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Als das Ringtennis nach Bremen kam (Weser Kurier)

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Die Hansestadt war einst eine deutsche Hochburg der mittlerweile fast unbekanntenSportart - 04.08.2013<strong>Als</strong> <strong>das</strong> <strong>Ringtennis</strong> <strong>nach</strong> <strong>Bremen</strong> <strong>kam</strong>Von Gernot HornSchwachhausen. Nur noch wenige Bremer werden sich daran erinnern, <strong>das</strong>s dieHansestadt einmal eine Hochburg des Turnspiels <strong>Ringtennis</strong> war – und <strong>das</strong>s langeZeit ein Bremer als höchster bundesdeutscher Funktionär in dieser Sportart amtierte.Selbst der heutigen Leitung des Licht-Luftbades <strong>Bremen</strong> ist nicht mehr bekannt, waseigentlich <strong>Ringtennis</strong> ist und welche herausragenden Erfolge von Mitgliedern vorJahrzehnten in dem mittlerweile in <strong>Bremen</strong> vergessenen <strong>Ringtennis</strong> errungen wurden.© Fr<strong>Ringtennis</strong> war damals ein gesellschaftlichesEreignis. Nicht selten verfolgten viele Zuschauer dieTurnierspiele, wie hier im Licht-Luftbad.<strong>Bremen</strong>. Spuren von dem inzwischenweltweiten <strong>Ringtennis</strong> gibt es allenfallsnoch in dem Bremerhavener FKK-VereinLichtbund Unterweser, wo <strong>das</strong> Spiel mitden fliegenden Ringen mehr oder wenigerals Freizeitsport betrieben wird. Dabeihatte <strong>Ringtennis</strong> ursprünglich in <strong>Bremen</strong>eine lange Tradition. Der Vorläufer von<strong>Ringtennis</strong> war Decktennis, <strong>das</strong> Anfangdes vergangenen Jahrhunderts alssportliche Unterhaltung auf den großenÜberseeschiffen anstelle von Tennisgespielt wurde.In Karlsruhe und in weiteren Städten imsüdwestdeutschen Raum mutierte<strong>Ringtennis</strong> bald von der Freizeit-Unterhaltung zur Sportart. <strong>Ringtennis</strong>breitete sich rasch im gesamtenReichsgebiet aus und gelangte Mitte der30er-Jahre des vorigen Jahrhunderts auch<strong>nach</strong> <strong>Bremen</strong>.Weltkrieg stoppt die Entwicklung© FrSchweißtreibende Angelegenheit: Beim Bau der<strong>Ringtennis</strong>felder im Licht-Luftbad wurde <strong>nach</strong>Kriegsende ordentlich mit angepackt.© FrDer mehrfache deutsche Meister in derAltersklasse, Rudolf Panzer, gehörte über vieleJahre zu den besten <strong>Ringtennis</strong>-SpielernDeutschlands.Beim Verein 1860 <strong>Bremen</strong> war es vorallen Dingen der Bremer Drogerie-BesitzerErich Becker, der <strong>Ringtennis</strong> forcierte undfür eine regelmäßige Wett<strong>kam</strong>pfteilnahmesorgte. Auch beim Licht-Luftbad wurde aufeinem provisorisch angelegten Feld eifrig<strong>Ringtennis</strong> betrieben. Bis 1937 fungierteder Karlsruher Fritz Brill alsReichsobmann für <strong>Ringtennis</strong>. <strong>Als</strong> dieseraus beruflichen Gründen sein Amtaufgeben musste, berief der Spielwart desFachamtes 1 (Turnen, Gymnastik,Sommerspiele) im Reichsbund fürLeibesübungen, Willi Hein aus <strong>Bremen</strong>,seinen agilen Landsmann Erich Beckerzum Reichsobmann für <strong>Ringtennis</strong>.


Bei dessen Amtsübernahme gab es reichsweit bereits 3766 <strong>Ringtennis</strong>-Aktive – eine Zahl,die später nie wieder erreicht wurde. Beim ausgezeichnet besetzten <strong>Ringtennis</strong>turnier desDeutschen Turn- und Sportfestes 1938 in Breslau glänzten dann auch erstmals die Bremerin der Mannschaftswertung mit einem unerwarteten vorderen Rang. Der zweite Weltkriegverhinderte die sich anbahnende Aufwärtsentwicklung von <strong>Ringtennis</strong>. Im <strong>nach</strong> 1945neugegründeten Deutschen Turner-Bund wurde Erich Becker zum Bundesobmann für<strong>Ringtennis</strong> ernannt. Er sorgte auch dafür, <strong>das</strong>s bald wieder bei 1860 <strong>Bremen</strong> intensiv und mitErfolg <strong>Ringtennis</strong> gespielt wurde. Rudolf Panzer, der langjährige Obmann für <strong>Ringtennis</strong> imBremer Turnverband, war <strong>nach</strong> 1945 der entscheidende Initiator für den Bau von<strong>Ringtennis</strong>feldern im Licht-Luftbad.Nunmehr spielten zwei Vereine in <strong>Bremen</strong> <strong>Ringtennis</strong>, die sich zwar freundschaftlichverbunden waren, aber im sportlichen Wettstreit zueinanderstanden. Die inzwischenverstorbene Ute Toussaint (1860) wurde 1951 bei den Deutschen Meisterschaften in ihrerHeimatstadt im Einzel der weiblichen Jugend deutsche Jugendmeisterin und gewann damitfür <strong>Bremen</strong> den ersten Titel auf Bundesebene. Für den größten Erfolg des Licht-Luftbadessorgte die mittlerweile ebenfalls verstorbene Ursel Lüke-Segnitz im Jahr 1954. Bei denDeutschen Meisterschaften in Stuttgart bezwang sie im Finale sensationell die Ikone imdeutschen Frauen-<strong>Ringtennis</strong>, Ilse Weis aus Siegen, die bislang als unschlagbar galt, undwurde deutsche Meisterin im Fraueneinzel. Ebenso sensationell war der Titelgewinn ihresVereins<strong>kam</strong>eraden Heiko Midding, der deutscher Jugendmeister im Einzel wurde.An diese Erfolgsserie konnten die Bremer im folgenden Jahr bei den DeutschenMeisterschaften in Karlsruhe anknüpfen. Und auch bei den Deutschen Meisterschaften 1956in Delmenhorst gelang mit dem Titelgewinn im Mixed durch Ursel Lüke-Segnitz und HeikoMidding den Bremern nochmals ein herausragender Erfolg.Wett<strong>kam</strong>pfmäßig hatte sich <strong>das</strong> Bremer <strong>Ringtennis</strong>-Geschehen derweil immer mehr zumLicht-Luftbad verlagert. Zwar reichte es den Bremern bei den Deutschen Meisterschaften1957 in Hanau zu keinem Titelgewinn. Im Finale des Männereinzels lieferte jedoch HeikoMidding seinem Gegner Wolfgang Brill aus Siegen einen denkwürdigen Kampf. Erst in derSchlussphase verlor Midding diese Begegnung denkbar knapp, die als eine derspannendsten Partien in die <strong>Ringtennis</strong>-Geschichte eingegangen ist. In späteren Jahrenstand Heiko Midding bei deutschen Meisterschaften noch mehrmals im Einzel-Finale, esgelang ihm jedoch nicht mehr, einen Titel zu gewinnen. Im Männerdoppel zählte erzusammen mit seinem inzwischen verstorbenen Bruder Hermann ebenfalls zeitweise zurbundesdeutschen Spitze.Zu einem Familienerfolg der "Panzers" gestalteten sich die Deutschen Meisterschaften 1959in Bremerhaven. In der Jugendklasse gewannen die Brüder Jochen und Uli Panzer <strong>das</strong>Doppel. Ihre inzwischen verstorbenen Eltern Magda und Rudolf Panzer siegten in derAltersklasse im Mixed. Rudolf Panzer gewann zusammen mit Kurt Roediger in derAltersklasse im Männerdoppel einen weiteren Titel für seinen Verein Licht-Luftbad.Durch die Verlegung der Sportanlagen von 1860 <strong>Bremen</strong> vor 50 Jahren fielen die dortigenSpielfelder weg und <strong>Ringtennis</strong> wurde fortan nur noch beim Licht-Luftbad gespielt. Bei denDeutschen Meisterschaften 1966 in Duisburg wurde Magda Panzer in der AltersklasseTitelträgerin im Fraueneinzel. Letztmals traten Bremer <strong>Ringtennis</strong>-Aktive bei den DeutschenMeisterschaften 1967 in Bamberg mit einem Titelgewinn in Erscheinung. Heiko Midding undHerbert Plate (Licht-Luftbad) wurden souveräne Titelgewinner im Doppel der Altersklasse.In den Folgejahren zerfiel die <strong>Ringtennis</strong>abteilung des Licht-Luftbades und eines Tages wardie einst mit viel Mühe gebaute <strong>Ringtennis</strong>anlage aus dem Areal gänzlich verschwunden.Erich Becker hatte sein Amt als Bundesobmann bereits 1957 aus Altersgründen abgegeben.Er ist 1978 hochgeehrt im Alter von 88 Jahren verstorben. <strong>Ringtennis</strong> ist indes von derBremer Sportlandkarte verschwunden. Es gibt keine <strong>Ringtennis</strong>felder mehr, die an die einstherausragenden Bremer Erfolge in dieser Sportart erinnern könnten.So spielt man <strong>Ringtennis</strong><strong>Ringtennis</strong> ist eine Sportart, die den Rückschlagspielen zugeordnet wird. Es wird keinSchläger verwendet. Ziel des Spiels ist es, einen etwa 210 bis 230 g schwerenMoosgummiring (früher Gummi-Hohlringe) so zu werfen, <strong>das</strong>s ihn der Gegner nicht fangenkann. Gespielt wird auf einem 12,20m x 5,50m großen Spielfeld. (Einzel: 12,20m x 3,70m).In der Mitte des Feldes befindet sich ein 1,55 m hohes Netz. Der Ring muss <strong>nach</strong> Verlassender Hand des Werfers steigen und darf zwar um seine Symmetrieachse rotieren, jedochnicht wackeln oder sich gar überschlagen. Das Fangen, Führen und Werfen des Ringesmuss in einer flüssigen Bewegung ohne Stopps erfolgen. Es darf nicht mit dem Ringgelaufen werden. Mit dem Ring in der Hand sind nur zwei Bodenberührungen erlaubt. JederFuß zählt dabei als Kontakt. Vor dem dritten Kontakt muss der Ring geworfen werden.Außer in Deutschland findet sich organisiertes <strong>Ringtennis</strong> (oder Tenniquoits) in Südafrika,Indien, Brasilien, Argentinien, Bangladesch, Pakistan, Neuseeland, den USA und Nepal.2006 fanden die ersten <strong>Ringtennis</strong>-Weltmeisterschaften in Indien statt. Deutschland wardabei sehr erfolgreich und sicherte sich gleich mehrere Titel.

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