PRESSE-TEXT 15 Jahre Peter-Huchel-Haus in Wilhelmshorst
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<strong>PRESSE</strong>-<strong>TEXT</strong><br />
<strong>15</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Peter</strong>-<strong>Huchel</strong>-<strong>Haus</strong> <strong>in</strong> <strong>Wilhelmshorst</strong><br />
Jubiläumsfest und Ausstellungseröffnung am 2. September<br />
Geschichte<br />
Monica <strong>Huchel</strong> berichtet: „E<strong>in</strong>es Tages zeigte mir <strong>Huchel</strong> die Gegend, wo er<br />
aufgewachsen war… Ich dachte, hier möchte ich leben.“ 1951 entdeckten die<br />
<strong>Huchel</strong>s das <strong>Haus</strong> am Hubertusweg: „Auf unseren Spaziergängen kamen wir am<br />
Hubertusweg vorbei und sahen e<strong>in</strong> großes <strong>Haus</strong> zwischen hohen Kiefern. Wir<br />
fragten herum. Das <strong>Haus</strong> gehörte der Kreissparkasse Belzig, die es für<br />
sechstausend Mark ersteigert hatte. Sie boten es uns für das Vierfache an.“<br />
Bertolt Brecht, der bei diesem Kauf als Immobilienexperte auftrat, riet für das<br />
Anwesen nicht mehr als den alten Kaufpreis zu bezahlen. Tatsächlich hatte die<br />
Kreissparkasse Belzig im Zuge e<strong>in</strong>er Zwangsversteigerung, die 1951 angeordnet<br />
worden war, nur 5.000,- Mark für das Grundstück (e<strong>in</strong>e Fläche von etwa 3900<br />
Quadratmeter) aufbr<strong>in</strong>gen müssen. Mit dem Datum vom 29. 12. 1953 wird sie<br />
„aufgrund des Zuschlagbeschlusses des Amtsgerichts Potsdam“ als neue<br />
Eigentümer<strong>in</strong> <strong>in</strong>s Grundbuch e<strong>in</strong>getragen. Wenige Monate später erwarb <strong>Peter</strong><br />
<strong>Huchel</strong> Grund und <strong>Haus</strong> schließlich für 24.000 Mark, was Brecht als<br />
„praktizierten Kapitalismus“ bezeichnete. <strong>Huchel</strong> war <strong>in</strong>zwischen der<br />
„Nationalpreis der DDR dritter Klasse“ verliehen worden („Holzklasse“ wie es<br />
damals hieß), dessen Summe dem Kaufpreis entsprach – vielleicht e<strong>in</strong>e Form<br />
des „praktizierten Sozialismus“, der im Falle <strong>Huchel</strong>s, wie man weiß, später<br />
nicht mehr so gut funktionierte.<br />
In der Folgezeit war es Monica <strong>Huchel</strong>, die das <strong>Haus</strong> für die Bedürfnisse e<strong>in</strong>es<br />
Schriftstellerhaushaltes und der Redaktion von „S<strong>in</strong>n und Form“ umbauen ließ<br />
und e<strong>in</strong>richtete. Die Redaktion der Zeitschrift wurde teils im Nachbarhaus (wo
man zwei Zimmer für die Redakteure anmietete), teils <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zimmer der<br />
unteren Etage des späteren <strong>Huchel</strong>-<strong>Haus</strong>es untergebracht. Im Dach unter e<strong>in</strong>er<br />
e<strong>in</strong>fachen Dachluke ließ Monica e<strong>in</strong> Arbeitszimmer für <strong>Huchel</strong> e<strong>in</strong>bauen.<br />
Anfang Juni 1954 fand der E<strong>in</strong>zug statt. Die E<strong>in</strong>tragung <strong>in</strong>s Grundbuch am 2.<br />
September 1954 erfolgte unter „Chefredakteur Helmut <strong>Peter</strong> <strong>Huchel</strong>“ – <strong>Huchel</strong><br />
gab hier beide Namen an, se<strong>in</strong>en eigentlichen Vornamen (Helmut) und se<strong>in</strong>en<br />
Künstlernamen.<br />
Bis zu se<strong>in</strong>er Ausreise nach Italien am 27. April 1971 – also fast 17 <strong>Jahre</strong> – lebt<br />
<strong>Huchel</strong>, den der Nobelpreisträger Joseph Brodsky neben Gottfried Benn den<br />
bedeutendsten deutschen Dichter der Nachkriegszeit nannte, <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em <strong>Haus</strong> am<br />
Hubertusweg 43-45 (heute Nr. 41). <strong>Huchel</strong>s Ruhm gründet ebenso auf se<strong>in</strong>er<br />
Arbeit als Chefredakteur von „S<strong>in</strong>n und Form“ (Herausgeber war und ist die<br />
Akademie der Künste <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>), die Walter Jens das „geheime Journal der<br />
Nation“ nannte. Für die Mitarbeit an se<strong>in</strong>em Journal gewann <strong>Huchel</strong> Autoren<br />
wie Thomas Mann, Döbl<strong>in</strong>, Feuchtwanger, Ernst Bloch oder Hans Mayer. 1962<br />
wurde ihm das Heft aus der Hand genommen. Nach dem Mauerbau war die<br />
Publikation mit ihrer gesamtdeutschen, weltoffenen und auf literarische Qualität<br />
bedachten Ausrichtung nicht mehr gefragt. Es folgten neun <strong>Jahre</strong> der Isolation<br />
und Überwachung. Briefe wurden abgefangen, das Telefon abgehört, e<strong>in</strong><br />
Nachbar schrieb Spitzelberichte. Bis zu se<strong>in</strong>er Ausreise, um die sich <strong>Huchel</strong> seit<br />
1962 bemüht hatte, blieb se<strong>in</strong> <strong>Haus</strong> e<strong>in</strong> Treffpunkt von Schriftstellern, die <strong>in</strong><br />
Opposition zum SED-Regime standen. Wolf Biermann, Ludvík Kundera,<br />
Günter Kunert, Re<strong>in</strong>er Kunze und andere kamen zu <strong>Huchel</strong>, auch He<strong>in</strong>rich Böll<br />
und Max Frisch zählten zu den Besuchern.<br />
Nach se<strong>in</strong>er Ausreise lebt der <strong>in</strong> der Folgezeit mit vielen Literaturpreisen<br />
geehrte Dichter zunächst <strong>in</strong> Rom, dann <strong>in</strong> Staufen im Breisgau, wo <strong>Huchel</strong> am<br />
30. April 1981 starb. In den gut zwanzig folgenden <strong>Jahre</strong>n sorgte Monica<br />
<strong>Huchel</strong> für se<strong>in</strong> Werk und den Nachlass mit e<strong>in</strong>er Bestimmtheit und<br />
Großzügigkeit, wie sie „Dichterwitwen“ angeblich nicht eigen se<strong>in</strong> soll.
Gegenwart<br />
Seit 1995 verfolgten Monica <strong>Huchel</strong> und der ihr freundschaftlich verbundene<br />
Literaturwissenschaftler Professor Hans Dieter Zimmermann die Idee, das <strong>Haus</strong><br />
im Hubertusweg <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Ort der Literatur und des Er<strong>in</strong>nerns zu verwandeln.<br />
Am 2. November 1995 gründete sich zu diesem Zweck der <strong>Peter</strong>-<strong>Huchel</strong>-<br />
Gedenkstätte e.V., dem die Witwe des Dichters 1996 per Schenkung das<br />
gesamte Anwesen übertrug. Am 2. Juli 1997 wird der Vere<strong>in</strong> als neuer<br />
Eigentümer <strong>in</strong>s Grundbuch e<strong>in</strong>getragen. Bereits Ende 1996 begannen die<br />
Arbeiten zur Renovierung, unterstützt von der Kultur-Stiftung der Deutschen<br />
Bank und dem Land Brandenburg. Der Architekt Benno Eversmann aus<br />
Langerwisch plante und leitete den Rückbau der Fassade, um sie dem<br />
ursprünglichen Zustand der „Villa Hoeft“ wieder anzunähern.<br />
Am 3. Oktober 1997 wurde das <strong>Peter</strong>-<strong>Huchel</strong>-<strong>Haus</strong> feierlich eröffnet. Zur<br />
Eröffnung las Re<strong>in</strong>er Kunze aus se<strong>in</strong>en und <strong>Peter</strong> <strong>Huchel</strong>s Gedichten. Seitdem<br />
ist das <strong>Haus</strong> e<strong>in</strong> lebendiger Ort der Literatur. In Lesungen, Podiumsgesprächen<br />
und Ausstellungen wurde an den Dichter <strong>Peter</strong> <strong>Huchel</strong>, aber auch an Erich<br />
Arendt und se<strong>in</strong>e Zeit er<strong>in</strong>nert. In den Lesereihen „Hubertusweg“,<br />
„ZeitmitSchriften“ und „Chausseen Chausseen“ kamen Autoren wie Publizisten<br />
zu Wort, die die deutsche Literatur der Nachkriegszeit entscheidend prägten wie<br />
Sarah Kirsch, Hans Bender, Wilhelm Genaz<strong>in</strong>o, Christoph Meckel, <strong>Peter</strong><br />
Wapnewski, Jürgen Becker, Fritz J. Raddatz, Friedrich Christian Delius,<br />
Wolfgang Hilbig, Hans Joachim Schädlich oder Christoph He<strong>in</strong> bis h<strong>in</strong> zu<br />
Autoren der jüngeren Generation wie Thomas Kl<strong>in</strong>g, Raul Schrott, Durs<br />
Grünbe<strong>in</strong>, Jan Faktor, Katja Lange-Müller, Ulf Stolterfoth, Jan Wagner, Ines<br />
Geipel und Ingo Schulze. Auch die Träger des jährlich vom SWR vergebenen<br />
<strong>Peter</strong>-<strong>Huchel</strong>-Preises waren Gäste des <strong>Haus</strong>es, unter ihnen Dichter wie Adolf<br />
Endler, Elke Erb, Wulf Kirsten, Michael Krüger und Rolf Haufs. Langjährig<br />
Literaturzeitschriften wurden vorgestellt wie „S<strong>in</strong>n und Form“, „Der Monat“
oder „Sprache im technischen Zeitalter“. Aus Aufzeichnungen dieser Abende<br />
s<strong>in</strong>d Rundfunksendungen entstanden, die vom RBB ausgestrahlt wurden.<br />
International bekannte Autoren wie Adam Zagajewski, Ludvík Kundera, Ota<br />
Filip, Anna Enquist, Ales Steger, Sjon, Avirama Golan oder Ken Babstock<br />
haben im <strong>Peter</strong>-<strong>Huchel</strong>-<strong>Haus</strong> gelesen, aber auch Autoren aus der Brandenburger<br />
Region wie Antje Ravic Strubel, Grit Poppe, Sigrid Grabner, Helga Schütz,<br />
Jürgen Israel, Lonny Neumann und viele andere.<br />
Zum 100. Geburtstag <strong>Peter</strong> <strong>Huchel</strong>s wurde die von Wieland Förster angefertigte<br />
Büste des Dichters im Garten des <strong>Haus</strong>es aufgestellt. E<strong>in</strong>e ganze Reihe von<br />
Veranstaltungen unterstrich das lebendige Interesse an <strong>Huchel</strong>s Werk.<br />
NDRkultur übertrug Lesungen und Gespräche aus dem Veranstaltungsraum, <strong>in</strong><br />
der Reihe „Text und Kritik“ erschien e<strong>in</strong> Heft zu <strong>Peter</strong> <strong>Huchel</strong>. 2007, zum<br />
zehnjährigen Bestehen, las und sang Wolf Biermann vor etwa 500 Besuchern.<br />
Er erzählte dabei, wie <strong>Huchel</strong> für ihn <strong>in</strong> jungen <strong>Jahre</strong>n e<strong>in</strong> väterlicher Freund<br />
und das <strong>Haus</strong> <strong>Huchel</strong>s Zufluchtsort geworden war. In den sechziger <strong>Jahre</strong>n<br />
wohnte Wolf Biermann zeitweise im Hubertusweg, er schlief <strong>in</strong> <strong>Huchel</strong>s<br />
Schreibkammer unter dem Dach. „Ermutigung“, e<strong>in</strong>es se<strong>in</strong>er bekanntesten<br />
Lieder („Du lass dich nicht verhärten…“) ist <strong>Peter</strong> <strong>Huchel</strong> gewidmet.<br />
Die heutige Gedenkstätte <strong>in</strong> den unteren Räumen wird e<strong>in</strong>e Ausstellung zu<br />
Leben und Werk des Dichters zeigen, die zum fünfzehnjährigen Bestehen des<br />
<strong>Haus</strong>es neu gestaltet wurde und zur Festveranstaltung am 2. September eröffnet<br />
wird. Mit Tafeln zu Bernhard Hoeft und Erich Arendt verdeutlicht die neue<br />
Ausstellung die Geschichte des <strong>Haus</strong>es als e<strong>in</strong>en Ort der Literatur und des<br />
literarischen Austauschs, von se<strong>in</strong>er Errichtung Anfang der zwanziger <strong>Jahre</strong> bis<br />
zum heutigen Tag.
Zur Jubiläumsfeier am 2. September um 14 Uhr lädt das <strong>Peter</strong>-<strong>Huchel</strong>-<strong>Haus</strong><br />
herzlich <strong>in</strong> den <strong>Wilhelmshorst</strong>er Hubertusweg 41 e<strong>in</strong>. In se<strong>in</strong>er Festrede wird der<br />
Schriftsteller Friedrich Christian Delius über se<strong>in</strong>e Freundschaft mit <strong>Peter</strong><br />
<strong>Huchel</strong> sprechen, den er nach dessen Ausreise 1971 <strong>in</strong> Rom kennenlernte;<br />
Delius war zu dieser Zeit Stipendiat der Villa Massimo, die <strong>Huchel</strong> für e<strong>in</strong> Jahr<br />
aufgenommen hatte. Ebenso sprechen wird u.a. die M<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> für Wissenschaft,<br />
Forschung und Kultur Frau Professor Kunst.<br />
Die Veranstaltung wird <strong>in</strong> Bild und Ton <strong>in</strong> den Garten übertragen. Im Anschluss<br />
Getränke und kle<strong>in</strong>es Büfett.<br />
<strong>Peter</strong>-<strong>Huchel</strong>-<strong>Haus</strong><br />
Hubertusweg 41<br />
14552 Michendorf / OT <strong>Wilhelmshorst</strong><br />
Träger: <strong>Peter</strong>-<strong>Huchel</strong>-Gedenkstätte e.V.<br />
Vorsitzender: Prof. Dr. Hans-Dieter Zimmermann<br />
Leitung: Lutz Seiler<br />
Tel. 033205 / 62963<br />
Fax 033205 / 62965<br />
<strong>Peter</strong>.<strong>Huchel</strong>.<strong>Haus</strong>@gmx.de<br />
www.peter-huchel-haus.de<br />
Öffnungszeit der Gedenkstätte: Sonntag 10-13 und 14-17 Uhr<br />
Die Gedenkstätte und das Veranstaltungsprogramm werden f<strong>in</strong>anziell vom Land<br />
Brandenburg, vom Landkreis Potsdam-Mittelmark sowie von der Kommune Michendorf und<br />
dem Ortsteil <strong>Wilhelmshorst</strong> unterstützt.<br />
Die neue Dauerausstellung zu <strong>Peter</strong> <strong>Huchel</strong> wurden vom Land Brandenburg und der<br />
Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefördert.<br />
Die Feier zum fünfzehnjährigen Bestehen des <strong>Haus</strong>es unterstützten das Land Brandenburg,<br />
die Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft Literarischer Gesellschaften und Vere<strong>in</strong>e, die Akademie der Künste<br />
Berl<strong>in</strong> und das Brandenburgische Literaturbüro.
<strong>15</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Peter</strong>-<strong>Huchel</strong>-<strong>Haus</strong> <strong>in</strong> <strong>Wilhelmshorst</strong><br />
Zu Jubiläumsfest und Ausstellungseröffnung<br />
am Sonntag, den 2. September 2012 um 14 Uhr<br />
laden wir sie herzlich e<strong>in</strong>.<br />
Es liest: Friedrich Christian Delius<br />
über se<strong>in</strong>e Freundschaft mit <strong>Peter</strong> <strong>Huchel</strong><br />
Es sprechen:<br />
Professor Dr. Sab<strong>in</strong>e Kunst<br />
M<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg<br />
Dr. Robert Grünbaum<br />
Stellvertreter des Geschäftsführers der Stiftung Aufarbeitung<br />
Prof. Dr. Hans Dieter Zimmermann<br />
Vorsitzender des <strong>Peter</strong>-<strong>Huchel</strong>-Gedenkstätte e. V.<br />
Lutz Seiler<br />
Leiter des <strong>Peter</strong>-<strong>Huchel</strong>-<strong>Haus</strong>es<br />
Die Veranstaltung wird <strong>in</strong> Bild und Ton <strong>in</strong> den Garten übertragen.<br />
Im Anschluss Getränke und e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es Büfett. Sie s<strong>in</strong>d herzlich e<strong>in</strong>geladen!<br />
<strong>Peter</strong>-<strong>Huchel</strong>-<strong>Haus</strong>, Hubertusweg 41, 14552 Michendorf, OT <strong>Wilhelmshorst</strong>, Tel. 033205/62963,<br />
peter.huchel.haus@gmx.de, www.peter-huchel-haus.de