Migrationszeitung - Aller Anfang ist Begegnung
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Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03<br />
<strong>Migrationszeitung</strong><br />
8. Ausgabe/Oktober 03 Ein Beitrag der Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft zur sachlichen Diskussion im Umgang mit Menschen.<br />
Gesundheit kennt<br />
keinen Pass<br />
Themen<br />
Seite 4<br />
Spital-Gesichter<br />
Ohne den Einsatz von<br />
Migranten/-innen läuft es im<br />
Spital nicht rund. Eine<br />
Pflegerin, ein Pfleger, ein<br />
Arzt erzählen.<br />
Seite 8<br />
Seltenheit<br />
Höchst selten trifft der<br />
Hausarzt Peter Flubacher<br />
auf richtige Simulanten.<br />
50 Prozent seiner Patienten/<br />
-innen sind Migranten/-innen.<br />
Seite 12<br />
Geburtsstunde<br />
Geburt in der Fremde:<br />
Das Hilfswerk Iamaneh will<br />
flächendeckend Geburtsvorbereitungskurse<br />
für<br />
Migrantinnen anbieten.<br />
Seite 14<br />
Grenzsanität<br />
Müde, hungrig und abgekämpft:<br />
So kommen<br />
Asylsuchende oft in der<br />
SRK-Grenzsanität an. Ein<br />
Augenschein.<br />
Seite 20<br />
Bärennächte<br />
Samstagnachts treffen<br />
sich Jugendliche aus verschiedensten<br />
Nationen<br />
zum Basketball-Spiel in<br />
der Dreirosen-Halle.
2<br />
Editorial<br />
Thomas Kessler, Migrationsbeauftragter des Kantons Basel-Stadt, und<br />
Julia Morais, Migrationsverantwortliche Basel-Landschaft<br />
Gesundheit!<br />
«Gesundheit <strong>ist</strong> nicht alles, aber<br />
ohne Gesundheit <strong>ist</strong> alles nichts».<br />
Im Krankheitsfall wird man sich dieser<br />
Weisheit bewusst und vergisst<br />
sie allzu leicht wieder, sobald man<br />
sich fit fühlt. Die grossen gesellschaftlichen<br />
Herausforderungen sind<br />
aber alle tief greifend mit ihr verknüpft:<br />
Krankt das Schweizer Gesundheitswesen?<br />
Gibt es tatsächlich<br />
immer mehr oder immer teurere<br />
Kranke? Wie steht es mit der Vergreisung<br />
der Schweizer Bevölkerung?<br />
Stimmt es, dass Migrantinnen<br />
und Migranten vorwiegend in krank<br />
machenden Branchen arbeiten?<br />
Melden sich für die Altenpflege nur<br />
noch Migrantinnen? Sind Kranke<br />
der Preis für eine effiziente Wirtschaft<br />
und Verwaltung? Oder gibt es<br />
mehr Simulanten?<br />
Die Diskussion um die defizitäre<br />
Invalidenversicherung (IV) umfasst<br />
alle diese Aspekte. Erst kam die Polemik,<br />
jetzt kommen die Fakten: Die<br />
Wahrscheinlichkeit, eine Rente zu<br />
beziehen, beträgt bei Schweizer/-innen<br />
5,9%, bei Ausländer/-innen 3,3%.<br />
In der Kategorie der jungen IV-Rentner<br />
sind die Schweizer/-innen deutlich<br />
übervertreten; sie werden überdurchschnittlich<br />
häufig aus psychischen<br />
Gründen invalid. Bei Ausländer/-innen<br />
sind körperliche Ursachen<br />
und Unfälle verbreiteter. Mit zunehmender<br />
Ärztedichte steigt der An-<br />
teil der IV-Bezüger/-innen. Die Daten<br />
spiegeln Bekanntes: Die Belastbarkeit<br />
der jungen Generation nimmt<br />
ab oder, umgekehrt gesagt, die Belastung<br />
nimmt zu; schwere körperliche<br />
Arbeit zehrt an der Gesundheit;<br />
einzelne Firmen entlassen ihre über<br />
50-jährigen Mitarbeiter/-innen in die<br />
IV; Schlaumeier nützen Systemfehler<br />
in der Versicherung.<br />
Schliesslich <strong>ist</strong> die Frage der Nationalität<br />
hier wie bei anderen gesellschaftlichen<br />
Themen zweitrangig.<br />
Entscheidend <strong>ist</strong> auch für die Gesundheit<br />
der so genannte sozioökonomische<br />
Status: Wohlhabende Menschen<br />
werden älter und bleiben länger<br />
gesund. Dies sieht man bereits bei<br />
Kleinkindern: Kinder aus sozial<br />
schwachen Familien haben häufiger<br />
Karies und sind häufiger übergewichtig.<br />
Migrationsfamilien sind davon<br />
überdurchschnittlich betroffen,<br />
zunehmend aber auch Schweizer<br />
Familien. Politisch muss hier, in der<br />
jungen Familie, angesetzt werden.<br />
Information, Beratung, Krippenplätze<br />
und durchgehende Frühprophylaxe<br />
über die ersten Lebensjahre<br />
mindern Leid und helfen sparen.<br />
«Vorbeugen <strong>ist</strong> besser als heilen»,<br />
<strong>ist</strong> eine altbackene, aber topaktuelle<br />
Weisheit. Die derzeitigen Spardiskussionen<br />
werden zeigen, ob die<br />
Politik weise <strong>ist</strong> oder kurzsichtig.<br />
STELLEN SIE SICH VOR, SIE BEKOMMEN<br />
IN ST. PETERSBURG EINE MENINGITIS!<br />
Ferien! Der diesjährige Aufenthalt sollte etwas ganz Besonderes werden: eine<br />
Reise auf den Spuren Peters des Grossen, nach Russland. Man spricht zwar<br />
nicht Russisch, jedoch mit Englisch und Französisch wird man sich schon<br />
irgendwie durchschlagen können. Aufwachen im engen Hotelzimmer, heiss,<br />
Fieber, Schüttelfrost… was tun?<br />
Der nette Herr an der Réception spricht zwar Englisch, doch mehr als die<br />
Adresse des nächsten Krankenhauses kann auch er nicht geben, und dies in<br />
kyrillischer Schrift! Schwächeanfall, Nervosität, schleichende Angst!<br />
Endlich sind Sie mit dem Taxi im Spital angekommen, das Stethoskop versteht<br />
zwar jede Sprache, aber Ihre Fragen, Wünsche, Sorgen, wem können Sie die<br />
mitteilen? Wo <strong>ist</strong> die Bettwäsche im Spital? Aha, selber mitbringen! Sie haben<br />
rasenden Durst, wo <strong>ist</strong> der Tee? Aha, selber mitbringen! Wofür <strong>ist</strong> dieses<br />
Medikament und was sind seine Nebenwirkungen? Fremde Schriftzeichen,<br />
fremde Gesichter, Ratlosigkeit…<br />
In einer solchen Situation in Basel können sich Migranten/-innen an die<br />
Ausländerberatung der GGG wenden. Oft kennen sie unser Gesundheitssystem<br />
und die Regeln im Spital nicht und lassen sich gerne in Ruhe über Fragen des<br />
Eintritts, des Aufenthalts, des Essens (je nach Konfession) oder der Behandlung<br />
beraten. Unsere kompetenten Beraterinnen und Berater versuchen mit viel<br />
Einfühlungsvermögen, den Fragen und Ängsten der Migranten/-innen zu begegnen.<br />
In 14 Sprachen wird Beratung in Belangen wie Arbeit und Arbeitslosigkeit,<br />
Miete, Versicherungen und Steuern, Ehe und Familie, Gesundheit und zu<br />
weiteren Fragen im Alltag angeboten.<br />
Die GGG Informationsstelle Integration berät Institutionen, Migrantenvereine,<br />
Firmen und Privatpersonen bei Fragen zu Migration und Integration. Sie vernetzt<br />
und koordiniert Integrationsaufgaben innerhalb der Region. Möchte z.B. das<br />
Pflegepersonal Informationen über verschiedene Kulturen: Wir bieten dies an<br />
oder vermitteln. Möchte der Hausarzt seine Patientin in eine Frauengruppe<br />
integrieren: Wir sind behilflich.<br />
Nutzen Sie dieses Angebot und vereinbaren Sie einen Termin:<br />
Ausländerberatung der GGG Tel. 061 206 92 22<br />
GGG Informationsstelle Integration Tel. 061 206 92 27<br />
Eulerstrasse 26, 4051 Basel<br />
Wir sind von Montag bis Freitag von 9 bis 11Uhr und von 14 bis 18 Uhr für Sie da!<br />
IMPRESSUM<br />
Auftraggeberinnen:<br />
die Regierungen der Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft<br />
Redaktion: A. Strässle / Pressebüro Kohlenberg<br />
Konzept, Gestaltung und Realisation der Kampagne:<br />
cR DDB Werbeagentur AG, St. Jakobs-Strasse 185, 4002 Basel<br />
© Bilder: Dominik Plüss, Keystone, Peter Armbruster, Roland Schmid, Erwin Zbinden<br />
Druck: Basler Zeitung<br />
www.migration.bl.bs.ch<br />
Diese Ausgabe wurde vom<br />
Bundesamt für Gesundheit (BAG) mitfinanziert.<br />
Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03
Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03<br />
Migrantinnen – gehören mehrheitlich<br />
unteren sozialen Schichten oder benachteiligten<br />
Berufsgruppen an, was<br />
ihre Gesundheit belastet.<br />
Ist unser Gesundheitswesen für<br />
diese Herausforderung gerüstet?<br />
Die vorliegende Ausgabe der <strong>Migrationszeitung</strong><br />
zeigt, dass zahlreiche<br />
Projekte auf Bundes- und Kantonsebene<br />
erfolgreich arbeiten mit dem<br />
Ziel, Einrichtungen des Gesundheitswesens<br />
auch Migrantinnen und<br />
Migranten zugänglich zu machen.<br />
Doch noch gibt es bedenkliche<br />
Lücken. Ein Bericht des Instituts für<br />
Sozial- und Präventivmedizin der<br />
Universität Basel (ISPB) aus dem<br />
Jahr 2001 zeigt, dass verschiedene<br />
Kliniken zwar bewusst Fachpersonal<br />
mit Migrationshintergrund einstellen.<br />
<strong>Aller</strong>dings handelt es sich<br />
oft um befr<strong>ist</strong>ete Stellen, die keine<br />
kontinuierliche Arbeit gewährle<strong>ist</strong>en<br />
können.<br />
Ebenfalls schlecht dotiert <strong>ist</strong> die<br />
Psychiatrie. «Im stationären und im<br />
ambulanten Bereich fehlen in den<br />
Thema 3<br />
Gesundheit für alle<br />
Krankheit und Unfälle können uns alle treffen. Doppelt hart <strong>ist</strong> es für Menschen, welche die Sprache des<br />
Gastlandes weniger gut beherrschen. Bund und Kantone setzen deshalb auf Projekte, die versuchen, die<br />
Gesundheit von Migranten und Migrantinnen zu fördern.<br />
Von Pieter Poldervaart<br />
Wir merken es erst, wenn sie uns<br />
fehlt: Gesundheit <strong>ist</strong> die Grundlage<br />
für das Wohlbefinden. Immerhin<br />
wissen die me<strong>ist</strong>en von uns, wie<br />
weiter, wenn es an der Zahnwurzel<br />
pocht oder die Grippe im Anzug <strong>ist</strong>.<br />
Der Gang zur Apotheke, zum Hausarzt<br />
oder schlimmstenfalls zur Notfallstation<br />
<strong>ist</strong> zwar nicht Alltag, aber<br />
einigermassen zu bewältigen.<br />
Migrantinnen und Migranten<br />
haben es diesbezüglich schwerer.<br />
Oft können sie ihr Leiden nicht artikulieren<br />
– sie sprechen unsere Sprache<br />
zu wenig. Nur wenige Arztpraxen<br />
und Spitäler sind auf fremdsprachige<br />
Kundschaft vorbereitet<br />
und können bei Bedarf medizinische<br />
Dolmetscherinnen und Dolmetscher<br />
aufbieten.<br />
Doch nicht nur Verständigungsschwierigkeiten<br />
belasten die Situation<br />
für Ausländerinnen und Ausländer.<br />
Je nach kulturellem Hintergrund<br />
geht man mit Krankheit und<br />
Gesundheit anders um als bei uns.<br />
Oft wird beispielsweise eine Schwangere<br />
vom engsten familiären Umfeld<br />
beraten. In der Fremde fehlt<br />
dieser Rahmen, und die vorhandenen<br />
Angebote unseres Gesundheitssystems<br />
sind zu wenig bekannt und<br />
werden nicht genutzt. So we<strong>ist</strong> die<br />
höhere Sterblichkeitsrate der Neugeborenen<br />
von Migrantinnen auf<br />
mögliche Lücken in der Schwangerschaftsbetreuung<br />
hin. Auch Themen<br />
wie Prävention und Gesundheitsförderung<br />
finden bei der ausländischen<br />
Bevölkerung deutlich weniger<br />
Widerhall als im Durchschnitt.<br />
Zum einen fehlen schlicht die spezifischen<br />
Angebote, zum andern die<br />
Information darüber.<br />
Dabei sind Migrantinnen und<br />
Migranten besonders auf Gesundheitseinrichtungen<br />
angewiesen, die<br />
auf sie abgestimmt sind. Wie die<br />
Strategie «Migration und Gesundheit<br />
2002–2006» des Bundesamts für<br />
Gesundheit zeigt, <strong>ist</strong> ein Teil der Migrationsbevölkerung<br />
«grossen gesundheitlichen<br />
Risiken ausgesetzt».<br />
Denn Migranten – und noch stärker<br />
Migrantinnen und Migranten im Vorzimmer der Gesundheitsversorgung<br />
beiden Basler Kantonen längerfr<strong>ist</strong>ig<br />
gesicherte migrationsspezifische<br />
Angebote fast vollständig», meint<br />
Elisabeth Zemp, Autorin der ISPB-<br />
Studie.<br />
Der schlechtere Gesundheitszustand,<br />
ungenügende Vorsorge und<br />
ungesunde Arbeitsplätze führen unter<br />
anderem dazu, dass ein Drittel aller<br />
IV-Rentner/-innen Ausländer/-innen<br />
sind. Ihr Leiden <strong>ist</strong> echt: «Richtige<br />
Simulanten sind höchst selten»,<br />
betont der Basler Arzt Peter Flubacher<br />
im Gespräch auf Seite 8.<br />
Bedenkenswert <strong>ist</strong> schliesslich<br />
die Tatsache, dass unser Gesundheitswesen<br />
ohne die tatkräftige<br />
Mitarbeit von Ausländerinnen und<br />
Ausländern kollabieren würde. Ob<br />
im Operationssaal, bei der täglichen<br />
Pflege der Patienten/-innen oder in<br />
der Reinigungskolonne, rund ein<br />
Drittel des Gesundheitspersonals<br />
hat keinen Schweizer Pass. Auch<br />
diese Zahl gehört zur Diskussion<br />
um Gesundheit und Migration.
4<br />
Menschen im Gesundheitswesen<br />
Globalisierung im Spital<br />
Ohne den Einsatz von Migrantinnen und Migranten würde das Schweizer Gesundheitswesen nicht funktionieren.<br />
Eine Pflegerin, zwei Pfleger, ein Metzger und ein Arzt erzählen ihre Geschichte.<br />
Jezreel und Nellie Camique mit ihren beiden Töchtern, Hannah und Jenenah Lois<br />
Wenn Nellie Camique von der Arbeit<br />
nach Hause kommt, bereitet sie<br />
als Erstes ihren beiden Töchtern das<br />
Frühstück zu. Als Nachtwache in<br />
der Psychiatrischen Universitätsklinik<br />
(PUK) geht für sie der Tag zu<br />
Ende, wenn er für ihre Familie gerade<br />
erst begonnen hat. Ihren Mann<br />
Jezreel sieht sie nur kurz, er arbeitet<br />
zwar ebenfalls in der PUK, aber vor<br />
allem im Tagdienst. Sind die Kinder<br />
aus dem Haus, geht Nellie Camique<br />
ins Bett und schläft sofort ein. Die<br />
Arbeitszeiten seien manchmal schon<br />
etwas hart, sagt sie, «aber ich liebe<br />
meinen Beruf».<br />
Nellie Camique <strong>ist</strong> gelernte Krankenschwester,<br />
die Ausbildung hat<br />
sie in ihrer Heimat, auf den Philippinen,<br />
absolviert. Ihr Mann dagegen<br />
<strong>ist</strong> ein Quereinsteiger: Jezreel Camique<br />
war früher Matrose und hat jahrelang<br />
auf allen Weltmeeren gearbeitet.<br />
Als er in den Hafen der Ehe<br />
einlief und seine Tochter Hannah<br />
geboren wurde, strich er die Segel:<br />
«Als Matrose muss man sich bis zu<br />
drei Jahre verpflichten», erklärt er.<br />
«Das geht nicht, wenn man eine<br />
Familie hat.»<br />
Globalisierte Familie<br />
Jezreel und Nellie Camique lernten<br />
sich nicht etwa auf den Philippinen<br />
kennen, sondern in Frankfurt.<br />
Als seine Frau eine Stelle in Basel<br />
annahm, folgte ihr der Gatte nach<br />
und begann, im Altersheim Adullam<br />
zu arbeiten. Auf den Philippinen<br />
hatte er Pflegekurse besucht, die er<br />
nun gut gebrauchen konnte. In der<br />
PUK <strong>ist</strong> Jezreel Camique auf der<br />
Rehabilitations-Abteilung tätig, wo<br />
psychisch Kranke auf den Übergang<br />
in ihr Leben ausserhalb der<br />
Klinik vorbereitet werden. Neben<br />
den eigentlichen Pflegeaufgaben<br />
hilft er den Patienten/-innen auch<br />
bei der Planung ihrer Zukunft.<br />
Es war Nellie und Jezreel Camique<br />
wichtig, dass auch ihre Töchter<br />
am Gespräch mit der Migrations-<br />
zeitung teilnahmen. Sie sind beide<br />
in Basel geboren, Hannah besucht<br />
das Gymnasium, Jenenah Lois die<br />
Primarschule. «Manchmal frage ich<br />
sie, ob sie sich als Ausländerinnen<br />
fühlen», erzählt die Mutter. Sie <strong>ist</strong><br />
erleichtert, wenn die Kinder die<br />
Fragen verneinen: «Unsere Töchter<br />
«<br />
sind hier gut integriert.» Und<br />
Hannah fügt an: «Wenn mich jemand<br />
fragt, woher ich komme, dann<br />
sage ich: aus der Schweiz.»<br />
In der Familie Camique offenbart<br />
sich die Globalisierung im Kleinformat.<br />
Vater und Mutter sprechen<br />
neben Deutsch und Englisch zwei<br />
unterschiedliche philippinische Sprachen.<br />
Ihre Familien und Angehörigen<br />
leben verstreut über die ganze<br />
Welt. Nellie Camique folgte ihrer<br />
Schwester nach Europa, ihr Mann<br />
wurde von seinen Eltern nach<br />
Deutschland geholt. Sie hatten dort<br />
schon während Jahren gearbeitet<br />
und ihre Kinder nacheinander aus<br />
den Philippinen zu sich geholt.<br />
Unterdessen sind sie wieder in ihre<br />
alte Heimat zurückgekehrt. Jezreel<br />
Camiques Geschw<strong>ist</strong>er wohnen in<br />
Ohne Leute wie Nellie und Jezreel Camique<br />
würde das Schweizer Gesundheitssystem nicht<br />
funktionieren.<br />
den USA, Finnland und Deutschland.<br />
Die Eltern von seiner Frau lebten<br />
jahrelang in den USA und sind<br />
nun ebenfalls auf die Philippinen<br />
zurückgekehrt.<br />
Manchmal überlegen sich auch<br />
Jezreel und Nellie Camique, wo sie<br />
einst alt werden. «Unsere Töchter<br />
sind hier aufgewachsen, und auch<br />
wir fühlen uns wohl hier», sagt sie.<br />
«Trotzdem <strong>ist</strong> man hin und her<br />
gerissen. Es <strong>ist</strong> ein Konflikt, der<br />
Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03<br />
«
««<br />
Es <strong>ist</strong> schön, wenn einem bei der Arbeit so viel<br />
Vertrauen entgegengebracht wird.<br />
nicht einfach zu lösen <strong>ist</strong>.» Sie halte<br />
ihre Gedanken bewusst unter Kontrolle:<br />
«Ich sage mir, du b<strong>ist</strong> jetzt<br />
hier und bleibst auch vorerst einmal<br />
hier.»<br />
Ohne Menschen wie Nellie und<br />
Jezreel Camique würde das Schweizer<br />
Gesundheitssystem nicht funktionieren.<br />
Allein im Kantonsspital<br />
Basel kommt im leitenden Bereich,<br />
also von den Oberärzten an aufwärts,<br />
rund ein Drittel des Personals<br />
ursprünglich aus dem Ausland. Im<br />
Pflegebereich sind es 50 bis 60 Prozent,<br />
in der Reinigung sogar über 85<br />
Prozent. In einem Kanton wie Basel-<br />
Stadt arbeiten auch viele Grenzgängerinnen<br />
und Grenzgänger im<br />
Gesundheitswesen.<br />
Genug vom italienischen System<br />
Vincenzo Capizzi stammt aus Sizi-<br />
Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03<br />
lien, lebt mit Frau und Sohn in<br />
Lörrach und arbeitet in der Küche<br />
des Kantonsspitals Basel. B<strong>ist</strong> du<br />
verrückt, habe ihn seine Frau gefragt,<br />
als er ihr eröffnete, er wolle<br />
nach Deutschland ziehen. Beide<br />
hatten damals in Norditalien eine<br />
gute Stelle in der Modeindustrie.<br />
Aber der Gatte wollte weg. «Ich<br />
hatte genug vom italienischen<br />
System», erklärt er und erwähnt die<br />
Bürokratie und das Gesundheitswesen.<br />
«Solange Leute wie Berlusconi<br />
an der Spitze stehen», <strong>ist</strong> er überzeugt,<br />
«wird es ewig so weitergehen.»<br />
In der Küche des Kantonsspitals<br />
<strong>ist</strong> Vincenzo Capizzi für die Metzgerei<br />
verantwortlich, er <strong>ist</strong> stellvertretender<br />
Chef des Lagers und<br />
macht zurzeit eine Ausbildung im<br />
Vincenzo Capizzi <strong>ist</strong> da angekommen, wo er hinwollte.<br />
Lebensmitteleinkauf. Seine Familie<br />
hatte in einem sizilianischen Dorf<br />
während dreier Generationen eine<br />
Metzgerei betrieben. Dem Sohn war<br />
bereits im zarten Alter von sieben<br />
Jahren klar, dass er einmal Metzger<br />
werden wollte. «Ich stand schon als<br />
Kind gerne beim Opa in der Metzgerei»,<br />
erzählt er. Später entschied<br />
er sich für eine Ausbildung als<br />
Menschen im Gesundheitswesen 5<br />
WARUM SO WENIG FRAUEN?<br />
Metzgerme<strong>ist</strong>er, weil er auch Lehrlinge<br />
unterrichten wollte. Seine<br />
Ausbildung dauerte volle sieben<br />
Jahre, denn neben der Lehre und<br />
der Me<strong>ist</strong>erprüfung musste er auch<br />
einen zweijährigen Lehrgang als<br />
Buchhalter absolvieren.<br />
Nachdem er in Deutschland eine<br />
Zeit lang in einem Restaurant gearbeitet<br />
hatte, beschloss Vicenzo Capizzi,<br />
sein Glück in der Schweiz zu<br />
versuchen: «Ich verschickte elf Bewerbungen<br />
an Metzgereien in der<br />
Region Basel und erhielt mehrere<br />
Angebote.» Den Job, den er bei Bell<br />
annahm, übte er allerdings nur<br />
einen Monat lang aus, dann kam die<br />
Offerte aus dem Kantonsspital.<br />
Buchhalter in der Küche<br />
Sein Buchhalterdiplom komme<br />
ihm bei seiner jetzigen Arbeit sehr<br />
zugute, sagt Capizzi. Er arbeitet in<br />
einem Büro, das durch eine Glaswand<br />
von der Grossküche des Spitals<br />
abgetrennt <strong>ist</strong>. Dutzende von<br />
Köchen und Küchengehilfen arbeiten<br />
hier an riesigen schwenkbaren<br />
Töpfen, es <strong>ist</strong> laut und überall steigt<br />
Dampf auf. Eine eigentliche Metzgerei<br />
gibt es nicht mehr, Capizzi<br />
muss sich in erster Linie um den<br />
Einkauf und die Qualitätskontrolle<br />
kümmern. Bei rund 2000 Menüs pro<br />
Tag keine einfache Sache! «Unsere<br />
Qualitätsstandards sind sehr hoch»,<br />
betont der Metzgerme<strong>ist</strong>er, «wir<br />
verwenden nur frisches Fleisch aus<br />
der Schweiz.» Mit Schaudern erinnert<br />
er sich an seinen Militärdienst,<br />
wo er 1990 einmal mit Fleisch kochen<br />
musste, das seit 1968 tiefgekühlt<br />
gewesen war. Giftig sei das<br />
zwar nicht, sagt er, «aber ich habe<br />
keinen Bissen davon gegessen».<br />
Dass er nicht mehr direkt als<br />
Metzger arbeitet, macht ihm nichts<br />
aus: «Es gefällt mir sehr, was ich<br />
hier mache», sagt er bege<strong>ist</strong>ert. «Es<br />
<strong>ist</strong> schön, wenn einem bei der Arbeit<br />
so viel Vertrauen entgegengebracht<br />
wird.» Vincenzo Capizzi <strong>ist</strong> da angekommen,<br />
wo er hinwollte: «Hier arbeiten<br />
zu dürfen, <strong>ist</strong> fantastisch.»<br />
Facharzt aus Kolumbien<br />
Auch Carlos H. Buitrago Téllez<br />
mag die Arbeit am Kantonsspital.<br />
Und seine Kolleginnen und Kollegen<br />
am Kantonsspital mögen ihn:<br />
Viele der ausländischen Angestellten im Gesundheitswesen sind Frauen.<br />
Sie für die <strong>Migrationszeitung</strong> zu einem Gespräch zu gewinnen, erwies sich<br />
jedoch als schwierig. «Was gibt es über mich schon zu schreiben», winkte<br />
eine Pflegerin ab, ein Argument, das es immer wieder zu hören gab.<br />
Vor allem die Frauen, die in Spitälern oder Altersheimen in der Reinigung<br />
tätig sind, sprechen kaum Deutsch oder haben Angst, sich bei ihrem<br />
Arbeitgeber mit falschen Äusserungen in ein schlechtes Licht zu rücken.
6<br />
Menschen im Gesundheitswesen<br />
Dr. med. Carlos Buitrago Téllez <strong>ist</strong> Facharzt für Diagnostische Radiologie.<br />
Die Dame an der Pforte <strong>ist</strong> entzückt,<br />
als sie den Namen des Oberarztes<br />
aus Kolumbien hört: «Oh», sagt sie,<br />
«das <strong>ist</strong> ein ganz Herziger!» Auch<br />
Buitrago Téllez strahlt, und auf dem<br />
Weg in die Cafeteria wird er immer<br />
wieder von Mitarbeitern oder Kolleginnen<br />
aufgehalten. «Das habe ich<br />
alles für die Presse arrangiert»,<br />
behauptet er augenzwinkernd.<br />
Carlos Buitrago Téllez <strong>ist</strong> Facharzt<br />
für Diagnostische Radiologie.<br />
Wissenschaftlich befasst er sich<br />
schwerpunktmässig mit der bildlichen<br />
Darstellung von Verletzungen<br />
und Missbildungen an Hals, Gesicht<br />
und Schädel, vor allem mittels Computertomografie<br />
oder Magnet-Resonanz-Imaging<br />
(MRI). Zurzeit arbeitet<br />
Buitrago Téllez, der auch als Privatdozent<br />
an der Universität Basel<br />
unterrichtet, an einem neuen System<br />
zur Diagnose von Brüchen der<br />
Gesichtsknochen. Bis jetzt wird dazu<br />
noch immer ein Klassifikationssystem<br />
aus dem Jahr 1901 verwendet.<br />
Weil es für heutige Verhältnisse<br />
zu ungenau <strong>ist</strong>, kann es therapeutische<br />
Entscheidungen schwierig machen.<br />
Das in Basel entwickelte System<br />
macht allerdings nur Sinn,<br />
wenn es weltweit angewandt wird.<br />
Und das wäre um ein Haar schief<br />
gegangen: Die Amerikaner sträubten<br />
sich.<br />
Amerikaner bezwungen<br />
Ende März – die US Army kämpfte<br />
gerade im Irak – versuchte Carlos<br />
Buitrago Téllez zusammen mit anderen<br />
europäischen Wissenschaftlern,<br />
unter anderem mit Joachim<br />
Prein, dem ehemaligen Chefarzt der<br />
Klinik für Wiederherstellende Chirurgie<br />
am Kantonsspital Basel, in<br />
einem Hotel in Texas die amerikanischen<br />
Ärzte zu überzeugen. «Wir<br />
haben drei Tage lang von 8 bis 19<br />
Uhr verhandelt», erzählt Buitrago<br />
Téllez. Und was der Uno im Irak<br />
nicht gelungen war, gelang dem kolumbianischen<br />
Radiologen: Er konnte<br />
die Amerikaner umstimmen und<br />
sie von den Vorteilen der Zusammenarbeit<br />
mit dem internationalen Basler<br />
Projekt überzeugen. «Für den<br />
Forschungsstandort Basel <strong>ist</strong> das<br />
sehr wichtig», betont er. Nun arbeitet<br />
er an der Weiterentwicklung des<br />
Systems.<br />
Carlos Buitrago Téllez lebt und<br />
arbeitet seit 1998 in Basel. Sein<br />
Grundstudium als Arzt absolvierte<br />
er in der kolumbianischen Hauptstadt<br />
Bogotá. Es sei ihm bald klar<br />
gewesen, dass er nach Europa wolle,<br />
erzählt er. Weil er sich auf die<br />
Bildgebung von Schädel- und Gesichtsverletzungen<br />
spezialisieren<br />
wollte, lag eine weitere Ausbildung<br />
im Ausland auf der Hand: Die tech-<br />
nische Ausrüstung <strong>ist</strong> in Kolumbien<br />
nicht auf dem gleichen Stand wie in<br />
Europa. Deutsch sprach der junge<br />
Doktor bereits: «Mein Vater hatte<br />
mich an ein deutschsprachiges<br />
Gymnasium geschickt», erzählt er,<br />
«und meine erste Freundin war eine<br />
Schweizerin.» Nach acht Jahren in<br />
Freiburg i.Br., wo er auch seinen<br />
Doktor machte, die Facharztprü-<br />
«<br />
fung ablegte und an der Universität<br />
unterrichtete, nahm er eine Stelle<br />
am Kantonsspital Basel an.<br />
«Yyschnuufe, uusschnuufe»<br />
Seit einem einjährigen Austausch<br />
mit dem Felix-Platter-Spital, wo er<br />
als Oberarzt und verantwortlicher<br />
ärztlicher Leiter der Radiologie<br />
arbeitete, spricht er auch etwas<br />
Schweizerdeutsch: «Yyschnuufe, uusschnuufe»,<br />
sagt er, «das sind die<br />
wichtigsten Wörter. Sonst reagieren<br />
die Patienten einfach nicht.» Der<br />
Kontakt mit ihnen sei ihm sehr<br />
wichtig. Wer sich die lange L<strong>ist</strong>e seiner<br />
Projekte ansieht – darunter<br />
auch ein Computerprogramm namens<br />
«Buitrago-CAFFAC» zur auto-<br />
matischen Klassifikation von Gesichtsbrüchen<br />
–, fragt sich, ob dieser<br />
Mann überhaupt noch ein Privatleben<br />
hat. Das hat er sehr wohl: Der<br />
Sohn seiner Schwester, die in Kolumbien<br />
lebt, besucht nämlich zur<br />
Zeit in Basel das Gymnasium. Der<br />
junge Mann wohnt bei seinem<br />
Onkel, der für ihn die Erziehungsberechtigung<br />
übernommen hat.<br />
Dem kolumbianischen Arzt und Wissenschafter<br />
<strong>ist</strong> es wohl hier, er möchte in der Schweiz<br />
bleiben.<br />
Dem kolumbianischen Arzt und<br />
Wissenschaftler <strong>ist</strong> es wohl hier, er<br />
möchte in der Schweiz bleiben. Was<br />
seine Arbeit betrifft, <strong>ist</strong> er momentan<br />
daran, eine gesamtschweizerische<br />
Arbeitsgruppe für Kopf- und<br />
Halsdiagnostik ins Leben zu rufen.<br />
Seine berufliche Zukunft sieht er in<br />
der Zusammenarbeit zwischen der<br />
Allgemeinen Radiologie und der<br />
Neuroradiologie, die sich mit dem<br />
Gehirn und den Nerven auseinander<br />
setzt. In diesem Gebiet <strong>ist</strong> er gegenwärtig<br />
als Oberarzt tätig: «Ich wage<br />
mich langsam von der Schädelbasis<br />
zum Gehirn vor», meint er lachend.<br />
Viel Geduld gefordert<br />
Auch Johnson Augustine lächelt<br />
Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03<br />
«
oft, obwohl seine Zukunft weniger<br />
klar <strong>ist</strong>. Seit vier Monaten arbeitet<br />
er im Pflegewohnheim auf dem Bruderholz,<br />
wo er sich um das «physische<br />
und psychische Wohlergehen<br />
der alten Leute» kümmert, wie er es<br />
formuliert. Johnson, wie ihn im Heim<br />
alle nennen, wäscht die Pensionäre<br />
und kleidet sie an, er hilft ihnen<br />
beim Aufstehen, sofern es noch<br />
geht, und serviert ihnen das Essen.<br />
Er erstellt Pläne für Therapien und<br />
Besuche und bespricht den Zustand<br />
seiner Patienten/-innen in langen<br />
Sitzungen mit seinen Kolleginnen<br />
und Kollegen. «Der Job <strong>ist</strong> nicht einfach»,<br />
sagt er, «man braucht viel<br />
Geduld.» Oft seien die Patienten/-innen<br />
ge<strong>ist</strong>ig verwirrt, er sei auch schon<br />
geschlagen worden. Aber er nimmt<br />
das Verhalten seiner Schützlinge<br />
nicht persönlich. Er plaudert mit<br />
ihnen, zum Beispiel übers Fernsehprogramm,<br />
macht Spiele und singt<br />
mit ihnen Lieder. «Es <strong>ist</strong> ein sehr<br />
interessanter Beruf», sagt er und<br />
lächelt.<br />
Johnson Augustine <strong>ist</strong> sich bewusst,<br />
dass sein Beruf bei Schweizerinnen<br />
und Schweizern wenig<br />
Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03<br />
Johnson Augustine kümmert sich um das «physische und psychische Wohlergehen der alten Leute».<br />
beliebt <strong>ist</strong>. Im Unterschied zu Indien,<br />
wo die Ausbildung als Krankenschwester<br />
oder -pfleger sehr<br />
geschätzt wird, würden die Leute in<br />
Europa eben mehr Wert darauf<br />
legen, ihr Leben zu geniessen, sagt<br />
er. «Wir Inder sind anders, wir<br />
haben einen Plan für die Zukunft.»<br />
Ob er seinen eigenen Plan realisieren<br />
kann, weiss Johnson Augustine<br />
nicht: «Eigentlich möchte ich so<br />
schnell wie möglich zurück nach<br />
Indien. Aber wer weiss, wie es kommen<br />
wird.»<br />
Johnson Augustine stammt aus<br />
dem südindischen Bundesstaat Ke-<br />
««<br />
Der Job <strong>ist</strong> nicht einfach, sagt er, man braucht<br />
viel Geduld.<br />
rala. Für seine Ausbildung zum<br />
Krankenpfleger schickten ihn seine<br />
Eltern in den etwas weiter nördlich<br />
gelegenen Staat Karnataka. Zusammen<br />
mit seiner Frau, die ebenfalls<br />
Krankenschwester <strong>ist</strong>, zog er vor<br />
gut zweieinhalb Jahren nach Wien.<br />
Seit diesem Frühling lebt das Paar<br />
im Gundeli.<br />
Unsichere Zukunft<br />
Was Johnson Augustine daran zweifeln<br />
lässt, ob seine Pläne realisier-<br />
bar sind, <strong>ist</strong> das Beispiel von Verwandten<br />
seiner Frau: Sie sind in<br />
Europa aufgewachsen und kennen<br />
Indien nur aus der Perspektive von<br />
Tour<strong>ist</strong>en. Johnson Augustine hat<br />
einen zweijährigen Sohn, und er<br />
weiss, dass auch dieser seine Wurzeln<br />
einmal in der Schweiz haben<br />
wird: «In Indien werden Beruf und<br />
Heirat von den Eltern vorgegeben.<br />
Unsere Kinder dagegen werden<br />
ihren eigenen Weg gehen.» Auf die<br />
Frage, welches System er denn bevorzuge,<br />
reagiert er verwundert:<br />
«Das indische natürlich. Ich bin dort<br />
geboren und aufgewachsen.» Und<br />
was sind die wichtigsten Unterschiede<br />
zwischen hier und dort?<br />
«Alles <strong>ist</strong> anders», erklärt er. «Alles.<br />
Das Klima, die Leute, die modernen<br />
Geräte im Heim.» Es herrsche hier<br />
eine völlig andere Kultur als bei ihm<br />
zuhause. «Ich wäre lieber in Indien<br />
bei meiner Familie», sagt Johnson<br />
Augustine und lächelt zum Abschied.<br />
Andreas Merz<br />
Menschen im Gesundheitswesen 7<br />
FRAGEN<br />
3Dr. Carlo Conti, Vorsteher<br />
des Sanitätsdepartements<br />
Basel-Stadt<br />
Ohne Migrantinnen und Migranten<br />
würde das Schweizer Gesundheitswesen<br />
nicht funktionieren.<br />
Nehmen wir an, Sie hätten die<br />
Möglichkeit, direkt zu diesen<br />
Leuten zu sprechen: Was würden<br />
Sie ihnen sagen?<br />
Tatsächlich <strong>ist</strong> es so, dass in den<br />
Spitälern und Pflegeheimen ohne unsere<br />
ausländischen Arbeitnehmerinnen und<br />
Arbeitnehmer ein geordneter Betrieb<br />
kaum mehr möglich wäre. Dank ihrer<br />
Mitarbeit in verschiedensten Funktionen<br />
stellen sie nicht nur die Gesundheitsversorgung<br />
sicher, sondern le<strong>ist</strong>en auch<br />
einen Beitrag zur gelebten Integration<br />
von Ausländerinnen und Ausländern.<br />
Die Pflegeberufe sind bei<br />
Schweizerinnen und Schweizern<br />
nicht besonders beliebt: Es gibt<br />
viele Klagen wegen Überstunden<br />
und Unterbezahlung. Gleichzeitig<br />
dreht sich im Gesundheitswesen<br />
die Kostenspirale. Wie lässt sich<br />
dieses Problem lösen?<br />
Diese Aussage stimmt so nicht. Es gibt<br />
viele Leute, die den Pflegeberuf aus<br />
Überzeugung wählen und mit grossem<br />
Engagement ausüben. <strong>Aller</strong>dings trifft<br />
zu, dass der Arbeitsdruck auf das<br />
Personal besonders im Akutbereich in<br />
den letzten Jahren enorm zugenommen<br />
hat. Ich bin mir dessen sehr bewusst.<br />
Zutreffend <strong>ist</strong> aber auch, dass es die<br />
Pflicht der Regierung <strong>ist</strong> – nebst der<br />
Forderung nach einer guten Qualität –,<br />
darauf zu achten, dass die Kosten nicht<br />
aus dem Ruder laufen. Patentlösungen<br />
gibt es nicht. Die Spitäler sind jedoch<br />
gefordert, optimale Lösungen zu erarbeiten,<br />
beispielsweise durch eine<br />
Entlastung der Pflegenden im admin<strong>ist</strong>rativen<br />
Bereich und eine Optimierung<br />
der Arbeitsabläufe.<br />
Ihre Vorfahren kommen aus dem<br />
Tessin, waren also in gewissem<br />
Sinne auch Migranten. Wie kam<br />
Ihre Familie nach Basel?<br />
Ich selbst stamme aus Croglio im<br />
Tessin. Meine Eltern haben sich in Basel<br />
kennen gelernt und ich bin hier aufgewachsen.
8<br />
Interview<br />
Dr. med. Peter Flubacher <strong>ist</strong> Hausarzt in einer Gemeinschaftspraxis.<br />
«Richtige Simulanten sind höchst selten»<br />
Dr. med. Peter Flubacher <strong>ist</strong> Hausarzt in der Gemeinschaftspraxis an der Basler Hammerstrasse. 50 Prozent<br />
seiner Patienten/-innen sind Ausländer/-innen, Asylsuchende, Eingewanderte und Flüchtlinge. Simulanten/<br />
-innen seien eine äusserst seltene Ausnahme.<br />
<strong>Migrationszeitung</strong>: Peter Flubacher,<br />
seit über 20 Jahren behandeln Sie in<br />
Basel Flüchtlinge, Migranten/-innen,<br />
Asylsuchende. Mit welchen Beschwerden<br />
kommen heute die Menschen<br />
aus Afrika, Lateinamerika<br />
oder Asien zu Ihnen in die Praxis?<br />
Peter Flubacher: In unserer Praxis<br />
betreuen wir entsprechend der Bevölkerungsstruktur<br />
des Matthäusquartiers<br />
viele Menschen, die aus<br />
dem Ausland eingewandert sind, es<br />
<strong>ist</strong> ungefähr die Hälfte unserer Patienten/-innen.<br />
Die Mehrzahl stammte<br />
aus der Türkei, Italien, Spanien,<br />
dem ehemaligen Jugoslawien, Einzelne<br />
auch aus Osteuropa oder aus<br />
aussereuropäischen Ländern. Ursprünglich<br />
haben wir gemeint, dass<br />
Leute aus dem ferneren Ausland<br />
teils wegen exotischer Krankheiten<br />
medizinische Hilfe benötigen. Das<br />
hat sich nicht bestätigt. Es bestehen<br />
kaum Unterschiede zu den Beschwerden<br />
der einheimischen Bevölkerung.<br />
Nur ganz selten haben<br />
wir mit solchen Fällen zu tun, was<br />
aus medizinischer Sicht natürlich<br />
spannend <strong>ist</strong>. So habe ich kürzlich<br />
einen afrikanischen Patienten mit<br />
einer bei uns unbekannten Krankheit<br />
(intestinale Bilharziose) gesehen.<br />
Da war ich für die Unterstützung<br />
durch das Tropeninstitut dankbar.<br />
In der Bevölkerung munkelt man,<br />
Migranten/-innen würden Krankheiten<br />
vortäuschen, um sich hier den<br />
Aufenthalt zu erschleichen und sich<br />
auf Kosten der Allgemeinheit behandeln<br />
zu lassen. Welches sind Ihre<br />
Erfahrungen?<br />
Auch ich habe manchmal mit Leuten<br />
zu tun, die wegen eines negativen<br />
Asylentscheides ein Leiden auf-<br />
«<br />
bauschen oder die einfach nicht<br />
mehr arbeiten und von einer Rente<br />
profitieren wollen. Das sind Fälle,<br />
die uns allen sehr zu schaffen machen.<br />
Da muss klar Stellung bezogen<br />
werden gegenüber solchen Patienten/-innen,<br />
den Versicherungen<br />
und anderen involvierten Stellen.<br />
Verflixt <strong>ist</strong> eben, dass ich mich in<br />
meiner Beurteilung auch täuschen<br />
kann. Wer kennt nicht Berichte von<br />
Schweizer Patienten/-innen, die sich<br />
beklagen, sie seien bei zig Ärzten/<br />
-innen gewesen und als Simulant/-in<br />
Die ausländischen Patienten, von denen hier die<br />
Rede sein soll, gehören me<strong>ist</strong> der untersten<br />
sozialen Schicht an.<br />
abgestempelt worden, bis endlich jemand<br />
die richtige Diagnose gestellt<br />
habe.<br />
Zurück zu Ihrer Frage: Es wäre<br />
blauäugig, so zu tun, als gebe es unter<br />
der ausländischen Bevölkerung<br />
nicht auch solche, die unehrlich<br />
sind und das System ausnützen. Die<br />
me<strong>ist</strong>en unserer ausländischen Patienten/-innen<br />
sind ja zum Glück<br />
Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03<br />
«
nicht so. Der Pass hat doch nichts<br />
mit den Charaktereigenschaften<br />
eines Menschen zu tun!<br />
Wie bewerten Sie solche seltenen<br />
Fälle von Simulierenden?<br />
Auf richtige Simulanten/-innen treffen<br />
wir vermutlich höchst selten.<br />
Doch gibt es Menschen, bei denen<br />
der Eindruck entsteht, ein Krankheitszeichen<br />
sei der willkommene<br />
Anlass, sich aus der Verantwortung<br />
zu stehlen, sich aus dem Erwerbsleben<br />
zurückzuziehen und frühzeitig<br />
in Rente zu gehen. Diese Fälle sind<br />
sehr mühsam.<br />
Wissen Sie, ich bin ein Anhänger<br />
des Sozialstaates. Es waren jahrzehntelange<br />
Kämpfe der Arbeiterund<br />
Gewerkschaftsbewegung dafür<br />
nötig. Für unser gut ausgebautes<br />
System sind solche Missbräuche<br />
nicht gut. Es wurde nicht für Faule<br />
und Profiteure geschaffen, sondern<br />
für die, die es wirklich benötigen.<br />
Gerade aus meiner Sorge um unsere<br />
Sozialwerke halte ich es für eine<br />
ganz perfide Sache, wie zurzeit von<br />
politisch ausländerfeindlichen Parteien<br />
vereinzelte Fälle hochgeschaukelt<br />
werden, um unser bewährtes<br />
Sozialversicherungssystem als Ganzes<br />
in Misskredit zu bringen. Die<br />
allerme<strong>ist</strong>en unserer Patienten/-innen,<br />
seien sie nun aus der Türkei, aus<br />
dem Kosovo, Sri Lanka, Afrika, der<br />
Schweiz oder Serbien, sind anständige,<br />
vernünftige Menschen. Sie<br />
gehen ihrer Arbeit nach, versuchen,<br />
ihre Kinder zu verantwortungsbewussten<br />
Menschen zu erziehen, und<br />
respektieren andere Menschen gleich<br />
welcher Hautfarbe oder Religion,<br />
ohne dass sie dabei ihre Herkunft<br />
verleugnen und ihr kulturelles Erbe<br />
vernachlässigen würden.<br />
Wie gehen Sie bei unklaren Fällen<br />
vor?<br />
Als Hausärzte/-innen sind wir gezwungen,<br />
unsere Arbeitshypothesen<br />
(Diagnosen) immer wieder in Frage<br />
zu stellen. Natürlich gibt es «einfache»<br />
Diagnosen wie beispielsweise<br />
eine schwere Herzerkrankung – «einfach»<br />
in dem Sinn, dass die Krankheit<br />
klar benannt werden kann. Es<br />
stellt sich dann die Frage, ob es dem<br />
Patienten wegen seines Herzproblems<br />
schlecht geht oder ob andere<br />
Gründe dafür verantwortlich zu<br />
machen sind.<br />
Können Sie ein Beispiel nennen?<br />
Gestern habe ich eine 40-jährige<br />
Schweizerin gesehen. Als Bankangestellte<br />
<strong>ist</strong> sie die einzige Ernährerin<br />
der Familie. Der Mann schaut zu<br />
den Kindern, er <strong>ist</strong> Hausmann. Die<br />
Frau <strong>ist</strong> seit einigen Monaten depressiv<br />
und steht deswegen in regelmässiger<br />
psychiatrischer Behand-<br />
Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03<br />
lung. Auslöser der Depression <strong>ist</strong> –<br />
da sind sich der Psychiater und ich<br />
einig – die gespannte Situation am<br />
Arbeitsplatz, wo Entlassungen angekündigt<br />
worden sind. Die Patientin<br />
<strong>ist</strong> fest davon überzeugt, dass sie<br />
ihre Stelle verlieren werde, da sie<br />
schon mehrmals wegen mangelnder<br />
« Es wäre blauäugig, so zu tun, als gebe es unter<br />
der ausländischen Bevölkerung nicht auch solche,<br />
die unehrlich sind und das System ausnützen.<br />
Le<strong>ist</strong>ung kritisiert worden sei. Was<br />
kann ich als Arzt angesichts dieses<br />
Umstands tun? Die Antidepressiva<br />
(Medikamente gegen Depressionen)<br />
haben kaum etwas genützt. Dieses<br />
Beispiel zeigt, wie wichtig Arbeit,<br />
Familie und Finanzen (so genannte<br />
sozioökonomische Faktoren) für<br />
Wohlbefinden und Selbstwertgefühl<br />
eines Menschen sind. Die Medizin<br />
kann solche Faktoren nicht beeinflussen.<br />
Wer je arbeitslos war, versteht<br />
genau, was ich meine.<br />
Wie gehen Sie mit dem anderen kulturellen<br />
Hintergrund, den Migrantinnen<br />
und Migranten mitbringen,<br />
in Ihrer Praxis um?<br />
In der Regel frage ich die Patienten/<br />
-innen, was ihrer Meinung nach ihr<br />
Leiden verursacht habe und was sie<br />
von mir in Sachen Abklärung und<br />
Behandlung erwarten. Ich versuche<br />
so, die Patienten/-innen in den Prozess<br />
von Diagnose und Behandlung<br />
einzubeziehen. Das <strong>ist</strong> das partner-<br />
schaftliche Modell, das unserem<br />
modernen Verständnis von Medizin<br />
entspricht und nach dem ich praktiziere.<br />
Das kommt nicht immer gut<br />
an und wird so interpretiert, als ob<br />
ich als Arzt nicht wüsste, was zu tun<br />
sei. Eine solche Abwehrhaltung können<br />
wir natürlich auch bei Schweizern/-innen<br />
treffen. Ein Hausarztkollege<br />
aus dem Emmental hat mir in<br />
dem Zusammenhang erzählt, dass<br />
ihm einer sagte: «Du bisch der Döktu,<br />
du muesch es wüsse!» Gezielte<br />
Fragen nach dem psychosozialen<br />
Umfeld helfen uns, die Lebenswelt<br />
unserer Patienten/-innen besser zu<br />
verstehen und uns entsprechend<br />
darauf einzustellen.<br />
Was machen Sie bei sprachlichen<br />
Verständigungsschwierigkeiten?<br />
Häufig müssen wir zum Übersetzen<br />
mit Familienangehörigen vorlieb nehmen.<br />
Aus verschiedenen Gründen<br />
sind jedoch Familienangehörige als<br />
Übersetzer/-innen denkbar ungeeignet.<br />
Deshalb arbeite ich wenn nötig<br />
mit einer professionellen Übersetzerin<br />
zusammen, zum Beispiel, wenn<br />
ich einer Patientin die Möglichkeit<br />
geben möchte, ihre eigene Geschichte<br />
zu erzählen, oder wenn es<br />
eine eingreifende Untersuchung<br />
vorzubereiten gilt oder wenn es darum<br />
geht, eine Diagnose genau zu<br />
erklären und über die damit verbundenen<br />
Ängste zu reden.<br />
Haben Sie Verbesserungsvorschläge<br />
für die medizinische Betreuung der<br />
Migranten/-innen?<br />
Im Vergleich zu anderen Orten läuft<br />
bei uns in Basel vieles gut, doch <strong>ist</strong><br />
zum Erreichten Sorge zu tragen,<br />
und es sind gewisse Verbesserungen<br />
nötig.<br />
Ein echter Mangel <strong>ist</strong> in der psychiatrischen<br />
Versorgung auszumachen.<br />
Gerade hier, wo die Kommunikation<br />
extrem wichtig <strong>ist</strong>, fehlt es<br />
an Fachpersonal, das die Sprache<br />
der Patienten/-innen spricht. (In der<br />
interdisziplinären, interinstitutionellen<br />
Arbeitsgruppe «Interdisziplinäre<br />
Psychiatrie» wird dieser Missstand<br />
immer wieder diskutiert.)<br />
Das Arbeiten mit professionellen<br />
Dolmetschern/-innen sollte nicht<br />
auf die psychiatrischen Kliniken<br />
und einige Polikliniken beschränkt<br />
sein, sondern in allen medizinischen<br />
Institutionen zu einer Selbstverständlichkeit<br />
werden. Als positives<br />
Beispiel speziell hervorheben möchte<br />
ich die Multikulturelle Suchtberatungsstelle<br />
Basel (MUSUB), welche<br />
für Süchtige und deren Familien<br />
psychologische Beratung anbietet.<br />
Die Betroffenen können sich in ihrer<br />
Muttersprache unterhalten, was<br />
ein grosses Plus <strong>ist</strong>. Denn dies <strong>ist</strong> ja<br />
in vielen Arztpraxen und Spitälern<br />
leider nicht gewährle<strong>ist</strong>et.<br />
««<br />
Wir dürfen stolz darauf sein, dass wir keine<br />
‘amerikanischen’ Verhältnisse haben.<br />
Wer bezahlt die Behandlung von Migranten/-innen?<br />
Durch die obligatorische Krankenversicherung<br />
sind alle in der Schweiz<br />
lebenden Menschen versichert. Für<br />
die sozialhilfeabhängigen Asylsuchenden<br />
gibt es eine spezielle Versicherung,<br />
die nach dem HMO-Prinzip<br />
funktioniert. Bund und Kanton<br />
übernehmen sämtliche Kosten. Das<br />
<strong>ist</strong> die einzige Ausnahme. Doch sobald<br />
Asylsuchende Geld verdienen,<br />
müssen sie, wie alle anderen, für die<br />
Krankenkassenversicherung selber<br />
aufkommen.<br />
«<br />
Interview: Wolf Südbeck-Baur<br />
FACTS& FIGURES<br />
80 Prozent aller Menschen<br />
haben keinen Zugang zu sauberem<br />
Trinkwasser.<br />
Interview 9<br />
FRAGEN<br />
3Dr. med. Anke Ronsdorf,<br />
Oberärztin der Notfall-<br />
und Intensivstation der<br />
Medizinischen Klinik<br />
Liestal<br />
Warum kommen Migranten/-innen<br />
häufiger in die Notaufnahme?<br />
Weil es in ihren Herkunftsländern in<br />
der Regel keine Hausärzte gibt. Man<br />
geht dort zum Arzt ins Spital. Von<br />
daher kann ich klar bestätigen, dass<br />
Migranten/-innen häufig zu uns<br />
kommen.<br />
Wie gehen Sie damit um?<br />
Wir versuchen, auf diese Patienten<br />
einzugehen, weisen aber auch darauf<br />
hin, dass es niedergelassene Ärzte gibt,<br />
die sie beim nächsten Arztbesuch<br />
möglicherweise aufsuchen könnten.<br />
Speziell bei Patientinnen, die unserer<br />
Sprache nicht so mächtig sind,<br />
versuchen wir Kontakt herzustellen<br />
mit Ärzten, die aus dem Herkunftsland<br />
der Patientin kommen.<br />
In der Region Basel denke ich insbesondere<br />
an niedergelassene Ärzte, die<br />
Türkisch sprechen, da das eine Klientel<br />
<strong>ist</strong>, die wir häufiger sehen.<br />
In akuten Notfällen leiten wir rasch die<br />
nötige Behandlung ein. In lebensbedrohlichen<br />
Situationen versuchen wir durch<br />
Angehörige die Verständigung mit dem<br />
Patienten herzustellen und Informationen<br />
zu vermitteln.<br />
Das <strong>ist</strong> eine schlechte, aber oft nicht<br />
zu vermeidende Variante. Für uns <strong>ist</strong> es<br />
relativ schwierig, im Notfall türkische<br />
Dolmetscher zu bekommen. Es wäre<br />
darum sicherlich gut, wenn wir einen<br />
Pool von Dolmetschern hätten.<br />
Für einige Sprachen trifft das zwar zu,<br />
für die me<strong>ist</strong>en jedoch nicht.<br />
Reagieren Migranten, Migrantinnen<br />
aggressiv oder werden gar gewalttätig,<br />
wenn sie sich sprachlich nicht<br />
verständlich machen können?<br />
Nein, das erleben wir auf der<br />
Notfallstation äusserst selten. Die<br />
me<strong>ist</strong>en kommen mit einer Frage oder<br />
einer Bitte. Me<strong>ist</strong>ens gelingt es uns<br />
auch mit der Hilfe von Spitalangestellten,<br />
einen Weg zu finden.
10<br />
Bundesamt für Gesundheit<br />
Sprachliche und kulturelle<br />
Gesundheitsbarrieren überwinden<br />
Bei der Gesundheitsversorgung der Migrationsbevölkerung hapert es. Schuld sind vor allem Sprach- und<br />
Kulturbarrieren. Nun sollen eine transkulturelle Ausbildung, professionelle Sprachmittler/-innen sowie spezielle<br />
Angebote für Foltertraumatisierte und migrationsspezifische Aids-Kampagnen Abhilfe schaffen.<br />
Nur ein Mal ohne, und du könntest mit Aids infiziert werden. Stop Aids. (Thai)<br />
Streichübungen im Bereich Migration<br />
und Gesundheit sind ein<br />
Bumerang. Denn die Programme,<br />
die zur Zeit vom Bundesamt für<br />
Gesundheit (BAG) realisiert werden,<br />
sollen nicht nur die prekäre Gesundheitssituation<br />
der Migrationsbevölkerung<br />
verbessern, sondern<br />
auch die Kosten senken. «Migrantinnen<br />
und Migranten kennen unser<br />
Gesundheitssystem schlecht. Dass<br />
man zu einem Hausarzt geht, <strong>ist</strong> vielen<br />
nicht bekannt, weil in den<br />
Herkunftsländern solche Modelle<br />
nicht ex<strong>ist</strong>ieren. Stattdessen geht<br />
man oft schon bei Bagatellen direkt<br />
ins Spital, womöglich sogar via<br />
Notfall», umreisst Thomas Spang<br />
von der BAG-Fachstelle Migration<br />
und Gesundheit die Problematik.<br />
Bund mit neuer Strategie<br />
Zum Teil können geeignete admin<strong>ist</strong>rative<br />
Regelungen weiterhelfen.<br />
Im Asylbereich fordert eine Verordnung<br />
des Bundesamts für Flüchtlinge<br />
die Kantone dazu auf, dass<br />
Asylbewerber/-innen medizinische<br />
FACTS& FIGURES<br />
Die gemäss WHO gesündesten<br />
Menschen der Erde – die Griechen<br />
– verspeisen pro Kopf und Jahr<br />
200 kg Gemüse mit viel Olivenöl.<br />
Le<strong>ist</strong>ungen nur via einen bestimmten<br />
Arzt beziehen können. Doch<br />
auch dann braucht es für eine effiziente<br />
und Kosten sparende Behandlung<br />
eine korrekte Diagnose. Voraussetzung<br />
dafür <strong>ist</strong> eine störungsfreie<br />
Kommunikation.<br />
«Dem stehen sowohl sprachliche<br />
als auch soziokulturelle Barrieren gegenüber»,<br />
erklärt Spang. Es brauche<br />
dringend mehr transkulturelle Kompetenz<br />
auf Seiten des Gesundheitspersonals<br />
und den Beizug ausgebildeter<br />
Dolmetscher/-innen. Spang:<br />
«Jeder Arzt weiss, dass die Folgekosten<br />
von Missverständnissen –<br />
ST P AIDS<br />
Nr. MD015 Bundesamt für Gesundheit, in Zusammenarbeit mit der Aids-Hilfe Schweiz. www.stopaids.ch<br />
cR DDB Basel<br />
etwa das nicht korrekte Verstehen<br />
einer Diabetes-Diät – ein Vielfaches<br />
eines Übersetzerhonorars betragen.»<br />
Nun will der Bund diese Probleme<br />
mit einem umfassenden Massnahmenpaket<br />
angehen. Die medizinischen<br />
Angebote sollen besser auf<br />
die spezifische Situation von Flüchtlingen<br />
und Migranten/-innen abgestimmt<br />
werden. Gleichzeitig will die<br />
neue Bundesstrategie «Migration<br />
und Gesundheit 2002–2006» auch<br />
den Zugang zu Präventions- und<br />
Therapiemöglichkeiten erleichtern.<br />
Unter anderem sind folgende Schwerpunkte<br />
geplant:<br />
Brich den Talisman des Tabus, le<strong>ist</strong>e Widerstand gegen Aids! Stop Aids. (Kurdisch-Sorani)<br />
• Aus- und Weiterbildung des Gesundheitspersonals<br />
• Informationen für Migrantinnen<br />
und Migranten zum Gesundheitssystem<br />
• Migrationsspezifische Aidskampagnen<br />
• Spezielle Therapieangebote für<br />
Kriegs- und Foltertraumatisierte<br />
Sprachmitteln braucht emotionale<br />
D<strong>ist</strong>anz<br />
«Tätigkeiten wie Dolmetschen<br />
und interkulturelle Vermittlung müssen<br />
professionalisiert werden. Wir<br />
wollen zertifizierte Ausbildungsangebote<br />
für Dolmetscher/-innen<br />
schaffen», meint Spang. Auch soll<br />
die transkulturelle Kompetenz im<br />
Gesundheitssystem in Pflege, Medizin<br />
und Management durch Weiterbildungsangebote<br />
gefördert werden.<br />
In diesen Zusammenhang<br />
gehört auch der vom BAG mitfinanzierte<br />
Videofilm «Trialog – Dolmetschen<br />
im Gesundheitsbereich». Das<br />
Video wurde vom Verein Interpret’<br />
in Bern in Zusammenarbeit mit dem<br />
Universitätsspital Genf produziert<br />
und stellt verschiedene Schlüsselsituationen<br />
im Bereich des Sprachmittelns<br />
in Spitälern vor. Manuela<br />
Blanchard, Geschäftsleiterin von<br />
Interpret’: «Das Video eignet sich<br />
vor allem zur Weiterbildung von<br />
Pflegepersonal und Dolmetschenden.<br />
Es thematisiert auch, was bei<br />
der Arbeit mit unqualifizierten<br />
Übersetzern/-innen alles schief gehen<br />
kann, und zeigt Verbesserungs-<br />
ST P AIDS<br />
Nr. MD011 Bundesamt für Gesundheit, in Zusammenarbeit mit der Aids-Hilfe Schweiz. www.stopaids.ch<br />
cR DDB Basel<br />
Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03
möglichkeiten auf.» Noch viel wichtiger<br />
als im Spitalalltag sei das<br />
Übersetzen jedoch bei der Behandlung<br />
von Kriegs- und Foltertraumas.<br />
Foltertrauma braucht spezielle<br />
Behandlung<br />
«Hier <strong>ist</strong> es besonders wichtig,<br />
dass speziell ausgebildete Sprachmittler/-innen<br />
beigezogen werden,<br />
die insbesondere eine emotionale<br />
D<strong>ist</strong>anz wahren können», so Blanchard.<br />
Dies <strong>ist</strong> me<strong>ist</strong> nicht der Fall,<br />
wenn jemand eine/-n Bekannte/-n<br />
oder Verwandte/-n als Sprachmittler/-in<br />
mitbringt. Denn die Gefahr<br />
<strong>ist</strong> gross, dass diese Personen ihre<br />
eigene Sicht der Dinge einbringen,<br />
statt neutral zu übersetzen. Zudem<br />
wollen Foltertraumatisierte entwürdigende<br />
Erlebnisse wie zum Beispiel<br />
eine Vergewaltigung verständlicherweise<br />
nicht im Freundes- und Familienkreis<br />
publik machen. Noch mangelt<br />
es in der Schweiz allerdings an<br />
Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03<br />
spezifischen Therapieangeboten für<br />
traumatisierte Migrantinnen und Migranten.<br />
Insbesondere Asylsuchende<br />
haben gegenwärtig lediglich Zugang<br />
zu Traumatherapien im Rahmen<br />
des Le<strong>ist</strong>ungsangebots gemäss<br />
Bundesgesetz über die Krankenversicherung.<br />
«Langfr<strong>ist</strong>ig angelegte<br />
Behandlungen machen aber wenig<br />
Sinn, solange Status und Dauer des<br />
Aufenthalts nicht geregelt sind»,<br />
meint Beatrice Reusser vom Bundesamt<br />
für Flüchtlinge. Man sei deshalb<br />
dabei, im Rahmen der neuen<br />
«Strategie Migration und Gesundheit»<br />
niederschwellige und kurzfr<strong>ist</strong>ige<br />
Behandlungsangebote zu entwickeln.<br />
«Beispielsweise könnten<br />
traumatisierte Asylsuchende in speziellen<br />
Unterbringungsstrukturen<br />
psychologisch begleitet und stabilisiert<br />
werden», erläutert Reusser. Das<br />
Ethnologisch-Psychologische Zentrum<br />
Zürich erprobt zur Zeit entsprechende<br />
Modelle. Durch solche<br />
Produkte des BAG<br />
1 Migration und Gesundheit – strategische Ausrichtung des Bundes 2002–2006.<br />
Vollfassung: 67 Seiten. BAG: 2003. Kurzfassung: 18 Seiten. BAG: 2003<br />
Die Strategie «Migration und Gesundheit 2002–2006» <strong>ist</strong> das Resultat einer breiten Untersuchung<br />
im Migrationsbereich. Anhand der fünf definierten Interventionsachsen werden mit Massnahmen<br />
verschiedene Zielsetzungen angestrebt. In die Umsetzung der Strategie eingebunden sind vom<br />
Thema betroffene Bundesämter sowie Organisationen. Die Vollfassung der Broschüre gibt es auf<br />
Deutsch, Französisch und Italienisch. Die Kurzversion ex<strong>ist</strong>iert in 13 Sprachen: Albanisch, Arabisch,<br />
Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Kroatisch, Portugiesisch, Russisch, Serbisch, Spanisch,<br />
Tamilisch, Türkisch. Sie kann als PDF heruntergeladen werden unter:<br />
www.suchtundaids.bag.admin.ch/themen/migration/strategie/index.html?language=de&schriftgrad=<br />
Bestellung bei: Fachstelle Migration und Gesundheit (BAG),<br />
migrationundgesundheit@bag.admin.ch,<br />
www.suchtundaids.bag.admin.ch/themen/migration/doku/publikationen/00852/index.html?<br />
language=de&schriftgrad=<br />
2 Was bedeuten HIV und Aids? Aktualisiertes Wissen zu HIV/Aids für Migranten/-innen.<br />
11 Seiten. BAG: 2000. Neuauflage Ende 2003.<br />
Die Broschüre ex<strong>ist</strong>iert in 14 Sprachen: Albanisch, Arabisch, Deutsch, Englisch, Französisch,<br />
Italienisch, Kroatisch, Portugiesisch, Rumänisch, Russisch, Somali, Spanisch, Tamilisch, Türkisch.<br />
Sie kann als PDF heruntergeladen werden unter:<br />
www.suchtundaids.bag.admin.ch/themen/migration/doku/publikationen/01175/index.html?<br />
language=de&schriftgrad=<br />
Bestellung bei: Aids-Hilfe Schweiz, bestellungen@aids.ch, www.aids.ch<br />
3 TRIALOG. L’interprétariat en milieu médical / Dolmetschen im Gesundheitswesen /<br />
L’interpretazione in campo medico. Autoren/-innen: Regula Pickel, Alexander Bischoff,<br />
Louis Loutan. Hôpitaux Universitaires de Genève (HUG): 2002.<br />
Das Video «Trialog» soll den Lernprozess in der Arbeit mit Dolmetscher/-innen im Gesundheitswesen<br />
erleichtern. Vier Gespräche stehen darin beispielhaft für vier unterschiedliche klinische Situationen.<br />
Sie helfen, die Facetten in einer therapeutischen Dreiecksbeziehung zu entdecken, und geben Tipps<br />
für den Umgang mit ihnen. Das VHS-Video mit Handbuch <strong>ist</strong> auf Deutsch, Französisch und Italienisch<br />
erhältlich. Dauer: 32 Min. Bestellung bei: Interpret, www.inter-pret.ch/d/trialog.htm<br />
4 Mit anderen Worten. Dolmetschen in Behandlung, Beratung und Pflege.<br />
Autoren: Alexander Bischoff, Louis Loutan. 56 Seiten.<br />
Hôpitaux Universitaires de Genève (HUG): 2000.<br />
Dieser Leitfaden soll den Einstieg in Patientengespräche mit Fremdsprachigen erleichtern und richtet<br />
sich an Berufstätige in Gesundheits- und Sozialbereich sowie an Dolmetscherinnen und Dolmetscher,<br />
die in diesen Bereichen tätig sind. Diese Broschüre gibt es auf Deutsch und Französisch.<br />
Bestellung bei: Hôpitaux Universitaires de Genève (HUG), Infotheque-Multimedia@hcuge.ch<br />
massgeschneiderten, niederschwelligen<br />
Betreuungsformen sollen die<br />
betroffenen Gruppen nicht nur besser<br />
erreicht werden. Auch die Kosten<br />
liegen voraussichtlich bis zu<br />
zwei Drittel tiefer als bei einer Behandlung<br />
in einer psychiatrischen<br />
Klinik, schätzt Reusser.<br />
Aids-Prävention unter die Leute<br />
tragen<br />
Doch nicht nur der Umgang mit<br />
Kriegs- und Folteropfern stellt das<br />
Gesundheitssystem vor neue Herausforderungen.<br />
Auch die Aids-Prävention<br />
entpuppt sich wegen Kommunikations-<br />
und Kulturbarrieren<br />
als Knacknuss. So liegt die Infektionsrate<br />
etwa bei Migranten/-innen<br />
aus dem Subsahara-Bereich überdurchschnittlich<br />
hoch. «Aids <strong>ist</strong> in<br />
dieser Bevölkerungsgruppe ein tabuisiertes<br />
Thema. Wir suchen deshalb,<br />
mit Unterstützung von Schlüsselpersonen<br />
Präventionsbotschaften<br />
Bundesamt für Gesundheit 11<br />
auf informellem und mündlichem<br />
Weg in die Subsahara-Communities<br />
zu tragen und die Tabuisierung zu<br />
durchbrechen», erklärt Thomas<br />
Spang. Daneben hat das BAG diesen<br />
Frühling eine breit angelegte<br />
Stop-Aids-Kampagne mit Plakaten<br />
in über einem Dutzend Sprachen<br />
gestartet. Spang: «Die an die Migrationsbevölkerung<br />
gerichteten Botschaften<br />
wurden gemeinsam mit<br />
Angehörigen der jeweiligen Sprachgruppen<br />
entwickelt und nehmen auf<br />
die spezifischen soziokulturellen<br />
Aspekte Rücksicht.»<br />
Elias Kopf<br />
Weitere Informationen<br />
Fachstelle Migration und Gesundheit<br />
im BAG:<br />
www.suchtundaids.bag.admin.ch/<br />
themen/migration<br />
Gesundheitsangebote für Migrantinnen<br />
und Migranten im Raum Basel:<br />
www.integration-bsbl.ch<br />
(Suchwort: Gesundheit).<br />
1 2 3 4 5 6 7<br />
5 Gesundheitswegweiser Schweiz. Herausgeber: Bundesamt für Gesundheit,<br />
Schweizerisches Rotes Kreuz (SRK), Caritas Schweiz. 63 Seiten. 2001.<br />
Der Gesundheitswegweiser gibt Auskunft zur medizinischen Versorgung in der Schweiz und erläutert<br />
wichtige Gesetze und Regelungen wie die Kranken- oder die Invalidenversicherung. Er enthält zudem<br />
die Adressen der wichtigsten Anlaufstellen im Gesundheitsbereich.<br />
Die Broschüre <strong>ist</strong> kostenlos in 19 Sprachen erhältlich: Albanisch, Arabisch, Bosnisch, Deutsch,<br />
Englisch, Farsi, Französisch, Italienisch, Kroatisch, Portugiesisch, Russisch, Serbisch, Somali,<br />
Spanisch, Tamilisch, Thailändisch, Türkisch, Urdu, Vietnamesisch.<br />
Bestellung bei: BBL, www.bbl.admin.ch/de/bundespublikationen/shop/alle<br />
6 Bedeutung einer migrationsspezifischen Drogenarbeit und deren Folgen für die Praxis.<br />
38 Seiten. BAG: 2002.<br />
Diese Broschüre basiert auf den Ergebnissen der Studie «Migration und Drogen», die vom Institut für<br />
Ethnologie der Universität Bern (Verfasserin: D. Domenig) im Auftrag des Bundesamtes für<br />
Gesundheit (BAG) erstellt wurde. Sie richtet ihren Fokus einerseits auf die Interaktion zwischen<br />
Fachpersonen und Klienten/-innen mit Migrationshintergrund, andererseits auf die Institutionen<br />
selbst. Dabei werden die gegenwärtige Situation hinsichtlich der transkulturellen Praxis im Drogenbereich<br />
analysiert sowie Wege einer schrittweise Umsetzung einer vermehrten Verankerung der<br />
transkulturellen Kompetenz, die nicht nur für den Drogenbereich handlungsweisend sind, aufgezeigt.<br />
In diesem Sinne <strong>ist</strong> die vorliegende Broschüre als Diskussionsbeitrag und Denkanstoss im Hinblick<br />
auf Sensibilisierung und Bewusstmachung zu verstehen. Diese Broschüre gibt es auf Deutsch,<br />
Französisch und Italienisch.<br />
Bestellung bei: BBL, www.bbl.admin.ch/de/bundespublikationen/shop/alle<br />
7 Lehrmittel: Sexuelle und reproduktive Gesundheit. Prävention sexuell übertragbarer<br />
Krankheiten und Informationen zur Schwangerschaft. 44 Seiten. BAG: 2001.<br />
Dieses didaktische Material zur sexuellen und reproduktiven Gesundheit wurde entwickelt, um die<br />
Gesundheitsverantwortlichen in den schweizerischen Asylunterkünften, Mitarbeitende in kantonalen<br />
Aids-Hilfen und Familienplanungsstellen und weiteren Institutionen im Migrationsbereich in ihrer<br />
Informationstätigkeit zu unterstützen.<br />
Den Katalog können nur Angehörige der oben genannten Zielgruppen bestellen. Der Inhalt kann<br />
unter folgendem Link angesehen werden: www.suchtundaids.bag.admin.ch/themen/migration/<br />
praevention/unterebenen/01176/index.html?language=de&schriftgrad=<br />
Der Katalog ex<strong>ist</strong>iert auf Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch.<br />
Er kann im Format A3 oder A4 als PDF heruntergeladen werden unter:<br />
www.suchtundaids.bag.admin.ch/themen/migration/doku/publikationen
12<br />
Iamaneh / MIGEV<br />
Geburt in der Fremde<br />
Seit gut einem Jahr ex<strong>ist</strong>iert in Basel die Schweizerische Koordinationsstelle für<br />
Migration und reproduktive Gesundheit des Hilfswerks Iamaneh. Ziel <strong>ist</strong> ein flächendeckendes<br />
Angebot an Geburtsvorbereitungskursen für Migrantinnen.<br />
Verschiedene Untersuchungen<br />
im Bereich Migration und Gesundheit<br />
zeigen es: Schwangerschaften<br />
und Geburten verlaufen für Migrantinnen<br />
oft schwieriger als für einheimische<br />
Frauen. Auch die Versorgung<br />
im Bereich der sexuellen und reproduktiven<br />
Gesundheit <strong>ist</strong> schlechter.<br />
Im Juni 2002 hat in Basel die<br />
Schweizerische Koordinationsstelle<br />
für Migration und reproduktive Gesundheit<br />
ihre Arbeit aufgenommen.<br />
Getragen wird die Stelle vom Hilfswerk<br />
Iamaneh, geleitet von Eunice<br />
de Carvalho und Madeleine Wick<br />
Marcoli. Die Finanzen kommen vom<br />
Bundesamt für Gesundheit und von<br />
verschiedenen Stiftungen. «Die Erfahrung<br />
an einem Schweizer Spital<br />
hat gezeigt, dass mit Geburtsvorbereitung<br />
in der Muttersprache zum<br />
Beispiel die Zahl der Kaiserschnitte<br />
gesenkt werden konnte», erklärt de<br />
Carvalho. Madeleine Wick Marcoli<br />
betont, dass das Problem nicht auf<br />
Migrantinnen beschränkt <strong>ist</strong>: Je we-<br />
niger sich eine Frau auf ihre Geburt<br />
vorbereiten könne, desto anfälliger<br />
<strong>ist</strong> sie für Schwierigkeiten.<br />
«Das Problem <strong>ist</strong>, dass Migrantinnen<br />
generell einen schlechteren<br />
Zugang zu den Dienstle<strong>ist</strong>ungen des<br />
Gesundheitswesens finden», sagt de<br />
Carvalho. «Sie sind nicht nur zu<br />
wenig informiert, auch kulturelle<br />
Unterschiede oder das Fehlen von<br />
vergleichbaren Angeboten in ihren<br />
Herkunftsländern tragen zu den<br />
Schwierigkeiten bei.»<br />
Um diese Mankos zu beheben,<br />
gibt es schon seit drei Jahren in Renens<br />
bei Lausanne ein lokales Pilotprojekt,<br />
welches in einem Quartierzentrum<br />
muttersprachliche Geburtsvorbereitungskurse<br />
anbietet. Ab<br />
2004 werden solche Kurse auch am<br />
Universitätsspital Lausanne und bei<br />
einer Frauenberatungsstelle angeboten.<br />
Begleitet werden sie von<br />
einer Koordinationsgruppe aus Ärztinnen,<br />
Hebammen und Migrationsfachleuten.<br />
Im Juni haben Wick Marcoli und<br />
de Carvalho auch hier eine solche<br />
Gruppe ins Leben gerufen mit dem<br />
Ziel, in den beiden Basel Geburtsvorbereitungskurse<br />
für Migrantin-<br />
Dr. E. de Carvalho und M. Wick Marcoli koordinieren Geburtsvorbereitungskurse.<br />
Was Schmerzen ausdrücken<br />
Die Externen Psychiatrischen Dienste Baselland (EPD) bieten im Bereich psychischer Erkrankungen und<br />
Störungen ambulante und tagesklinische Le<strong>ist</strong>ungen für Erwachsene an: MIGEV.<br />
Dr. med. Besnik Abazi, EPD-Oberarzt<br />
in Liestal<br />
Seit vier Jahren wird in diesem<br />
Zusammenhang das Projekt<br />
«MIGEV», Migrations-, Integrationsund<br />
Gesundheitsversorgung, durchgeführt.<br />
In Zusammenarbeit mit interkulturellen<br />
Mediatoren/-innen und<br />
Ärzten/-innen, Psychologen/-innen<br />
und Pfleger/-innen mit Migrationshintergrund<br />
wird dabei versucht,<br />
die kulturspezifischen Hintergründe<br />
für eine psychische Erkrankung<br />
aufzudecken. Seither sind türkische<br />
und albanische Frauengruppen und<br />
eine albanische Männergruppe entstanden.<br />
Besnik Abazi, FMH für<br />
Psychiatrie und Psychotherapie, <strong>ist</strong><br />
Oberarzt am EPD Liestal und MI-<br />
GEV-Projektleiter.<br />
<strong>Migrationszeitung</strong>: Wer kommt zu<br />
Ihnen?<br />
Besnik Abazi: Da mein Spezialgebiet<br />
die Betreuung von Menschen<br />
mit Migrationshintergrund <strong>ist</strong>, kommen<br />
zu mir vorwiegend Migrantinnen<br />
und Migranten. Drei Viertel von<br />
ihnen stammen, ebenso wie ich, aus<br />
Kosova, andere aus Bosnien, der<br />
Türkei und vielen anderen Ländern.<br />
Der Anteil von Migranten/-innen <strong>ist</strong><br />
in den letzten fünf, sechs Jahren<br />
deutlich gestiegen. Im letzten Jahr<br />
waren die Hälfte der tagesklinischen<br />
Patienten Migranten/-innen.<br />
Warum kommen vermehrt Migrantinnen<br />
und Migranten zu Ihnen?<br />
Man spürt immer noch die Auswirkungen<br />
des Balkankrieges, und<br />
auch die politische Situation in asiatischen<br />
Ländern bewegt viele Menschen<br />
dazu, ihr Land zu verlassen.<br />
Heisst das, dass die me<strong>ist</strong>en Probleme<br />
Ihrer Patienten ihren Ursprung<br />
im Heimatland haben?<br />
Wir haben zwar einige Patienten/<br />
-innen hier, die unter posttraumatischen<br />
Belastungsstörungen leiden,<br />
die sich aus Kriegserlebnissen oder<br />
Folter ergeben. Die grössere Gruppe<br />
aber kämpft mit Schmerzstörungen,<br />
ausgelöst durch ihr Leben in der<br />
Schweiz: Viele Männer haben hier<br />
jahrelang sehr hart gearbeitet und<br />
lebten von ihrer Familie getrennt.<br />
Kommt diese aber nach, ergibt sich<br />
eine neue, manchmal belastende<br />
Konstellation. Oft sorgen diese Männer<br />
nicht nur für die Kernfamilie,<br />
sondern für weitere Familienmitglieder.<br />
Wenn finanzielle Schwierigkeiten<br />
dazukommen, wird der Druck<br />
so gross, dass die Aufmerksamkeit<br />
leidet. Ein Arbeitsunfall kann am<br />
Schluss dieser Entwicklung stehen.<br />
Und aus diesem können sich je nach<br />
Situation somatoforme Schmerzstörungen<br />
wie Kopf-, Nacken- und Rückenschmerzen<br />
ergeben. Wir in der<br />
Psychiatrie sagen, dass jene, die<br />
Probleme nicht verbalisieren können,<br />
diese über den Körper ausdrücken,<br />
Schmerz <strong>ist</strong> hier Ausdruck der psychosozialen<br />
Belastung.<br />
Nicht selten wird gerade über diese<br />
Menschen gesagt, sie würden simulieren.Was<br />
meinen Sie zu diesem Vorwurf?<br />
Die Patienten/-innen, die solche<br />
Schmerzen haben, müssen mit diesem<br />
Vorurteil leben. Das macht aber<br />
nen anzubieten. In den nächsten Jahren<br />
wollen die Leiterinnen der Koordinationsstelle<br />
in verschiedenen Regionen<br />
der Schweiz weitere lokale<br />
Koordinationsgruppen ins Leben<br />
rufen.<br />
Alle beteiligten Personen und Organisationen<br />
an einen Tisch zu bekommen,<br />
sei sehr aufwändig, sagt Madeleine<br />
Wick Marcoli: «Ebenso wichtig<br />
und arbeitsintensiv <strong>ist</strong> es allerdings,<br />
das Angebot auch bei der Zielgruppe<br />
bekannt zu machen. Wir müssen die<br />
Migrantinnen dort erreichen, wo sie<br />
selbst hinkommen.» Andreas Merz<br />
für sie alles nur viel schlimmer. Mir<br />
erzählen sie: Warum sollte ich simulieren?<br />
Ich habe doch vorher 25 Jahre<br />
gearbeitet. Jetzt muss ich zu Hause<br />
sitzen, und es geht mir schlecht.<br />
Sie erfahren durch diese Verurteilung<br />
eine zweite Verletzung.<br />
Welchen besonderen Schwierigkeiten<br />
begegnen Sie beim Umgang mit<br />
Migrantinnen und Migranten?<br />
Wenn wir den Kern ihrer Problematik<br />
aufgrund der kulturellen Verschiedenheit<br />
nicht verstehen können,<br />
entsteht kein Vertrauen, und die<br />
Menschen denken, wir nehmen sie<br />
nicht ernst. Manchmal stossen wir<br />
auch an unsere Grenzen, wenn es<br />
um die Beurteilung eines Menschen<br />
geht, der vielleicht ausgewiesen<br />
werden soll. Dieser hat einerseits<br />
enorm hohe Erwartungen an uns,<br />
andererseits gehören wir für ihn<br />
aber auch zum «Apparat», der ihm<br />
Böses will. Das <strong>ist</strong> schwierig.<br />
Und wie geht es der zweiten Generation,<br />
den Secondos und Secondas?<br />
Die zweite Generation hat eindeutig<br />
nicht dieselben Probleme wie ihre<br />
Eltern, weil sie besser integriert <strong>ist</strong><br />
und sich besser ausdrücken kann.<br />
Monika Wirth<br />
Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03
Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03<br />
Mediation 13<br />
Kulturelle Gräben überwinden<br />
Das Hilfswerk der Evangelischen Kirchen Schweiz (HEKS) setzt sich dafür ein, Verständnis und Vertrauen<br />
zwischen den Kulturen zu fördern. Dieses Anliegen wird konkret umgesetzt, indem Mediatorinnen ausgebildet<br />
und zusammen mit Dolmetschern/-innen in der Basler HEKS-Regionalstelle vermittelt werden. Oft<br />
lassen sich so sprachliche und kulturelle Missverständnisse einfach klären.<br />
Vom Hausarzt wurde A.T. mit<br />
Verdacht auf Tuberkulose ins Kantonsspital<br />
Basel überwiesen, wo er<br />
für weitere Untersuchungen in die<br />
Isolierstation verlegt werden sollte.<br />
Weil er noch nicht lange hier war<br />
und weder Deutsch noch andere<br />
hier gängige Sprachen verstand,<br />
konnte man ihm nicht erklären,<br />
warum er allein in ein Zimmer eingesperrt<br />
werden müsse, was für<br />
einen vielleicht traumatisierten<br />
Menschen eine schlimme Erfahrung<br />
wäre. Doch die diensthabende Pflegerin<br />
reagierte schnell und fragte<br />
beim Hilfswerk der Evangelischen<br />
Kirchen (HEKS) nach einem Dolmetscher.<br />
Mit der Sprache be<strong>ist</strong>ehen<br />
Bereits seit 15 Jahren vermittelt<br />
der HEKS-Dolmetscherdienst beider<br />
Basel, «Linguadukt», an die 60<br />
Dolmetscherinnen und Dolmetscher,<br />
die aus 28 Sprachen übersetzen, wie<br />
aus dem Albanischen, Arabischen<br />
oder Pashtu, der Sprache Afghanis-<br />
«<br />
tans, aus dem Singhalesischen oder<br />
Vietnamesischen. «Natürlich geht es<br />
um mehr als nur wortwörtliches<br />
Übersetzen, das genügt nämlich<br />
me<strong>ist</strong>ens nicht», erklärt die Linguadukt-Projektleiterin<br />
Doris Herter,<br />
«unsere Leute sind selber Migrantinnen<br />
oder Secondos und bringen<br />
ihren kulturellen Hintergrund ins<br />
Ge-spräch ein. Es geht darum, auch<br />
einen kulturellen Brückenschlag<br />
zwischen Therapeuten, Ärztinnen<br />
und Migranten herzustellen, dann<br />
erst <strong>ist</strong> ein vertrauensvolles Verhältnis<br />
möglich.» Denn gerade im<br />
sozialen Bereich und im Gesundheitsbereich<br />
führt die Angst, sich<br />
sprachlich ungenügend verständigen<br />
zu können, zu einer ungleich<br />
grösseren Belastung. Das wurde in<br />
einigen Abteilungen des Kantonsspitals<br />
und des Felix-Platter-Spitals<br />
erkannt, wo man die Linguadukt-<br />
Dienste regelmässig in Anspruch<br />
nimmt. «Oft sind Frauen erst bereit,<br />
sich untersuchen zu lassen, wenn<br />
ich dabei bin», erzählt eine türkische<br />
Dolmetscherin. «Jemandem mit<br />
der Sprache be<strong>ist</strong>ehen zu können,<br />
<strong>ist</strong> ein sehr befriedigendes Gefühl.»<br />
Die ganze Erfahrung einbringen<br />
Manchmal aber muss die Aufgabe<br />
des «Über-Setzens» über die<br />
Kluft zwischen Kulturen erweitert<br />
werden, dann geht es zum Beispiel<br />
darum, Familien länger zu begleiten,<br />
Projekte durchzuführen oder<br />
Beratungen regelmässig anzubieten.<br />
Für diesen Bereich stellt HEKS<br />
interkulturelle Vermittlerinnen und<br />
Vermittler zur Verfügung: die in<br />
einem eigenen Lehrgang professionell<br />
ausgebildeten Mediatoren vom<br />
Wir vermitteln zwar auch in Konflikten, aber<br />
ein wesentlicher Teil unserer Arbeit kann diese<br />
verhindern.»<br />
STARTHILFE AUF «STARTBAHN»<br />
Projekt «MEL – MigrantInnen in der<br />
Elternarbeit und Erwachsenenbildung».<br />
Der anderthalbjährige Lehrgang<br />
qualifiziert die Migrantinnen –<br />
drei Viertel der Mediatoren sind<br />
Frauen – temporäre Aufträge oder<br />
eine Anstellung anzunehmen. So<br />
haben zum Beispiel einige von ihnen<br />
ausländische Eltern durch die<br />
Interkulturelle Mediation vermittelt zwischen den Kulturen und schafft<br />
Vertrauen, was die Arbeit von Institutionen, Stellen und Projekten, die auch<br />
Migrantinnen und Migranten erreichen wollen, sehr erleichtert. Deshalb <strong>ist</strong><br />
der Kanton Basel-Stadt bereit, Stellen, die die Arbeit interkultureller<br />
Mediatoren in Anspruch nehmen wollen, durch das MEL-Projekt «Startbahn»<br />
in einer <strong>Anfang</strong>sphase finanziell zu unterstützen. Und auch der Kanton<br />
Baselland signalisiert Interesse an diesem Modell.<br />
Berufsschau des Amts für Berufsbildung<br />
geführt, andere leiten ein Gespräch<br />
zwischen einem Schüler, der<br />
Lehrerin und den Eltern, bevor der<br />
schulpsychologische Dienst eingeschaltet<br />
werden muss. «Sehr oft <strong>ist</strong><br />
MEL-Arbeit präventive Arbeit», bestätigt<br />
MEL-Projektleiterin Sylvia<br />
Gobeli. «Wir vermitteln zwar auch<br />
in Konflikten, aber ein wesentlicher<br />
Teil unserer Arbeit kann diese verhindern.»<br />
Eine Portugiesin, die in<br />
einer Integrationsklasse in Allschwil<br />
Vermittlungsarbeit le<strong>ist</strong>ete, erzählt:<br />
«Jeder Tag hier war anders,<br />
viele Situationen waren schwierig<br />
und auch traurig, aber die Arbeit<br />
hat mir grosse Freude und tiefe Befriedigung<br />
gebracht, weil ich spürte,<br />
ich bin auf dem richtigen Weg.<br />
Anders als bei reinen Übersetzungsarbeiten<br />
konnte ich mich hier mit<br />
meiner ganzen Erfahrung einbringen<br />
– als lebenserfahrene Frau, als<br />
Migrantin, als Mutter.»<br />
Wiedereinsteigerinnen<br />
MEL-Mediatorinnen können aber<br />
auch eigene Projekte realisieren. So<br />
wurden tamilische und türkische<br />
Mediatorinnen in Familienzentren<br />
in Teilzeitpensen angestellt, weil<br />
viele Fragen um Kindererziehung,<br />
Gesundheit, auch Partnerschaft nur<br />
auf einer grossen Vertrauensbasis<br />
geklärt werden können – die die<br />
MEL-Mediatorinnen schaffen können.<br />
Seit 1998 wurden in zwei Lehrgängen<br />
35 Mediatoren/-innen ausgebildet.<br />
Bei HEKS plant man, die<br />
Ausbildung in naher Zukunft so<br />
auszubauen, dass ein eidgenössischer<br />
Fachausweis erlangt werden<br />
kann. Für viele Migrantinnen, deren<br />
Ausbildungen hier kaum anerkannt<br />
sind, <strong>ist</strong> das eine gute Chance, wieder<br />
ins Berufsleben einzusteigen.<br />
Bereits jetzt haben einige frühere<br />
Absolventinnen feste Anstellungen<br />
oder haben sich weitergebildet. Und<br />
«<br />
Die Ausbildung zur interkulturellen Mediatorin <strong>ist</strong> vielseitig.<br />
die Nachfrage nach den Kultur-<br />
Übersetzerinnen <strong>ist</strong> so gross, dass<br />
Sylvia Gobeli mit leichter Ungeduld<br />
den Abschluss des nächsten Kurses<br />
erwartet.<br />
Monika Wirth<br />
HEKS – Hilfswerk der<br />
Evangelischen Kirchen Schweiz<br />
Pfeffingerstrasse 41, Postfach,<br />
4008 Basel<br />
www.heks.ch<br />
Tel. 061 367 94 00<br />
Fax 061 367 94 05<br />
Linguadukt – HEKS-Dolmetscherdienst<br />
beider Basel<br />
Doris Herter<br />
herter@hekseper.ch<br />
MEL – MigrantInnen in der<br />
Elternarbeit und<br />
Erwachsenenbildung<br />
Sylvia Gobeli<br />
Tel. 061 367 94 00<br />
gobeli@hekseper.ch<br />
FACTS& FIGURES<br />
Von den 1200 in den vergangenen<br />
25 Jahren patentierten Medikamenten<br />
wirken nur 13 gegen<br />
ansteckende Tropenkrankheiten.
14<br />
Grenzsanität in Basel<br />
Im Wartesaal der grenzsanitarischen Untersuchungsstelle des SRK am Zoll Otterbach<br />
Beim Pflegefachpersonal in der Grenzsanität<br />
Augenschein am Zoll Otterbach, an der Freiburgerstrasse in Basel: Fatmir Berisha (Name geändert) <strong>ist</strong> um<br />
vier Uhr morgens bei der Empfangsstelle für Asylsuchende eingetroffen. Am nächsten Morgen betritt er die<br />
grenzsanitarische Untersuchungsstelle des Schweizerischen Roten Kreuzes.<br />
Er war hungrig und müde, schmutzig<br />
und abgekämpft. Mehrere Tage<br />
hat er im Lastwagen eines Schleppers<br />
verbracht, der ihn von Serbien<br />
in die Schweiz brachte. Er <strong>ist</strong> aufgeregt,<br />
aber auch froh, endlich angekommen<br />
zu sein. Schliesslich <strong>ist</strong> er<br />
hier in der Schweiz, dem Paradies,<br />
wie man ihm zu Hause erzählt<br />
hatte, angekommen. Hier sei alles<br />
gut, hier gäbe es Arbeit, eine<br />
Zukunft, Sicherheit. Sonst weiss er<br />
nichts über dieses Land, nicht einmal<br />
genau, welche Sprache gesprochen<br />
wird.<br />
Um acht Uhr öffnete man ihm<br />
und drei Landsleuten, die mit demselben<br />
Schlepper mitgekommen<br />
waren, die Tür und bat sie herein.<br />
Man nahm seine Personalien auf<br />
und quartierte ihn ein.<br />
Am nächsten Morgen um acht<br />
Uhr betritt Fatmir Berisha ausgeschlafen<br />
das Gebäude der grenzsanitarischen<br />
Untersuchungsstelle des<br />
Schweizerischen Roten Kreuzes,<br />
das sich gleich ein paar Häuser von<br />
der Empfangsstelle entfernt befin-<br />
det. Er wird dort von einer Mitarbeiterin<br />
begrüsst, die als Erstes<br />
nach den Papieren fragt, die er von<br />
der Empfangsstelle erhalten hat. Er<br />
überreicht der Frau, ohne zu zögern,<br />
was er in seinen Händen hält. «Fatmir<br />
Berisha. Identifikationsnummer<br />
444444.01», liest sie darauf, «Nationalität:<br />
Serbien – Montenegro.» Sie<br />
«<br />
bittet ihn, sich in den Wartesaal zu<br />
begeben. Hier sitzen schon einige<br />
andere Asylsuchende und warten<br />
auf das weitere Vorgehen. Nach<br />
einer Weile hört Fatmir Berisha vom<br />
Band auf Serbisch, was ihn hier<br />
erwartet. Nach und nach wird ihm<br />
alles klarer.<br />
«Wir haben 32 Sprachen zur Verfügung»,<br />
erklärt Nelly Owens, Leiterin<br />
der grenzsanitarischen Unter-<br />
suchungsstelle. «Im Allgemeinen<br />
kommen wir damit durch. Hin und<br />
wieder gibt es jedoch Personen, welche<br />
keine der vorhandenen Sprachen<br />
verstehen. In diesem Fall suchen wir<br />
eine Person in der Empfangsstelle,<br />
welche die Übersetzung machen<br />
kann. Oft hat man aber auch Glück,<br />
und einer der anderen Asylsuchen-<br />
Im Wartesaal <strong>ist</strong> es warm. Die Luft <strong>ist</strong> geschwängert<br />
mit lauten und leisen Stimmen, dem<br />
Gekicher von Kindern und dem Umblättern von<br />
Zeitungs- und Magazinseiten.<br />
den kann übersetzen. Man muss<br />
nur einmal bedenken, dass es allein<br />
im Kurdischen drei Hauptsprachen<br />
gibt.» Es sind jetzt schon sehr viele<br />
Leute im Wartesaal. Für einen<br />
Montag ganz normal. Von Nelly<br />
Owens erfahren wir, dass in der<br />
ersten Hälfte der Woche mehr<br />
Asylsuchende eintreffen als in der<br />
zweiten.<br />
Im Wartesaal <strong>ist</strong> es warm. Die Luft<br />
«<br />
<strong>ist</strong> geschwängert mit lauten und leisen<br />
Stimmen, dem Gekicher von<br />
Kindern und dem Umblättern von<br />
Zeitungs- und Magazinseiten. Eine<br />
Frau aus Somalia verteilt ihren fünf<br />
Kindern Süssigkeiten. Ab und zu<br />
wird in einer der 32 Sprachen wieder<br />
der Ablauf der Prozedur ab<br />
Band gespielt.<br />
Nach einer Weile werden Fatmir<br />
Berisha und vier weitere Männer<br />
von einer Mitarbeiterin aufgerufen.<br />
Sie erheben sich und folgen ihr in<br />
den Röntgenraum. «Ich nehme<br />
immer eine Gruppe von fünf oder<br />
sechs Männern zum Röntgen mit»,<br />
so die Mitarbeiterin, «sonst eine<br />
Familie oder eine Gruppe von<br />
Frauen.» Nur die Lungen werden<br />
geröntgt: Man will in erster Linie<br />
herausfinden, ob ein Verdacht auf<br />
eine Tuberkulose besteht. «Wenn<br />
der Arzt auf dem Thoraxbild Veränderungen<br />
diagnostiziert, die auf<br />
eine mögliche Tuberkulose hindeuten,<br />
wird die Empfangsstelle informiert.<br />
Der Asylsuchende wird sofort<br />
isoliert und zur weiteren Abklärung<br />
ins Kantonsspital gebracht. Nach-<br />
Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03
dem alle Neuankömmlinge geröntgt<br />
worden sind, werden die belichteten<br />
Röntgenbilder entwickelt und geschnitten,<br />
damit sie von einem Arzt<br />
noch am selben Tag beurteilt werden<br />
können.<br />
Wir begleiten Fatmir Berisha nach<br />
dem Röntgen in einen weiteren<br />
Raum. Dort wird er von den diplomierten<br />
Pflegefachfrauen herzlich<br />
begrüsst. Er <strong>ist</strong> ein wenig nervös.<br />
Er wird auf Englisch gefragt, ob<br />
er gesund sei oder ob er <strong>Aller</strong>gien<br />
habe. Er versteht nicht, schüttelt<br />
verwirrt den Kopf. Die Mitarbeiterin<br />
versucht es auf Französisch: Das<br />
versteht er besser, und er <strong>ist</strong> auch in<br />
der Lage, zu antworten.<br />
«In den me<strong>ist</strong>en Fällen kommen<br />
wir mit Englisch und Französisch<br />
durch», weiss eine Mitarbeiterin zu<br />
berichten.<br />
Sollte aber jemand nichts verstehen,<br />
gibt es oft andere Asylsuchende,<br />
die als Übersetzer/-innen fungieren.Wenn<br />
jedoch auch das nicht möglich<br />
<strong>ist</strong>, haben die Krankenschwestern<br />
ein so genanntes Baukastensystem<br />
in mehr als 30 Sprachen, alle<br />
Informationen und Fragen sind in<br />
ihrer Sprache geschrieben. Ein reales<br />
Problem sind auch die Analphabeten/-innen,<br />
da benötigen sie die<br />
Hand- und Zeigesprache und erfahren<br />
so das Notwendige. Eine der<br />
Pflegefachfrauen macht dann zuerst<br />
den Tuberkulintest bei den Asyl-<br />
Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03<br />
suchenden. Dieser wird nach zwei<br />
Tagen abgelesen.<br />
Nach dem Test sind die Impfungen<br />
an der Reihe. Geimpft wird<br />
nach dem Schweizerischen Impfplan:<br />
gegen Tetanus, Diphtherie,<br />
Keuchhusten, Kinderlähmung, Meningitis,<br />
Masern, Mumps, Röteln<br />
und Hepatitis B.<br />
«<br />
«Bei einer Schwangerschaft wird<br />
in den ersten drei Monaten nicht<br />
geimpft», erklärt Nelly Owens fachkundig.<br />
«Ab dem vierten Schwangerschaftsmonat<br />
wird die Kombinationsimpfung<br />
Revaxis (Tetanus,<br />
Diphtherie, Polio) ausgeführt und<br />
gegen Hepatitis B geimpft.» Die<br />
Pflegefachfrau erklärt nun Fatmir<br />
Berisha, dass er in zwei Tagen wieder<br />
herkommen soll. Dann wird er<br />
das Ergebnis des Tuberkulintestes<br />
sowie einen persönlichen Impfausweis<br />
erhalten.<br />
Bei der Befragung nach dem Gesundheitszustand<br />
eines Asylsuchenden<br />
kann es vorkommen, dass jemand<br />
über Schmerzen oder sonstige<br />
gesundheitliche Probleme klagt.<br />
In der grenzsanitarischen Untersuchungsstelle<br />
wurden diese Personen<br />
bis anhin nicht behandelt, son-<br />
dern an die Betreuung in der Empfangsstelle<br />
überwiesen. «Dies wird<br />
sich aber möglicherweise in absehbarer<br />
Zeit ändern,» so Owens. Das<br />
Schweizerische Rote Kreuz arbeitet<br />
im Auftrag des Bundesamtes für<br />
Flüchtlinge an einem Konzept betreffend<br />
die medizinische Betreuung<br />
der Asylsuchenden während<br />
Auch heute sind wieder viele Leute gekommen.<br />
Das Stimmengewirr <strong>ist</strong> dicht und farbig, Sonnenstrahlen<br />
fallen durch die Fenster.<br />
ihres Aufenthalts in der Empfangsstelle.<br />
Zwei Tage später treffen wir im<br />
Wartesaal der Grenzsanität wieder<br />
auf Fatmir Berisha. Auch heute sind<br />
wieder viele Leute gekommen. Das<br />
Stimmengewirr <strong>ist</strong> dicht und farbig,<br />
Sonnenstrahlen fallen durch die<br />
Fenster. Fatmir Berisha hat in der<br />
Zwischenzeit Freunde gefunden. Im<br />
Achterzimmer, wo er in der Empfangsstelle<br />
untergebracht <strong>ist</strong>, hat es<br />
neben vier Afrikanern, einem Kurden<br />
auch zwei seiner Landsleute.<br />
Die drei unterhalten sich angeregt;<br />
sie wirken entspannt, wissen, dass<br />
sie wohl bald in einen Kanton<br />
gebracht werden, wo dann ihr neues<br />
Leben beginnt.<br />
Eine der Pflegefachfrauen tritt<br />
herein und ruft Fatmir Berishas<br />
Namen auf. Er folgt ihr in den<br />
Grenzsanität in Basel 15<br />
Erfahrenes Pflegefachpersonal kümmert sich um die Asylsuchenden.<br />
«<br />
Raum, wo er vor zwei Tagen den Test<br />
gemacht und die Impfungen injiziert<br />
bekommen hat. Er erkennt die<br />
Frau vor sich wieder: Sie hat ihn das<br />
letzte Mal betreut. Sie nimmt seinen<br />
Arm und betrachtet die kleine<br />
Wölbung die der Tuberkulintest<br />
hinterlassen hat; zu klein, um einen<br />
Verdacht auf Tuberkulose zu erwecken,<br />
und auch das Röntgenbild<br />
zeigt keine verdächtigen Befunde<br />
auf: Tuberkulose <strong>ist</strong> bei dem Untersuchten<br />
also ausgeschlossen.<br />
Zum Schluss überreicht man den<br />
Asylsuchenden einen Impfausweis<br />
vom Bundesamt für Gesundheit<br />
(BAG).<br />
Fatmir Berisha wird vom Fachpersonal<br />
verabschiedet. Wir begleiten<br />
ihn ein kurzes Stück. Er geht<br />
durch den Wartesaal, in dem gerade<br />
auf Albanisch das Prozedere ab<br />
Band läuft, und betrachtet einige<br />
der nervösen Gesichter. Er lächelt<br />
und winkt jemandem zu, den er<br />
gestern kennengelernt hat. Dann<br />
verlässt er das Gebäude der grenzsanitarischen<br />
Untersuchungsstelle<br />
und kehrt zurück in die Empfangsstelle,<br />
wo er dann auf das weitere<br />
Prozedere im Ablauf des Asylverfahrens<br />
wartet.<br />
Yves Rechsteiner
16<br />
Gesundheit im Sexgewerbe<br />
Viky Eberhard setzt sich erfolgreich für Frauen im Sexgewerbe ein.<br />
Hilfe für Frauen im Sexgewerbe<br />
Frauen, die im Milieu arbeiten, wissen nicht wohin, wenn sie Probleme haben oder krank sind. Seit fast zwei<br />
Jahren gibt es im Kleinbasel die Beratungsstelle Aliena, die den Frauen aus der Isolation hilft.<br />
Suzanne L. (Name geändert) war<br />
mal Lehrerin in ihrem Heimatland Nigeria,<br />
aber das <strong>ist</strong> schon viele Jahre<br />
her. Seit zwei Monaten <strong>ist</strong> sie erst<br />
hier in Basel und nächste Woche<br />
geht es weiter, vielleicht zurück zu<br />
ihrem Mann nach Barcelona, wie sie<br />
sagt. Der habe auch ihren Pass. Sie<br />
nippt an ihrem Mineralwasser und<br />
lacht eher etwas gequält auf die<br />
Frage, ob sie die Schweizer Männer<br />
möge. Nein, sie möge eigentlich<br />
keine Männer, sagt sie. Im Moulin<br />
Rouge arbeitet sie als Animierdame,<br />
wie es so «nett» heisst, wie auch<br />
Hunderte von anderen hier als exotisch<br />
empfundenen Frauen aus dem<br />
Ausland. Suzanne L. <strong>ist</strong> eine der<br />
Klientinnen von Aliena, der Beratungsstelle<br />
für Frauen im Sexgewerbe.<br />
Die Beratungsstelle in der Kleinbasler<br />
Webergasse ex<strong>ist</strong>iert seit November<br />
2001. Zu ihrem Angebot für<br />
Frauen im Sexgewerbe zählen telefonische<br />
und persönliche Beratung,<br />
Besuche an deren Arbeits- und Wohnort<br />
sowie Begleitung zu Ärzten oder<br />
anderen Stellen. Jeden zweiten Donnerstag<br />
gibt es einen Mittagstisch<br />
und es werden Deutschkurse organisiert,<br />
denn die normalen Angebote<br />
sind wegen der unüblichen Arbeitszeiten<br />
im Sexgewerbe ungeeignet.<br />
Aliena <strong>ist</strong> lateinisch und heisst<br />
«die Fremde». Denn wie die Nigerianerin<br />
Suzanne L. sind die me<strong>ist</strong>en<br />
Frauen Fremde in diesem Land und<br />
vor allem in diesem Beruf, der jegliche<br />
Integration verunmöglicht. «Die<br />
me<strong>ist</strong>en Frauen haben den Traum, in<br />
der Schweiz ein Leben in Freiheit<br />
und Menschenwürde zu verbringen»,<br />
sagt Viky Eberhard, Leiterin<br />
der Beratungsstelle. «Doch die Realität<br />
<strong>ist</strong> wie ein Albtraum und geprägt<br />
durch Rechtlosigkeit, Ausgrenzung<br />
und Diskriminierung.»<br />
Die me<strong>ist</strong>en Migrantinnen im Sexgewerbe<br />
arbeiten als Animierdamen<br />
(was in Basel gesetzlich verboten<br />
<strong>ist</strong>), als Cabarettänzerinnen oder in<br />
den Salons im Kleinbasel. Diejenigen,<br />
die als Tänzerinnen arbeiten,<br />
seien die «Privilegierten», so Viky<br />
Eberhard, denn sie haben eine Aufenthaltsbewilligung<br />
für acht Monate.<br />
Die anderen Frauen sind me<strong>ist</strong> mit<br />
einem Tour<strong>ist</strong>envisum hier, das drei<br />
Monate gilt, dann müssen sie wieder<br />
ausreisen. Bleiben sie trotzdem<br />
hier, rutschen sie in die Illegalität.<br />
Ein Netz von Ärztinnen und Ärzten<br />
«Da diese Frauen ganz anders<br />
leben und arbeiten als andere, stehen<br />
bei der Beratung Gesundheitsfragen<br />
an erster Stelle», sagt Viky<br />
Eberhard. Denn bei dieser Arbeit<br />
leiden die physische und die psychische<br />
Gesundheit, die Frauen sind<br />
mit der Situation überfordert. Die<br />
Arbeitszeiten sind anstrengend: Der<br />
«Arbeitstag» beginnt etwa gegen<br />
16 Uhr und endet me<strong>ist</strong> in den frühen<br />
Morgenstunden. Viele schlafen<br />
schlecht. «Schlafstörungen sind ein<br />
häufiges Problem. Die Frauen leiden<br />
auch unter Kopf- und Magenschmerzen,<br />
Stress, Essstörungen<br />
und Depressionen», sagt die Leiterin<br />
von Aliena. Alkoholprobleme<br />
sind auch häufig. Kein Wunder, denn<br />
die Frauen müssen mit den Kunden<br />
trinken, auch wenn dies nicht «offiziell»<br />
verlangt werden kann. Vor<br />
allem holen sie sich regelmässig<br />
Geschlechtskrankheiten. Viele vertragen<br />
auch die Kondome nicht. Da<br />
sehr viele Frauen illegal hier arbeiten<br />
oder nur mit einem Tour<strong>ist</strong>envisum,<br />
sind sie auch nicht krankenversichert.<br />
Sie wissen nicht, an wen<br />
sie sich bei Problemen, nicht nur<br />
gesundheitlichen, wenden können.<br />
Die Mehrzahl der Migrantinnen<br />
Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03
spricht kein Deutsch, das isoliert<br />
zusätzlich.Viky Eberhard hat darum<br />
ein Netz von Ärztinnen und Ärzten<br />
aufgebaut, die zu einem günstigen<br />
Tarif die Frauen behandeln. Abgerechnet<br />
wird in bar. «Diese Woche<br />
habe ich wieder fünf Termine bei<br />
verschiedenen Ärztinnen und Ärzten»,<br />
sagt Viky Eberhard. Einige<br />
Gynäkologinnen und Gynäkologen<br />
und andere Ärztinnen und Ärzte arbeiten<br />
mit Aliena zusammen. «Unser<br />
Wunsch <strong>ist</strong> allerdings, zusammen<br />
mit anderen Organisationen<br />
wie Aids-Hilfe oder Mitternachtsmission<br />
eine Gesundheitssprechstunde<br />
für Frauen aus dem Sexgewerbe<br />
in Basel einzurichten. Denn<br />
es besteht ein grosses Bedürfnis<br />
nach Beratung.» Finanziert wird die<br />
Beratungsstelle bisher vom Schweizerischen<br />
Verein Compagna (ehemals<br />
Freundinnen junger Mädchen,<br />
FJM). Aber Viky Eberhard will auch<br />
bei anderen Stellen anklopfen, wie<br />
zum Beispiel bei der Stadt Basel. Denn<br />
das Ganze, so die Leiterin, betreffe<br />
alle Einwohnerinnen und Einwohner<br />
und nicht nur die Migrantinnen.<br />
Gleicher kultureller Hintergrund<br />
Auch die anderen Mitarbeiterinnen<br />
von Aliena, Birgit Stäheli, die seit<br />
Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03<br />
Februar 2003 rund 20 Stunden pro<br />
Monat arbeitet, und die ehrenamtlich<br />
tätige Psychologin Mariel Yom-<br />
«<br />
ha aus Argentinien, sind überzeugt,<br />
dass eine feste Sprechstunde, in die<br />
die Frauen einfach kommen können,<br />
von grossem Nutzen und ein<br />
grosses Bedürfnis wäre. «Wir von<br />
Aliena sind oft der einzige sichere<br />
Platz, wo die Frauen hingehen können<br />
und wo sie Menschen finden,<br />
denen sie vertrauen können», sagt<br />
die Psychologin. Jeden Freitagmorgen<br />
können sich die «Sexarbeiterinnen»<br />
in der Beratungsstelle an sie<br />
wenden. Dabei kann sie natürlich<br />
keine eigentlichen Therapien durchführen,<br />
denn die me<strong>ist</strong>en kommen<br />
nur einmal zu einem Gespräch. Mariel<br />
Yomha hört den Frauen zu und<br />
fragt nach, sie gibt Ratschläge und<br />
Unterstützung. «Viele Frauen leiden<br />
unter Depressionen und Stress. Und<br />
um das zu erkennen, <strong>ist</strong> der gleiche<br />
kulturelle Hintergrund sehr wichtig»,<br />
sagt Mariel Yomha. «Wir spre-<br />
chen die gleiche Sprache, haben den<br />
gleichen ‘Code’. Viele sagen zum<br />
Beispiel, sie seien gelangweilt, aber<br />
Die me<strong>ist</strong>en Frauen haben den Traum, in der<br />
Schweiz ein Leben in Freiheit und Menschenwürde<br />
zu verbringen.<br />
in Wirklichkeit sind sie depressiv.»<br />
Oft müsse sie die Frauen auch erst<br />
überzeugen, zu einem Gepräch zu<br />
kommen. «Viele meinen, sie hätten<br />
kein Recht auf Hilfe oder Beratung,<br />
denn sie seien ja in der Rolle der<br />
Dienenden.» Die me<strong>ist</strong>en würden sich<br />
auch schämen oder schuldig fühlen,<br />
für das, was sie hier tun. Nicht selten<br />
führen sie ein Doppelleben, und oft<br />
weiss die Familie im Heimatland<br />
nichts von ihrem Job hier in der<br />
Schweiz.<br />
Mehrheitlich kommen Frauen<br />
aus Lateinamerika zu ihr, wie auch<br />
zu Viky Eberhard, die aus Peru<br />
stammt. Die ehemalige Krankenschwester<br />
Birgit Stäheli <strong>ist</strong> Deutsche<br />
mit guten Französisch- und<br />
Englischkenntnissen. Sie berät me<strong>ist</strong><br />
Frauen aus Afrika. «Es <strong>ist</strong> gut, dass<br />
wir in einem Team arbeiten», sagt<br />
Birgit Stäheli. «Wir haben Kontakte<br />
Gesundheit im Sexgewerbe 17<br />
Die Beratung am Arbeitsplatz <strong>ist</strong> enorm wichtig.<br />
«<br />
zu Anwälten/-innen und gehen mit<br />
den Frauen nicht nur zur Ärztin<br />
oder in die Apotheke, sondern helfen<br />
auch bei der Erledigung von alltäglichen<br />
Dingen.» Besonders im<br />
Notfall brauchen die Frauen eine Betreuung,<br />
sei es, weil sie krank sind,<br />
nach einer Trennung, einem Todesfall<br />
in der Familie, sei es, weil sie Gewalt<br />
erlebt haben oder einen Schwangerschaftsabbruch<br />
hinter sich haben,<br />
was oft vorkommt. «Unser Ziel <strong>ist</strong>,<br />
dass diese Frauen selbstständiger<br />
werden», sagt die Leiterin Viky<br />
Eberhard. Und nicht zuletzt geben<br />
die engagierten Mitarbeiterinnen<br />
von Aliena den Frauen, die im<br />
Milieu arbeiten, das Gefühl, dass sie<br />
auch ganz normale Frauen sind.<br />
Lioba Schneemann<br />
Kontakt: Aliena – Beratungsstelle<br />
für Frauen im Sexgewerbe<br />
Webergasse 15, 4057 Basel<br />
Tel./Fax 061 681 24 14<br />
E-Mail aliena@tiscalinet.ch
18<br />
Grenzenlose Liebe<br />
Carmine und Sandra Coppola Curcio leben beide in einer fremden Stadt: Basel.<br />
Un grande amore all’italiana<br />
«Eigentlich wollte ich nur Verwandte in der Schweiz besuchen», antwortet der 1968 geborene Neapolitaner<br />
Carmine Curcio auf die Frage, wann er denn das erste Mal nach Basel gekommen sei. «Aber als ich dann<br />
hier war, gefiel es mir unglaublich gut. Und als mir die Möglichkeit gegeben wurde, für ein Jahr beim<br />
Strassenbau zu arbeiten, willigte ich sofort ein.»<br />
Es sollte aber anders kommen:<br />
Aus dem einen Jahr wurden fünf,<br />
und aus der vielen Arbeit ein<br />
Rückenproblem, das eine Therapie<br />
erforderte. «Ich arbeitete bis zu 15<br />
Stunden täglich», so Carmine. «Dann<br />
meinte der Arzt, ich müsse sofort<br />
damit aufhören.» Und genau in dieser<br />
Zeit, im November 96 also, traf<br />
Carmine auf die in Zürich geborene<br />
und lebende Sandra Coppola, die<br />
für ein paar Tage in Basel auf Besuch<br />
war. «Ich habe ihn einmal<br />
gesehen und war sofort aufs Heftigste<br />
verknallt», schwärmt die<br />
heute 29-Jährige.<br />
Italienisch im Ohr<br />
Die beiden wurden ohne Umschweife<br />
ein Paar, auch wenn es<br />
anfangs Sprachprobleme gab. «Ich<br />
konnte nicht wirklich Italienisch,<br />
aber ich hatte es im Ohr», erzählt<br />
Sandra. «Und so dauerte es nicht<br />
lange, bis wir uns fliessend in Car-<br />
mines Muttersprache unterhalten<br />
konnten.»<br />
Von Zürich nach Basel<br />
Für Sandra war der Umzug nach<br />
Basel kein Problem. «Ich war fasziniert<br />
von der Stadt, in der Carmine<br />
wohnte. Und es war etwas Neues.»<br />
Ausserdem hatte sie, die ehemalige<br />
KV-Absolventin, die Chance, ein<br />
Praktikum beim Jugendzentrum<br />
St. Johann zu absolvieren. «Schon in<br />
Zürich wusste ich, dass ich unmöglich<br />
in einem Büro würde arbeiten<br />
wollen, und so hatte ich dort schon<br />
einmal beim Forstamt gearbeitet<br />
und ein Spitalpraktikum gemacht»,<br />
erklärt sie. «Das Praktikum im Jugi<br />
hat mir so viel Spass gemacht, dass<br />
ich schliesslich eineinhalb Jahre<br />
dort blieb.» Momentan arbeite sie in<br />
der Carambar, wo sie als Bartenderin<br />
nicht nur Getränke ausschenkte,<br />
sondern auch sehr viel von den<br />
Menschen mitbekomme: Oft fühle<br />
sie sich hierbei wie in einem sozialen<br />
Beruf.<br />
Geheiratet haben die beiden dann<br />
vier Jahre nach ihrer ersten <strong>Begegnung</strong>.<br />
Standesamtlich nur, weil «wir<br />
zwar beide katholisch aufgewachsen,<br />
aber keineswegs praktizierende<br />
Katholiken sind», erklärt Sandra.<br />
Kreativität verbindet<br />
«Ich habe in meiner Jugend eine<br />
musikalische Ausbildung genossen,<br />
lernte während neun Jahren Klavier,<br />
Flöte und Kniegeige spielen»,<br />
sagt Sandra. «Gerne würde ich meiner<br />
Kreativität, die in mir schlummert,<br />
wieder Ausdruck verleihen.<br />
Am wahrscheinlichsten wäre Musik,<br />
aber es könnte auch etwas anderes<br />
sein. Im Moment warte ich noch auf<br />
die Eingebung.» Die Kreativität von<br />
Carmine <strong>ist</strong> es auch, was Sandra an<br />
ihm fasziniert. Und wirklich:<br />
Carmine <strong>ist</strong> ein Vollblutkünstler. Als<br />
Frontmann der Band «Phonetnica»<br />
singt er zu verschiedenen Musikarten<br />
die alten neapolitanischen<br />
Volkslieder, mit denen er in seiner<br />
Jugend aufgewachsen <strong>ist</strong> und die<br />
ihn noch immer stark prägen. Den<br />
Lebensunterhalt verdient er mit<br />
Grafitti: Unter dem Künstlernamen<br />
«Edu» <strong>ist</strong> er in der Schweiz bekannt.<br />
Aber nicht nur von Aufträgen lebt<br />
er: Er gibt auch Workshops.<br />
Integriert und akzeptiert fühlt<br />
sich Carmine in Basel vollkommen.<br />
Sogar ein grösseres Freiheitsgefühl<br />
und mehr künstlerischen Entfaltungsraum<br />
habe er hier als in Neapel.<br />
«Italiener/-innen sind in der<br />
Schweiz gut akzeptiert», meint Carmine.<br />
«Denn wir sind hier nichts<br />
Neues mehr. Die einzige rass<strong>ist</strong>ische<br />
Bemerkung, mit der ich je konfrontiert<br />
wurde, kam von einem<br />
Poliz<strong>ist</strong>en, der mir vor ein paar<br />
Jahren unfreundlich sagte, dass ich<br />
verschwinden solle, wenn ich nicht<br />
arbeiten würde.»<br />
Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03
20<br />
Sport und Gesundheit<br />
Crazy Tricks in Bärennächten<br />
Statt in den Ausgang in die Sporthalle: In der «Bärennacht» treffen sich Jugendliche aus verschiedensten<br />
Nationen samstagnachts zum freien und friedlichen Basketball-Spiel in der Dreirosen-Halle.<br />
Die Idee an sich <strong>ist</strong> simpel, und<br />
eigentlich erstaunt es nicht, dass sie<br />
funktioniert. Warum nicht Jugendlichen<br />
ganz unbürokratisch eine<br />
Halle, Basketbälle und Körbe zur<br />
Verfügung stellen und dazu Sound<br />
abspielen? Im Kleinbasel <strong>ist</strong> diese<br />
Idee für Jugendliche Realität geworden.<br />
Seit Oktober 2000 wird zwischen<br />
Herbst- und Frühjahrsferien<br />
jede Samstagnacht in der Dreirosen-Turnhalle<br />
Basketball gespielt.<br />
«Bärennacht» oder «Midnight Basketball»<br />
heisst der Anlass, der durch<br />
die Unterstützung der Kleinbasler<br />
Gesellschaft zum Bären, des Sportamts<br />
und einer Versicherung möglich<br />
wurde. Initiiert wurde die Multikulti-Sportnacht<br />
von der Gesellschaft<br />
zum Bären, die sich bei ihrer Gründung<br />
vor fünf Jahren zum Ziel gesetzt<br />
hatte, das friedliche Zusammenleben<br />
im Kleinbasel zu fördern.<br />
Die Anregung zur Basketball-Nacht<br />
kam von einer Diplomarbeit der<br />
Fachhochschule für Soziale Arbeit<br />
beider Basel.<br />
Zwischen 30 und 60 Jugendliche<br />
im Alter von 14 bis 18 Jahren treffen<br />
sich nun im Winterhalbjahr samstags<br />
von halb elf bis ein Uhr nachts<br />
bei fetziger Musik, vom DJ aufgelegt,<br />
zu locker geführten Matches.<br />
Und wenn an einem Abend nicht so<br />
viele Jugendliche da sein sollten,<br />
dann werden per Handy-Propaganda<br />
im Nu weitere Mitspielerinnen<br />
«<br />
und Mitspieler mobilisiert. «Die<br />
Bärennacht <strong>ist</strong> nicht unsere Erfindung»,<br />
erklärt Ambros Isler, Basler<br />
Arzt und Gründungsmitglied der<br />
Gesellschaft zum Bären. «Ähnliche<br />
Anlässe für Jugendliche, die dabei<br />
Energien ablassen und Spass haben<br />
können, gibt es zum Beispiel auch<br />
in New York, Hamburg oder Zürich.»<br />
Ladies-Night lockte Spielerinnen<br />
«Midnight Basketball <strong>ist</strong> eine<br />
sehr gute Sache», bestätigt Boris<br />
Avram. «Statt am Rhein zu sitzen<br />
und zu saufen und zu kiffen, können<br />
die Jungen etwas Gutes für sich<br />
tun.»<br />
Der 19-jährige Serbe war von Beginn<br />
des Anlasses mit dabei, zuerst<br />
als Spieler, nun als Spielleiter. «Wir,<br />
mein Kollege Asmir Bekiri und ich,<br />
organisieren die Spiele und schauen,<br />
dass es keinen Streit gibt», sagt<br />
Im Spiel Energien ablassen und keinen Stress suchen.<br />
Zum Beispiel hofft man bei der Leitung immer<br />
noch auf mehr weibliche Verstärkung. ‘Es wäre<br />
lustiger, wenn mehr Frauen kämen’.<br />
der Elektromonteur-Lehrling. Gespielt<br />
wird nämlich ohne Schiedsrichter,<br />
und bei Fouls müssen<br />
Unklarheiten im Gespräch beseitigt<br />
werden. «Aber das regelt sich immer<br />
selber, weil niemand Stress<br />
will», sagt Boris Avram. «Ich fands<br />
gewaltig», erzählt der Ex-NLB-Basketballer<br />
Pascal Kaufmann, der die<br />
Bärennacht zu Beginn leitete. «Ich<br />
hatte am <strong>Anfang</strong> Bedenken, ob alles<br />
friedlich ablaufen würde, aber es<br />
hat sich wieder einmal gezeigt, dass<br />
Sport die Kulturen verbindet», sagt<br />
der 24-Jährige. Neben Schweizern<br />
hat er in der Dreirosen-Halle auch<br />
Südamerikaner, Türken, Asiaten und<br />
Jugendliche vom Balkan und weiteren<br />
Regionen beobachtet. Aber<br />
die Besetzung der Sport-Nacht kann<br />
sich immer wieder ändern. Zum<br />
Beispiel hofft man bei der Leitung<br />
immer noch auf mehr weibliche Verstärkung.<br />
«Es wäre lustiger, wenn<br />
mehr Frauen kämen», meint Boris<br />
Avram. Eine Ladies-Night lockte<br />
zwar einmal viele Spielerinnen zum<br />
Turnier, nun sind die männlichen<br />
Jugendlichen aber wieder deutlich<br />
in der Überzahl.<br />
Sich wohl fühlen, wo man lebt<br />
«Strassenbasketball» werde hier<br />
gespielt, sagt Pascal Kaufmann,<br />
«crazy tricks» sind hip. Aber auch<br />
für Anfänger/-innen gibt es Möglichkeiten.<br />
«Man kann sie fragen, ob sie<br />
schon mitspielen wollen, sonst steht<br />
me<strong>ist</strong>ens eine Halle zum Üben und<br />
für erste Spielchen bereit», sagt Pascal<br />
Kaufmann. Und schliesslich<br />
kann man sich in weiteren Bären-<br />
Basket-Projekten weiterbilden. Im<br />
Juni fand zum Beispiel der vierte<br />
Bärencup, ein Turnier mit gegen 250<br />
Spielerinnen und Spielern, statt, und<br />
im Dezember 2001 wurde ein eigener<br />
Bären-Basket-Club gegründet,<br />
der bereits sechs Teams umfasst und<br />
bei dem Interessierte aller Altersklassen<br />
jederzeit willkommen sind.<br />
«Ich bin davon überzeugt, dass man<br />
sich dort wohl fühlen muss, wo man<br />
«<br />
lebt», erklärt Ambros Isler seine<br />
Motivation, sich in der Gesellschaft<br />
zum Bären zu engagieren. Die Bärennacht,<br />
die am 18. Oktober ein<br />
weiteres Mal ihre Tore öffnet, trägt<br />
dazu wohl bei. Monika Wirth<br />
Informationen zur Bärennacht bei:<br />
Ambros Isler, ahisler@bluewin.ch,<br />
Tel. 061 692 88 11.<br />
Informationen zum Basketballclub<br />
Bären Kleinbasel bei: Pascal Kaufmann,<br />
kaufmannpascal@tiscali.ch,<br />
Natel 079 664 89 94.<br />
FACTS& FIGURES<br />
2-jährige Kinder absolvieren Tag<br />
für Tag das Bewegungspensum<br />
eines erwachsenen Hochle<strong>ist</strong>ungssportlers.<br />
Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03
«Wir unterstützen uns<br />
gegenseitig»<br />
Im Basel Cricket Club treffen verschiedenste Nationalitäten aufeinander.<br />
Probleme gibt es deshalb nicht: Cricket verbindet und erleichtert es den Migranten<br />
und Migrantinnen in Basel, untereinander Kontakte zu knüpfen.<br />
Für einmal wird der Sportplatz<br />
Bachgraben in Basel nicht von<br />
einem Fussballclub genutzt. Er<br />
dient an diesem Sonntagnachmittag<br />
im August als Spielfeld für den<br />
Basel Cricket Club. Sieht man von<br />
weitem die Männer im schicken<br />
weissen Dress und teilweise mit<br />
ledernen Gesichts- und Knieschonern<br />
ausgerüstet, fühlt man sich ins<br />
England des 19. Jahrhunderts versetzt.<br />
Den wenigen Passanten/-innen,<br />
die eher zufällig das Spiel verfolgen,<br />
steht die Überraschung ins Gesicht<br />
geschrieben. «Die me<strong>ist</strong>en Zuschauerinnen<br />
und Zuschauer wissen nicht,<br />
was wir eigentlich spielen», erzählt<br />
Andrew Brooks, Kassier des Basel<br />
Cricket Clubs. Der zwei Meter grosse<br />
Engländer mit den langen roten<br />
Haaren bezeichnet sich selbst als<br />
ziemlich schlechten Spieler. Er sei<br />
dem Club in Basel beigetreten, weil<br />
Cricket eines der wenigen Dinge<br />
sei, die er in der Schweiz vermisse.<br />
Migranten sind sie eigentlich fast<br />
alle, die 22 Mitglieder des Basler<br />
Clubs. Nur ein Schweizer gehört<br />
dazu – doch auch er lebte lange in<br />
Australien, wo er dem dortigen Nationalsport<br />
frönte. Vor allem Inder,<br />
Pak<strong>ist</strong>ani, Engländer, Südafrikaner<br />
und Australier spielen Cricket – und<br />
sind deshalb auch im Basler Club<br />
anzutreffen. Gibt es manchmal Pro-<br />
Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03<br />
bleme bei so vielen Nationalitäten?<br />
«Nein, ganz und gar nicht», sagt<br />
Brooks. «Cricket <strong>ist</strong> ein Mannschaftssport<br />
und wir versuchen, uns<br />
gegenseitig zu unterstützen.»<br />
Schwierige Trainingsbedingungen<br />
Die Liebe zur 20 Meter langen<br />
«Pitch», dem «Wicket» und dem<br />
«Cricketwillow» verbindet sie. Für<br />
ein eher fussballlastiges Land wie<br />
die Schweiz sind dies natürlich<br />
Fremdwörter. Und wer sich in die<br />
Regeln von Cricket einlesen will,<br />
braucht mindesten die Dauer eines<br />
Cricket-Spiels dazu – und das kann<br />
bis zu fünf Tage dauern. «Die komplizierteren<br />
Regeln kennen nur die<br />
Schiedsrichter», gibt Brooks zu.<br />
Obwohl er bereits als Kind in der<br />
Schule Cricket spielte, bleibt die ungeheure<br />
Zahl von Regeln für ihn<br />
ÄHNLICH WIE BASEBALL, ABER VIEL KOMPLIZIERTER<br />
Der Ursprung von Cricket <strong>ist</strong> sehr vage und lässt viel Platz für Spekulationen.<br />
Die eine Theorie besagt, dass das Wort Cricket aus dem angelsächsischen<br />
Wort «Cricce» kommt und so viel bedeutet wie «Crooked Staff», übersetzt<br />
«krummer Stab». Die andere Theorie kommt zu dem Schluss, dass die<br />
Bezeichnung Cricket aus dem flämischen oder dem holländischen «Criquet»<br />
entstanden <strong>ist</strong>. «Criquet» <strong>ist</strong> ein Kirchenstuhl und sieht im Profil fast so aus<br />
wie die Abschlagstellen beim frühen Cricket. Das erste urkundlich nachgewiesene<br />
Cricketspiel fand im Jahre 1646 in Coxheath in Kent, England, statt. Die<br />
gleiche Urkunde birgt auch den ersten Nachweis, dass beim Cricket gewettet<br />
wurde. Cricket <strong>ist</strong> ein Mannschaftssport – zwei Teams mit jeweils elf Spielern<br />
treten gegeneinander an. Ein normales Spiel kann zwischen einem<br />
Nachmittag und mehreren Tagen dauern. Obwohl der Spielablauf und die<br />
Regeln sehr unterschiedlich sind, <strong>ist</strong> das Grundkonzept von Cricket und<br />
Baseball das gleiche. Das beginnende Team schlägt so oft wie möglich in<br />
seinem Durchgang («innings») den Ball und versucht so viel Läufe («runs») wie<br />
möglich zu laufen, um Punkte zu machen. Das gegnerische Team spielt im<br />
Feld («field») und versucht, den Durchgang des anderen Teams zu beenden.<br />
Nachdem jedes Team die gleiche Anzahl an «innings» gespielt hat, gewinnt<br />
das Team mit den me<strong>ist</strong>en Läufen. Cricket <strong>ist</strong> ein typischer Männersport, erst<br />
kürzlich wurde in England eine Frauenmannschaft gegründet.<br />
noch immer unüberschaubar. «Zwar<br />
<strong>ist</strong> es gut, wenn man sie ein wenig<br />
kennt, doch bei uns in der Mannschaft<br />
sind alle willkommen», sagt<br />
Brooks. «Natürlich auch Schweizer.»<br />
Der Basel Cricket Club <strong>ist</strong> laut Brooks<br />
sportlich nicht wirklich erfolgreich:<br />
«Zum einen liegt es sicher daran, dass<br />
wir noch nicht sehr lange ex<strong>ist</strong>ieren.»<br />
Dass der Club in den unteren<br />
Ligen rangiert, liegt aber vor allem<br />
an den schlechten Trainingsbedingungen.<br />
«Im Winter können wir<br />
nicht spielen, da wir keine Halle zur<br />
Verfügung haben.» Trainiert wird<br />
von Mai bis September einmal wöchentlich<br />
in Münchenstein. Jährlich<br />
bestreitet die Mannschaft mit Wahlheimat<br />
Basel zirka sieben Liga- und<br />
fünf Freundschaftsspiele.<br />
Kontakte pflegen und knüpfen<br />
Die Gegner sind Cricket Clubs<br />
aus der Schweiz oder dem nahen<br />
Freiburg. Doch es wird nicht nur gespielt,<br />
sondern auch gefeiert: «Nach<br />
jedem Freundschaftsspiel gibt es ein<br />
Barbecue», erzählt Brooks. Obwohl<br />
der Engländer früher in Zürich wohnte<br />
und schon dort einige Kontakte<br />
knüpfen konnte, erleichterte ihm<br />
der Beitritt zum Cricket Club, in Basel<br />
Anschluss zu finden. «Wir pflegen<br />
einen freundschaftlichen Umgang<br />
und geniessen neben dem<br />
Sport auch gemeinsame Freizeitanlässe»,<br />
berichtet Brooks. Das Publikum<br />
im Bachgraben setzt sich vor<br />
allem aus Familienmitgliedern der<br />
Spieler zusammen. «Die me<strong>ist</strong>en<br />
kennen sich oder lernen sich durch<br />
das Cricket kennen», streicht Brooks<br />
einen weiteren sozialen Aspekt des<br />
Clubs heraus. Und wenn er von seinen<br />
Schweizer Kollegen wegen seiner<br />
speziellen Sportart belächelt<br />
wird, hat er jederzeit eine Antwort<br />
parat: «Hornussen und Schwingen<br />
sind ja wohl auch nicht ganz alltägliche<br />
Sportarten, oder?»<br />
Helen Weiss<br />
Basel Cricket Club<br />
Jay Singh, St. Johanns-Vorstadt 84<br />
4056 Basel, Tel. 061 321 38 55<br />
Homepage:<br />
n.ethz.ch/student/tufailfa/bcc.html<br />
Sport und Gesundheit 21<br />
FRAGEN<br />
3Alemayehu Gadissa,<br />
23 Jahre alt, kommt<br />
aus Äthiopien und <strong>ist</strong><br />
seit 6 Jahren in der Schweiz.<br />
Er war im Jahr 2000 Schweizer<br />
Me<strong>ist</strong>er im Halbmarathon und<br />
trainiert beim LC Basel.<br />
Herr Gadissa, inwieweit hat Ihnen<br />
der Sport geholfen, sich hier in<br />
Basel zu integrieren?<br />
Ich bin gut integriert, obwohl es zu<br />
Beginn schwierig war. Dabei hat der<br />
Sport eine grosse Rolle gespielt. Als<br />
Mitglied im Sportclub habe ich gleich<br />
Leute kennen gelernt und es half mir<br />
auch, die Sprache und die Mentalität<br />
kennen zu lernen. Sport <strong>ist</strong> ein guter<br />
Weg, nette Leute zu treffen. Mein Trainer<br />
hat mir auch sehr geholfen. Als Sportler<br />
habe ich vermutlich mehr profitieren<br />
können als andere Migrantinnen und<br />
Migranten. Ich weiss nicht, ob ich ohne<br />
diese Unterstützung die gleichen<br />
Chancen gehabt hätte.<br />
Werden Ausländer im Bereich<br />
des Sports eher akzeptiert als<br />
anderswo?<br />
Negative Reaktionen, weil ich Ausländer<br />
bin, habe ich bisher nicht direkt erlebt.<br />
Die Leute zeigen es nicht so offen. Ich<br />
versuche, andere Meinungen zu akzeptieren<br />
und ich denke sehr positiv. Es<br />
gibt natürlich Menschen, die eine andere<br />
Meinung haben, und es gibt offene und<br />
gute Menschen, wie überall. Ich fühle<br />
mich wohl hier, auch bei meiner<br />
Lehrstelle und in der Schule.<br />
Auch Sie haben, wie viele andere<br />
Migrantinnen und Migranten, eine<br />
schwierige Geschichte hinter sich<br />
und mussten aus Ihrem Land<br />
fliehen. Inwieweit <strong>ist</strong> der Sport für<br />
Sie eine Hilfe, mit Problemen fertig<br />
zu werden?<br />
Ich kann mir nicht mehr vorstellen, ohne<br />
Sport zu leben. Er <strong>ist</strong> sehr wichtig für<br />
mich, fast wie Wasser und Brot.<br />
Körperlich und seelisch wirkt das Laufen<br />
oder andere Sportarten wie ein<br />
Medikament. Wenn es mir schlecht<br />
geht, gehe ich alleine oder mit Kollegen<br />
laufen und dann geht es mir wieder<br />
besser.
22<br />
Infos aus BS/BL<br />
TELEFONLISTE MÜTTER-/VÄTERBERATUNG BS/BL<br />
GROSSBASEL<br />
WAS, WANN, WO… TELEFONISCHE BERATUNG: MONTAG BIS FREITAG 08.00 BIS 09.30, TELEFON 061 683 38 66, FAX 061 683 38 67<br />
Montag 14.00–17.00*<br />
Chr<strong>ist</strong>ine Schaub Thomaskirche, Hegenheimerstrasse 227<br />
Eingang Kirche<br />
Montag 14.00–17.00<br />
Chr<strong>ist</strong>ine Glatt Kinderhaus Gellert, Emanuel-Büchel-Strasse 16<br />
Montag 14.00–17.00*<br />
Gaby Burgunder FAZ Gundeli, Gundeldingerfeld, Dornacherstrasse 192<br />
Dienstag<br />
Lucia Fölmli 09.00–12.00*<br />
Sabine Knösels 16.00–17.30<br />
Quartierzentrum Bachletten, QUBA, Bachlettenstrasse 12<br />
Dienstag 14.00–17.00*<br />
Lucia Fölmli FAZ Gundeli, Gundeldingerfeld, Dornacherstrasse 192<br />
Dienstag 14.00–17.00*<br />
Chr<strong>ist</strong>ine Schaub Kontaktstelle St. Johann, Mülhauserstrasse 122<br />
Mittwoch 14.00–17.00*<br />
Chr<strong>ist</strong>ine Schaub Kontaktstelle St. Johann, Mülhauserstrasse 122<br />
Donnerstag 10.00–12.00*<br />
Chr<strong>ist</strong>ine Schaub Kontaktstelle Basel-West, Stöberstrasse 36<br />
Die Mütter-/Väterberatungstellen le<strong>ist</strong>en im urbanen Raum wie auch in ländlichen Gebieten einen grossen<br />
Beitrag zur Prävention und zur Gesundheitsförderung. Säuglinge, Kleinkinder wie auch Eltern werden professionell<br />
betreut und beraten. In den Beratungsstellen, die auch <strong>Begegnung</strong>sstätten sind, können junge<br />
Familien Erfahrungen austauschen, was auch die Integration von Migrationsfamilien fördert. Die Mütterund<br />
Väterberaterinnen sind Spezial<strong>ist</strong>innen für die körperliche, seelische und ge<strong>ist</strong>ige Entwicklung von<br />
Säuglingen und Kleinkindern. Sie bieten Beratungen für das Stillen, die Ernährung, Pflege, Entwicklung,<br />
Erziehung und die Beratung in medizinischen Fragen an. Sie beraten in psychosozialen Fragen und unterstützen<br />
die Eltern, ihre Rolle als Mutter bzw. Vater zu finden. In den Beratungsstellen knüpfen Eltern wichtige<br />
soziale Kontakte untereinander und können sich über allerlei informieren.<br />
BaBeRas<br />
KLEINBASEL<br />
Montag 14.30–17.00<br />
Marianne Eckert Elternzentrum Hirzbrunnen, ELCH<br />
Allmendstrasse 134<br />
Dienstag 14.00–17.00<br />
Marianne Eckert Brückenkopf 1. Stock, Kleinhüningerstrasse 205<br />
Mittwoch 14.00–17.00<br />
Marianne Eckert Mütter- und Väterberatungsstelle, Clarastrasse 13<br />
Donnerstag 16.00–17.30*<br />
Marianne Eckert Mütter- und Väterberatungsstelle<br />
Clarastrasse 13<br />
für Türkisch Sprechende mit Dolmetscherin<br />
Freitag 09.00–12.00*<br />
Marianne Rickli Eltern-Kind-Zentrum MaKly, Claragraben 158<br />
RIEHEN, BETTINGEN<br />
Donnerstag 09.00–12.00*<br />
Sabine Knösels «Meierhof», Kirchstrasse 20<br />
Freitag 10.30–14.30*<br />
Sabine Knösels Andreashaus, Keltenweg 41<br />
Freitag 09.00–12.00 * Voranmeldung möglich, telefonisch 061 683 38 66<br />
Chr<strong>ist</strong>ine Glatt Don-Bosco-Kirche, Waldenburgerstrasse 32 oder in der Beratungsstelle<br />
Eingang Eptingerstrasse<br />
BASELLANDSCHAFTLICHE BERATUNGSSTELLE GEGEN RASSISMUS<br />
Oberfeldstrasse 11A | 4133 Pratteln | Tel. 061 821 44 55 | E-Mail baberas@gmx.ch<br />
Beratungen ab 1. November 2003 jeweils dienstags 14 –16 Uhr<br />
Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03
Beratungsort Mütterberaterinnen Telefon Tel.-Beratung Beratungsort Mütterberaterinnen Telefon Tel.-Beratung<br />
Aesch Jau Brigitte 061 931 38 54 Mo–Fr 8.00–9.00<br />
Allschwil Rudin Petra 061 481 91 65 Mo–Fr 8.00–9.30<br />
Anwil Ryf Chr<strong>ist</strong>ine 061 971 41 75 jederzeit möglich<br />
Arboldswil Albertini Ursula 061 933 95 83 Mo/Mi/Fr 7.30–8.30<br />
Arisdorf Degen Verena 061 971 56 56 Mo–Fr 7.30–8.30<br />
Arlesheim Wichtermann Beatrix 061 706 90 30 Di/Fr 8.00–11.00<br />
Augst Degen Verena 061 971 56 56 Mo–Fr 7.30–8.30<br />
Bennwil Rösler Anne 061 771 93 78 Mo–Fr 7.30–8.30<br />
Biel-Benken Ott Susi 061 721 88 11 Mo–Fr 8.00–9.30<br />
Binningen Zaberer Regula 061 421 23 46 Mo–Fr 8.00–9.30<br />
Birsfelden Hufschmid Kr<strong>ist</strong>ina 061 312 91 77 Mo–Fr 8.00–9.00<br />
Blauen Heizmann Gaby 061 761 16 65 Mo–Fr 7.30–8.30<br />
Böckten Peter Rosmarie 061 971 33 25 jederzeit möglich<br />
Bottmingen Ott Susi 061 721 88 11 Mo–Fr 8.00–9.30<br />
Bretzwil Albertini Ursula 061 933 95 83 Mo/Mi/Fr 7.30–8.30<br />
Brislach Heizmann Gaby 061 761 16 65 Mo–Fr 7.30–8.30<br />
Bubendorf Degen Verena 061 971 56 56 Mo–Fr 7.30–8.30<br />
Buckten Leuenberger Susanne 062 299 27 30 Mo–Fr 9.30–10.00<br />
Burg Heizmann Gaby 061 761 16 65 Mo–Fr 7.30–8.30<br />
Buus Schmid Jacqueline 061 811 53 73 Mo–Fr 8.00–9.00<br />
Diegten Degen Verena 061 971 56 56 Mo–Fr 7.30–8.30<br />
Diepflingen Grieder Andrea 061 983 03 02 keine festen Zeiten<br />
Dittingen Heizmann Gaby 061 761 16 65 Mo–Fr 7.30–8.30<br />
Duggingen Heizmann Gaby 061 761 16 65 Mo–Fr 7.30–8.30<br />
Eptingen Degen Verena 061 971 56 56 Mo–Fr 7.30–8.30<br />
Ettingen Ott Susi 061 721 88 11 Mo–Fr 8.00–9.30<br />
Frenkendorf Rösler Anne 061 771 93 78 Mo–Fr 7.30–8.30<br />
Füllinsdorf Rösler Anne 061 771 93 78 Mo–Fr 7.30–8.30<br />
Gelterkinden Bohny Edith 061 971 54 47 Mo–Fr 7.30–8.30<br />
Giebenach Degen Verena 061 971 56 56 Mo–Fr 7.30–8.30<br />
Grellingen Heizmann Gaby 061 761 16 65 Mo–Fr 7.30–8.30<br />
Häfelfingen Leuenberger Susanne 062 299 27 30 Mo–Fr 9.30–10.00<br />
Hemmiken Schmid Jacqueline 061 811 53 73 Mo–Fr 8.00–9.00<br />
Hersberg Rösler Anne 061 771 93 78 Mo–Fr 7.30–8.30<br />
Hölstein Probst Verena 061 941 16 71 Mo–Fr 8.30–9.30<br />
Itingen Peter Rosmarie 061 971 33 25 jederzeit möglich<br />
Känerkinden Leuenberger Susanne 062 299 27 30 Mo–Fr 9.30–10.00<br />
Kilchberg Leuenberger Susanne 062 299 27 30 Mo–Fr 9.30–10.00<br />
Lampenberg Probst Verena 061 941 16 71 Mo–Fr 8.30–9.30<br />
Langenbruck Rösler Anne 061 771 93 78 Mo–Fr 7.30–8.30<br />
Läufelfingen Leuenberger Susanne 062 299 27 30 Mo–Fr 9.30–10.00<br />
Laufen Heizmann Gaby 061 761 16 65 Mo–Fr 7.30–8.30<br />
Lausen Degen Verena 061 971 56 56 Mo–Fr 7.30–8.30<br />
Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03<br />
Infos aus BS/BL 23<br />
Lauwil Albertini Ursula 061 933 95 83 Mo/Mi/Fr 7.30–8.30<br />
Liedertswil Probst Verena 061 941 16 71 Mo–Fr 8.30–9.30<br />
Liesberg Heizmann Gaby 061 761 16 65 Mo–Fr 7.30–8.30<br />
Liestal Rösler Anne 061 771 93 78 Mo–Fr 7.30–8.30<br />
Lupsingen Rösler Anne 061 771 93 78 Mo–Fr 7.30–8.30<br />
Maisprach Schmid Jacqueline 061 811 53 73 Mo–Fr 8.00–9.00<br />
Münchenstein Hufschmid Kr<strong>ist</strong>ina 061 751 41 14 Mo–Fr 8.00–9.00<br />
Muttenz Schirm Rosmarie 061 461 27 78 Mo–Fr 8.00–9.00<br />
Muttenz Prescha Rita ab 1. Nov. 03 061 462 00 62 Mo–Fr 8.00–9.00<br />
Nenzlingen Heizmann Gaby 061 761 16 65 Mo–Fr 7.30–8.30<br />
Niederdorf Rösler Anne 061 771 93 78 Mo–Fr 7.30–8.30<br />
Oberdorf Probst Verena 061 941 16 71 Mo–Fr 8.30–9.30<br />
Oberwil Zaberer Regula 061 421 23 46 Mo–Fr 8.00–9.30<br />
Oltingen Ryf Chr<strong>ist</strong>ine 061 971 41 75 jederzeit möglich<br />
Ormalingen Bohny Edith 061 971 54 47 Mo–Fr 7.30–8.30<br />
Pfeffingen Jau Brigitte 061 931 38 54 Mo–Fr 8.00–9.00<br />
Pratteln Degen Verena 061 971 56 56 Mo–Fr 7.30–8.30<br />
Ramlinsburg Degen Verena 061 971 56 56 Mo–Fr 7.30–8.30<br />
Reigoldswil Albertini Ursula 061 933 95 83 Mo/Mi/Fr 7.30–8.30<br />
Reinach Bührer Edith 061 711 88 93 Di–Fr 8.00–9.30<br />
Rickenbach Schmid Jacqueline 061 811 53 73 Mo–Fr 8.00–9.00<br />
Roggenburg Heizmann Gaby 061 761 16 65 Mo-Fr 7.30–8.30<br />
Röschenz Heizmann Gaby 061 761 16 65 Mo–Fr 7.30–8.30<br />
Rothenfluh Ryf Chr<strong>ist</strong>ine 061 971 41 75 jederzeit möglich<br />
Rümlingen Leuenberger Susanne 062 299 27 30 Mo–Fr 9.30–10.00<br />
Rünenberg Leuenberger Susanne 062 299 27 30 Mo–Fr 9.30–10.00<br />
Schönenbuch Rudin Petra 061 481 91 65 Mo–Fr 8.00–9.30<br />
Seltisberg Albertini Ursula 061 933 95 83 Mo/Mi/Fr 7.30–8.30<br />
Sissach Ryf Chr<strong>ist</strong>ine 061 971 41 75 jederzeit möglich<br />
Tecknau Ryf Chr<strong>ist</strong>ine 061 971 41 75 jederzeit möglich<br />
Tenniken Ryf Chr<strong>ist</strong>ine 061 971 41 75 jederzeit möglich<br />
Therwil Ott Susi 061 721 88 11 Mo–Fr 8.00–9.30<br />
Thürnen Grieder Andrea 061 971 21 31 keine festen Zeiten<br />
Titterten Albertini Ursula 061 933 95 83 Mo/Mi/Fr 7.30–8.30<br />
Wahlen Heizmann Gaby 061 761 16 65 Mo–Fr 7.30–8.30<br />
Waldenburg Probst Verena 061 941 16 71 Mo–Fr 8.30–9.30<br />
Wenslingen Ryf Chr<strong>ist</strong>ine 061 971 41 75 jederzeit möglich<br />
Wintersingen Schmid Jacqueline 061 811 53 73 Mo–Fr 8.00–9.00<br />
Wittinsburg Leuenberger Susanne 062 299 27 30 Mo–Fr 9.30–10.00<br />
Zeglingen Leuenberger Susanne 062 299 27 30 Mo–Fr 9.30–10.00<br />
Ziefen Albertini Ursula 061 933 95 83 Mo/Mi/Fr 7.30–8.30<br />
Zunzgen Bohny Edith 061 971 54 47 Mo–Fr 7.30–8.30<br />
Zwingen Heizmann Gaby 061 761 16 65 Mo–Fr 7.30–8.30<br />
Berufsschau 03, Pratteln<br />
FÜHRUNGEN FÜR FREMDSPRACHIGE ELTERN<br />
Für fremdsprachige Eltern stellt die Berufswahl ihrer Kinder eine besondere Herausforderung dar. An der Berufsschau 03 in Pratteln gibt es aus diesem Grund dieses<br />
Jahr zum ersten Mal fremdsprachige Führungen für Eltern von Jugendlichen vor der Berufswahl. Die Eltern werden von interkulturellen Vermittlern/-innen durch die<br />
Ausstellung geführt, die sich speziell auf diese Aufgabe vorbereitet haben, und erhalten dabei alle wichtigen Informationen in ihrer Landessprache.<br />
WANN? 24./25.10.03 (FREITAGABEND, SAMSTAG, S. ELTERNEINLADUNG) DURCH DIE FÜHRUNGEN ERHALTEN DIE FREMDSPRACHIGEN ELTERN:<br />
• Zugang zur Berufsschau • eine Übersicht über die Ausbildungsmöglichkeiten nach der obligatorischen Schule • Gelegenheit, mit Ausbildungsverantwortlichen ins<br />
Gespräch zu kommen • Informationen, wie sie ihre Töchter und Söhne bei der Berufswahl und der Lehrstellensuche unterstützen können.<br />
Informationen und übersetzte Unterlagen für Eltern:<br />
Elisabeth Nussbaumer • Berufs- und Studienberatung BL • Rosenstrasse 25 • 4410 Liestal • Tel. 061 927 28 16 • E-Mail elisabeth.nussbaumer@bksd.bl.ch<br />
DATEN DER FREMSPRACHIGEN FÜHRUNGEN<br />
Freitag, 24.10.03 Samstag, 25.10.03<br />
Albanisch 18.45 10.00 12.00<br />
Bosnisch, Kroatisch, Serbisch 18.15 10.30 12.30<br />
Englisch 18.30 10.30<br />
Französisch 19.45 12.00<br />
Kurdisch 19.30 11.45<br />
Freitag, 24.10.03 Samstag, 25.10.03<br />
Persisch 18.00 10.45<br />
Portugiesisch 18.15 10.15<br />
Spanisch 18.00 10.15 12.30<br />
Tamilisch 18.30 10.45 12.45<br />
Türkisch 17.45 10.00 13.15
24<br />
Tipps<br />
Internet-Links<br />
www.imes.admin.ch Bundesamt für Zuwanderung, Integration und Auswanderung<br />
www.asyl.admin.ch Bundesamt für Flüchtlinge (BFF)<br />
www.suchtundaids.bag.admin.ch/themen/migration Fachstelle Migration und Gesundheit des Bundesamtes für Gesundheit (BAG)<br />
www.iamaneh.ch International Association for Maternal and Neonatal Health, das Hilfswerk<br />
setzt sich ein für die Verbesserung und den Schutz der psychischen,<br />
physischen und sozialen Gesundheit von Frauen und Kindern<br />
www.heks.ch Hilfswerk der evangelischen Kirchen der Schweiz<br />
www.ahbb.ch Aids-Hilfe beider Basel<br />
www.unibas.ch/ispmbs/ Institut für Sozial- und Präventivmedizin Basel<br />
www.aramis-research.ch/d/14880.html Ethnologisch-Psychologisches Zentrum Zürich, Therapie- und Betreuungsmodell<br />
für psychisch kranke und traumatisierte Personen des Asylbereichs<br />
www.migrations-population.ch Schweizerisches Forum für Migrations- und Bevölkerungsstudien<br />
www.inter-pret.ch Schweizerische Interessensgemeinschaft zur Förderung von Übersetzung<br />
und kultureller Mediation im Gesundheits-, Sozial- und Bildungsbereich<br />
www.srk.ch/org/national/mig Abteilung Migration des Schweizerischen Roten Kreuzes<br />
www.sti.ch Schweizerisches Tropeninstitut<br />
www.icmh.ch International Centre for Migration and Health, Genf<br />
www.srk.ch/activities/migration/health/d04c03_html Ambulatorium für Folter- und Kriegsopfer SRK<br />
www.bsgp.ch/agtrauma.html Arbeitsgruppe von Ärzten in Basel zum Thema Folter/Trauma<br />
WEITERFÜHRENDE SCHRIFTEN abc<br />
Macht Migration krank? Eine transdisziplinäre Analyse der Gesundheit von Migrantinnen und Migranten. Regula Weiss.<br />
Seismo Verlag Zürich. 2003.<br />
Migration und Gesundheit. Hrsg.: Hans-Rudolf Wicker, Rosita Fibbi. Seismo Verlag Zürich. 2003.<br />
Migration und Gesundheit. Beurteilung der gesundheitlichen Betreuung von MigrantInnen in der Region Basel.<br />
Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Basel (ISPM), Dr. Elisabeth Zemp Stutz, 2001<br />
DIE MIGRATIONSKAMPAGNE IM INTERNET:<br />
@<br />
www.migration.bl.bs.ch<br />
Tatsachen gegen Vorurteile.<br />
Ein Beitrag der Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft zur sachlichen Diskussion im Umgang mit Menschen.<br />
Der Deutsch-Intensivkurs für Fremdsprachige<br />
Berlitz präsentiert das neue Programm<br />
«Hallo Basel»<br />
Deutsch lernen in<br />
Alltagssituationen<br />
Unterricht täglich<br />
Kursstart monatlich<br />
Mehr Infos bei:<br />
Berlitz Schools of Languages AG Steinentorstrasse 45 4051 Basel<br />
Tel. + 41 61 226 90 40 Fax + 41 61 226 90 41 E-Mail basel@berlitz.ch<br />
DIE KAMPAGNE WIRD VON<br />
DER FACHSTELLE FÜR RASSISMUS-<br />
BEKÄMPFUNG MITFINANZIERT.<br />
FACTS& FIGURES<br />
Die Lebenserwartung eines Japaners<br />
(80,0 Jahre) <strong>ist</strong> nahezu doppelt so<br />
hoch wie die eines Zentralafrikaners<br />
(44,9 Jahre).<br />
Ausländerberatung der GGG<br />
Tel. 061 206 92 22<br />
auslaenderberatung@ggg-basel.ch<br />
und<br />
GGG Informationsstelle Integration<br />
Tel. 061 206 92 27<br />
informationsstelle.integration@ggg-basel.ch<br />
Eulerstrasse 26, 4051 Basel<br />
Fax 061 272 64 57<br />
www.auslaenderberatung-basel.ch<br />
Ausländerdienst Baselland<br />
Fachstelle Integration<br />
Bahnhofstrasse 16<br />
4133 Pratteln 1<br />
Tel. 061 827 99 00<br />
Fax 061 827 99 09<br />
info@auslaenderdienstbl.ch<br />
www.auslaenderdienstbl.ch<br />
... Ihre regionalen Fachstellen bei<br />
Fragen zu den Themen Integration<br />
und Migration<br />
... und für individuelle Beratungen zu<br />
sozialen und rechtlichen Fragen in<br />
verschiedenen Sprachen<br />
... www.integration-bsbl.ch<br />
BEWEGUNG MACHT SPASS!<br />
Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03