sprich darüber mit einem Menschen, dem Du vertraust.<br />
8. Du hast das Recht, Fragen zu stellen.<br />
Hast Du Fragen? Es gibt keine falschen Fragen zum Tod. Darum frage.<br />
9. Du hast das Recht, Dich zu erinnern.<br />
Deine Erinnerungen kann dir niemand nehmen! Hüte sie wie ein Schatz.<br />
10. Du hast das Recht, zu lachen.<br />
Sei fröhlich und lache, wenn Dir da<strong>nach</strong> ist – Du darfst Dich über das Leben freuen!<br />
Aus Georg Schwikart: <strong>Die</strong> richtigen Worte im Trauerfall, Kevelaer 2001<br />
21
5 Zuordnung der Lernbereiche<br />
<strong>Die</strong> <strong>tjg</strong>. <strong>theater</strong>akademie empfiehlt die Inszenierung »<strong>Die</strong> <strong>Reise</strong> <strong>nach</strong> <strong>Ugri</strong> <strong>La</strong>-<strong>Brek</strong>« für den philosophischen<br />
Diskurs über Leben und Tod in folgenden Fächern und Lernbereichen:<br />
Deutsch<br />
Schulform Klasse Lernbereich<br />
Grundschule 3. Klasse<br />
und<br />
4. Klasse<br />
Mittelschule 5. Klasse<br />
bis<br />
8. Klasse<br />
Gymnasium 5. Klasse<br />
bis<br />
8. Klasse<br />
Lernbereich: Sprechen und Zuhören<br />
� Anwenden des Erzählens<br />
� Sich positionieren zu Aspekten aktiven Zuhörens<br />
� Anwenden von Formen des Miteinandersprechens<br />
� Beherrschen vereinbarter Gesprächsregeln<br />
Lernbereich: Für sich und andere schreiben<br />
� Sich positionieren zur Lesekultur<br />
Wahlpflicht 1: Rund ums Buch<br />
Lernbereich 1: Gewusst wie<br />
� Einblick gewinnen in grundlegende Abläufe von Diskussionen<br />
Lernbereich 5: <strong>Die</strong> Welt der Bücher: Denken und Handeln<br />
� Sich positionieren zu wesentlichen Inhalten und zur Gestaltung eines Kinderbuches<br />
� Beurteilen der Gestaltung von literarischen Figuren in einem ausgewählten Jugendbuch<br />
Wahlpflicht 1: Vorhang auf – Das Spiel mit Licht und Schatten<br />
Lernbereich 1: Sprechen und Hören<br />
� Kennen von Abläufen von Gesprächen und gelenkten Diskussionen<br />
Lernbereich 3: Lesen und Verstehen<br />
� Übertragen von inhaltlichem und textsorten-spezifischem Wissen auf die Erschließung von<br />
Sach- und Gebrauchstexten<br />
� Sich positionieren zu wesentlichen Inhalten eines aktuellen Kinderbuches oder Jugendbuches<br />
� Übertragen des Wissens auf das szenische Spiel<br />
22
Ethik<br />
Schulform Klasse Lernbereich<br />
Grundschule 3. Klasse Lernbereich 1: Ich im Wir<br />
� Sich positionieren zum Umgang mit persönlichen Konflikten<br />
Lernbereich 2: Miteinander<br />
� Einblick gewinnen in die Bedeutung von Wahrheit und Lüge im Zusammenleben mit anderen<br />
Lernbereich 4: Wir in der Welt<br />
� Einblick gewinnen in Unterschiede der natürlichen Welt, der vom Menschen geschaffenen Welt<br />
und der Gedankenwelt<br />
� Einblick gewinnen in die symbolische Bedeutung der Elemente Feuer, Wasser, Erde und Luft für<br />
das menschliche Leben<br />
Grundschule 4. Klasse Lernbereich 2: Miteinander<br />
� Sich positionieren zu Beziehungen zwischen den Generationen<br />
Lernbereich 4: Wir in der Welt<br />
� Kennen der philosophischen Fragen: Was ist Zeit? Was ist der Mensch?<br />
Wahlpflicht 5: Sokratisches Gespräch<br />
Mittelschule 5. Klasse Lernbereich 1: Vom Nachdenken über die Welt<br />
� Einblick gewinnen in die Bedeutung des philosophischen Fragens für das Leben der Menschen<br />
� Kennen weiterer fachlicher Methoden<br />
Lernbereich 2: Mythen und religiöse Geschichten<br />
� Einblick gewinnen in verschiedene Mythen am Beispiel des Ursprungs der Welt<br />
� Kennen ausgewählter Mythen oder religiöser Geschichten über die Entstehung des Menschen und<br />
sein Leben<br />
Mittelschule 6. Klasse Lernbereich 1: Wahrnehmung und Wahrheit<br />
� Kennen eigener Sinneswahrnehmungen<br />
Mittelschule 7. Klasse Lernbereich 1: Konflikte – Ursachen und Bewältigung<br />
� Kennen innerer und äußerer Konfliktsituationen<br />
Mittelschule 8. Klasse Lernbereich 1: Ich werde erwachsen<br />
� Kennen der Notwendigkeit von Orientierung und Sinnsuche<br />
Wahlpflicht 1: Mein Lebenstraum<br />
Gymnasium 5. Klasse Lernbereich 1: Fragen an die Welt<br />
� Einblick gewinnen in philosophische Fragen der eigenen Lebenswelt<br />
� Kennen ausgewählter philosophischer Methoden<br />
23
Gymnasium 6. Klasse Lernbereich 1: Wahrnehmung und Wahrheit<br />
� Kennen der Relativität der menschlichen Wahrnehmung<br />
� Übertragen auf den Umgang mit der eigenen Wahrnehmung<br />
Wahlpflicht 3: Glück<br />
Gymnasium 7. Klasse Lernbereich 1: Verstehen und Verständigung<br />
� Einblick gewinnen in Konfliktursachen<br />
� Gestalten von Konfliktlösungen<br />
Wahlpflicht 1: Wege zur Identität<br />
Gymnasium 8. Klasse Lernbereich 1: Ethisches Argumentieren<br />
� Einblick gewinnen in Grundelemente der Logik<br />
Lernbereich 3: Auf der Suche <strong>nach</strong> Sinn und Orientierung<br />
� Kennen der Notwendigkeit von Orientierung in Krisensituationen<br />
� Beurteilen von persönlichkeitsgefährdendem Krisenverhalten<br />
� Kennen ausgewählter philosophischer und religiöser Orientierungs- und Sinnangebote<br />
24
Kunst<br />
Schulform Klasse Lernbereich<br />
Grundschule 3. Klasse Lernbereich 2: Körperhaft-räumliches Gestalten<br />
� Anwenden von Gestaltungsmöglichkeiten für Montagen mit vorgefundenen Objekten<br />
Lernbereich 2: Körperhaft-räumliches Gestalten<br />
� Anwenden von Gestaltungsmöglichkeiten für Montagen mit vorgefundenen Objekten<br />
Lernbereich 3: Aktionsbetontes Gestalten<br />
� Kennen spielerischer Aktionsmethoden für die Kunstrezeption in allen Lernbereichen<br />
� Anwenden von prozesshaften Gestaltungselementen als Ausdrucksträger innerhalb von Spiel und<br />
Aktion<br />
�<br />
Grundschule 4. Klasse Lernbereich 2: Körperhaft-räumliches Gestalten<br />
� Anwenden von Gestaltungsmöglichkeiten mit verformbarem oder vorgefundenem Material<br />
Lernbereich 3: Aktionsbetontes Gestalten<br />
� Anwenden bekannter sowie weiterer spielerisch-assoziativer Aktionsmethoden der Kunstrezeption<br />
� Anwenden von Erfahrungen innerhalb des aktionsbetonten Gestaltens<br />
Mittelschule 5. Klasse Lernbereich 2: Gestalten von Körper und Raum<br />
� Einblick gewinnen in plastisches Gestalten<br />
Lernbereich 3: Gestalten des Prozesses<br />
� Einblick gewinnen in Körpersprache als Möglichkeit künstlerischen Ausdrucks<br />
� Anwenden von Möglichkeiten der spielerischen Auseinandersetzung mit einem Kunstwerk<br />
Gymnasium 5. Klasse Lernbereich 2: Gestalten von Körper und Raum<br />
� Einblick gewinnen in die Einheit und Wechselwirkung von Körper und Raum<br />
Lernbereich 3: Gestalten des Prozesses<br />
� Anwenden der Körpersprache als Möglichkeit künstlerischen Ausdrucks<br />
Wahlpflicht 2: Spurensuche<br />
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6 Impressum<br />
<strong>Die</strong> Materialien der Theaterpädagogik finden Sie im Internet unter www.<strong>tjg</strong>-dresden.de<br />
<strong>Die</strong> Theaterpädagogen erreichen Sie telefonisch unter 0351 . 42 91 - 228.<br />
Vorverkauf im Rundkino<br />
Prager Straße 6<br />
01069 Dresden<br />
Tel 0351 . 49 65 - 370<br />
Di -- Fr 14:00 -- 18:00 Uhr<br />
Besucherservice<br />
Meißner <strong>La</strong>ndstraße 4<br />
01157 Dresden<br />
Tel 0351 . 42 91 - 220<br />
Impressum<br />
<strong>tjg</strong>. <strong>theater</strong> <strong>junge</strong> <strong>generation</strong>, Meißner <strong>La</strong>ndstraße 4, 01157 Dresden<br />
Intendantin Felicitas Loewe -- Spielzeit 2011/2012<br />
Redaktion: Ulrike Leßmann, Bettina Seiler, Benjamin Graul (Praktikant <strong>tjg</strong>. <strong>theater</strong>akademie)<br />
Fotos: Klaus Gigga / S. 15 www.sepulkralmuseum.de<br />
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