6 StraßenunterhaltungKommunalTechnik 4/2011Dr. Kay Brummer, Stadtbaurat in Hildesheim.Stadtbaurat Dr. Kay Brummer (re.) und Dirk Bettels (Mitte) von der <strong>Detectino</strong> GmbH werfen einen Blick aufden Bildschirm des Onboard-Rechners.hin, dass die Maße vor Ort von uns selbst zu prüfensind, er übernimmt also keinerlei Gewähr.“Der Testeinsatz„Die Kenntnis über die tatsächliche Lageder Leitungen im Untergrund könnte uns dabeihelfen, die erforderliche Ausschreibung sozu gestalten, dass es für uns später möglichstnicht zu Nachforderungen für Nachträge durchden Auftragnehmer kommt. Je genauer undumfassender die <strong>In</strong>formationen sind, destodetaillierter lässt sich die Ausschreibung formulieren,Kostenfallen können im Vorfeld umschifftund das Projekt zeitlich realistisch geplantwerden.“ Mit diesem Ziel verschaffte sich derFachbereich „Grün, Straße und Vermessung“ imVorfeld der eigentlichen Baumaßnahme einen„elektronischen Blick“ in den Untergrund derBurgstraße. Dazu trafen sich Anfang Februar Dr.Kay Brummer und Carsten Bode mit Dirk Bettelsund dem Geophysiker Marek Naser der FrankfurterGoethe-Universität. Zum Einsatz kamdas System <strong>Detectino</strong>, für dessen Entwicklungdie gleichnamige Hildesheimer Firma knapp einJahr zuvor die Auszeichnung „Ausgewählter Ort2010“ im Rahmen des Wettbewerbs „365 Orteim Land der Ideen“ der <strong>In</strong>itiative „Deutschland-Land der Ideen“ erhielt. Seitdem wurde dieTechnik weiterentwickelt. Aufgebaut auf einemkommunalen Geräteträger hat es bereits einigeTesteinsätze in deutschen Kommunen durchlaufen.Natürlich sollte auch die HeimatstadtHildesheim nicht fehlen.Die TechnikMarek Naser arbeitet seit 4 Jahren alswissenschaftlicher Mitarbeiter des Fachbereichsangewandte Geophysik der Johann-Wolfgang-Goethe Universität in Frankfurt amForschungs- und Entwicklungsprojekt <strong>Detectino</strong>.Die Johann-Wolfgang-Goethe Universitätverfügt über ein weltweit einzigartiges Testfeldzur Leitungsortung mit 50 m Länge, 30 mBreite, 3 m Tiefe und über 2000 m verbautenverschiedenen Leitungen, Bodenbelägen undBodenarten.Marek Naser ist verantwortlich für dieAusstattung des Fahrzeugs mit der richtigenFür eine möglichst hohe Genauigkeit der Positionsbestimmung,selbst beim Ausfall des GNSS, wirddas System durch ein Tachymeter unterstützt, dasregelmäßig einen Laserstrahl auf das Prisma amFahrzeug schickt.Sensortechnik und erklärt das System <strong>Detectino</strong>für den Laien: „Das Fahrzeug, ein Geräteträgervon Egholm, ist mit zahlreichen geophysikalischenSensoren ausgestattet, mit denen derUntergrund quasi durchleuchtet wird. ZumEinsatz kommt neben einem Elektromagnetiksensorein Multi-Frequenz-Georadar-System,das auf 14 Kanälen und mit 2 Frequenzenarbeitet. Dieses befindet sich im Frontanbau,geschützt durch eine Polyethylen-Wanne, diewährend der Messung dicht über den Bodengeführt wird. Das Fahrzeug bewegt sich dabeiin Schrittgeschwindigkeit. Die 14 Kanäle sindnebeneinander, gleichmäßig verteilt, auf einerBreite von 140 cm angeordnet. Georadar istein quasikontinuierliches Messprinzip, d.h. eswerden in einer sehr schnellen Abfolge hintereinander,alle 2 cm Fahrtstrecke, auf allen 14Kanälen und beiden Frequenzen Messungendurchgeführt. Mit 200 Megahertz kann dasGerät besonders tief in den Untergrund vordringen– je nach Bodenbeschaffenheit bis zu3,5 m. Die 600-Megahertz-Kanäle sorgen füreine besonders hohe Auflösung. Räumlich kannman sich das so vorstellen, dass alle 2 cm Fahrtstrecke14 Längsschnitte im Boden abgebildetwerden. Das Messprinzip Georadar basiert aufder Ausbreitung elektromagnetischer Wellen.Wir schicken einen kurzen Impuls in den Bodenund messen die Zeit bis zur Reflektion sowie dieStärke und Art der Reflektion.Die Messdaten des Georadar müssen zusätzlichin einen dreidimensionalen Kontextgebracht werden. Dafür ist die exakte Positionjeder einzelnen Messung erforderlich. Für diePositionsbestimmung ist das Fahrzeug mit einerhochgenauen GNSS-Antenne und einem Prismaausgestattet. Dass GNSS (Global NavigationSatellite System) ist ein System zur Positionsbestimmungund Navigation auf der Erde
StraßenunterhaltungKommunalTechnik 4/20117Marek Naser arbeitet seit 4 Jahren als wissenschaftlicherMitarbeiter des Fachbereichs angewandteGeophysik der Johann-Wolfgang-Goethe Universitätin Frankfurt am Forschungs- und Entwicklungsprojekt<strong>Detectino</strong> und ist verantwortlich für dieAusstattung des Fahrzeugs mit der richtigenSensortechnik.und in der Luft mittels Satellitenempfang, dasbekannteste <strong>dieser</strong> Systeme ist das GPS. GNSS-Satelliten teilen über Funk ihre genaue Positionund Uhrzeit mit. Zur Positionsbestimmung mussein Empfänger die Signale von mindestens vierSatelliten gleichzeitig empfangen. Unter Verwendungvon Korrekturdaten erreicht das GNSSeine hohe Genauigkeit von ± 1 cm. <strong>In</strong> der Praxishat man allerdings nicht überall eine gute Satelliten-Verbindung,beispielsweise unter starkbelaubten Bäumen. Für eine möglichst hoheGenauigkeit der Positionsbestimmung, selbstbeim Ausfall des GNSS, wird das System durchein Tachymeter unterstützt, das regelmäßigeinen Laserstrahl auf das Prisma am Fahrzeugschickt. Das Tachymeter muss natürlich vorherpositioniert werden, was wiederum mittelsGNSS erfolgt. Sollten sowohl GNNS als auch dieLaserverbindung zum Tachymeter unterbrochensein, ermöglicht ein <strong>In</strong>ertialsystem die Bestimmungder Position des Fahrzeugs. Dazu werdenRichtung, Neigung und zurückgelegte Streckeausgewertet. So kann das System für die Dauervon 10 Sekunden autonom weiterarbeiten.Stadtbaurat Dr. Kay Brummer:„Das <strong>Detectino</strong>-System ist einegute Orientierungshilfe für dieVorbereitung von Baumaßnahmenan Straßen.“Das Ergebnis ist eine Flut von Daten, diezunächst auf einen Bordrechner in der Fahrerkabineläuft und anschließend nach ClausthalDie Ergebnisse der in der Hildesheimer Burgstraße durchgeführten Leitungsortung: Die roten Linien stellen diegeophysikalisch einwandfrei erkannten Leitungen mit Tiefenangabe (cm) dar. Bei den grünen Linien handeltes sich um wahrscheinliche Leitungsverläufe, die anhand der erhobenen Daten manuell nachgezogen wurden.übertragen wird. An einem Messtag können 5bis 6 GB Rohdaten anfallen. Die Endauswertungder Daten erfolgt am Cutec-<strong>In</strong>stitut inClausthal Zellerfeld mit Hilfe einer speziellenSoftware, die unter anderem neuronale Netzezum Einsatz bringt.Auf diese Weise lässt sich mit dem System<strong>Detectino</strong> der tatsächliche Leitungsverlauf dreidimensionalnachzeichnen. <strong>In</strong> Zukunft wollenwir den gemessenen Rohdaten aber noch sehrviel mehr <strong>In</strong>formationen entnehmen. Beispielsweisekann die Art der Reflektion Aufschluss