Die fürchterlichen Fünf - Puppentheater Magdeburg
Die fürchterlichen Fünf - Puppentheater Magdeburg
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DIE FÜRCHTERLICHEN FÜNF<br />
nach der Bildergeschichte von Wolf Erlbruch<br />
Für Menschen ab 6.<br />
BEGLEITMATERIAL ZUR INSZENIERUNG
GRUSSWORT<br />
Liebe Pädagoginnen und Pädagogen!<br />
<strong>Die</strong> Spielzeit 2010)11 haben wir mit dem Motto anders:leben überschrieben. Und welche Geschichte<br />
würde dazu besser passen, als Wolf Erlbruchs DIE FÜRCHTERLICHEN FÜNF?<br />
„Anders sein bedeutet nicht hässlich sein.“ Was zunächst vielleicht klingt wie ein gutgemeinter<br />
Ratschlag, ist eine wichtige Erkenntnis für junge Menschen, die ihr Selbstbild formen. Und so leicht<br />
es sich anhört, so schwer ist es doch zu verwirklichen. Bin ich wirklich schön? Habe ich Talente und<br />
kann ich etwas richtig gut?<br />
„Tu was!“ So heißt die Devise von Hyäne, die im Schaffensrausch ganz vergisst, dass sie auch<br />
hässlich ist. „Tu was!“ Das ist auch unsere Aufforderung an unsere jungen Zuschauer. Versinkt nicht<br />
im Selbstmitleid wie Kröte und Ratte in ihrem Wohnwagen! Das Inszenierungsteam um die<br />
Stuttgarter Figurentheater- macherin Stephanie Rinke entführt uns an einen wenig<br />
gastfreundlichen Ort unter einer nie fertig gestellten Brücke. Dass selbst aus diesem zunächst<br />
abstoßenden Platz eine Bude mit Eierkuchen und Musik werden kann – davon erzählt unser<br />
Puppenstück.<br />
Geschichte und Inszenierung bieten mehrere Themen, die sich im Unterricht integrieren lassen und<br />
so den Vorstellungsbesuch vor- oder nachbereitend vertiefen können. Zum einen lässt sich ein<br />
Zugang über die Tiere finden - wir stellen hier die Ratte exemplarisch vor. Zweitens wollen wir<br />
anregen zum eigenen musikalischen Tun. Und drittens können Sie natürlich auch mit Ihren<br />
Schülerinnen und Schülern über Schönheit, Hässlichkeit und die Augen des Betrachters<br />
nachdenken.<br />
Über Ihre Rückmeldungen zur Inszenierung und Anmerkungen zum Begleitmaterial freuen wir uns!<br />
Ihr Tim Sandweg<br />
Dramaturg<br />
Telefon: 0391 540 3308<br />
tim.sandweg@ptheater.magdeburg.de<br />
2
DIE FÜRCHTERLICHEN FÜNF<br />
Der Wuppertaler Illustrator und Autor Wolf Erlbruch brachte 1990 seine Geschichte um Kröte und<br />
Ratte, Fledermaus, Spinne und Hyäne heraus. Sie wurde in den 90er Jahren zu einer seiner<br />
erfolgreichsten Publikationen. Erlbruchs Tiere waren ungewöhnlich für den damaligen<br />
Kinderbuchmarkt: Sie entsprachen nicht dem Kindchenschema, trugen seltsame Kleidungsstücke.<br />
Das war für Eltern und Pädagogen oft erst einmal abschreckend. Auf Kinder wirkten sie allerdings<br />
besonders faszinierend, wie mehrere Versuche in Schulen zeigten.<br />
Vier dieser Tiere haben sich zurückgezogen und versinken im Selbstmitleid und Streiterei. Sie fühlen<br />
sich hässlich und ihr einziger Spaß besteht darin, den anderen zu sagen, wie ekelhaft sie seien. Doch<br />
dann kommt Hyäne und mit ihr eine ganz andere Lebensphilosophie: „Was zählt, sind Taten!“ Und<br />
so lässt sie sich nicht verscheuchen, sondern spielt auf ihrer Gitarre eine Aufforderung, das Schicksal<br />
selbst in die Hand zu nehmen. Und zaghaft kommen die Talente zum Vorschein: Ratte spielt<br />
Mundharmonika, Spinne kann singen und Fledermaus macht mit einer Bürste den Beat. Und auch<br />
Kröte kann etwas: Eierkuchen<br />
backen. Was liegt da näher als eine Eierkuchenbude mit Musik aufzumachen? Doch der Weg ist nicht<br />
so einfach, wie sich die <strong>fürchterlichen</strong> <strong>Fünf</strong> vielleicht zunächst gedacht haben: Es kommt keiner. Mit<br />
diesem herben Schlag muss die Gruppe auch klarkommen, bevor sie schließlich entdeckt, dass es<br />
wunderbar ist, so zu sein, wie sie sind.<br />
Eingerahmt wird diese mit Klappmaulpuppen gespielte Geschichte von einer Schauspielhandlung.<br />
Vier Models auf dem Weg zum Shooting sind an einem ekelhaften Ort gelandet. Für sie ist es<br />
unvorstellbar hässlich zu sein, bis sie auf wunderbare Weise zu Tieren mutieren.<br />
3
DAS KÖRPERLICHE SELBSTBILD<br />
Jeder Mensch hat ein Bild von sich. In der Psychologie nennt man dieses Bild „Selbstbild“, auch<br />
„self-concept“ oder „self-esteem“. Das Selbstbild umfasst „alle Meinungen, werte- und<br />
gefühlsmäßigen Einstellungen zur eigenen Person sowie das Erleben eigener Möglichkeiten und<br />
Begrenzungen“ 1 .<br />
Es gibt verschiedene theoretische Ansätze und empirische Untersuchungen, wie der Mensch im<br />
Kinder- und Jugendalter sein Selbstbild erschafft. In jedem Fall sind sowohl eigene Erfahrungen, als<br />
auch äußere Einflüsse (Fremdmeinungen, kulturelle Einflüsse) prägend. Das Selbstbild teilt sich in<br />
verschiedene Unterkategorien auf: Unter anderem beurteilt man seinen Körper.<br />
Gerade bei Kindern und Jugendlichen hat das Körperbild einen entscheidenen Einfluss auf die<br />
allgemeine Einstellung zu sich selbst. Daher nennen nach Studienergebnissen Kinder in der<br />
Grundschule und der 5-7 Klasse besonders häufig „Sport“ als ihr Hobby: Sie befinden Bewegung für<br />
wichtig. Auch die Auswirkung sportlicher Aktivitäten auf den Körper ist ihnen bewusst: Jungen<br />
orientieren sich früh an sportlichen Idolen und möchten einen kraftvollen Körper präsentieren,<br />
Mädchen verstehen Sport schon in diesem Alter als Möglichkeit das Körpergewicht zu kontrollieren.<br />
Bereits im Grundschulalter findet sich eine nicht unbeachtliche Zahl Kinder, die nicht zufrieden mit<br />
ihrem Körper sind. Und schon mit 3-6 Jahren lernen Kinder zwischen schön und unansehnlich zu<br />
unterscheiden und ihr eigenes Aussehen in diesen Kategorien einzuordnen. Schon bei Kindern - in der<br />
Pubertät verstärkt sich dann dieser Effekt - hat das körperliche Selbstbild Auswirkungen auf die<br />
Psyche und die Motivation, prägt mitunter unbewusst den zwischenmenschlichen Umgang.<br />
1 Thomas Moser: Ein gesunder Geist in einem geschickten Körper? Hamburg 2008, S. 150.<br />
4
IDEE EINS: RATTEN<br />
In der Geschichte spielen fünf Tiere, die sicherlich nicht zu den Favoriten der Haustierzucht gehören,<br />
die Titelpartie. Erlbruch hat bewusst fünf Arten gewählt, die beim Menschen schon seit jeher<br />
Nährboden für Ekel oder Angst waren. Dabei haben alle fünf Tiere unvergleichliche Eigenschaften –<br />
sonst würden sie nicht weltweit auftauchen und hätten den menschlichen Eingriff so erfolgreich<br />
überlebt. Sie scheinen nicht ausrottbar - und das allein hat zur Legendenbildung geführt.<br />
Erst einige Jahre nach Erscheinen des Buches wurde die Ratte als kuscheliges Nagetier entdeckt. Bis<br />
dahin galt das Tier als Krankheitsüberträger, gruseliges Monster oder unausrottbarer Schädling.<br />
Mit Gesprächen über Ratten konnte man auf keiner Party einen Blumentopf gewinnen. Unser<br />
kulturelles Bild von den Nagern ist lange durch das Auftauchen der Ratte in ganz verschiedenen<br />
Zusammenhängen begründet. Schaut man nur einmal in die Literatur oder in den täglichen<br />
Sprachgebrauch, findet man unzählige Beispiele für das schlechte Image: Ratten mutieren zu<br />
Monstern, die auf möglichst brutale Weise Menschen fressen. Unliebsame Menschen werden als<br />
Ratten tituliert. Ratten tauchen als gutes und böses Omen oder als Zaubertrankzutat in<br />
verschiedenen Kulten seit dem vorantiken Ägypten auf.<br />
Was für Bilder haben Ihre Schülerinnen und Schüler von Ratten? Lassen Sie die Kinder als<br />
Vorbereitung zunächst Ratten malen und machen Sie aus den Arbeiten eine kleine Ausstellung. Wie<br />
sehen die Ratten aus?<br />
Sammeln Sie gemeinsam: Ist die Ratte eher ein sympathisches oder ein unsympathisches Tier? Was<br />
ist toll an Ratten, wovor kann man sich ekeln? Wer hat überhaupt schon einmal eine echte Ratte<br />
gesehen?<br />
Forschen Sie weiter: Gibt es Geschichten, die die Kinder mit Ratten verbinden, wie persönliche<br />
Anekdoten (die Ratte, die die Toilette hinaufklettert) oder literarische Erzählungen (wie „Der Wind in<br />
den Weiden“, „Rattenfänger von Hameln“).<br />
Hängen Sie schließlich eine Kopie der Ratte von Wolf Erlbruch neben die anderen Bilder. Was fällt<br />
an ihr auf? (Mantel, Sonnenbrille, Hut, schleichender Gang, langer Schwanz) Gefällt es ihr wohl,<br />
wenn sie morgens in den Spiegel schaut? Wirkt die Figur „fürchterlich“? (Erfahrungsgemäß werden<br />
die Figuren nicht als fürchterlich empfunden.) Könnte die Ratte vielleicht etwas „fürchterliches“<br />
tun? Oder fühlt sie sich „fürchterlich“?<br />
5
IDEE ZWEI: TU WAS!<br />
„Musik machen ist ganz einfach: Man zählt bis vier, dann fängt man an und wenn man keine Lust<br />
mehr hat, hört man wieder auf.“<br />
Hyäne ist sicherlich kein großer Musiker - das stört ihn aber gar nicht. Wenn man nicht gleich den<br />
Anspruch hat, nach Noten zu spielen oder ein Weltstar zu werden, ist es recht simpel Musik zu<br />
machen. Einfachste Instrumente finden sich in jedem Haushalt. Insbesondere Perkussion-<br />
Instrumente lassen sich schnell finden oder basteln. Man zweckentfremdet Kochtöpfe, Löffen und<br />
Bürsten und schon hat man ein prima Perkussionsset. Man füllt alte Röhren mit Reis - eine Rassel.<br />
Und das beste Instrument trägt jeder Mensch in sich: <strong>Die</strong> Stimme.<br />
Unmusikalische Menschen gibt es nicht. Hingegen gibt es Menschen, die sich nicht trauen, Musik zu<br />
machen oder zu singen, weil sie auf entmutigende Resonanz gestoßen sind - hierin ist das<br />
musikalische Spiel ähnlich zur Körperwahrnehmung.<br />
Selber Musik machen hat eine ganze Reihe von positiven Auswirkungen auf das Selbstbewusstsein<br />
und die Intelligenz, die Feinmotorik und das Körpergefühl. Zur Nachbereitung der Vorstellung<br />
können Sie ihre Schülerinnen und Schüler zum Musik machen ermutigen. Beginnen Sie mit einer<br />
Einleitungsrunde, in der zunächst jeder erzählt, was er gut kann. Vielleicht können einzelne<br />
Aktivitäten auch präsentiert werden oder die Schüler bringen Fotos von ihren Erfolgen mit.<br />
Nutzen Sie danach entweder die oben beschriebenen Perkussions- und Stimm-Möglichkeiten oder<br />
greifen Sie auf Instrumente zurück, die in der Schule vorhanden sind. Lassen Sie die Schüler ohne<br />
Vorgaben austesten, was das Instrument oder der Gegenstand alles kann. Welche Geräusche<br />
können erzeugt werden? Kann man eine Melodie mit dem Instrument spielen?<br />
Jetzt kann jeder sein Instrument vorstellen, was es kann, wie es klingt. Versuchen Sie, ob man<br />
Instrumente zu Gruppen zusammenfügen kann: Können mehrere Schüler mit Perkussion-<br />
Instrumenten den gleichen Rhythmus klopfen? Können mehrere Schüler gemeinsam eine Melodie<br />
singen? Wie fühlt sich das an? Lassen Sie auch diese Ergebnisse präsentieren.<br />
6
IDEE DREI: SCHÖN UND HÄSSLICH<br />
„Schönheit liegt im Auge des Betrachters.“ Schönheit ist keine allgemeingültige Norm. Wenn ich<br />
etwas schön finde, muss es jemand anderes noch lange nicht schön finden. Selbst Schönheitsideale<br />
werden nicht von allen Menschen gleich beurteilt - und außerdem gibt es wohl kaum ein Gebiet,<br />
auf dem die Trends schneller wechseln.<br />
<strong>Die</strong> folgende Vor- oder Nachbereitungsmöglichkeit eignet sich für Schülerinnen und Schüler ab der<br />
3. Klasse und thematisiert unseren Blick auf andere.<br />
Lassen Sie Ihre Schüler in verschiedenen, aktuellen Zeitschriften stöbern. Darunter können<br />
Jugendzeitschriften sein wie „Mädchen“, „Bravo“, „Bravo Sport“, „Popcorn“, Regenbogenpresse,<br />
politische Zeitschriften aber auch Modezeitungen oder -kataloge. Lassen Sie die Schüler individuell<br />
Fotos ausschneiden und auf Plakate kleben zu den Überschriften SCHÖN und HÄSSLICH. Dabei<br />
sollten die Schüler sich möglichst nicht miteinander abstimmen.<br />
Nach einer Präsentation der Plakate, z.B. in Form einer Galerie im Klassenraum, kommen Sie ins<br />
Gespräch.<br />
- Warum wurden die Menschen auf den Fotos für schön oder hässlich befunden?<br />
- Gibt es Personen, die auf mehreren Plakaten gleich beurteilt wurden?<br />
- Gibt es Personen, die auf mehreren Plakaten unterschiedlich beurteilt wurden?<br />
- Finden sich Gemeinsamkeiten der abgebildeten Personen? Gibt es Merkmale, die dafür sprechen,<br />
dass jemand schön/hässlich ist?<br />
- Gibt es Unterschiede bei der Beurteilung von Männern und Frauen? Wann wird ein Mann für schön<br />
befunden, wann eine Frau?<br />
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REGIE Stephanie Rinke TEXTFASUNG Stephanie Rinke & Ensemble PUPPEN Barbara<br />
Weinhold BÜHNE Sven Nahrstedt GERÄUSCHCOLLAGE Max Bauer SONGS Jesko Döring<br />
DRAMATURGIE Tim Sandweg REGIEASSISTENZ Paula Kempka BÜHNENBAU Atelier und<br />
Werkstatt des <strong>Puppentheater</strong>s <strong>Magdeburg</strong> unter der Leitung von Ronald Erdmann<br />
TECHNISCHE EINRICHTUNG Wolfgang Krebs LICHT Enrico Rößler TON Tobias Körner<br />
INSPIZIENT Ingo Bobke<br />
SPIEL Gabriele Grauer, Gerhild Reinhold, Patrick Jech, Pascal Martinoli, Nis Søgaard<br />
AUFFÜHRUNGSRECHTE Peter Hammer Verlag, Wuppertal<br />
PREMIERE 10. Oktober 2010<br />
DAUER ca. 50 Minuten<br />
INTENDANT Michael Kempchen<br />
KÜNSTLERISCHER LEITER Frank Bernhardt<br />
PUPPENTHEATER DER STADT MAGDEBURG<br />
Warschauer Straße 25<br />
39104 <strong>Magdeburg</strong><br />
Tel. (0391) 540 3310<br />
www.puppentheater-magdeburg.de<br />
Theaterpädagogik<br />
Sabine Oeft<br />
Tel. (0391) 540 3308<br />
Email: sabine.oeft@ptheater.magdeburg.de<br />
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