OLG Dresden, 8 U 2987/01
OLG Dresden, 8 U 2987/01
OLG Dresden, 8 U 2987/01
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
OBERLANDESGERICHT DRESDEN<br />
Aktenzeichen: 8 U <strong>2987</strong>/<strong>01</strong><br />
In dem Rechtsstreit<br />
Kläger und Berufungskläger<br />
gegen<br />
Hypo- und Vereinsbank AG,<br />
Beklagte und Berufungsbeklagte<br />
wegen Darlehensvertrag für Kauf einer Eigentumswohnung<br />
hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts <strong>Dresden</strong> aufgrund der mündlichen<br />
Verhandlung vom 28.08.2002 durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht<br />
Häfner, Richterin am Landgericht Wittenberg und Richter am Landgericht<br />
Großmann für Recht erkannt:<br />
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts <strong>Dresden</strong><br />
vom 23.10.20<strong>01</strong> - Az: 5 O 958/<strong>01</strong> - unter Zurückweisung der Berufung im<br />
Übrigen sowie unter Aufhebung im Kostenpunkt abgeändert und wie<br />
folgt gefasst:<br />
1. Die Zwangsvollstreckung aus der Grundschuldbestellungsurkunde des<br />
Notars Dr. H , Stuttgart, UR-Nr.: H 0528/99 vom 21.05.1999 wird<br />
für unzulässig erklärt.<br />
2. Die Beklagte wird verurteilt, die ihr erteilte vollstreckbare Ausfertigung der<br />
in Ziff. I.1. des Tenors bezeichneten Grundschuldbestellungsurkunde an<br />
den Kläger herauszugeben Zug um Zug gegen Zahlung des in Ziff. II des<br />
Tenors genannten Betrages von 121.176,18 Euro (237.000,00 DM) nebst<br />
6,4 % Zinsen p.a. hieraus seit <strong>01</strong>.08.2000.<br />
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.<br />
II. Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte<br />
121.176,18 Euro (237.000,00 DM) nebst 6,4 % Zinsen p.a. hieraus seit<br />
<strong>01</strong>.08.2000 zu zahlen.<br />
III. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden gegeneinander<br />
aufgehoben. Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz trägt der<br />
Kläger zu 3/4, die Beklagte zu 1/4.<br />
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.<br />
V. Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers gegen<br />
Sicherheitsleistung in Höhe von 2.400,00 Euro abwenden, wenn nicht der<br />
Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der<br />
Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung<br />
in Höhe von 3.100,00 Euro abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der<br />
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Sicherheit kann auch
geleistet werden durch schriftliche, selbstschuldnerische, unwiderrufliche,<br />
unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines in der<br />
Europäischen Union als Steuer- oder Zollbürge zugelassenen Kreditinstitutes.<br />
VI. Die Revision zum Bundesgerichtshof wird zugelassen.<br />
- Streitwert für beide Instanzen: 126.289,09 Euro (247.000,00 DM) -<br />
Tatbestand:<br />
Der Kläger begehrt - nach einem von ihm unter Berufung auf das Haustürwiderrufsgesetz<br />
erklärten Widerruf eines Darlehensvertrages - Unzulässigerklärung<br />
der Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde, Rückabwicklung<br />
eines kreditfinanzierten Immobilienerwerbes und Schadensersatz<br />
wegen Verletzung von Aufklärungspflichten durch die beklagte Bank. Diese<br />
fordert mit ihrer Hilfswiderklage Rückzahlung des Darlehensbetrages<br />
einschließlich der Herausgabe von Zinsnutzungen.<br />
Zur Finanzierung des Erwerbs einer Eigentumswohnung in <strong>Dresden</strong> (Kaufpreis:<br />
237.530,00 DM; notarielles Kaufvertragsangebot des Klägers vom 27.03.1998,<br />
Anlage K 2, Bl. 35 ff. d.A.; Kaufvertragsannahme durch die veräußernde<br />
Bauträgergesellschaft am 03.04.1998) hat der Kläger bei der Vereinsbank AG<br />
- Rechtsvorgängerin der Beklagten - (künftig: Beklagte) ein Darlehen über<br />
237.000,00 DM aufgenommen. Der Darlehensvertrag vom 21.04.1998 (Anlage<br />
K 4, Bl. 65 ff. dA) - ergänzt durch Vereinbarung vom 12.05./06.05.1998 (Bl.<br />
68 dA) - sah einen Jahreszins von nominal 6,4 % - effektiv 6,59 % - vor. Die<br />
Darlehenstilgung wurde ausgesetzt gegen Kopplung mit einer Lebensversicherung<br />
über 135.000,00 DM. Zur Sicherung des Darlehensbetrages<br />
bestellte der Kläger unter anderem eine Grundschuld an der erworbenen<br />
Immobilie in Höhe von 237.000,00 DM (notarielle Urkunde vom 21.05.1999,<br />
Anlage K 5, Bl. 69 dA), übernahm die persönliche Haftung in gleicher Höhe und<br />
unterwarf sich jeweils der sofortigen Zwangsvollstreckung. Bereits am<br />
06.05.1998 hatte er eine Zweckbestimmungserklärung zur Grundschuld<br />
unterzeichnet (Anlage<br />
B 9).<br />
Die Vermittlung des Darlehensvertrages und des Immobilienerwerbes erfolgte<br />
durch den für die Gesellschaft für Wirtschafts- und Unternehmensberatung<br />
mbH (GWU) tätigen Vermittler M . Nach einem Anruf am Arbeitsplatz des<br />
Klägers fanden zwischen Herrn M und dem Kläger zwei Gespräche - das<br />
zweite am 23.03.1998 - in der Wohnung des damals in Nürnberg wohnhaften<br />
Klägers statt, in deren Rahmen persönliche und wirtschaftliche Daten des<br />
Klägers aufgenommen wurden. Am 27.03.1998 kam es zu einem weiteren<br />
Gespräch in den Geschäftsräumen der GWU, an dem neben dem Kläger der<br />
Vermittler M und der Geschäftsführer der GWU, Herr F. , teilnahmen.<br />
Im Verlauf dieses Gespräches entschloss sich der Kläger zum Erwerb der<br />
Eigentumswohnung und gab im Rahmen eines am gleichen Tag stattgefundenen<br />
Notartermins ein Kaufangebot gegenüber der veräußernden Bauträgergesellschaft<br />
ab. Nach dem Notartermin fanden weitere Besuche des Vermittlers M in<br />
der klägerischen Wohnung statt, anlässlich welcher der Kläger eine Selbstauskunft,<br />
einen Kreditantrag sowie den Darlehensvertrag vom 21.04.1998 und
einen Lebensversicherungsvertrag unterzeichnete. Der Kläger bezahlte an die<br />
GWU für die Vermittlung des Immobilienerwerbs eine Provision in Höhe von<br />
8.194,79 DM (Rechnung der GWU vom 31.03.1998, Anlage K 8, Bl. 80 dA). Für<br />
die Finanzierungsvermittlung bezahlte die Rechtsvorgängerin der Beklagten<br />
an L , einen damaligen Mitarbeiter der GWU, eine Provision in Höhe<br />
von 0,5 % der Darlehenssumme, von der sodann ein Teil an den Vermittler M<br />
weitergeleitet wurde.<br />
Eine Widerrufsbelehrung ist dem Kläger nicht erteilt worden. Der Kläger widerrief<br />
unter Berufung auf das Haustürwiderrufsgesetz den Darlehensvertrag mit<br />
Schreiben vom 06.04.2000 sowie die Zweckbestimmungserklärung zur Grundschuld<br />
mit Berufungsbegründungsschriftsatz vom 11.02.2002 (S. 13, Bl. 376<br />
dA). Seit dem <strong>01</strong>.08.2000 hat er keine Zinsen mehr bezahlt.<br />
Der Kläger hat erstinstanzlich Unzulässigerklärung der Zwangsvollstreckung<br />
aus der notariellen Urkunde vom 21.05.1999 begehrt sowie Schadensersatzansprüche<br />
gegen die Beklagte geltend gemacht.<br />
Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 23.10.20<strong>01</strong> abgewiesen, weil ein<br />
Widerrufsrecht nach dem HWiG nicht bestehe und Schadensersatzansprüche<br />
gegen die Beklagte nicht gegeben seien.<br />
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Klagebegehren<br />
in vollem Umfang weiter. Er macht im Wesentlichen geltend, er habe den<br />
Darlehensvertrag sowie die Sicherungsabrede wirksam nach den Vorschriften<br />
des Haustürwiderrufsgesetzes widerrufen, weil er zur Abgabe der diesen<br />
Vereinbarungen zugrunde liegenden Erklärungen durch mit dem Vermittler M<br />
geführte mündliche Verhandlungen in seiner Wohnung bestimmt worden sei.<br />
Demzufolge stünden der Beklagten aus dem Darlehensvertrag keine<br />
Ansprüche mehr zu, und sie dürfe auch nicht die Zwangsvollstreckung aus<br />
der notariellen Urkunde betreiben. Die Rückabwicklung des Darlehensvertrages<br />
habe dergestalt zu erfolgen, dass dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch<br />
auf Rückzahlung der geleisteten Zinszahlungen zustehe. Dagegen könne die<br />
Beklagte einen Anspruch auf Rückgewähr des Darlehensbetrages nach den<br />
vom Bundesgerichtshof in den sog. Securenta-Entscheidungen von 1996<br />
aufgestellten Grundsätzen jedenfalls nicht gegenüber dem Kläger geltend<br />
machen, damit sichergestellt sei, dass dieser sein Widerrufsrecht frei und<br />
ohne Furcht vor finanziellen Nachteilen ausüben könne. Darlehens- und<br />
Immobilienkaufvertrag seien im Sinne dieser Rechtsprechung als ein<br />
verbundenes Geschäft anzusehen. Dagegen liege kein Fall eines<br />
Realkredites vor, bei dem die Anwendung der Grundsätze über verbundene<br />
Geschäfte gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 des Verbraucherkreditgesetzes (VerbrKrG)<br />
ausgeschlossen sei. Im Übrigen verstoße die in § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG<br />
getroffene Rechtsfolgenanordnung gegen europäisches Recht. Der von der<br />
Beklagten geltend gemachte Anspruch auf Herausgabe der Zinsnutzungen sei<br />
verjährt.<br />
Im Übrigen schulde die Beklagte ihm Schadensersatz, gerichtet auf<br />
Freihaltung von den Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag und auf<br />
Erstattung weiterer Vermögenseinbußen. Sie habe im Vorfeld des Vertragsschlusses<br />
ihr obliegende Aufklärungs- und Beratungspflichten verletzt.<br />
Insbesondere habe sie bzw. der für sie als Erfüllungsgehilfe tätige Vermittler es<br />
unterlassen, ihn, den Kläger, aufzuklären über eine sittenwidrige Überhöhung<br />
des Kaufpreises - verursacht auch durch kaufpreiserhöhende Innenprovisionen<br />
des Bauträgers -, über die an den Vermittler Langbein gezahlte
Finanzierungsvermittlungsprovision und über die mit der hier gewählten<br />
Finanzierungsform verbundenen Risiken.<br />
Der Kläger beantragt, unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils wie folgt<br />
zu erkennen:<br />
1. Die Zwangsvollstreckung aus der Grundschuldbestellungsurkunde des<br />
Notars Dr. H , Stuttgart, Urkundenrollennummer: H 0528/1999 vom<br />
21.05.1999 wird für unzulässig erklärt.<br />
Die Beklagte wird verurteilt, die ihr erteilte vollstreckbare Ausfertigung der<br />
vorbezeichneten Grundschuldbestellungsurkunde an den Kläger herauszugeben.<br />
2. Die Beklagte wird verurteilt, gegenüber dem Kläger auf sämtliche<br />
Ansprüche aus dem Darlehensvertrag mit der Darlehensnummer: 780584347<br />
(alt: 80584347) zu verzichten, Zug um Zug gegen Übertragung des<br />
Wohneigentums, bestehend aus einem Miteigentumsanteil von 82/1000 an<br />
dem Grundstück Gemarkung <strong>Dresden</strong>- Naußlitz, , <strong>01</strong>159 <strong>Dresden</strong>-<br />
Naußlitz, vorgetragen im Grundbuch des Amtsgerichtes <strong>Dresden</strong> für Naußlitz,<br />
Blatt 1406 BV 1, Flur-St. 46a, verbunden mit dem Sondereigentum an der<br />
Wohnung im Erdgeschoss Nr. 2 und dem Kellerraum Nr. 2.<br />
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.112,92 Euro (DM 10.000,00)<br />
nebst 5,00 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 Diskontsatz-<br />
Überleitungs- Gesetz vom 09.06.1998 hieraus seit Rechtshängigkeit zu<br />
bezahlen.<br />
4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche<br />
künftig noch entstehenden Schäden zu ersetzen, die im Zusammenhang<br />
stehen mit dem Kauf des Miteigentumsanteiles von 82/1000 an dem Grundstück<br />
Gemarkung <strong>Dresden</strong>-Naußlitz, , <strong>01</strong>159 <strong>Dresden</strong>-Naußlitz, vorgetragen im<br />
Grundbuch des Amtsgerichtes <strong>Dresden</strong> für Naußlitz, Blatt 1406 BV 1, Flur-St.<br />
46a, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung im Erdgeschoss<br />
Nr. 2 und dem Kellerraum Nr. 2.<br />
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen sowie hilfsweise für den<br />
Fall, dass einem oder beiden Klageanträgen zu 1. stattgegeben wird, den<br />
Klageanträgen zu 1. nur stattzugeben Zug um Zug gegen Zahlung eines<br />
Betrages in Höhe von 121.176,18 Euro (237.000,00 DM) nebst Zinsen in<br />
Höhe von 6,4 % p.a. seit <strong>01</strong>.08.2000.<br />
Darüber hinaus hat die Beklagte Hilfswiderklage auf Rückzahlung des offenen<br />
Darlehensbetrages nebst Zinsen erhoben für den Fall, dass einem oder<br />
beiden Klageanträgen zu Ziff. 1. stattgegeben wird und beantragt, den Kläger<br />
zu verurteilen, an die Beklagte 121.176,18 Euro (237.000,00 DM) nebst<br />
Zinsen in Höhe von 6,4 % p.a. seit <strong>01</strong>.08.2000 zu zahlen.<br />
Der Kläger beantragt, die Hilfswiderklage abzuweisen.<br />
Die Beklagte ist der Auffassung, dass ein Widerrufsrecht nach dem<br />
Haustürwiderrufsgesetz nicht bestehe, weil der Abschluss des Darlehensvertrages<br />
für den Kläger nicht überraschend gewesen sei. Aber auch im Falle<br />
einer Wirksamkeit der Widerrufserklärungen sei der Kläger ihr gegenüber zur<br />
Rückzahlung des Darlehens nebst Zinsen verpflichtet. Die Anwendung der
Grundsätze über verbundene Geschäfte sei gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG<br />
ausgeschlossen.<br />
Der Senat hat den Kläger zu den Umständen des Abschlusses von Kauf-<br />
und Darlehensvertrag persönlich angehört (vgl. Sitzungsprotokoll vom<br />
24.04.2002, Bl. 584 ff. dA). Mit Beschluss vom 28.08.2002 (vgl.<br />
Sitzungsprotokoll, Bl. 734 ff. dA) wurde dem Kläger Schriftsatznachlass<br />
hinsichtlich des Beklagtenschriftsatzes vom 07.08.2002 eingeräumt. Mit innerhalb<br />
der nachgelassenen Frist eingegangenem Schriftsatz vom 18.09.2002 hat der<br />
Kläger unter Bezugnahme auf ein von ihm eingeholtes Gutachten des<br />
Sachverständigen Gerhard Maier, Feldkirchen, vom 13.09.2002 vorgebracht,<br />
der Verkehrswert der erworbenen Eigentumswohnung habe am 03.04.1998<br />
lediglich 54.400,00 Euro (etwa 106.400,00 DM) betragen. Wegen der Einzelheiten<br />
wird auf das Gutachten verwiesen (Anlage K 62).<br />
Entscheidungsgründe:<br />
Die Berufung des Klägers ist teilweise begründet. Die Widerklage der Beklagten ist<br />
begründet.<br />
I. Berufung des Klägers:<br />
1. Vollstreckungsgegenklage (Klagantrag 1, Satz 1)<br />
Die Vollstreckungsgegenklage hat Erfolg, da begründete Einwendungen<br />
gegen die Zwangsvollstreckung aus der streitgegenständlichen notariellen<br />
Urkunde gemäß §§ 767 Abs. 1, 794 Nr. 5, 795 ZPO bestehen. Die Beklagte<br />
kann den Kläger aus der notariellen Urkunde nicht in Anspruch nehmen,<br />
weil den in ihr titulierten Ansprüchen aus der Grundschuld und dem<br />
abstrakten Schuldanerkenntnis materiell- rechtliche Einwendungen entgegenstehen.<br />
Diese ergeben sich daraus, dass der Kläger seine auf Abschluss des<br />
Darlehensvertrages sowie die auf Abschluss der zwischen den Parteien<br />
bestehenden Sicherungsabrede gerichteten Erklärungen auf der Grundlage des<br />
Haustürwiderrufsgesetzes in der hier maßgeblichen bis 30.09.2000 geltenden<br />
Fassung (HWiG) wirksam widerrufen hat:<br />
a) Die Widerrufserklärungen des Klägers umfassten den Darlehensvertrag<br />
sowie die Sicherungsabrede: Der Widerruf der auf den Abschluss des<br />
Darlehensvertrages abzielenden Erklärung ergriff auch die in Ziff. 5 des<br />
Darlehensvertrages enthaltene allgemeine Sicherungsabrede.<br />
Die zu deren Konkretisierung abgegebene Zweckbestimmungserklärung zur<br />
Grundschuld vom 06.05.1998 hat der Kläger ebenfalls - im Rahmen seines<br />
Berufungsvorbringens - widerrufen.<br />
b) Sowohl der Darlehensvertrag als auch die Sicherungsabrede fallen als<br />
Verträge, die entgeltliche Leistungen zum Gegenstand haben, unter den<br />
Anwendungsbereich von § 1 Abs. 1 HWiG. Dies folgt hinsichtlich der<br />
Sicherungsabrede aus der in Ziff. 5 des Darlehensvertrages aufgenommenen<br />
Verpflichtung des Klägers zur Bestellung einer Grundschuld und eines<br />
Schuldanerkenntnisses (vgl. BGHZ 131, 4 ff.; <strong>OLG</strong> Hamm, WM 1999, 73 f.). Die<br />
auf Abschluss der Sicherungsabrede gerichteten Willenserklärungen des<br />
Klägers wurden auch nicht von einem Notar beurkundet, was gemäß § 1<br />
Abs. 2 Nr. 3 HWiG den Ausschluss des Widerrufsrechtes nach sich ziehen<br />
würde. Die in § 12 des notariellen Kaufangebotes vom 27.03.1998 enthaltene
Bestimmung über die Kaufpreisfinanzierung verpflichtet nicht den Kläger zur<br />
Bestellung einer Grundschuld, sondern lediglich die veräußernde<br />
Bauträgergesellschaft.<br />
c) Der Anwendung des Haustürwiderrufsgesetzes steht auch nicht der in § 5<br />
Abs. 2 HWiG angeordnete Anwendungsvorrang des Verbraucherkreditgesetzes<br />
in der hier anwendbaren Fassung bis 30.09.2000 entgegen. Dieses sieht<br />
zwar im - vorliegend gegebenen - Falle eines Realkredites kein Widerrufsrecht<br />
vor (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m.§ 7 VerbrKrG). Die Subsidiaritätsklausel des § 5 Abs.<br />
2 HWiG ist aber unter Beachtung des Urteils des Gerichtshofes der<br />
Europäischen Gemeinschaft vom 13.12.20<strong>01</strong> (NJW 2002, 281)<br />
richtlinienkonform einschränkend auszulegen. Danach gehören Kreditverträge<br />
insoweit nicht zu den Geschäften, die i.S.d. § 5 Abs. 2 HWiG "die<br />
Voraussetzungen eines Geschäfts nach dem Verbraucherkreditgesetz"<br />
erfüllen, als das VerbrKrG - wie im vorliegenden Fall eines Realkredites -<br />
kein gleich weit reichendes Widerrufsrecht einräumt wie das<br />
Haustürwiderrufsgesetz (BGH, NJW 2002, 1881, 1882).<br />
d) Die Ausübung des Widerrufsrechtes ist noch möglich, da eine<br />
Widerrufsbelehrung nach Maßgabe von § 2 Abs. 1 Satz 2 HWiG nicht erteilt<br />
wurde und die Parteien die ihnen obliegenden Leistungen noch nicht<br />
vollständig erbracht haben (§ 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG).<br />
e) Die Voraussetzungen für einen Widerruf der auf den Abschluss des<br />
Darlehensvertrages abzielenden Erklärung des Klägers lagen vor, weil der<br />
Kläger zur Abgabe dieser Vertragserklärung durch mündliche Verhandlungen in<br />
einer Privatwohnung bestimmt worden ist (§ 1 Abs. 1 Satz 1 HWiG):<br />
aa) Allerdings können auf der Grundlage des klägerischen Vortrages die<br />
beiden vor dem 27.03.1998 (dem Tag des Notartermins und den<br />
Verhandlungen in den Geschäftsräumen der Fa. GWU) geführten Gespräche<br />
nicht als mündliche Verhandlungen im Rechtssinne qualifiziert werden, die<br />
den Kläger zum Abschluss des Darlehensvertrages bestimmt haben. Zwar sind<br />
unter dem Begriff "mündliche Verhandlungen" i.S.d. HWiG nicht nur solche<br />
Gespräche zu verstehen, in denen es um Einzelheiten der<br />
Vertragsgestaltung geht und die unmittelbar in den Vertragsschluss münden.<br />
Ausreichend - jedoch auch erforderlich - ist das werbemäßige Ansprechen<br />
eines Kunden, jede anbieterorientierte Kontaktaufnahme, die auf einen<br />
späteren Vertragsschluss zielt (BGHZ 131, 385, 392). Um eine derartige -<br />
auf einen späteren Darlehensvertragsschluss zielende - Kontaktaufnahme<br />
handelte es sich bei beiden vor dem 27.03.1998 in der Wohnung des<br />
Klägers geführten Gesprächen aber nicht. Diese hatten lediglich den Zweck,<br />
Daten hinsichtlich der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des<br />
Klägers aufzunehmen, welche offensichtlich die Grundlage für das unter dem<br />
25.03.1998 erstellte Berechnungsbeispiel "Immobilien-Anlagen" bildeten (vgl.<br />
Anlage K 33, Bl. 302 ff. dA). Die Gespräche dienten daher lediglich der<br />
Beschaffung allgemeiner Informationen, um dem Kläger zu einem späteren<br />
Zeitpunkt konkrete Anlage- und Finanzierungsangebote unterbreiten zu können.<br />
Über Anlagen und Fragen der Finanzierung wurde hierbei noch nicht<br />
gesprochen; konkrete Anlagevorschläge wurden dem Kläger erst am<br />
27.03.1998 anlässlich des Termins in den Geschäftsräumen der Fa. GWU<br />
vorgestellt, während über Fragen der Finanzierung nach den Angaben des<br />
Klägers vor dem Notartermin nicht gesprochen wurde. Auch fand in den beiden
dem Notartermin vorangegangenen Gesprächen keine Bestimmung zur<br />
Kreditaufnahme dadurch statt, dass der Kläger bereits einen Kreditantrag (vgl.<br />
BGH, NJW 1994, 262, 265) oder doch wenigstens eine Selbstauskunft über<br />
seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unterzeichnet hat (vgl.<br />
<strong>OLG</strong> Stuttgart, ZIP 1999, 2005, 2006).<br />
bb) Der Kläger wurde aber zur Abgabe seiner auf den Abschluss des<br />
Darlehensvertrages gerichteten Erklärungen durch weitere - dem Notartermin<br />
vom 27.03.1998 nachfolgende - Verhandlungen in seiner Wohnung bestimmt:<br />
Nach dem Notartermin - vom Kläger wurde der Zeitraum auf etwa zwei<br />
Wochen geschätzt - fanden weitere Besuche des Vermittlers M in der<br />
klägerischen Wohnung statt. Anlässlich dieser Besuche unterzeichnete der<br />
Kläger eine Selbstauskunft, den Kreditantrag und den ihm vom Vermittler M<br />
ins Haus gebrachten - bereits vorbereiteten - Darlehensvertrag. Im Rahmen<br />
der Hausbesuche fanden auch mündliche Verhandlungen im Rechtssinne statt,<br />
die den Kläger zur Abgabe der Darlehensvertragserklärung bestimmten. Der<br />
Kläger hat nach seinen unwidersprochenen Angaben in der mündlichen<br />
Verhandlung gegenüber Herrn M nachgefragt, weshalb in den<br />
Darlehensvertrag eine Würzburger Niederlassung der Rechtsvorgängerin der<br />
Beklagten aufgenommen worden sei. Herr M gab als Begründung an, "dass<br />
dies einfacher sei, weil diese Bank das komplette Objekt finanziert".<br />
cc) Das gefundene Ergebnis steht im Einklang mit dem Schutzzweck des<br />
Haustürwiderrufsgesetzes. Dieses Gesetz, mit welchem die EG-<br />
Haustürgeschäfte- Richtlinie 85/577/EWG vom 20.12.1985 (ABl. EG Nr.<br />
L372/31 vom 31.12.1985, abgedr. bei Fischer/ Machunsky, HWiG, 2. Aufl.<br />
1995, Anh. 2) in nationales Recht umgesetzt wurde, bezweckt den Schutz<br />
des durch die anbieterseitige Kontaktaufnahme überraschten und auf<br />
Vertragsverhandlungen nicht vorbereiteten Verbrauchers. Mit dem ihm<br />
eingeräumten Widerrufsrecht soll dem Verbraucher die Möglichkeit gegeben<br />
werden, die unter dem Eindruck der Überrumpelungssituation eingegangenen<br />
Verpflichtungen noch einmal zu überdenken (vgl. Fischer/ Machunsky, a.a.O.,<br />
Einf. Rdn. 10 bis 13 mit Hinweisen auf die Gesetzesmaterialien; vgl. auch<br />
die 4. und 5. Begründungserwägung zur EGHaustürgeschäfte-Richtlinie).<br />
Hieraus lässt sich allerdings nicht im Wege einer teleologischen Reduktion zu<br />
Lasten des Klägers der Schluss ziehen, diesem stehe ein Widerrufsrecht in<br />
Bezug auf den Darlehensvertrag nicht zu, weil er auf den Abschluss eines<br />
Darlehensvertrages aus seiner Sicht nicht unvorbereitet gewesen sei: Zwar<br />
konnte es für den über nur wenig Eigenkapital verfügenden Kläger nicht ernsthaft<br />
zweifelhaft sein, dass er mit Abgabe seines bindenden notariellen<br />
Kaufvertragsangebotes vom 27.03.1998 und der am 03.04.1998 tatsächlich<br />
erfolgten Annahme faktisch zur Aufnahme eines Darlehens gezwungen war.<br />
Zudem wurde der Kläger mit dem Darlehensvertrag auch deshalb nicht<br />
unvorbereitet konfrontiert, weil der notarielle Kaufvertrag Bestimmungen enthält,<br />
die nur im Zusammenhang mit einer Kreditfinanzierung Sinn machen (z.B.<br />
Ziff. III der notariellen Niederschrift: Vollmacht für den Abruf der Darlehensmittel;<br />
§ 3 Nr. 6 des Kaufvertrages: Anweisung an Darlehensgeber; § 12 des<br />
Kaufvertrages: Bestimmungen über Kaufpreis-Finanzierung). Dass dem Kläger<br />
auf diese Weise die Notwendigkeit einer Darlehensaufnahme generell bereits<br />
vor Augen geführt worden war, steht einem Widerruf des konkreten<br />
streitgegenständlichen Kreditvertrages jedoch nicht entgegen. Bei Abgabe des<br />
notariellen Kaufvertragsangebotes stand nämlich lediglich fest, dass der Kläger<br />
einen Kredit benötigte. Völlig offen - auch im Rahmen der dem Notartermin
vorangegangenen Gespräche unerörtert - blieb jedoch, bei welchem<br />
Kreditinstitut der Kreditvertrag abgeschlossen werden sollte und insbesondere<br />
zu welchen Konditionen. Eine Konkretisierung des Kreditinstitutes und der<br />
Vertragsbedingungen erfolgte erst im Rahmen weiterer - dem Notartermin<br />
nachfolgender - Besuche des Vermittlers M in der Wohnung des Klägers,<br />
spätestens bei Vorlage des ausgefertigten Darlehensvertrages. Auch in einer<br />
derartigen Situation ist es nach dem Schutzzweck des<br />
Haustürwiderrufsgesetzes geboten, dem Verbraucher ein Widerrufsrecht<br />
einzuräumen. Wird dieser nämlich - wie vorliegend der Kläger - erstmals<br />
anlässlich des Besuchs eines Außendienstmitarbeiters in seiner<br />
Privatwohnung mit den Bedingungen des ihm vorgelegten Darlehensvertrages<br />
konfrontiert, besteht typischerweise nicht die Möglichkeit, das unterbreitete<br />
Angebot durch einen Preis- und Qualitätsvergleich einer angemessenen<br />
Prüfung zu unterziehen. Dem auf diese Situation regelmäßig nicht<br />
vorbereiteten Verbraucher muss daher die Möglichkeit eingeräumt werden, sich<br />
von den eingegangenen Verpflichtungen wieder zu lösen (vgl. Fischer/ Machunsky,<br />
HWiG, Einf. Rdn. 11 zu Fn. 7 u. Rdn. 13; 4. und 5. Begründungserwägung<br />
zur EGHaustürgeschäfte-Richtlinie). Auf die konkrete Schutzbedürftigkeit des<br />
Verbrauchers im Einzelfall stellt das typisierende und formalisierte<br />
Haustürwiderrufsrecht nicht ab. Daher ist es auch unerheblich, ob der<br />
Verbraucher bei Abgabe seiner Vertragserklärung tatsächlich noch unter dem<br />
Eindruck einer Überrumpelungssituation stand.<br />
f) Die Voraussetzungen für den Widerruf der auf den Abschluss der<br />
Sicherungsvereinbarung zielenden Erklärungen lagen ebenfalls vor.<br />
Es kann offen bleiben, ob der Kläger - was jedoch nahe liegt - zur<br />
Unterzeichnung der Zweckbestimmungserklärung zur Grundschuld vom<br />
06.05.1998 durch eine in seiner Wohnung geführte Verhandlung bestimmt<br />
worden ist. Denn jedenfalls umfasste der wirksame Widerruf der auf den<br />
Abschluss des Darlehensvertrages zielenden Erklärung des Klägers auch die in<br />
Ziff. 5 des Darlehensvertrages enthaltene allgemeine Sicherungsabrede. Diese<br />
begründete bereits die Verpflichtung des Klägers zur Bestellung der<br />
Sicherungsgrundschuld und des Schuldanerkenntnisses; die nachfolgende<br />
Zweckbestimmungserklärung vom 06.05.1998 enthält lediglich ergänzende<br />
Bestimmungen zu dieser allgemeinen Abrede.<br />
g) Das Verhalten des Vermittlers M ist der Beklagten entgegen ihrer<br />
Auffassung auch zuzurechnen:<br />
Wird der Kunde nicht durch die Vertragspartei selbst, sondern durch einen<br />
Dritten - hier den für die Vermittlungsfirma GWU tätigen Vermittler M - zur<br />
Abgabe seiner Willenserklärung bestimmt, so muss diese sich das Auftreten<br />
dieser Person nach den zu § 123 Abs. 2 BGB entwickelten Grundsätzen<br />
zurechnen lassen (<strong>OLG</strong> Stuttgart, ZIP 1999, 2005, 2007; Fischer/Machunsky;<br />
HWiG, 2. Aufl. 1995, § 1 Rdn. 57; Palandt- Putzo, 60. Aufl., HWiG, § 1 Rdn. 4<br />
a.E.).<br />
Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat entsprechend § 123 Abs. 2 BGB<br />
erkannt oder hätte jedenfalls erkennen müssen, dass die Vertragsanbahnung<br />
in einer Verhandlungssituation des § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG erfolgt ist: Denn<br />
ihrer Rechtsvorgängerin war bewusst, dass der Darlehensvertrag mit dem<br />
Kläger unter Verzicht auf einen direkten Kontakt unter Einsatz von<br />
Vermittlungspersonen zustande gekommen war. Dies folgt zunächst aus der
- unstreitigen - Zahlung einer Provision an den für das<br />
Vermittlungsunternehmen GWU tätigen Herrn Langbein (vgl. dazu unten zu<br />
4.a)cc). Zudem war ersichtlich, dass Darlehensantrag und Selbstauskunft<br />
nicht vom Kläger selbst, sondern über Vermittler eingereicht wurden;<br />
schließlich wurde der von der Rechtsvorgängerin der Beklagten ausgefertigte<br />
Darlehensvertragsentwurf dem Kläger wiederum nicht direkt, sondern unter<br />
Einschaltung eines Vermittlers - hier des Herrn M - zugeleitet. Vor diesem<br />
Hintergrund war für die Rechtsvorgängerin der Beklagten erkennbar, dass<br />
der Kläger seine auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Erklärung<br />
aufgrund einer Verhandlungssituation i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG abgegeben<br />
hatte. Dies gilt umso mehr, als ihr bekannt war oder zumindest bekannt sein<br />
musste, dass der Erwerb von kreditfinanzierten Immobilienanlagen vielfach<br />
nach dem hier praktizierten Schema abläuft, welches regelmäßig einleitende<br />
Kontakte in der Wohnung des Kunden umfasst (vgl. <strong>OLG</strong> Stuttgart, ZIP 1999,<br />
2005, 2007).<br />
Dieses Ergebnis steht auch im Einklang mit den vom BGH zu § 123 Abs. 2 und<br />
§ 278 BGB für Strukturvertriebe der vorliegenden Art entwickelten Grundsätzen<br />
der rollenbedingten Verantwortlichkeit: Danach muss ein Kreditinstitut, das<br />
unter Verzicht auf jeglichen persönlichen Kontakt zum Darlehensnehmer es<br />
Vermittlern überlässt, Kreditkunden zu werben und die erforderlichen<br />
Vertragsverhandlungen bis zur Unterschriftsreife zu führen, sich das<br />
Verhalten der eingesetzten Vermittler und etwaiger Untervermittler gemäß §<br />
278 BGB zurechnen lassen (vgl. BGH, ZIP 2000, 2291, 2293 und 1996,<br />
1950, 1951).<br />
h) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist das Widerrufsrecht nicht<br />
verwirkt. Für eine Verwirkung reicht es nicht aus, dass ein Recht über einen<br />
längeren Zeitraum nicht geltend gemacht worden ist. Selbst wenn man im<br />
vorliegenden Fall unterstellt, dass das erforderliche Zeitmoment verwirklicht ist,<br />
fehlt es jedoch an dem daneben erforderlichen Umstandsmoment, weil weder<br />
der Kläger noch die Beklagte vom Bestehen des hier ausgeübten<br />
Widerrufsrechts etwas wussten. Zwar ist eine solche Kenntnis des Berechtigten<br />
(hier: des Klägers) nicht zwingend Voraussetzung für das Eingreifen der<br />
Verwirkung (BGHZ 25, 47, 53). Für den Verwirkungstatbestand kommt es jedoch<br />
des Weiteren darauf an, dass sich der Verpflichtete (hier: die Beklagte) mit<br />
Rücksicht auf das Verhalten des Berechtigten darauf eingerichtet hat, dass<br />
dieser das ihm zustehende Recht nicht mehr geltend machen wird und dass es<br />
gerade deshalb mit den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht zu vereinbaren<br />
ist, wenn er später doch noch das Recht geltend macht (BGHZ 25, 47, 53).<br />
Danach ist vorliegend zu beachten, dass es sich um die Ausübung eines<br />
gesetzlich vorgesehenen Widerrufsrechts handelt. Die Beklagte hatte keinen<br />
Anlass, darauf zu vertrauen, der Kläger werde das ihm zustehende -<br />
lediglich nicht bekannte - gesetzliche Widerrufsrecht nicht mehr ausüben (vgl.<br />
<strong>OLG</strong> Frankfurt, NJW-RR 20<strong>01</strong>, 1279; Nichtannahmebeschluss des BGH vom<br />
08.05.20<strong>01</strong>, Az: XI ZR 307/00). Im Übrigen konnte von einem<br />
schützenswerten Vertrauen der Beklagten in die Auslegung des § 5 Abs. 2 HWiG<br />
angesichts der seit jeher umstrittenen Auslegung der Vorschrift nie die Rede<br />
sein (vgl. BGH, NJW 2002, 881, 1883). Eine Verwirkung des Widerrufsrechts<br />
konnte daher nicht eintreten (ebenso <strong>OLG</strong> Frankfurt, NJW-RR 20<strong>01</strong>, 1279; <strong>OLG</strong><br />
Stuttgart, ZIP 1999, 2005, 2008; vgl. auch Fischer/Machunsky, HWiG, § 1<br />
Rdn. 310; a.A. <strong>OLG</strong> Hamm, WM 1999, 1057, 1059).
i) Aufgrund des wirksamen Widerrufs des Darlehensvertrages und der<br />
Sicherungsabrede war die Zwangsvollstrekkung aus der streitgegenständlichen<br />
notariellen Urkunde für unzulässig zu erklären, §§ 767 Abs. 1, 794 Abs. 1 Nr.<br />
5, 795 ZPO.<br />
Dabei kann dahinstehen, ob Grundschuld und Schuldanerkenntnis auch der<br />
Sicherung des an die Stelle des vertraglichen Darlehensrückzahlungsanspruches<br />
tretenden Rückgewähranspruches der Beklagten aus § 3 Abs. 1 Satz 1 HWiG<br />
zu dienen bestimmt sind, wie die Beklagte geltend macht. Denn die<br />
Zwangsvollstreckung ist jedenfalls deshalb für unzulässig zu erklären, weil<br />
nicht nur der Darlehensvertrag, sondern auch die allgemeine<br />
Sicherungsabrede in Ziff. 5 des Darlehensvertrages wirksam widerrufen<br />
wurde, die den Kläger zur Bestellung einer Grundschuld und Abgabe eines<br />
Schuldanerkenntnisses verpflichtete. Mit dem wirksamen Widerruf der<br />
Sicherungsabrede ist der rechtliche Grund für die Bestellung der<br />
Grundschuld und der Abgabe des Schuldanerkenntnisses entfallen;<br />
dementsprechend hat die Beklagte dem Kläger die ihr eingeräumten<br />
Sicherungsmittel zurückzugewähren, § 3 Abs. 1 Satz 1 HWiG (vgl.<br />
Stickelbrock, Zeitschrift für das gesamte Schuldrecht - ZGS - 2002, 225, 227;<br />
allgemein zum Rückgewähranspruch bei fehlender und weggefallener<br />
Sicherungsabrede: Baur/Stürner, Sachenrecht, 17. Aufl. 1999, § 45 Rdn. 24;<br />
Gaberdiel, Kreditsicherung durch Grundschulden, 6. Aufl. 2000, Rdn. 788). Die -<br />
dauerhafte – Einrede des bestehenden Rückgewähranspruches (vgl. Gaberdiel,<br />
a.a.O., Rdn. 793) kann der Kläger im Wege der Vollstreckungsgegenklage<br />
den in der notariellen Urkunde titulierten Ansprüchen der Beklagten<br />
entgegenhalten; sie führt dazu, dass die Zwangsvollstreckung aus der<br />
notariellen Urkunde für unzulässig zu erklären war.<br />
j) Die Beklagte kann nicht mit ihrer hilfsweise erhobenen Einrede gehört werden,<br />
die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde dürfe gemäß § 4 HWiG nur für<br />
unzulässig erklärt werden Zug um Zug gegen Rückzahlung der<br />
Darlehensvaluta nebst Verzinsung.<br />
Zwar ist im Ausgangspunkt zutreffend, dass § 4 HWiG der Beklagten ein<br />
Leistungsverweigerungsrecht gegenüber dem Anspruch des Klägers auf<br />
Herausgabe der streitgegenständlichen notariellen Urkunde einräumt, solange<br />
dieser seinen sich aus § 3 HWiG ergebenden Rückgewährsverpflichtungen<br />
(insbesondere: Rückgewähr des Darlehensbetrages) nicht nachkommt. Nicht<br />
gefolgt werden kann der Beklagten jedoch, soweit sie darüber hinaus aus §<br />
4 HWiG ihre Befugnis ableitet, bis zur Erfüllung der dem Kläger obliegenden<br />
Rückgewährsverpflichtungen wegen des abstrakten Charakters der<br />
Grundschuld und des Schuldversprechens weiter die Zwangsvollstreckung<br />
aus der Urkunde betreiben zu dürfen, weil anderenfalls der Kläger eine in §<br />
4 HWiG nicht vorgesehene Vorwegbefriedigung erhalte: Diese Vorschrift sieht<br />
nämlich nur vor, dass die sich aus § 3 HWiG ergebenden Ansprüche aus dem<br />
nach einem wirksamen Widerruf entstandenen Rückabwicklungsschuldverhältnis<br />
Zug um Zug zu erfüllen sind. Die Beklagte macht mit ihrem Beharren auf<br />
einer Verwertung der Grundschuld jedoch andere - außerhalb des<br />
Rückabwicklungsschuldverhältnisses stehende - Ansprüche geltend. Der Sache<br />
nach begehrt sie nämlich Erfüllung des in der notariellen Urkunde titulierten<br />
Anspruches auf Duldung der Zwangsvollstreckung aus der Grundschuld<br />
gemäß §§ 1192 Abs. 1, 1147 BGB (sowie ggf. auf Erfüllung der Forderung<br />
aus dem abstrakten Schuldversprechen). Diese auf Vollstreckung aus der
Urkunde gerichteten Ansprüche sind jedoch keine solchen aus dem<br />
Rückgewährschuldverhältnis i.S.v. § 3 HWiG und fallen demzufolge nicht<br />
unter die Zug-um-Zug-Regelung gemäß § 4 HWiG.<br />
Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die Beklagte die Erfüllung des<br />
klägerischen Anspruches auf Rückgabe der vollstreckbaren Urkunde (dazu<br />
unten 2.) gemäß § 4 HWiG verweigern darf, solange der Kläger den ihm aus<br />
dem Rückabwicklungsschuldverhältnis obliegenden Verpflichtungen gemäß § 3<br />
HWiG nicht nachgekommen ist. Denn die Bestimmung des § 4 HWiG, deren<br />
Rechtsfolgen denjenigen eines Zurückbehaltungsrechts entsprechen (vgl. §§<br />
273 Abs. 1, 274 Abs. 1; §§ 320 Abs. 1, 322 Abs. 1; § 348 BGB) begründet<br />
allenfalls ein Besitzrecht der Beklagten an der Urkunde, solange der Kläger<br />
seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist (vgl. unten 2.). Eine darüber<br />
hinausgehende Befugnis der Beklagten, aus der Urkunde weiter die<br />
Zwangsvollstreckung zu betreiben, folgt aus § 4 HWiG jedoch nicht. In den<br />
Fällen des Bestehens eines Zurückbehaltungsrechts kommt eine derartige<br />
Verwertungsbefugnis nicht in Betracht: Das Zurückbehaltungsrecht ist lediglich<br />
ein Druck- und Sicherungsmittel, um den Gegner zur Erbringung der von ihm<br />
geschuldeten Leistung zu veranlassen. Es berechtigt nur zur Zurückbehaltung<br />
und bei beweglichen Sachen auch zum Besitz, keineswegs aber zur<br />
Benutzung der Sache (Palandt-Heinrichs, 60. Aufl., BGB, § 273 Rdn. 20;<br />
Staudinger-Bittner, BGB, Neubearb. 20<strong>01</strong>, § 273 Rdn. 114; für<br />
Herausgabeansprüche vgl. BGHZ 65, 56, 58; BGH, NJW-RR 1998, 803,<br />
805) und auch nicht, wie sich aus einem Umkehrschluss aus der für das<br />
kaufmännische Zurückbehaltungsrecht getroffenen Bestimmung des § 371<br />
Abs. 1 HGB ergibt, zur Verwertung eines Sicherungsmittels. Im vorliegenden<br />
Fall kann nichts anderes gelten.<br />
Auf der Grundlage dieser Erwägungen vermag der Senat auch nicht der<br />
Auffassung des Reichsgerichtes in dem von der Beklagten in Bezug<br />
genommenen Urteil vom 25.<strong>01</strong>.1911 (RGZ 75, 199, 202) zu folgen, in<br />
welchem das Reichsgericht trotz eines Rücktritts des Verkäufers vom<br />
Kaufvertrag die Verwertung des hingegebenen Wechsels zugelassen hatte<br />
(die Auffassung des Reichsgerichts ablehnend auch KG, NJW 1958, 27, 29;<br />
Staudinger-Bittner, a.a.O., § 273 Rdn. 114).<br />
2. Herausgabe der Grundschuldbestellungsurkunde (Klagantrag Ziff. 1, Satz 2):<br />
Der Klagantrag Ziff. 1, Satz 2 ist teilweise begründet. Der Kläger hat gegen<br />
die Beklagte aufgrund des wirksamen Widerrufs der Sicherungsabrede<br />
gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 HWiG Anspruch auf Herausgabe der<br />
vollstreckbaren Ausfertigung der streitgegenständlichen notariellen Urkunde.<br />
Die Beklagte hat die Urkunde jedoch gemäß § 4 HWiG nur herauszugeben<br />
Zug um Zug gegen Rückgewähr der Darlehensvaluta (§ 3 Abs. 1 Satz 1<br />
HWiG) nebst einer marktüblichen Verzinsung (§ 3 Abs. 3 HWiG) in der aus<br />
dem Tenor ersichtlichen Höhe; zur Begründung dieser Gegenansprüche wird<br />
auf die Ausführungen zur Hilfswiderklage verwiesen (unten II.).<br />
Der Senat hat das Begehren der Beklagten dahingehend aufgefasst, dass<br />
Verzinsungsansprüche für die Zeit seit <strong>01</strong>.08.2000 in die Zug-um-Zug-<br />
Verurteilung einzubeziehen sind. Dies folgt aus der schriftsätzlichen Begründung<br />
der Beklagten zur Zug-um-Zug-Leistung (Schriftsatz vom 07.08.2002, S. 17 ff.,<br />
Bl. 713 ff. dA). Soweit in dem Antrag gemäß Schriftsatz vom 07.08.2002 (Bl.
697 dA) von einem Zeitraum "seit <strong>01</strong>.08.02" die Rede ist, handelt es sich<br />
ersichtlich um einen Schreibfehler.<br />
3. Verzicht auf Ansprüche aus dem Darlehensvertrag (Klagantrag Ziff. 2):<br />
Der mit dem Klagantrag Ziff. 2 geltend gemachte Verzichtsanspruch besteht<br />
nicht. Der Vortrag der Klägers in erster und zweiter Instanz lässt keine<br />
Rechtsgrundlage für einen derartigen Anspruch erkennen. Unabhängig hier-<br />
von bestehen aufgrund der durch den wirksamen Widerruf bewirkten<br />
Umwandlung des Darlehensvertrages in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis<br />
keine Ansprüche der Beklagten aus dem Darlehensvertrag mehr, auf welche<br />
diese verzichten könnte. Soweit man den Klageantrag Ziff. 2 dahingehend<br />
auslegt, dass der Kläger die Feststellung begehrt, gegenüber der Beklagten zu<br />
keinerlei Zahlungen verpflichtet zu sein, ist der Antrag gleichwohl<br />
unbegründet. Der Kläger ist nämlich verpflichtet, den Darlehensbetrag<br />
einschließlich marktüblicher Verzinsung an die Beklagte zu bezahlen. Hierzu<br />
wird auf die Ausführungen zur Hilfswiderklage verwiesen (nachfolgend unter<br />
II.).<br />
4. Teilklage über 10.000,00 DM (Klagantrag Ziff. 3) und Feststellung einer<br />
Schadensersatzpflicht für künftige Schäden (Klagantrag Ziff. 4):<br />
a) Soweit der Kläger mit seinem Teilklageantrag zu Ziff. 3<br />
Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte geltend macht und mit dem<br />
Klagantrag Ziff. 4 Feststellung einer Schadensersatzpflicht der Beklagten für<br />
künftige Schäden dem Grunde nach begehrt, bleiben die Anträge ohne Erfolg.<br />
Dem Kläger steht ein auf Freihaltung von Verpflichtungen aus dem<br />
Darlehensvertrag und Erstattung der darüber hinausgehenden<br />
Vermögenseinbußen gerichteter Schadensersatzanspruch nicht zu, da die<br />
Rechtsvorgängerin der Beklagten im Zusammenhang mit dem Abschluss des<br />
Darlehensvertrages vorvertragliche Aufklärungspflichten weder in Bezug auf den<br />
zu finanzierenden Immobilienkauf (nachfolgend aa) und bb); zu den 4<br />
Fallgruppen einer diesbezüglich ausnahmsweise bestehenden Aufklärungspflicht<br />
vgl. Senat, <strong>OLG</strong>R 2002, 318 - bestätigt durch Nichtannahmebeschluss des<br />
BGH vom 12.03.2002, Az: XI ZR 248/<strong>01</strong> -) noch in Bezug auf die konkrete<br />
Ausgestaltung der Darlehensverträge (nachfolgend cc) und dd)) verletzt hat.<br />
aa) Entgegen der Auffassung des Klägers bestand kein zu einer<br />
Aufklärungspflicht führender besonderer Wissensvorsprung der Beklagten unter<br />
dem Gesichtspunkt, dass der Kaufpreis für die erworbene Eigentumswohnung,<br />
wie der Kläger behauptet, überhöht gewesen sei und die Beklagte bzw. ihre<br />
Rechtsvorgängerin dies gewusst habe.<br />
Der eine Bank zur Aufklärung verpflichtende Wissensvorsprung betrifft nicht<br />
die allgemeinen wirtschaftlichen Risiken des Projektes. Etwaige Erkenntnisse<br />
hinsichtlich Werthaltigkeit, Wertsteigerungspotenzial und Ertragsfähigkeit muss<br />
die Bank nicht offenbaren, da sie voraussetzen darf, dass der<br />
Darlehensnehmer wie jeder Anleger die dafür wesentlichen Umstände<br />
eigenverantwortlich bedacht und erforderlichenfalls mit Hilfe von Fachleuten<br />
überprüft hat (vgl. BGH, ZIP 2000, 1051, 1052; <strong>OLG</strong> Köln, WM 20<strong>01</strong>, 2139,<br />
2142 ff.; Senat, <strong>OLG</strong>-Report <strong>Dresden</strong> 2002, 318, 319; 2002, 389, 390). Aus<br />
diesem Grund war die Beklagte auch dann nicht zu einer Weitergabe eines<br />
möglichen entsprechenden Wissens verpflichtet, wenn - wie der Kläger
ehauptet - der Kaufpreis für die Eigentumswohnung überhöht gewesen sein<br />
sollte, weil sich darin so genannte verdeckte Innenprovisionen des<br />
Bauträgers verborgen haben sollten. In diesem Zusammenhang ist bereits<br />
zweifelhaft und höchstrichterlich noch nicht geklärt, ob und unter welchen<br />
Voraussetzungen Vergütungen, die der Veräußerer an eine von ihm<br />
beauftragte Vertriebsgesellschaft zahlt, in einem Prospekt ausgewiesen sein<br />
müssen (offen gelassen von BGH, NJW 20<strong>01</strong>, 436 f.). Jedenfalls aber besteht<br />
weder eine allgemeine Verpflichtung der Bank, sich über eine in die<br />
Kaufpreiskalkulation des Verkäufers eingeflossene "Innenprovision" und deren<br />
Höhe Gewissheit zu verschaffen, noch eine Verpflichtung, den<br />
Erwerber/Darlehensnehmer von sich aus bei entsprechender Kenntnis über<br />
diesen wertbestimmenden Umstand aufzuklären (Senat, <strong>OLG</strong>Report <strong>Dresden</strong>,<br />
2002, 318, 319; 389, 390 f.; <strong>OLG</strong> Köln, WM 2002, 118, 121 und 2000, 2139,<br />
2143; <strong>OLG</strong> München, WM 20<strong>01</strong>, 252, 255; <strong>OLG</strong> Stuttgart, WM 2000, 292,<br />
297). Anders verhielte es sich allenfalls dann, wenn die Beklagte bei einem<br />
Vergleich von Kaufpreis und Wert der mit dem Kredit zu erwerbenden<br />
Eigentumswohnung von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Klägers durch<br />
dessen Vertragspartner hätte ausgehen müssen. Das hätte allerdings<br />
vorausgesetzt, dass der Wert der Leistung des Klägers als<br />
Wohnungserwerber knapp doppelt so hoch wie der Wert der Gegenleistung<br />
gewesen wäre, weil nur bei einem auffälligen Missverhältnis dieser<br />
Größenordnung eine Vermutung für das Vorliegen der subjektiven<br />
Tatbestandsmerkmale eines wucherähnlichen Geschäftes gilt (vgl. BGH, ZIP<br />
2000, 1051, 1053; Senat, <strong>OLG</strong>-Report <strong>Dresden</strong> 2002, 318, 319; 2002, 389,<br />
391).<br />
Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat der Kläger jedoch bis zum Schluss<br />
der mündlichen Verhandlung vor dem Senat keine Umstände vorgetragen,<br />
aus denen auf die behauptete Sittenwidrigkeit des Kaufpreises sowie die<br />
Kenntnis der Rechtsvorgängerin der Beklagten hiervon geschlossen werden<br />
könnte. Der Kläger hat sich zur Begründung seiner Behauptung, der<br />
Verkehrswert der Immobilie habe sich zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses auf<br />
105.000,00 DM (bei einem Kaufpreis von 237.530,00 DM) belaufen und die<br />
Beklagte habe dies gewusst, auf ein im Rahmen des<br />
Zwangsversteigerungsverfahrens eingeholtes Verkehrswertgutachten vom<br />
November 2000 bezogen (vgl. S. 15 des erstinstanzlichen Schriftsatzes vom<br />
11.10.20<strong>01</strong>, Bl. 261 dA). Dass dieser für das Zwangsversteigerungsverfahren<br />
ermittelte Wert nicht ohne weiteres mit dem Verkehrswert bei Abschluss des<br />
Kaufvertrages 2½ Jahre zuvor gleichgesetzt werden kann, hat das Landgericht<br />
überzeugend dargelegt. Der Senat folgt insoweit den Entscheidungsgründen<br />
des Landgerichts (S. 16/17 des erstinstanzlichen Urteils). Neue<br />
Gesichtspunkte, die eine hiervon abweichende Beurteilung gebieten, hat der<br />
Kläger bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht<br />
aufgezeigt.<br />
Soweit der Kläger nach Schluss der mündlichen Verhandlung unter Vorlage<br />
eines von ihm eingeholten Gutachtens des Sachverständigen Maier vom<br />
13.09.2002 den Verkehrswert zum Zeitpunkt der Annahme des<br />
Kaufvertragsangebotes (03.04.1998) auf 54.400,00 Euro beziffert hat, war der<br />
damit verbundene neue Sachvortrag gemäß § 296a ZPO nicht zu<br />
berücksichtigen. Denn der neue klägerische Vortrag zur Höhe des Verkehrswertes<br />
zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses war von dem im Beschluss vom<br />
28.08.2002 eingeräumten Recht zur schriftsätzlichen Stellungnahme nicht
umfasst (§ 283 ZPO). Das eingeräumte Schriftsatzrecht umfasste lediglich die<br />
Stellungnahme zu neuem tatsächlichen Vorbringen im Beklagtenschriftsatz vom<br />
07.08.2002. Hierzu gehörte die Höhe des Verkehrswertes zum Zeitpunkt des<br />
Kaufvertragsschlusses jedoch nicht.<br />
bb) Ein Schadensersatzanspruch kommt auch nicht dadurch zum Tragen,<br />
dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten aufgrund des von dem Kläger<br />
behaupteten Einflusses auf den Vertrieb der Immobilie ihre Kreditgeberrolle<br />
überschritten hat. Selbst wenn dies zuträfe, würde eine Haftung der Bank<br />
wegen Überschreitens der Rolle als Kreditgeber nicht bestehen, weil die Bank<br />
nicht nach außen erkennbar Vertreiberfunktionen übernommen hat (vgl. BGH,<br />
WM 1992, 9<strong>01</strong>, 905; <strong>OLG</strong> Köln, WM 20<strong>01</strong>, 2139, 2142; Senat, <strong>OLG</strong>-Report<br />
<strong>Dresden</strong> 2002, 389, 391).<br />
cc) Entgegen der Auffassung des Klägers traf die Rechtsvorgängerin der<br />
Beklagten auch keine Pflicht zur Aufklärung darüber, dass diese - unstreitig -<br />
eine Finanzierungsvermittlungsprovision in Höhe von 0,5 % der<br />
Darlehenssumme an den zum damaligen Zeitpunkt bei der Fa. GWU<br />
beschäftigten L gezahlt und dieser wiederum einen Teil der erhaltenen<br />
Provision an den gegenüber dem Kläger aufgetretenen Vermittler M<br />
weitergeleitet hatte:<br />
Für seine gegenteilige Auffassung kann sich der Kläger nicht auf die<br />
Entscheidung BGHZ 146, 235 ff. berufen. Nach den Grundsätzen dieser<br />
Entscheidung ist eine Bank, wenn sie mit dem Vermögensverwalter eines<br />
Kunden eine Vereinbarung über die Beteiligung des Verwalters an ihren<br />
Provisionen und Depotgebühren geschlossen hat, verpflichtet, dies gegenüber<br />
dem Kunden offen zu legen. Damit soll eine Aufklärung des Kunden über die<br />
von der Bank geschaffene Gefährdung seiner Interessen erreicht werden, die<br />
darin liegt, dass der Vermögensverwalter infolge der Provisionsabführung<br />
einen Anreiz erhält, sowohl bei der Auswahl der Bankverbindung als auch bei<br />
der Ausführung der für den Kunden über die Bank abzuwickelnden Geschäfte<br />
nicht allein das Interesse des Kunden, sondern auch das eigene Interesse<br />
an möglichst umfangreichen Vergütungen seitens der Bank im Auge hat. Eine<br />
derartige - für den Kunden schwer durchschaubare - Gefährdungslage bestand<br />
im Streitfall aber nicht: Die Vermittlungsgesellschaft GWU und insbesondere der<br />
für sie aufgetretene Vermittler M waren keine Vermögensverwalter, die -<br />
gegen Entgelt - ausschließlich die Interessen des Klägers umfassend zu<br />
wahren hatten. Vielmehr traten sie hinsichtlich der Finanzierungsvermittlung<br />
im Interesse der Bank als Kreditvermittler auf. Dies konnte der Kläger daran<br />
erkennen, dass die GWU für die Finanzierungsvermittlung von ihm keine<br />
Bezahlung forderte. Die vom Kläger an die GWU gezahlte Provision in Höhe<br />
von 8.194,79 DM wurde nämlich unstreitig nur für die Vermittlung des<br />
Immobilienerwerbs - und nicht für die Finanzierungsvermittlung - bezahlt. Dies<br />
ergibt sich im Übrigen auch eindeutig aus der Rechnung der GWU vom<br />
31.03.1998 Anlage K 8, Bl. 80 dA), welche den Erwerb der Wohnung Nr. 2<br />
im Objekt <strong>Dresden</strong>, Koblenzer Straße zu einem Kaufpreis von 237.530,00<br />
DM betraf sowie daraus, dass die Provisionsrechnung dem Kläger vor<br />
Abschluss des Darlehensvertrages vorgelegen hatte.<br />
Aber selbst wenn man eine Verletzung von Aufklärungspflichten seitens der<br />
Beklagten in diesem Zusammenhang unterstellt, führt dies dennoch nicht zu<br />
einem Schadensersatzanspruch des Klägers, denn dieser hat einen kausal
hierauf beruhenden Schaden nicht dargelegt bzw. bewiesen. Die - lediglich<br />
pauschale und überdies von der Beklagten bestrittene - Behauptung des<br />
Klägers, er hätte im Falle einer Aufklärung über die Provisionszahlung an den<br />
Vermittler "den Darlehensvertrag nicht abgeschlossen", vermag den Senat<br />
nicht zu überzeugen. Hiergegen spricht vielmehr Folgendes: Grund für den<br />
Abschluss des Kreditvertrages war der zu diesem Zeitpunkt bereits bindend<br />
abgeschlossene Kaufvertrag über die Eigentumswohnung. Dass der Kläger im<br />
Falle einer Aufklärung über die an die GWU gezahlten Provisionen gänzlich vom<br />
Abschluss eines Darlehensvertrages Abstand genommen hätte, ist<br />
auszuschließen, da die bereits entstandene Kaufpreisverbindlichkeit auf jeden<br />
Fall zu finanzieren war. Es ist daher allenfalls der Schaden ersatzfähig, der<br />
der Differenz entspricht zwischen den vom Kläger vertraglich geschuldeten<br />
Kreditkosten und denjenigen, die angefallen wären, wenn er im Falle<br />
ordnungsgemäßer Aufklärung einen kostengünstigeren Vertrag - ggf. bei einer<br />
anderen Bank - abgeschlossen hätte. Hierzu hat der Kläger jedoch nichts<br />
vorgetragen.<br />
dd) Schadensersatzansprüche des Klägers sind schließlich auch nicht unter<br />
dem Gesichtspunkt begründet, dass die finanzierende Bank eine Aufklärung<br />
über die besonderen Risiken der hier gewählten Finanzierungsform (zunächst<br />
tilgungsfrei gestellter Festkredit kombiniert mit späterer Tilgung durch<br />
Lebensversicherung) unterlassen hat.<br />
Es erscheint bereits fraglich, ob die in der Rechtsprechung des<br />
Bundesgerichtshofs angenommene Aufklärungspflicht für die Fälle der<br />
Gewährung eines mit einer Kapitallebensversicherung verbundenen<br />
Kreditvertrages an einen nicht geschäfts- und rechtserfahrenen Kreditnehmer<br />
(BGH, NJW 1989, 1667, 1668; BGHZ 111, 117, 124) überhaupt herangezogen<br />
werden kann für Fälle der hier vorliegenden Art, bei denen die Finanzierung<br />
einer langfristig und insbesondere auf die Erzielung möglichst hoher steuerlicher<br />
Vorteile angelegten Kapitalanlage im Vordergrund steht (vgl. <strong>OLG</strong> Frankfurt,<br />
<strong>OLG</strong>-Report Frankfurt 20<strong>01</strong>, 191, 194).<br />
Doch selbst bei unterstellter Verletzung einer Aufklärungspflicht bestünde ein<br />
Schadensersatzanspruch des Klägers gleichwohl nicht, weil dieser einen<br />
ersatzfähigen Schaden nicht dargelegt hat: Die Kombination von Darlehen<br />
und Lebensversicherung ist nämlich nicht per se für einen Anleger<br />
nachteiliger. In der Regel fallen aus den eingezahlten Beträgen zur<br />
Lebensversicherung Habenzinsen und eine Beteiligung an Überschüssen an.<br />
Zudem entstehen - was beim Erwerb eines Steuersparmodells geradezu<br />
beabsichtigt ist - in der Regel auch Steuervorteile. Schließlich ist auch das<br />
Todesfallrisiko abgesichert. Daher bedarf die Behauptung eines Schadens<br />
aus der Kombination des Darlehens mit einer Lebensversicherung einer<br />
umfassenden, von den persönlichen Verhältnissen des einzelnen Anlegers<br />
abhängigen Gesamtbetrachtung (vgl. <strong>OLG</strong> Köln, WM 2000, 127, 129; <strong>OLG</strong><br />
Stuttgart, WM 2000, 2146, 2149). Es fehlt jedoch an entsprechendem<br />
Vortrag des Klägers, weshalb unter Berücksichtigung dieser Grundsätze im<br />
konkreten Fall die vereinbarte Finanzierungsmethode gegenüber einem<br />
normalen Annuitätenkredit wirtschaftlich nachteilig gewesen sein soll. Hinzu<br />
kommt, dass unter dem Gesichtspunkt des Schutzzwecks der verletzten<br />
Aufklärungspflicht ohnehin nicht die vom Kläger begehrte Rückabwicklung des<br />
Kreditverhältnisses, sondern Schadensersatz nur im Umfang der Differenz<br />
zwischen den tatsächlich aufzuwendenden Kreditkosten und denjenigen in<br />
Betracht kommt, die bei einem Annuitätendarlehen zu marktüblichen
Bedingungen bei gleicher monatlicher Belastung entstanden wären (<strong>OLG</strong><br />
Stuttgart, WM 2000, 292, 298; <strong>OLG</strong> Frankfurt, <strong>OLG</strong>-Report Frankfurt 20<strong>01</strong>,<br />
191, 194; BGH, NJW 1989, 1667, 1668 f.). Hierzu ist jedoch - abgesehen<br />
von dem nicht ausreichenden pauschalen Hinweis des Klägers, er hätte im<br />
Falle ordnungsgemäßer Belehrung von dem gesamten Geschäft Abstand<br />
genommen - nichts Substantiiertes vorgetragen.<br />
b) Soweit der Kläger mit seinem Teilklageantrag Ziff. 3 Rückzahlung<br />
geleisteter Zinsen für Mai und Juni 1998 in Höhe von insgesamt 514,51 DM<br />
begehrt (zur Zusammensetzung dieses Betrages vgl. den klägerischen Schriftsatz<br />
vom 14.03.20<strong>01</strong>, Bl. 85 dA), so bleibt der Antrag Ziff. 3 auch insoweit ohne Erfolg:<br />
Zwar kann der Kläger grundsätzlich gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 HWiG nach<br />
wirksamem Widerruf des Darlehensvertrages auch die von ihm gezahlten Zinsen<br />
herausverlangen. Dem Rückforderungsverlangen steht jedoch - worauf die<br />
Beklagte zu Recht hingewiesen hat - entgegen, dass er den herausverlangten<br />
Betrag sogleich wieder an die Beklagte zurückzugewähren hätte, weil dieser<br />
in entsprechender Höhe ein Anspruch auf Entgelt für die Zinsnutzung gemäß<br />
§ 3 Abs. 3 HWiG zusteht (vgl. die Ausführungen zur Widerklage, unten II.3.).<br />
Unter diesen Umständen stehen die Grundsätze von Treu und Glauben dem<br />
Zahlungsbegehren des Klägers entgegen (§ 242 BGB - Einwand der<br />
unzulässigen Rechtsausübung bei Pflicht zur alsbaldigen Rückgewähr: dolo agit,<br />
qui petit, quod statim redditurus est).<br />
Dem vor drei Tagen am 12.11.2002 verkündeten Urteil des BGH (Az: XI ZR<br />
47/<strong>01</strong>) zufolge steht dem Kreditnehmer im Falle des wirksamen Widerrufes<br />
eines Realkreditvertrages neben dem Anspruch auf Erstattung der auf das<br />
Darlehen gezahlten Zins- und Tilgungsleistungen aus § 3 Abs. 1 HWiG auch ein<br />
Anspruch auf marktübliche Verzinsung dieser der Bank überlassenen Beträge<br />
zu. Dies ergibt sich jedenfalls aus dem Text der Pressemitteilung; die<br />
schriftlichen Urteilsgründe sollen erst in 4 bis 6 Wochen vorliegen. Solche<br />
Ansprüche auf Verzinsung stehen dem Kläger, der lediglich Zinsen und keine<br />
Tilgungsleistungen erbracht hat, jedoch im vorliegenden Fall nicht zu. Zum<br />
einen sind sie vom Kläger nicht beantragt, da der Teilklageantrag Ziff. 3 nur<br />
Prozesszinsen umfasst. Zum anderen bestehen solche Ansprüche nicht, wenn die<br />
entrichteten Zinszahlungen mit dem Anspruch der Bank auf Nutzungsentgelt<br />
für das zur Verfügung gestellte Kapital deckungsgleich sind. Das ist hier der<br />
Fall, da sich der der Berechnung der - keinen Tilgungsanteil enthaltenden -<br />
Zinszahlungen zugrunde liegende Vertragszins von 6,4 % mit dem<br />
marktüblichen Zins deckt (hierzu unten II.3.). Die vom Kläger gezahlten<br />
Zinsbeträge entsprechen also exakt dem, was er als Nutzungsentgelt<br />
fälligkeitskongruent schuldet. Ein Anspruch auf Verzinsung der bezahlten<br />
Raten könnte mithin nur dann bestehen, wenn dem Rückzahlungsanspruch<br />
des Darlehensnehmers entweder gar kein Anspruch der Bank auf<br />
Nutzungsentschädigung gegenübersteht oder ein geringerer, etwa wegen<br />
entfallender Tilgungsanteile oder weil der Vertragszins höher als der nun<br />
geschuldete marktübliche Zins war. Dies ist hier nicht der Fall.<br />
II. Hilfswiderklage der Beklagten<br />
Über die Hilfswiderklage der Beklagten war zu entscheiden, da den<br />
Klageanträgen zu 1. stattgegeben wurde. Sie ist begründet. Die Beklagte
kann Rückzahlung des offenen Darlehensbetrages nebst marktüblicher<br />
Verzinsung in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe verlangen.<br />
1. Die Widerklage ist entgegen der Auffassung des Klägers zulässig.<br />
Insbesondere ist das Oberlandesgericht <strong>Dresden</strong> als zuständiges<br />
Berufungsgericht gemäß § 33 Abs. 1 ZPO auch für die Entscheidung über die<br />
Widerklage örtlich zuständig. Die Erhebung der Widerklage in der<br />
Berufungsinstanz ist nach Auffassung des Senats wegen des bestehenden<br />
Sachzusammenhanges mit den vom Kläger erhobenen Ansprüchen auch<br />
sachdienlich, § 530 Abs. 1 ZPO in der hier maßgebenden (vgl. § 26 Nr. 5<br />
EGZPO) bis 31.12.20<strong>01</strong> geltenden Fassung.<br />
2. Die Beklagte hat Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensvaluta, soweit<br />
diese noch nicht zurückgezahlt ist, nebst einer marktüblichen Verzinsung.<br />
a) Der Rückzahlungsanspruch hinsichtlich der Darlehensvaluta folgt aus § 3<br />
Abs. 1 Satz 1 HWiG. Nach dieser Vorschrift, die einen besonders<br />
ausgestalteten Bereicherungsanspruch begründet, hat der Kläger die ihm von<br />
der Bank gewährte Darlehensvaluta an die Beklagte als Partnerin seines<br />
Darlehensvertrages zurückzugewähren, ohne dass er sich insoweit auf einen<br />
Wegfall der Bereicherung - etwa im Hinblick auf den Wertverlust der mit den<br />
Darlehensmitteln angeschafften Immobilie – berufen könnte (vgl. hierzu BGH,<br />
NJW 1999, 1636, 1637).<br />
b) Entgegen der Auffassung des Klägers hat die Rückabwicklung des<br />
Darlehensvertrages im Verhältnis zwischen ihm und der Beklagten zu erfolgen.<br />
Diese ist als Kreditinstitut - anders als vom BGH in den sog. Securenta-<br />
Entscheidungen vom 17.09.1996 angenommen (BGHZ 133, 254, 263; NJW 1996,<br />
3416, 3417; vgl. auch die zum Abzahlungsgesetz ergangene Entscheidung<br />
BGHZ 91, 9 ff.) - nicht nach den Grundsätzen über verbundene Geschäfte<br />
darauf verwiesen, ihren Darlehensrückzahlungsanspruch gegen die<br />
veräußernde Bauträgergesellschaft als Partnerin des mit dem Kläger<br />
geschlossenen Immobilienkaufvertrages geltend zu machen. Die Grundsätze<br />
der Securenta-Entscheidungen können in der vorliegenden Fallkonstellation<br />
nicht herangezogen werden. Diese Urteile betrafen nicht Realkreditverträge,<br />
sondern die Finanzierung einer Gesellschaftsbeteiligung, bei der der<br />
Darlehens- und der Beteiligungsvertrag aufgrund besonderer Umstände als<br />
ein verbundenes Geschäft anzusehen waren (BGH, NJW 2002, 1881, 1884).<br />
Von einem verbundenen Geschäft kann im vorliegenden Fall nicht<br />
ausgegangen werden. Der Realkreditvertrag und das finanzierte<br />
Grundstücksgeschäft sind nach ständiger Rechtsprechung nicht als zu einer<br />
wirtschaftlichen Einheit verbunden anzusehen, weil bei einem Immobilienkauf<br />
auch der rechtskundige und geschäftsunerfahrene Laie weiß, dass Kreditgeber<br />
und Immobilienverkäufer in der Regel verschiedene Personen sind (BGH, NJW<br />
2002, 1881, 1884). Dem hat der Gesetzgeber Rechnung getragen, indem er in<br />
§ 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG bestimmt hat, dass die Regelungen über<br />
verbundene Geschäfte (§ 9 VerbrKrG) auf Realkredite keine Anwendung finden.<br />
§ 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG findet im vorliegenden Fall unmittelbar Anwendung<br />
(vgl. auch Urteil des BGH vom 12.11.2002, Az: XI ZR 47/<strong>01</strong>):<br />
Bei dem dem Kläger gewährten Darlehen handelt es sich um einen<br />
Realkredit i.S.v. § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG, nämlich um ein Darlehen, das<br />
von der Sicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig war und zu für
grundpfandrechtlich gesicherte Kredite üblichen Bedingungen gewährt wurde.<br />
§ 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG stellt entscheidend auf die Zinshöhe und die<br />
sonstigen Kreditkonditionen ab, wogegen es nicht entscheidend darauf<br />
ankommt, dass der Kredit grundpfandrechtlich vollständig durch einen<br />
entsprechenden Wert des belasteten Grundstückes gesichert oder - worauf<br />
der Kläger abstellt - der Beleihungsrahmen gemäß §§ 11, 12 HypBG<br />
eingehalten ist (BGH, NJW 2000, 2352, 2354; ZIP 2002, 888, 889). Der<br />
Annahme eines Realkredites steht entgegen der Auffassung des Klägers nicht<br />
entgegen, dass der dem Darlehensvertrag zugrunde liegende Effektivzins von<br />
6,59 % um 0,1 % über der für Hypothekarkredite auf Wohngrundstücke mit 10jähriger<br />
Laufzeit geltenden Obergrenze der Streubreite liegt (diese betrug im<br />
April 1998 5,80 bis 6,49 % bei einem durchschnittlichen Effektivzinssatz von<br />
6,04 %, vgl. Zinsstatistik 1998 und 1999 der Deutschen Bundesbank, NJW<br />
2000, 1394 ff.). Eine derart geringfügige Überschreitung der von der<br />
Bundesbank ermittelten M tzinsen, die ohnehin aufgrund der statistischen<br />
Erhebungsmethode keine absolute Geltung beanspruchen können, sondern<br />
nur einen Anhaltspunkt für die Prüfung der Üblichkeit der Bedingungen<br />
bieten, steht einer Feststellung der Kreditgewährung unter für Realkredite<br />
üblichen Bedingungen nicht entgegen (vgl. <strong>OLG</strong> Köln, WM 2000, 2139,<br />
2145; <strong>OLG</strong> Stuttgart, <strong>OLG</strong>-Report Stuttgart 1999, 300, 303 f.; LG Stuttgart,<br />
WM 2000, 1103, 1105; Kessal- Wulf, in: Staudinger, Neubearb. 20<strong>01</strong>,<br />
VerbrKrG, § 3 Rdn. 34). Dies gilt umso mehr, als die für Personalkredite<br />
zum damaligen Zeitpunkt verlangten Zinsen deutlich höher gelegen haben<br />
(vgl. Zinsstatistik der Deutschen Bundesbank von 1998, Ziff. I.1. - Sollzinsen für<br />
Kredite unter 200.000,00 DM: Streubreite: 7,75 bis 11,75 %).<br />
Das geringfügige Überschreiten der Streubreite ist schließlich auch deshalb<br />
nicht relevant, weil die Darlehensgewährung vorliegend nach unwidersprochener<br />
erstinstanzlicher Darstellung der Beklagten (Schriftsatz vom 19.04.20<strong>01</strong>, S. 9,<br />
Bl. 98 dA sowie Schriftsatz vom 12.07.20<strong>01</strong>, S. 16, Bl. 205 dA) unter<br />
Überschreitung der Beleihungsgrenze von 80 % erfolgte. Dabei ist wegen des<br />
gestiegenen Risikos ein Zinsaufschlag angemessen (vgl. BGH, WM 2000,<br />
1580, 1581).<br />
Entgegen der Auffassung des Klägers ist keine Vorabentscheidung des<br />
Europäischen Gerichtshofs zu der Frage einzuholen, ob die Rechtsfolgen<br />
des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG - Rückzahlung der Darlehensvaluta nebst<br />
Verzinsung an die kreditgebende Bank - mit der EGHaustürgeschäfte-<br />
Richtlinie übereinstimmen. Ein Verstoß gegen europäisches Recht ist<br />
insoweit nicht ersichtlich. Die Haustürgeschäfte-Richtlinie enthält lediglich<br />
Regelungen zu den Voraussetzungen des Widerrufsrechts. Die Rechtsfolgen<br />
nach wirksam ausgeübtem Widerruf richten sich jedoch gemäß Art. 7 der<br />
Haustürgeschäfte- Richtlinie nach einzelstaatlichem Recht, hier also nach § 3<br />
Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG.<br />
3. Die Beklagte hat gemäß § 3 Abs. 3 HWiG Anspruch auf Verzinsung der<br />
Darlehensvaluta in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang.<br />
Der Anspruch folgt aus § 3 Abs. 3 HWiG. Danach ist das Darlehenskapital<br />
bis zur fristgerechten Rückgewähr zu verzinsen zu dem marktüblichen<br />
Zinssatz (Ulmer, in: Münchener Kommentar, 3. Aufl., VerbrKrG, § 7 Rdn. 68;<br />
Bülow, VerbrKrG, 4. Aufl. 20<strong>01</strong>, § 7 Rdn. 221; Fischer/Machunsky, HWiG, 2. Aufl.<br />
1995, § 3 Rdn. 41; BGH, Urteil vom 12.11.2002, Az: XI ZR 47/<strong>01</strong>, noch
unveröffentlicht; offen lassend BGH, NJW 1999, 1636, 1637). Entspricht der<br />
Vertragszins dem marktüblichen, so ist der vertragliche Zins anzusetzen (Bülow<br />
sowie Fischer/Machunsky, jeweils a.a.O.). Nach diesen Grundsätzen ist der<br />
Anspruch der Beklagten auf Rückzahlung des Darlehensbetrages mit einem<br />
Zinssatz von 6,4 % jährlich zu verzinsen. Dieser Satz - er entspricht dem<br />
vertraglichen Zinssatz - ist zur Überzeugung des Senats marktüblich. Hierfür<br />
sind dieselben Erwägungen maßgeblich, die bereits zur Qualifikation des<br />
Darlehens als ein zu für grundpfandrechtlich abgesicherte Kredite üblichen<br />
Bedingungen gewährtes Darlehen maßgeblich waren. Auf die Erwägungen zu<br />
§ 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG wird verwiesen (vgl. oben II.2.b).<br />
Entgegen der Auffassung des Klägers sind die Ansprüche der Beklagten auf<br />
Herausgabe der Zinsnutzung auch nicht verjährt. Die Ansprüche verjähren<br />
entsprechend denjenigen nach § 818 Abs. 1 auf Herausgabe von<br />
Zinsnutzungen (vgl. BGH, NJW 2000, 1637) als regelmäßig wiederkehrende<br />
Leistungen i.S.d. § 197 BGB in vier Jahren. Hinsichtlich der von der<br />
Beklagten geltend gemachten Zinsnutzungsansprüche für die Zeit ab August<br />
2000 ist die Verjährungsfrist nicht abgelaufen.<br />
III. Der Streitwert war für beide Instanzen auf 126.289,09 Euro (247.000,00<br />
DM) festzusetzen:<br />
Für den Vollstreckungsgegenklageantrag (Klagantrag Ziff. 1, Satz 1) war der<br />
gesamte in der notariellen Urkunde titulierte Forderungsbetrag von 237.000,00<br />
DM anzusetzen, da der Kläger begehrt hat, die Zwangsvollstreckung aus<br />
dem Vollstreckungstitel insgesamt für unzulässig zu erklären (vgl. BGH,<br />
NJW-RR 1988, 444). Dem hinzuzurechnen war der Teilklageantrag Ziff. 3 mit<br />
weiteren 10.000,00 DM. Die übrigen Klaganträge wurden nicht<br />
streitwerterhöhend berücksichtigt. Die in zweiter Instanz erhobene und<br />
verbeschiedene Hilfswiderklage wirkte sich gemäß § 19 Abs. 1 Satz 3 GKG<br />
nicht streitwerterhöhend aus, da der zur Widerklage gestellte Zahlungsantrag bei<br />
wirtschaftlicher Betrachtungsweise identisch ist mit dem<br />
Vollstreckungsgegenklageantrag (Klagantrag Ziff. 1, Satz 1). Dem steht nicht<br />
entgegen, dass eine Identität der Streitgegenstände, die eine<br />
Zusammenrechnung ausschließt, grundsätzlich dann nicht vorliegt, wenn wie<br />
hier beide Ansprüche nebeneinander bejaht werden können (vgl. z.B.<br />
Hartmann, KostG, 31. Aufl. 2002, § 19 GKG, Rdn. 10; Münchener Kommentar<br />
zur ZPO, 2. Aufl. 2000, § 6 Rdn. 40). Dies gilt nämlich nicht ausnahmslos<br />
(vgl. Münchener Kommentar, a.a.O.). Vorliegend erscheint bei wertender<br />
Betrachtungsweise eine Zusammenrechnung nicht angemessen. Denn sowohl<br />
der Vollstreckungsgegenklage als auch der Hilfswiderklage liegt letztlich das -<br />
den Streitwert begrenzende – Interesse der Beklagten zugrunde, den offen<br />
stehenden Darlehensbetrag zurückzuerhalten (zu einer ähnlichen Konstellation<br />
vgl. <strong>OLG</strong> Celle, JurBüro 1990, Sp. 1036).<br />
Die Kostenentscheidung folgt hinsichtlich der ersten Instanz aus § 92 Abs. 1 Satz<br />
2 ZPO, hinsichtlich der zweiten Instanz aus § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Bei der<br />
Kostenentscheidung für die erste Instanz hat der Senat berücksichtigt, dass<br />
der Vollstreckungsgegenklageantrag (Antrag Ziff. 1, Satz 1) Erfolg hatte. Zu<br />
Lasten des Klägers wirkte sich jedoch aus, dass dem Antrag auf<br />
Herausgabe der Urkunde (Antrag Ziff. 1, Satz 2) nur Zug um Zug gegen<br />
Rückzahlung der Darlehenssumme stattzugeben war und dass auch das mit<br />
dem Antrag Ziff. 2 zum Ausdruck gebrachte Interesse an einer gerichtlichen
Klärung, dass keinerlei Zahlungspflichten gegenüber der Beklagten bestehen,<br />
letztlich erfolglos geblieben ist.<br />
In zweiter Instanz erfolgte eine weitere Verschiebung der Kostenquote zu<br />
Lasten des Klägers wegen des Erfolges der Widerklage.<br />
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage<br />
in den §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO in der hier maßgeblichen (vgl. § 26 Nr.<br />
5 EGZPO) Fassung bis 31.12.20<strong>01</strong>.<br />
IV. Die Revision war zuzulassen, weil die Sache nach Auffassung des Senats<br />
im Hinblick auf die Rechtsfolgen nach einem wirksamen Widerruf nach dem<br />
Haustürwiderrufsgesetz grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Satz 1<br />
Nr. 1 ZPO in der ab <strong>01</strong>.<strong>01</strong>.2002 geltenden Fassung; vgl. § 26 Nr. 7 EGZPO).<br />
Zwar hat der BGH ausweislich seiner Pressemitteilung vom 12.11.2002 mit<br />
Urteil vom gleichen Tage (XI ZR 47/<strong>01</strong>) über wesentliche Rechtsfragen in<br />
diesem Zusammenhang entschieden und kommt dabei offenbar zu den<br />
gleichen Schlussfolgerungen wie der Senat im vorliegenden Urteil. Der Senat hat<br />
deshalb erwogen, die Revision doch nicht zuzulassen. Da die Informationen in<br />
der Presseerklärung jedoch spärlich sind und das schriftliche Urteil erst in 4<br />
bis 6 Wochen vorliegen soll, belässt es der Senat bei der Zulassung der<br />
Revision.<br />
Häfner Wittenberg Großmann