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Strauß streifte Streibls Keiler

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<strong>Strauß</strong> <strong>streifte</strong> <strong>Streibls</strong> <strong>Keiler</strong><br />

CSU­Boß Franz Josef <strong>Strauß</strong>, dessen Partei bei den letzten Landtagswahlen 62,1 Prozent aller Stim­<br />

men gewann, hat im Umgang mit Schwarzkitteln nicht immer Glück. Bei der Wildschweinjagd im Re­<br />

gensburger „Thiergarten" von Johannes Erbprinz von Thurn und Taxis, erlegte Dr. h.c. <strong>Strauß</strong> ledig­<br />

lich zwei Frischlinge.<br />

Besseres Zielwasser hatte da schon<br />

Bayerns oberster Umweltschützer, Minister<br />

Dr. Max Streibl, der einen <strong>Keiler</strong> (83 Kilo)<br />

zur Strekke brachte.<br />

Nach der Jagd allerdings betonte Schütze<br />

<strong>Strauß</strong>: „Ich will das Jagdgeschick von<br />

Streibl nicht schmälern, aber mit einem<br />

Streifschuß war ich auch beteiligt."<br />

So schiedlich, friedlich ging's bei Regensburg<br />

überhaupt zu. Baron Eli de Rothschild,<br />

einer der reichsten Männer Frankreichs,<br />

stieß mit Bundesminister a.D. <strong>Strauß</strong> (so<br />

stand es auf den Tischkärtchen) bei der<br />

Abendtafel auf noch bessere Jagdzeiten an.<br />

Johannes Erbprinz von Thurn und Taxis bedankt sich<br />

Den Kopf schüttelte nur Wilhelm Lechner,<br />

bei den emsigen Treibern Fotos: Wald<br />

der Chauffeur Seiner Durchlaucht: „Daß<br />

Herr Dr. <strong>Strauß</strong> heuer kein so großes Waidmannsheil<br />

hatte, versteh ich nicht. Er bekommt doch die besten Plätze."<br />

Jägerlatein auch in besseren Kreisen. Von links:<br />

Eli Baron de Rothschild, der Herzog von Paris,<br />

Hansi Prinz von Hohenzollern.<br />

Erfolgreichster Waldmann war Hansi Erbprinz von<br />

Hohenzollern, der es auf zwei Keller brachte.<br />

Das von so erlauchter Hand erlegte Borstenvieh<br />

(an der Jagd beteiligten sich noch: Monsieur le Duc<br />

de Crussol d'Uzés, Freiherr von Moreau, Gundakar<br />

Prinz von Liechtenstein sowie Hans Veit Graf zu<br />

Toerring­Jettenbach) kommt jetzt auf den freien<br />

Markt ­ zu bürgerlichen Preisen. Pro Kilo: Frischlin­<br />

ge 6 Mark, Überläufer 5,50 Mark, <strong>Keiler</strong> und Ba­<br />

chen 3,50 Mark.<br />

Jagdherr Johannes ließ die Jagd nicht mit dem<br />

Halali abblasen. Vor dem Souper, zu dem sein<br />

Vater, Karl August Fürst von Thurn und Taxis bat,<br />

lud er die Gesellschaft in seine Schloß­Gemächer<br />

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Ein paar Tage zuvor, darüber amüsierte sich<br />

die erlesene Jagdgesellschaft königlich, war<br />

Bundesinnenminister a. D. Hermann Höcherl<br />

kräftig versackt. Erbprinz Johannes: „Er steckte<br />

bis zum Bauchnabel im Schlamm und konnte<br />

nicht mehr schießen."<br />

Zur Tee­mit­Rum­Stunde klärte mich Ober­<br />

forstrat Freiherr Riederer von Paar darüber auf,<br />

daß heuer das „Sus scrofa" (lat. für Wildschein)<br />

nicht von der Ferkelgrippe geplagt sei. Die ist<br />

nämlich bös ansteckend ­ freilich nur unter­<br />

einander.<br />

Mit dem Jagdergebnis ­ sechs <strong>Keiler</strong>, zwölf<br />

Bachen und 27 Oberläufern und Frischlingen ­<br />

war man allgemein zufrieden.<br />

Waidmannsheil für den bayerischen Umwelt­<br />

schutzminister: Dr. Max Streibl (rechts) brachte<br />

einen <strong>Keiler</strong> zur Strecke


ein, um seine neue Quadrophonanlage vorzustellen. Daß seine politischen Jagdgenossen mit soviel<br />

Polizeischutz angereist waren, verstand der Erbprinz zwar, meinte aber: „Notfalls hätte auch ich ein­<br />

greifen können. Siebenmal wollte man mich schon kidnappen. Immer vergeblich. Schließlich habe ich<br />

den schwarzen Judogürtel"<br />

Zur Abendtafel waren auch die Damen der Jagdherren, u. a. Marianne <strong>Strauß</strong>, Madame la Duchesse<br />

de Crussol d'Uzés, Ihre Königliche Hoheit Markgräfin Mutter von Meißen, Lilian de Rothschild und Etti<br />

Gräfin zu Toerring­Jettenbach geladen.<br />

Es gab frisches Gänseleberparfait, klare Ochsenschwanzsuppe, Hirschkalbsrücken und Eistorte.<br />

Warum keine Wildsau? fragte ich den Oberforstrat. Ein mißbilligender Blick: „Die müssen doch erst<br />

abhängen, mein Lieber."<br />

Paul Sahner<br />

© tz vom 11. Dezember 1975<br />

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