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SEELE-KÖRPER-GEIST - Schulpsychologie

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Franz Sedlak<strong>SEELE</strong>-KÖRPER-<strong>GEIST</strong>Ganzheit und Gleichgewichtals Grundlagen psychosomatischen Verständnisses


VorbemerkungGesundheit ist ein ganz hoher, für manche Menschen sogar der höchste Wert.Psychotherapie und Psychologie haben durch die entsprechenden Gesetze einneues Gesundheitsbewusstsein geschaffen: Der Mensch ist nicht mehr nur einOpfer von Krankheiten, vielmehr kann er aktiv mithelfen, um gesund zu leben,oder zumindest sein Leiden besser zu bewältigen. Die Psychosomatik ist dieLehre von den Zusammenhängen zwischen dem seelischen Erleben unddem körperlichen Erleiden. Die vorliegende Broschüre will und kann nicht dieumfangreiche Literatur zu diesem Thema ersetzen oder aufarbeiten. Es geht eherum das Bewusstmachen wichtiger Grundlagen des menschlichen (Zusammen-)Lebens. Diese Grundlagen sind ein ganzheitliches, Seele, Körper und Geistumfassendes Denken und Handeln einerseits und das Streben nachausgewogener Selbst- und Beziehungsorientierung andererseits.Wien, Mai 2000MinRat Mag.DDr. FRANZ S E D L A KLeiter der <strong>Schulpsychologie</strong>-Bildungsberatung in Österreich3


INHALTSVERZEICHNISStichworte zur Psychosomatik _________________________________________________ 6Wie wird die „Psychosomatik“ erklärt? ____________________________________________ 6Stressverarbeitungswege _____________________________________________________ 8Zwei Beispiele für Störungen__________________________________________________ 9Ess-Störungen! _________________________________________________________________ 9Konflikte können krank machen _________________________________________________ 10Wichtige Bausteine umfassender Gesundheit____________________________________ 11Lebensziele ___________________________________________________________________ 11Die Methoden der Zielerreichung ________________________________________________ 11Die persönliche „Gangart“ ______________________________________________________ 12Der Lebensstil_________________________________________________________________ 12Erster Baustein umfassender Gesundheit __________________________________________ 12Zweiter Baustein umfassender Gesundheit_________________________________________ 13Das 1.Typen-Paar, Don Quichotte und Sancho-Pansa oder:Seele gegen Körper und Geist ________________________________________________ 14Don Quichotte ________________________________________________________________ 14Sancho Pansa _________________________________________________________________ 15Wie kommen die beiden zu ihrer Einseitigkeit? _____________________________________ 16Und wir selbst?________________________________________________________________ 16Das 2.Typenpaar, Thales von Milet und die Magd, oder: Geist gegen Seele und Körper _ 17Thales von Milet_______________________________________________________________ 17Die Magd ____________________________________________________________________ 17Und wir selbst?________________________________________________________________ 18Das 3.Typenpaar, Rambo und Zelig, oder: Körper gegen Seele und Geist _____________ 19Rambo_______________________________________________________________________ 19Zelig_________________________________________________________________________ 20Und wir selbst?________________________________________________________________ 21Ein psychomatisches Gesundheitsbewusstsein ______________________________________ 21Abwehrer und Sensibilisierer oder: das Selbst und die Anderen _____________________ 22Ein interessantes Experiment ____________________________________________________ 22Die Abwehrer _________________________________________________________________ 22Die Sensibilisierer _____________________________________________________________ 22Die bisher besprochenen Typen __________________________________________________ 22Und wir selbst?________________________________________________________________ 23Zwei wichtige Dimensionen: Die Selbstentwicklung und die Beziehungsgestaltung _____ 234


Einseitigkeiten:________________________________________________________________ 25Eine neue Definition von Psychosomatik _______________________________________ 25Und wir selbst?________________________________________________________________ 26Bindungsstile _________________________________________________________________ 26Das YinYang –Symbol__________________________________________________________ 26Das Streben nach Gleichgewicht _________________________________________________ 27Fragen beim Vorliegen psychosomatischer Erkrankungen____________________________ 29Eine psychosomatisch bewusste Lebensführung besteht im Streben nach Ganzheit undGleichgewicht _____________________________________________________________ 29Psychosomatisches Bewusstsein im Alltag__________________________________________ 30Ein Schlusswort ___________________________________________________________ 315


Stichworte zur PsychosomatikWas ist Psychosomatik? Sie ist die Lehre vom Zusammenwirken von Seeleund Körper. Wir können diesen Zusammenhang beim Lachen beobachten: DasLachen erfasst den ganzen Menschen. Machen wir dazu ein kleines„Experiment“!Ein Sohn sagt zu seinem Vater:“ Du stimmt es, dass der Mensch vom Affenabstammt?“Der Vater antwortet:“ Du schon, blöder Bub!“Falls wir jetzt lachen konnten, haben wir es am eigenen Leib gespürt: Es kommtzu einer ganzheitlichen geistig-seelisch-körperlichen Reaktion, der ganzeMensch lacht, die Lungentätigkeit wird beflügelt, der Kreislauf angekurbelt, dieMuskeln (vor allem Bauch und Brustbereich) vibrieren. Wir fühlen uns erfrischt.(Falls dies mit diesem Witz nicht gelungen ist, gibt es sicher andere Späße, beidenen man diese Wirkung beobachten konnte). Und das alles wegen einer gutenIdee (leider gilt dies auch bei negativen Gefühlen. Wenn wir uns an etwasUnangenehmes erinnern, spüren wir die Anspannung am ganzen Körper). DerEinstieg kann dabei von überall her erfolgen: Jede Eingangspforte fürSinnesreize- körperlich, seelisch, gedanklich - kann den ganzen Körper, dieSeele, unseren Geist positiv oder negativ beeinflussen. So kann einakustischer Reiz, ein plötzliches lautes Geräusch z.B., uns einen Schreckenversetzen, durch den wir unseren ganzen Körper alarmieren und dabei auch nochhellwach werden, eine schöne Musik dagegen kann uns zur Gänze inWohlbehagen einhüllen.Wie wird die „Psychosomatik“ erklärt?Zunächst ist es wichtig zu wissen, dass wir zwar von Seele und von Körpersprechen, aber es handelt sich dabei immer nur um verschiedeneBeschreibungen des einen ganzen Menschen. Von Psychosomatik sprechen wir,6


um auszudrücken, dass seelisches und körperliches Befinden zusammenhängen.1)Körperliche Krankheiten können sich psychosozial auswirken, d.h.Wirkung auf unser Innen- und Zusammenleben haben. 2)Es kann zufunktionellen Beschwerden als Begleiterscheinung von starken Emotionenbzw. Konflikten kommen. Was das ist? Wenn ein Autofahrer nervös ist undnicht den richtigen Gang einlegt, dann reagiert das Fahrzeug mit lautenGeräuschen oder ruckartigen Bewegungen. Das Auto ist aber nicht defekt,sondern nur in seinem richtigen Funktionieren gestört worden. 3)Konfliktekönnen zu körperlichen Störungen konvertieren. 4)Manche seelischenProbleme äußern sich immer auch körperlich – z.B. Ängste, Depressionen.5)Wenn Störungen länger andauern und der Körper immer wieder irritiertwird, kann es zu tatsächlichen Gewebeveränderungen kommen, zu einerwirklichen körperlichen Schädigung. Wie der Zusammenhang funktioniert,haben verschiedene Wissenschafter versucht zu erklären. Z.B.:• Organneurose (F.Alexander): Der Körper reagiert auf unterdrückte FluchtoderAngriffsreaktionen. Die Alarmreaktion des Körpers unterscheidet nichtzwischen echter und symbolischer Lebensgefahr. Wenn wir uns daher ärgern,kränken etc., dann läuft der ganze Körper auf Hochtouren, wie wenn er sichverteidigen oder flüchten müsste. Auf Dauer schädigt das den Organismus.Er entwickelt seine „Neurose“.• Mechanisches Denken, Alexithymie: Darunter versteht man eineLeseschwäche des Gemüts. Das heißt, manche Menschen haben von Anfangan eine gestörte Sprache (damit sind keine Sprechfehler gemeint, sondern derAustausch zwischen engster Bezugsperson und Kind klappt nicht gut, dieBedürfnisse des Kindes werden nicht richtig erkannt und beantwortet,dadurch kann das Kind seine eigenen Gefühle nicht richtig deuten und wirdzum „Gefühlslegastheniker“). Die Psychosomatik ist dann nichts anderes alsdie Gewebesprache: Der Körper drückt das aus, was der Mensch zwarempfindet, aber anders nicht mitteilen kann.7


• Resomatisierung (Schur, Mitscherlich): Man drückt Konflikte wiederkörperlich aus, anstatt zu reiferen Möglichkeiten zu greifen. Damit wird diePsychosomatik als Entwicklungsrückgang gedeutet (als Regression), manfällt in das Stadium von früher zurück, wo man sich nicht (so gut) mitWorten verständigen konnte.• Stressmodell(Selye): Stress ist die Bezeichnung für einen Zustand großerAnforderungen bzw. Überforderung. Als Dekompensation bezeichnet manden Zusammenbruch des Organismus bzw. seiner Abwehrkräfte, wenn derStress über eine zu lange Zeit bestanden hat. Ein leicht verständlichesBeispiel ist die Krankheit, die oft erst in den Urlaubstagen oder an Sonn- undFeiertagen ausbricht – vorher hatte man noch alle Kräfte angespannt.• Locus minoris resistentiae: Der Ort des geringsten Widerstandes im Körperwird zum Problemmelder. Dieser kann die Haut sein, das Kreislaufsystem,der Bewegungsapparat und v.a.m. Problemstellen zeigen das Gesamtprobleman.Stressverarbeitungswege(nach dem Stressverarbeitungsfragebogen SVF von Janke et al.,Hogrefe-Verlag)1 Bagatellisierung2 Herunterspielen durch Vergleich mit anderen3 Schuldabwehr4 Ablenkung von Situationen5 Ersatzbefriedigung6 Suche nach Selbstbestätigung7 Situationskontrollversuche8 Reaktionskontrollversuche9 Positive Selbstinstruktion10 Bedürfnis nach sozialer Unterstützung11 Vermeidungstendenz8


12 Fluchttendenz13 Soziale Abkapselung14 Gedankliche Weiterbeschäftigung15 Resignation16 Selbstbemitleidung17 Selbstbeschuldigung18 Aggression19 PharmakaeinnahmeDie Lösungen 7 bis 10 sind eher positiv zu bewerten. Unter Situationskontrolleversteht man alle Versuche, eine Situation so zu verändern, dass dasProblemverhalten nicht mehr auftritt. Reaktionskontrolle ist dagegen derVersuch, sein eigenes Verhalten so zu modifizieren, dass das Problem nicht odernicht so stark auftritt. Positive Selbstinstruktion nennt man ermutigendeSelbstgespräche wie etwa: “Ich schaffe es!“Zwei Beispiele für StörungenKonflikte können sich wie schon angedeutet an jeder Stelle des Körpers zeigen.Verspannungen z.B. können sich auf die Durchblutung auswirken und hierwieder von kalten Zehen bis zur Migräne reichen. Die meisten Konflikte habenzu tun mit der Spannung zwischen dem Wunsch nach Selbstständigkeit und demWunsch nach Beziehung. Als Beispiel seien Ess-Störungen angedeutet.Ess-Störungen!Manche verweigern, mehr als nur das Allernötigste an Nahrung zu sich zunehmen, sie magern total ab und müssen dann oft künstlich ernährt werden, ofthaben sie ein völlig falsches Körperselbstbild, glauben dick zu sein, währendihnen schon überall die Knochen aus dem Leib stehen; andere habenunbezwingbare Heißhunger-Attacken und versuchen nachher die Nahrung9


wieder durch Erbrechen loszuwerden. Manche verlegen ihre Verweigerung oderihren Heißhunger auf die Arbeit."Der goldene Käfig" ist ein bezeichnendes Symbol für diesen Konflikt: Manmöchte einerseits wegen bestimmter Vorteile und Bequemlichkeiten dieLebenssituation nicht verändern, aber auf der anderen Seite fühlt man sicheingeengt, unfrei. (In dieser Klemme können Personen stecken, die einen gutbezahlten, aber sonst sehr einengenden Job ausüben; ebenso Schülerinnen undSchüler, die nicht mehr weiter lernen möchten, am liebsten schon einen Berufhätten und nicht mehr von den Eltern abhängen möchten, andererseits aber dieVorteile der relativen Sicherheit in der Schulklasse oder auch die Versorgung inder Familie nicht missen möchten)Konflikte können krank machenEine Folge sind z.B. chronisch-entzündliche Darmerkrankungen. Der Darmbefördert oder hält zurück. Er symbolisiert unsere Fähigkeit, etwas loszulassenoder zurückzubehalten, uns trennen zu können oder nicht, oder auch etwasleichtfertig weggeben usw.Es geht um einen Konflikt zwischen Abhängigkeit und Autonomie: Wir wollenselbstständig und unabhängig sein, aber nicht allein. Man kann auch von einemNähe-Distanz-Konflikt sprechen: Wir ertragen zu dichte Nähe nicht, fürchtenaber auch eine zu große Distanz zu anderen. Diese Hilflosigkeit tauchtbesonders bei Menschen auf, die beruflich oder familiär verwischte Grenzenvorfinden: Undeutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Personen,vielleicht weil man nicht erlaubt, dass der /die Einzelne etwas Besonderes seindarf. Oder auch, weil es komplizierte Zwischenpositionen gibt und man nichtgenau weiß, zu wem man jetzt wirklich gehört oder wem man mehr verpflichtetist.10


Was hier am Beispiel der Ess-Störungen gezeigt wurde, gilt auch für alleanderen Bereiche, in denen Konflikte körperlich „zur Sprache kommen“. Immersind Spannungen vorhanden zwischen intensiven Gefühlen und der Angst oderUnfähigkeit, sie auszudrücken. Ebenso immer auch innere Zerreißprobenzwischen Nähe- und Distanzwünschen.Ebenso gilt: Körperliches Leiden kann sich auf unsere Seele auswirken, unsdepressiv, gereizt, erschöpft machen (somatopsychische Störungen).Wichtige Bausteine umfassender GesundheitLebenszieleWir alle haben Lebensziele, diese können richtig, falsch, überzogen, zubescheiden, unangemessen usw. sein. Die Auswirkung von Zielen auf unsereseelische und körperliche Verfassung ist evident. Unangemessene Ziele könnenuns überfordern und krank machen.Die Methoden der ZielerreichungWeiters gibt es Wege zu diesen Zielen, direkte, verschlungene, Umwege,Abwege, Irrwege: Die Wege, auf denen wir unsere Ziele erreichen, d.h. unsereMethoden der Zielerreichung, können ebenfalls gesundheitsförderlich oderkrankmachend sein, denn, wenn wir z.B. hin und her schwanken mit unserenEntschlüssen, einen Zick-Zack-Kurs gehen, dann kommen wir nicht weiter underschöpfen frühzeitig unsere Kräfte. Am meisten aber zeigt sich unser11


Lebensstil, d.h. die Art, wie wir unser Leben und unsere Entwicklung gestalten,an der Weise, wie wir uns seelisch, geistig und körperlich auf dem Weg zuunserem Ziel bewegen:Die persönliche „Gangart“Die Art, wie wir uns auf diesen Wegen fortbewegen ist so persönlich, dasswir schon von weitem daran erkannt werden können. Jede Gangart hat Vorteileund Nachteile. Im Folgenden werden einige dieser Gangarten und ihreProbleme, aber auch Chancen aufgezeigt. Letztlich wird sich ergeben, dass esbeim Umgang mit Problemen des Lebens auf Ganzheit und Gleichgewichtankommt. Daraus wird eine neue Definition für die Psychosomatik entstehen.Der LebensstilDer Begriff „Lebensstil“ wurde von Alfred Adler, dem Begründer derIndividualpsychologie verwendet, um zu zeigen, dass jeder Mensch eine Einheitin allen Lebensbereichen darstellt, d.h. wir verhalten uns auf unsere ganzpersönliche Weise, ob in der Freizeit, im Beruf, beim Lernen u.v.a.m.Unsere Ziele, unsere Wege und insbesondere - womit wir uns jetzt beschäftigenwerden - unsere „Gangart“ bilden zusammen den Lebensstil.Erster Baustein umfassender GesundheitEin wichtiger Baustein für das Verständnis und das Erreichen umfassenderGesundheit ist die Ganzheit. Z.B. die Sonnenblume unten, sie ist ein gutes12


Symbol für das Zusammenwirken von Körper, Seele und Geist: Sie besteht ausMaterie (Körper), sie ist schön und berührt uns innerlich (Seele) und sie hateinen ausgeklügelten Bauplan (Geist). Auch beim Menschen müssen Körper,Seele und Geist zusammenwirken. Der Mensch hat allerdings durch seinBewusstsein und seine Möglichkeit der Selbstbeeinflussung auch die Gefahr insich, dieses natürliche Gleichgewicht zu stören. Dann leidet die Seele oder derKörper oder der Geist, wie das die folgenden Beispiele zeigen werden.Worauf es also ankommt, ist das ausgewogene Zusammenwirken vonSeelischem, Körperlichem und Geistigem ( Prinzip: Ganzheit).Zweiter Baustein umfassender GesundheitDer zweite wichtige Baustein für das Verständnis und das Erreichenumfassender Gesundheit ist die zwischen der individuellen und der sozialenEntwicklung ausgewogene Lebensführung (Prinzip Gleichgewicht).Auf beides werden wir nun näher eingehen und dazu interessante Menschen-„Typen“ kennen lernen!13


Das 1.Typen-Paar, Don Quichotte und Sancho-Pansa, oder:Seele gegen Körper und GeistDon Quichotteist ein durchaus reifer spanischer Herr, der eines Tages nach intensiver Lektürevon Ritterromanen beschließt, in seiner eigenen, illusionären Welt zu leben. Erwandelt sich innerlich zum Ritter und verzaubert die ihn umgebende Welt ineine Landschaft voller Abenteuer. So wird aus einer derben Wirthausdirne inseinen Augen die anbetungswürdige Dulcinea, aus einer Metallwaschschüsselfür Friseure wird in seiner Vorstellungskraft ein Zauberhelm. Und zweiTierherden, Lämmer und Schafe, die er von weitem beobachtet, macht er zuzwei gegnerische Armeen, die er zerstreut (und natürlich dann jede MengeÄrger mit den Hirten bekommt). Ganz zu schweigen von den Windmühlen, indenen er Riesen mit langen Armen sieht.Sein Problem ist die illusionäre Verkennung der Welt, der möglicheRealitätsverlust. Andererseits hat er aber auch die Gabe der Verzauberung,mit der er aus Alltäglichem etwas Besonderes macht, er hat die Fähigkeit derFantasie, der Vision, die wir alle brauchen, um initiativ zu werden; wie schonHermann Hesse sagt: „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne!“ Don14


Quichotte ist ein beseelter Fantast, der wenig auf seinen Körper und auf dieStimme der Vernunft achtet.Sancho Pansaist sein Diener und Gegenpol, ein biederer Mensch, auf die Welt des Essens undTrinkens reduziert, illusionslos, vernünftig und nüchtern.(Anmerkung: Ein gutes Essen kann natürlich auch kreativ, fantasievoll sein und„beseelen“, aber hier ist ein Mensch gemeint, der nichts anderes kennt als dasmöglichst angenehme „Überleben“).Sancho Pansas Problem ist die mangelnde Vision, Fantasie, Kreativität.Seine Begabung und Stärke liegt in seiner praktischen Vernunft, seinem gutenRealitätssinn.Das Verhältnis der beiden lässt sich sehr gut an der Windmühlengeschichtedemonstrieren, in der Don Quichotte mit Kampfgeschrei und nachherigenVerletzungen gegen die Windmühlenflügel angalloppiert, während SanchoPansa die Hände ringend von dieser Vernunftlosigkeit abrät.15


actors in their own development. They are not passive recipients of benefits. At the same time, itrecognizes the corresponding human rights obligations of the duty-bearers, including both state andnon-state actors, to respect, protect and fulfill the human rights of persons with disabilities. Thus, it isimportant to link the results of the analysis of the extent to which people with disabilities are enjoyingtheir rights, to the obligations of States outlined in the specific provisions of the CRPD. The roleanalysis helps examine the relationship between rights-holders and duty-bearers. Once all the relevantactors have been identified, the next step is to assess the capacity gaps of rights-holders and dutybearers in terms of skills, resources, responsibility, motivation and authority.• If research and surveys are carried out as part of developing the UNDAF, ensure they includequestions on persons with disabilities, and where required, that questionnaires are available inaccessible formats.Option 1. Infusing disability rights into government-led analysisUnder this option, the main challenge for the UNCT is to ensure that government-led analyticalwork includes adequate attention to disability rights, whether it is the convenor of working groups orconsultations on disability rights, or an active participant in already-established processes. Building on theanalysis carried out in mapping the country situation, the following steps should be taken.• Share relevant information on the CRPD with government authorities.• Support partners to conduct more detailed causality analysis of identified problems so as to identify theroot causes that contribute to the exclusion and the violation of the human rights of persons withdisabilities - for example, sectoral approaches that have focused on the impairments rather than on therights of persons with disabilities.• Encourage a comprehensive review of the situation of persons with disabilities, against the backgroundof the CRPD, including an examination of the situation in relation to economic, social and culturalrights (education, employment, health, cultural participation etc) and also in relation to civil andpolitical rights (guarantees of legal capacity, freedom from deprivation of liberty, political participationetc).• Assist partners to undertake a role analysis to identify rights holders and duty bearers with respect tothe identified problems.• Help partners to undertake a capacity gap analysis for rights holders and duty bearers and integrate thisinto the national development process or help to interpret the results of capacity assessments to informthe national development framework and UNDAF.• Encourage partners to further examine the risks faced by persons with disabilities, including thoseassociated with natural disasters and humanitarian emergencies and those faced, in particular, bywomen and girls with disabilities.• Advocate priorities in the national development framework that reflect the country analysis on therights of persons with disabilities.Option 2. Undertaking complementary UN-supported analytical workIf there are notable gaps in country analysis, the UNCT can use its analytical resources to fill thesegaps. The complementary research agenda will arise from the mapping of the country situation and somemay already be covered by studies and evaluations planned in the M&E calendar for years 4 and 5 of thecurrent cycle.Building on the mapping exercise, the following specific activities may be included.• Conduct targeted surveys and studies on persons with disabilities to generate additional data,disaggregated by sex, age, geographic area, ethnicity, refugee status and disability type, as well asother relevant criteria.• Encourage and advise on the inclusion of questions on persons with disabilities in governmentreviews and surveys, such as surveys on poverty.12


kleben, ohne Bodenhaftung heben wir ab. Jede Einseitigkeit wird dagegen auchpsychosomatisch sichtbar werden, d.h. unsere Gesundheit beeinträchtigen.Das 2.Typenpaar, Thales von Milet und die Magd, oder: Geist gegenSeele und KörperThales von Miletals Vater der Philosophie bezeichnet, ein Erforscher des Kosmos, der schon im6.Jahrhundert vor Christus eine Sonnenfinsternis exakt vorausberechnet hat, dieHöhe der Pyramiden aus der Schattenlänge ermittelte usw. Geistig alsohervorragend, aber wie sieht es mit dem Seelischen und dem Körperlichen aus?Im seelischen, zwischenmenschlichen Bereich dürfte Thales ein Kauz gewesensein. Seine Mutter drängte ihn dazu, sein Junggesellendasein aufzugeben. Erantwortete ihr: “Noch ist nicht die Zeit dazu!“ Jahre später erhielt die Mutter aufihr erneutes Drängen die Antwort:“ Jetzt ist die Zeit vorbei!“ Auf die Frage, ober denn nicht Kinder zeugen wolle, meinte er:“ Nein, den Kindern zuliebe -nicht.“ Im alltäglichen, physischen Bereich hatte Thales auch seine Nöte: Erübersah ein Brunnenloch unmittelbar vor ihm und fiel mitten in seinenÜberlegungen zum Kosmos in den Brunnen. Plato hat Thales später verteidigt,ja, ja alle, Philosophen sind so weltfremd und fallen zum Gelächter der anderenin die Brunnenlöcher der Realität, aber dafür kennen sie sich mit Fragen auswie: Was ist der Sinn des Lebens, woher kommt die Welt usw.Die MagdÜber sie wissen wir ansonst nicht viel, nur dass sie über den Brunnensturzherzlich lachte und Thales in etwa zurief: “Wie willst du über den HimmelBescheid wissen, wenn du das, was auf der Erde unmittelbar vor dir liegt, nichterkennst!“ Möglicherweise sieht die Magd den Brunnen deswegen so gut, weiler zugleich auch ihr Horizont ist. Wir können annehmen, dass sie von geistigenFlausen des Thales nicht viel hielt. Sie mag sich in seelischen und körperlichen17


Bereichen gut auskennen, aber es fehlt ihr das geistige Interesse, die Neugier aufalles, was über das unmittelbare Leben hinausgeht.Auch in dieser Variation gibt es die vorher genannten Überlegungen: Zuwelchen Beschwerden führt eine einseitige Vergeistigung, Beschäftigung mitGroßem, während alles andere vernachlässigt wird?DerKosmos(Es muss ja nicht jede Folge so krass seinwie bei Thales, der angeblich beim Beobachten der Sterne von einer Klippe zuTode stürzte) Und was bewirkt die Missachtung der geistigen Interessen? Undwie kommen diese Menschen zu ihrer einseitigen Haltung?Und wir selbst?Haben wir gesundheitliche Beschwerden, weil wir Seele, Körper oder Geisteinseitig vernachlässigt haben?18


Wieder aber geht es darum, dass erst das Ganze, das sinnliche, körperliche,seelische Hier und Jetzt einerseits und die geistige Suche und Neugierandererseits den Menschen darstellt. Diese Ganzheit ist die Grundlagepsychosomatischer Gesundheit.Das 3.Typenpaar, Rambo und Zelig, oder: Körper gegen Seele undGeistRamboDas ist der von Sylvester Stallone gespielte Filmheld, der als ehemaligerVietnamhaudegen immer wieder in Situationen gerät, in denen er sich alsEinzelkämpfer nahezu gegen die ganze Welt verteidigen bzw. an ihr rächenmuss. Moderne Rambo-Programme am Computer preisen die Echtheit ihresSpieles an: Wie im Film verfügt der Spieler über ein großes Messer-, Bomben-,Schusswaffen-, Gift-Arsenal, sodass er effektiv alles im Wege Stehendeumbringen kann.Rambos Gangart ist die kämpferische Selbstbehauptung gegen das wirklicheoder vermeintliche Unrecht. Diese ist an sich wichtig, aber ihr Problem bestehtin der Spaltung von Freund und Feind, Gut und Böse (wie dies bei allenradikalen Gruppierungen sichtbar ist). Vielleicht hat Rambo einmal eineVerletzung in seiner Suche nach Verständigung und Beziehung erlitten, weil erweich und nachgiebig und offen war, und nun kämpft er hart und unerbittlichund verschlossen gegen alles und jedes. Dabei setzt er hauptsächlich seinekörperliche Kraft ein. Gefühle, bzw. seelische Einfühlung in Andere gibt eshier nicht. Gefühle wären hinderlich beim Kampf. Ebenso wenig wird nach19


Möglichkeiten gesucht, mit dem Verstand die Probleme zu lösen.Mit mirnicht!!Zeligdagegen ist ein menschliches Chamäleon. Woody Allen als Zelig schafft es,überall sich so anzupassen, dass er überhaupt nicht auffällt. Er kann sich total inandere hinein“fühlen“, sie verstehen. Der Film brilliert durch geschickte Bild-Montagen, man sieht Woody neben dem Papst stehen, oder neben anderenbekannten Figuren der Zeitgeschichte, und jedes Mal hat man den Eindruck,dass er selbstverständlich dazu gehört. Und noch mehr: Zelig nimmt alsmedizinisches Wunder griechische Züge an, wenn er neben Griechen steht,chinesische neben Chinesen, rundliche neben dicken Menschen, er wird zumPsychiater, wenn ihn Psychiater untersuchen usw.Seine Verwandlungsfähigkeit ermöglicht ihm das Eingehen auf die jeweiligeSituation, den Kompromiss, die Anpassung, freilich um den Preis des eigenenProfil-Verlustes. Er selbst für sich ist ein Nichts, sowohl seelisch wie geistigund fühlt sich so. Seine intelligente Einfühlung macht ihn „körperlos“!Zelig beschreibt seiner Psychotherapeutin, welche Erlebnisse ihn veranlassthaben, für den Rest seines Lebens in der Masse unterzutauchen und unauffälligzu bleiben bzw. völlig zur Umgebung zu werden. Er möchte geliebt werden undnicht geschlagen werden.20


Betrachten wir die Menschen in ihrer Umgebung. Woran laborieren die Rambos,und welche Beschwerden haben dieWer binich?Zeligs?Und wir selbst?Wissen wir aus eigener Erfahrung, wohin übertriebene Selbstbehauptung oderübertriebene Anpassung führen? Sind wir schon einmal krank gewesen, weil wirzu wenig oder zu sehr nachgegeben haben?Beides ist nötig, die vernünftige Orientierung an den anderen und einfühlsameRücksichtnahme einerseits, die körperlich sichtbare Selbstbehauptung und Treuezu sich selbst andererseits. Wo die Ganzheit verletzt wird, kommt es früher oderspäter zu gesundheitlichen Störungen.Ein psychomatisches GesundheitsbewusstseinAlle bisherigen Beispiele haben uns gezeigt, dass das Zusammenspiel von Seele,Körper und Geist wichtig ist für eine umfassende Gesundheit.Ein wichtiges Prinzip psychosomatischen Gesundheitsbewusstseins ist dieganzheitliche Förderung und Berücksichtigung von Seelischem,Körperlichem und Geistigem!21


Abwehrer und Sensibilisierer oder: das Selbst und die AnderenEin interessantes ExperimentDie Sozialpsychologie hat ein interessantes Experiment durchgeführt: Als manMenschen Wortlisten vorlegte, unter denen sich auch „unanständige“, tabubesetzteWörter fanden, und dazu die Instruktion gab, zu jedem Wort Einfälle zusagen, brauchten die meisten Versuchspersonen bei den Problemwörtern länger,bis sie Assoziationen dazu entwickeln konnten. Das ist nicht unerwartet. BeiTabuwörtern hat man eben eine gewisse Scheu, Hemmung und Anlaufzeit.Aber, als man nun die normalen und die tabuisierten Wörter hintereinander ganzkurz vorzeigte, gab es einerseits Personen, die die gefährlichen Worteübersahen, und andere, die fast ausschließlich auf diese Problemwörterreagierten. Die Wissenschaft hat diese beiden Menschentypen als Abwehrer undals Sensibilisierer bezeichnet.Die Abwehrergehen Konflikten eher aus dem Weg, bzw. suchen nach Übereinstimmung, sielieben Nonsenswitze und sprechen wenig über Unangenehmes. Im Extremvermeiden die Abwehrer, individuell zu sein, sie reduzieren sich auf diepraktische Anpassung an die jeweilige Umwelt.Die Sensibilisierersehen überall die Gefahr und versuchen sich zu schützen, sie neigen mehr zuzynischen Witzen und registrieren und äußern jede kleine seelische oderkörperliche Irritation. Im Extremfall streben die Sensibilisierer nachüberbetonter Selbstbehauptung und verteidigen ihr Ich gegen die scheinbarfeindliche, jedenfalls gefährliche Umwelt.Die bisher besprochenen TypenAuf die sich selbst verteidigenden (Rambo) oder sich in eine eigene Fantasie-Welt flüchtenden (Don Quichotte) oder ganz einseitig mit der Gedanken-Weltbeschäftigten (Thales) Typen passt die Beschreibung „Sensibilisierer“.22


Hingegen sind Zelig¸ die Magd und Sancho Pansa „Abwehrer“, denn siestreben die Harmonie mit der Umwelt entweder durch völlige Anpassung anoder durch Beschränkung auf das neugierlose Hier und Jetzt bzw. auf das zumÜberleben Nützliche.Und wir selbst?Wenn ich ein Sensibilisierer bin und z.B. mein Freund oder meine Freundin zuden Abwehrern gehört, ist es wichtig, um die jeweiligen Eigenheiten zu wissen,sonst sind Konflikte vorprogrammiert: Mein Freund sagt z.B., dass er um 8 Uhram Tagungsort ankommen und mich dann anrufen wird. Um 8 Uhr 01 bin ichals Sensibilisierer schon unruhig. Fünf Minuten später wirbeln bereitsKatastrofengedanken durch meinen Kopf. Ab diesem Zeitpunkt kreise ichaufgeregt um das Telefon. Nach weiteren bangen zwanzig Minuten ruft meinFreund an und fragt mit entspannter Stimme, wie es mir geht. Ich schreie ihnvöllig entnervt an, dass ich mir große Sorgen gemacht habe. „Warum?“, meintmein Freund völlig konsterniert, „ich habe doch ohnehin jetzt angerufen.....!“.Zwei wichtige Dimensionen: Die Selbstentwicklung und dieBeziehungsgestaltungLiebedeinenNächstenWiedichselbst23


Die linke Figur breitet die Arme aus und ist auf Kontaktnahme ausgerichtet. Dierechte Figur demonstriert einen Menschen, der ganz bei sich selbst ist, auf sichselbst konzentriert. Die erste Figur steht für die Beziehungsgestaltung, diezweite für die Selbstbehauptung und Persönlichkeitsentwicklung.Beide Dimensionen erfordern eine beständige Weiterentwicklung, es kann wohlschwerpunktsmäßige Phasen geben, wo einmal die Beschäftigung mit dereigenen Entwicklung im Vordergrund, ein anderesmal die Öffnung auf anderePersonen hin betont wird. Aber die Entwicklung muss auf lange Sicht gesehenharmonisch verlaufen, sonst kommt es zu folgendenNurKnochen istauch nichtschön!24


Einseitigkeiten:Starke Ichbezogenheit, Angst vor allem Anderen statt angemessenerSelbstbehauptung entstehen durch ausschließliche Beschäftigung mit sich selbst.Starke Orientierung nach den Anderen, Angst vor eigenen Gedanken stattangemessener Flexibilität und Anpassungsfähigkeit zeigen sich im Extrem,wenn das Selbst vernachlässigt wird.Persönlichkeitsentwicklung und Beziehungsgestaltung müssengleichermaßen entfaltet werden.Die Balance besteht dauernd oder wird in einem fließenden Wechsel hergestellt.Es handelt sich weder um kurze Anpassungsleistungen im Sinne derpsychoanalytischen Reaktionsbildung (d.h. das Gegenteil von dem tun, was mangerne täte), noch um die Leistungssteigerung im Sinne einer Überkompensation(ein Minderwertigkeitsgefühl durch besondere Anstrengung überwinden),sondern um die dynamische Einbeziehung beider Polaritäten des menschlichenLebens. Diesem Umstand hat der Autor entsprochen durchEine neue Definition von PsychosomatikPsychosomatik ist die Lehre von der körperlichen Resonanz auf dasgegebene oder fehlende Gleichgewicht zwischen Persönlichkeitsentwicklungund Beziehungsgestaltung.Der Körper reagiert, er drückt aus, wie es uns geht. Wenn wir diePersönlichkeitsentwicklung vernachlässigen, oder die Beziehungsgestaltungunterlassen, oder zwischen beidem, Distanz und Nähe, hin und her kippen, dann„beschwert“ sich unser Körper. Wie ist diese Balance erreichbar? Mühelos? Sieist sicher immer wieder etwas, um das man sich bemühen muss. Der MalerCezanne z.B. hat sich unermüdlich bemüht, die Balance zwischen dem Außenund dem Innen herzustellen, zwischen den Farben in der Natur und dengeometrischen Linien auf dem Zeichenblatt oder der Leinwand, zwischen25


Aufnahme und Anpassung an die Umgebung und Gestaltung und Durchformungnach inneren Gesetzen.Ein anderes Beispiel ist der Komponist Richard Strauß, der in seinerTondichtung „Don Quichotte“ den Ritter und seinen Knappen miteinander inEinklang bringt.Es lassen sich sicher noch viele andere Beispiele anführen.Und wir selbst?Wir kämpfen alle ständig um unser Gleichgewicht. Wir alle kommen täglich indie Situation, dass genau die Frage auftaucht, mit der wir uns hier beschäftigthaben: Soll ich mich jetzt und hier durchsetzen, behaupten oder soll ichnachgeben, mich anpassen. Wann Selbstbehauptung? Wann Anpassung?Wann siegt mein Ich, wann das Du, wenn es keine vermittelnde Lösung gibt,wer bekommt Recht?BindungsstileManche Menschen klammern sich an, weil sie von klein auf gelernt haben,dass der andere gut ist, besser als sie selbst. Andere wieder sind dauernd auf derFlucht vor den anderen, weil ihre frühen Bindungen ihnen gezeigt haben, dassdie anderen schlecht sind, schlechter als man selbst. Wieder andere pendelnunruhig zwischen Nähe und Distanz hin und her. Sie alle kämpfen. Wir allekämpfen um unser Gleichgewicht.Das YinYang –Symbolist ein sehr ergiebiges Meditationsobjekt für die Suche nach dem Ausgleich: EinKreis ist durch eine s-förmig geschwungene Linie in eine dunkle Hälfte und einelichte geteilt. Wenn die dunkle Seite zunimmt, nimmt die lichte ab und wenn dielichte zunimmt, nimmt die dunkle ab. Im dunklen Feld befindet sich ein lichterPunkt und im lichten Feld ein dunkler Punkt. Dieses Symbol gibt sich keinerIllusion hin: Je mehr die Selbstbehauptung zunimmt, desto mehr nimmt dieBeziehungsorientierung ab und je mehr die Beziehungsorientierung26


zunimmt, desto mehr nimmt die Selbstbehauptung ab. Aber diese Dynamikwird ausgewogen durch den beständigen Wechsel zwischen den Polen unddadurch, dass in der Selbstbehauptung immer die Beziehung präsent bleibtund in der Beziehung nie auf die Treue zu sich selbst vergessen wird, so wiees im lichten und im dunklen Feld jeweils einen kleinen Punkt mit der anderenFarbe gibt. Die s-förmige Linie, die den Kreis so schwingend teilt, zeigt an, dassder gesunde Wechsel ein sanftes Hin-und-Her ist und nicht ein jähes Umkippenvom einen Pol zum anderen, von Nähe zu Distanz und umgekehrt.Das Streben nach Gleichgewichtexistiert in allen Lebensbereichen: Es gibt ein chemisches, ökologisches,politisches Gleichgewicht. Ebenso gibt es aber auch das Streben nach Verlassendes Gleichgewichtes durch besondere Herausforderungen. Eine Bildhauerinbeschreibt ihr Werk mit den Worten: „Die Glätte und Fügung des Materialswurde absichtlich gebrochen, um das Gleichgewicht zu zerstören.“ Freud, derSchöpfer der Psychoanalyse, betonte das Streben nach dem Gleichgewicht,Frankl, der Begründer der Logotherapie, das Streben nachHerausforderung. Rogers, der die Gesprächspsychotherapie entwickelte,geht es um die innere Übereinstimmung.27


Gesundheit als dynamischesGleichgewichtDie Regulationsmodelle (homöostatisch, FREUD) peileninsbesondere die Bewegung zum Gleichgewicht an,die Sinnorientierungsmodelle (intentional, FRANKL)die Bewegung aus dem Gleichgewicht.Den Kongruenzmodellen geht es um die Übereinstimmung mitsich selbst in der jeweiligen balancierten oder unbalanciertenSituation( personzentriert, ROGERS)28


Eine umfassende, die beiden Prinzipien Ganzheit und Gleichheitberücksichtigende Definition lautet daher:Psychosomatik ist die Lehre von der körperlichen Resonanz auf unseremehr oder minder ganzheitliche Lebensführung und das gegebene oderfehlende Gleichgewicht zwischen Persönlichkeitsentwicklung undBeziehungsgestaltung.Diese vom Autor entwickelte Definition lässt sich mit der traditionellenchinesischen Ausgleichslehre, wie sie im Yin-Yang, in der Akupunktur, in derMeridianlehre bezogen auf den Energiefluss formuliert wurde, integrieren; sieübersetzt die Energieausgleichslehre in eine psychosoziale Sprache des Alltags.Fragen beim Vorliegen psychosomatischer Erkrankungen1)Liegt hier eine Einseitigkeit der Lebensführung vor, eine einseitige Gangart?2)Ein Ungleichgewicht (zwischen Ich und Du)? Wird ein Pol beständigbevorzugt und ein anderer beständig ausgeklammert oder findet einUmkippen von einem Zustand in den anderen statt. Wie ist dieses entstanden?Wie könnte man einen Ausgleich schaffen bzw. die Balance wieder herstellen?Die selben Fragen kann man auch im Hinblick auf präventive Konzepte stellen.Eine psychosomatisch bewusste Lebensführung besteht imStreben nach Ganzheit und GleichgewichtDenn manchmal wird es uns so erscheinen, als seien alle unsere Bemühungenvergeblich. Falls wir aber in Gefahr sein sollten, durch Vernachlässigungunseres Seelenlebens einseitig zum resignierten, fantasielos-vernünftigenSancho Pansa zu werden, dann sollten wir mit einstimmen in den Ruf DonQuichottes: „Ich träum den unmöglichen Traum!“ – und wieder unsere Seeleentdecken! Umgekehrt braucht ein „selig versponnener Ritter“ Vernunft etc.29


Sollte sich aber jemand von uns auf den hohen geistigen Gefilden von Thalesvon Milet befinden, nur mehr zwischen Bücherbergen hocken und sich innerlichdoch nach Natur, Gefühl sehnen und seinen Körper wieder spüren wollen, so istauch hier Ganzheit erreichbar, wie uns dies z.B. Johann Sebastian Bach mitseiner Musik zeigt, die mathematisch durchrationalisiert ist und dennoch soschwungvoll ist, dass sie jede Magd zum Tanzen und Schwitzen bringen kann.Sollten wir uns aber gerade in einer Rambo-Kampfstimmung befinden oder ineiner Nestsuche wie Zelig und einen Ausgleich anstreben, so ist auch hier eineBalance möglich, wie insbesondere Tango-Melodien beweisen. Man kann anden hämmernden Rhythmen den kämpferischen Mut von Rambo entdecken undan den sanften darüber gelagerten Melodien die Versöhnungssuche des Zelig.Freilich sind die oben angeführten Vergleiche und Beispiele in jeder Richtungergänzbar, bzw. durch anderes erweiterbar. Wir können die Natur, aber auchunser kulturelles Schaffen immer wieder unter dem Blickwinkel betrachten: Wiewird hier das Ganze errungen, aber auch das Gleichgewicht zwischenSelbst und anderen erreicht? Denn ebenso wie wir uns fragen können, ob wirdie Ganzheit verletzen, ist es auch sinnvoll sich immer wieder zu überlegen, obwir uns zu weit von uns selbst oder von den Anderen entfernt haben!Psychosomatisches Bewusstsein im AlltagWann immer uns jemand fragt:“Wie geht es?“ können wir auch die Frage an unsselbst damit verknüpfen: Lebe ich ganzheitlich? Und wie sieht es mit meinemBeziehungs-Gleichgewicht aus?Eine psychosomatisch gesunde Lebensführung erreichen wir, wenn wirinteger sind (d.h. ganz, eine seelisch-körperlich-geistig sichweiterentwickelnde Person) und integriert (d.h. in die Gemeinschaftaufgenommen, aber nicht in ihr aufgelöst, zwischen Ich und Du imGleichgewicht stehend)!30


Ein SchlusswortSeele, Körper und Geist greifen ineinander wie Puzzlesteine, erst ihrMiteinander ergibt umfassende Gesundheit. Wer einseitig nur den Körperbevorzugt, sein Seelenleben und seine geistige Entfaltung aber missachtet, derwird u.U. auch Gesundheitseinbußen erleiden. Ebenso ergeht es möglicherweisejenen, die nur studieren, aber Körper und Seele vernachlässigen. Oder jenen, dienur ihre Fantasie, ihre seelischen Regungen wahrnehmen, aber den Körper undden Geist ignorieren. Wir brauchen alle drei. Sie gehören zusammen wie Länge,Breite und Höhe. Nicht jeder erkrankt psychosomatisch. Manche Menschenreagieren ihre Spannungen nicht körperlich ab oder bringen sie körperlich zumAusdruck, sondern reagieren seelisch, mit veränderten Gefühlen, oder geistig,mit Arbeits- oder Lernstörungen oder mit Verhaltensänderungen etc.31


Ebenso sollten wir aber auch an unsere Definition des Gleichgewichts zwischenIch-Verteidigung und Du-Suche, zwischen Persönlichkeitsentfaltung undBeziehungsgestaltung denken. Jedes Individuum braucht zur seelischen,körperlichen und geistigen Entfaltung die Gemeinschaft. Jede echteGemeinschaft besteht aus selbstbewussten, individuellen Personen.Gesundheitsverhalten, das heißt unsere aktive Sorge für unserWohlergehen, zeigt sich in Ganzheitlichkeit (Seele, Körper und Geist) undim Gleichgewicht (zwischen Ich und Du).32

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