Stadtwerke Glauchau
Stadtwerke Glauchau
Stadtwerke Glauchau
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Jahre<br />
Bismarckturm<br />
GLAUCHAU<br />
100Jahre<br />
Die Wohnung im Bismarckturm war bis in<br />
das Jahr 1972 von Jürgen und Wolfram Ilge<br />
sowie deren Eltern bewohnt. 1957 erhielt<br />
der Vater der beiden Brüder, der bei der<br />
Niederlungwitzer Pumpstation der Wasserwirtschaft<br />
beschäftigt war, das Angebot, in<br />
die Betriebswohnung in den Bismarckturm<br />
zu ziehen. Da der Wohnungsmarkt zum damaligen<br />
Zeitpunkt noch nicht vom Überangebot<br />
der Gegenwart geprägt war, und die<br />
Miete in dem Bauwerk eine erschwingliche<br />
Höhe hatte, zog die Familie im Oktober des<br />
gleichen Jahres in die Wohnung im Turm<br />
ein.<br />
Mit besonderen Erinnerungen an die Ausstattung<br />
des Turmes, die verschiedenen<br />
Funktionalitäten der einzelnen Räumlichkeiten<br />
des Bauwerkes sowie den versteckten<br />
oder ganz speziell konstruierten Vorrichtungen<br />
verbinden Wolfram und Jürgen Ilge ihre<br />
Kindheit im <strong>Glauchau</strong>er Bismarckturm. Trotz<br />
der abgeschiedenen Lage ihrer Wohnung<br />
und des häufig beschwerlichen weiten Weges<br />
in die Schule, der beispielsweise in der<br />
Dunkelheit am Friedhof vorbeiführte, war es<br />
eine unvergleichlich schöne Wohnumgebung<br />
für die beiden Brüder.<br />
Die Wohnung im Turm bestand aus Wohnzimmer,<br />
Schlafzimmer, Kinderzimmer und<br />
einer Wohnküche. Die Räume waren durch<br />
ein ausgeklügeltes Schornsteinsystem miteinander<br />
verbunden. Gerade diese Rauchfangkonstruktion<br />
war eine Wissenschaft für<br />
sich. Denn in den Wänden befanden sich<br />
überall Luftschächte, die bei der Feuerung<br />
als Abzüge benutzt wurden, was aber unter<br />
Umständen zur Folge hatte, dass bei Sturm<br />
die Wohnung voller Rauch stand. Deshalb<br />
installierte man im Turm einen zweiten<br />
Schornstein, der mit einem manuellen Verriegelungsmechanismus<br />
den Rauchabzug<br />
regulierte.<br />
Eine Besonderheit war auch das Klavier im<br />
Wohnzimmer der Familie Ilge. Denn alleine<br />
der Transport des Musikinstrumentes in den<br />
Turm war ein außerordentliches Highlight.<br />
Über Pfosten wurde das Instrument in die<br />
erste Etage des Bauwerkes gezogen, um<br />
dort der Unterhaltung der Familie beizutragen.<br />
Und gerade dieser Einfallsreichtum im<br />
Umgang mit sonst, in einer gewöhnlichen<br />
Wohnumgebung sich einfach gestaltenden<br />
Angelegenheiten, machte das Leben im<br />
Bismarckturm zu etwas ganz Besonderem.<br />
Wohnen im Bismarckturm -<br />
Erinnerungen ganz besonderer Art<br />
Denn auch wenn Wolfram und Jürgen Ilge<br />
sich an die Abgeschiedenheit Ihres Elternhauses<br />
gewöhnt hatten, wurde im Turm jedoch<br />
ein eigens konstruiertes Signalsystem<br />
installiert. Die Vorrichtung bestand aus von<br />
außen angebrachten Autoscheinwerfern<br />
und zwei doppelt hintereinander geschalteten<br />
Autohupen.<br />
Einerseits wurden die Jungen, wenn Sie<br />
in den familieneigenen Gärten oder in der<br />
Umgebung unterwegs waren, so akustisch<br />
darauf hingewiesen, dass das Essen fertig<br />
war oder dass es Zeit war nach Hause zu<br />
kommen. Zum anderen wurden in unruhigen<br />
Zeiten oder wenn Unbekannte auf dem<br />
Gelände des Turmes unterwegs waren, die<br />
Lichter angeschaltet, um auf diese Art und<br />
Weise ungebetene Gäste abzuschrecken.<br />
Damit war die Vorrichtung nicht nur originell,<br />
sondern auch praktisch konzipiert,<br />
denn mit einem Einsatz der Polizei konnte<br />
aufgrund der Lage der Wohnung nicht gerechnet<br />
werden.<br />
Die Entfernung zum Ortszentrum von<br />
<strong>Glauchau</strong> und den darin befindlichen Einkaufsmöglichkeiten<br />
war auch der Grund,<br />
warum die Familie weitestgehend zu Selbstversorgern<br />
wurde. So bauten sie die verschiedensten<br />
Sorten an Obst und Gemüse<br />
in dem angrenzenden Garten an. Natürlich<br />
mussten Wolfram und Jürgen Ilge ihre Eltern<br />
bei der Bewirtschaftung der Beete und<br />
Bäume tatkräftig unterstützen, was rückblickend<br />
nicht zu den beliebtesten Tätigkeit in<br />
ihrer Kindheit gehörte.<br />
Neben der Bebauung und Bepflanzung der<br />
benachbarten Anlage konnte die Familie<br />
durch die Haltung von Hasen, Enten, Hühnern<br />
und Schafen auch tierische Produkte<br />
gewinnen, um ihre Bedürfnisse zu sichern<br />
und ihre Kindheit auf eine besondere Art<br />
und Weise zu bereichern.<br />
Gerade diese charakteristischen Dinge und<br />
Begebenheiten tragen noch heute dazu<br />
bei, dass das Wohnen hoch über der Stadt<br />
<strong>Glauchau</strong> für die beiden Brüder mit einer<br />
Vielzahl von Erinnerungen an heitere und<br />
glücklichen Momente ihrer Jugendzeit verbunden<br />
ist und den beiden ein verschmitztes<br />
Lächeln ins Gesicht zaubert.<br />
Die Redaktion bedankt sich bei Jürgen und Wolfram Ilge für<br />
das interessante Interview und die Nutzung der zur Verfügung<br />
gestellten Fotos.<br />
Jürgen und Wolfram Ilge (von links) öffneten uns<br />
die Tür zu ihrer damaligen Wohnung im Bismarckturm<br />
(Friedensturm).<br />
Familie Ilge lebte von 1958 bis 1972 in der Wohnung<br />
im Bismarckturm.<br />
Für damalige Verhältnisse lebte es sich komfortabel<br />
im Turm. Selbst auf Hausmusik musste die junge<br />
Familie nicht verzichten. Beide Söhne spielen<br />
ebenfalls Klavier.<br />
Mobilität war bei der Entfernung zur Stadt wichtig.<br />
Das Bild zeigt Mutti Ilge mit ihrem SR2.<br />
Seite 3