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Periphere und zentrale vestibuläre Schwindelformen - Deutsches ...

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MEDIZIN<strong>Periphere</strong> <strong>und</strong> <strong>zentrale</strong><strong>vestibuläre</strong> <strong>Schwindelformen</strong>Therapie <strong>und</strong> VerlaufMichael Strupp, Marianne Dieterich, Thomas Brandt3PunktecmeZUSAMMENFASSUNGHintergr<strong>und</strong>: Es gibt neue Erkenntnisse zu Pathophysiologie,Verlauf <strong>und</strong> Therapie <strong>vestibuläre</strong>r Schwindelsyndrome.Deren relative Häufigkeit ist wie folgt: Benigner periphererparoxysmaler Lagerungsschwindel (BPPV): 17,1 %, phobischerSchwankschwindel: 15 %, <strong>zentrale</strong> <strong>vestibuläre</strong>Syndrome: 12,3 %, <strong>vestibuläre</strong> Migräne: 11,4 %, MorbusMenière: 10,1 %, Neuritis vestibularis 8,3 %, bilateraleVestibulopathie: 7,1 %, Vestibularisparoxysmie: 3,7 %.Methoden: Selektive Literaturrecherche mit Berücksichtigungvon Cochrane-Analysen <strong>und</strong> der Leitlinien der DeutschenGesellschaft für Neurologie.Ergebnisse: Der BPPV lässt sich durch Befreiungsmanöverin mehr als 95 % der Fälle behandeln (kontrollierte Studien);die Langzeitrezidivquote liegt bei 50 %. Kortiko -steroide verbessern die Restitution bei akuter Neuritisvestibularis (eine kontrollierte, mehrere nichtkontrollierteStudien); das Rezidivrisiko liegt bei 2–12 %. Bei der bilateralenVestibulopathie wurde ein neuer Subtyp identifiziert,das „Cerebellar Ataxia, Neuropathy, Vestibular AreflexiaSyndrome“ (CANVAS); im Langzeitverlauf gibt es keinewesentliche Besserung. Beim Morbus Menière ist eineHochdosis-Langzeittherapie mit Betahistin wahrscheinlichwirksam (nichtkontrollierte Studien); die Attackenfrequenznimmt im Spontanverlauf (> 5 Jahre) ab. Die Therapie derWahl bei der Vestibularisparoxysmie ist Carbamazepin(nichtkontrollierte Studie). Aminopyridine, Chlorzoxazone<strong>und</strong> Acetyl-DL-Leucin stellen neue Therapieprinzipien fürverschiedene zerebelläre Erkrankungen dar.Schlussfolgerungen: Für die meisten <strong>vestibuläre</strong>n Syndromegibt es Behandlungsmöglichkeiten, deren Wirksamkeitfür Morbus Menière, Vestibularisparoxysmie <strong>und</strong> vestibu -läre Migräne weiter untersucht werden muss.►ZitierweiseStrupp M, Dieterich M, Brandt T: The treatmentand natural course of peripheral and central vertigo.Dtsch Arztebl Int 2013; 110(29–30): 505–16.DOI: 10.3238/arztebl.2013.0505Neurologische Klinik, <strong>Deutsches</strong> Zentrum für Schwindel <strong>und</strong>Gleichgewichtsstörungen (IFB), Institut für Klinische Neurowissenschaften,Universitätsklinikum München, Campus Großhadern:Prof. Dr. med. Strupp, FANA; Prof. Dr. med. Dieterich, FANA;Prof. Dr. med. Dr. h.c. Brandt, FRCP; FANASchwindel ist keine Krankheitseinheit, sonderndas Leitsymptom verschiedener Erkrankungenunterschiedlicher Ätiologie, die von Innenohr, Hirnstammoder Kleinhirn ausgehen, aber auch psychischeUrsachen haben können (1, 2). Internistische Ursachensind bei reinem Drehschwindel unwahrscheinlich <strong>und</strong>werden meist überschätzt; bei Schwankschwindel ist aneine orthostatische Dysregulation oder Nebenwirkungenvon Medikamenten wie Antihypertensiva oder Antikonvulsivazu denken.Die Lebenszeitprävalenz von Dreh- <strong>und</strong> Schwankschwindelliegt bei etwa 30 % (3) <strong>und</strong> auch in der Notfallsituationist Schwindel ein sehr häufiges Symptom.Diese Übersicht wendet sich deshalb an Ärzte verschiedenerFachrichtungen, vom Allgemeinmediziner bis zumInternisten, Neurologen, HNO-Arzt <strong>und</strong> Psychiater.Trotz der hohen klinischen Relevanz besteht für dasLeitsymptom Schwindel weiterhin eine Unter- <strong>und</strong>Fehlversorgung. Dies gilt sowohl für die Diagnose (langeLatenz bis zur Diagnosestellung mit zu vielen <strong>und</strong>meist unnötigen apparativen Untersuchungen) als auchfür die Therapie (Einsatz zu vieler, meist unwirksamer,oft rein symptomatischer Medikamente). In einer aktuellenUntersuchung der Autoren <strong>und</strong> einer Studie ausder Schweiz (4) konnte dies belegt werden. Das B<strong>und</strong>esministeriumfür Bildung <strong>und</strong> Forschung (BMBF) hatzur Verbesserung dieser Situation <strong>und</strong> zur Etablierungeines internationalen fächerübergreifenden Referenzzentrums2009 in München ein Integriertes Forschungs<strong>und</strong>Behandlungszentrum für Schwindel, Gleichgewichts-<strong>und</strong> Okulomotorikstörungen (IFB) („<strong>Deutsches</strong>Zentrum für Schwindel <strong>und</strong> Gleichgewichtsstörungen“)eingerichtet (5). In der Ambulanz dieses Zentrums findensich folgende relative Häufigkeiten einzelner Dia -gnosen (Tabelle 1): Der benigne periphere paroxysmaleLagerungsschwindel (BPPV) ist mit knapp 17,1 % diehäufigste Ursache vor dem phobischen Schwank-DefinitionSchwindel ist das Leitsymptom verschiedenerErkrankungen unterschiedlicher Ätiologie,die von Innenohr, Hirnstamm oder Kleinhirnausgehen, aber auch psychische Ursachenhaben können.Teilnahme nur imInternet möglich:aerzteblatt.de/cme<strong>Deutsches</strong> Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 29–30 | 22. Juli 2013 505


MEDIZINschwindel (15 %), gefolgt von der Gruppe <strong>zentrale</strong>r <strong>vestibuläre</strong>rSchwindelsyndrome, überwiegend bei vaskulären,entzündlichen (MS) <strong>und</strong> degenerativen Erkrankungendes Hirnstamms oder Kleinhirns (12,3 %). Die<strong>vestibuläre</strong> Migräne ist mit 11,4 % die häufigste Ursachespontan auftretender episodischer Schwindelattacken.Weitere häufige Diagnosen sind Morbus Menière(10,1 %) <strong>und</strong> Neuritis vestibularis (8,3 %). Zusammenmachen diese sechs Erkrankungen etwa 70 % allerSchwindelsyndrome aus. Laut Erfahrung der Autorenbestehen keine gr<strong>und</strong>sätzlichen Unterschiede zur Häufigkeitsverteilungin der Praxis.Die folgende Übersicht konzentriert sich nicht nurauf die Therapie <strong>vestibuläre</strong>r <strong>Schwindelformen</strong> als <strong>zentrale</strong>ärztliche Aufgabe, sondern auch auf den Verlauf.Der Therapieerfolg muss sich am Spontanverlauf <strong>und</strong> –besonders wichtig bei chronisch rezidivierenden episodischen<strong>Schwindelformen</strong> – an der Häufigkeit vonAttacken oder Rezidiven im Langzeitverlauf messen.LernzieleDer Leser soll nach dem Lesen des Beitrags● Spontanverlauf <strong>und</strong> Rezidivrate der häufigsten<strong>vestibuläre</strong>n Syndrome kennen● physikalisch-medizinische Behandlungsverfahrender verschiedenen Formen des BPPV verinnerlichthaben● einen Überblick über die Pharmakotherapie vonNeuritis vestibularis, des Morbus Menière, derVestibularisparoxysmie <strong>und</strong> der zerebellärenSchwindelsyndrome, des Nystagmus <strong>und</strong> derGangstörungen erlangt haben.Gr<strong>und</strong>lage für die Übersicht sind eine aktuelle selektiveLiteraturrecherche unter besonderer Berücksichtigungvon Cochrane-Analysen <strong>und</strong> der Leitlinien derDeutschen Gesellschaft für Neurologie (6) sowie diezweite Auflage eines Buchs zum Thema (1).Es gibt neue Erkenntnisse, sowohl zum Verlauf alsauch zur spezifischen Therapie der verschiedenen Formen:● des BPPV, ausgehend vom posterioren, horizontalenoder anterioren Bogengang● des Morbus Menière <strong>und</strong> der Darstellung des Endolymphhydropsmit Hilfe der hochauflösendenMagnetresonanztomographie● der akuten Neuritis vestibularis● der bilateralen Vestibulopathie● der Vestibularisparoxysmie <strong>und</strong>● <strong>zentrale</strong>r Schwindelsyndrome (7).Vier Beispiele für die klinische Praxis relevanterBef<strong>und</strong>e zur medikamentösen Therapie sind, dass beider akuten Neuritis vestibularis wahrscheinlich Kortikosteroidedie Erholung der peripheren Labyrinthfunktionverbessern; dies muss aber durch weitere Studiengestützt werden. Die offensichtlich wirksamste medikamentöseTherapie des Morbus Menière ist eine prophylaktischeHochdosis-Langzeittherapie mit Betahistin;dieses Pharmakon verbessert dosisabhängig dieDurchblutung im Innenohr. Carbamazepin reduziertauch im Langzeitverlauf die Attacken bei der Vestibularisparoxysmie(Tabelle 2).Ein wichtiges pharmakologisches Therapieprinzipist der Einsatz von Aminopyridinen (Kaliumkanalblocker)geworden für:– Downbeat-Nystagmus (8)– Upbeat-Nystagmus– <strong>zentrale</strong>n Lagenystagmus (9)– episodische Ataxie Typ 2 (10)– sowie Gangstörungen bei zerebellären Ataxien (11).Benigner peripherer paroxysmalerLagerungsschwindel (BPPV)Der BPPV entsteht in den meisten Fällen durch eine sogenannteCanalolithiasis. Diese wird durch vom Utriculusabgesprengte Otokonien (Calcitkristalle) ausgelöst,die sich frei im Bogengang bewegen. Leitsymptom sindSek<strong>und</strong>en dauernde, zum Teil heftige Drehschwindelattacken,die durch Kopf- oder Körperlageänderung gegenüberder Schwerkraft (Umdrehen oder Aufrichtenim Bett, Hinlegen oder Bücken) ausgelöst werden. DerBPPV kann von der Kindheit bis zum Senium auftreten;die jährliche Inzidenz nimmt mit dem Lebensalter zu. In95 % der Fälle bleibt die Ätiologie unklar.Die häufigsten Ursachen sind:● Schädel-Hirn-Traumen● Zustand nach Neuritis vestibularis. Etwa 15 % allerPatienten mit akuter Neuritis vestibularis entwickelninnerhalb von Wochen bis Monaten nachder akuten Neuritis einen „postinfektiösenBPPV“, weil die Entzündung häufig auch das Labyrinthbetrifft.● längere Bettlägerigkeit.Ferner besteht ein Zusammenhang mit Morbus Menière<strong>und</strong> <strong>vestibuläre</strong>r Migräne. Schließlich wurdenbeim „idiopathischen BPPV“ relativ häufiger eine Osteopenie,Osteoporose <strong>und</strong>/oder erniedrigte Vitamin-D-Serumkonzentrationen beschrieben (12). Anatomischlassen sich drei Formen unterscheiden.Häufige Schwindelsyndrome sind• Benigner peripherer paroxysmaler Lagerungsschwindel• phobischer Schwankschwindel• <strong>zentrale</strong> Schwindelsyndrome• Morbus Menière• Neuritis vestibularisErkrankungsalterDer benigne periphere paroxysmale Lagerungsschwindelkann von der Kindheit bis zumSenium auftreten; die jährliche Inzidenz nimmtmit dem Lebensalter zu.506 <strong>Deutsches</strong> Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 29–30 | 22. Juli 2013


MEDIZINBPPV des posterioren Bogengangs (pc-BPPV)Etwa 90 % aller Fälle gehen vom posterioren Bogengangaus. Diagnostisch beweisend ist bei diesem Subtypein nach Kopflagerung in der Ebene des betroffenenBogengangs zum unten liegenden Ohr rotierender<strong>und</strong> zur Stirn schlagender erschöpflicher Lagerungsnystagmus.Beim pc-BPPV liegen die Erfolgsraten derBefreiungsmanöver nach Sémont oder der sogenanntenRepositionsmanöver nach Epley nach mehrmaliger Behandlungbei über 95 % (1). Bei starker Übelkeit sollten30 Minuten vor Beginn der Befreiungsmanöver Antivertiginosa,zum Beispiel Dimenhydrinat, verabreichtwerden (Tabelle 2). Die meisten Patienten können nachsorgfältiger Anleitung durch Demonstration <strong>und</strong> Bildmaterialdie Befreiungsmanöver auch allein erfolgreichzu Hause als Selbstbehandlung durchführen (Frequenz<strong>und</strong> Dauer der therapeutischen Manöver: dreimal morgens,dreimal mittags, dreimal abends über meist dreiTage); dabei ist insbesondere auf eine korrekte Kopfhaltungzu achten.Die klinische Erfahrung zeigt, dass die Patientenmeist erst nach einigen Tagen beschwerdefrei werden.Anschließend kommt es – wahrscheinlich durch dieReposition der Otokonien auf die Macula des Utriculus– zu einem über viele Tage anhaltenden Schwankschwindelim Sinne eines Otolithenschwindels; überdiese zu erwartende Komplikation sollten die Patientenaufgeklärt werden.BPPV des horizontalen Bogengangs (hc–BPPV)Die seltenere hc-BPPV-Variante (etwa 5–10 %) istdurch einen geradlinigen horizontalen Nystagmus beiden Lagerungsmanövern gekennzeichnet, der bei einerCanalolithiasis zum unten liegenden Ohr schlägt (höhereIntensität auf der betroffenen Seite) <strong>und</strong> einer Cupulolithiasis(Otokonien haften an der Cupula) zum obenliegenden Ohr (höhere Intensität auf der nichtbetroffenenSeite). Für die Behandlung der Canalolithiasis deshorizontalen Bogengangs sind diverse Behandlungsverfahrenbeschrieben, von denen die folgenden amhäufigsten angewandt werden: stufenweise 90°-Rotationenum die Körperlängsachse zum nichtbetroffenenOhr, für 12 h auf dem nichtbetroffenen Ohr liegen, dieKombination von beiden (1) oder das Gufoni-Manöver(sogenanntes „Ausbechern“) (13). Mit dem Gufoni-Manöverlassen sich sowohl Patienten mit einer Canalolithiasis(e1) als auch Patienten mit einer Cupulolithiasis(e2) erfolgreich therapieren. Aus sitzender Position wirdder Patient einfach auf die Seite gelegt, auf der derTABELLE 1Häufigkeiten verschiedener Schwindelsyndrome bei 17 718 Patienten einerinterdisziplinären Spezialambulanz* 1Schwindelsyndromebenigner peripherer paroxysmaler Lagerungsschwindelsomatoformer phobischer Schwankschwindel<strong>zentrale</strong> <strong>vestibuläre</strong> Syndrome<strong>vestibuläre</strong> MigräneMorbus MenièreNeuritis vestibularisbilaterale VestibulopathieVestibularisparoxysmiepsychogener Schwindel (andere)Perilymphfistelunklare Schwindelsyndromeandere* 2GesamtzahlHäufigkeit N3 0362 6612 1782 0171 7951 4621 263* 1 1988–2012: Schwindelambulanz der Ludwig-Maximilians-Universität <strong>und</strong> des Deutschen Zentrums fürSchwindel <strong>und</strong> Gleichgewichtsstörungen.* 2 andere Schwindelsyndrome sind zum Beispiel nicht<strong>vestibuläre</strong>r Schwindel bei neurodegenerativenErkrankungen oder nicht<strong>vestibuläre</strong> Okulomotorikstörungen bei Myasthenia gravis oder peripherenAugenmuskelparesen.655515Nystagmus am geringsten ist. Danach erfolgt eineDrehung des Kopfes um 45 Grad nach unten („Ausbechern“)<strong>und</strong> anschließendes Aufrichten. Der Vorteildieses Manövers ist, dass man dazu nicht unterscheidenmuss, welche Form eines hc-BPPV vorliegt. Beieiner Cupololi thiasis eines horizontalen Bogengangs,kann diese alternativ zum Gufoni-Manöver erst ineine Canaloli thiasis umgewandelt werden. Dies kanndurch die Brandt-Daroff-Manöver oder noch wirksamerdurch Schütteln des um 90° nach vorne ge -beugten <strong>und</strong> damit in die Vertikalebene gebrachtenKopfes geschehen. Anschließend erfolgt dann einesder genannten Befreiungsmanöver für eine Canaloli -thiasis des horizontalen Bogengangs. Alle diese Manöversind wirksam.BPPV des anterioren Bogengangs (ac-BPPV)Der ac-BPPV wird weiterhin kontrovers diskutiert, <strong>und</strong>es bestehen sogar Zweifel an dieser Entität. Die Angabender relativen Häufigkeit schwanken deshalb zwischen 0934801 56317 718%17,115,012,311,410,18,37,13,72,90,52,78,8100,00Es lassen sich drei Formen einesBPPV unterscheiden• posteriorer BPPV (90 %)• horizontaler BPPV (5-10 %) <strong>und</strong>• anteriorer BPPV (< 5 %).Gufoni-ManöverMit dem sogenannten Gufoni-Manöverlässt sich beim horizontalen BPPV sowohl eineCanalolithiasis als auch eine Cupulolithiasiserfolgreich behandeln.<strong>Deutsches</strong> Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 29–30 | 22. Juli 2013 507


MEDIZINTABELLE 2Medikamentöse Therapie <strong>vestibuläre</strong>r Schwindelsyndrome <strong>und</strong> Augenbewegungsstörungen,geordnet nach Wirkstoffgruppen*Medikamentöse TherapieAntiepileptikaAntivertiginosaBeta-RezeptorenblockerBetahistinOtotoxische AntibiotikaKortikosteroideKaliumkanalblocker:– 4-Aminopyridin– 3,4-DiaminopyridinKaliumkanalblocker:4-AminopyridinCarboanhydrasehemmer:AcetazolamidSelektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer(SSRI)Indikation– Vestibularisparoxysmie (neurovaskuläre Kompression)– paroxysmale Dysarthrophonie <strong>und</strong> Ataxie bei MultiplerSklerose– andere <strong>vestibuläre</strong> Paroxysmien– Obliquus superior-Myokymie– <strong>vestibuläre</strong> Epilepsie (sehr selten)<strong>vestibuläre</strong> Migräne– symptomatisch gegen Übelkeit <strong>und</strong> Erbrechenbei akuten peripheren oder <strong>zentrale</strong>n <strong>vestibuläre</strong>nStörungen– Prophylaxe von Übelkeit <strong>und</strong> Erbrechen durchdie Befreiungsmanöver beim BPPV– Prophylaxe der Bewegungskrankheit– <strong>zentrale</strong>s Lageerbrechen<strong>vestibuläre</strong> MigräneMorbus Menière– Morbus Menière– Tumarkinsche Otolithenkrisen (<strong>vestibuläre</strong> Sturzattacken[Drop-Attacks])akute Neuritis vestibularisakutes Cogan-Syndrom <strong>und</strong> andere autoimmunologischeInnenohrerkrankungen– Downbeat-Nystagmus– Upbeat-Nystagmusepisodische Ataxie Typ 2phobischer SchwankschwindelBeispiel für Substanz <strong>und</strong> DosierungCarbamazepin (400–800 mg/d)Oxcarbazepin (300–600 mg/d)Carbamazepin (800–2 000 mg/d)oder andere Antikonvulsivazur Prophylaxe:– Topiramat (50–150 mg/d)– Valproinsäure (600–900 mg/d)– Dimenhydrinat (50 mg alle 4–6 h);keine Langzeittherapie– Diazepam (5–10 mg alle 4–6 h)zur Prophylaxe, z. B. Metoprololsuccinat(etwa 50–200 mg/d)Betahistin-dihydrochlorid (3 × 48 mg/d)– Gentamycin (10–20 mg transtympanalin Abständen von 8–12 Wochen)– 6-Methylprednisolon (100 mg/d, Dosisjeden 4. Tag um 20 mg reduzieren)– 6-Methylprednisolon (1 000 mg/d i.v.Reduzierung entsprechend Verlauf)– 4-Aminopyridin (2–3 × 5 mg/d)– 4-Aminopyridin retard (1–2 × 10 mg/d)– 4-Aminopyridin (2–3 × 5 mg/d)– 4-Aminopyridin retard (1–2 × 10 mg/d)– Acetazolamid (125–1 000 mg/d)– Citalopram (10–20 mg/d)BPPV, Benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel*modifiziert nach (1)<strong>und</strong> 5 %. Schwindel <strong>und</strong> Nystagmus werden durch dieselbediagnostische Lagerungsprobe wie beim pc-BPPVausgelöst. Die Schlagrichtung des Nystagmus ist vertikalnach unten mit torsionaler Komponente, die mit demoberen Augenpol zum betroffenen Ohr schlägt. Für dasYacovino-Manöver (schrittweises Anheben des überstrecktenKopfes in Kopfhängegelage <strong>und</strong> dann Aufrichten)wurde in einer unkontrollierten Studie eine Remissionsratevon 85 % nach einmaliger Anwendung <strong>und</strong> von100 % nach mehrfacher Anwendung beschrieben (14).Medikamentöse TherapieAntiepeleptika, Antivertiginosa, Beta-Rezeptorblocker,Betahistin, ototoxische Antibiotika, Kortiko -steroide, Kaliumkanalblocker, Carboanhydrasehemmer<strong>und</strong> selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmerkönnen eingesetzt werden.ac-BPPVSchwindel <strong>und</strong> Nystagmus werden durch dieselbediagnostische Lagerungsprobe wie beim pc-BPPVausgelöst. Die Schlagrichtung des Nystagmus istvertikal nach unten mit torsionaler Komponente.508 <strong>Deutsches</strong> Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 29–30 | 22. Juli 2013


MEDIZINVerlauf des BBPVWird der BPPV nicht therapiert, persistiert er bei etwa30 % der Patienten. Auffallend ist die hohe Rate einerSpontanheilung für den hc-BPPV von über 60 % innerhalbvon vier Wochen. Nach Verlaufsbeobachtungenvon 125 Patienten über im Mittel zehn Jahre lag dieRezidivrate zunächst geheilter Patienten mit pc-BPPVbei insgesamt 50 % (15). Die meisten dieser Rezidive(80 %) erfolgten innerhalb des ersten Jahres nach derBehandlung, unabhängig vom Typ des Befreiungsmanövers;Frauen waren mit 58 % häufiger von Rezidivenbetroffen als Männer mit 39 %; die Rezidivrate war inder siebten Dekade deutlich geringer als in der 6. (15).Die Therapie erfolgte wiederum durch ein für den betroffenenBogengang geeignetes Befreiungsmanöver.Eine kontrollierte Einschränkung von Kopf- <strong>und</strong> Körperlagewechselnbeeinflusst die Prognose in Bezug aufdie Rezidivhäufigkeit nicht.Neuritis vestibularisDie Neuritis vestibularis (auch Neuropathia vestibularisgenannt) entsteht wahrscheinlich durch Reaktivierungeiner latenten Virusinfektion des Vestibularganglionsmit Herpes-simplex-Virus Typ I, die zu einem inkompletteneinseitigen, rein <strong>vestibuläre</strong>n Labyrinthausfallführt. Hauptsymptome sind ein akut einsetzender, überviele Tage anhaltender heftiger Drehschwindel mitScheinbewegungen der Umgebung (Oszillopsien) <strong>und</strong>Übelkeit, ein horizontal rotierender Spontannystagmuszur nichtbetroffenen Seite sowie eine Gangabweichung<strong>und</strong> Fallneigung zur betroffenen Seite. Der Kopfimpulstestzeigt eine Funktionsstörung des vestibulo-okulärenReflexes bei Drehung zum betroffenen Ohr; die kalorischePrüfung bestätigt die Unter- oder Unerregbarkeitdes horizontalen Bogengangs. Akute audiologische <strong>und</strong>andere neurologische Symptome, insbesondere <strong>zentrale</strong>okulomotorische oder <strong>vestibuläre</strong> Zeichen (vor allemvertikale Divergenz (skew deviation), sakkadierteBlickfolge, Blickrichtungsnystagmus oder <strong>zentrale</strong>r Fixationsnystagmus)fehlen (16), was zur Differenzierunggegenüber einer <strong>zentrale</strong>n „Pseudoneuritis vestibularis“,durch lakunäre Hirninfarkte oder Multiple-Sklerose-Plaques, wichtig ist.TherapieBei schwerer Übelkeit <strong>und</strong> Brechreiz können innerhalbder ersten Tage zur symptomatischen Therapie Antivertiginosaverabreicht werden (Tabelle 2), die jedoch beilängerer Gabe die <strong>zentrale</strong> Kompensation des peri -pheren Vestibularisausfalls verzögern. Eine prospektive,randomisierte, placebokontrollierte Studie mit 141Patienten zeigte, dass eine Monotherapie mit Methylprednisolonzu einer signifikanten Verbesserung der Erholungder peripheren <strong>vestibuläre</strong>n Funktion führte(17). Diese Bef<strong>und</strong>e wurden durch eine weitere Studiebestätigt (e3). In einer Cochrane-Analyse wird dieserTrend einen Monat nach Erkrankung zwar auch gesehen,allerdings wird aus Mangel an einer ausreichendenZahl von Studien dazu keine allgemeine Behandlungsempfehlungfür Kortikosteroide gegeben (18). DieWirksamkeit einer Physiotherapie mit dynamischenÜbungen zur Gleichgewichtsregulation <strong>und</strong> Blickstabilisationzur Verbesserung der <strong>zentrale</strong>n vestibulo-spinalenKompensation ist durch eine prospektive, randomisierte,kontrollierte Studie (19) <strong>und</strong> eine Cochrane-Analyse (20) belegt. Es liegen bislang keine entsprechendenklinischen Studien zu Verbesserung der <strong>zentrale</strong>nKompensation durch Medikamente vor; derzeitwird eine vom BMBF geförderte Studie zur Untersuchungdes Effektes von Betahistin auf die <strong>zentrale</strong>Kompensation durchgeführt (BETAVEST).Verlauf <strong>und</strong> KomplikationenIm Verlauf liegt die Erholungsrate der peripheren <strong>vestibuläre</strong>nFunktion zwischen 40 <strong>und</strong> 60 % in Abhängigkeitvon einer frühen Behandlung mit Kortikosteroiden(21). In einer Langzeitverlaufsstudie von 103 Patientenüber im Mittel fast 10 Jahre fand sich nur bei zwei Patienten(1,9 %) ein Rezidiv, <strong>und</strong> zwar jeweils auf demkontralateralen Ohr <strong>und</strong> mit deutlich geringerenBeschwerden aufgr<strong>und</strong> der Vorschädigung des anderenNervs (22). In einer anderen Verlaufsstudie wurde bei11,7 % der Patienten von Rezidiven berichtet (e4).Etwa 15 % der Patienten mit Neuritis vestibularis entwickelninnerhalb von Wochen bis wenigen Monatenauf dem betroffenen Ohr einen „postinfektiösenBPPV“, weil nicht nur der Nerv, sondern auch das Labyrinthvon der Entzündung betroffen ist (e5).Bilaterale Vestibulopathie (BVP)Leitsymptome der BVP sind bewegungsabhängigerSchwankschwindel mit Gang- <strong>und</strong> Standunsicherheit,verstärkt in Dunkelheit <strong>und</strong> auf unebenem Gr<strong>und</strong> (vestibulospinaleFunktionsstörungen), sowie Wackeln derUmwelt (Oszillopsien) <strong>und</strong> unscharfes Sehen beimGehen sowie bei Kopfbewegungen (Funktionsstörungdes vestibulo-okulären Reflexes). Die betroffenenPatienten sind im Sitzen <strong>und</strong> Liegen typischerweiseBenigner paroxysmaler Lagerungsschwindel• hohe Spontanheilungsrate (> 70 %)• hohe Rezidivrate (etwa 50 %)Therapieeffekt von GlukokortikoidenFür die akute Neuritis vestibularis muss derTherapieeffekt von Glukokortikoiden in weiterenStudien untersucht werden.<strong>Deutsches</strong> Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 29–30 | 22. Juli 2013 509


MEDIZINAbbildung 1: Darstellung des Endolymphhydrops mit Hilfe derhochauflösenden Magnet resonanztomographie des Felsenbeins,24 h nach transtympanaler Injektion von Gadolinium, das vorwiegendin den Perilymphraum diff<strong>und</strong>iert.a) Labyrinth einer ges<strong>und</strong>en Kontrollperson: Cochlea <strong>und</strong> Bogengängekommen zur Darstellung.b) Labyrinth eines Patienten mit Morbus Menière: Der Endolymphhydropsist indirekt durch die Kontrastmittelaussparung zu erkennen(modifiziert nach [28]).Mit fre<strong>und</strong>licher Genehmigung von Robert Gürkov.abbeschwerdefrei. Es kommt außerdem zu Störungen desräumlichen Gedächtnisses <strong>und</strong> der Navigation mit einerumschriebenen Hippocampusatrophie (23). Die BVPist die häufigste Ursache für bewegungsabhängigenSchwankschwindel beim älteren Patienten. Die Ursacheneiner BVP sind vielfältig; die drei häufigstennachweisbaren sind:● ototoxische Aminoglykoside● beidseitiger Morbus Menière● Meningitis (24).Ein Zusammenhang mit degenerativen Kleinhirnerkrankungenist inzwischen gut belegt (24–26): „CerebellarAtaxia, Neuropathy and Vestibular AreflexiaSyndrome“ (CANVAS), bestehend aus BVP in Kombinationmit sensorischer axonaler Polyneuropathie <strong>und</strong>zerebellärer Ataxie <strong>und</strong> Okulomotorikstörungen, einSyndrom, das nach Erfahrung der Autoren Ursache füretwa 30 % der bislang als idiopathisch eingstuften Fälleist.TherapieEine antibiotische Behandlung mit Aminoglykosidenist die häufigste nachweisbare Ursache einer bilateralenVestibulopathie (26). Daher sollten diese sehr restriktiveingesetzt werden, zumal der ototoxische Effekt erstmit einer Latenz von vielen Tagen einsetzt.Die physikalische Therapie mit Gang- <strong>und</strong> Gleichgewichtstrainingerleichtert die Anpassung an den Funktionsausfalldurch Förderung der visuellen <strong>und</strong> sensomotorischenKompensationsmöglichkeiten. Zumindest füreinseitige <strong>vestibuläre</strong> Funktionsstörungen konnte diesbestätigt werden (20). Allein die Aufklärung über Ursache<strong>und</strong> Mechanismus führt häufig schon zu einer deutlichenErleichterung mit Abnahme der subjektiven Beschwerden.Die Dia gnose einer BVP wird aber trotzvieler Arztbesuche meist noch zu spät gestellt, was dieBeschwerden der Patienten weiter verstärkt.VerlaufVerlaufsuntersuchungen von mehr als 80 Patienten mitBVP über etwa fünf Jahre zeigten bei mehr als 80 %keine signifikante Besserung der <strong>vestibuläre</strong>n Funktionsdefiziteunabhängig von Ätiologie, Verlaufsform,Geschlecht <strong>und</strong> Lebensalter bei Manifestation der Erkrankung(27).Bilaterale VestibulopathieEs sind neue Unterformen der bilateralenVestibulopathie beschrieben, die mit zerebellärenStörungen <strong>und</strong> einer Polyneuropathie einhergehen.EndolymphhydropsDer Endolymphhydrops beim M. Menière lässtsich mit Hilfe des MRT bildgebend darstellen.510 <strong>Deutsches</strong> Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 29–30 | 22. Juli 2013


MEDIZINMorbus MenièreDie typischen Attacken des Morbus Menière sind durchrezidivierenden, Minuten bis St<strong>und</strong>en anhaltendenDrehschwindel mit Hörminderung, Tinnitus <strong>und</strong> Ohrdruckgefühlauf dem betroffenen Ohr gekennzeichnet.Gelegentlich gehen eine Verstärkung des Ohrgeräuschs,des Ohrdrucks oder eine Hörminderung demSchwindel voraus. Ätiologie <strong>und</strong> Pathophysiologie desMorbus Menière sind trotz vieler Untersuchungen bislangnicht sicher geklärt. Der pathognomonische histopathologischeBef<strong>und</strong> ist ein Endolymphhydrops, dersich jetzt auch bildgebend mit Hilfe der hochauflösendenMRT des Felsenbeins nach transtympanaler Injektionvon Gadolinium gut darstellen lässt (Abbildung 1)(28). Die Attacken entstehen wahrscheinlich durch eineÖffnung drucksensitiver Kationenkanäle <strong>und</strong>/oder dieRuptur der Endolymphmembran mit einer Erhöhungder Kaliumkonzentration im Perilymphraum, was zunächstzu einer Erregung, dann zu einer Depolarisationder Axone führt.TherapieSchwindel, Übelkeit <strong>und</strong> Erbrechen können akut symptomatischmit Antivertiginosa (Tabelle 2) gemindertwerden. Positive Effekte einer prophylaktischen Therapiezur Reduzierung der Attackenfrequenz wurden bislangfür die transtympanale Instillation von Gentamicin<strong>und</strong> von Steroiden sowie die hoch dosierte, lang dauerndeGabe von Betahistin publiziert (1, 29). Die Wirkungvon Gentamicin beruht auf einer direkten Schädigungvon <strong>vestibuläre</strong>n Typ-I-Haarzellen. Es liegen zweiprospektive, doppelblinde, randomisierte, kontrollierteStudien vor (e6, e7), die eine Wirksamkeit gezeigt haben,die durch eine Cochrane-Analyse gestützt wird(30). Die Gefahr der Behandlung mit Aminoglykosidenliegt in der möglichen Hörschädigung. Die transtympanaleGabe von Glukokortikoiden wird vermehrt durchgeführt,obwohl bislang nur eine methodisch einwandfreidurchgeführte klinische Studie existiert, die einenEffekt nachgewiesen hat (31). Darüber hinaus konntein einer randomisierten kontrollierten prospektivenStudie gezeigt werden, dass bei schwer behandelbarenAttacken die Gabe von kleinen Dosen Gentamicintranstympanal mit 93 % die Schwindelattacken deutlichstärker reduziert als die intratympanale Dexamethasongabemit 61 % (32).Metaanalysen belegen, dass Betahistin – ein schwacherH1-Agonist <strong>und</strong> stärkerer H3-Antagonist – einenprophylaktischen Effekt auf die Attackenfrequenz desGRAFIKVervielfältigung des Blutflussesim Vergleich zum Basiswert160 mg1,51,41,31,21,148 mg24 mg16 mg1,00,0001 0,001 0,01 0,1 1 10Dosis (mg/kg Körpergewicht)Blutfluss in der Cochlea im Tierversuch in Abhängigkeit vonder Betahistin-dihydrochlorid-Dosis (mit nichtlinearer Regressionskurve;Mittelwert ± SD; *: p < 0,05) <strong>und</strong> errechnetekorrespondierende orale Einzeldosen (modifiziert aus [35]). Eszeigt sich eine sigmoidale Dosis-Wirkungskurve. Dies korreliert mitden klinisch eingesetzten höheren Betahistin-Einzeldosen (roteLinie) von bis zu 160 mg zur prophylaktischen Behandlung des MorbusMenière.Morbus Menière hat. In einer Anwendungsbeobachtungbei 112 Patienten konnte nachgewiesen werden,dass eine Höherdosierung mit 3 × 48 mg/d Betahistinvor allem bei Langzeitanwendung über ein Jahr der üblichenDosierung von 3 × 24 mg/d signifikant überlegenist (33). In Einzelfällen erfolgte auch eine allmählicheDosissteigerung bis auf 480 mg/d (34). Als Wirkmechanismuswird auf der Basis aktueller tierexperimentellerStudien eine dosisabhängige Verbesserungder Durchblutung des Innenohrs angenommen, sowohldurch Betahistin (Grafik) (35) als auch dessen Metaboliten.Derzeit wird eine prospektive randomisierte placebokontrolliertemultizentrische Dosisfindungsstudiezur Untersuchung des prophylaktischen Effekts vonBetahistin-dihydrochlorid auf die Attackenfrequenz<strong>und</strong> die <strong>vestibuläre</strong> <strong>und</strong> audiologische Funktion durchgeführt(BEMED, gefördert durch das BMBF).Rezidivierende <strong>vestibuläre</strong> „Drop-Attacks“ (Sturzattacken)sind bei Patienten mit Morbus Menière imAlltag außerordentlich beeinträchtigend <strong>und</strong> wegen derTherapie des Morbus MenièreDie Hochdosis-Langzeittherapie mit Betahistin istoffensichtlich wirksam zur prophylaktischen Behandlungder Schwindelattacken. Sie muss aberweiter in klinischen Studien untersucht werden.Rezidivierende <strong>vestibuläre</strong> „Drop-attacks“Sie sind bei Patienten mit Morbus Menièreim Alltag sehr beeinträchtigend <strong>und</strong> wegen derhohen Verletzungsrate gefährlich.<strong>Deutsches</strong> Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 29–30 | 22. Juli 2013 511


MEDIZINabcdAbbildung 2: Kernspintomographie <strong>und</strong> intraoperative Mikroskopie bei einem Patienten mit rechtsseitiger Vestibularisparoxysmiea) Hochauflösende MRT des Kleinhirnbrückenwinkels mit Darstellung des Gefäß-Nervenkontaktes zwischen dem Nervus vestibulo-cochlearis<strong>und</strong> der Arteria cerbelli anterior inferior (Constructive interference in steady-state Sequenz [CISS]; N. vest., Nervus vestibulo-cochlearis)b) Time-of-flight Sequenz (TOF) zur besseren Darstellung der Gefäße; AICA, Arteria cerebelli anterior inferior.c) Intraoperativ zeigt sich auch ein Gefäß-Nervenkontakt.d) Nach Entfernung des Gefäßes ist eine deutliche Kompression des Nervus vestibulo-cochlearis (Kreis) zu erkennen (modifiziert nach [38]).Mit fre<strong>und</strong>licher Genehmigung von Lippincott Williams & Wilkins.hohen Verletzungsrate gefährlich. Falls die hochdosierteBehandlung mit Betahistin zu keiner Besserung führt,kann die transtympanale Gentamicin-Behandlung erfolgreicheingesetzt werden, vorausgesetzt, dass das betroffeneOhr ausreichend sicher identifiziert werdenkann.VerlaufDie Erkrankung beginnt einseitig mit sehr unregelmäßiger,zunächst zunehmender, dann wieder abfallenderAttackenfrequenz. Je länger man Patienten mit MorbusMenière ärztlich begleitet, desto häufiger sieht man bilateraleErkrankungen; im frühen Stadium bis zu zweiJahren in etwa 15 %, nach zehn Jahren etwa 35 % <strong>und</strong>nach zwanzig Jahren bis zu 47 % (36). Dies stellt einzusätzliches Problem bei der Gentamycintherapie dar.Zunächst sind die Patienten im Intervall beschwerdefrei,dann entwickeln sich zunehmend Hörminderung(nicht nur Tieftonverlust), Tinnitus <strong>und</strong> Schwankschwindel.Der Verlauf ist bei vielen Patienten benignemit einer Abnahme der Attackenfrequenz innerhalb derersten fünf bis zehn Jahre (36).VestibularisparoxysmieAnalog der Trigeminus-Neuralgie entsteht die Vestibularisparoxysmiewahrscheinlich durch hirnstammnaheneurovaskuläre Kompression des VIII. Hirnnervs (37,38) (Abbildung 2) durch ephaptische Fehlschlüsse teil-Verlauf des Morbus MeniéreDie Erkrankung beginnt einseitig mit sehr unregelmäßiger,zunächst zunehmender, dann wiederabfallender Attackenfrequenz. Je länger manPatienten mit Morbus Menière ärztlich betreut,desto häufiger sieht man bilaterale Erkrankungen.Ursache der VestibularisparoxysmieSie entsteht wahrscheinlich durch hirnstammnaheneurovaskuläre Kompression des VIII. Hirnnervs.512 <strong>Deutsches</strong> Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 29–30 | 22. Juli 2013


MEDIZINweise demyelinisierter Axone. Typisch für die Vestibularisparoxysmiesind kurze, Sek<strong>und</strong>en bis wenigeMinuten dauernde Dreh- oder selten Schwankschwindelattackenmit oder ohne Ohrsymptome (Tinnitus <strong>und</strong>Hörminderung), die sich häufig durch längere Hyperventilationprovozieren lassen (37, 39). Bei Verdachtlässt sich durch die hochauflösende MRT des Hirnstammsmit „constructive interference in steadystate“-Sequenz(CISS-Sequenz) in über 95 % einGefäß-Nervenkontakt im Austrittsbereich des VIII.Hirnnerven nachweisen (38, 39, e8); bei ges<strong>und</strong>enKontrollen findet sich dieser allerdings auch, so dassdiese Untersuchung nicht spezifisch ist. Die klinischeDefinition der Vestibularisparoxysmie wurden in denletzten Jahren weiter präzisiert <strong>und</strong> deren Therapierbarkeitmit Carbamazepin gezeigt (37, 39).TherapieBei mehr als zwei starken Attacken pro Monat ist einTherapieversuch mit Carbamazepin in niedriger Dosisvon 200–600 mg/d sinnvoll <strong>und</strong> auch diagnostischverwertbar (37, 39) . Bei Unverträglichkeit stehen alternativPhenytoin oder Valproinsäure zur Verfügung.Bislang liegen aber für keine dieser Substanzen prospektiverandomisierte kontrollierte Studien vor.VerlaufIn einer Verlaufsstudie von 32 Patienten über einenmittleren Zeitraum von drei Jahren zeigten sich unterTherapie mit Carbamazepin/Oxcarbazepin eine signifikanteanhaltende Reduktion der Attackenfrequenz auf10 % der Ausgangswerte sowie eine Verminderung derAttackenintensität <strong>und</strong> -dauer (39).Vestibuläre MigräneDie häufige <strong>vestibuläre</strong> Migräne ist in Bezug auf dieAttackenfrequenz <strong>und</strong> -dauer (meist Minuten bis St<strong>und</strong>en,aber auch bis zu Tagen) sowie die Symptome inForm von Dreh- oder Schwankschwindelattacken mit<strong>und</strong> ohne Kopfschmerz <strong>und</strong> <strong>vestibuläre</strong>n <strong>und</strong>/oder okulomotorischenStörungen das Chamäleon unter den episodischen<strong>Schwindelformen</strong> (e9). Bei der <strong>vestibuläre</strong>nMigräne überwiegen Schwindelattacken (40). Die Diagnoseist einfach, wenn den Attacken Kopfschmerzenfolgen oder eine positive Familien- oder Eigen -anamnese für andere Migräneformen bestehen. Die Diagnoseist schwieriger, wenn Kopfschmerzen <strong>und</strong> andereMigränesymptome fehlen (etwa 30 %). Es ist einediagnostische Hilfe, dass bei mehr als 60 % der Patientenmit <strong>vestibuläre</strong>r Migräne auch im attackenfreienIntervall leichte <strong>zentrale</strong> Augenbewegungsstörungenwie Blickrichtungsnystagmus, sakkadierte Blickfolgeoder ein <strong>zentrale</strong>r Lagenystagmus vorliegen (e10, e11).Während einer Attacke werden oft eine Stand- <strong>und</strong>Gangunsicherheit mit pathologischem Nystagmus <strong>und</strong>Lagenystagmus beobachtet, die entweder einer <strong>zentrale</strong>noder peripheren <strong>vestibuläre</strong>n Dysfunktion zugeordnetwerden können.TherapieBislang fehlen prospektive kontrollierte Therapie -studien. Trotzdem wurden in Analogie zur Behandlungder Migräne ohne Aura die gleichen Prinzipien angewendet,die sich bislang in der Behandlung der Attacken<strong>und</strong> für die Migräneprophylaxe bewährt haben.Mittel der ersten Wahl bei der Migräneprophylaxe istdie Gabe von Betablockern (zum Beispiel Metoprololsuccinatetwa 50 bis 200 mg/d) für die Dauer von sechsMonaten. Alternativen sind Topiramat oder Valproinsäure,für die bislang auch nur Anwendungsbeobachtungenmit kleineren Fallzahlen vorliegen. Derzeit findeteine prospektive randomisierte placebokontrolliertemultizentrische Studie zur Untersuchung des prophylaktischenEffekts von Metoprolol auf die Attackenfrequenzstatt (PROVEMIG, gefördert durch das BMBF).VerlaufIm Rahmen einer Langzeitevaluation diagnostischerKriterien wurde in der überwiegenden Mehrzahl derFälle die Diagnose bestätigt; die Hälfte der Patientenmit möglicher <strong>vestibuläre</strong>r Migräne entwickelten imVerlauf über im Mittel acht Jahren eine definitiveMigräne (e12).Valide prospektive Studien zum Verlaufder Attackenfrequenz mit <strong>und</strong> ohne prophylaktischemedikamentöse Therapie fehlen bislang.Zerebelläre Schwindelsyndrome<strong>und</strong> deren TherapieNeurodegnerative <strong>und</strong> hereditäre Kleinhirnerkrankungenführen oft zu Schwankschwindel, assoziiert mit Gang -störungen <strong>und</strong> typischen zerebellären Okulomotorikstörungen(16) wie dysmetrischen Sakkaden, Blickfolgesakkadierungoder Blickrichtungsnystagmus sowieDownbeat-Nystagmus. Die klinische Erfahrung zeigt,dass oft erst diese <strong>zentrale</strong>n Augenbewegungsstörungenoder der Downbeat-Nystagmus zur Diagnose eineszerebellären Syndroms als Ursache des Schwankschwindelsführen, insbesondere wenn die betroffenenVestibuläre MigräneFür die Therapie der vestibularen Migräne liegenbislang keine kontrollierten Therapiestudien vor.Aminopyridine, Chlorzoxazone <strong>und</strong>Acetyl-DL-LeucinSie sind neue pharmakologischeTherapieprinzipien zerebellärer Erkrankungen.<strong>Deutsches</strong> Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 29–30 | 22. Juli 2013 513


MEDIZINPatienten keine Extremitätenataxie oder Sprechstörunghaben. Als neues pharmakologisches Therapieprinzipbei zerebellären Erkrankungen wurden Aminopyridine(Kaliumkanalblocker) zur symptomatischen Behandlungetabliert für:● Downbeat-Nystagmus (8); die Wirksamkeit von4-Aminopyridin wird durch eine prospektive randomisierteplacebokontrollierte Studie gestützt (e13)● <strong>zentrale</strong>n Lagenystagmus (9)● episodische Ataxie Typ 2 (10)● Gangstörungen bei zerebellärer Ataxie (11).Eingesetzt wird (jeweils Off-label-Use als individuellerHeilversuch) entweder 4-Aminopyrdin (2–3 × 5 mg/d)oder dessen Retardform Fampiridin (1–2 × 10 mg/d)(e14, e15). Auch der Aktivator von Calcium-abhängigenKaliumkanälen Chlorzoxazone führt zu einer Reduktiondes Downbeat-Nystagmus (e16). Schließlich konnte ineiner aktuellen Anwendungsbeobachtung bei 13 Patientengezeigt werden, dass die modifizierte AminosäureAcetyl-DL-Leucin (5 g/d) schon nach einer Woche einensignifikanten Effekt auf die zerebelläre Ataxia hat (e16).InteressenkonfliktProf. Strupp erhielt Gelder für Beratertätigkeiten von Abbott, Pierre-Fabre <strong>und</strong>Biogen Idec. Für die Vorbereitung von wissenschaftlichen Fortbildungsveranstaltungenwurde er honoriert von Abbott, Biogen Idec, CSC, Henning Pharma<strong>und</strong> GSK.Prof. Dieterich <strong>und</strong> Prof. Brandt erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.Manuskriptdateneingereicht: 31. 7. 2012, revidierte Fassung angenommen: 24. 4. 2013LITERATUR1. Brandt T, Dieterich M, Strupp M: Vertigo – Leitsymptom Schwindel.2 nd ed. Heidelberg: Springer Medizin; 2012.2. Strupp M, Brandt T: Diagnosis and treatment of vertigo and dizziness.Dtsch Arzteblatt Int 2008; 105: 173–80.3. Neuhauser HK: Epidemiology of vertigo. 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MEDIZIN28. Gürkov R, Flatz W, Louza J, Strupp M, Krause E: In vivo visualizationof endolymphatic hydrops in patients with Meniere's disease: correlationwith audiovestibular function. Eur Arch Otorhinolaryngol2011; 268: 1743–8.29. Strupp M, Barndt T: Peripheral vestibular disorders. Curr Opin Neurol2013; 26: 81–9.30. Pullens B, van Benthem PP: Intratympanic gentamicin for Meniere'sdisease or syndrome. Cochrane Database Syst Rev 2011; 3:CD008234.31. Garduno-Anaya MA, Couthino De TH, Hinojosa-Gonzalez R, Pane-Pianese C, Rios-Castaneda LC: Dexamethasone inner ear perfusionby intratympanic injection in unilateral Meniere's disease: a twoyearprospective, placebo-controlled, double-blind, randomized trial.Otolaryngol Head Neck Surg 2005; 133: 285–94.32. Casani AP, Piaggi P, Cerchiai N, Seccia V, Franceschini SS, Dallan I:Intratympanic treatment of intractable unilateral Meniere disease:gentamicin or dexamethasone? A randomized controlled trial. Oto -laryngol Head Neck Surg 2012; 146: 430–7.33. Strupp M, Huppert D, Frenzel C, et al.: Long-term prophylactictreatment of attacks of vertigo in Meniere's disease—comparisonof a high with a low dosage of betahistine in an open trial. Acta Otolaryngol2008; 128: 520–4.34. Lezius F, Adrion C, Mansmann U, Jahn K, Strupp M: High-dosagebetahistine dihydrochloride between 288 and 480 mg/day in patientswith severe Meniere's disease: a case series. Eur Arch Oto -rhinolaryngol 2011; 268: 1237–40.35. Ihler F, Bertlich M, Sharaf K, Strieth S, Strupp M, Canis M: Betahistineexerts a dose-dependent effect on cochlear stria vascularisblood flow in Guinea pigs in vivo. PLoS One 2012; 7: e39086.36. Huppert D, Strupp M, Brandt T: Long-term course of Meniere'sdisease revisited. Acta Otolaryngol 2010; 130: 644–51.37. Brandt T, Dieterich M: Vestibular paroxysmia: vascular compressionof the eighth nerve? Lancet 1994; 343: 798–9.38. Strupp M, von Stuckrad-Barre S, Brandt T, Tonn JC: Teaching NeuroImages:Compression of the eighth cranial nerve causes vestibularparoxysmia. Neurology 2013; 80: e77.39. Hüfner K, Barresi D, Glaser M, et al.: Vestibular paroxysmia:diagnostic features and medical treatment. Neurology 2008; 71:1006–14.40. Lempert T, Olesen J, Furman J, et al.: Vestibular migraine: diagnosticcriteria : Consensus document of the Barany Society and the InternationalHeadache Society. Nervenarzt 2013; 84: 511–6.Anschrift für die VerfasserProf. Dr. med. Michael Strupp, FANANeurologische Klinik <strong>und</strong> <strong>Deutsches</strong> Zentrum fürSchwindel <strong>und</strong> GleichgewichtsstörungenUniversitätsklinikum München, Campus GroßhadernMarchioninistraße 15, 81377 MünchenMichael.Strupp@med.uni-muenchen.deZitierweiseStrupp M, Dieterich M, Brandt T: The treatment and natural course ofperipheral and central vertigo. Dtsch Arztebl Int 2013; 110 (29–30): 505–16.DOI: 10.3238/arztebl.2013.0505@Mit„e“ gekennzeichnete Literatur:www.aerzteblatt.de/lit2913The English version of this article is available online:www.aerzteblatt-international.deWeitere Informationen zu cmeDieser Beitrag wurde von der Nordrheinischen Akademie für ärztliche Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung zertifiziert.Die erworbenen Fortbildungspunkte können mit Hilfe der Einheitlichen Fortbildungsnummer (EFN) verwaltet werden.Unter cme.aerzteblatt.de muss hierfür in der Rubrik „Persönliche Daten“ oder nach der Registrierung die EFN in das entsprechendeFeld eingegeben werden <strong>und</strong> durch Bestätigen der Einverständniserklärung aktiviert werden.Die 15-stellige EFN steht auf dem Fortbildungsausweis.Wichtiger HinweisDie Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung ist ausschließlich über das Internet möglich: cme.aerzteblatt.deEinsendeschluss ist der 20. 10. 2013. Einsendungen, die per Brief oder Fax erfolgen, können nicht berücksichtigt werden.Die cme-Einheit „Erwachsenwerden ist schwer“ (Heft 25/2103) kann noch bis zum 22. 9. 2013 bearbeitet werden.Die cme-Einheit „Riesenzellartheriitis“ Heft (21/2013) kann noch bis zum 18. 8. 2013 bearbeitet werden.Bei der cme-Einheit „Generalisierte Angststörung“ (Heft 17/2013) werten wir, nach Rücksprache mit der zertifizierenden Stelle, dernordrheinischen Akademie für ärztliche Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung, bei Frage 5 sowohl die Antwortmöglichkeiten b) <strong>und</strong> c) als richtig.Für Heft 33–34/2013 ist das Thema „Atemnot <strong>und</strong> Husten bei Palliativpatienten“ vorgesehen.<strong>Deutsches</strong> Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 29–30 | 22. Juli 2013 515


MEDIZINBitte beantworten Sie folgende Fragen für die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung. Pro Frageist nur eine Antwort möglich. Bitte entscheiden Sie sich für die am ehesten zutreffende Antwort.Frage Nr. 1Ein 32-jähriger Patient wurde wegen einer Osteomyelitis mitGentamycin behandelt. Drei Wochen nach dieser Therapie bemerkter zunehmende Gangunsicherheit <strong>und</strong> Schwankschwindel beimStehen. Auf Nachfragen berichtet er, dass beim Gehen auchScheinbewegungen der Umgebung auftreten. Der Schwankschwindelverstärkt sich im Dunkeln <strong>und</strong> auf unebenem Untergr<strong>und</strong>.Die klinische Untersuchung zeigt einen beidseitigen Ausfalldes Gleichgewichtsorgans <strong>und</strong> eine pathologische Fallneigung.Was ist die richtige Diagnose?a) episodische Ataxie Typ 2b) Hirnstamminfarktc) bilaterale Vestibulopathied) psychogener Schwindele) visueller SchwindelFrage Nr. 2Eine 48-jährige Patientin berichtet über immer wieder auftretendeAttacken mit über St<strong>und</strong>en anhaltendem Schwindel. Dieser gehemit einem Druckgefühl auf dem rechten Ohr, rechtsseitigerHörminderung <strong>und</strong> wechselndem rechtsseitigem Tinnitus einher.In den letzten Monaten habe sie etwa eine Attacke pro Wocheerlitten. Inzwischen sei das Hören auf dem rechten Ohr auchschlechter geworden. Was ist die Diagnose?a) <strong>vestibuläre</strong> Migräneb) rezidivierende Otitis mediac) Vestibularisparoxysmied) Zoster oticuse) Morbus MenièreFrage Nr. 3Ein 68-jähriger Patient berichtet über seit 24 St<strong>und</strong>enbestehenden akut eingesetzten heftigen Dauerdrehschwindel,verb<strong>und</strong>en mit Scheinbewegungen der Umwelt sowie über eineFallneigung nach links. In der klinischen Untersuchung finden Sieeinen Nystagmus nach rechts <strong>und</strong> einen pathologischen Kopf -impulstest bei Kopfdrehung nach links. Es bestehen keine<strong>zentrale</strong>n Okulomotorikstörungen. Was ist die richtige Diagnose?a) Neuritis vestibularisb) Ischämie im Bereich des Rückenmarksc) Wallenbergsyndromd) Mittelhirninfarkte) visueller SchwindelFrage Nr. 4Eine 80-jährige Patientin erleidet einen Fahrradunfall <strong>und</strong>stürzt dabei mit dem Kopf auf den Boden. Am nächsten Morgenbemerkt sie beim Aufrichten im Bett heftigen Drehschwindel, derin Ruhe abgeklungen sei. Auf Nachfragen gibt sie an, das derDrehschwindel durch Kopflageänderung ausgelöst werde <strong>und</strong>die Attacken nur einige Sek<strong>und</strong>en anhielten. Was ist die richtigeDiagnose?a) zervikogener Schwindelb) phobischer Schwankschwindelc) <strong>vestibuläre</strong> Migräned) Downbeat-Nystagmussyndrome) benigner peripherer paroxysmaler LagerungsschwindelFrage Nr. 5Aminopyridine werden zur Behandlung welcher Erkrankungeingesetzt?a) Downbeat-Nystagmusb) Neuritis vestibularisc) Morbus Menièred) bilaterale Vestibulopathiee) phobischer SchwankschwindelFrage Nr. 6Welche Beschwerden oder Bef<strong>und</strong>e finden sich häufig inKombination mit der bilateralen Vestibulopathie?a) Schwindel im Liegenb) degenerative Erkrankungen des Kleinhirnsc) Perilymphfisteld) Dauerdrehschwindele) KopfschmerzFrage Nr. 7Was ist die medikamentöse Therapiemöglichkeit der Wahlbei der Vestibularisparoxysmie?a) Dimenhydrinatb) Carbamazepinc) Diazepamd) Aminopyridine) AcetazolamidFrage Nr. 8Wie hoch ist in etwa das Gesamtrezidivrisiko beim benignenperipheren paroxysmalen Lagerungsschwindel?a) 5 %b) 15 %c) 30 %d) 50 %e) 80 %Frage Nr. 9Mit welchem Medikament lassen sich beim Morbus Menière dieAttacken prophylaktisch behandeln?a) Metoprololb) Betahistinc) Carbamazepind) Topiramate) DimenhydrinatFrage Nr. 10Eine 48-jährige Patientin berichtet über seit zehn Jahrenbestehende, etwa einmal pro Monat auftretende für St<strong>und</strong>enanhaltende Schwindelattacken, die teilweise mit einem nacken -betonten Kopfschmerz einhergehen. Bei der körperlichenUntersuchung finden Sie eine leichte <strong>zentrale</strong> Okulomotorikstörung.Was ist die Diagnose?a) Multiple Skleroseb) Vestibularisparoxysmiec) rezidivierende Hirnstammischämiend) <strong>vestibuläre</strong> Migränee) neurodegenerative Kleinhirnerkrankung516 <strong>Deutsches</strong> Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 29–30 | 22. Juli 2013


MEDIZIN<strong>Periphere</strong> <strong>und</strong> <strong>zentrale</strong><strong>vestibuläre</strong> <strong>Schwindelformen</strong>Therapie <strong>und</strong> VerlaufMichael Strupp, Marianne Dieterich, Thomas Brandt3PunktecmeeLITERATURe1. Kim JS, Oh SY, Lee SH, et al.: Randomized clinical trial for geotropichorizontal canal benign paroxysmal positional vertigo. Neurology2012; 79: 700–7.e2. Kim JS, Oh SY, Lee SH, et al.: Randomized clinical trial for apogeotropichorizontal canal benign paroxysmal positional vertigo.Neurology 2012; 78: 159–66.e3. Karlberg ML, Magnusson M: Treatment of acute vestibular neuronitiswith glucocorticoids. Otol Neurotol 2011; 32: 1140–3.e4. Kim YH, Kim KS, Kim KJ, Choi H, Choi JS, Hwang IK: Recurrenceof vertigo in patients with vestibular neuritis. Acta Otolaryngol2011; 131: 1172–7.e5. Arbusow V, Theil D, Strupp M, Mascolo A, Brandt T: HSV-1 not onlyin human vestibular ganglia but also in the vestibular labyrinth.Audiol Neurootol 2000; 6: 259–62.e6. Stokroos R, Kingma H: Selective vestibular ablation by intratympanicgentamicin in patients with unilateral active Meniere'sdisease: a prospective, double-blind, placebo-controlled, randomizedclinical trial. Acta Otolaryngol 2004; 124: 172–5.e7. Postema RJ, Kingma CM, Wit HP, Albers FW, Van Der Laan BF: Intratympanicgentamicin therapy for control of vertigo in unilateralMenire's disease: a prospective, double-blind, randomized, placebo-controlledtrial. Acta Otolaryngol 2008; 128: 876–80.e8. Best Ch, Gawehn J, Krämer HH, et al.: MRI and neurophysiologyin vestibular paroxysmia: contradiction and correlation. J NeurolNeurosurg Psychiatry 2013 (in press).e9. Dieterich M, Brandt T: Episodic vertigo related to migraine (90 cases):vestibular migraine? J Neurol 1999; 246: 883–92.e10. von Brevern M, Zeise D, Neuhauser H, Clarke AH, Lempert T: Acutemigrainous vertigo: clinical and oculographic findings. Brain2005; 128: 365–74.e11. von Brevern M, Radtke A, Clarke AH, Lempert T: Migrainous vertigopresenting as episodic positional vertigo. Neurology 2004; 62:469–72.e12. Radtke A, Neuhauser H, von BM, Hottenrott T, Lempert T: Vestibularmigraine—validity of clinical diagnostic criteria. Cephalalgia2011; 31: 906–13.e13. Claassen J, Spiegel R, Kalla R, et al.: A randomised double-blind,cross-over trial of 4-aminopyridine for downbeat nystagmus—effectson slow phase eye velocity, postural stability, locomotion andsymptoms. J Neurol Neurosurg Psychiatry 2013 June (Epubahead of print).e14. Claassen J, Feil K, Bardins S, Teufel J, et al.: Dalfampridine in patientswith downbeat nystagmus—an observational study. J Neurol2013 April (Epub ahead of print).e15. Claassen J, Teufel J, Kalla R, Spiegel R, Strupp M.: Effects of dalfampridineon attacks in patients with episodic ataxia type 2: anobservational study. J Neurol 2013; 260: 668–9.e16. Strupp M, Teufel J, Habs M, et al.: Effects of acetyl-DL-leucine inpatients with cerebellar ataxia: a case series. J Neurol 2013 July(Epub ahead of print).Teilnahme nur imInternet möglich:aerzteblatt.de/cme<strong>Deutsches</strong> Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 29–30 | 22. Juli 2013 13

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