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Periphere und zentrale vestibuläre Schwindelformen - Deutsches ...

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MEDIZINMorbus MenièreDie typischen Attacken des Morbus Menière sind durchrezidivierenden, Minuten bis St<strong>und</strong>en anhaltendenDrehschwindel mit Hörminderung, Tinnitus <strong>und</strong> Ohrdruckgefühlauf dem betroffenen Ohr gekennzeichnet.Gelegentlich gehen eine Verstärkung des Ohrgeräuschs,des Ohrdrucks oder eine Hörminderung demSchwindel voraus. Ätiologie <strong>und</strong> Pathophysiologie desMorbus Menière sind trotz vieler Untersuchungen bislangnicht sicher geklärt. Der pathognomonische histopathologischeBef<strong>und</strong> ist ein Endolymphhydrops, dersich jetzt auch bildgebend mit Hilfe der hochauflösendenMRT des Felsenbeins nach transtympanaler Injektionvon Gadolinium gut darstellen lässt (Abbildung 1)(28). Die Attacken entstehen wahrscheinlich durch eineÖffnung drucksensitiver Kationenkanäle <strong>und</strong>/oder dieRuptur der Endolymphmembran mit einer Erhöhungder Kaliumkonzentration im Perilymphraum, was zunächstzu einer Erregung, dann zu einer Depolarisationder Axone führt.TherapieSchwindel, Übelkeit <strong>und</strong> Erbrechen können akut symptomatischmit Antivertiginosa (Tabelle 2) gemindertwerden. Positive Effekte einer prophylaktischen Therapiezur Reduzierung der Attackenfrequenz wurden bislangfür die transtympanale Instillation von Gentamicin<strong>und</strong> von Steroiden sowie die hoch dosierte, lang dauerndeGabe von Betahistin publiziert (1, 29). Die Wirkungvon Gentamicin beruht auf einer direkten Schädigungvon <strong>vestibuläre</strong>n Typ-I-Haarzellen. Es liegen zweiprospektive, doppelblinde, randomisierte, kontrollierteStudien vor (e6, e7), die eine Wirksamkeit gezeigt haben,die durch eine Cochrane-Analyse gestützt wird(30). Die Gefahr der Behandlung mit Aminoglykosidenliegt in der möglichen Hörschädigung. Die transtympanaleGabe von Glukokortikoiden wird vermehrt durchgeführt,obwohl bislang nur eine methodisch einwandfreidurchgeführte klinische Studie existiert, die einenEffekt nachgewiesen hat (31). Darüber hinaus konntein einer randomisierten kontrollierten prospektivenStudie gezeigt werden, dass bei schwer behandelbarenAttacken die Gabe von kleinen Dosen Gentamicintranstympanal mit 93 % die Schwindelattacken deutlichstärker reduziert als die intratympanale Dexamethasongabemit 61 % (32).Metaanalysen belegen, dass Betahistin – ein schwacherH1-Agonist <strong>und</strong> stärkerer H3-Antagonist – einenprophylaktischen Effekt auf die Attackenfrequenz desGRAFIKVervielfältigung des Blutflussesim Vergleich zum Basiswert160 mg1,51,41,31,21,148 mg24 mg16 mg1,00,0001 0,001 0,01 0,1 1 10Dosis (mg/kg Körpergewicht)Blutfluss in der Cochlea im Tierversuch in Abhängigkeit vonder Betahistin-dihydrochlorid-Dosis (mit nichtlinearer Regressionskurve;Mittelwert ± SD; *: p < 0,05) <strong>und</strong> errechnetekorrespondierende orale Einzeldosen (modifiziert aus [35]). Eszeigt sich eine sigmoidale Dosis-Wirkungskurve. Dies korreliert mitden klinisch eingesetzten höheren Betahistin-Einzeldosen (roteLinie) von bis zu 160 mg zur prophylaktischen Behandlung des MorbusMenière.Morbus Menière hat. In einer Anwendungsbeobachtungbei 112 Patienten konnte nachgewiesen werden,dass eine Höherdosierung mit 3 × 48 mg/d Betahistinvor allem bei Langzeitanwendung über ein Jahr der üblichenDosierung von 3 × 24 mg/d signifikant überlegenist (33). In Einzelfällen erfolgte auch eine allmählicheDosissteigerung bis auf 480 mg/d (34). Als Wirkmechanismuswird auf der Basis aktueller tierexperimentellerStudien eine dosisabhängige Verbesserungder Durchblutung des Innenohrs angenommen, sowohldurch Betahistin (Grafik) (35) als auch dessen Metaboliten.Derzeit wird eine prospektive randomisierte placebokontrolliertemultizentrische Dosisfindungsstudiezur Untersuchung des prophylaktischen Effekts vonBetahistin-dihydrochlorid auf die Attackenfrequenz<strong>und</strong> die <strong>vestibuläre</strong> <strong>und</strong> audiologische Funktion durchgeführt(BEMED, gefördert durch das BMBF).Rezidivierende <strong>vestibuläre</strong> „Drop-Attacks“ (Sturzattacken)sind bei Patienten mit Morbus Menière imAlltag außerordentlich beeinträchtigend <strong>und</strong> wegen derTherapie des Morbus MenièreDie Hochdosis-Langzeittherapie mit Betahistin istoffensichtlich wirksam zur prophylaktischen Behandlungder Schwindelattacken. Sie muss aberweiter in klinischen Studien untersucht werden.Rezidivierende <strong>vestibuläre</strong> „Drop-attacks“Sie sind bei Patienten mit Morbus Menièreim Alltag sehr beeinträchtigend <strong>und</strong> wegen derhohen Verletzungsrate gefährlich.<strong>Deutsches</strong> Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 29–30 | 22. Juli 2013 511

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