Susanne Hergert, Wirtin Des - Gasthaus am Finowkanal
Susanne Hergert, Wirtin Des - Gasthaus am Finowkanal
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Schöner Leben<br />
38<br />
Mein privater Sternekoch (1):<br />
<strong>Susanne</strong> <strong>Hergert</strong>, <strong>Wirtin</strong> des „<strong>Gasthaus</strong>es <strong>am</strong> <strong>Finowkanal</strong>“<br />
in Zerpenschleuse<br />
Italienisch<br />
Natürlich ist ein besterntes Dinner in Klaus Erforts „Gästehaus“ oder Harald Wohlfahrts<br />
„Schwarzwaldstube“ ein sicheres Gourmeterlebnis. Aber müssen es immer die klingenden<br />
N<strong>am</strong>en sein? Manch einer hat sein Lieblingsrestaurant gleich um die Ecke, ein anderer<br />
entdeckte es bei einem Fahrradausflug, der Nächste erhielt von Freunden einen Tipp.<br />
Genau diese Adressen, wo Sie Ihren Hunger und Appetit <strong>am</strong> liebsten stillen, werden wir<br />
erkunden. Kennwort: Mein privater Sternekoch!<br />
mein schönes zuhause 3 Februar/März 2009<br />
für Anfänger
Schöner Kochen<br />
Salbeiblätter in Eierkuchenteig<br />
Zur Einstimmung.<br />
Zum Warten auf den Hauptgang.<br />
Gesünder als Cracker!<br />
Zutaten für 4 Personen:<br />
1/2 l Milch<br />
250 g Mehl<br />
2 Eier<br />
20–25 Salbeiblätter (Tipp: Wegen garantiert<br />
anhaltender Nachfrage gleich ein paar mehr …)<br />
Salz, Backpulver, Olivenöl<br />
Zubereitung:<br />
Die Salbeiblätter möglichst nicht waschen<br />
(wenn doch nötig, dann auf einem Geschirr -<br />
tuch gut abtrocknen).<br />
Milch, Mehl, Eier in einer Schüssel mit einem<br />
„Tuck” (einer Prise) Salz und einer Messerspitze<br />
Backpulver zu einem gut flüssigen Teig verrühren.<br />
Salbeiblatt <strong>am</strong> Stiel in den Teig tauchen, überflüssigen<br />
Teig kurz <strong>am</strong> Schneebesen abstreifen,<br />
dann in heißem Olivenöl kurz auf beiden Seiten<br />
goldbraun braten. Servieren. Warm und kalt ein<br />
Genuss!<br />
Gefüllte Ch<strong>am</strong>pignons<br />
Unkomplizierte, raffinierte Vorspeise.<br />
Schnell auf dem Tisch.<br />
Zutaten für 4 Personen:<br />
8–12 mittlere bis große, helle oder dunkle<br />
Ch<strong>am</strong>pignons<br />
1 Bund Petersilie<br />
(„Unbedingt glatte! Die krause wird im Mund<br />
wie Sandpapier.”)<br />
frischer Knoblauch, mindestens eine Knolle<br />
Salz, Pfeffer, Zitronensaft<br />
Zubereitung:<br />
Die frischen Ch<strong>am</strong>pignons nicht waschen.<br />
Wenn nötig, abbürsten. Stiele rausdrehen, klein<br />
schneiden, mit der fein gehackten Petersilie<br />
und den ebenfalls fein gehackten Knoblauch -<br />
zehen und etwas Olivenöl verrühren. Die<br />
Mischung mit Salz, Pfeffer, einem „Tuck”<br />
(hier: Spritzer) Zitronen saft würzen und in die<br />
Ch<strong>am</strong>pignons füllen. Ofen auf 200 °C vorheizen.<br />
Auf dem mittleren Blech etwa 10 Minuten<br />
backen. Heiß servieren.<br />
Wunder bar dazu passend: sauer eingelegte<br />
große griechische Kirschkapern<br />
mein schönes zuhause 3 Februar/März 2009<br />
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Schöner Leben<br />
E<br />
in solides Backsteingebäude, dessen eins tige<br />
Berufung als Schule noch ablesbar ist. Denk -<br />
mal geschützt, weil es, wie die Nach barhäuser<br />
rechts und links, An rainer <strong>am</strong> ehe maligen Treidel -<br />
kanal in Zer penschleuse ist. Als die Welt ihre Waren<br />
noch nicht durch Endlos-Lkw-Kolonnen verteilen<br />
ließ, tummel ten sich viele Frachtkähne auf dem kleinen<br />
Verbindungs kanal <strong>am</strong> Rande der Bran den bur -<br />
ger Schorfheide. Da flach und eng, konnten die<br />
Schlepper nicht D<strong>am</strong>pf geben; die Boote wurden<br />
mit Stricken vom Ufer aus gezogen. Treideln nennt<br />
man diese umweltbekömmliche Art der Be we gung.<br />
Im Herbst 2004 hat die aus Berlin zugereiste Su -<br />
san ne <strong>Hergert</strong> erstmals ihre kreidebeschrie benen<br />
Täfelchen in die Fenster des von ihr sanierten Back -<br />
steinhauses ge stellt. Wer sich von den Verhei ßun -<br />
gen anlocken lässt, wird umso öfter kommen, je<br />
mehr er davon probiert. Im kleinen Gastraum mit<br />
viel dunkel poliertem Holz, alten italienischen Film -<br />
plakaten, die von den cineastischen Vor lie ben der<br />
Chefin erzählen, und ihren mit leichter Hand ar ran -<br />
gierten Reminizen zen vom letzten Spaziergang<br />
durch Flur, Feld und Garten auf den Tischen fühlt<br />
man sich auch ohne Teller vor der Nase sehr schnell<br />
sehr wohl. Le bens gefährte Fred Ad<strong>am</strong> agiert hinterm<br />
Tresen mit bedächtiger Freundlichkeit, Sus an -<br />
ne <strong>Hergert</strong> wickelt ihre Gäste mit ansteckend guter<br />
Laune, Charme und Witz ein. Und sie schaut ihnen<br />
gern ins blaue Auge, um dann mit Ver ve die richtige<br />
Diag nose zu stellen: „Ihnen würde die Kür bis -<br />
sup pe schmecken.” Klar, her mit der Suppe!<br />
„Meine Küche ist deutsch und erdig, mit ein paar<br />
Geschichten aus Italien”, entzieht sie sich kulinarischen<br />
Schubladen. Die bürgerliche Aus richtung be -<br />
trachtet sie als ein Frie dens angebot an zufällig vorbeikommende<br />
Aus flügler. Gut gebrüllt, Löwe: Die -<br />
ses Stückchen Erde mit seinen langs<strong>am</strong>er tickenden<br />
Uhren, den glücklichen Kü hen auf den Weiden<br />
ringsum, der sauerstoffreichen Luft schreit nahezu<br />
nach Ech tem, Unver stelltem, der Ig noranz von<br />
Trends da draußen in der restlichen lauten, hastigen,<br />
modehungrigen Welt. Außerdem entspricht es<br />
schlichtweg dem unbekümmerten Naturell der<br />
inzwischen 49-jährigen <strong>Wirtin</strong>, dass sie noch im -<br />
mer die einfachen, ehrlichen Genüsse allen ge styl -<br />
ten vorzieht – freilich in der Meis ter liga.<br />
Die von ihr lustvoll zelebrierte Wie der ent de ckung<br />
der „Küche der kleinen Leute” rührt an eine sentimentale<br />
Seite von uns ver städ ter ten Büro sitzern:<br />
Der in der Ära von chemischen Treib mit teln ver -<br />
loren ge glaub te Duft von frisch aus dem Ofen ge -<br />
zoge nem Brot erzählt von der typischen Her gert -<br />
schen Reduktion auf das Natürliche. Und auch als<br />
Gast darf man sich frei und ungezwungen geben:<br />
Angesichts des gelb-braunen, duftenden Eier -<br />
kuchens (verfeinert durch einen Klecks Quark ➔<br />
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mein schönes zuhause 3 Februar/März 2009<br />
Pollo mit Knoblauchzehen spicken<br />
Polenta vom Blech aufs Brett gestürzt
Heißes Finale auf dem Tisch<br />
Landwein gibt dem ganzen Seele.<br />
Pollo arrabbiata<br />
Schöner Kochen<br />
Würzig-scharfe Hähnchenkeulen, mag<br />
jeder Fleischesser.<br />
Zutaten für 4 Personen:<br />
6–8 frische Hähnchenkeulen<br />
ca. 300 g Schinkenspeck<br />
1 Büchse geschälte, passierte Tomaten<br />
0,3 l Vino Rosso<br />
Pflanzenöl<br />
4–5 frische Rosmarinzweige<br />
200 g schwarze Oliven ohne Kern<br />
Pepperoni<br />
Zubereitung:<br />
Die Hähnchenkeulen kurz unter richtig heißem<br />
Wasser abspülen (das macht dann die Haut<br />
schön kross), trocken tupfen. Salzen, pfeffern.<br />
Knoblauchzehen längs vierteilen. Jede Keule<br />
mit einer Zehe spicken. Hähnchenkeulen im<br />
Bräter mit Pflanzenöl (nicht mit Olivenöl!) von<br />
allen Seiten scharf anbraten, bis sie knuspriggoldbraun<br />
sind. Zum Schluss den klein gewürfelten<br />
Schinkenspeck mitbraten,<br />
To ma ten und Rosmarin dazugeben. Mit dem<br />
Rot wein auffüllen. Hähnchen im Bräter im vorgeheizten<br />
Ofen bei 200 °C etwa 20 Minuten<br />
garen. (Gabeltest: Fleisch lässt sich vom<br />
Knochen lösen.)<br />
Mit den Pepperoni vorsichtig auf „arrabbiates”-<br />
Level schärfen, mit den schwarzen Oliven und<br />
der Polenta anrichten und heiß servieren.<br />
Polenta<br />
Klassisch aus Venezien. Statt Risotto oder<br />
Spaghetti.<br />
Zutaten für 4 Personen:<br />
500 g Polenta (Maisgries)<br />
2 l kochendes Salzwasser<br />
Muskatnuss, Olivenöl<br />
Zubereitung:<br />
Den Polenta-Gries ins kochende Salzwasser<br />
geben, eine Messerspitze geriebenen Muskat<br />
dazu. 15 bis 20 Minuten quellen lassen. Ein<br />
Backblech mit Olivenöl ausreiben, die Polenta<br />
darauf verteilen. Nach dem Erkalten mit einem<br />
nassen großen Messer in circa 1,5 cm breite<br />
Streifen schneiden. Mit dem Huhn anrichten<br />
und servieren.<br />
mein schönes zuhause 3 Februar/März 2009<br />
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Schöner Leben<br />
im Teig) ist von vornherein klar, was obsiegt: Gier<br />
über gute Kin der stube.<br />
<strong>Susanne</strong> <strong>Hergert</strong>s auffallend häufigen italienischen<br />
Mo men te <strong>am</strong> Herd haben den bes ten Grund der<br />
Welt: Nonna (Oma) Heidi, die seit vielen Jah ren in<br />
einem Dorf bei Arezzo lebt und sich peu à peu von<br />
den Nach ba rinnen in die Geheim nisse der echten<br />
toskanischen Küche einweihen ließ. <strong>Susanne</strong> Her -<br />
gert hat sie oft besucht. „Ich verstand an fänglich<br />
kein Wort. Aber wie sich die Dorf frauen um die einzig<br />
richtige Tomaten- oder Pastasorte stritten, als<br />
ginge es um Krieg und Frieden, hat mich königlich<br />
<strong>am</strong>üsiert. Viel abgeschaut habe ich mir bei Signora<br />
Escati: gerade noch ein Zahn im Mund, aber die<br />
Koch künste von zig Ge nerationen im Kopf.”<br />
Und Heidi hat alle Geheimnisse und Nicht ge heim -<br />
nisse aufgeschrieben. So k<strong>am</strong> Su sanne Her gert zu<br />
ihrer wunderbaren, wohlgehüteten, auf den meis -<br />
ten Sei ten we gen unumgänglicher Pfan nen nähe<br />
mit braunen, gelben, roten Ar beits flecken ge adel -<br />
ten Kü chen- Kladde.<br />
Nun, große Küchenchefin, bitteschön einen guten<br />
Rat: Was sollen wir (nach-)kochen, wenn sich liebe<br />
Freunde ansagen? Ori gi nell soll es sein, möglichst<br />
auch ein biss chen überraschend, unendlich lecker,<br />
we gen höherer Erfolgs chan cen wäre Medi ter ra nes<br />
zu bevorzugen. Mit Zutaten, die sich auf dem Wo -<br />
chenmarkt unkompliziert be sorgen und bitte auch<br />
möglichst einfach zubereiten lassen. Auf den Punkt<br />
gebracht: Italienisch für Anfänger.<br />
Da <strong>Susanne</strong> <strong>Hergert</strong> ohne zu zögern, sogar ohne<br />
einen Blick in ihre Arezzo-Koch-Klad de, zur Tat<br />
schreitet, haben wir es entweder mit ihren persönlichen<br />
Lieblings re zepten oder den bei ihren Gästen<br />
erfolgreichsten zu tun: Beides ist uns gleicherma -<br />
ßen Empfehlung.<br />
Während zwei Handvoll Salbeiblätter in dünnem<br />
Eierkuchenteighemd im Oli venöl der guss eisernen<br />
Pfanne ihrer Be stimmung als Vor speisen über -<br />
raschung entgegenbräunen, erzählt die <strong>Wirtin</strong>,<br />
weshalb Koch-TV-Shows mit dem schö nen Erfolgs -<br />
erlebnis des Selber aus pro bierens nie mithalten<br />
können. Man muss uns Herd-Eleven zeigen, was<br />
gu tes Oli venöl ausmacht, weshalb man für längeres<br />
Bra ten in der Pfanne ohnehin unbedingt Pflan -<br />
zen- und kein Olivenöl verwenden sollte, weshalb<br />
Saltimbocca übersetzt „Spring in den Mund”<br />
bedeutet und Tira Mi su „Zieh mich hoch”… Ob es<br />
stimmt, dass eine in einem Stück ge schälte Oran -<br />
genschale Glück bringt, wenn sie über die Schulter<br />
nach hinten ge worfen wird – auch das muss jeder<br />
besser selber ausprobieren.<br />
Unsere Freunde können kommen. Buon Appetito!<br />
Enke Cäsilie Jansson<br />
Fotos: Stephan Pr<strong>am</strong>me<br />
www.gasthaus-<strong>am</strong>-finowkanal.de<br />
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mein schönes zuhause 3 Februar/März 2009<br />
<strong>Susanne</strong> <strong>Hergert</strong>, <strong>Wirtin</strong> des „<strong>Gasthaus</strong>es <strong>am</strong><br />
<strong>Finowkanal</strong>“ in Zerpenschleuse, hat bei Freunden<br />
urwüchsig-ehrlichen, also wahren kulinarischen<br />
Feingeschmacks im Berliner Umland Kultstatus.<br />
Die mit einer Nonna in der Toskana gesegnete<br />
Frau <strong>am</strong> Herd schwört auf das uralte Wissen um<br />
die „einfache” Küche.<br />
Männer, heißt es, wollen sich mit<br />
dem Teller darstellen, Frauen eher<br />
Harmonie auftischen. <strong>Susanne</strong><br />
<strong>Hergert</strong>, ein Naturtalent <strong>am</strong> Herd,<br />
kocht alles, was glücklich macht.<br />
Signora Escatis Original-Rezepte aus Arezzo, von<br />
Nonna Heidi ges<strong>am</strong>melt und mit Kommentaren („Kostet<br />
nicht viel, aber macht richtig gut satt”) weitergereicht<br />
an <strong>Susanne</strong> <strong>Hergert</strong>, die Mutter ihrer Enkelin Paula.
Ein superschnelles <strong>Des</strong>sert, bestens geeignet auch<br />
für Kalorienzähler: Apfelsinen mit Cointreau<br />
Saltimbocca<br />
Schöner Kochen<br />
Ein Klassiker. Man sollte aber einen guten<br />
Fleischer kennen.<br />
Zutaten für 4 Personen:<br />
8 kleine, etwa 2 cm dicke Kalbsschnitzel<br />
8 frische Salbeiblättchen<br />
4 dünne Scheiben roher Schinken<br />
(<strong>am</strong> liebsten den aus Parma)<br />
1–2 Knoblauchzehen<br />
1 Becher Crème fraîche<br />
Butter, Salz, weißen Pfeffer<br />
Zubereitung:<br />
Fleisch und Salbei waschen und abtupfen. Die<br />
Kalbsschnitzel ganz leicht klopfen und mit je<br />
einem Blatt Salbei und einer geteilten Schin -<br />
ken hälfte belegen. Zahnstocher flach durch -<br />
pieken und in der zerlassenen Butter auf beiden<br />
Seiten kurz (etwa 3 Mi nu ten) anbraten.<br />
Ein „Tuck” Olivenöl und klein gehackter<br />
Knoblauch kurz vor Bratenende veredeln das<br />
Ganze. Das Fleisch mit Salz und weißem Pfeffer<br />
würzen und aus der Pfanne nehmen. Crème<br />
fraîche mit dem Bratenfond verrühren und über<br />
das Fleisch gießen.<br />
Dazu kann man Reis oder, biete ich meist,<br />
Weiß brot und einen kleinen grünen Salat essen.<br />
Apfelsinen mit Cointreau<br />
Lob des Einfach-Frischen.<br />
Zubereitung:<br />
Pro Person 1 Apfelsine (für die Optik im Winter<br />
noch interessanter: Blutorange) schälen und in<br />
große Scheiben schneiden. Mit ein paar<br />
Spritzern Cointreau (Orangenlikör) aromatisieren.<br />
Lecker mit Zimtzucker dekoriert servieren.<br />
mein schönes zuhause 3 Februar/März 2009<br />
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