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Persis Eisenbeis - Galerie Rose

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<strong>Persis</strong> <strong>Eisenbeis</strong>


<strong>Persis</strong> <strong>Eisenbeis</strong><br />

<strong>Galerie</strong> <strong>Rose</strong><br />

Hamburg 2008


Harald Kohlmetz<br />

<strong>Persis</strong> <strong>Eisenbeis</strong><br />

Ein Mädchen sitzt auf einem Sofa.<br />

Sie trägt einen braun-weiß geringel-<br />

ten Pullover, einen grünen Rock, an<br />

den Waden weiß geringelte schwar-<br />

ze Kniestrümpfe sowie weiße Schu-<br />

he. Die Beine geschlossen, die Arme<br />

rechts und links entspannt auf dem<br />

Sofa ruhend, ist sie frontal dem Be-<br />

trachter zugewandt und blickt ihn<br />

von unten unverwandt an. Erst bei<br />

aufmerksamer Betrachtung bemerkt<br />

der vom Blick des Mädchens Fixierte<br />

die rechts neben ihr liegende Pistole.<br />

Muß der Betrachter befürchten, die<br />

Waffe gegen sich gerichtet zu sehen?<br />

Oder wendet das Mädchen sie gar<br />

gegen sich selbst? Oder liegt sie nur<br />

zufällig dort, wo eben auch jeder an-<br />

dere x-beliebige Gegenstand abgelegt<br />

sein könnte? Spricht sich im Blick des<br />

Mädchens Zuneigung oder Misstrau-<br />

en aus? Ist der Blick des Mädchens<br />

eine Aufforderung an den Betrach-<br />

ter? Aber eine Aufforderung wozu?<br />

Einen merkwürdigen Kontrast zu der<br />

passiv abwartenden (oder erwarten-<br />

den?) Haltung des Mädchens bildet<br />

das wie ein breites Band über das Bild<br />

„fließende“ ornamental bewegte For-<br />

menspiel der gelben Blumen auf dem<br />

blauen Sofa.<br />

Auf einem anderen Bild spaziert eine<br />

rot gekleidete Frau barfüßig einen<br />

Strand entlang, der mit geschlossenen<br />

gelben Sonnenschirmen gespickt ist.<br />

In einiger Entfernung erkennt man<br />

drei Männer, die mit erhobenen Stökken<br />

zum Schlag ausholen. Der „Sinnlosigkeit“<br />

ihrer Aktion aber wird der<br />

Betrachter erst gewahr, wenn er bemerkt,<br />

daß die Stockhiebe der Männer<br />

offenbar dem Sand des Strandes<br />

gelten. Bedrohlich aus Schornsteinen<br />

rauchende Industriegebäude schliessen<br />

die befremdliche Szene im Hintergrund<br />

ab. Von der Szenerie ist die<br />

Frau völlig unbeeindruckt, sie scheint<br />

kaum Notiz zu nehmen davon, was<br />

sich um sie herum ereignet. Den Blick<br />

fest nach vorn gerichtet, setzt sie ihren<br />

Gang unbeirrt fort. Der Betrachter<br />

kann nur hoffen, daß sie nicht in<br />

einen der Schirme läuft, welche die<br />

Spaziergängerin wie einen imaginär<br />

abgesteckten Raum umschließen.<br />

In einem dritten Bild sitzt ein Mädchen<br />

auf einem barock geformten<br />

Stuhl in der linken Bildhälfte. Der<br />

in der rechten Bildhälfte befindliche<br />

Stuhlsessel neben ihr ist leer. Ein an<br />

der Wand angebrachter Spiegel gibt<br />

das Bild eines Mannes wieder, der<br />

3<br />

Erhängte<br />

2006, Aquarell, 36 x 30 cm<br />

Die Trinkerin<br />

2006, Aquarell, 28 x 24 cm<br />

Frau mit Axt<br />

2007, Aquarell, 28 x 24 cm


Entwurf zu „Gedankengang V“<br />

2007, Aquarell, 32 x 24 cm<br />

Entwurf zu „Gedankengang VI“<br />

2007, Aquarell, 29 x 21 cm<br />

Entwurf zu „Gedankengang VII“<br />

2007, Aquarell, 28 x 24 cm<br />

sich eine Pistole an die Stirn setzt.<br />

Auch hier schenkt das Mädchen dem<br />

vor ihren Augen sich abspielenden<br />

bedrohlichen Geschehen keinerlei<br />

Aufmerksamkeit. Wird sich der Mann<br />

erschießen? Ihre Indifferenz gegen-<br />

über der erschreckenden Handlung<br />

des möglichen Suizids des Mannes<br />

steht in einem völligen Gegensatz<br />

zu der lebendigen Entfaltung des De-<br />

kors mit braunen, grünen und wei-<br />

ßen pflanzlichen Ornamenten sowie<br />

blauen Vögeln auf der ockerfarbenen<br />

Tapetenwand im Hintergrund. Oder<br />

handelt es sich vielmehr um ein<br />

„Spiel“ des Mannes, das zu beachten<br />

sie kaum für Wert erachtet? Es bleibt<br />

ambivalent, ob es sich um ein „Spiel“<br />

oder aber um eine ernsthafte Selbst-<br />

gefährdung des Mannes handelt. Dies<br />

korrespondiert mit der Ambivalenz<br />

der durch die Darstellung des Bildes<br />

provozierten ästhetischen Einstel-<br />

lung des Betrachters. Als Betrachter<br />

ist man erschrocken, sich dem äs-<br />

thetischen Genuß des ornamentalen<br />

Dekors hinzugeben, während man<br />

möglicherweise der Zeuge einer sui-<br />

zidalen Handlung wird.<br />

In den Bildern der Malerin <strong>Persis</strong><br />

<strong>Eisenbeis</strong> wird das szenische Hand-<br />

lungsgefüge mehrfach gebrochen,<br />

ja ein szenischer Handlungszusam-<br />

menhang zwischen den Figuren<br />

scheint sich gar nicht erst einstellen<br />

zu wollen. Die Gestik, das Handeln<br />

der Menschen in den Bildern von Ei-<br />

senbeis verhallt erstaunlicherweise in<br />

einer Leere, da weder Ausgang noch<br />

Ziel ihrer Handlungen einsichtig sind.<br />

Es sind die verstummten Gesten der<br />

Protagonisten, die unterbrochenen<br />

Handlungsschnüre, die geradezu ins<br />

Leere „greifenden“ Handlungsaktio-<br />

nen der Figuren, wodurch man den<br />

beunruhigenden Eindruck gewinnt,<br />

4<br />

die Menschen in den Bildern von<br />

<strong>Eisenbeis</strong> stehen als Objekte eines<br />

ihnen übergeordneten Geschehens<br />

eher tragisch herum, als daß sie Sub-<br />

jekte ihrer eigenen Handlungsfähig-<br />

keit wären. Die Figuren agieren wie<br />

Schauspieler auf einer unbeweglichen<br />

Bühne, die Protagonisten des Bildes<br />

scheinen ewig in der gleichen Posi-<br />

tion zu verharren. Dem Betrachter<br />

erscheint es wie Theater ohne Hand-<br />

lungszusammenhang. Und dennoch<br />

„erzählen“ die Bilder Geschichten.<br />

Aber die „erzählten“ Geschichten<br />

der Bilder sind nur Konstruktionen<br />

im Kopfe des Betrachters. Dabei ent-<br />

falten die Bilder von <strong>Eisenbeis</strong> eine<br />

überraschende, bisweilen irritierende,<br />

manchmal gar beängstigende Poesie.<br />

Denn die „erzählten“ Geschichten<br />

sind von einer verstörend instabilen<br />

Konsistenz. Eigentlich könnte auch<br />

alles ganz anders sein...<br />

Das Material der Bilder von <strong>Eisenbeis</strong><br />

speist sich aus Fotografien von Zeitun-<br />

gen, Modezeitschriften, Trivialfoto-<br />

grafien, Bildlexika und zuweilen aus<br />

eigenen fotografischen Vorlagen. Bild-<br />

motive unterschiedlichster Herkunft<br />

werden assoziativ zu eigenständigen<br />

Bildwelten zusammengefügt, ohne<br />

die dabei entstehenden neuen Bezie-<br />

hungsgeflechte der – ursprünglich<br />

disparaten Bildwirklichkeiten ent-<br />

nommenen – Bildmotive einer ratio-<br />

nalen Kontrolle zu unterwerfen. Die<br />

assoziative Bildentwicklung führt im<br />

Ergebnis zu überraschenden Bildkom-<br />

plexen, die allen deutenden Sinnvor-<br />

stellungen des Betrachters gegenüber<br />

offen sind.<br />

So vermitteln die Malereien von Per-<br />

sis <strong>Eisenbeis</strong> eine Poesie, die in der<br />

Betrachtung ihrer Bilder unabschließ-<br />

bar ist.


Am Waldrand. 2006-2007, Öl auf Leinwand, 140 x 120 cm<br />

5


Der Flug. 2006-2007, Öl auf Leinwand, 125 x 100 cm<br />

6


Weiße Lilien und Ratten. 2007, Öl auf Leinwand, 70 x 60 cm<br />

7


Samurai. 2007, Öl auf Leinwand, 100 x 80 cm<br />

8


Die Schlafwandlerin. 2007, Öl auf Leinwand, 140 x 110 cm<br />

9


Elvisa. 2007, Öl auf Leinwand, 210 x 190 cm<br />

10


Das Puppenspiel. 2007, Öl auf Leinwand, 210 x 190 cm<br />

11


Morgens am Strand. 2007, Öl auf Leinwand, 130 x 105 cm<br />

12


Gedankengang II. (2. Fassung), 2007, Öl auf Leinwand, 140 x 110 cm<br />

13


Gedankengang IV. 2007, Öl auf Leinwand, 100 x 80 cm<br />

14


Gedankengang VI. (2. Fassung), 2007, Öl auf Leinwand, 140 x 110 cm<br />

15


Gedankengang VII. 2007, Öl auf Leinwand, 140 x 120 cm<br />

16


Die Schwestern. 2008, Öl auf Leinwand, 140 x 120 cm<br />

17


Das Fangspiel. 2008, Öl auf Leinwand, 100 x 80 cm<br />

18


Elvisa mit Seil. 2008, Öl auf Leinwand, 100 x 80 cm<br />

19


Elvis. 2008, Öl auf Leinwand, 70 x 60 cm<br />

20


Jüngling. 2008, Öl auf Leinwand, 100 x 80 cm<br />

21


<strong>Persis</strong> <strong>Eisenbeis</strong>, geboren 1969 in Stuttgart, aufgewach-<br />

sen in Leiston/Suffolk Großbritannien, lebt seit 1991 in<br />

Berlin, studierte u.a. 2005/2006 bei Daniel Richter an<br />

der Universität der Künste Berlin, stellte seit 2003 bei<br />

<strong>Galerie</strong> Revaler, Berlin, <strong>Galerie</strong> La Giraffe, Berlin, bei<br />

Mädchen im Wald. 2006, Öl auf Leinwand, je 70 x 60 cm<br />

22<br />

der „außer-haus”-Austellung der Studenten der Univer-<br />

sität der Künste Berlin und bei Hubertus H. Hoffschild,<br />

Lübeck aus.<br />

Ausstellungen 2008: <strong>Galerie</strong> <strong>Rose</strong>, Hamburg, und bei<br />

Hoffschild, Lübeck.


Gedankengang V. (2. Fassung) 2007, Öl auf Leinwand, 140 x 120 cm<br />

23


Diese Broschüre erscheint anläßlich der Ausstellung<br />

<strong>Persis</strong> <strong>Eisenbeis</strong><br />

im April 2008<br />

<strong>Galerie</strong> <strong>Rose</strong><br />

Großer Burstah 36, 20457 Hamburg<br />

Telefon: 040 - 36 56 36, Telefax: 040 - 37 81 79<br />

www.galerierose.com, info@galerierose.com<br />

© 2008 by <strong>Galerie</strong> <strong>Rose</strong>, Hamburg, sowie <strong>Persis</strong> <strong>Eisenbeis</strong>, Berlin, und Harald Kohlmetz, Stuttgart<br />

Alle Rechte vorbehalten.


<strong>Galerie</strong> <strong>Rose</strong>

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