BerlinDie besondere Beziehung „Patenschaft“Ute LingnerIn unserer kirchlichen Tradition ist die Patin erst einmal Zeugin derTaufhandlung gewesen. Als es noch keine Dokumentation in Form vonKirchenbücher oder gar moderner Technik gegeben hat, wurde eineErwachsene/ ein Erwachsener hinzugezogen, um zu bezeugen, dass einKind getauft worden war. Zum Patenamt der Kirche gehört die Begleitungdes Täuflings auf seinem Glaubensweg. In der Tradition der Kindstaufepflegt der Pate die Tauferinnerung und hat seine Aufgabe erfüllt mit derEntscheidung der Jugendlichen zur Konfirmation und damit zum eigenenGlaubensbekenntnis.Doch verbindet sich mit der Übernahme einer Patenschaft viel mehr.Schon der Beginn dieser ganz besonderen Beziehung ist von einem außerordentlichenVertrauen geprägt. Denn Eltern trauen einer Freundin odereinem Verwandten zu, sich verantwortungsvoll mit um ihr Kind kümmernzu können. Man wird gefragt, eine Patenschaft zu übernehmen. Es bestehtalso schon eine Verbindung zu Mutter und/oder Vater eines Kindes, dievon Vertrauen geprägt ist. Diese suchen sich einen Erwachsenen zurUnterstützung als Eltern und zur Begleitung des Kindes aus.Gefragt zu werden, ob ich Patin (Pate) eines Kindes werden wolle, istgewiss ein besonderer Moment im Leben. Mir wird Vertrauen entgegengebracht, ich werde eingebunden und verpflichte mich, Verantwortungzu übernehmen, einen noch kleinen Menschen auf dem Lebens- undGlaubensweg zu begleiten. Das kann je nach individuellen Möglichkeitenin der Nähe mit regelmäßigen gemeinsamen Aktivitäten geschehen oderauch aus der Ferne mit Aufmerksamkeit und gepflegten, intensiven Zeitenmiteinander. Auf jeden Fall geht es darum, Kontakt zu halten, an derEntwicklung des Patenkindes interessiert zu sein, eine Rolle als Bezugspersonin dessen Leben auszufüllen.Und diese Bedeutungen der Patenschaft sind es auch, die dazu geführthaben mögen, dass in unserer heutigen Gesellschaft eine Reihe vonProjekten die Begrifflichkeit übernommen haben. Es gibt Bildungspatenschaften,Lesepaten, Patenprojekte für Kinder in Entwicklungsländern u. v.a. m. Sie haben gemeinsam, dass ich als Patin etwas abgebe von meinenRessourcen und Fähigkeiten. Der Lesepate kümmert sich regelmäßig umein Kind in einer nahen Schule beim Lernen von Buchstaben und Sprache.Als Patin eines Kindes in einem SOS-Kinderdorf unterstütze ich dessenAufwachsen und Schulbesuch durch monatliche Spenden und werde überdessen Entwicklung stetig informiert.Diese sozialen Paten und Patinnen werden manchmal auch Mentorinnenoder Lotsen genannt. Was sie von der Taufpatenschaft unterscheidet, istzum einen der Beginn, denn dabei melde ich mich als an einer Patenschaftinteressiert – und werde nicht angesprochen. Und zum anderen sindsie kündbar, ich kann meine finanzielle Unterstützung einstellen, meinefreiwillige Arbeit beenden.Doch viel wichtiger erscheint das verbindende Element: mit derÜbernahme einer Patenschaft zeige ich mich verantwortlich für meinenSozialraum, bringe meine Schätze ein zum Wohle derer, denen es nicht sogut geht, gehe Beziehungen ein und mache damit unsere Welt ein bisschenwärmer.6
BerlinAuch wenn das Ziel des Taufpatens mit der Konfirmation erreicht wordensein mag, so bleibt doch eine besondere Beziehung zum „Ex-Patenkind“bestehen, die mit den Jahren wohl ihren Charakter jedoch nicht dieIntensität ändern wird. Es zählt weiterhin das Interesse aneinander, ander Haltung des anderen, daran, sich wechselseitig zu bereichern, dennsolch eine Patenschaft ist keine Einbahnstraße, in der der Ältere demJüngeren nur gibt, sondern eine Beziehung auf Gegenseitigkeit mit Gebenund Nehmen von Zuneigung, Begeisterung, Anregungen, Freude, Hilfe undvieles mehr.Es können sich Gemeinschaften gründen, Familien in der postmodernenGesellschaft, in der wir leben. Familien, die sich nicht nur über verwandtschaftlicheHerkunft definieren, sondern als Gemeinschaft von Menschen,die füreinander Sorge tragen, Verantwortung übernehmen, gemeinsamdie Kinder auf ihrem Weg begleiten. In diesem Sinne kann man allenMut machen, Patin oder Pate zu werden. Das kann eine bereicherndeBeziehung für alle Beteiligten sein, bei der Ältere und Jüngere in der Näheund Ferne miteinander in Kontakt kommen und bleiben, voneinanderlernen und miteinander Vertrauen pflegen und unsere gemeinsame Weltsozial vernetzen.Besondere Angebote für Patenschafts-Tandems, Patinnen und PatenPatinnen und Paten haben ein Ehrenamt der Evangelischen Kircheübernommen und begleiten ein Kind auf dem Lebensweg in besondererWeise. Wir laden diese Tandems ein, an diesen speziellen Angebotenteilzunehmen, miteinander und mit anderen etwas zu erleben. Undwir wollen auch Frauen und Männer beim Gestalten ihrer Patenschaftunterstützen.CT 133 Taufpate/Taufpatin sein – Ehre und Lust auf einkirchliches Amt (siehe Seite 18)CT 134 Wie sag ich’s meinem Kinde? (siehe Seite 18)C 135 Das Geheimnis der blauen Gänge (siehe Seite 18)CT 136 Kinder entdecken die Trinitatiskirche (siehe Seite 18)N 401 Auf den Spuren der Ahnen (siehe Seite 41)N 402 Was es so in einer Kirche zu sehen gibt (siehe Seite 42)N 403 Natur in der Stadt erleben (siehe Seite 42)N 455 Physik zum Anfassen (siehe Seite 42)N 456 Physik zum Anfassen (siehe Seite 42)S 125 Kreativwerkstatt für (Groß-)Eltern, Patinnen, Paten undKinder (siehe Seite 67)SZ 404 Kinder-Paten-Kreativtag (siehe Seite 93)T 136 Patenschaften lebendig gestalten – für Paten, Eltern undGroßeltern (siehe Seite 105)7