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Migrationszeitung - Aller Anfang ist Begegnung

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Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03<br />

<strong>Migrationszeitung</strong><br />

8. Ausgabe/Oktober 03 Ein Beitrag der Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft zur sachlichen Diskussion im Umgang mit Menschen.<br />

Gesundheit kennt<br />

keinen Pass<br />

Themen<br />

Seite 4<br />

Spital-Gesichter<br />

Ohne den Einsatz von<br />

Migranten/-innen läuft es im<br />

Spital nicht rund. Eine<br />

Pflegerin, ein Pfleger, ein<br />

Arzt erzählen.<br />

Seite 8<br />

Seltenheit<br />

Höchst selten trifft der<br />

Hausarzt Peter Flubacher<br />

auf richtige Simulanten.<br />

50 Prozent seiner Patienten/<br />

-innen sind Migranten/-innen.<br />

Seite 12<br />

Geburtsstunde<br />

Geburt in der Fremde:<br />

Das Hilfswerk Iamaneh will<br />

flächendeckend Geburtsvorbereitungskurse<br />

für<br />

Migrantinnen anbieten.<br />

Seite 14<br />

Grenzsanität<br />

Müde, hungrig und abgekämpft:<br />

So kommen<br />

Asylsuchende oft in der<br />

SRK-Grenzsanität an. Ein<br />

Augenschein.<br />

Seite 20<br />

Bärennächte<br />

Samstagnachts treffen<br />

sich Jugendliche aus verschiedensten<br />

Nationen<br />

zum Basketball-Spiel in<br />

der Dreirosen-Halle.


2<br />

Editorial<br />

Thomas Kessler, Migrationsbeauftragter des Kantons Basel-Stadt, und<br />

Julia Morais, Migrationsverantwortliche Basel-Landschaft<br />

Gesundheit!<br />

«Gesundheit <strong>ist</strong> nicht alles, aber<br />

ohne Gesundheit <strong>ist</strong> alles nichts».<br />

Im Krankheitsfall wird man sich dieser<br />

Weisheit bewusst und vergisst<br />

sie allzu leicht wieder, sobald man<br />

sich fit fühlt. Die grossen gesellschaftlichen<br />

Herausforderungen sind<br />

aber alle tief greifend mit ihr verknüpft:<br />

Krankt das Schweizer Gesundheitswesen?<br />

Gibt es tatsächlich<br />

immer mehr oder immer teurere<br />

Kranke? Wie steht es mit der Vergreisung<br />

der Schweizer Bevölkerung?<br />

Stimmt es, dass Migrantinnen<br />

und Migranten vorwiegend in krank<br />

machenden Branchen arbeiten?<br />

Melden sich für die Altenpflege nur<br />

noch Migrantinnen? Sind Kranke<br />

der Preis für eine effiziente Wirtschaft<br />

und Verwaltung? Oder gibt es<br />

mehr Simulanten?<br />

Die Diskussion um die defizitäre<br />

Invalidenversicherung (IV) umfasst<br />

alle diese Aspekte. Erst kam die Polemik,<br />

jetzt kommen die Fakten: Die<br />

Wahrscheinlichkeit, eine Rente zu<br />

beziehen, beträgt bei Schweizer/-innen<br />

5,9%, bei Ausländer/-innen 3,3%.<br />

In der Kategorie der jungen IV-Rentner<br />

sind die Schweizer/-innen deutlich<br />

übervertreten; sie werden überdurchschnittlich<br />

häufig aus psychischen<br />

Gründen invalid. Bei Ausländer/-innen<br />

sind körperliche Ursachen<br />

und Unfälle verbreiteter. Mit zunehmender<br />

Ärztedichte steigt der An-<br />

teil der IV-Bezüger/-innen. Die Daten<br />

spiegeln Bekanntes: Die Belastbarkeit<br />

der jungen Generation nimmt<br />

ab oder, umgekehrt gesagt, die Belastung<br />

nimmt zu; schwere körperliche<br />

Arbeit zehrt an der Gesundheit;<br />

einzelne Firmen entlassen ihre über<br />

50-jährigen Mitarbeiter/-innen in die<br />

IV; Schlaumeier nützen Systemfehler<br />

in der Versicherung.<br />

Schliesslich <strong>ist</strong> die Frage der Nationalität<br />

hier wie bei anderen gesellschaftlichen<br />

Themen zweitrangig.<br />

Entscheidend <strong>ist</strong> auch für die Gesundheit<br />

der so genannte sozioökonomische<br />

Status: Wohlhabende Menschen<br />

werden älter und bleiben länger<br />

gesund. Dies sieht man bereits bei<br />

Kleinkindern: Kinder aus sozial<br />

schwachen Familien haben häufiger<br />

Karies und sind häufiger übergewichtig.<br />

Migrationsfamilien sind davon<br />

überdurchschnittlich betroffen,<br />

zunehmend aber auch Schweizer<br />

Familien. Politisch muss hier, in der<br />

jungen Familie, angesetzt werden.<br />

Information, Beratung, Krippenplätze<br />

und durchgehende Frühprophylaxe<br />

über die ersten Lebensjahre<br />

mindern Leid und helfen sparen.<br />

«Vorbeugen <strong>ist</strong> besser als heilen»,<br />

<strong>ist</strong> eine altbackene, aber topaktuelle<br />

Weisheit. Die derzeitigen Spardiskussionen<br />

werden zeigen, ob die<br />

Politik weise <strong>ist</strong> oder kurzsichtig.<br />

STELLEN SIE SICH VOR, SIE BEKOMMEN<br />

IN ST. PETERSBURG EINE MENINGITIS!<br />

Ferien! Der diesjährige Aufenthalt sollte etwas ganz Besonderes werden: eine<br />

Reise auf den Spuren Peters des Grossen, nach Russland. Man spricht zwar<br />

nicht Russisch, jedoch mit Englisch und Französisch wird man sich schon<br />

irgendwie durchschlagen können. Aufwachen im engen Hotelzimmer, heiss,<br />

Fieber, Schüttelfrost… was tun?<br />

Der nette Herr an der Réception spricht zwar Englisch, doch mehr als die<br />

Adresse des nächsten Krankenhauses kann auch er nicht geben, und dies in<br />

kyrillischer Schrift! Schwächeanfall, Nervosität, schleichende Angst!<br />

Endlich sind Sie mit dem Taxi im Spital angekommen, das Stethoskop versteht<br />

zwar jede Sprache, aber Ihre Fragen, Wünsche, Sorgen, wem können Sie die<br />

mitteilen? Wo <strong>ist</strong> die Bettwäsche im Spital? Aha, selber mitbringen! Sie haben<br />

rasenden Durst, wo <strong>ist</strong> der Tee? Aha, selber mitbringen! Wofür <strong>ist</strong> dieses<br />

Medikament und was sind seine Nebenwirkungen? Fremde Schriftzeichen,<br />

fremde Gesichter, Ratlosigkeit…<br />

In einer solchen Situation in Basel können sich Migranten/-innen an die<br />

Ausländerberatung der GGG wenden. Oft kennen sie unser Gesundheitssystem<br />

und die Regeln im Spital nicht und lassen sich gerne in Ruhe über Fragen des<br />

Eintritts, des Aufenthalts, des Essens (je nach Konfession) oder der Behandlung<br />

beraten. Unsere kompetenten Beraterinnen und Berater versuchen mit viel<br />

Einfühlungsvermögen, den Fragen und Ängsten der Migranten/-innen zu begegnen.<br />

In 14 Sprachen wird Beratung in Belangen wie Arbeit und Arbeitslosigkeit,<br />

Miete, Versicherungen und Steuern, Ehe und Familie, Gesundheit und zu<br />

weiteren Fragen im Alltag angeboten.<br />

Die GGG Informationsstelle Integration berät Institutionen, Migrantenvereine,<br />

Firmen und Privatpersonen bei Fragen zu Migration und Integration. Sie vernetzt<br />

und koordiniert Integrationsaufgaben innerhalb der Region. Möchte z.B. das<br />

Pflegepersonal Informationen über verschiedene Kulturen: Wir bieten dies an<br />

oder vermitteln. Möchte der Hausarzt seine Patientin in eine Frauengruppe<br />

integrieren: Wir sind behilflich.<br />

Nutzen Sie dieses Angebot und vereinbaren Sie einen Termin:<br />

Ausländerberatung der GGG Tel. 061 206 92 22<br />

GGG Informationsstelle Integration Tel. 061 206 92 27<br />

Eulerstrasse 26, 4051 Basel<br />

Wir sind von Montag bis Freitag von 9 bis 11Uhr und von 14 bis 18 Uhr für Sie da!<br />

IMPRESSUM<br />

Auftraggeberinnen:<br />

die Regierungen der Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft<br />

Redaktion: A. Strässle / Pressebüro Kohlenberg<br />

Konzept, Gestaltung und Realisation der Kampagne:<br />

cR DDB Werbeagentur AG, St. Jakobs-Strasse 185, 4002 Basel<br />

© Bilder: Dominik Plüss, Keystone, Peter Armbruster, Roland Schmid, Erwin Zbinden<br />

Druck: Basler Zeitung<br />

www.migration.bl.bs.ch<br />

Diese Ausgabe wurde vom<br />

Bundesamt für Gesundheit (BAG) mitfinanziert.<br />

Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03


Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03<br />

Migrantinnen – gehören mehrheitlich<br />

unteren sozialen Schichten oder benachteiligten<br />

Berufsgruppen an, was<br />

ihre Gesundheit belastet.<br />

Ist unser Gesundheitswesen für<br />

diese Herausforderung gerüstet?<br />

Die vorliegende Ausgabe der <strong>Migrationszeitung</strong><br />

zeigt, dass zahlreiche<br />

Projekte auf Bundes- und Kantonsebene<br />

erfolgreich arbeiten mit dem<br />

Ziel, Einrichtungen des Gesundheitswesens<br />

auch Migrantinnen und<br />

Migranten zugänglich zu machen.<br />

Doch noch gibt es bedenkliche<br />

Lücken. Ein Bericht des Instituts für<br />

Sozial- und Präventivmedizin der<br />

Universität Basel (ISPB) aus dem<br />

Jahr 2001 zeigt, dass verschiedene<br />

Kliniken zwar bewusst Fachpersonal<br />

mit Migrationshintergrund einstellen.<br />

<strong>Aller</strong>dings handelt es sich<br />

oft um befr<strong>ist</strong>ete Stellen, die keine<br />

kontinuierliche Arbeit gewährle<strong>ist</strong>en<br />

können.<br />

Ebenfalls schlecht dotiert <strong>ist</strong> die<br />

Psychiatrie. «Im stationären und im<br />

ambulanten Bereich fehlen in den<br />

Thema 3<br />

Gesundheit für alle<br />

Krankheit und Unfälle können uns alle treffen. Doppelt hart <strong>ist</strong> es für Menschen, welche die Sprache des<br />

Gastlandes weniger gut beherrschen. Bund und Kantone setzen deshalb auf Projekte, die versuchen, die<br />

Gesundheit von Migranten und Migrantinnen zu fördern.<br />

Von Pieter Poldervaart<br />

Wir merken es erst, wenn sie uns<br />

fehlt: Gesundheit <strong>ist</strong> die Grundlage<br />

für das Wohlbefinden. Immerhin<br />

wissen die me<strong>ist</strong>en von uns, wie<br />

weiter, wenn es an der Zahnwurzel<br />

pocht oder die Grippe im Anzug <strong>ist</strong>.<br />

Der Gang zur Apotheke, zum Hausarzt<br />

oder schlimmstenfalls zur Notfallstation<br />

<strong>ist</strong> zwar nicht Alltag, aber<br />

einigermassen zu bewältigen.<br />

Migrantinnen und Migranten<br />

haben es diesbezüglich schwerer.<br />

Oft können sie ihr Leiden nicht artikulieren<br />

– sie sprechen unsere Sprache<br />

zu wenig. Nur wenige Arztpraxen<br />

und Spitäler sind auf fremdsprachige<br />

Kundschaft vorbereitet<br />

und können bei Bedarf medizinische<br />

Dolmetscherinnen und Dolmetscher<br />

aufbieten.<br />

Doch nicht nur Verständigungsschwierigkeiten<br />

belasten die Situation<br />

für Ausländerinnen und Ausländer.<br />

Je nach kulturellem Hintergrund<br />

geht man mit Krankheit und<br />

Gesundheit anders um als bei uns.<br />

Oft wird beispielsweise eine Schwangere<br />

vom engsten familiären Umfeld<br />

beraten. In der Fremde fehlt<br />

dieser Rahmen, und die vorhandenen<br />

Angebote unseres Gesundheitssystems<br />

sind zu wenig bekannt und<br />

werden nicht genutzt. So we<strong>ist</strong> die<br />

höhere Sterblichkeitsrate der Neugeborenen<br />

von Migrantinnen auf<br />

mögliche Lücken in der Schwangerschaftsbetreuung<br />

hin. Auch Themen<br />

wie Prävention und Gesundheitsförderung<br />

finden bei der ausländischen<br />

Bevölkerung deutlich weniger<br />

Widerhall als im Durchschnitt.<br />

Zum einen fehlen schlicht die spezifischen<br />

Angebote, zum andern die<br />

Information darüber.<br />

Dabei sind Migrantinnen und<br />

Migranten besonders auf Gesundheitseinrichtungen<br />

angewiesen, die<br />

auf sie abgestimmt sind. Wie die<br />

Strategie «Migration und Gesundheit<br />

2002–2006» des Bundesamts für<br />

Gesundheit zeigt, <strong>ist</strong> ein Teil der Migrationsbevölkerung<br />

«grossen gesundheitlichen<br />

Risiken ausgesetzt».<br />

Denn Migranten – und noch stärker<br />

Migrantinnen und Migranten im Vorzimmer der Gesundheitsversorgung<br />

beiden Basler Kantonen längerfr<strong>ist</strong>ig<br />

gesicherte migrationsspezifische<br />

Angebote fast vollständig», meint<br />

Elisabeth Zemp, Autorin der ISPB-<br />

Studie.<br />

Der schlechtere Gesundheitszustand,<br />

ungenügende Vorsorge und<br />

ungesunde Arbeitsplätze führen unter<br />

anderem dazu, dass ein Drittel aller<br />

IV-Rentner/-innen Ausländer/-innen<br />

sind. Ihr Leiden <strong>ist</strong> echt: «Richtige<br />

Simulanten sind höchst selten»,<br />

betont der Basler Arzt Peter Flubacher<br />

im Gespräch auf Seite 8.<br />

Bedenkenswert <strong>ist</strong> schliesslich<br />

die Tatsache, dass unser Gesundheitswesen<br />

ohne die tatkräftige<br />

Mitarbeit von Ausländerinnen und<br />

Ausländern kollabieren würde. Ob<br />

im Operationssaal, bei der täglichen<br />

Pflege der Patienten/-innen oder in<br />

der Reinigungskolonne, rund ein<br />

Drittel des Gesundheitspersonals<br />

hat keinen Schweizer Pass. Auch<br />

diese Zahl gehört zur Diskussion<br />

um Gesundheit und Migration.


4<br />

Menschen im Gesundheitswesen<br />

Globalisierung im Spital<br />

Ohne den Einsatz von Migrantinnen und Migranten würde das Schweizer Gesundheitswesen nicht funktionieren.<br />

Eine Pflegerin, zwei Pfleger, ein Metzger und ein Arzt erzählen ihre Geschichte.<br />

Jezreel und Nellie Camique mit ihren beiden Töchtern, Hannah und Jenenah Lois<br />

Wenn Nellie Camique von der Arbeit<br />

nach Hause kommt, bereitet sie<br />

als Erstes ihren beiden Töchtern das<br />

Frühstück zu. Als Nachtwache in<br />

der Psychiatrischen Universitätsklinik<br />

(PUK) geht für sie der Tag zu<br />

Ende, wenn er für ihre Familie gerade<br />

erst begonnen hat. Ihren Mann<br />

Jezreel sieht sie nur kurz, er arbeitet<br />

zwar ebenfalls in der PUK, aber vor<br />

allem im Tagdienst. Sind die Kinder<br />

aus dem Haus, geht Nellie Camique<br />

ins Bett und schläft sofort ein. Die<br />

Arbeitszeiten seien manchmal schon<br />

etwas hart, sagt sie, «aber ich liebe<br />

meinen Beruf».<br />

Nellie Camique <strong>ist</strong> gelernte Krankenschwester,<br />

die Ausbildung hat<br />

sie in ihrer Heimat, auf den Philippinen,<br />

absolviert. Ihr Mann dagegen<br />

<strong>ist</strong> ein Quereinsteiger: Jezreel Camique<br />

war früher Matrose und hat jahrelang<br />

auf allen Weltmeeren gearbeitet.<br />

Als er in den Hafen der Ehe<br />

einlief und seine Tochter Hannah<br />

geboren wurde, strich er die Segel:<br />

«Als Matrose muss man sich bis zu<br />

drei Jahre verpflichten», erklärt er.<br />

«Das geht nicht, wenn man eine<br />

Familie hat.»<br />

Globalisierte Familie<br />

Jezreel und Nellie Camique lernten<br />

sich nicht etwa auf den Philippinen<br />

kennen, sondern in Frankfurt.<br />

Als seine Frau eine Stelle in Basel<br />

annahm, folgte ihr der Gatte nach<br />

und begann, im Altersheim Adullam<br />

zu arbeiten. Auf den Philippinen<br />

hatte er Pflegekurse besucht, die er<br />

nun gut gebrauchen konnte. In der<br />

PUK <strong>ist</strong> Jezreel Camique auf der<br />

Rehabilitations-Abteilung tätig, wo<br />

psychisch Kranke auf den Übergang<br />

in ihr Leben ausserhalb der<br />

Klinik vorbereitet werden. Neben<br />

den eigentlichen Pflegeaufgaben<br />

hilft er den Patienten/-innen auch<br />

bei der Planung ihrer Zukunft.<br />

Es war Nellie und Jezreel Camique<br />

wichtig, dass auch ihre Töchter<br />

am Gespräch mit der Migrations-<br />

zeitung teilnahmen. Sie sind beide<br />

in Basel geboren, Hannah besucht<br />

das Gymnasium, Jenenah Lois die<br />

Primarschule. «Manchmal frage ich<br />

sie, ob sie sich als Ausländerinnen<br />

fühlen», erzählt die Mutter. Sie <strong>ist</strong><br />

erleichtert, wenn die Kinder die<br />

Fragen verneinen: «Unsere Töchter<br />

«<br />

sind hier gut integriert.» Und<br />

Hannah fügt an: «Wenn mich jemand<br />

fragt, woher ich komme, dann<br />

sage ich: aus der Schweiz.»<br />

In der Familie Camique offenbart<br />

sich die Globalisierung im Kleinformat.<br />

Vater und Mutter sprechen<br />

neben Deutsch und Englisch zwei<br />

unterschiedliche philippinische Sprachen.<br />

Ihre Familien und Angehörigen<br />

leben verstreut über die ganze<br />

Welt. Nellie Camique folgte ihrer<br />

Schwester nach Europa, ihr Mann<br />

wurde von seinen Eltern nach<br />

Deutschland geholt. Sie hatten dort<br />

schon während Jahren gearbeitet<br />

und ihre Kinder nacheinander aus<br />

den Philippinen zu sich geholt.<br />

Unterdessen sind sie wieder in ihre<br />

alte Heimat zurückgekehrt. Jezreel<br />

Camiques Geschw<strong>ist</strong>er wohnen in<br />

Ohne Leute wie Nellie und Jezreel Camique<br />

würde das Schweizer Gesundheitssystem nicht<br />

funktionieren.<br />

den USA, Finnland und Deutschland.<br />

Die Eltern von seiner Frau lebten<br />

jahrelang in den USA und sind<br />

nun ebenfalls auf die Philippinen<br />

zurückgekehrt.<br />

Manchmal überlegen sich auch<br />

Jezreel und Nellie Camique, wo sie<br />

einst alt werden. «Unsere Töchter<br />

sind hier aufgewachsen, und auch<br />

wir fühlen uns wohl hier», sagt sie.<br />

«Trotzdem <strong>ist</strong> man hin und her<br />

gerissen. Es <strong>ist</strong> ein Konflikt, der<br />

Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03<br />

«


««<br />

Es <strong>ist</strong> schön, wenn einem bei der Arbeit so viel<br />

Vertrauen entgegengebracht wird.<br />

nicht einfach zu lösen <strong>ist</strong>.» Sie halte<br />

ihre Gedanken bewusst unter Kontrolle:<br />

«Ich sage mir, du b<strong>ist</strong> jetzt<br />

hier und bleibst auch vorerst einmal<br />

hier.»<br />

Ohne Menschen wie Nellie und<br />

Jezreel Camique würde das Schweizer<br />

Gesundheitssystem nicht funktionieren.<br />

Allein im Kantonsspital<br />

Basel kommt im leitenden Bereich,<br />

also von den Oberärzten an aufwärts,<br />

rund ein Drittel des Personals<br />

ursprünglich aus dem Ausland. Im<br />

Pflegebereich sind es 50 bis 60 Prozent,<br />

in der Reinigung sogar über 85<br />

Prozent. In einem Kanton wie Basel-<br />

Stadt arbeiten auch viele Grenzgängerinnen<br />

und Grenzgänger im<br />

Gesundheitswesen.<br />

Genug vom italienischen System<br />

Vincenzo Capizzi stammt aus Sizi-<br />

Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03<br />

lien, lebt mit Frau und Sohn in<br />

Lörrach und arbeitet in der Küche<br />

des Kantonsspitals Basel. B<strong>ist</strong> du<br />

verrückt, habe ihn seine Frau gefragt,<br />

als er ihr eröffnete, er wolle<br />

nach Deutschland ziehen. Beide<br />

hatten damals in Norditalien eine<br />

gute Stelle in der Modeindustrie.<br />

Aber der Gatte wollte weg. «Ich<br />

hatte genug vom italienischen<br />

System», erklärt er und erwähnt die<br />

Bürokratie und das Gesundheitswesen.<br />

«Solange Leute wie Berlusconi<br />

an der Spitze stehen», <strong>ist</strong> er überzeugt,<br />

«wird es ewig so weitergehen.»<br />

In der Küche des Kantonsspitals<br />

<strong>ist</strong> Vincenzo Capizzi für die Metzgerei<br />

verantwortlich, er <strong>ist</strong> stellvertretender<br />

Chef des Lagers und<br />

macht zurzeit eine Ausbildung im<br />

Vincenzo Capizzi <strong>ist</strong> da angekommen, wo er hinwollte.<br />

Lebensmitteleinkauf. Seine Familie<br />

hatte in einem sizilianischen Dorf<br />

während dreier Generationen eine<br />

Metzgerei betrieben. Dem Sohn war<br />

bereits im zarten Alter von sieben<br />

Jahren klar, dass er einmal Metzger<br />

werden wollte. «Ich stand schon als<br />

Kind gerne beim Opa in der Metzgerei»,<br />

erzählt er. Später entschied<br />

er sich für eine Ausbildung als<br />

Menschen im Gesundheitswesen 5<br />

WARUM SO WENIG FRAUEN?<br />

Metzgerme<strong>ist</strong>er, weil er auch Lehrlinge<br />

unterrichten wollte. Seine<br />

Ausbildung dauerte volle sieben<br />

Jahre, denn neben der Lehre und<br />

der Me<strong>ist</strong>erprüfung musste er auch<br />

einen zweijährigen Lehrgang als<br />

Buchhalter absolvieren.<br />

Nachdem er in Deutschland eine<br />

Zeit lang in einem Restaurant gearbeitet<br />

hatte, beschloss Vicenzo Capizzi,<br />

sein Glück in der Schweiz zu<br />

versuchen: «Ich verschickte elf Bewerbungen<br />

an Metzgereien in der<br />

Region Basel und erhielt mehrere<br />

Angebote.» Den Job, den er bei Bell<br />

annahm, übte er allerdings nur<br />

einen Monat lang aus, dann kam die<br />

Offerte aus dem Kantonsspital.<br />

Buchhalter in der Küche<br />

Sein Buchhalterdiplom komme<br />

ihm bei seiner jetzigen Arbeit sehr<br />

zugute, sagt Capizzi. Er arbeitet in<br />

einem Büro, das durch eine Glaswand<br />

von der Grossküche des Spitals<br />

abgetrennt <strong>ist</strong>. Dutzende von<br />

Köchen und Küchengehilfen arbeiten<br />

hier an riesigen schwenkbaren<br />

Töpfen, es <strong>ist</strong> laut und überall steigt<br />

Dampf auf. Eine eigentliche Metzgerei<br />

gibt es nicht mehr, Capizzi<br />

muss sich in erster Linie um den<br />

Einkauf und die Qualitätskontrolle<br />

kümmern. Bei rund 2000 Menüs pro<br />

Tag keine einfache Sache! «Unsere<br />

Qualitätsstandards sind sehr hoch»,<br />

betont der Metzgerme<strong>ist</strong>er, «wir<br />

verwenden nur frisches Fleisch aus<br />

der Schweiz.» Mit Schaudern erinnert<br />

er sich an seinen Militärdienst,<br />

wo er 1990 einmal mit Fleisch kochen<br />

musste, das seit 1968 tiefgekühlt<br />

gewesen war. Giftig sei das<br />

zwar nicht, sagt er, «aber ich habe<br />

keinen Bissen davon gegessen».<br />

Dass er nicht mehr direkt als<br />

Metzger arbeitet, macht ihm nichts<br />

aus: «Es gefällt mir sehr, was ich<br />

hier mache», sagt er bege<strong>ist</strong>ert. «Es<br />

<strong>ist</strong> schön, wenn einem bei der Arbeit<br />

so viel Vertrauen entgegengebracht<br />

wird.» Vincenzo Capizzi <strong>ist</strong> da angekommen,<br />

wo er hinwollte: «Hier arbeiten<br />

zu dürfen, <strong>ist</strong> fantastisch.»<br />

Facharzt aus Kolumbien<br />

Auch Carlos H. Buitrago Téllez<br />

mag die Arbeit am Kantonsspital.<br />

Und seine Kolleginnen und Kollegen<br />

am Kantonsspital mögen ihn:<br />

Viele der ausländischen Angestellten im Gesundheitswesen sind Frauen.<br />

Sie für die <strong>Migrationszeitung</strong> zu einem Gespräch zu gewinnen, erwies sich<br />

jedoch als schwierig. «Was gibt es über mich schon zu schreiben», winkte<br />

eine Pflegerin ab, ein Argument, das es immer wieder zu hören gab.<br />

Vor allem die Frauen, die in Spitälern oder Altersheimen in der Reinigung<br />

tätig sind, sprechen kaum Deutsch oder haben Angst, sich bei ihrem<br />

Arbeitgeber mit falschen Äusserungen in ein schlechtes Licht zu rücken.


6<br />

Menschen im Gesundheitswesen<br />

Dr. med. Carlos Buitrago Téllez <strong>ist</strong> Facharzt für Diagnostische Radiologie.<br />

Die Dame an der Pforte <strong>ist</strong> entzückt,<br />

als sie den Namen des Oberarztes<br />

aus Kolumbien hört: «Oh», sagt sie,<br />

«das <strong>ist</strong> ein ganz Herziger!» Auch<br />

Buitrago Téllez strahlt, und auf dem<br />

Weg in die Cafeteria wird er immer<br />

wieder von Mitarbeitern oder Kolleginnen<br />

aufgehalten. «Das habe ich<br />

alles für die Presse arrangiert»,<br />

behauptet er augenzwinkernd.<br />

Carlos Buitrago Téllez <strong>ist</strong> Facharzt<br />

für Diagnostische Radiologie.<br />

Wissenschaftlich befasst er sich<br />

schwerpunktmässig mit der bildlichen<br />

Darstellung von Verletzungen<br />

und Missbildungen an Hals, Gesicht<br />

und Schädel, vor allem mittels Computertomografie<br />

oder Magnet-Resonanz-Imaging<br />

(MRI). Zurzeit arbeitet<br />

Buitrago Téllez, der auch als Privatdozent<br />

an der Universität Basel<br />

unterrichtet, an einem neuen System<br />

zur Diagnose von Brüchen der<br />

Gesichtsknochen. Bis jetzt wird dazu<br />

noch immer ein Klassifikationssystem<br />

aus dem Jahr 1901 verwendet.<br />

Weil es für heutige Verhältnisse<br />

zu ungenau <strong>ist</strong>, kann es therapeutische<br />

Entscheidungen schwierig machen.<br />

Das in Basel entwickelte System<br />

macht allerdings nur Sinn,<br />

wenn es weltweit angewandt wird.<br />

Und das wäre um ein Haar schief<br />

gegangen: Die Amerikaner sträubten<br />

sich.<br />

Amerikaner bezwungen<br />

Ende März – die US Army kämpfte<br />

gerade im Irak – versuchte Carlos<br />

Buitrago Téllez zusammen mit anderen<br />

europäischen Wissenschaftlern,<br />

unter anderem mit Joachim<br />

Prein, dem ehemaligen Chefarzt der<br />

Klinik für Wiederherstellende Chirurgie<br />

am Kantonsspital Basel, in<br />

einem Hotel in Texas die amerikanischen<br />

Ärzte zu überzeugen. «Wir<br />

haben drei Tage lang von 8 bis 19<br />

Uhr verhandelt», erzählt Buitrago<br />

Téllez. Und was der Uno im Irak<br />

nicht gelungen war, gelang dem kolumbianischen<br />

Radiologen: Er konnte<br />

die Amerikaner umstimmen und<br />

sie von den Vorteilen der Zusammenarbeit<br />

mit dem internationalen Basler<br />

Projekt überzeugen. «Für den<br />

Forschungsstandort Basel <strong>ist</strong> das<br />

sehr wichtig», betont er. Nun arbeitet<br />

er an der Weiterentwicklung des<br />

Systems.<br />

Carlos Buitrago Téllez lebt und<br />

arbeitet seit 1998 in Basel. Sein<br />

Grundstudium als Arzt absolvierte<br />

er in der kolumbianischen Hauptstadt<br />

Bogotá. Es sei ihm bald klar<br />

gewesen, dass er nach Europa wolle,<br />

erzählt er. Weil er sich auf die<br />

Bildgebung von Schädel- und Gesichtsverletzungen<br />

spezialisieren<br />

wollte, lag eine weitere Ausbildung<br />

im Ausland auf der Hand: Die tech-<br />

nische Ausrüstung <strong>ist</strong> in Kolumbien<br />

nicht auf dem gleichen Stand wie in<br />

Europa. Deutsch sprach der junge<br />

Doktor bereits: «Mein Vater hatte<br />

mich an ein deutschsprachiges<br />

Gymnasium geschickt», erzählt er,<br />

«und meine erste Freundin war eine<br />

Schweizerin.» Nach acht Jahren in<br />

Freiburg i.Br., wo er auch seinen<br />

Doktor machte, die Facharztprü-<br />

«<br />

fung ablegte und an der Universität<br />

unterrichtete, nahm er eine Stelle<br />

am Kantonsspital Basel an.<br />

«Yyschnuufe, uusschnuufe»<br />

Seit einem einjährigen Austausch<br />

mit dem Felix-Platter-Spital, wo er<br />

als Oberarzt und verantwortlicher<br />

ärztlicher Leiter der Radiologie<br />

arbeitete, spricht er auch etwas<br />

Schweizerdeutsch: «Yyschnuufe, uusschnuufe»,<br />

sagt er, «das sind die<br />

wichtigsten Wörter. Sonst reagieren<br />

die Patienten einfach nicht.» Der<br />

Kontakt mit ihnen sei ihm sehr<br />

wichtig. Wer sich die lange L<strong>ist</strong>e seiner<br />

Projekte ansieht – darunter<br />

auch ein Computerprogramm namens<br />

«Buitrago-CAFFAC» zur auto-<br />

matischen Klassifikation von Gesichtsbrüchen<br />

–, fragt sich, ob dieser<br />

Mann überhaupt noch ein Privatleben<br />

hat. Das hat er sehr wohl: Der<br />

Sohn seiner Schwester, die in Kolumbien<br />

lebt, besucht nämlich zur<br />

Zeit in Basel das Gymnasium. Der<br />

junge Mann wohnt bei seinem<br />

Onkel, der für ihn die Erziehungsberechtigung<br />

übernommen hat.<br />

Dem kolumbianischen Arzt und Wissenschafter<br />

<strong>ist</strong> es wohl hier, er möchte in der Schweiz<br />

bleiben.<br />

Dem kolumbianischen Arzt und<br />

Wissenschaftler <strong>ist</strong> es wohl hier, er<br />

möchte in der Schweiz bleiben. Was<br />

seine Arbeit betrifft, <strong>ist</strong> er momentan<br />

daran, eine gesamtschweizerische<br />

Arbeitsgruppe für Kopf- und<br />

Halsdiagnostik ins Leben zu rufen.<br />

Seine berufliche Zukunft sieht er in<br />

der Zusammenarbeit zwischen der<br />

Allgemeinen Radiologie und der<br />

Neuroradiologie, die sich mit dem<br />

Gehirn und den Nerven auseinander<br />

setzt. In diesem Gebiet <strong>ist</strong> er gegenwärtig<br />

als Oberarzt tätig: «Ich wage<br />

mich langsam von der Schädelbasis<br />

zum Gehirn vor», meint er lachend.<br />

Viel Geduld gefordert<br />

Auch Johnson Augustine lächelt<br />

Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03<br />

«


oft, obwohl seine Zukunft weniger<br />

klar <strong>ist</strong>. Seit vier Monaten arbeitet<br />

er im Pflegewohnheim auf dem Bruderholz,<br />

wo er sich um das «physische<br />

und psychische Wohlergehen<br />

der alten Leute» kümmert, wie er es<br />

formuliert. Johnson, wie ihn im Heim<br />

alle nennen, wäscht die Pensionäre<br />

und kleidet sie an, er hilft ihnen<br />

beim Aufstehen, sofern es noch<br />

geht, und serviert ihnen das Essen.<br />

Er erstellt Pläne für Therapien und<br />

Besuche und bespricht den Zustand<br />

seiner Patienten/-innen in langen<br />

Sitzungen mit seinen Kolleginnen<br />

und Kollegen. «Der Job <strong>ist</strong> nicht einfach»,<br />

sagt er, «man braucht viel<br />

Geduld.» Oft seien die Patienten/-innen<br />

ge<strong>ist</strong>ig verwirrt, er sei auch schon<br />

geschlagen worden. Aber er nimmt<br />

das Verhalten seiner Schützlinge<br />

nicht persönlich. Er plaudert mit<br />

ihnen, zum Beispiel übers Fernsehprogramm,<br />

macht Spiele und singt<br />

mit ihnen Lieder. «Es <strong>ist</strong> ein sehr<br />

interessanter Beruf», sagt er und<br />

lächelt.<br />

Johnson Augustine <strong>ist</strong> sich bewusst,<br />

dass sein Beruf bei Schweizerinnen<br />

und Schweizern wenig<br />

Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03<br />

Johnson Augustine kümmert sich um das «physische und psychische Wohlergehen der alten Leute».<br />

beliebt <strong>ist</strong>. Im Unterschied zu Indien,<br />

wo die Ausbildung als Krankenschwester<br />

oder -pfleger sehr<br />

geschätzt wird, würden die Leute in<br />

Europa eben mehr Wert darauf<br />

legen, ihr Leben zu geniessen, sagt<br />

er. «Wir Inder sind anders, wir<br />

haben einen Plan für die Zukunft.»<br />

Ob er seinen eigenen Plan realisieren<br />

kann, weiss Johnson Augustine<br />

nicht: «Eigentlich möchte ich so<br />

schnell wie möglich zurück nach<br />

Indien. Aber wer weiss, wie es kommen<br />

wird.»<br />

Johnson Augustine stammt aus<br />

dem südindischen Bundesstaat Ke-<br />

««<br />

Der Job <strong>ist</strong> nicht einfach, sagt er, man braucht<br />

viel Geduld.<br />

rala. Für seine Ausbildung zum<br />

Krankenpfleger schickten ihn seine<br />

Eltern in den etwas weiter nördlich<br />

gelegenen Staat Karnataka. Zusammen<br />

mit seiner Frau, die ebenfalls<br />

Krankenschwester <strong>ist</strong>, zog er vor<br />

gut zweieinhalb Jahren nach Wien.<br />

Seit diesem Frühling lebt das Paar<br />

im Gundeli.<br />

Unsichere Zukunft<br />

Was Johnson Augustine daran zweifeln<br />

lässt, ob seine Pläne realisier-<br />

bar sind, <strong>ist</strong> das Beispiel von Verwandten<br />

seiner Frau: Sie sind in<br />

Europa aufgewachsen und kennen<br />

Indien nur aus der Perspektive von<br />

Tour<strong>ist</strong>en. Johnson Augustine hat<br />

einen zweijährigen Sohn, und er<br />

weiss, dass auch dieser seine Wurzeln<br />

einmal in der Schweiz haben<br />

wird: «In Indien werden Beruf und<br />

Heirat von den Eltern vorgegeben.<br />

Unsere Kinder dagegen werden<br />

ihren eigenen Weg gehen.» Auf die<br />

Frage, welches System er denn bevorzuge,<br />

reagiert er verwundert:<br />

«Das indische natürlich. Ich bin dort<br />

geboren und aufgewachsen.» Und<br />

was sind die wichtigsten Unterschiede<br />

zwischen hier und dort?<br />

«Alles <strong>ist</strong> anders», erklärt er. «Alles.<br />

Das Klima, die Leute, die modernen<br />

Geräte im Heim.» Es herrsche hier<br />

eine völlig andere Kultur als bei ihm<br />

zuhause. «Ich wäre lieber in Indien<br />

bei meiner Familie», sagt Johnson<br />

Augustine und lächelt zum Abschied.<br />

Andreas Merz<br />

Menschen im Gesundheitswesen 7<br />

FRAGEN<br />

3Dr. Carlo Conti, Vorsteher<br />

des Sanitätsdepartements<br />

Basel-Stadt<br />

Ohne Migrantinnen und Migranten<br />

würde das Schweizer Gesundheitswesen<br />

nicht funktionieren.<br />

Nehmen wir an, Sie hätten die<br />

Möglichkeit, direkt zu diesen<br />

Leuten zu sprechen: Was würden<br />

Sie ihnen sagen?<br />

Tatsächlich <strong>ist</strong> es so, dass in den<br />

Spitälern und Pflegeheimen ohne unsere<br />

ausländischen Arbeitnehmerinnen und<br />

Arbeitnehmer ein geordneter Betrieb<br />

kaum mehr möglich wäre. Dank ihrer<br />

Mitarbeit in verschiedensten Funktionen<br />

stellen sie nicht nur die Gesundheitsversorgung<br />

sicher, sondern le<strong>ist</strong>en auch<br />

einen Beitrag zur gelebten Integration<br />

von Ausländerinnen und Ausländern.<br />

Die Pflegeberufe sind bei<br />

Schweizerinnen und Schweizern<br />

nicht besonders beliebt: Es gibt<br />

viele Klagen wegen Überstunden<br />

und Unterbezahlung. Gleichzeitig<br />

dreht sich im Gesundheitswesen<br />

die Kostenspirale. Wie lässt sich<br />

dieses Problem lösen?<br />

Diese Aussage stimmt so nicht. Es gibt<br />

viele Leute, die den Pflegeberuf aus<br />

Überzeugung wählen und mit grossem<br />

Engagement ausüben. <strong>Aller</strong>dings trifft<br />

zu, dass der Arbeitsdruck auf das<br />

Personal besonders im Akutbereich in<br />

den letzten Jahren enorm zugenommen<br />

hat. Ich bin mir dessen sehr bewusst.<br />

Zutreffend <strong>ist</strong> aber auch, dass es die<br />

Pflicht der Regierung <strong>ist</strong> – nebst der<br />

Forderung nach einer guten Qualität –,<br />

darauf zu achten, dass die Kosten nicht<br />

aus dem Ruder laufen. Patentlösungen<br />

gibt es nicht. Die Spitäler sind jedoch<br />

gefordert, optimale Lösungen zu erarbeiten,<br />

beispielsweise durch eine<br />

Entlastung der Pflegenden im admin<strong>ist</strong>rativen<br />

Bereich und eine Optimierung<br />

der Arbeitsabläufe.<br />

Ihre Vorfahren kommen aus dem<br />

Tessin, waren also in gewissem<br />

Sinne auch Migranten. Wie kam<br />

Ihre Familie nach Basel?<br />

Ich selbst stamme aus Croglio im<br />

Tessin. Meine Eltern haben sich in Basel<br />

kennen gelernt und ich bin hier aufgewachsen.


8<br />

Interview<br />

Dr. med. Peter Flubacher <strong>ist</strong> Hausarzt in einer Gemeinschaftspraxis.<br />

«Richtige Simulanten sind höchst selten»<br />

Dr. med. Peter Flubacher <strong>ist</strong> Hausarzt in der Gemeinschaftspraxis an der Basler Hammerstrasse. 50 Prozent<br />

seiner Patienten/-innen sind Ausländer/-innen, Asylsuchende, Eingewanderte und Flüchtlinge. Simulanten/<br />

-innen seien eine äusserst seltene Ausnahme.<br />

<strong>Migrationszeitung</strong>: Peter Flubacher,<br />

seit über 20 Jahren behandeln Sie in<br />

Basel Flüchtlinge, Migranten/-innen,<br />

Asylsuchende. Mit welchen Beschwerden<br />

kommen heute die Menschen<br />

aus Afrika, Lateinamerika<br />

oder Asien zu Ihnen in die Praxis?<br />

Peter Flubacher: In unserer Praxis<br />

betreuen wir entsprechend der Bevölkerungsstruktur<br />

des Matthäusquartiers<br />

viele Menschen, die aus<br />

dem Ausland eingewandert sind, es<br />

<strong>ist</strong> ungefähr die Hälfte unserer Patienten/-innen.<br />

Die Mehrzahl stammte<br />

aus der Türkei, Italien, Spanien,<br />

dem ehemaligen Jugoslawien, Einzelne<br />

auch aus Osteuropa oder aus<br />

aussereuropäischen Ländern. Ursprünglich<br />

haben wir gemeint, dass<br />

Leute aus dem ferneren Ausland<br />

teils wegen exotischer Krankheiten<br />

medizinische Hilfe benötigen. Das<br />

hat sich nicht bestätigt. Es bestehen<br />

kaum Unterschiede zu den Beschwerden<br />

der einheimischen Bevölkerung.<br />

Nur ganz selten haben<br />

wir mit solchen Fällen zu tun, was<br />

aus medizinischer Sicht natürlich<br />

spannend <strong>ist</strong>. So habe ich kürzlich<br />

einen afrikanischen Patienten mit<br />

einer bei uns unbekannten Krankheit<br />

(intestinale Bilharziose) gesehen.<br />

Da war ich für die Unterstützung<br />

durch das Tropeninstitut dankbar.<br />

In der Bevölkerung munkelt man,<br />

Migranten/-innen würden Krankheiten<br />

vortäuschen, um sich hier den<br />

Aufenthalt zu erschleichen und sich<br />

auf Kosten der Allgemeinheit behandeln<br />

zu lassen. Welches sind Ihre<br />

Erfahrungen?<br />

Auch ich habe manchmal mit Leuten<br />

zu tun, die wegen eines negativen<br />

Asylentscheides ein Leiden auf-<br />

«<br />

bauschen oder die einfach nicht<br />

mehr arbeiten und von einer Rente<br />

profitieren wollen. Das sind Fälle,<br />

die uns allen sehr zu schaffen machen.<br />

Da muss klar Stellung bezogen<br />

werden gegenüber solchen Patienten/-innen,<br />

den Versicherungen<br />

und anderen involvierten Stellen.<br />

Verflixt <strong>ist</strong> eben, dass ich mich in<br />

meiner Beurteilung auch täuschen<br />

kann. Wer kennt nicht Berichte von<br />

Schweizer Patienten/-innen, die sich<br />

beklagen, sie seien bei zig Ärzten/<br />

-innen gewesen und als Simulant/-in<br />

Die ausländischen Patienten, von denen hier die<br />

Rede sein soll, gehören me<strong>ist</strong> der untersten<br />

sozialen Schicht an.<br />

abgestempelt worden, bis endlich jemand<br />

die richtige Diagnose gestellt<br />

habe.<br />

Zurück zu Ihrer Frage: Es wäre<br />

blauäugig, so zu tun, als gebe es unter<br />

der ausländischen Bevölkerung<br />

nicht auch solche, die unehrlich<br />

sind und das System ausnützen. Die<br />

me<strong>ist</strong>en unserer ausländischen Patienten/-innen<br />

sind ja zum Glück<br />

Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03<br />

«


nicht so. Der Pass hat doch nichts<br />

mit den Charaktereigenschaften<br />

eines Menschen zu tun!<br />

Wie bewerten Sie solche seltenen<br />

Fälle von Simulierenden?<br />

Auf richtige Simulanten/-innen treffen<br />

wir vermutlich höchst selten.<br />

Doch gibt es Menschen, bei denen<br />

der Eindruck entsteht, ein Krankheitszeichen<br />

sei der willkommene<br />

Anlass, sich aus der Verantwortung<br />

zu stehlen, sich aus dem Erwerbsleben<br />

zurückzuziehen und frühzeitig<br />

in Rente zu gehen. Diese Fälle sind<br />

sehr mühsam.<br />

Wissen Sie, ich bin ein Anhänger<br />

des Sozialstaates. Es waren jahrzehntelange<br />

Kämpfe der Arbeiterund<br />

Gewerkschaftsbewegung dafür<br />

nötig. Für unser gut ausgebautes<br />

System sind solche Missbräuche<br />

nicht gut. Es wurde nicht für Faule<br />

und Profiteure geschaffen, sondern<br />

für die, die es wirklich benötigen.<br />

Gerade aus meiner Sorge um unsere<br />

Sozialwerke halte ich es für eine<br />

ganz perfide Sache, wie zurzeit von<br />

politisch ausländerfeindlichen Parteien<br />

vereinzelte Fälle hochgeschaukelt<br />

werden, um unser bewährtes<br />

Sozialversicherungssystem als Ganzes<br />

in Misskredit zu bringen. Die<br />

allerme<strong>ist</strong>en unserer Patienten/-innen,<br />

seien sie nun aus der Türkei, aus<br />

dem Kosovo, Sri Lanka, Afrika, der<br />

Schweiz oder Serbien, sind anständige,<br />

vernünftige Menschen. Sie<br />

gehen ihrer Arbeit nach, versuchen,<br />

ihre Kinder zu verantwortungsbewussten<br />

Menschen zu erziehen, und<br />

respektieren andere Menschen gleich<br />

welcher Hautfarbe oder Religion,<br />

ohne dass sie dabei ihre Herkunft<br />

verleugnen und ihr kulturelles Erbe<br />

vernachlässigen würden.<br />

Wie gehen Sie bei unklaren Fällen<br />

vor?<br />

Als Hausärzte/-innen sind wir gezwungen,<br />

unsere Arbeitshypothesen<br />

(Diagnosen) immer wieder in Frage<br />

zu stellen. Natürlich gibt es «einfache»<br />

Diagnosen wie beispielsweise<br />

eine schwere Herzerkrankung – «einfach»<br />

in dem Sinn, dass die Krankheit<br />

klar benannt werden kann. Es<br />

stellt sich dann die Frage, ob es dem<br />

Patienten wegen seines Herzproblems<br />

schlecht geht oder ob andere<br />

Gründe dafür verantwortlich zu<br />

machen sind.<br />

Können Sie ein Beispiel nennen?<br />

Gestern habe ich eine 40-jährige<br />

Schweizerin gesehen. Als Bankangestellte<br />

<strong>ist</strong> sie die einzige Ernährerin<br />

der Familie. Der Mann schaut zu<br />

den Kindern, er <strong>ist</strong> Hausmann. Die<br />

Frau <strong>ist</strong> seit einigen Monaten depressiv<br />

und steht deswegen in regelmässiger<br />

psychiatrischer Behand-<br />

Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03<br />

lung. Auslöser der Depression <strong>ist</strong> –<br />

da sind sich der Psychiater und ich<br />

einig – die gespannte Situation am<br />

Arbeitsplatz, wo Entlassungen angekündigt<br />

worden sind. Die Patientin<br />

<strong>ist</strong> fest davon überzeugt, dass sie<br />

ihre Stelle verlieren werde, da sie<br />

schon mehrmals wegen mangelnder<br />

« Es wäre blauäugig, so zu tun, als gebe es unter<br />

der ausländischen Bevölkerung nicht auch solche,<br />

die unehrlich sind und das System ausnützen.<br />

Le<strong>ist</strong>ung kritisiert worden sei. Was<br />

kann ich als Arzt angesichts dieses<br />

Umstands tun? Die Antidepressiva<br />

(Medikamente gegen Depressionen)<br />

haben kaum etwas genützt. Dieses<br />

Beispiel zeigt, wie wichtig Arbeit,<br />

Familie und Finanzen (so genannte<br />

sozioökonomische Faktoren) für<br />

Wohlbefinden und Selbstwertgefühl<br />

eines Menschen sind. Die Medizin<br />

kann solche Faktoren nicht beeinflussen.<br />

Wer je arbeitslos war, versteht<br />

genau, was ich meine.<br />

Wie gehen Sie mit dem anderen kulturellen<br />

Hintergrund, den Migrantinnen<br />

und Migranten mitbringen,<br />

in Ihrer Praxis um?<br />

In der Regel frage ich die Patienten/<br />

-innen, was ihrer Meinung nach ihr<br />

Leiden verursacht habe und was sie<br />

von mir in Sachen Abklärung und<br />

Behandlung erwarten. Ich versuche<br />

so, die Patienten/-innen in den Prozess<br />

von Diagnose und Behandlung<br />

einzubeziehen. Das <strong>ist</strong> das partner-<br />

schaftliche Modell, das unserem<br />

modernen Verständnis von Medizin<br />

entspricht und nach dem ich praktiziere.<br />

Das kommt nicht immer gut<br />

an und wird so interpretiert, als ob<br />

ich als Arzt nicht wüsste, was zu tun<br />

sei. Eine solche Abwehrhaltung können<br />

wir natürlich auch bei Schweizern/-innen<br />

treffen. Ein Hausarztkollege<br />

aus dem Emmental hat mir in<br />

dem Zusammenhang erzählt, dass<br />

ihm einer sagte: «Du bisch der Döktu,<br />

du muesch es wüsse!» Gezielte<br />

Fragen nach dem psychosozialen<br />

Umfeld helfen uns, die Lebenswelt<br />

unserer Patienten/-innen besser zu<br />

verstehen und uns entsprechend<br />

darauf einzustellen.<br />

Was machen Sie bei sprachlichen<br />

Verständigungsschwierigkeiten?<br />

Häufig müssen wir zum Übersetzen<br />

mit Familienangehörigen vorlieb nehmen.<br />

Aus verschiedenen Gründen<br />

sind jedoch Familienangehörige als<br />

Übersetzer/-innen denkbar ungeeignet.<br />

Deshalb arbeite ich wenn nötig<br />

mit einer professionellen Übersetzerin<br />

zusammen, zum Beispiel, wenn<br />

ich einer Patientin die Möglichkeit<br />

geben möchte, ihre eigene Geschichte<br />

zu erzählen, oder wenn es<br />

eine eingreifende Untersuchung<br />

vorzubereiten gilt oder wenn es darum<br />

geht, eine Diagnose genau zu<br />

erklären und über die damit verbundenen<br />

Ängste zu reden.<br />

Haben Sie Verbesserungsvorschläge<br />

für die medizinische Betreuung der<br />

Migranten/-innen?<br />

Im Vergleich zu anderen Orten läuft<br />

bei uns in Basel vieles gut, doch <strong>ist</strong><br />

zum Erreichten Sorge zu tragen,<br />

und es sind gewisse Verbesserungen<br />

nötig.<br />

Ein echter Mangel <strong>ist</strong> in der psychiatrischen<br />

Versorgung auszumachen.<br />

Gerade hier, wo die Kommunikation<br />

extrem wichtig <strong>ist</strong>, fehlt es<br />

an Fachpersonal, das die Sprache<br />

der Patienten/-innen spricht. (In der<br />

interdisziplinären, interinstitutionellen<br />

Arbeitsgruppe «Interdisziplinäre<br />

Psychiatrie» wird dieser Missstand<br />

immer wieder diskutiert.)<br />

Das Arbeiten mit professionellen<br />

Dolmetschern/-innen sollte nicht<br />

auf die psychiatrischen Kliniken<br />

und einige Polikliniken beschränkt<br />

sein, sondern in allen medizinischen<br />

Institutionen zu einer Selbstverständlichkeit<br />

werden. Als positives<br />

Beispiel speziell hervorheben möchte<br />

ich die Multikulturelle Suchtberatungsstelle<br />

Basel (MUSUB), welche<br />

für Süchtige und deren Familien<br />

psychologische Beratung anbietet.<br />

Die Betroffenen können sich in ihrer<br />

Muttersprache unterhalten, was<br />

ein grosses Plus <strong>ist</strong>. Denn dies <strong>ist</strong> ja<br />

in vielen Arztpraxen und Spitälern<br />

leider nicht gewährle<strong>ist</strong>et.<br />

««<br />

Wir dürfen stolz darauf sein, dass wir keine<br />

‘amerikanischen’ Verhältnisse haben.<br />

Wer bezahlt die Behandlung von Migranten/-innen?<br />

Durch die obligatorische Krankenversicherung<br />

sind alle in der Schweiz<br />

lebenden Menschen versichert. Für<br />

die sozialhilfeabhängigen Asylsuchenden<br />

gibt es eine spezielle Versicherung,<br />

die nach dem HMO-Prinzip<br />

funktioniert. Bund und Kanton<br />

übernehmen sämtliche Kosten. Das<br />

<strong>ist</strong> die einzige Ausnahme. Doch sobald<br />

Asylsuchende Geld verdienen,<br />

müssen sie, wie alle anderen, für die<br />

Krankenkassenversicherung selber<br />

aufkommen.<br />

«<br />

Interview: Wolf Südbeck-Baur<br />

FACTS& FIGURES<br />

80 Prozent aller Menschen<br />

haben keinen Zugang zu sauberem<br />

Trinkwasser.<br />

Interview 9<br />

FRAGEN<br />

3Dr. med. Anke Ronsdorf,<br />

Oberärztin der Notfall-<br />

und Intensivstation der<br />

Medizinischen Klinik<br />

Liestal<br />

Warum kommen Migranten/-innen<br />

häufiger in die Notaufnahme?<br />

Weil es in ihren Herkunftsländern in<br />

der Regel keine Hausärzte gibt. Man<br />

geht dort zum Arzt ins Spital. Von<br />

daher kann ich klar bestätigen, dass<br />

Migranten/-innen häufig zu uns<br />

kommen.<br />

Wie gehen Sie damit um?<br />

Wir versuchen, auf diese Patienten<br />

einzugehen, weisen aber auch darauf<br />

hin, dass es niedergelassene Ärzte gibt,<br />

die sie beim nächsten Arztbesuch<br />

möglicherweise aufsuchen könnten.<br />

Speziell bei Patientinnen, die unserer<br />

Sprache nicht so mächtig sind,<br />

versuchen wir Kontakt herzustellen<br />

mit Ärzten, die aus dem Herkunftsland<br />

der Patientin kommen.<br />

In der Region Basel denke ich insbesondere<br />

an niedergelassene Ärzte, die<br />

Türkisch sprechen, da das eine Klientel<br />

<strong>ist</strong>, die wir häufiger sehen.<br />

In akuten Notfällen leiten wir rasch die<br />

nötige Behandlung ein. In lebensbedrohlichen<br />

Situationen versuchen wir durch<br />

Angehörige die Verständigung mit dem<br />

Patienten herzustellen und Informationen<br />

zu vermitteln.<br />

Das <strong>ist</strong> eine schlechte, aber oft nicht<br />

zu vermeidende Variante. Für uns <strong>ist</strong> es<br />

relativ schwierig, im Notfall türkische<br />

Dolmetscher zu bekommen. Es wäre<br />

darum sicherlich gut, wenn wir einen<br />

Pool von Dolmetschern hätten.<br />

Für einige Sprachen trifft das zwar zu,<br />

für die me<strong>ist</strong>en jedoch nicht.<br />

Reagieren Migranten, Migrantinnen<br />

aggressiv oder werden gar gewalttätig,<br />

wenn sie sich sprachlich nicht<br />

verständlich machen können?<br />

Nein, das erleben wir auf der<br />

Notfallstation äusserst selten. Die<br />

me<strong>ist</strong>en kommen mit einer Frage oder<br />

einer Bitte. Me<strong>ist</strong>ens gelingt es uns<br />

auch mit der Hilfe von Spitalangestellten,<br />

einen Weg zu finden.


10<br />

Bundesamt für Gesundheit<br />

Sprachliche und kulturelle<br />

Gesundheitsbarrieren überwinden<br />

Bei der Gesundheitsversorgung der Migrationsbevölkerung hapert es. Schuld sind vor allem Sprach- und<br />

Kulturbarrieren. Nun sollen eine transkulturelle Ausbildung, professionelle Sprachmittler/-innen sowie spezielle<br />

Angebote für Foltertraumatisierte und migrationsspezifische Aids-Kampagnen Abhilfe schaffen.<br />

Nur ein Mal ohne, und du könntest mit Aids infiziert werden. Stop Aids. (Thai)<br />

Streichübungen im Bereich Migration<br />

und Gesundheit sind ein<br />

Bumerang. Denn die Programme,<br />

die zur Zeit vom Bundesamt für<br />

Gesundheit (BAG) realisiert werden,<br />

sollen nicht nur die prekäre Gesundheitssituation<br />

der Migrationsbevölkerung<br />

verbessern, sondern<br />

auch die Kosten senken. «Migrantinnen<br />

und Migranten kennen unser<br />

Gesundheitssystem schlecht. Dass<br />

man zu einem Hausarzt geht, <strong>ist</strong> vielen<br />

nicht bekannt, weil in den<br />

Herkunftsländern solche Modelle<br />

nicht ex<strong>ist</strong>ieren. Stattdessen geht<br />

man oft schon bei Bagatellen direkt<br />

ins Spital, womöglich sogar via<br />

Notfall», umreisst Thomas Spang<br />

von der BAG-Fachstelle Migration<br />

und Gesundheit die Problematik.<br />

Bund mit neuer Strategie<br />

Zum Teil können geeignete admin<strong>ist</strong>rative<br />

Regelungen weiterhelfen.<br />

Im Asylbereich fordert eine Verordnung<br />

des Bundesamts für Flüchtlinge<br />

die Kantone dazu auf, dass<br />

Asylbewerber/-innen medizinische<br />

FACTS& FIGURES<br />

Die gemäss WHO gesündesten<br />

Menschen der Erde – die Griechen<br />

– verspeisen pro Kopf und Jahr<br />

200 kg Gemüse mit viel Olivenöl.<br />

Le<strong>ist</strong>ungen nur via einen bestimmten<br />

Arzt beziehen können. Doch<br />

auch dann braucht es für eine effiziente<br />

und Kosten sparende Behandlung<br />

eine korrekte Diagnose. Voraussetzung<br />

dafür <strong>ist</strong> eine störungsfreie<br />

Kommunikation.<br />

«Dem stehen sowohl sprachliche<br />

als auch soziokulturelle Barrieren gegenüber»,<br />

erklärt Spang. Es brauche<br />

dringend mehr transkulturelle Kompetenz<br />

auf Seiten des Gesundheitspersonals<br />

und den Beizug ausgebildeter<br />

Dolmetscher/-innen. Spang:<br />

«Jeder Arzt weiss, dass die Folgekosten<br />

von Missverständnissen –<br />

ST P AIDS<br />

Nr. MD015 Bundesamt für Gesundheit, in Zusammenarbeit mit der Aids-Hilfe Schweiz. www.stopaids.ch<br />

cR DDB Basel<br />

etwa das nicht korrekte Verstehen<br />

einer Diabetes-Diät – ein Vielfaches<br />

eines Übersetzerhonorars betragen.»<br />

Nun will der Bund diese Probleme<br />

mit einem umfassenden Massnahmenpaket<br />

angehen. Die medizinischen<br />

Angebote sollen besser auf<br />

die spezifische Situation von Flüchtlingen<br />

und Migranten/-innen abgestimmt<br />

werden. Gleichzeitig will die<br />

neue Bundesstrategie «Migration<br />

und Gesundheit 2002–2006» auch<br />

den Zugang zu Präventions- und<br />

Therapiemöglichkeiten erleichtern.<br />

Unter anderem sind folgende Schwerpunkte<br />

geplant:<br />

Brich den Talisman des Tabus, le<strong>ist</strong>e Widerstand gegen Aids! Stop Aids. (Kurdisch-Sorani)<br />

• Aus- und Weiterbildung des Gesundheitspersonals<br />

• Informationen für Migrantinnen<br />

und Migranten zum Gesundheitssystem<br />

• Migrationsspezifische Aidskampagnen<br />

• Spezielle Therapieangebote für<br />

Kriegs- und Foltertraumatisierte<br />

Sprachmitteln braucht emotionale<br />

D<strong>ist</strong>anz<br />

«Tätigkeiten wie Dolmetschen<br />

und interkulturelle Vermittlung müssen<br />

professionalisiert werden. Wir<br />

wollen zertifizierte Ausbildungsangebote<br />

für Dolmetscher/-innen<br />

schaffen», meint Spang. Auch soll<br />

die transkulturelle Kompetenz im<br />

Gesundheitssystem in Pflege, Medizin<br />

und Management durch Weiterbildungsangebote<br />

gefördert werden.<br />

In diesen Zusammenhang<br />

gehört auch der vom BAG mitfinanzierte<br />

Videofilm «Trialog – Dolmetschen<br />

im Gesundheitsbereich». Das<br />

Video wurde vom Verein Interpret’<br />

in Bern in Zusammenarbeit mit dem<br />

Universitätsspital Genf produziert<br />

und stellt verschiedene Schlüsselsituationen<br />

im Bereich des Sprachmittelns<br />

in Spitälern vor. Manuela<br />

Blanchard, Geschäftsleiterin von<br />

Interpret’: «Das Video eignet sich<br />

vor allem zur Weiterbildung von<br />

Pflegepersonal und Dolmetschenden.<br />

Es thematisiert auch, was bei<br />

der Arbeit mit unqualifizierten<br />

Übersetzern/-innen alles schief gehen<br />

kann, und zeigt Verbesserungs-<br />

ST P AIDS<br />

Nr. MD011 Bundesamt für Gesundheit, in Zusammenarbeit mit der Aids-Hilfe Schweiz. www.stopaids.ch<br />

cR DDB Basel<br />

Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03


möglichkeiten auf.» Noch viel wichtiger<br />

als im Spitalalltag sei das<br />

Übersetzen jedoch bei der Behandlung<br />

von Kriegs- und Foltertraumas.<br />

Foltertrauma braucht spezielle<br />

Behandlung<br />

«Hier <strong>ist</strong> es besonders wichtig,<br />

dass speziell ausgebildete Sprachmittler/-innen<br />

beigezogen werden,<br />

die insbesondere eine emotionale<br />

D<strong>ist</strong>anz wahren können», so Blanchard.<br />

Dies <strong>ist</strong> me<strong>ist</strong> nicht der Fall,<br />

wenn jemand eine/-n Bekannte/-n<br />

oder Verwandte/-n als Sprachmittler/-in<br />

mitbringt. Denn die Gefahr<br />

<strong>ist</strong> gross, dass diese Personen ihre<br />

eigene Sicht der Dinge einbringen,<br />

statt neutral zu übersetzen. Zudem<br />

wollen Foltertraumatisierte entwürdigende<br />

Erlebnisse wie zum Beispiel<br />

eine Vergewaltigung verständlicherweise<br />

nicht im Freundes- und Familienkreis<br />

publik machen. Noch mangelt<br />

es in der Schweiz allerdings an<br />

Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03<br />

spezifischen Therapieangeboten für<br />

traumatisierte Migrantinnen und Migranten.<br />

Insbesondere Asylsuchende<br />

haben gegenwärtig lediglich Zugang<br />

zu Traumatherapien im Rahmen<br />

des Le<strong>ist</strong>ungsangebots gemäss<br />

Bundesgesetz über die Krankenversicherung.<br />

«Langfr<strong>ist</strong>ig angelegte<br />

Behandlungen machen aber wenig<br />

Sinn, solange Status und Dauer des<br />

Aufenthalts nicht geregelt sind»,<br />

meint Beatrice Reusser vom Bundesamt<br />

für Flüchtlinge. Man sei deshalb<br />

dabei, im Rahmen der neuen<br />

«Strategie Migration und Gesundheit»<br />

niederschwellige und kurzfr<strong>ist</strong>ige<br />

Behandlungsangebote zu entwickeln.<br />

«Beispielsweise könnten<br />

traumatisierte Asylsuchende in speziellen<br />

Unterbringungsstrukturen<br />

psychologisch begleitet und stabilisiert<br />

werden», erläutert Reusser. Das<br />

Ethnologisch-Psychologische Zentrum<br />

Zürich erprobt zur Zeit entsprechende<br />

Modelle. Durch solche<br />

Produkte des BAG<br />

1 Migration und Gesundheit – strategische Ausrichtung des Bundes 2002–2006.<br />

Vollfassung: 67 Seiten. BAG: 2003. Kurzfassung: 18 Seiten. BAG: 2003<br />

Die Strategie «Migration und Gesundheit 2002–2006» <strong>ist</strong> das Resultat einer breiten Untersuchung<br />

im Migrationsbereich. Anhand der fünf definierten Interventionsachsen werden mit Massnahmen<br />

verschiedene Zielsetzungen angestrebt. In die Umsetzung der Strategie eingebunden sind vom<br />

Thema betroffene Bundesämter sowie Organisationen. Die Vollfassung der Broschüre gibt es auf<br />

Deutsch, Französisch und Italienisch. Die Kurzversion ex<strong>ist</strong>iert in 13 Sprachen: Albanisch, Arabisch,<br />

Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Kroatisch, Portugiesisch, Russisch, Serbisch, Spanisch,<br />

Tamilisch, Türkisch. Sie kann als PDF heruntergeladen werden unter:<br />

www.suchtundaids.bag.admin.ch/themen/migration/strategie/index.html?language=de&schriftgrad=<br />

Bestellung bei: Fachstelle Migration und Gesundheit (BAG),<br />

migrationundgesundheit@bag.admin.ch,<br />

www.suchtundaids.bag.admin.ch/themen/migration/doku/publikationen/00852/index.html?<br />

language=de&schriftgrad=<br />

2 Was bedeuten HIV und Aids? Aktualisiertes Wissen zu HIV/Aids für Migranten/-innen.<br />

11 Seiten. BAG: 2000. Neuauflage Ende 2003.<br />

Die Broschüre ex<strong>ist</strong>iert in 14 Sprachen: Albanisch, Arabisch, Deutsch, Englisch, Französisch,<br />

Italienisch, Kroatisch, Portugiesisch, Rumänisch, Russisch, Somali, Spanisch, Tamilisch, Türkisch.<br />

Sie kann als PDF heruntergeladen werden unter:<br />

www.suchtundaids.bag.admin.ch/themen/migration/doku/publikationen/01175/index.html?<br />

language=de&schriftgrad=<br />

Bestellung bei: Aids-Hilfe Schweiz, bestellungen@aids.ch, www.aids.ch<br />

3 TRIALOG. L’interprétariat en milieu médical / Dolmetschen im Gesundheitswesen /<br />

L’interpretazione in campo medico. Autoren/-innen: Regula Pickel, Alexander Bischoff,<br />

Louis Loutan. Hôpitaux Universitaires de Genève (HUG): 2002.<br />

Das Video «Trialog» soll den Lernprozess in der Arbeit mit Dolmetscher/-innen im Gesundheitswesen<br />

erleichtern. Vier Gespräche stehen darin beispielhaft für vier unterschiedliche klinische Situationen.<br />

Sie helfen, die Facetten in einer therapeutischen Dreiecksbeziehung zu entdecken, und geben Tipps<br />

für den Umgang mit ihnen. Das VHS-Video mit Handbuch <strong>ist</strong> auf Deutsch, Französisch und Italienisch<br />

erhältlich. Dauer: 32 Min. Bestellung bei: Interpret, www.inter-pret.ch/d/trialog.htm<br />

4 Mit anderen Worten. Dolmetschen in Behandlung, Beratung und Pflege.<br />

Autoren: Alexander Bischoff, Louis Loutan. 56 Seiten.<br />

Hôpitaux Universitaires de Genève (HUG): 2000.<br />

Dieser Leitfaden soll den Einstieg in Patientengespräche mit Fremdsprachigen erleichtern und richtet<br />

sich an Berufstätige in Gesundheits- und Sozialbereich sowie an Dolmetscherinnen und Dolmetscher,<br />

die in diesen Bereichen tätig sind. Diese Broschüre gibt es auf Deutsch und Französisch.<br />

Bestellung bei: Hôpitaux Universitaires de Genève (HUG), Infotheque-Multimedia@hcuge.ch<br />

massgeschneiderten, niederschwelligen<br />

Betreuungsformen sollen die<br />

betroffenen Gruppen nicht nur besser<br />

erreicht werden. Auch die Kosten<br />

liegen voraussichtlich bis zu<br />

zwei Drittel tiefer als bei einer Behandlung<br />

in einer psychiatrischen<br />

Klinik, schätzt Reusser.<br />

Aids-Prävention unter die Leute<br />

tragen<br />

Doch nicht nur der Umgang mit<br />

Kriegs- und Folteropfern stellt das<br />

Gesundheitssystem vor neue Herausforderungen.<br />

Auch die Aids-Prävention<br />

entpuppt sich wegen Kommunikations-<br />

und Kulturbarrieren<br />

als Knacknuss. So liegt die Infektionsrate<br />

etwa bei Migranten/-innen<br />

aus dem Subsahara-Bereich überdurchschnittlich<br />

hoch. «Aids <strong>ist</strong> in<br />

dieser Bevölkerungsgruppe ein tabuisiertes<br />

Thema. Wir suchen deshalb,<br />

mit Unterstützung von Schlüsselpersonen<br />

Präventionsbotschaften<br />

Bundesamt für Gesundheit 11<br />

auf informellem und mündlichem<br />

Weg in die Subsahara-Communities<br />

zu tragen und die Tabuisierung zu<br />

durchbrechen», erklärt Thomas<br />

Spang. Daneben hat das BAG diesen<br />

Frühling eine breit angelegte<br />

Stop-Aids-Kampagne mit Plakaten<br />

in über einem Dutzend Sprachen<br />

gestartet. Spang: «Die an die Migrationsbevölkerung<br />

gerichteten Botschaften<br />

wurden gemeinsam mit<br />

Angehörigen der jeweiligen Sprachgruppen<br />

entwickelt und nehmen auf<br />

die spezifischen soziokulturellen<br />

Aspekte Rücksicht.»<br />

Elias Kopf<br />

Weitere Informationen<br />

Fachstelle Migration und Gesundheit<br />

im BAG:<br />

www.suchtundaids.bag.admin.ch/<br />

themen/migration<br />

Gesundheitsangebote für Migrantinnen<br />

und Migranten im Raum Basel:<br />

www.integration-bsbl.ch<br />

(Suchwort: Gesundheit).<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

5 Gesundheitswegweiser Schweiz. Herausgeber: Bundesamt für Gesundheit,<br />

Schweizerisches Rotes Kreuz (SRK), Caritas Schweiz. 63 Seiten. 2001.<br />

Der Gesundheitswegweiser gibt Auskunft zur medizinischen Versorgung in der Schweiz und erläutert<br />

wichtige Gesetze und Regelungen wie die Kranken- oder die Invalidenversicherung. Er enthält zudem<br />

die Adressen der wichtigsten Anlaufstellen im Gesundheitsbereich.<br />

Die Broschüre <strong>ist</strong> kostenlos in 19 Sprachen erhältlich: Albanisch, Arabisch, Bosnisch, Deutsch,<br />

Englisch, Farsi, Französisch, Italienisch, Kroatisch, Portugiesisch, Russisch, Serbisch, Somali,<br />

Spanisch, Tamilisch, Thailändisch, Türkisch, Urdu, Vietnamesisch.<br />

Bestellung bei: BBL, www.bbl.admin.ch/de/bundespublikationen/shop/alle<br />

6 Bedeutung einer migrationsspezifischen Drogenarbeit und deren Folgen für die Praxis.<br />

38 Seiten. BAG: 2002.<br />

Diese Broschüre basiert auf den Ergebnissen der Studie «Migration und Drogen», die vom Institut für<br />

Ethnologie der Universität Bern (Verfasserin: D. Domenig) im Auftrag des Bundesamtes für<br />

Gesundheit (BAG) erstellt wurde. Sie richtet ihren Fokus einerseits auf die Interaktion zwischen<br />

Fachpersonen und Klienten/-innen mit Migrationshintergrund, andererseits auf die Institutionen<br />

selbst. Dabei werden die gegenwärtige Situation hinsichtlich der transkulturellen Praxis im Drogenbereich<br />

analysiert sowie Wege einer schrittweise Umsetzung einer vermehrten Verankerung der<br />

transkulturellen Kompetenz, die nicht nur für den Drogenbereich handlungsweisend sind, aufgezeigt.<br />

In diesem Sinne <strong>ist</strong> die vorliegende Broschüre als Diskussionsbeitrag und Denkanstoss im Hinblick<br />

auf Sensibilisierung und Bewusstmachung zu verstehen. Diese Broschüre gibt es auf Deutsch,<br />

Französisch und Italienisch.<br />

Bestellung bei: BBL, www.bbl.admin.ch/de/bundespublikationen/shop/alle<br />

7 Lehrmittel: Sexuelle und reproduktive Gesundheit. Prävention sexuell übertragbarer<br />

Krankheiten und Informationen zur Schwangerschaft. 44 Seiten. BAG: 2001.<br />

Dieses didaktische Material zur sexuellen und reproduktiven Gesundheit wurde entwickelt, um die<br />

Gesundheitsverantwortlichen in den schweizerischen Asylunterkünften, Mitarbeitende in kantonalen<br />

Aids-Hilfen und Familienplanungsstellen und weiteren Institutionen im Migrationsbereich in ihrer<br />

Informationstätigkeit zu unterstützen.<br />

Den Katalog können nur Angehörige der oben genannten Zielgruppen bestellen. Der Inhalt kann<br />

unter folgendem Link angesehen werden: www.suchtundaids.bag.admin.ch/themen/migration/<br />

praevention/unterebenen/01176/index.html?language=de&schriftgrad=<br />

Der Katalog ex<strong>ist</strong>iert auf Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch.<br />

Er kann im Format A3 oder A4 als PDF heruntergeladen werden unter:<br />

www.suchtundaids.bag.admin.ch/themen/migration/doku/publikationen


12<br />

Iamaneh / MIGEV<br />

Geburt in der Fremde<br />

Seit gut einem Jahr ex<strong>ist</strong>iert in Basel die Schweizerische Koordinationsstelle für<br />

Migration und reproduktive Gesundheit des Hilfswerks Iamaneh. Ziel <strong>ist</strong> ein flächendeckendes<br />

Angebot an Geburtsvorbereitungskursen für Migrantinnen.<br />

Verschiedene Untersuchungen<br />

im Bereich Migration und Gesundheit<br />

zeigen es: Schwangerschaften<br />

und Geburten verlaufen für Migrantinnen<br />

oft schwieriger als für einheimische<br />

Frauen. Auch die Versorgung<br />

im Bereich der sexuellen und reproduktiven<br />

Gesundheit <strong>ist</strong> schlechter.<br />

Im Juni 2002 hat in Basel die<br />

Schweizerische Koordinationsstelle<br />

für Migration und reproduktive Gesundheit<br />

ihre Arbeit aufgenommen.<br />

Getragen wird die Stelle vom Hilfswerk<br />

Iamaneh, geleitet von Eunice<br />

de Carvalho und Madeleine Wick<br />

Marcoli. Die Finanzen kommen vom<br />

Bundesamt für Gesundheit und von<br />

verschiedenen Stiftungen. «Die Erfahrung<br />

an einem Schweizer Spital<br />

hat gezeigt, dass mit Geburtsvorbereitung<br />

in der Muttersprache zum<br />

Beispiel die Zahl der Kaiserschnitte<br />

gesenkt werden konnte», erklärt de<br />

Carvalho. Madeleine Wick Marcoli<br />

betont, dass das Problem nicht auf<br />

Migrantinnen beschränkt <strong>ist</strong>: Je we-<br />

niger sich eine Frau auf ihre Geburt<br />

vorbereiten könne, desto anfälliger<br />

<strong>ist</strong> sie für Schwierigkeiten.<br />

«Das Problem <strong>ist</strong>, dass Migrantinnen<br />

generell einen schlechteren<br />

Zugang zu den Dienstle<strong>ist</strong>ungen des<br />

Gesundheitswesens finden», sagt de<br />

Carvalho. «Sie sind nicht nur zu<br />

wenig informiert, auch kulturelle<br />

Unterschiede oder das Fehlen von<br />

vergleichbaren Angeboten in ihren<br />

Herkunftsländern tragen zu den<br />

Schwierigkeiten bei.»<br />

Um diese Mankos zu beheben,<br />

gibt es schon seit drei Jahren in Renens<br />

bei Lausanne ein lokales Pilotprojekt,<br />

welches in einem Quartierzentrum<br />

muttersprachliche Geburtsvorbereitungskurse<br />

anbietet. Ab<br />

2004 werden solche Kurse auch am<br />

Universitätsspital Lausanne und bei<br />

einer Frauenberatungsstelle angeboten.<br />

Begleitet werden sie von<br />

einer Koordinationsgruppe aus Ärztinnen,<br />

Hebammen und Migrationsfachleuten.<br />

Im Juni haben Wick Marcoli und<br />

de Carvalho auch hier eine solche<br />

Gruppe ins Leben gerufen mit dem<br />

Ziel, in den beiden Basel Geburtsvorbereitungskurse<br />

für Migrantin-<br />

Dr. E. de Carvalho und M. Wick Marcoli koordinieren Geburtsvorbereitungskurse.<br />

Was Schmerzen ausdrücken<br />

Die Externen Psychiatrischen Dienste Baselland (EPD) bieten im Bereich psychischer Erkrankungen und<br />

Störungen ambulante und tagesklinische Le<strong>ist</strong>ungen für Erwachsene an: MIGEV.<br />

Dr. med. Besnik Abazi, EPD-Oberarzt<br />

in Liestal<br />

Seit vier Jahren wird in diesem<br />

Zusammenhang das Projekt<br />

«MIGEV», Migrations-, Integrationsund<br />

Gesundheitsversorgung, durchgeführt.<br />

In Zusammenarbeit mit interkulturellen<br />

Mediatoren/-innen und<br />

Ärzten/-innen, Psychologen/-innen<br />

und Pfleger/-innen mit Migrationshintergrund<br />

wird dabei versucht,<br />

die kulturspezifischen Hintergründe<br />

für eine psychische Erkrankung<br />

aufzudecken. Seither sind türkische<br />

und albanische Frauengruppen und<br />

eine albanische Männergruppe entstanden.<br />

Besnik Abazi, FMH für<br />

Psychiatrie und Psychotherapie, <strong>ist</strong><br />

Oberarzt am EPD Liestal und MI-<br />

GEV-Projektleiter.<br />

<strong>Migrationszeitung</strong>: Wer kommt zu<br />

Ihnen?<br />

Besnik Abazi: Da mein Spezialgebiet<br />

die Betreuung von Menschen<br />

mit Migrationshintergrund <strong>ist</strong>, kommen<br />

zu mir vorwiegend Migrantinnen<br />

und Migranten. Drei Viertel von<br />

ihnen stammen, ebenso wie ich, aus<br />

Kosova, andere aus Bosnien, der<br />

Türkei und vielen anderen Ländern.<br />

Der Anteil von Migranten/-innen <strong>ist</strong><br />

in den letzten fünf, sechs Jahren<br />

deutlich gestiegen. Im letzten Jahr<br />

waren die Hälfte der tagesklinischen<br />

Patienten Migranten/-innen.<br />

Warum kommen vermehrt Migrantinnen<br />

und Migranten zu Ihnen?<br />

Man spürt immer noch die Auswirkungen<br />

des Balkankrieges, und<br />

auch die politische Situation in asiatischen<br />

Ländern bewegt viele Menschen<br />

dazu, ihr Land zu verlassen.<br />

Heisst das, dass die me<strong>ist</strong>en Probleme<br />

Ihrer Patienten ihren Ursprung<br />

im Heimatland haben?<br />

Wir haben zwar einige Patienten/<br />

-innen hier, die unter posttraumatischen<br />

Belastungsstörungen leiden,<br />

die sich aus Kriegserlebnissen oder<br />

Folter ergeben. Die grössere Gruppe<br />

aber kämpft mit Schmerzstörungen,<br />

ausgelöst durch ihr Leben in der<br />

Schweiz: Viele Männer haben hier<br />

jahrelang sehr hart gearbeitet und<br />

lebten von ihrer Familie getrennt.<br />

Kommt diese aber nach, ergibt sich<br />

eine neue, manchmal belastende<br />

Konstellation. Oft sorgen diese Männer<br />

nicht nur für die Kernfamilie,<br />

sondern für weitere Familienmitglieder.<br />

Wenn finanzielle Schwierigkeiten<br />

dazukommen, wird der Druck<br />

so gross, dass die Aufmerksamkeit<br />

leidet. Ein Arbeitsunfall kann am<br />

Schluss dieser Entwicklung stehen.<br />

Und aus diesem können sich je nach<br />

Situation somatoforme Schmerzstörungen<br />

wie Kopf-, Nacken- und Rückenschmerzen<br />

ergeben. Wir in der<br />

Psychiatrie sagen, dass jene, die<br />

Probleme nicht verbalisieren können,<br />

diese über den Körper ausdrücken,<br />

Schmerz <strong>ist</strong> hier Ausdruck der psychosozialen<br />

Belastung.<br />

Nicht selten wird gerade über diese<br />

Menschen gesagt, sie würden simulieren.Was<br />

meinen Sie zu diesem Vorwurf?<br />

Die Patienten/-innen, die solche<br />

Schmerzen haben, müssen mit diesem<br />

Vorurteil leben. Das macht aber<br />

nen anzubieten. In den nächsten Jahren<br />

wollen die Leiterinnen der Koordinationsstelle<br />

in verschiedenen Regionen<br />

der Schweiz weitere lokale<br />

Koordinationsgruppen ins Leben<br />

rufen.<br />

Alle beteiligten Personen und Organisationen<br />

an einen Tisch zu bekommen,<br />

sei sehr aufwändig, sagt Madeleine<br />

Wick Marcoli: «Ebenso wichtig<br />

und arbeitsintensiv <strong>ist</strong> es allerdings,<br />

das Angebot auch bei der Zielgruppe<br />

bekannt zu machen. Wir müssen die<br />

Migrantinnen dort erreichen, wo sie<br />

selbst hinkommen.» Andreas Merz<br />

für sie alles nur viel schlimmer. Mir<br />

erzählen sie: Warum sollte ich simulieren?<br />

Ich habe doch vorher 25 Jahre<br />

gearbeitet. Jetzt muss ich zu Hause<br />

sitzen, und es geht mir schlecht.<br />

Sie erfahren durch diese Verurteilung<br />

eine zweite Verletzung.<br />

Welchen besonderen Schwierigkeiten<br />

begegnen Sie beim Umgang mit<br />

Migrantinnen und Migranten?<br />

Wenn wir den Kern ihrer Problematik<br />

aufgrund der kulturellen Verschiedenheit<br />

nicht verstehen können,<br />

entsteht kein Vertrauen, und die<br />

Menschen denken, wir nehmen sie<br />

nicht ernst. Manchmal stossen wir<br />

auch an unsere Grenzen, wenn es<br />

um die Beurteilung eines Menschen<br />

geht, der vielleicht ausgewiesen<br />

werden soll. Dieser hat einerseits<br />

enorm hohe Erwartungen an uns,<br />

andererseits gehören wir für ihn<br />

aber auch zum «Apparat», der ihm<br />

Böses will. Das <strong>ist</strong> schwierig.<br />

Und wie geht es der zweiten Generation,<br />

den Secondos und Secondas?<br />

Die zweite Generation hat eindeutig<br />

nicht dieselben Probleme wie ihre<br />

Eltern, weil sie besser integriert <strong>ist</strong><br />

und sich besser ausdrücken kann.<br />

Monika Wirth<br />

Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03


Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03<br />

Mediation 13<br />

Kulturelle Gräben überwinden<br />

Das Hilfswerk der Evangelischen Kirchen Schweiz (HEKS) setzt sich dafür ein, Verständnis und Vertrauen<br />

zwischen den Kulturen zu fördern. Dieses Anliegen wird konkret umgesetzt, indem Mediatorinnen ausgebildet<br />

und zusammen mit Dolmetschern/-innen in der Basler HEKS-Regionalstelle vermittelt werden. Oft<br />

lassen sich so sprachliche und kulturelle Missverständnisse einfach klären.<br />

Vom Hausarzt wurde A.T. mit<br />

Verdacht auf Tuberkulose ins Kantonsspital<br />

Basel überwiesen, wo er<br />

für weitere Untersuchungen in die<br />

Isolierstation verlegt werden sollte.<br />

Weil er noch nicht lange hier war<br />

und weder Deutsch noch andere<br />

hier gängige Sprachen verstand,<br />

konnte man ihm nicht erklären,<br />

warum er allein in ein Zimmer eingesperrt<br />

werden müsse, was für<br />

einen vielleicht traumatisierten<br />

Menschen eine schlimme Erfahrung<br />

wäre. Doch die diensthabende Pflegerin<br />

reagierte schnell und fragte<br />

beim Hilfswerk der Evangelischen<br />

Kirchen (HEKS) nach einem Dolmetscher.<br />

Mit der Sprache be<strong>ist</strong>ehen<br />

Bereits seit 15 Jahren vermittelt<br />

der HEKS-Dolmetscherdienst beider<br />

Basel, «Linguadukt», an die 60<br />

Dolmetscherinnen und Dolmetscher,<br />

die aus 28 Sprachen übersetzen, wie<br />

aus dem Albanischen, Arabischen<br />

oder Pashtu, der Sprache Afghanis-<br />

«<br />

tans, aus dem Singhalesischen oder<br />

Vietnamesischen. «Natürlich geht es<br />

um mehr als nur wortwörtliches<br />

Übersetzen, das genügt nämlich<br />

me<strong>ist</strong>ens nicht», erklärt die Linguadukt-Projektleiterin<br />

Doris Herter,<br />

«unsere Leute sind selber Migrantinnen<br />

oder Secondos und bringen<br />

ihren kulturellen Hintergrund ins<br />

Ge-spräch ein. Es geht darum, auch<br />

einen kulturellen Brückenschlag<br />

zwischen Therapeuten, Ärztinnen<br />

und Migranten herzustellen, dann<br />

erst <strong>ist</strong> ein vertrauensvolles Verhältnis<br />

möglich.» Denn gerade im<br />

sozialen Bereich und im Gesundheitsbereich<br />

führt die Angst, sich<br />

sprachlich ungenügend verständigen<br />

zu können, zu einer ungleich<br />

grösseren Belastung. Das wurde in<br />

einigen Abteilungen des Kantonsspitals<br />

und des Felix-Platter-Spitals<br />

erkannt, wo man die Linguadukt-<br />

Dienste regelmässig in Anspruch<br />

nimmt. «Oft sind Frauen erst bereit,<br />

sich untersuchen zu lassen, wenn<br />

ich dabei bin», erzählt eine türkische<br />

Dolmetscherin. «Jemandem mit<br />

der Sprache be<strong>ist</strong>ehen zu können,<br />

<strong>ist</strong> ein sehr befriedigendes Gefühl.»<br />

Die ganze Erfahrung einbringen<br />

Manchmal aber muss die Aufgabe<br />

des «Über-Setzens» über die<br />

Kluft zwischen Kulturen erweitert<br />

werden, dann geht es zum Beispiel<br />

darum, Familien länger zu begleiten,<br />

Projekte durchzuführen oder<br />

Beratungen regelmässig anzubieten.<br />

Für diesen Bereich stellt HEKS<br />

interkulturelle Vermittlerinnen und<br />

Vermittler zur Verfügung: die in<br />

einem eigenen Lehrgang professionell<br />

ausgebildeten Mediatoren vom<br />

Wir vermitteln zwar auch in Konflikten, aber<br />

ein wesentlicher Teil unserer Arbeit kann diese<br />

verhindern.»<br />

STARTHILFE AUF «STARTBAHN»<br />

Projekt «MEL – MigrantInnen in der<br />

Elternarbeit und Erwachsenenbildung».<br />

Der anderthalbjährige Lehrgang<br />

qualifiziert die Migrantinnen –<br />

drei Viertel der Mediatoren sind<br />

Frauen – temporäre Aufträge oder<br />

eine Anstellung anzunehmen. So<br />

haben zum Beispiel einige von ihnen<br />

ausländische Eltern durch die<br />

Interkulturelle Mediation vermittelt zwischen den Kulturen und schafft<br />

Vertrauen, was die Arbeit von Institutionen, Stellen und Projekten, die auch<br />

Migrantinnen und Migranten erreichen wollen, sehr erleichtert. Deshalb <strong>ist</strong><br />

der Kanton Basel-Stadt bereit, Stellen, die die Arbeit interkultureller<br />

Mediatoren in Anspruch nehmen wollen, durch das MEL-Projekt «Startbahn»<br />

in einer <strong>Anfang</strong>sphase finanziell zu unterstützen. Und auch der Kanton<br />

Baselland signalisiert Interesse an diesem Modell.<br />

Berufsschau des Amts für Berufsbildung<br />

geführt, andere leiten ein Gespräch<br />

zwischen einem Schüler, der<br />

Lehrerin und den Eltern, bevor der<br />

schulpsychologische Dienst eingeschaltet<br />

werden muss. «Sehr oft <strong>ist</strong><br />

MEL-Arbeit präventive Arbeit», bestätigt<br />

MEL-Projektleiterin Sylvia<br />

Gobeli. «Wir vermitteln zwar auch<br />

in Konflikten, aber ein wesentlicher<br />

Teil unserer Arbeit kann diese verhindern.»<br />

Eine Portugiesin, die in<br />

einer Integrationsklasse in Allschwil<br />

Vermittlungsarbeit le<strong>ist</strong>ete, erzählt:<br />

«Jeder Tag hier war anders,<br />

viele Situationen waren schwierig<br />

und auch traurig, aber die Arbeit<br />

hat mir grosse Freude und tiefe Befriedigung<br />

gebracht, weil ich spürte,<br />

ich bin auf dem richtigen Weg.<br />

Anders als bei reinen Übersetzungsarbeiten<br />

konnte ich mich hier mit<br />

meiner ganzen Erfahrung einbringen<br />

– als lebenserfahrene Frau, als<br />

Migrantin, als Mutter.»<br />

Wiedereinsteigerinnen<br />

MEL-Mediatorinnen können aber<br />

auch eigene Projekte realisieren. So<br />

wurden tamilische und türkische<br />

Mediatorinnen in Familienzentren<br />

in Teilzeitpensen angestellt, weil<br />

viele Fragen um Kindererziehung,<br />

Gesundheit, auch Partnerschaft nur<br />

auf einer grossen Vertrauensbasis<br />

geklärt werden können – die die<br />

MEL-Mediatorinnen schaffen können.<br />

Seit 1998 wurden in zwei Lehrgängen<br />

35 Mediatoren/-innen ausgebildet.<br />

Bei HEKS plant man, die<br />

Ausbildung in naher Zukunft so<br />

auszubauen, dass ein eidgenössischer<br />

Fachausweis erlangt werden<br />

kann. Für viele Migrantinnen, deren<br />

Ausbildungen hier kaum anerkannt<br />

sind, <strong>ist</strong> das eine gute Chance, wieder<br />

ins Berufsleben einzusteigen.<br />

Bereits jetzt haben einige frühere<br />

Absolventinnen feste Anstellungen<br />

oder haben sich weitergebildet. Und<br />

«<br />

Die Ausbildung zur interkulturellen Mediatorin <strong>ist</strong> vielseitig.<br />

die Nachfrage nach den Kultur-<br />

Übersetzerinnen <strong>ist</strong> so gross, dass<br />

Sylvia Gobeli mit leichter Ungeduld<br />

den Abschluss des nächsten Kurses<br />

erwartet.<br />

Monika Wirth<br />

HEKS – Hilfswerk der<br />

Evangelischen Kirchen Schweiz<br />

Pfeffingerstrasse 41, Postfach,<br />

4008 Basel<br />

www.heks.ch<br />

Tel. 061 367 94 00<br />

Fax 061 367 94 05<br />

Linguadukt – HEKS-Dolmetscherdienst<br />

beider Basel<br />

Doris Herter<br />

herter@hekseper.ch<br />

MEL – MigrantInnen in der<br />

Elternarbeit und<br />

Erwachsenenbildung<br />

Sylvia Gobeli<br />

Tel. 061 367 94 00<br />

gobeli@hekseper.ch<br />

FACTS& FIGURES<br />

Von den 1200 in den vergangenen<br />

25 Jahren patentierten Medikamenten<br />

wirken nur 13 gegen<br />

ansteckende Tropenkrankheiten.


14<br />

Grenzsanität in Basel<br />

Im Wartesaal der grenzsanitarischen Untersuchungsstelle des SRK am Zoll Otterbach<br />

Beim Pflegefachpersonal in der Grenzsanität<br />

Augenschein am Zoll Otterbach, an der Freiburgerstrasse in Basel: Fatmir Berisha (Name geändert) <strong>ist</strong> um<br />

vier Uhr morgens bei der Empfangsstelle für Asylsuchende eingetroffen. Am nächsten Morgen betritt er die<br />

grenzsanitarische Untersuchungsstelle des Schweizerischen Roten Kreuzes.<br />

Er war hungrig und müde, schmutzig<br />

und abgekämpft. Mehrere Tage<br />

hat er im Lastwagen eines Schleppers<br />

verbracht, der ihn von Serbien<br />

in die Schweiz brachte. Er <strong>ist</strong> aufgeregt,<br />

aber auch froh, endlich angekommen<br />

zu sein. Schliesslich <strong>ist</strong> er<br />

hier in der Schweiz, dem Paradies,<br />

wie man ihm zu Hause erzählt<br />

hatte, angekommen. Hier sei alles<br />

gut, hier gäbe es Arbeit, eine<br />

Zukunft, Sicherheit. Sonst weiss er<br />

nichts über dieses Land, nicht einmal<br />

genau, welche Sprache gesprochen<br />

wird.<br />

Um acht Uhr öffnete man ihm<br />

und drei Landsleuten, die mit demselben<br />

Schlepper mitgekommen<br />

waren, die Tür und bat sie herein.<br />

Man nahm seine Personalien auf<br />

und quartierte ihn ein.<br />

Am nächsten Morgen um acht<br />

Uhr betritt Fatmir Berisha ausgeschlafen<br />

das Gebäude der grenzsanitarischen<br />

Untersuchungsstelle des<br />

Schweizerischen Roten Kreuzes,<br />

das sich gleich ein paar Häuser von<br />

der Empfangsstelle entfernt befin-<br />

det. Er wird dort von einer Mitarbeiterin<br />

begrüsst, die als Erstes<br />

nach den Papieren fragt, die er von<br />

der Empfangsstelle erhalten hat. Er<br />

überreicht der Frau, ohne zu zögern,<br />

was er in seinen Händen hält. «Fatmir<br />

Berisha. Identifikationsnummer<br />

444444.01», liest sie darauf, «Nationalität:<br />

Serbien – Montenegro.» Sie<br />

«<br />

bittet ihn, sich in den Wartesaal zu<br />

begeben. Hier sitzen schon einige<br />

andere Asylsuchende und warten<br />

auf das weitere Vorgehen. Nach<br />

einer Weile hört Fatmir Berisha vom<br />

Band auf Serbisch, was ihn hier<br />

erwartet. Nach und nach wird ihm<br />

alles klarer.<br />

«Wir haben 32 Sprachen zur Verfügung»,<br />

erklärt Nelly Owens, Leiterin<br />

der grenzsanitarischen Unter-<br />

suchungsstelle. «Im Allgemeinen<br />

kommen wir damit durch. Hin und<br />

wieder gibt es jedoch Personen, welche<br />

keine der vorhandenen Sprachen<br />

verstehen. In diesem Fall suchen wir<br />

eine Person in der Empfangsstelle,<br />

welche die Übersetzung machen<br />

kann. Oft hat man aber auch Glück,<br />

und einer der anderen Asylsuchen-<br />

Im Wartesaal <strong>ist</strong> es warm. Die Luft <strong>ist</strong> geschwängert<br />

mit lauten und leisen Stimmen, dem<br />

Gekicher von Kindern und dem Umblättern von<br />

Zeitungs- und Magazinseiten.<br />

den kann übersetzen. Man muss<br />

nur einmal bedenken, dass es allein<br />

im Kurdischen drei Hauptsprachen<br />

gibt.» Es sind jetzt schon sehr viele<br />

Leute im Wartesaal. Für einen<br />

Montag ganz normal. Von Nelly<br />

Owens erfahren wir, dass in der<br />

ersten Hälfte der Woche mehr<br />

Asylsuchende eintreffen als in der<br />

zweiten.<br />

Im Wartesaal <strong>ist</strong> es warm. Die Luft<br />

«<br />

<strong>ist</strong> geschwängert mit lauten und leisen<br />

Stimmen, dem Gekicher von<br />

Kindern und dem Umblättern von<br />

Zeitungs- und Magazinseiten. Eine<br />

Frau aus Somalia verteilt ihren fünf<br />

Kindern Süssigkeiten. Ab und zu<br />

wird in einer der 32 Sprachen wieder<br />

der Ablauf der Prozedur ab<br />

Band gespielt.<br />

Nach einer Weile werden Fatmir<br />

Berisha und vier weitere Männer<br />

von einer Mitarbeiterin aufgerufen.<br />

Sie erheben sich und folgen ihr in<br />

den Röntgenraum. «Ich nehme<br />

immer eine Gruppe von fünf oder<br />

sechs Männern zum Röntgen mit»,<br />

so die Mitarbeiterin, «sonst eine<br />

Familie oder eine Gruppe von<br />

Frauen.» Nur die Lungen werden<br />

geröntgt: Man will in erster Linie<br />

herausfinden, ob ein Verdacht auf<br />

eine Tuberkulose besteht. «Wenn<br />

der Arzt auf dem Thoraxbild Veränderungen<br />

diagnostiziert, die auf<br />

eine mögliche Tuberkulose hindeuten,<br />

wird die Empfangsstelle informiert.<br />

Der Asylsuchende wird sofort<br />

isoliert und zur weiteren Abklärung<br />

ins Kantonsspital gebracht. Nach-<br />

Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03


dem alle Neuankömmlinge geröntgt<br />

worden sind, werden die belichteten<br />

Röntgenbilder entwickelt und geschnitten,<br />

damit sie von einem Arzt<br />

noch am selben Tag beurteilt werden<br />

können.<br />

Wir begleiten Fatmir Berisha nach<br />

dem Röntgen in einen weiteren<br />

Raum. Dort wird er von den diplomierten<br />

Pflegefachfrauen herzlich<br />

begrüsst. Er <strong>ist</strong> ein wenig nervös.<br />

Er wird auf Englisch gefragt, ob<br />

er gesund sei oder ob er <strong>Aller</strong>gien<br />

habe. Er versteht nicht, schüttelt<br />

verwirrt den Kopf. Die Mitarbeiterin<br />

versucht es auf Französisch: Das<br />

versteht er besser, und er <strong>ist</strong> auch in<br />

der Lage, zu antworten.<br />

«In den me<strong>ist</strong>en Fällen kommen<br />

wir mit Englisch und Französisch<br />

durch», weiss eine Mitarbeiterin zu<br />

berichten.<br />

Sollte aber jemand nichts verstehen,<br />

gibt es oft andere Asylsuchende,<br />

die als Übersetzer/-innen fungieren.Wenn<br />

jedoch auch das nicht möglich<br />

<strong>ist</strong>, haben die Krankenschwestern<br />

ein so genanntes Baukastensystem<br />

in mehr als 30 Sprachen, alle<br />

Informationen und Fragen sind in<br />

ihrer Sprache geschrieben. Ein reales<br />

Problem sind auch die Analphabeten/-innen,<br />

da benötigen sie die<br />

Hand- und Zeigesprache und erfahren<br />

so das Notwendige. Eine der<br />

Pflegefachfrauen macht dann zuerst<br />

den Tuberkulintest bei den Asyl-<br />

Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03<br />

suchenden. Dieser wird nach zwei<br />

Tagen abgelesen.<br />

Nach dem Test sind die Impfungen<br />

an der Reihe. Geimpft wird<br />

nach dem Schweizerischen Impfplan:<br />

gegen Tetanus, Diphtherie,<br />

Keuchhusten, Kinderlähmung, Meningitis,<br />

Masern, Mumps, Röteln<br />

und Hepatitis B.<br />

«<br />

«Bei einer Schwangerschaft wird<br />

in den ersten drei Monaten nicht<br />

geimpft», erklärt Nelly Owens fachkundig.<br />

«Ab dem vierten Schwangerschaftsmonat<br />

wird die Kombinationsimpfung<br />

Revaxis (Tetanus,<br />

Diphtherie, Polio) ausgeführt und<br />

gegen Hepatitis B geimpft.» Die<br />

Pflegefachfrau erklärt nun Fatmir<br />

Berisha, dass er in zwei Tagen wieder<br />

herkommen soll. Dann wird er<br />

das Ergebnis des Tuberkulintestes<br />

sowie einen persönlichen Impfausweis<br />

erhalten.<br />

Bei der Befragung nach dem Gesundheitszustand<br />

eines Asylsuchenden<br />

kann es vorkommen, dass jemand<br />

über Schmerzen oder sonstige<br />

gesundheitliche Probleme klagt.<br />

In der grenzsanitarischen Untersuchungsstelle<br />

wurden diese Personen<br />

bis anhin nicht behandelt, son-<br />

dern an die Betreuung in der Empfangsstelle<br />

überwiesen. «Dies wird<br />

sich aber möglicherweise in absehbarer<br />

Zeit ändern,» so Owens. Das<br />

Schweizerische Rote Kreuz arbeitet<br />

im Auftrag des Bundesamtes für<br />

Flüchtlinge an einem Konzept betreffend<br />

die medizinische Betreuung<br />

der Asylsuchenden während<br />

Auch heute sind wieder viele Leute gekommen.<br />

Das Stimmengewirr <strong>ist</strong> dicht und farbig, Sonnenstrahlen<br />

fallen durch die Fenster.<br />

ihres Aufenthalts in der Empfangsstelle.<br />

Zwei Tage später treffen wir im<br />

Wartesaal der Grenzsanität wieder<br />

auf Fatmir Berisha. Auch heute sind<br />

wieder viele Leute gekommen. Das<br />

Stimmengewirr <strong>ist</strong> dicht und farbig,<br />

Sonnenstrahlen fallen durch die<br />

Fenster. Fatmir Berisha hat in der<br />

Zwischenzeit Freunde gefunden. Im<br />

Achterzimmer, wo er in der Empfangsstelle<br />

untergebracht <strong>ist</strong>, hat es<br />

neben vier Afrikanern, einem Kurden<br />

auch zwei seiner Landsleute.<br />

Die drei unterhalten sich angeregt;<br />

sie wirken entspannt, wissen, dass<br />

sie wohl bald in einen Kanton<br />

gebracht werden, wo dann ihr neues<br />

Leben beginnt.<br />

Eine der Pflegefachfrauen tritt<br />

herein und ruft Fatmir Berishas<br />

Namen auf. Er folgt ihr in den<br />

Grenzsanität in Basel 15<br />

Erfahrenes Pflegefachpersonal kümmert sich um die Asylsuchenden.<br />

«<br />

Raum, wo er vor zwei Tagen den Test<br />

gemacht und die Impfungen injiziert<br />

bekommen hat. Er erkennt die<br />

Frau vor sich wieder: Sie hat ihn das<br />

letzte Mal betreut. Sie nimmt seinen<br />

Arm und betrachtet die kleine<br />

Wölbung die der Tuberkulintest<br />

hinterlassen hat; zu klein, um einen<br />

Verdacht auf Tuberkulose zu erwecken,<br />

und auch das Röntgenbild<br />

zeigt keine verdächtigen Befunde<br />

auf: Tuberkulose <strong>ist</strong> bei dem Untersuchten<br />

also ausgeschlossen.<br />

Zum Schluss überreicht man den<br />

Asylsuchenden einen Impfausweis<br />

vom Bundesamt für Gesundheit<br />

(BAG).<br />

Fatmir Berisha wird vom Fachpersonal<br />

verabschiedet. Wir begleiten<br />

ihn ein kurzes Stück. Er geht<br />

durch den Wartesaal, in dem gerade<br />

auf Albanisch das Prozedere ab<br />

Band läuft, und betrachtet einige<br />

der nervösen Gesichter. Er lächelt<br />

und winkt jemandem zu, den er<br />

gestern kennengelernt hat. Dann<br />

verlässt er das Gebäude der grenzsanitarischen<br />

Untersuchungsstelle<br />

und kehrt zurück in die Empfangsstelle,<br />

wo er dann auf das weitere<br />

Prozedere im Ablauf des Asylverfahrens<br />

wartet.<br />

Yves Rechsteiner


16<br />

Gesundheit im Sexgewerbe<br />

Viky Eberhard setzt sich erfolgreich für Frauen im Sexgewerbe ein.<br />

Hilfe für Frauen im Sexgewerbe<br />

Frauen, die im Milieu arbeiten, wissen nicht wohin, wenn sie Probleme haben oder krank sind. Seit fast zwei<br />

Jahren gibt es im Kleinbasel die Beratungsstelle Aliena, die den Frauen aus der Isolation hilft.<br />

Suzanne L. (Name geändert) war<br />

mal Lehrerin in ihrem Heimatland Nigeria,<br />

aber das <strong>ist</strong> schon viele Jahre<br />

her. Seit zwei Monaten <strong>ist</strong> sie erst<br />

hier in Basel und nächste Woche<br />

geht es weiter, vielleicht zurück zu<br />

ihrem Mann nach Barcelona, wie sie<br />

sagt. Der habe auch ihren Pass. Sie<br />

nippt an ihrem Mineralwasser und<br />

lacht eher etwas gequält auf die<br />

Frage, ob sie die Schweizer Männer<br />

möge. Nein, sie möge eigentlich<br />

keine Männer, sagt sie. Im Moulin<br />

Rouge arbeitet sie als Animierdame,<br />

wie es so «nett» heisst, wie auch<br />

Hunderte von anderen hier als exotisch<br />

empfundenen Frauen aus dem<br />

Ausland. Suzanne L. <strong>ist</strong> eine der<br />

Klientinnen von Aliena, der Beratungsstelle<br />

für Frauen im Sexgewerbe.<br />

Die Beratungsstelle in der Kleinbasler<br />

Webergasse ex<strong>ist</strong>iert seit November<br />

2001. Zu ihrem Angebot für<br />

Frauen im Sexgewerbe zählen telefonische<br />

und persönliche Beratung,<br />

Besuche an deren Arbeits- und Wohnort<br />

sowie Begleitung zu Ärzten oder<br />

anderen Stellen. Jeden zweiten Donnerstag<br />

gibt es einen Mittagstisch<br />

und es werden Deutschkurse organisiert,<br />

denn die normalen Angebote<br />

sind wegen der unüblichen Arbeitszeiten<br />

im Sexgewerbe ungeeignet.<br />

Aliena <strong>ist</strong> lateinisch und heisst<br />

«die Fremde». Denn wie die Nigerianerin<br />

Suzanne L. sind die me<strong>ist</strong>en<br />

Frauen Fremde in diesem Land und<br />

vor allem in diesem Beruf, der jegliche<br />

Integration verunmöglicht. «Die<br />

me<strong>ist</strong>en Frauen haben den Traum, in<br />

der Schweiz ein Leben in Freiheit<br />

und Menschenwürde zu verbringen»,<br />

sagt Viky Eberhard, Leiterin<br />

der Beratungsstelle. «Doch die Realität<br />

<strong>ist</strong> wie ein Albtraum und geprägt<br />

durch Rechtlosigkeit, Ausgrenzung<br />

und Diskriminierung.»<br />

Die me<strong>ist</strong>en Migrantinnen im Sexgewerbe<br />

arbeiten als Animierdamen<br />

(was in Basel gesetzlich verboten<br />

<strong>ist</strong>), als Cabarettänzerinnen oder in<br />

den Salons im Kleinbasel. Diejenigen,<br />

die als Tänzerinnen arbeiten,<br />

seien die «Privilegierten», so Viky<br />

Eberhard, denn sie haben eine Aufenthaltsbewilligung<br />

für acht Monate.<br />

Die anderen Frauen sind me<strong>ist</strong> mit<br />

einem Tour<strong>ist</strong>envisum hier, das drei<br />

Monate gilt, dann müssen sie wieder<br />

ausreisen. Bleiben sie trotzdem<br />

hier, rutschen sie in die Illegalität.<br />

Ein Netz von Ärztinnen und Ärzten<br />

«Da diese Frauen ganz anders<br />

leben und arbeiten als andere, stehen<br />

bei der Beratung Gesundheitsfragen<br />

an erster Stelle», sagt Viky<br />

Eberhard. Denn bei dieser Arbeit<br />

leiden die physische und die psychische<br />

Gesundheit, die Frauen sind<br />

mit der Situation überfordert. Die<br />

Arbeitszeiten sind anstrengend: Der<br />

«Arbeitstag» beginnt etwa gegen<br />

16 Uhr und endet me<strong>ist</strong> in den frühen<br />

Morgenstunden. Viele schlafen<br />

schlecht. «Schlafstörungen sind ein<br />

häufiges Problem. Die Frauen leiden<br />

auch unter Kopf- und Magenschmerzen,<br />

Stress, Essstörungen<br />

und Depressionen», sagt die Leiterin<br />

von Aliena. Alkoholprobleme<br />

sind auch häufig. Kein Wunder, denn<br />

die Frauen müssen mit den Kunden<br />

trinken, auch wenn dies nicht «offiziell»<br />

verlangt werden kann. Vor<br />

allem holen sie sich regelmässig<br />

Geschlechtskrankheiten. Viele vertragen<br />

auch die Kondome nicht. Da<br />

sehr viele Frauen illegal hier arbeiten<br />

oder nur mit einem Tour<strong>ist</strong>envisum,<br />

sind sie auch nicht krankenversichert.<br />

Sie wissen nicht, an wen<br />

sie sich bei Problemen, nicht nur<br />

gesundheitlichen, wenden können.<br />

Die Mehrzahl der Migrantinnen<br />

Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03


spricht kein Deutsch, das isoliert<br />

zusätzlich.Viky Eberhard hat darum<br />

ein Netz von Ärztinnen und Ärzten<br />

aufgebaut, die zu einem günstigen<br />

Tarif die Frauen behandeln. Abgerechnet<br />

wird in bar. «Diese Woche<br />

habe ich wieder fünf Termine bei<br />

verschiedenen Ärztinnen und Ärzten»,<br />

sagt Viky Eberhard. Einige<br />

Gynäkologinnen und Gynäkologen<br />

und andere Ärztinnen und Ärzte arbeiten<br />

mit Aliena zusammen. «Unser<br />

Wunsch <strong>ist</strong> allerdings, zusammen<br />

mit anderen Organisationen<br />

wie Aids-Hilfe oder Mitternachtsmission<br />

eine Gesundheitssprechstunde<br />

für Frauen aus dem Sexgewerbe<br />

in Basel einzurichten. Denn<br />

es besteht ein grosses Bedürfnis<br />

nach Beratung.» Finanziert wird die<br />

Beratungsstelle bisher vom Schweizerischen<br />

Verein Compagna (ehemals<br />

Freundinnen junger Mädchen,<br />

FJM). Aber Viky Eberhard will auch<br />

bei anderen Stellen anklopfen, wie<br />

zum Beispiel bei der Stadt Basel. Denn<br />

das Ganze, so die Leiterin, betreffe<br />

alle Einwohnerinnen und Einwohner<br />

und nicht nur die Migrantinnen.<br />

Gleicher kultureller Hintergrund<br />

Auch die anderen Mitarbeiterinnen<br />

von Aliena, Birgit Stäheli, die seit<br />

Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03<br />

Februar 2003 rund 20 Stunden pro<br />

Monat arbeitet, und die ehrenamtlich<br />

tätige Psychologin Mariel Yom-<br />

«<br />

ha aus Argentinien, sind überzeugt,<br />

dass eine feste Sprechstunde, in die<br />

die Frauen einfach kommen können,<br />

von grossem Nutzen und ein<br />

grosses Bedürfnis wäre. «Wir von<br />

Aliena sind oft der einzige sichere<br />

Platz, wo die Frauen hingehen können<br />

und wo sie Menschen finden,<br />

denen sie vertrauen können», sagt<br />

die Psychologin. Jeden Freitagmorgen<br />

können sich die «Sexarbeiterinnen»<br />

in der Beratungsstelle an sie<br />

wenden. Dabei kann sie natürlich<br />

keine eigentlichen Therapien durchführen,<br />

denn die me<strong>ist</strong>en kommen<br />

nur einmal zu einem Gespräch. Mariel<br />

Yomha hört den Frauen zu und<br />

fragt nach, sie gibt Ratschläge und<br />

Unterstützung. «Viele Frauen leiden<br />

unter Depressionen und Stress. Und<br />

um das zu erkennen, <strong>ist</strong> der gleiche<br />

kulturelle Hintergrund sehr wichtig»,<br />

sagt Mariel Yomha. «Wir spre-<br />

chen die gleiche Sprache, haben den<br />

gleichen ‘Code’. Viele sagen zum<br />

Beispiel, sie seien gelangweilt, aber<br />

Die me<strong>ist</strong>en Frauen haben den Traum, in der<br />

Schweiz ein Leben in Freiheit und Menschenwürde<br />

zu verbringen.<br />

in Wirklichkeit sind sie depressiv.»<br />

Oft müsse sie die Frauen auch erst<br />

überzeugen, zu einem Gepräch zu<br />

kommen. «Viele meinen, sie hätten<br />

kein Recht auf Hilfe oder Beratung,<br />

denn sie seien ja in der Rolle der<br />

Dienenden.» Die me<strong>ist</strong>en würden sich<br />

auch schämen oder schuldig fühlen,<br />

für das, was sie hier tun. Nicht selten<br />

führen sie ein Doppelleben, und oft<br />

weiss die Familie im Heimatland<br />

nichts von ihrem Job hier in der<br />

Schweiz.<br />

Mehrheitlich kommen Frauen<br />

aus Lateinamerika zu ihr, wie auch<br />

zu Viky Eberhard, die aus Peru<br />

stammt. Die ehemalige Krankenschwester<br />

Birgit Stäheli <strong>ist</strong> Deutsche<br />

mit guten Französisch- und<br />

Englischkenntnissen. Sie berät me<strong>ist</strong><br />

Frauen aus Afrika. «Es <strong>ist</strong> gut, dass<br />

wir in einem Team arbeiten», sagt<br />

Birgit Stäheli. «Wir haben Kontakte<br />

Gesundheit im Sexgewerbe 17<br />

Die Beratung am Arbeitsplatz <strong>ist</strong> enorm wichtig.<br />

«<br />

zu Anwälten/-innen und gehen mit<br />

den Frauen nicht nur zur Ärztin<br />

oder in die Apotheke, sondern helfen<br />

auch bei der Erledigung von alltäglichen<br />

Dingen.» Besonders im<br />

Notfall brauchen die Frauen eine Betreuung,<br />

sei es, weil sie krank sind,<br />

nach einer Trennung, einem Todesfall<br />

in der Familie, sei es, weil sie Gewalt<br />

erlebt haben oder einen Schwangerschaftsabbruch<br />

hinter sich haben,<br />

was oft vorkommt. «Unser Ziel <strong>ist</strong>,<br />

dass diese Frauen selbstständiger<br />

werden», sagt die Leiterin Viky<br />

Eberhard. Und nicht zuletzt geben<br />

die engagierten Mitarbeiterinnen<br />

von Aliena den Frauen, die im<br />

Milieu arbeiten, das Gefühl, dass sie<br />

auch ganz normale Frauen sind.<br />

Lioba Schneemann<br />

Kontakt: Aliena – Beratungsstelle<br />

für Frauen im Sexgewerbe<br />

Webergasse 15, 4057 Basel<br />

Tel./Fax 061 681 24 14<br />

E-Mail aliena@tiscalinet.ch


18<br />

Grenzenlose Liebe<br />

Carmine und Sandra Coppola Curcio leben beide in einer fremden Stadt: Basel.<br />

Un grande amore all’italiana<br />

«Eigentlich wollte ich nur Verwandte in der Schweiz besuchen», antwortet der 1968 geborene Neapolitaner<br />

Carmine Curcio auf die Frage, wann er denn das erste Mal nach Basel gekommen sei. «Aber als ich dann<br />

hier war, gefiel es mir unglaublich gut. Und als mir die Möglichkeit gegeben wurde, für ein Jahr beim<br />

Strassenbau zu arbeiten, willigte ich sofort ein.»<br />

Es sollte aber anders kommen:<br />

Aus dem einen Jahr wurden fünf,<br />

und aus der vielen Arbeit ein<br />

Rückenproblem, das eine Therapie<br />

erforderte. «Ich arbeitete bis zu 15<br />

Stunden täglich», so Carmine. «Dann<br />

meinte der Arzt, ich müsse sofort<br />

damit aufhören.» Und genau in dieser<br />

Zeit, im November 96 also, traf<br />

Carmine auf die in Zürich geborene<br />

und lebende Sandra Coppola, die<br />

für ein paar Tage in Basel auf Besuch<br />

war. «Ich habe ihn einmal<br />

gesehen und war sofort aufs Heftigste<br />

verknallt», schwärmt die<br />

heute 29-Jährige.<br />

Italienisch im Ohr<br />

Die beiden wurden ohne Umschweife<br />

ein Paar, auch wenn es<br />

anfangs Sprachprobleme gab. «Ich<br />

konnte nicht wirklich Italienisch,<br />

aber ich hatte es im Ohr», erzählt<br />

Sandra. «Und so dauerte es nicht<br />

lange, bis wir uns fliessend in Car-<br />

mines Muttersprache unterhalten<br />

konnten.»<br />

Von Zürich nach Basel<br />

Für Sandra war der Umzug nach<br />

Basel kein Problem. «Ich war fasziniert<br />

von der Stadt, in der Carmine<br />

wohnte. Und es war etwas Neues.»<br />

Ausserdem hatte sie, die ehemalige<br />

KV-Absolventin, die Chance, ein<br />

Praktikum beim Jugendzentrum<br />

St. Johann zu absolvieren. «Schon in<br />

Zürich wusste ich, dass ich unmöglich<br />

in einem Büro würde arbeiten<br />

wollen, und so hatte ich dort schon<br />

einmal beim Forstamt gearbeitet<br />

und ein Spitalpraktikum gemacht»,<br />

erklärt sie. «Das Praktikum im Jugi<br />

hat mir so viel Spass gemacht, dass<br />

ich schliesslich eineinhalb Jahre<br />

dort blieb.» Momentan arbeite sie in<br />

der Carambar, wo sie als Bartenderin<br />

nicht nur Getränke ausschenkte,<br />

sondern auch sehr viel von den<br />

Menschen mitbekomme: Oft fühle<br />

sie sich hierbei wie in einem sozialen<br />

Beruf.<br />

Geheiratet haben die beiden dann<br />

vier Jahre nach ihrer ersten <strong>Begegnung</strong>.<br />

Standesamtlich nur, weil «wir<br />

zwar beide katholisch aufgewachsen,<br />

aber keineswegs praktizierende<br />

Katholiken sind», erklärt Sandra.<br />

Kreativität verbindet<br />

«Ich habe in meiner Jugend eine<br />

musikalische Ausbildung genossen,<br />

lernte während neun Jahren Klavier,<br />

Flöte und Kniegeige spielen»,<br />

sagt Sandra. «Gerne würde ich meiner<br />

Kreativität, die in mir schlummert,<br />

wieder Ausdruck verleihen.<br />

Am wahrscheinlichsten wäre Musik,<br />

aber es könnte auch etwas anderes<br />

sein. Im Moment warte ich noch auf<br />

die Eingebung.» Die Kreativität von<br />

Carmine <strong>ist</strong> es auch, was Sandra an<br />

ihm fasziniert. Und wirklich:<br />

Carmine <strong>ist</strong> ein Vollblutkünstler. Als<br />

Frontmann der Band «Phonetnica»<br />

singt er zu verschiedenen Musikarten<br />

die alten neapolitanischen<br />

Volkslieder, mit denen er in seiner<br />

Jugend aufgewachsen <strong>ist</strong> und die<br />

ihn noch immer stark prägen. Den<br />

Lebensunterhalt verdient er mit<br />

Grafitti: Unter dem Künstlernamen<br />

«Edu» <strong>ist</strong> er in der Schweiz bekannt.<br />

Aber nicht nur von Aufträgen lebt<br />

er: Er gibt auch Workshops.<br />

Integriert und akzeptiert fühlt<br />

sich Carmine in Basel vollkommen.<br />

Sogar ein grösseres Freiheitsgefühl<br />

und mehr künstlerischen Entfaltungsraum<br />

habe er hier als in Neapel.<br />

«Italiener/-innen sind in der<br />

Schweiz gut akzeptiert», meint Carmine.<br />

«Denn wir sind hier nichts<br />

Neues mehr. Die einzige rass<strong>ist</strong>ische<br />

Bemerkung, mit der ich je konfrontiert<br />

wurde, kam von einem<br />

Poliz<strong>ist</strong>en, der mir vor ein paar<br />

Jahren unfreundlich sagte, dass ich<br />

verschwinden solle, wenn ich nicht<br />

arbeiten würde.»<br />

Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03


20<br />

Sport und Gesundheit<br />

Crazy Tricks in Bärennächten<br />

Statt in den Ausgang in die Sporthalle: In der «Bärennacht» treffen sich Jugendliche aus verschiedensten<br />

Nationen samstagnachts zum freien und friedlichen Basketball-Spiel in der Dreirosen-Halle.<br />

Die Idee an sich <strong>ist</strong> simpel, und<br />

eigentlich erstaunt es nicht, dass sie<br />

funktioniert. Warum nicht Jugendlichen<br />

ganz unbürokratisch eine<br />

Halle, Basketbälle und Körbe zur<br />

Verfügung stellen und dazu Sound<br />

abspielen? Im Kleinbasel <strong>ist</strong> diese<br />

Idee für Jugendliche Realität geworden.<br />

Seit Oktober 2000 wird zwischen<br />

Herbst- und Frühjahrsferien<br />

jede Samstagnacht in der Dreirosen-Turnhalle<br />

Basketball gespielt.<br />

«Bärennacht» oder «Midnight Basketball»<br />

heisst der Anlass, der durch<br />

die Unterstützung der Kleinbasler<br />

Gesellschaft zum Bären, des Sportamts<br />

und einer Versicherung möglich<br />

wurde. Initiiert wurde die Multikulti-Sportnacht<br />

von der Gesellschaft<br />

zum Bären, die sich bei ihrer Gründung<br />

vor fünf Jahren zum Ziel gesetzt<br />

hatte, das friedliche Zusammenleben<br />

im Kleinbasel zu fördern.<br />

Die Anregung zur Basketball-Nacht<br />

kam von einer Diplomarbeit der<br />

Fachhochschule für Soziale Arbeit<br />

beider Basel.<br />

Zwischen 30 und 60 Jugendliche<br />

im Alter von 14 bis 18 Jahren treffen<br />

sich nun im Winterhalbjahr samstags<br />

von halb elf bis ein Uhr nachts<br />

bei fetziger Musik, vom DJ aufgelegt,<br />

zu locker geführten Matches.<br />

Und wenn an einem Abend nicht so<br />

viele Jugendliche da sein sollten,<br />

dann werden per Handy-Propaganda<br />

im Nu weitere Mitspielerinnen<br />

«<br />

und Mitspieler mobilisiert. «Die<br />

Bärennacht <strong>ist</strong> nicht unsere Erfindung»,<br />

erklärt Ambros Isler, Basler<br />

Arzt und Gründungsmitglied der<br />

Gesellschaft zum Bären. «Ähnliche<br />

Anlässe für Jugendliche, die dabei<br />

Energien ablassen und Spass haben<br />

können, gibt es zum Beispiel auch<br />

in New York, Hamburg oder Zürich.»<br />

Ladies-Night lockte Spielerinnen<br />

«Midnight Basketball <strong>ist</strong> eine<br />

sehr gute Sache», bestätigt Boris<br />

Avram. «Statt am Rhein zu sitzen<br />

und zu saufen und zu kiffen, können<br />

die Jungen etwas Gutes für sich<br />

tun.»<br />

Der 19-jährige Serbe war von Beginn<br />

des Anlasses mit dabei, zuerst<br />

als Spieler, nun als Spielleiter. «Wir,<br />

mein Kollege Asmir Bekiri und ich,<br />

organisieren die Spiele und schauen,<br />

dass es keinen Streit gibt», sagt<br />

Im Spiel Energien ablassen und keinen Stress suchen.<br />

Zum Beispiel hofft man bei der Leitung immer<br />

noch auf mehr weibliche Verstärkung. ‘Es wäre<br />

lustiger, wenn mehr Frauen kämen’.<br />

der Elektromonteur-Lehrling. Gespielt<br />

wird nämlich ohne Schiedsrichter,<br />

und bei Fouls müssen<br />

Unklarheiten im Gespräch beseitigt<br />

werden. «Aber das regelt sich immer<br />

selber, weil niemand Stress<br />

will», sagt Boris Avram. «Ich fands<br />

gewaltig», erzählt der Ex-NLB-Basketballer<br />

Pascal Kaufmann, der die<br />

Bärennacht zu Beginn leitete. «Ich<br />

hatte am <strong>Anfang</strong> Bedenken, ob alles<br />

friedlich ablaufen würde, aber es<br />

hat sich wieder einmal gezeigt, dass<br />

Sport die Kulturen verbindet», sagt<br />

der 24-Jährige. Neben Schweizern<br />

hat er in der Dreirosen-Halle auch<br />

Südamerikaner, Türken, Asiaten und<br />

Jugendliche vom Balkan und weiteren<br />

Regionen beobachtet. Aber<br />

die Besetzung der Sport-Nacht kann<br />

sich immer wieder ändern. Zum<br />

Beispiel hofft man bei der Leitung<br />

immer noch auf mehr weibliche Verstärkung.<br />

«Es wäre lustiger, wenn<br />

mehr Frauen kämen», meint Boris<br />

Avram. Eine Ladies-Night lockte<br />

zwar einmal viele Spielerinnen zum<br />

Turnier, nun sind die männlichen<br />

Jugendlichen aber wieder deutlich<br />

in der Überzahl.<br />

Sich wohl fühlen, wo man lebt<br />

«Strassenbasketball» werde hier<br />

gespielt, sagt Pascal Kaufmann,<br />

«crazy tricks» sind hip. Aber auch<br />

für Anfänger/-innen gibt es Möglichkeiten.<br />

«Man kann sie fragen, ob sie<br />

schon mitspielen wollen, sonst steht<br />

me<strong>ist</strong>ens eine Halle zum Üben und<br />

für erste Spielchen bereit», sagt Pascal<br />

Kaufmann. Und schliesslich<br />

kann man sich in weiteren Bären-<br />

Basket-Projekten weiterbilden. Im<br />

Juni fand zum Beispiel der vierte<br />

Bärencup, ein Turnier mit gegen 250<br />

Spielerinnen und Spielern, statt, und<br />

im Dezember 2001 wurde ein eigener<br />

Bären-Basket-Club gegründet,<br />

der bereits sechs Teams umfasst und<br />

bei dem Interessierte aller Altersklassen<br />

jederzeit willkommen sind.<br />

«Ich bin davon überzeugt, dass man<br />

sich dort wohl fühlen muss, wo man<br />

«<br />

lebt», erklärt Ambros Isler seine<br />

Motivation, sich in der Gesellschaft<br />

zum Bären zu engagieren. Die Bärennacht,<br />

die am 18. Oktober ein<br />

weiteres Mal ihre Tore öffnet, trägt<br />

dazu wohl bei. Monika Wirth<br />

Informationen zur Bärennacht bei:<br />

Ambros Isler, ahisler@bluewin.ch,<br />

Tel. 061 692 88 11.<br />

Informationen zum Basketballclub<br />

Bären Kleinbasel bei: Pascal Kaufmann,<br />

kaufmannpascal@tiscali.ch,<br />

Natel 079 664 89 94.<br />

FACTS& FIGURES<br />

2-jährige Kinder absolvieren Tag<br />

für Tag das Bewegungspensum<br />

eines erwachsenen Hochle<strong>ist</strong>ungssportlers.<br />

Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03


«Wir unterstützen uns<br />

gegenseitig»<br />

Im Basel Cricket Club treffen verschiedenste Nationalitäten aufeinander.<br />

Probleme gibt es deshalb nicht: Cricket verbindet und erleichtert es den Migranten<br />

und Migrantinnen in Basel, untereinander Kontakte zu knüpfen.<br />

Für einmal wird der Sportplatz<br />

Bachgraben in Basel nicht von<br />

einem Fussballclub genutzt. Er<br />

dient an diesem Sonntagnachmittag<br />

im August als Spielfeld für den<br />

Basel Cricket Club. Sieht man von<br />

weitem die Männer im schicken<br />

weissen Dress und teilweise mit<br />

ledernen Gesichts- und Knieschonern<br />

ausgerüstet, fühlt man sich ins<br />

England des 19. Jahrhunderts versetzt.<br />

Den wenigen Passanten/-innen,<br />

die eher zufällig das Spiel verfolgen,<br />

steht die Überraschung ins Gesicht<br />

geschrieben. «Die me<strong>ist</strong>en Zuschauerinnen<br />

und Zuschauer wissen nicht,<br />

was wir eigentlich spielen», erzählt<br />

Andrew Brooks, Kassier des Basel<br />

Cricket Clubs. Der zwei Meter grosse<br />

Engländer mit den langen roten<br />

Haaren bezeichnet sich selbst als<br />

ziemlich schlechten Spieler. Er sei<br />

dem Club in Basel beigetreten, weil<br />

Cricket eines der wenigen Dinge<br />

sei, die er in der Schweiz vermisse.<br />

Migranten sind sie eigentlich fast<br />

alle, die 22 Mitglieder des Basler<br />

Clubs. Nur ein Schweizer gehört<br />

dazu – doch auch er lebte lange in<br />

Australien, wo er dem dortigen Nationalsport<br />

frönte. Vor allem Inder,<br />

Pak<strong>ist</strong>ani, Engländer, Südafrikaner<br />

und Australier spielen Cricket – und<br />

sind deshalb auch im Basler Club<br />

anzutreffen. Gibt es manchmal Pro-<br />

Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03<br />

bleme bei so vielen Nationalitäten?<br />

«Nein, ganz und gar nicht», sagt<br />

Brooks. «Cricket <strong>ist</strong> ein Mannschaftssport<br />

und wir versuchen, uns<br />

gegenseitig zu unterstützen.»<br />

Schwierige Trainingsbedingungen<br />

Die Liebe zur 20 Meter langen<br />

«Pitch», dem «Wicket» und dem<br />

«Cricketwillow» verbindet sie. Für<br />

ein eher fussballlastiges Land wie<br />

die Schweiz sind dies natürlich<br />

Fremdwörter. Und wer sich in die<br />

Regeln von Cricket einlesen will,<br />

braucht mindesten die Dauer eines<br />

Cricket-Spiels dazu – und das kann<br />

bis zu fünf Tage dauern. «Die komplizierteren<br />

Regeln kennen nur die<br />

Schiedsrichter», gibt Brooks zu.<br />

Obwohl er bereits als Kind in der<br />

Schule Cricket spielte, bleibt die ungeheure<br />

Zahl von Regeln für ihn<br />

ÄHNLICH WIE BASEBALL, ABER VIEL KOMPLIZIERTER<br />

Der Ursprung von Cricket <strong>ist</strong> sehr vage und lässt viel Platz für Spekulationen.<br />

Die eine Theorie besagt, dass das Wort Cricket aus dem angelsächsischen<br />

Wort «Cricce» kommt und so viel bedeutet wie «Crooked Staff», übersetzt<br />

«krummer Stab». Die andere Theorie kommt zu dem Schluss, dass die<br />

Bezeichnung Cricket aus dem flämischen oder dem holländischen «Criquet»<br />

entstanden <strong>ist</strong>. «Criquet» <strong>ist</strong> ein Kirchenstuhl und sieht im Profil fast so aus<br />

wie die Abschlagstellen beim frühen Cricket. Das erste urkundlich nachgewiesene<br />

Cricketspiel fand im Jahre 1646 in Coxheath in Kent, England, statt. Die<br />

gleiche Urkunde birgt auch den ersten Nachweis, dass beim Cricket gewettet<br />

wurde. Cricket <strong>ist</strong> ein Mannschaftssport – zwei Teams mit jeweils elf Spielern<br />

treten gegeneinander an. Ein normales Spiel kann zwischen einem<br />

Nachmittag und mehreren Tagen dauern. Obwohl der Spielablauf und die<br />

Regeln sehr unterschiedlich sind, <strong>ist</strong> das Grundkonzept von Cricket und<br />

Baseball das gleiche. Das beginnende Team schlägt so oft wie möglich in<br />

seinem Durchgang («innings») den Ball und versucht so viel Läufe («runs») wie<br />

möglich zu laufen, um Punkte zu machen. Das gegnerische Team spielt im<br />

Feld («field») und versucht, den Durchgang des anderen Teams zu beenden.<br />

Nachdem jedes Team die gleiche Anzahl an «innings» gespielt hat, gewinnt<br />

das Team mit den me<strong>ist</strong>en Läufen. Cricket <strong>ist</strong> ein typischer Männersport, erst<br />

kürzlich wurde in England eine Frauenmannschaft gegründet.<br />

noch immer unüberschaubar. «Zwar<br />

<strong>ist</strong> es gut, wenn man sie ein wenig<br />

kennt, doch bei uns in der Mannschaft<br />

sind alle willkommen», sagt<br />

Brooks. «Natürlich auch Schweizer.»<br />

Der Basel Cricket Club <strong>ist</strong> laut Brooks<br />

sportlich nicht wirklich erfolgreich:<br />

«Zum einen liegt es sicher daran, dass<br />

wir noch nicht sehr lange ex<strong>ist</strong>ieren.»<br />

Dass der Club in den unteren<br />

Ligen rangiert, liegt aber vor allem<br />

an den schlechten Trainingsbedingungen.<br />

«Im Winter können wir<br />

nicht spielen, da wir keine Halle zur<br />

Verfügung haben.» Trainiert wird<br />

von Mai bis September einmal wöchentlich<br />

in Münchenstein. Jährlich<br />

bestreitet die Mannschaft mit Wahlheimat<br />

Basel zirka sieben Liga- und<br />

fünf Freundschaftsspiele.<br />

Kontakte pflegen und knüpfen<br />

Die Gegner sind Cricket Clubs<br />

aus der Schweiz oder dem nahen<br />

Freiburg. Doch es wird nicht nur gespielt,<br />

sondern auch gefeiert: «Nach<br />

jedem Freundschaftsspiel gibt es ein<br />

Barbecue», erzählt Brooks. Obwohl<br />

der Engländer früher in Zürich wohnte<br />

und schon dort einige Kontakte<br />

knüpfen konnte, erleichterte ihm<br />

der Beitritt zum Cricket Club, in Basel<br />

Anschluss zu finden. «Wir pflegen<br />

einen freundschaftlichen Umgang<br />

und geniessen neben dem<br />

Sport auch gemeinsame Freizeitanlässe»,<br />

berichtet Brooks. Das Publikum<br />

im Bachgraben setzt sich vor<br />

allem aus Familienmitgliedern der<br />

Spieler zusammen. «Die me<strong>ist</strong>en<br />

kennen sich oder lernen sich durch<br />

das Cricket kennen», streicht Brooks<br />

einen weiteren sozialen Aspekt des<br />

Clubs heraus. Und wenn er von seinen<br />

Schweizer Kollegen wegen seiner<br />

speziellen Sportart belächelt<br />

wird, hat er jederzeit eine Antwort<br />

parat: «Hornussen und Schwingen<br />

sind ja wohl auch nicht ganz alltägliche<br />

Sportarten, oder?»<br />

Helen Weiss<br />

Basel Cricket Club<br />

Jay Singh, St. Johanns-Vorstadt 84<br />

4056 Basel, Tel. 061 321 38 55<br />

Homepage:<br />

n.ethz.ch/student/tufailfa/bcc.html<br />

Sport und Gesundheit 21<br />

FRAGEN<br />

3Alemayehu Gadissa,<br />

23 Jahre alt, kommt<br />

aus Äthiopien und <strong>ist</strong><br />

seit 6 Jahren in der Schweiz.<br />

Er war im Jahr 2000 Schweizer<br />

Me<strong>ist</strong>er im Halbmarathon und<br />

trainiert beim LC Basel.<br />

Herr Gadissa, inwieweit hat Ihnen<br />

der Sport geholfen, sich hier in<br />

Basel zu integrieren?<br />

Ich bin gut integriert, obwohl es zu<br />

Beginn schwierig war. Dabei hat der<br />

Sport eine grosse Rolle gespielt. Als<br />

Mitglied im Sportclub habe ich gleich<br />

Leute kennen gelernt und es half mir<br />

auch, die Sprache und die Mentalität<br />

kennen zu lernen. Sport <strong>ist</strong> ein guter<br />

Weg, nette Leute zu treffen. Mein Trainer<br />

hat mir auch sehr geholfen. Als Sportler<br />

habe ich vermutlich mehr profitieren<br />

können als andere Migrantinnen und<br />

Migranten. Ich weiss nicht, ob ich ohne<br />

diese Unterstützung die gleichen<br />

Chancen gehabt hätte.<br />

Werden Ausländer im Bereich<br />

des Sports eher akzeptiert als<br />

anderswo?<br />

Negative Reaktionen, weil ich Ausländer<br />

bin, habe ich bisher nicht direkt erlebt.<br />

Die Leute zeigen es nicht so offen. Ich<br />

versuche, andere Meinungen zu akzeptieren<br />

und ich denke sehr positiv. Es<br />

gibt natürlich Menschen, die eine andere<br />

Meinung haben, und es gibt offene und<br />

gute Menschen, wie überall. Ich fühle<br />

mich wohl hier, auch bei meiner<br />

Lehrstelle und in der Schule.<br />

Auch Sie haben, wie viele andere<br />

Migrantinnen und Migranten, eine<br />

schwierige Geschichte hinter sich<br />

und mussten aus Ihrem Land<br />

fliehen. Inwieweit <strong>ist</strong> der Sport für<br />

Sie eine Hilfe, mit Problemen fertig<br />

zu werden?<br />

Ich kann mir nicht mehr vorstellen, ohne<br />

Sport zu leben. Er <strong>ist</strong> sehr wichtig für<br />

mich, fast wie Wasser und Brot.<br />

Körperlich und seelisch wirkt das Laufen<br />

oder andere Sportarten wie ein<br />

Medikament. Wenn es mir schlecht<br />

geht, gehe ich alleine oder mit Kollegen<br />

laufen und dann geht es mir wieder<br />

besser.


22<br />

Infos aus BS/BL<br />

TELEFONLISTE MÜTTER-/VÄTERBERATUNG BS/BL<br />

GROSSBASEL<br />

WAS, WANN, WO… TELEFONISCHE BERATUNG: MONTAG BIS FREITAG 08.00 BIS 09.30, TELEFON 061 683 38 66, FAX 061 683 38 67<br />

Montag 14.00–17.00*<br />

Chr<strong>ist</strong>ine Schaub Thomaskirche, Hegenheimerstrasse 227<br />

Eingang Kirche<br />

Montag 14.00–17.00<br />

Chr<strong>ist</strong>ine Glatt Kinderhaus Gellert, Emanuel-Büchel-Strasse 16<br />

Montag 14.00–17.00*<br />

Gaby Burgunder FAZ Gundeli, Gundeldingerfeld, Dornacherstrasse 192<br />

Dienstag<br />

Lucia Fölmli 09.00–12.00*<br />

Sabine Knösels 16.00–17.30<br />

Quartierzentrum Bachletten, QUBA, Bachlettenstrasse 12<br />

Dienstag 14.00–17.00*<br />

Lucia Fölmli FAZ Gundeli, Gundeldingerfeld, Dornacherstrasse 192<br />

Dienstag 14.00–17.00*<br />

Chr<strong>ist</strong>ine Schaub Kontaktstelle St. Johann, Mülhauserstrasse 122<br />

Mittwoch 14.00–17.00*<br />

Chr<strong>ist</strong>ine Schaub Kontaktstelle St. Johann, Mülhauserstrasse 122<br />

Donnerstag 10.00–12.00*<br />

Chr<strong>ist</strong>ine Schaub Kontaktstelle Basel-West, Stöberstrasse 36<br />

Die Mütter-/Väterberatungstellen le<strong>ist</strong>en im urbanen Raum wie auch in ländlichen Gebieten einen grossen<br />

Beitrag zur Prävention und zur Gesundheitsförderung. Säuglinge, Kleinkinder wie auch Eltern werden professionell<br />

betreut und beraten. In den Beratungsstellen, die auch <strong>Begegnung</strong>sstätten sind, können junge<br />

Familien Erfahrungen austauschen, was auch die Integration von Migrationsfamilien fördert. Die Mütterund<br />

Väterberaterinnen sind Spezial<strong>ist</strong>innen für die körperliche, seelische und ge<strong>ist</strong>ige Entwicklung von<br />

Säuglingen und Kleinkindern. Sie bieten Beratungen für das Stillen, die Ernährung, Pflege, Entwicklung,<br />

Erziehung und die Beratung in medizinischen Fragen an. Sie beraten in psychosozialen Fragen und unterstützen<br />

die Eltern, ihre Rolle als Mutter bzw. Vater zu finden. In den Beratungsstellen knüpfen Eltern wichtige<br />

soziale Kontakte untereinander und können sich über allerlei informieren.<br />

BaBeRas<br />

KLEINBASEL<br />

Montag 14.30–17.00<br />

Marianne Eckert Elternzentrum Hirzbrunnen, ELCH<br />

Allmendstrasse 134<br />

Dienstag 14.00–17.00<br />

Marianne Eckert Brückenkopf 1. Stock, Kleinhüningerstrasse 205<br />

Mittwoch 14.00–17.00<br />

Marianne Eckert Mütter- und Väterberatungsstelle, Clarastrasse 13<br />

Donnerstag 16.00–17.30*<br />

Marianne Eckert Mütter- und Väterberatungsstelle<br />

Clarastrasse 13<br />

für Türkisch Sprechende mit Dolmetscherin<br />

Freitag 09.00–12.00*<br />

Marianne Rickli Eltern-Kind-Zentrum MaKly, Claragraben 158<br />

RIEHEN, BETTINGEN<br />

Donnerstag 09.00–12.00*<br />

Sabine Knösels «Meierhof», Kirchstrasse 20<br />

Freitag 10.30–14.30*<br />

Sabine Knösels Andreashaus, Keltenweg 41<br />

Freitag 09.00–12.00 * Voranmeldung möglich, telefonisch 061 683 38 66<br />

Chr<strong>ist</strong>ine Glatt Don-Bosco-Kirche, Waldenburgerstrasse 32 oder in der Beratungsstelle<br />

Eingang Eptingerstrasse<br />

BASELLANDSCHAFTLICHE BERATUNGSSTELLE GEGEN RASSISMUS<br />

Oberfeldstrasse 11A | 4133 Pratteln | Tel. 061 821 44 55 | E-Mail baberas@gmx.ch<br />

Beratungen ab 1. November 2003 jeweils dienstags 14 –16 Uhr<br />

Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03


Beratungsort Mütterberaterinnen Telefon Tel.-Beratung Beratungsort Mütterberaterinnen Telefon Tel.-Beratung<br />

Aesch Jau Brigitte 061 931 38 54 Mo–Fr 8.00–9.00<br />

Allschwil Rudin Petra 061 481 91 65 Mo–Fr 8.00–9.30<br />

Anwil Ryf Chr<strong>ist</strong>ine 061 971 41 75 jederzeit möglich<br />

Arboldswil Albertini Ursula 061 933 95 83 Mo/Mi/Fr 7.30–8.30<br />

Arisdorf Degen Verena 061 971 56 56 Mo–Fr 7.30–8.30<br />

Arlesheim Wichtermann Beatrix 061 706 90 30 Di/Fr 8.00–11.00<br />

Augst Degen Verena 061 971 56 56 Mo–Fr 7.30–8.30<br />

Bennwil Rösler Anne 061 771 93 78 Mo–Fr 7.30–8.30<br />

Biel-Benken Ott Susi 061 721 88 11 Mo–Fr 8.00–9.30<br />

Binningen Zaberer Regula 061 421 23 46 Mo–Fr 8.00–9.30<br />

Birsfelden Hufschmid Kr<strong>ist</strong>ina 061 312 91 77 Mo–Fr 8.00–9.00<br />

Blauen Heizmann Gaby 061 761 16 65 Mo–Fr 7.30–8.30<br />

Böckten Peter Rosmarie 061 971 33 25 jederzeit möglich<br />

Bottmingen Ott Susi 061 721 88 11 Mo–Fr 8.00–9.30<br />

Bretzwil Albertini Ursula 061 933 95 83 Mo/Mi/Fr 7.30–8.30<br />

Brislach Heizmann Gaby 061 761 16 65 Mo–Fr 7.30–8.30<br />

Bubendorf Degen Verena 061 971 56 56 Mo–Fr 7.30–8.30<br />

Buckten Leuenberger Susanne 062 299 27 30 Mo–Fr 9.30–10.00<br />

Burg Heizmann Gaby 061 761 16 65 Mo–Fr 7.30–8.30<br />

Buus Schmid Jacqueline 061 811 53 73 Mo–Fr 8.00–9.00<br />

Diegten Degen Verena 061 971 56 56 Mo–Fr 7.30–8.30<br />

Diepflingen Grieder Andrea 061 983 03 02 keine festen Zeiten<br />

Dittingen Heizmann Gaby 061 761 16 65 Mo–Fr 7.30–8.30<br />

Duggingen Heizmann Gaby 061 761 16 65 Mo–Fr 7.30–8.30<br />

Eptingen Degen Verena 061 971 56 56 Mo–Fr 7.30–8.30<br />

Ettingen Ott Susi 061 721 88 11 Mo–Fr 8.00–9.30<br />

Frenkendorf Rösler Anne 061 771 93 78 Mo–Fr 7.30–8.30<br />

Füllinsdorf Rösler Anne 061 771 93 78 Mo–Fr 7.30–8.30<br />

Gelterkinden Bohny Edith 061 971 54 47 Mo–Fr 7.30–8.30<br />

Giebenach Degen Verena 061 971 56 56 Mo–Fr 7.30–8.30<br />

Grellingen Heizmann Gaby 061 761 16 65 Mo–Fr 7.30–8.30<br />

Häfelfingen Leuenberger Susanne 062 299 27 30 Mo–Fr 9.30–10.00<br />

Hemmiken Schmid Jacqueline 061 811 53 73 Mo–Fr 8.00–9.00<br />

Hersberg Rösler Anne 061 771 93 78 Mo–Fr 7.30–8.30<br />

Hölstein Probst Verena 061 941 16 71 Mo–Fr 8.30–9.30<br />

Itingen Peter Rosmarie 061 971 33 25 jederzeit möglich<br />

Känerkinden Leuenberger Susanne 062 299 27 30 Mo–Fr 9.30–10.00<br />

Kilchberg Leuenberger Susanne 062 299 27 30 Mo–Fr 9.30–10.00<br />

Lampenberg Probst Verena 061 941 16 71 Mo–Fr 8.30–9.30<br />

Langenbruck Rösler Anne 061 771 93 78 Mo–Fr 7.30–8.30<br />

Läufelfingen Leuenberger Susanne 062 299 27 30 Mo–Fr 9.30–10.00<br />

Laufen Heizmann Gaby 061 761 16 65 Mo–Fr 7.30–8.30<br />

Lausen Degen Verena 061 971 56 56 Mo–Fr 7.30–8.30<br />

Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03<br />

Infos aus BS/BL 23<br />

Lauwil Albertini Ursula 061 933 95 83 Mo/Mi/Fr 7.30–8.30<br />

Liedertswil Probst Verena 061 941 16 71 Mo–Fr 8.30–9.30<br />

Liesberg Heizmann Gaby 061 761 16 65 Mo–Fr 7.30–8.30<br />

Liestal Rösler Anne 061 771 93 78 Mo–Fr 7.30–8.30<br />

Lupsingen Rösler Anne 061 771 93 78 Mo–Fr 7.30–8.30<br />

Maisprach Schmid Jacqueline 061 811 53 73 Mo–Fr 8.00–9.00<br />

Münchenstein Hufschmid Kr<strong>ist</strong>ina 061 751 41 14 Mo–Fr 8.00–9.00<br />

Muttenz Schirm Rosmarie 061 461 27 78 Mo–Fr 8.00–9.00<br />

Muttenz Prescha Rita ab 1. Nov. 03 061 462 00 62 Mo–Fr 8.00–9.00<br />

Nenzlingen Heizmann Gaby 061 761 16 65 Mo–Fr 7.30–8.30<br />

Niederdorf Rösler Anne 061 771 93 78 Mo–Fr 7.30–8.30<br />

Oberdorf Probst Verena 061 941 16 71 Mo–Fr 8.30–9.30<br />

Oberwil Zaberer Regula 061 421 23 46 Mo–Fr 8.00–9.30<br />

Oltingen Ryf Chr<strong>ist</strong>ine 061 971 41 75 jederzeit möglich<br />

Ormalingen Bohny Edith 061 971 54 47 Mo–Fr 7.30–8.30<br />

Pfeffingen Jau Brigitte 061 931 38 54 Mo–Fr 8.00–9.00<br />

Pratteln Degen Verena 061 971 56 56 Mo–Fr 7.30–8.30<br />

Ramlinsburg Degen Verena 061 971 56 56 Mo–Fr 7.30–8.30<br />

Reigoldswil Albertini Ursula 061 933 95 83 Mo/Mi/Fr 7.30–8.30<br />

Reinach Bührer Edith 061 711 88 93 Di–Fr 8.00–9.30<br />

Rickenbach Schmid Jacqueline 061 811 53 73 Mo–Fr 8.00–9.00<br />

Roggenburg Heizmann Gaby 061 761 16 65 Mo-Fr 7.30–8.30<br />

Röschenz Heizmann Gaby 061 761 16 65 Mo–Fr 7.30–8.30<br />

Rothenfluh Ryf Chr<strong>ist</strong>ine 061 971 41 75 jederzeit möglich<br />

Rümlingen Leuenberger Susanne 062 299 27 30 Mo–Fr 9.30–10.00<br />

Rünenberg Leuenberger Susanne 062 299 27 30 Mo–Fr 9.30–10.00<br />

Schönenbuch Rudin Petra 061 481 91 65 Mo–Fr 8.00–9.30<br />

Seltisberg Albertini Ursula 061 933 95 83 Mo/Mi/Fr 7.30–8.30<br />

Sissach Ryf Chr<strong>ist</strong>ine 061 971 41 75 jederzeit möglich<br />

Tecknau Ryf Chr<strong>ist</strong>ine 061 971 41 75 jederzeit möglich<br />

Tenniken Ryf Chr<strong>ist</strong>ine 061 971 41 75 jederzeit möglich<br />

Therwil Ott Susi 061 721 88 11 Mo–Fr 8.00–9.30<br />

Thürnen Grieder Andrea 061 971 21 31 keine festen Zeiten<br />

Titterten Albertini Ursula 061 933 95 83 Mo/Mi/Fr 7.30–8.30<br />

Wahlen Heizmann Gaby 061 761 16 65 Mo–Fr 7.30–8.30<br />

Waldenburg Probst Verena 061 941 16 71 Mo–Fr 8.30–9.30<br />

Wenslingen Ryf Chr<strong>ist</strong>ine 061 971 41 75 jederzeit möglich<br />

Wintersingen Schmid Jacqueline 061 811 53 73 Mo–Fr 8.00–9.00<br />

Wittinsburg Leuenberger Susanne 062 299 27 30 Mo–Fr 9.30–10.00<br />

Zeglingen Leuenberger Susanne 062 299 27 30 Mo–Fr 9.30–10.00<br />

Ziefen Albertini Ursula 061 933 95 83 Mo/Mi/Fr 7.30–8.30<br />

Zunzgen Bohny Edith 061 971 54 47 Mo–Fr 7.30–8.30<br />

Zwingen Heizmann Gaby 061 761 16 65 Mo–Fr 7.30–8.30<br />

Berufsschau 03, Pratteln<br />

FÜHRUNGEN FÜR FREMDSPRACHIGE ELTERN<br />

Für fremdsprachige Eltern stellt die Berufswahl ihrer Kinder eine besondere Herausforderung dar. An der Berufsschau 03 in Pratteln gibt es aus diesem Grund dieses<br />

Jahr zum ersten Mal fremdsprachige Führungen für Eltern von Jugendlichen vor der Berufswahl. Die Eltern werden von interkulturellen Vermittlern/-innen durch die<br />

Ausstellung geführt, die sich speziell auf diese Aufgabe vorbereitet haben, und erhalten dabei alle wichtigen Informationen in ihrer Landessprache.<br />

WANN? 24./25.10.03 (FREITAGABEND, SAMSTAG, S. ELTERNEINLADUNG) DURCH DIE FÜHRUNGEN ERHALTEN DIE FREMDSPRACHIGEN ELTERN:<br />

• Zugang zur Berufsschau • eine Übersicht über die Ausbildungsmöglichkeiten nach der obligatorischen Schule • Gelegenheit, mit Ausbildungsverantwortlichen ins<br />

Gespräch zu kommen • Informationen, wie sie ihre Töchter und Söhne bei der Berufswahl und der Lehrstellensuche unterstützen können.<br />

Informationen und übersetzte Unterlagen für Eltern:<br />

Elisabeth Nussbaumer • Berufs- und Studienberatung BL • Rosenstrasse 25 • 4410 Liestal • Tel. 061 927 28 16 • E-Mail elisabeth.nussbaumer@bksd.bl.ch<br />

DATEN DER FREMSPRACHIGEN FÜHRUNGEN<br />

Freitag, 24.10.03 Samstag, 25.10.03<br />

Albanisch 18.45 10.00 12.00<br />

Bosnisch, Kroatisch, Serbisch 18.15 10.30 12.30<br />

Englisch 18.30 10.30<br />

Französisch 19.45 12.00<br />

Kurdisch 19.30 11.45<br />

Freitag, 24.10.03 Samstag, 25.10.03<br />

Persisch 18.00 10.45<br />

Portugiesisch 18.15 10.15<br />

Spanisch 18.00 10.15 12.30<br />

Tamilisch 18.30 10.45 12.45<br />

Türkisch 17.45 10.00 13.15


24<br />

Tipps<br />

Internet-Links<br />

www.imes.admin.ch Bundesamt für Zuwanderung, Integration und Auswanderung<br />

www.asyl.admin.ch Bundesamt für Flüchtlinge (BFF)<br />

www.suchtundaids.bag.admin.ch/themen/migration Fachstelle Migration und Gesundheit des Bundesamtes für Gesundheit (BAG)<br />

www.iamaneh.ch International Association for Maternal and Neonatal Health, das Hilfswerk<br />

setzt sich ein für die Verbesserung und den Schutz der psychischen,<br />

physischen und sozialen Gesundheit von Frauen und Kindern<br />

www.heks.ch Hilfswerk der evangelischen Kirchen der Schweiz<br />

www.ahbb.ch Aids-Hilfe beider Basel<br />

www.unibas.ch/ispmbs/ Institut für Sozial- und Präventivmedizin Basel<br />

www.aramis-research.ch/d/14880.html Ethnologisch-Psychologisches Zentrum Zürich, Therapie- und Betreuungsmodell<br />

für psychisch kranke und traumatisierte Personen des Asylbereichs<br />

www.migrations-population.ch Schweizerisches Forum für Migrations- und Bevölkerungsstudien<br />

www.inter-pret.ch Schweizerische Interessensgemeinschaft zur Förderung von Übersetzung<br />

und kultureller Mediation im Gesundheits-, Sozial- und Bildungsbereich<br />

www.srk.ch/org/national/mig Abteilung Migration des Schweizerischen Roten Kreuzes<br />

www.sti.ch Schweizerisches Tropeninstitut<br />

www.icmh.ch International Centre for Migration and Health, Genf<br />

www.srk.ch/activities/migration/health/d04c03_html Ambulatorium für Folter- und Kriegsopfer SRK<br />

www.bsgp.ch/agtrauma.html Arbeitsgruppe von Ärzten in Basel zum Thema Folter/Trauma<br />

WEITERFÜHRENDE SCHRIFTEN abc<br />

Macht Migration krank? Eine transdisziplinäre Analyse der Gesundheit von Migrantinnen und Migranten. Regula Weiss.<br />

Seismo Verlag Zürich. 2003.<br />

Migration und Gesundheit. Hrsg.: Hans-Rudolf Wicker, Rosita Fibbi. Seismo Verlag Zürich. 2003.<br />

Migration und Gesundheit. Beurteilung der gesundheitlichen Betreuung von MigrantInnen in der Region Basel.<br />

Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Basel (ISPM), Dr. Elisabeth Zemp Stutz, 2001<br />

DIE MIGRATIONSKAMPAGNE IM INTERNET:<br />

@<br />

www.migration.bl.bs.ch<br />

Tatsachen gegen Vorurteile.<br />

Ein Beitrag der Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft zur sachlichen Diskussion im Umgang mit Menschen.<br />

Der Deutsch-Intensivkurs für Fremdsprachige<br />

Berlitz präsentiert das neue Programm<br />

«Hallo Basel»<br />

Deutsch lernen in<br />

Alltagssituationen<br />

Unterricht täglich<br />

Kursstart monatlich<br />

Mehr Infos bei:<br />

Berlitz Schools of Languages AG Steinentorstrasse 45 4051 Basel<br />

Tel. + 41 61 226 90 40 Fax + 41 61 226 90 41 E-Mail basel@berlitz.ch<br />

DIE KAMPAGNE WIRD VON<br />

DER FACHSTELLE FÜR RASSISMUS-<br />

BEKÄMPFUNG MITFINANZIERT.<br />

FACTS& FIGURES<br />

Die Lebenserwartung eines Japaners<br />

(80,0 Jahre) <strong>ist</strong> nahezu doppelt so<br />

hoch wie die eines Zentralafrikaners<br />

(44,9 Jahre).<br />

Ausländerberatung der GGG<br />

Tel. 061 206 92 22<br />

auslaenderberatung@ggg-basel.ch<br />

und<br />

GGG Informationsstelle Integration<br />

Tel. 061 206 92 27<br />

informationsstelle.integration@ggg-basel.ch<br />

Eulerstrasse 26, 4051 Basel<br />

Fax 061 272 64 57<br />

www.auslaenderberatung-basel.ch<br />

Ausländerdienst Baselland<br />

Fachstelle Integration<br />

Bahnhofstrasse 16<br />

4133 Pratteln 1<br />

Tel. 061 827 99 00<br />

Fax 061 827 99 09<br />

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www.auslaenderdienstbl.ch<br />

... Ihre regionalen Fachstellen bei<br />

Fragen zu den Themen Integration<br />

und Migration<br />

... und für individuelle Beratungen zu<br />

sozialen und rechtlichen Fragen in<br />

verschiedenen Sprachen<br />

... www.integration-bsbl.ch<br />

BEWEGUNG MACHT SPASS!<br />

Die <strong>Migrationszeitung</strong> Nr. 8/03

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