Prozess - Memorium Nürnberger Prozesse
Prozess - Memorium Nürnberger Prozesse
Prozess - Memorium Nürnberger Prozesse
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<strong>Memorium</strong><br />
<strong>Nürnberger</strong><br />
<strong>Prozess</strong>e<br />
Die Ausstellung – Eine Übersicht
»Die Untaten, Die wir zU verUrteilen<br />
UnD zU bestrafen sUchen, waren<br />
so aUsgeklügelt, so böse UnD von so<br />
verwüstenDer wirkUng, Dass Die<br />
menschliche zivilisation es nicht<br />
DUlDen kann, sie Unbeachtet zU<br />
lassen, sie würDe sonst eine wieDer-<br />
holUng solchen Unheils nicht<br />
überleben.«<br />
Robert H. Jackson,<br />
Hauptankläger der USA,<br />
am 21. November 1945<br />
Sportübungen
2<br />
Das memoriUm nürnberger prozesse<br />
Das Terrorregime der Nationalsozialisten hatte zu<br />
einem Zivilisationsbruch und zu menschlichem Leid<br />
von bis dahin unvorstellbaren Ausmaßen geführt.<br />
Durch die <strong>Nürnberger</strong> <strong>Prozess</strong>e, in denen sich<br />
1945/46 erstmals in der Geschichte Repräsentanten<br />
eines Staates wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen<br />
gegen die Menschlichkeit verantworten mussten,<br />
wurde der Saal 600 im <strong>Nürnberger</strong> Justizgebäude<br />
zu einem Ort der Weltgeschichte. Ohne die<br />
<strong>Nürnberger</strong> <strong>Prozess</strong>e und die <strong>Nürnberger</strong> Prinzipien<br />
wären eine Aufarbeitung des Unrechts und die<br />
Entwicklung zu einer internationalen Völkerstrafgerichtsbarkeit<br />
nicht möglich gewesen.<br />
Das 2010 eröffnete <strong>Memorium</strong> <strong>Nürnberger</strong> <strong>Prozess</strong>e<br />
besteht aus einer umfassend informierenden Dokumentationsausstellung<br />
und dem Schwurgerichtssaal:<br />
Die „Kraft des Ortes“ und die „Macht der Worte“<br />
verbinden sich zu einem Erkenntnisort, der eine Lücke<br />
in der Erinnerungs- und Gedenkstättenlandschaft<br />
zwischen geschichtsbezogener Dokumentation sowie<br />
gegenwarts- und zukunftsorientierter Aufklärungsund<br />
Bildungsarbeit schließt.<br />
DAS<br />
MEMORIUM<br />
nürnberg<br />
Eingang zum <strong>Memorium</strong> <strong>Nürnberger</strong> <strong>Prozess</strong>e<br />
Einblick von der Ausstellungsebene in den Saal<br />
Ausstellungsszenario, 2010
Das <strong>Nürnberger</strong> Justizgebäude, 2010
4<br />
gerichtsort nürnberg<br />
Für die im August 1945 von den Alliierten auf der<br />
Londoner Konferenz getroffene Entscheidung, das<br />
erste Verfahren des Internationalen Militärgerichtshofs<br />
in Nürnberg durchzuführen, gab es vor allem<br />
infrastrukturelle Gründe. Der kaum beschädigte<br />
Justizpalast an der Fürther Straße bot mit 530<br />
Büros und 80 Verhandlungssälen Platz für das<br />
zahlreiche Personal aus vier Nationen.<br />
Das nördlich unmittelbar angrenzende Gefängnis<br />
vereinfachte die Unterbringung und den Schutz<br />
der Gefangenen. Zu ihnen zählten ja nicht nur die<br />
Angeklagten, sondern auch etliche belastete Zeugen,<br />
gegen die später selbst verhandelt wurde. Nürnbergs<br />
historische Rolle als „Stadt der Reichsparteitage“<br />
und als Verkündungsort der „Rassengesetze“ war<br />
zwar nicht für die Wahl als Gerichtsort ausschlaggebend,<br />
verlieh ihm aber eine besondere symbolische<br />
Bedeutung.<br />
Gerichtsortnürnberg<br />
Das alte Zellengefängnis<br />
Ständige Bewachung im Gefängnistrakt,<br />
1945/46<br />
Der hölzerne Verbindungsgang zum<br />
Gericht
Der Justizpalast mit dem dahinter<br />
liegenden Gefängnis, 1945/46
6<br />
Der saal 600 – UmbaU für Den prozess<br />
Im August 1945 beschlagnahmten die Amerikaner<br />
den gesamten Justizpalast und bauten ihn für den<br />
<strong>Prozess</strong> um. Dies betraf vor allem den Schwurgerichtssaal<br />
mit der Raumnummer 600. Die größte<br />
bauliche Veränderung war der Einbau von Zuschauertribünen.<br />
Die heutige Rückwand des Saals wurde<br />
herausgebrochen, um Platz für Pressevertreter zu<br />
gewinnen. Darüber bauten die Amerikaner eine<br />
Empore für Zuschauer ein. Heute sind dort vier<br />
kleine Fenster, durch die man von der Ausstellungsebene<br />
aus in den Saal blicken kann.<br />
An der Decke des Saals hingen anstelle der früheren<br />
Kronleuchter große Lichtstrahler. Sie waren notwendig,<br />
weil die Saalfenster aus Sicherheitsgründen<br />
verhängt wurden und um Filmaufnahmen während<br />
des Verfahrens machen zu können. Mehrere neu<br />
geschaffene Wanddurchbrüche über und in der<br />
Holzvertäfelung dienten als Einsichtsmöglichkeiten<br />
für die Berichterstatter und Kameraleute.<br />
Der Saal<br />
600UmbaU<br />
US-Offiziere besichtigen den Saal 600,<br />
1945<br />
Durchbruch über der Holzvertäfelung<br />
Blick zur neuen Pressetribüne
Saal 600 nach dem Umbau
8<br />
Die angeklagten<br />
Auch wenn maßgebliche Figuren des „Dritten Reichs“ sich ihrer<br />
Verantwortung durch Selbstmord (Adolf Hitler, Joseph Goebbels,<br />
Heinrich Himmler) entzogen hatten, gelang es den Alliierten nach<br />
Kriegsende, der wichtigsten Vertreter der Partei, Politik, Wirtschaft<br />
und des Militärs habhaft zu werden und sie vor Gericht zu stellen.<br />
Untere reihe von links:<br />
Hermann Göring, Rudolf Heß, Joachim von Ribbentrop, Wilhelm<br />
Keitel, Ernst Kaltenbrunner, Alfred Rosenberg, Hans Frank,<br />
Wilhelm Frick, Julius Streicher, Walther Funk, Hjalmar Schacht<br />
obere reihe von links:<br />
Karl Dönitz, Erich Raeder, Baldur von Schirach, Fritz Sauckel,<br />
Alfred Jodl, Franz von Papen, Arthur Seyß-Inquart, Albert Speer,<br />
Konstantin von Neurath, Hans Fritzsche<br />
Angeklagt, aber nicht vor Gericht: Robert Ley (Selbstmord vor<br />
<strong>Prozess</strong>beginn), Gustav Krupp von Bohlen und Halbach<br />
(wegen Krankheit, † 1950), Martin Bormann (vermisst, †<br />
1945)<br />
Die Angeklagten<br />
<strong>Prozess</strong>-<br />
Parteien<br />
angeklagte<br />
Göring im Zeugenstand<br />
Ein Verteidiger spricht mit von Papen<br />
Julius Streicher in seiner Zelle
Ausstellungsszenographie: Die Angeklagten-Ecke
10<br />
ankläger UnD richter<br />
Am 20. November 1945 begann das Verfahren des<br />
Internationalen Militärgerichtshofs gegen führende<br />
Vertreter des NS-Regimes. Die vier Alliierten stellten<br />
sowohl die Richter (Vorsitz: Großbritannien) wie auch<br />
die Ankläger. In seiner Eröffnungsansprache am<br />
21. November formulierte der amerikanische Hauptankläger,<br />
Robert H. Jackson, den hohen Anspruch<br />
an den <strong>Prozess</strong>:<br />
„Wir dürfen niemals vergessen, dass nach dem gleichen<br />
Maß, mit dem wir die Angeklagten heute messen,<br />
auch wir morgen von der Geschichte gemessen<br />
werden. Diesen Angeklagten einen vergifteten Becher<br />
reichen, bedeutet, ihn an unsere eigenen Lippen zu<br />
bringen. Wir müssen an unsere Aufgabe mit so viel<br />
innerer Überlegenheit und geistiger Unbestechlichkeit<br />
herantreten, dass dieser <strong>Prozess</strong> einmal der Nachwelt<br />
als die Erfüllung menschlichen Sehnens nach Gerechtigkeit<br />
erscheinen möge.“<br />
<strong>Prozess</strong>-<br />
Parteien<br />
ankläger<br />
Robert H. Jackson<br />
Hauptankläger der USA<br />
General Roman A. Rudenko<br />
Hauptankläger der Sowjetunion<br />
Hartley William Shawcross<br />
Hauptankläger Großbritanniens<br />
Auguste Champetier de Ribes<br />
Hauptankläger Frankreichs<br />
Geoffrey Lawrence<br />
Richter Großbritanniens<br />
Gerichtsvorsitzender<br />
Iona T. Nikitschenko<br />
Richter der UdSSR<br />
Francis A. Biddle<br />
Richter der USA<br />
Henri Donnedieu des Vabres<br />
Richter Frankreichs
Ausstellungsszenographie: Die Richterwand
12<br />
Die verteiDiger<br />
Die Angeklagten konnten sich entweder selbst oder<br />
mit Hilfe eines Anwalts verteidigen. Trotz ihres eingeschränkten<br />
Handlungsspielraums bei der Beschaffung<br />
von Dokumenten und Zeugen behaupteten sich die<br />
Verteidiger in einigen Punkten gegen die oft besser<br />
vorbereiteten Ankläger. Sie versuchten auch als Gruppe<br />
ihre Interessen durchzusetzen und vermochten die<br />
Annahme von Verteidigungsmaterial in ihrem Sinne<br />
zu regeln.<br />
Die zeUgen UnD beweise<br />
Im Verlauf des <strong>Prozess</strong>es wurden insgesamt mehr als<br />
280 Zeugen befragt. Das Gericht musste sie nicht persönlich<br />
anhören, sondern konnte sich auch auf eidesstattliche<br />
Erklärungen („affidavits“) von Zeugen beziehen.<br />
Nicht zuletzt aufgrund der Aussagen von Überlebenden<br />
des Holocaust erfuhr die Weltöffentlichkeit die<br />
Dimension der verbrecherischen Politik des „Dritten<br />
Reiches“ einschließlich des Völkermordes. Als Beweismittel<br />
dienten der Anklagebehörde neben Zeugenvernehmungen<br />
auch Filmaufnahmen von den durch<br />
alliierte Streitkräfte befreiten Konzentrationslagern.<br />
<strong>Prozess</strong>-<br />
Parteien<br />
verteiDiger<br />
Einige der Verteidiger, 1945/46<br />
Marie-Claude Vaillant-Coutourier berichtete über<br />
die Verbrechen in den Konzentrationslagern<br />
Auschwitz und Ravensbrück, 28. Januar 1946<br />
Präsentation von Beweismaterial im Gerichtssaal
Ausstellungsszenographie: Die Verteidiger, Dolmetscher
14<br />
Die Urteile<br />
Der <strong>Prozess</strong> umfasste 218 Verhandlungstage. Oft<br />
boten langwierige Verlesungen und Vernehmungen<br />
dem Betrachter wenig Abwechslung. Gleichwohl<br />
gab es etliche Tage, an denen Zeugen, Ankläger und<br />
Beweise für Aufsehen sorgten. Am 31. August 1946<br />
konnten die Angeklagten sich mit kurzen Stellungnahmen<br />
letztmalig an das Gericht und die Öffentlichkeit<br />
wenden. Anschließend vertagte sich das Gericht<br />
für die Urteilsberatungen bis zum 30. September.<br />
Die zweitägige Verkündung der Urteile stieß international<br />
auf ein großes Medieninteresse. Am 30.<br />
September erfolgte die Darlegung des Beweismaterials<br />
gegen die Angeklagten und gegen die als verbrecherisch<br />
eingestuften Organisationen NSDAP-<br />
Führerkorps, Gestapo, Sicherheitsdienst und SS<br />
(mit Ausnahme der Reiter-SS). Am Vormittag des<br />
1. Oktober verlasen die Richter im Wechsel zunächst<br />
die Verurteilungen und die drei Freisprüche mit<br />
Begründungen. Am Nachmittag verkündete das<br />
Gericht die Strafmaße: drei Freisprüche, zwölfmal Tod<br />
durch den Strang (gegen Bormann in Abwesenheit),<br />
drei lebenslange und vier langjährige Freiheitsstrafen.<br />
prozessverlauf<br />
Urteile<br />
Sonderausgabe der „Süddeutschen Zeitung“<br />
vom 1. Oktober 1946
Ausstellungsszenographie: Tafeln mit dem <strong>Prozess</strong>verlauf, Urteilswand
16<br />
Die nachfolgeprozesse<br />
Der <strong>Prozess</strong> gegen die Hauptkriegsverbrecher blieb<br />
nicht die einzige Anstrengung, die NS-Verbrechen<br />
strafrechtlich zu ahnden. In Nürnberg standen zwischen<br />
1946 und 1949 in zwölf Nachfolgeprozessen<br />
177 hochrangige Mediziner, Juristen und Industrielle,<br />
SS- und Polizeiführer, Militärs, Beamte und Diplomaten<br />
vor US-Militärgerichten. Die Verfahren belegten,<br />
wie sehr die deutsche Führungsschicht zum Entstehen<br />
und Funktionieren des NS-Regimes beigetragen<br />
hatte. Der einsetzende Kalte Krieg und die Gründung<br />
der Bundesrepublik Deutschland führten jedoch dazu,<br />
dass die Hälfte der in den Nachfolgeprozessen zum<br />
Tode Verurteilten begnadigt und die zu Freiheitsstrafen<br />
Verurteilten fast alle vorzeitig aus der Haft<br />
entlassen wurden.<br />
Weitere NS-Strafprozesse – auch vor deutschen<br />
Gerichten – folgten. Am bekanntesten wurden der<br />
Frankfurter Auschwitz-<strong>Prozess</strong> zwischen 1963 und<br />
1965 und der Majdanek-<strong>Prozess</strong> in Düsseldorf von<br />
1975-81.<br />
Nachfolgeprozesse<br />
aUfarbeitUng<br />
Die Anklagebank im <strong>Nürnberger</strong><br />
Ärzteprozess, 1946<br />
Alfried Krupp von Bohlen und Halbach<br />
im Krupp-<strong>Prozess</strong>, 1947<br />
Frankfurter Auschwitz-<strong>Prozess</strong>, 1964
Ausstellungsszenographie: Die Nachfolgeprozesse
18<br />
von nürnberg nach Den haag<br />
Zurückblickend scheint ein gerader Weg vom <strong>Nürnberger</strong><br />
<strong>Prozess</strong> 1945 zum heutigen Internationalen Strafgerichtshof<br />
(IStGH) zu führen. Doch das „Versprechen<br />
von Nürnberg“, Staatsverbrechen zu ahnden, blieb<br />
Jahrzehnte lang unerfüllt. Erstmals zu den Verbrechen<br />
während der Kriege auf dem Gebiet des ehemaligen<br />
Jugoslawien in den 1990er Jahren setzte der UN-Sicherheitsrat<br />
einen Internationalen Strafgerichtshof ein.<br />
Am 1. Juli 2002 nahm der Internationale Strafgerichtshof<br />
in Den Haag seine Arbeit auf. Er ist ein unabhängiges<br />
Gericht auf der Grundlage eines völkerrechtlichen<br />
Vertrags („Römisches Statut“ von 1998). Damit unterliegen<br />
in der Regel nur die Mitgliedstaaten seiner<br />
Gerichtsbarkeit. Wichtige Großmächte wie die USA,<br />
Russland, Indien, China oder Israel haben das Statut<br />
des Internationalen Strafgerichtshofs immer noch nicht<br />
ratifiziert. Mit der 2010 festgelegten Definition des<br />
Angriffskriegs als Tatbestand schließt sich jedoch immerhin<br />
die letzte Lücke im Bogen zum <strong>Nürnberger</strong> <strong>Prozess</strong>.<br />
Nürnberg sieht sich dem moralischen Erbe des <strong>Prozess</strong>es<br />
u.a. mit der Installation der „Straße der Menschenrechte“<br />
und der Verleihung des <strong>Nürnberger</strong><br />
Menschenrechtspreises (alle zwei Jahre) verpflichtet.<br />
NürNberger<br />
prinzipien<br />
Sitz des IStGH in Den Haag<br />
Richter des IStGH in Den Haag<br />
Die Straße der Menschenrechte
grUnDsatz i<br />
Jede Person, die eine Handlung begeht, welche nach<br />
dem Völkerrecht ein Verbrechen darstellt, ist hierfür<br />
verantwortlich und unterliegt der Bestrafung.<br />
grUnDsatz ii<br />
Die Tatsache, dass das innerstaatliche Recht keine<br />
Strafe für eine Handlung vorsieht, die nach dem Völkerrecht<br />
ein Verbrechen darstellt, befreit die Person,<br />
welche diese Handlung begangen hat, nicht von ihrer<br />
Verantwortlichkeit nach dem Völkerrecht.<br />
grUnDsatz iii<br />
Die Tatsache, dass eine Person eine nach dem Völkerrecht<br />
als Verbrechen geltende Handlung als Staatsoberhaupt<br />
oder staatlicher Verantwortungsträger begangen<br />
hat, befreit diese Person nicht von ihrer Verantwortlichkeit<br />
nach dem Völkerrecht.<br />
grUnDsatz iv<br />
Die Tatsache, dass eine Person auf Befehl ihrer Regierung<br />
oder eines Vorgesetzten gehandelt hat, befreit<br />
diese Person nicht von ihrer Verantwortlichkeit nach<br />
dem Völkerrecht, vorausgesetzt, sie hatte tatsächlich<br />
die Möglichkeit einer moralischen Entscheidung.<br />
grUnDsatz v<br />
Jede Person, die eines Verbrechens nach dem Völkerrecht<br />
angeklagt ist, hat das Recht auf ein faires Verfahren<br />
nach Maßgabe der Tatsachen und des Rechts.<br />
grUnDsatz vi<br />
Die folgenden Verbrechen sind als Verbrechen nach<br />
dem Völkerrecht strafbar:<br />
a) Verbrechen gegen den Frieden:<br />
i) Planung, Vorbereitung, Einleitung oder Durchfüh-<br />
rung eines Angriffskriegs oder eines Krieges unter<br />
Verletzung internationaler Verträge, Abkommen<br />
oder Zusicherungen;<br />
ii) Beteiligung an einem gemeinsamen Plan oder an<br />
einer Verschwörung zur Ausführung einer der unter<br />
Ziffer i genannten Handlungen.<br />
b) Kriegsverbrechen:<br />
Verletzungen der Kriegsgesetze oder -gebräuche,<br />
darunter, ohne darauf beschränkt zu sein, Ermordung,<br />
Misshandlung oder Deportation zur Sklavenarbeit<br />
oder zu einem anderen Zweck von Angehörigen<br />
der Zivilbevölkerung von oder in besetzten Gebieten,<br />
Ermordung oder Misshandlung von Kriegsgefangenen<br />
oder Personen auf hoher See, Tötung<br />
von Geiseln, Plünderung öffentlichen oder privaten<br />
Eigentums, mutwillige Zerstörung von Städten oder<br />
Dörfern oder jede durch militärische Notwendigkeit<br />
nicht gerechtfertigte Verwüstung.<br />
c) Verbrechen gegen die Menschlichkeit:<br />
Mord, Ausrottung, Versklavung, Deportation oder<br />
andere unmenschliche Handlungen, begangen an<br />
einer Zivilbevölkerung, oder Verfolgung aus politi-<br />
schen, rassischen oder religiösen Gründen, wenn<br />
diese Handlungen oder Verfolgung in Ausführung<br />
eines Verbrechens gegen den Frieden oder eines<br />
Kriegsverbrechens oder in Verbindung mit einem<br />
Verbrechen gegen den Frieden oder einem Kriegsverbrechen<br />
begangen werden.<br />
grUnDsatz vii<br />
Die Teilnahme an der Begehung eines Verbrechens<br />
gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder<br />
eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit im<br />
Sinne des Grundsatzes VI ist ein Verbrechen nach<br />
dem Völkerrecht.<br />
Juni 1950
20<br />
Der saal 600 heUte<br />
Sämtliche Ein- und Umbauten ließ die Bayerische<br />
Justizverwaltung nach Rückgabe des Saals ab 1961<br />
beseitigen. Die Rückwand wurde geschlossen, der<br />
Richtertisch wieder an die Stirnseite versetzt und<br />
die Anklagebank verkleinert. Trotz des Rückbaus<br />
lässt der Saal noch etwas von der Atmosphäre erahnen,<br />
als erstmals in der Weltgeschichte hochrangige<br />
Staatsvertreter als Verbrecher in einem<br />
fairen <strong>Prozess</strong> vor den Augen der Weltöffentlichkeit<br />
abgeurteilt wurden.<br />
Die historische Bedeutung des Saals 600 als Verhandlungsstätte<br />
eines „Weltgerichts“ blieb lange<br />
Zeit unterschätzt. Auch nach der Eröffnung des<br />
„<strong>Memorium</strong>s <strong>Nürnberger</strong> <strong>Prozess</strong>e“ bleibt der<br />
Schwurgerichtssaal ein Ort lebendiger Rechtsprechung,<br />
in dem bis zum heutigen Tag große Strafprozesse<br />
statt finden. Aus diesem Grund kann die<br />
Besichtigungsmöglichkeit des Saals während der<br />
Woche eingeschränkt sein.<br />
Der Saal<br />
600heUte<br />
»Dass vier grosse nationen, erfüllt<br />
von ihrem siege UnD schmerzlich<br />
gepeinigt von Dem geschehenen<br />
Unrecht, nicht rache üben, sonDern<br />
ihre gefangenen feinDe freiwillig<br />
Dem richtersprUch Des gesetzes<br />
übergeben, ist eines Der beDeUtsam-<br />
sten zUgestänDnisse, Das Die macht<br />
jemals Der vernUnft eingeräUmt hat.«<br />
Robert H. Jackson<br />
Darin liegt Die eigentliche beDeU-<br />
tUng Dieses ortes, Des saals 600 im<br />
nürnberger gerichtsgebäUDe.
Der Saal 600 heute
22<br />
aUsstellUngsplan 3.og<br />
Kiste der US-Armee für den Transport von<br />
Beweisdokumenten zum <strong>Nürnberger</strong> <strong>Prozess</strong><br />
Zwei Teile der originalen<br />
Anklagebänke von 1945/46<br />
Heutiger Blick auf den verbleibenden<br />
Rest des alten Gefängnisses, 2009
Modell des Saals, das den<br />
Bauzustand von 1945 zeigt<br />
Einblick in den Saal 600, 2010<br />
Historischer Schaltschrank der Amerikaner<br />
für die Steuerung der Saalbeleuchtung<br />
1945-1949
24<br />
impressUm kontakt<br />
heraUsgeber<br />
museen der stadt nürnberg – Dr. Matthias Henkel<br />
Hans-Christian Täubrich<br />
texte UnD reDaktion<br />
Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände<br />
Dr. Alexander Schmidt, Dr. Martina Christmeier<br />
aUsstellUngsentwürfe<br />
Büro Müller-Rieger; CAD Markus Flämig<br />
abbilDUngen<br />
Christine Dierenbach; ICC-CPI/Wim van Cappellen;<br />
museen der stadt nürnberg; National Archives,<br />
College Park, MD, USA; Niklas Rollenhagen;<br />
Stadtarchiv Nürnberg<br />
layoUt<br />
Delia Marshall, perplex GmbH, München<br />
Umschlag<br />
Udo Bernstein<br />
proDUktion<br />
Osterchrist Druck und Medien GmbH, Nürnberg<br />
Das <strong>Memorium</strong> <strong>Nürnberger</strong> <strong>Prozess</strong>e ist eine Einrichtung der Stadt<br />
Nürnberg. Der Bau wurde finanziert aus Mitteln des Beauftragten der<br />
Bundesregierung für Kultur und Medien und aus Mitteln des Kulturfonds<br />
sowie der Bayerischen Landesstiftung des Freistaats Bayern.<br />
kontakt<br />
<strong>Memorium</strong> <strong>Nürnberger</strong> <strong>Prozess</strong>e<br />
museen der stadt nürnberg<br />
Bärenschanzstraße 72 • 90429 Nürnberg<br />
Tel.: (0911) +49 (0)911 321 – 79372<br />
Fax: (0911) +49 (0)911 321 – 79373<br />
Email: memorium@stadt.nuernberg.de<br />
www.museen.nuernberg.de<br />
öffnUngszeiten<br />
Mittwoch bis Montag von 10-18 Uhr<br />
dienstags geschlossen<br />
wichtiger hinweis<br />
Der Saal 600 ist immer noch ein Ort der<br />
Rechtsprechung. Seine Besichtigung im<br />
Rahmen des Ausstellungsbesuchs kann<br />
daher nicht immer garantiert werden.<br />
Bitte informieren Sie sich unter oben<br />
genannten Kontaktmöglichkeiten.