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Wo der Leib die Seele trifft - Kleinmarkthalle

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Alla Vita Buona, Nella MasiBlumen-Keller, Renate KellerJüdisches AspirinRezept von Eva Demskialso: man nehme einen topf und bereite in ihm ein bettaus grob geschnittenen karotten, ebensolchem lauch,halbierten tomaten mit schale, in grobe stücke geschnittenenzwiebeln, einem nußgroßen stück geschälten ingwer,zwei halmen zitronengras, etwas sellerie, (je nachdem,welche aromen man gern hat mehr o<strong>der</strong> weniger)je einen esslöffel schwarze und weiße pfefferkörner, einegeschälte zehe knoblauch. auf <strong>die</strong>ses bett lege man proesser ein freilaufendes glückliches biologisches hühnerbeinund darüber großzügig salz. das ganze mit kaltemwasser und einem glas weißwein knapp bedecken, zumkochen bringen. bei geringer hitze so lang garen, bis sichdas fleisch ganz leicht von den knochen löst und das gemüsesehr weich ist. brühe durch ein feines sieb abgießen,abkühlen lassen, kalt stellen und fett abnehmen. gemüsewegwerfen. Allerdings kann man das fett auch drinlassen,es schmeckt dann kräftiger und ist gesün<strong>der</strong>, aber mancheleute ekeln sich davor. fleisch ablösen, haut und knochenweg, in nicht zu kleine stücke zerteilen. jetzt hat maneine kräftige brühe mit fleisch. ein schuß trockener sherryund ein tröpfchen tabasco rein, nochmal salz prüfen. guthineinpassen tut: karottenjulienne mit frischen grünenerbsen, schmale bandnudeln o<strong>der</strong> orecchiette, beides mußextra und al dente gekocht werden. schnittlauchröllcheno<strong>der</strong> fein gehackte glatte petersilie obendrauf.<strong>Wo</strong> <strong>der</strong> <strong>Leib</strong> <strong>die</strong> <strong>Seele</strong> <strong>trifft</strong>An <strong>der</strong> Architektur liegt das nicht, aber am Ort. Ichlasse <strong>die</strong> Dichter sprechen: „So ein Ort ist sonstnirgends“ nannte Eva Demski ihre Liebeserklärung an<strong>die</strong> <strong>Kleinmarkthalle</strong> in unserer Zeitung „Anneliese“,<strong>die</strong> wir „Freunde <strong>der</strong> <strong>Kleinmarkthalle</strong>“ herausbrachten,als <strong>die</strong> Bedrohung am größten war. Und darinauch Martin Mosebach: „Die <strong>Kleinmarkthalle</strong> istwahrlich keine Schönheit, schon gar nicht gemessenam Maß stab <strong>der</strong> untergegangenen Altstadt, aberin ihrer patinierten Gerümpeligkeit ein Ort des Auf -atmens.“Der NeubauAm 22. März 1944 war <strong>die</strong> Frankfurter Altstadt zerbombtworden und mit ihr <strong>die</strong> schöne alte Halle von1879 aus Gusseisen und Glas, <strong>die</strong> erst ab 1929, nachdem Auszug <strong>der</strong> Großhändler in den Elsässer-Bau amOsthafen, ihren Namen „<strong>Kleinmarkthalle</strong>“ führte. In<strong>der</strong> Ruine wurde <strong>der</strong> Marktbetrieb provisorisch weitergeführt,unweit davon entstand in den Jahren 1953und 1954 nach den Plänen von Günther Gottwald undGerhard Weber, <strong>der</strong> für Frankfurt auch den Sendesaaldes Hessischen Rundfunks entwarf, <strong>die</strong> Klein markt -halle in ihrer heutigen Gestalt.Oberbürgermeister Walter Kolb eröffnete den Neu -bau am 29. März 1954. Es war einer <strong>der</strong> ersten wie<strong>der</strong>errichteten Versorgungsbauten für <strong>die</strong> Bevölkerung.Wer <strong>die</strong> Bil<strong>der</strong> aus <strong>der</strong> Bauphase und <strong>der</strong> frühenNutzung auf sich wirken lässt, kommt nicht nur <strong>der</strong>Würde <strong>die</strong>ses Zweckbaus näher, son<strong>der</strong>n auch <strong>der</strong> damaligenZeit.Nur zwei Jahre vorher, 1952, war <strong>der</strong> erste Heidi-Filmin <strong>die</strong> Kinos gekommen. Die Geschichte spielt ja teilweisein Frankfurt, wo „das Heidi“, so heißt sie beiJohanna Spyri, <strong>der</strong> gelähmten Klara Gesellschaftleistet, von Fräulein Rottenmeier geschurigelt wirdund sein schlimmes Heimweh entwickelt. Die Außen -aufnahmen, in denen das Heidi auf den Domturmsteigt, weil es hofft, von dort oben <strong>die</strong> SchweizerBerge zu sehen, aber nur <strong>die</strong> vielen Häuser <strong>der</strong> Stadterblickt – <strong>die</strong>se Außenaufnahmen mussten in Baselgedreht werden, in Frankfurt lag <strong>die</strong> Altstadt noch inTrümmern.Der Architekturkritiker Dieter Bartetzko erinnerte am3. Februar 2005 anlässlich <strong>der</strong> Sitzung des Städtebau -beirats, in <strong>der</strong> über <strong>die</strong> Zukunft des Viertels und <strong>der</strong><strong>Kleinmarkthalle</strong> beraten werden sollte, in <strong>der</strong> FAZ anden Geist jener Zeit und den „heute nur schwer verständlichenStolz, mit dem man den unscheinbarenBau (<strong>der</strong> <strong>Kleinmarkthalle</strong>) damals „in den Ausmaßenund <strong>der</strong> baulichen Gestalt vorbildlich nannte“.In seinem Artikel „Bericht an einen Beirat“ empfahl er,einen zweiten Blick auf den schlichten Zweckbau zurichten, um dessen Qualitätsmerkmale zu erkennen:„Der Hallenkörper mit einer geschrägten verglastenSeitenfront entspricht den Idealen <strong>der</strong> klassischenMo<strong>der</strong>ne und sorgt für eine angenehme, nicht zugrelle und nicht zu diffuse Belichtung des Inneren.“Die Stahlkonstruktion von hun<strong>der</strong>t Metern Länge und24 Metern Breite, mit <strong>der</strong> Glasfront auf <strong>der</strong> Nordseite,von <strong>der</strong> sich das Pultdach zur Südseite mit <strong>der</strong> Galerieneigt, hat zwei Haupteingänge.Die LageVon <strong>der</strong> Hasengasse im Osten betritt man <strong>die</strong> Klein -markthalle durch den gemauerten vierstöckigenKopfbau mit Läden im Parterre – von Anfang anFahrrad-Thöt, gegenüber heute <strong>die</strong> BuchhandlungWalter König – und <strong>der</strong> Marktstubb im ersten Stock,<strong>die</strong> Adorno gekannt haben muss, als er das <strong>Wo</strong>rtvon den „<strong>Wo</strong>nnen <strong>der</strong> Gewöhnlichkeit“ prägte. Die„Markt stubb“ hat heimliche Liebhaber, pikierte Kri -tiker und viele ehrliche, treue und dankbare Stamm -gäste. Gehen Sie hin und staunen Sie! Sie machen eineZeitreise und werden Ihren Horizont erweitern!Vom Liebfrauenberg aus betritt man <strong>die</strong> Kleinmarkt -halle über <strong>die</strong> ebenfalls gemauerte Westfront mit <strong>der</strong>Terrasse im ersten Stock, auch hier vorbei an zwei<strong>die</strong>smal kleineren, Läden. Im einen gibt’s seit vielenJahren Klei<strong>der</strong>, Blusen und Röcke für <strong>die</strong> modischnicht übermäßig abhängige Dame, im Laden gegenüberwechseln häufig <strong>die</strong> Betreiber. Lange Zeit gab esimmer wie<strong>der</strong> unterschiedliche Arten von Mode -schmuck, Schals und an<strong>der</strong>en Accessoires, <strong>die</strong> sichaber stets in einem glichen: Nichts davon passte zumAngebot von gegenüber, faszinierend! Neuerdings hatsich dort ein „Hessenshop“ eingerichtet mit zum Teilerstaunlichen „typisch Frankfurter“ Spezialitäten.Anneliese Nr. 3 2


In <strong>der</strong> MarktstubbCasa Italiana, Francesco Belve<strong>der</strong>eScharfes KürbiscurryRezepte von Monika ReichertMan verwendet wie<strong>der</strong> den Alleskönner unter den Kür -bissen, den Hokkaido, er schmeckt nicht nur sehr kräftig,er ist auch beson<strong>der</strong>s nährstoffreich und muß nichtgeschält werden! Für 4 Personen:1 Pfund festkochende Kartoffeln, 700 g Hokkaido kürbis,1 Zwiebel, 2 Eßl. Öl, 1Tl rote Currypaste (Asia stand), 400 gKokosmilch (Dose, Asiastand), 500 g weißes Fischfilet,z.B.Viktoriabarsch), Salz, Pfeffer, Zitronensaft, Minze,Kartoffeln schälen und Hokkaido kürbis waschen (mußnicht geschält werden) und grob würfeln. Zwiebel schälen,in Spalten schneiden. Öl in einer tiefen Pfanne o<strong>der</strong> flachemTopf erhitzen. Currypaste darin 1 Minute anrösten,Zwiebel zugeben, 1-2 Minuten mitdünsten. Kokosmilchangießen, aufkochen lassen, Kartoffelwürfel zugeben,10 Min. garen, dann <strong>die</strong> Kürbiswürfel zugeben und weitere5-8 Min. mitgaren. Inzwischen Fischfilet abbrausen,trocken tupfen und in Würfel schneiden. Mit Salz, Pfefferund Zitronensaft würzen, zur Kartoffel-Kürbis-Mischunggeben und in 5 Min. auf kleiner Flamme gar ziehen lassen.Das Curry mit Salz, Pfeffer, Zitronensaft, evt. nochCurrypaste für mehr Schärfe abschmecken.Radicchio-AbendAm Vorabend eines Festes kam ich mit einem Koffer randvollgefüllt mit „Radicchio di Treviso“, zu erkennen anseiner roten, länglichen Form, <strong>die</strong> in Lockenform endetund nur in Venedig und Treviso angebaut wird, d.h. inVenedig nicht in den raren blumengeschmückten Gärten,son<strong>der</strong>n auf <strong>der</strong> Gemüseinsel Erasmo, <strong>die</strong> in <strong>der</strong> Lagunevor Venedig liegt. Radicchio hat nur eine kurze Saison imFrühjahr. (Wie in Frankreich das Pisenlit, also Löwenzahn)hilft Radicchio zur Blutreinigung. In <strong>der</strong> <strong>Kleinmarkthalle</strong>ist er vor allem bei den italienischen Gemüsehändlernzu bekommen. Traditionell wird es unter mehrmaligenWenden auf einem Holzkohlenglut gegrillt. In unserenKüchen können wir <strong>die</strong> Köpfe, pro Person einen, gutwaschen, gut abtropfen, das Stielende abschneiden,vierteln. Eine Pfanne mit Olivenöl einfetten und <strong>die</strong>Radicchioviertel nebeneinan<strong>der</strong>legen, mit Öl beträufeln,mit Salz und Pfeffer würzen und bei schwacher Hitze ohneDeckel braten, bis <strong>der</strong> Radicchio weich ist, aber noch Bißhat. Man kann Radicchio zum Risotto geben, d.h., ihn infeine Streifen schneiden und zum Olivenöl, Butter undZwiebeln geben, anbraten, dann den Reis dazugeben,<strong>die</strong> Geflügelbrühe, Wein dazuschütten und unter Rühreneinkochen, verdampfen lassen, bis <strong>der</strong> Reis weich ist, abernoch Biß hat, zum Schluß Parmesan unterrühren. Involtinidi Radicchio: <strong>die</strong>sen kurz blanchieren, halbieren und mitje einer dünnen Scheibe rohen Schinken und dann einerScheibe Fontina (o<strong>der</strong> ähnlich würzigen, schmelzenden)Käse umwickeln, bei 200° 15-20 Min. überbacken. Mankann auch Radicchio in Mehl, Ei und Paniermehl wälzenund in Öl ausbacken.<strong>Wo</strong> <strong>der</strong> <strong>Leib</strong> <strong>die</strong> <strong>Seele</strong> <strong>trifft</strong>lich einflussreichen Freunden gestützte Konkurrentinam Fuß <strong>der</strong> Treppe zur Galerie einen ähnlichen italienischenStand eröffnete. Vom Kampf <strong>der</strong> Frauen auf<strong>der</strong> Treppe kenne ich einen Augenzeu gen bericht, ichwill ihn nicht zitieren, nur das Ende <strong>der</strong> Affaire nennen.Nella ist geblieben.Das MilieuIn <strong>der</strong> ersten Zeit gab‘s nur Friesers und Rudolphs in<strong>der</strong> <strong>Kleinmarkthalle</strong>, nur Stände mit Obst, Gemüse undSalat und solche mit Fleisch, Wurst und Geflügel, allesso einheimisch wie <strong>die</strong> Händler, dazu im Keller an zweiVormittagen wie noch heute den Mainfischer Burkard.Da war <strong>die</strong> <strong>Kleinmarkthalle</strong> ein bescheidener Ort, <strong>die</strong>Gemüsehändler brauchten oft noch einen Nebenver -<strong>die</strong>nst. Dann kamen in den 60er Jahren <strong>die</strong> erstenGastarbeiter und suchten nach Löwenzahn und süßerenTomaten, nach Auberginen und Zucchini, nachRadicchio und frischem Knoblauch, und das zum güns -tigen Preis.Die einheimischen Gemüsebauern und Gärtner habendamals schnell gelernt und sich auf ihre neuen Kund -schaft eingestellt – und umgekehrt erweiterten nachund nach Italiener, Griechen und Spanier, Marok -kaner, Türken, In<strong>der</strong> und Iraner, Belgier und Öster -reicher, Franzosen, Koreaner und Japaner auf eigenenStänden das Angebot für ihre Landsleute und vor allemfür <strong>die</strong> Frankfurter.Wenn es einen Ort in Frankfurt gibt, an dem <strong>die</strong> Inte -gra tion gelungen ist, so ist es <strong>die</strong> <strong>Kleinmarkthalle</strong>.Kulinarisch sowieso, aber vor allem auf <strong>der</strong> sozialen,<strong>der</strong> mitmenschlichen Seite. Ich rede nicht von <strong>der</strong>Kundschaft, <strong>die</strong> hat‘s immer leichter, son<strong>der</strong>n von denHändlern aus so viel unterschiedlichen Nationen undKulturen, <strong>die</strong> sich hier <strong>die</strong> 1.500 Quadratmeter Stand -fläche und 1.900 Quadratmeter Lagerfläche im Kellerteilen, täglich 10 bis 12 Stunden miteinan<strong>der</strong> zurechtkommenund ihre eigene Interessen gemein schaft<strong>Kleinmarkthalle</strong> e.V. bilden. Die aktuelle Website <strong>der</strong>Interessengemeinschaft führt auf:3 Stände mit Blumen, Pflanzen und Samen, 4 mit Brotund Backwaren, 1 Confiserie, 3 Stände mit Fisch,10 mit Fleisch und Wurst, 4 mit Gewürzen, Tee-,Kräuter- und Reismischungen, Nüssen, 10 Stände mitinternationalen Spezialitäten, 2 Käsestände, 6 Ständemit Obst und Gemüse, 2 mit Wein und Spirituosen,3 mit Wild, Geflügel und Eiern, 6 mit Gastronomie.Das alles ist hier nacheinan<strong>der</strong> eingetroffen und zusammen-,manchmal auch wie<strong>der</strong> auseinan<strong>der</strong>gewachsen.Einen Stand hätte ich eigentlich unter den erstenin den fünfziger Jahren nennen müssen, denn <strong>der</strong> fielaus dem Rahmen von Fleisch und Gemüse. Ich habeihn mir für hier aufgehoben, weil er schon damalssozusagen in <strong>der</strong> Nussschale und weitgehend in getrockneterForm anbot, was wir heute so selbst -verständlich an Schätzen aus aller Welt in <strong>der</strong> Klein -markt halle kaufen können. Das ist <strong>der</strong> Tee- undGewürzstand von Horst Franck, <strong>der</strong> bis heute an<strong>der</strong>selben Stelle steht.Den Herrn Franck habe ich mir deshalb aufgehoben,weil er damals häufig am Samstag nach Marktschlussin seinen Lieferwagen stieg, auf den französischen undspanischen Landstraßen bis Gibraltar fuhr, nachMarokko übersetzte und umgekehrt auf dem selbenWeg montags drauf mit Armen voll frischer Minzein <strong>der</strong> <strong>Kleinmarkthalle</strong> ankam. So brachte <strong>der</strong> ver -rückte junge Kerl den Frankfurtern nach gut fünftausendKilometern Fahrt den Duft und den Hauch vonweiter Welt, und ich bin sicher, dass er auch seineHändler kollegen angesteckt hat, bei aller Boden -ständigkeit neugierig und offen für‘s An<strong>der</strong>e undFremde zu sein.Milieu und Atmosphäre entstehen nicht von ungefähr,sie lassen sich nicht planen, gerade das macht sie imrechten <strong>Wo</strong>rtsinn selbstverständlich. Darin steckt aberauch <strong>die</strong> Gefahr von Acht- und Ge dan ken losigkeit. Wasfür ein kostbares, schützenswertes Gut sie da zwischenLiebfrauenberg und Hasengasse haben, ist vielenerst aufgegangen, als in den Jahren 2005 bis 2008<strong>der</strong> Abriss drohte. Natür lich hatten sie dabei denAbriss <strong>der</strong> alten Pariser Hallen vor Augen und dasmissglückt mo<strong>der</strong>nistische, jahrelang verödete Ein -kaufs- und Vergnügungs bauwerk, das an <strong>der</strong>en Stelleentstanden war.Ich zitiere noch einmal Dieter Bartetzko aus <strong>der</strong> FAZvom 3. Februar 2005: „Je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> das Milieu <strong>der</strong> Klein -markthalle schätzt, weiß, dass ihm eine auch nur zeitweiseUnterbrechung den Todesstoß versetzen würde– im unsteten städtischen Alltag lässt sich Atmosphärenicht nach Belieben auslöschen und wie<strong>der</strong>erwecken,lassen sich Milieus nicht nach Bedarf verlagern, verlierenTreffpunkte ihre Anziehungs kraft, wenn sie fürMonate schließen.“Und Martin Mosebach, damals kurz und bündig: „EinNeubau wird niemals mehr das Flair <strong>der</strong> jetzigen Hallehaben, und wenn man sich auf den Kopf stellt.“Der neueste StandDoch dann war das Thema Altstadtsanierung ausGeldmangel plötzlich vom Tisch und ist erst jetzt rundum den Dom wie<strong>der</strong> aktuell geworden – und auch dagleich wie<strong>der</strong> brisant. Bartetzko hat weiter viel zu tun.Aber es ist keine Rede mehr von einem Übergriff auf<strong>die</strong> <strong>Kleinmarkthalle</strong>.Mit ihr geht es seit 2008 prächtig weiter. 2004 nochhatte sich zu ihrem 50. Geburtstag <strong>der</strong> Verein„Freunde <strong>der</strong> <strong>Kleinmarkthalle</strong>“ gegründet, um sie ausihrem damaligen Schattendasein zu holen, jetzt kanntesie je<strong>der</strong>, alte Lieben entflammten wie<strong>der</strong>, neueentstanden, das Geschäft und <strong>die</strong> Händler blühten auf.Anneliese Nr. 3 4


Fisch auf <strong>der</strong> Galerie, René LaudigeoisObst und Gemüse Frieser, Roswitha FrieserViele glauben, <strong>der</strong> Verein „Freunde <strong>der</strong> Klein markt -halle“ hätte sich gegründet, als ihr <strong>der</strong> Abriss drohte.Das stimmt nicht, den Verein gibt’s schon seit 2004,Norbert Brieke und Henner Drescher hatten <strong>die</strong>Initiative ergriffen.Doch es war ein Glück, dass <strong>der</strong> Verein schon be stand,als es mit den Abrissplänen losging. Da war gleich einGremium handlungsfähig, das gegenüber <strong>der</strong> Stadt,den Ortsbeiräten, <strong>der</strong> Oberbürger meis terin, den „zuständigenStellen“, den „stets gut unterrichtetenKreisen“, zu denen einige Mitglie<strong>der</strong> selbst gehörten,und den Me<strong>die</strong>n auftreten konnte. Die Arbeit, <strong>die</strong>Ulrike Schie<strong>der</strong>mair, bis heute Vorsitzende des Ver -eins, damals leistete, wäre ein eigenes, auch anekdotenreichesStück Stadtge schichte.Nachdem 2008 <strong>die</strong> „große Lösung“ vom Tisch war,wurden nur <strong>die</strong> hygienisch dringlichen Sanierungs -arbeiten erledigt, darunter <strong>die</strong> Erneuerung <strong>der</strong> Toi -letten im Kellergeschoss. Kürzlich hat nun <strong>der</strong> neueMarktdezernent Investitionen in <strong>die</strong> Haus technik undteils neue Kühlgeräte an einigen Händler ständen angekündigtund darauf vorbereitet, dass mittelfristig,nach immerhin 58 Jahren, <strong>die</strong> Technik für Strom,Wasser und Abwasser komplett erneuert werdenmuss. Dies alles soll aber bei laufendem Betrieb geschehen.Also keine Sorgen mehr?Sagen wir so: Aufmerksames Beobachten kann nichtschaden, wenn <strong>die</strong> <strong>Kleinmarkthalle</strong> ihren Charakterbehalten soll. Viel Zeitgeist ist ja schon hineingewehtund hat sie, neben aller Beständigkeit, auch verwandelt.Früher trafen sich hier <strong>die</strong> Dienstboten mit denHändlern, das war ein Zusammenhang von Sach ver -ständigen auf Augenhöhe. Dann lernte <strong>die</strong> gnädigeFrau selber das Einkaufen und Kochen, dann riss ausvielen Gründen <strong>der</strong> Faden zur Tradition, für vieleKin<strong>der</strong> übernahmen Hipp und McDonald’s <strong>die</strong> Ge -schmackserziehung.Glücklicherweise lässt sich <strong>die</strong> mittlere Generation inzwischenvom englischen Me<strong>die</strong>nstar und Küchen -pädagogen Jamie Oliver an <strong>die</strong> Hand nehmen, findetmit seinen Rezepten und Ermahnungen den Weg in<strong>die</strong> <strong>Kleinmarkthalle</strong> und <strong>trifft</strong> sich dort mit <strong>der</strong> altenKundschaft: den Leuten aus dem Viertel, den ernsthaftenGourmets, den erfahrenen Genießerinnen – ich sagenur: Herrn Rö<strong>der</strong>s Frikadellen! Die Ser vietten knödelvon den Nowaks bei „Peters Delikatessen“! Dazu kommen<strong>die</strong> neuen Turboköche, <strong>die</strong> sehr be stimmt – un<strong>der</strong>freulich großzügig einkaufen.Und natürlich hat auch <strong>die</strong> Spaßgesellschaft Einzug gehalten.Der gewöhnliche Steppel Fleischwurst an FrauSchreibers Stand – auch sie eine Kleinmarkt hallen-Legende – hat mittlerweile Kultstatus und <strong>die</strong> Herrenim schwarzen Tuch stehen mittags stolz in <strong>der</strong> langenSchlange.Frau Friesers EinwandBei Valentino an <strong>der</strong> Nordseite und den SchwälmerFrauen in <strong>der</strong> Metzgerzeile konnte man schon immerzu Mittag essen, aber mittlerweile gibt es eine spanischeTapas- und eine Espressobar, ein französischerWein- und Probierstand kam dazu, auf <strong>der</strong> Terrasseschenkt <strong>der</strong> Rollan<strong>der</strong>hof aus, auf <strong>der</strong> Galerie gibt’sFischgerichte, jahreszeitbedingt samt Austernbar, <strong>der</strong>japanische Stand bietet Sushi und an<strong>der</strong>es Authen -tisches, dazu Messerschleif- und Koch semi nare, nebendrangibt‘s Wild- und Geflügel auf dem Teller, ichkann nicht alles aufzählen, will aber Frau FriesersSorge mitteilen:„Von dene hat kaaner e Dutt mit Gemies o<strong>der</strong> Fleischin de Hand, wann er sich devon macht. Wenn des soweitergeht, mache <strong>die</strong> aus de Markthall e Fress- undSaufhall!“Als Vertreterin des Sowohl-als-auch empfehle ich deshalb,beim Glas Wein o<strong>der</strong> dem Latte macchiato nebenbeiden Einkaufszettel auf- und dann beherzt umzusetzen.Manchmal vergisst man einfach, dass manfür das, was bleiben soll, auch selber etwas tun kann.Das heißt aber nicht, <strong>die</strong> Marktleitung aus ihrerVerantwortung zu entlassen! Ich zitiere aus <strong>der</strong>Stellungnahme <strong>der</strong> „Freunde <strong>der</strong> <strong>Kleinmarkthalle</strong>“, <strong>die</strong>Ulrike Schie<strong>der</strong>mair am 3. August 2007 an <strong>die</strong> Ober -bürgermeisterin, <strong>die</strong> Fraktionen, <strong>die</strong> Ämter und <strong>die</strong>Me<strong>die</strong>n weitergab, weil sie weiterhin aktuell ist:„Der Verein möchte nicht leichten Herzens daran teilhaben,dass gestandenen und erfahrenen Einzel -händlern (eine Spezies, <strong>die</strong> langsam untergeht) mutwilligund voreilig <strong>der</strong> Garaus gemacht wird. Mit Sorgebeobachten wir, dass man <strong>die</strong> StandbetreiberRote Bete, zurück zu den Wurzeln!Rezepte von Monika ReichertZum Beispiel als Suppe mit Meerrettich undSonnenblumenpesto für 4 Personen:1 Gelbe Rübe, 1/4 Sellerieknolle, 1 Lauchstange, 2-3Scheibchen Ingwer, 1/2 Zitrone, 1 Apfel, 4 Pimentkörner,1/2 Teel. Fenchelsamen, 1/2 Sternanis, 2-3 Thymian -zweige, 1 cm dickes rotes o<strong>der</strong> grünes Peperoni, 1 EßlöffelSonnenblumenöl, 1 kleine Zwiebel, 500g rohe Rote Bete,2 mehlig kochende Kartoffeln, 1 Prise Zucker, frischerMeerrettich.Für den Fond werden <strong>die</strong> Schalen <strong>der</strong> Gelben Rübe und <strong>der</strong>Sellerieknolle sowie das grob geschnittene Lauchgrünaufgesetzt, 2 - 3 Ingwerscheiben, <strong>der</strong> geviertelte Apfel, <strong>der</strong>Saft einer Zitrone. Das Gemüse soll vom Wasser geradebedeckt sein. 4 grob gestoßene Piment körner, 1 Nelke,1 Lorbeerblatt, <strong>die</strong> Fenchelsamen, Sternanis, <strong>die</strong> Thymian -zweige und das Stück Peperoni dazugeben. Das Ganzeeinmal aufkochen und dann 10 Min. köcheln lassen, ziehenlassen, dann durch ein Sieb abgießen. Jetzt wird ineinem Topf 1 Eßlöffel Sonnen blumen öl erhitzt, darin <strong>die</strong>gewürfelten Zwiebel anschwitzen, <strong>die</strong> Sellerieknolle, <strong>die</strong>Gelbe Rübe und dann <strong>die</strong> an<strong>der</strong>e Hälfte <strong>der</strong> Lauchstangewürfeln und dazugeben. Leicht salzen. Dann <strong>die</strong> geschälteund gewürfelte Rote Bete und geschälte, geviertelteKartoffel dazugeben und weichkochen (etwa 30 Min.),schließlich pürieren und mit Salz und Zucker abschmecken.Als Topping paßt ein Pesto aus Sonnenblumenkernen:60 g Sonnenblumen kerne ohne Fett in <strong>der</strong> Pfanne anrös -ten, im Mörser zerstoßen, 2 Eßl. Sonnenblumenöl, einePrise Salz und 30 g Schafsschnitt käse dazugeben, sowie1 Eßl. gezupften Oregano.Wenn etwas von dem Pesto übrig bleibt, kann man es zuNudeln o<strong>der</strong> auf einem Frischkäsebrot essen.5Anneliese Nr. 3


Peters Delikatessen, Peter und Heidi NowakWurststand Schreiber, Ilse SchreiberBettys WinterkohlRezept von Renate LiebenweinMeine Mutter war auf den üppigen Namen BarbaraBernhardine Emilie getauft, genannt wurde sie aber nur„Betty“. Sie war eine fröhliche, mütterliche Frau, <strong>die</strong> – wieso viele – ihre beiden Kin<strong>der</strong> durch <strong>die</strong> Hungerszeiten desausgehenden Krieges brachte. Ihr Winterkohl ist das einzigeRezept, das sie mir in ihrer säuberlichen Hand schrift,gemischt aus Sütterlin und Latein, hinterlassen hat. Mannehme in etwa für 6-8 Personen:3 Kilo große mehlige Kartoffeln, 4 Kilo Winterkohl, hierbesser bekannt als Grünkohl, 10-12 Westfälinger, nachBelieben weich und frisch o<strong>der</strong> abgehangen. Viel Pfefferund Salz. 2 Löffel Schweine- o<strong>der</strong> Gänseschmalz. In zweiTöpfen wird Wasser gekocht, <strong>der</strong> eine für <strong>die</strong> gewürfeltenKartoffeln, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e für den gestruppten Winterkohl.Wenn das Gemüse „al dente“ ist, schüttet man es in einSieb und lässt es leicht abkühlen. Dann presst man es zutennisballgroßen Bällen zusammen und schneidet es inkleine Stücke. Inzwischen sind auch <strong>die</strong> Kartoffelwürfelgar und werden mit dem Grünkohl vermischt. Jetzt kräftigwürzen, das Schmalz dazugeben und eventuell auch etwasGemüsebrühe zum Geschmeidigmachen. Aufpassen,dass nichts anbrennt, das tut es nämlich gerne. Am bes -ten füllt man den nun fertigen Winterkohl in eine großePorzellanschüssel und stellt ihn im Ofen warm, denndas Ganze kühlt rasch ab, schmeckt aber nur heiß. DieWestfälinger sind inzwischen ebenfalls erhitzt. Ich stechesie immer an, damit sie nicht so fett bleiben. Als Getränkempfiehlt sich Apfelwein o<strong>der</strong> Bier. Danach ein guterObstbrand.<strong>Wo</strong> <strong>der</strong> <strong>Leib</strong> <strong>die</strong> <strong>Seele</strong> <strong>trifft</strong>vornehmlich nach ihrer Finanzkraft aussucht. Die Folgeist, dass bereits 5 Stände in <strong>der</strong> Halle sind, <strong>die</strong> manauch woan<strong>der</strong>s findet, sogar ein Franchise-Unter -nehmen gibt es schon. Für <strong>die</strong> Nachfolge von Käse-Kracht gab es gute Vorschläge, darunter denZusammenschluss einzelner kleiner Käsereien zu einemgemeinsamen Stand, was ja geradezu dem Idealeiner <strong>Kleinmarkthalle</strong> entspricht. Doch den Zuschlagerhielt ein Laden wie es ihn mehrfach schon an<strong>der</strong>enOrts gibt. Wenn <strong>die</strong> Standvergabe weiter so betriebenwird, macht sich <strong>die</strong> Markthalle selbst überflüssig.“Die erfüllte SehnsuchtEntstanden waren <strong>die</strong> städtischen Markthallen ab den80er Jahren des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts, um <strong>die</strong> stark wachsendeBevölkerung versorgen zu können, und sie entwickeltensich rasch zu urbanen Nischen innerhalb <strong>der</strong>großstädtischen Anonymität. Es ist wohl <strong>der</strong> selbeGrund, aus dem sie heute wie<strong>der</strong>entdeckt werden,und nicht einfach nur Nostalgie. In unserer immer virtuellerenWelt, <strong>die</strong> je<strong>der</strong>zeit den Zugriff auf Daten -banken, Unterhaltungselektronik, Gesundheits portaleerlaubt, in <strong>der</strong> Supermärkte fast rund um <strong>die</strong> Uhr dassofortige Stillen von Hunger, Durst und Lange weile gestatten,in <strong>die</strong>ser Welt erfüllen Orte wie <strong>die</strong> Klein -markthalle <strong>die</strong> Sehnsucht nach Unmittel barkeit undUrsprünglichkeit.Ursprünglichkeit im wörtlichen Sinn wie sie <strong>der</strong> BauerMann auf <strong>der</strong> Galerie liefert, <strong>der</strong> seinen Stand nur freitagsund samstags betreibt und dann verkauft, was in<strong>der</strong> übrigen Zeit auf dem Odenwäl<strong>der</strong> Hof geerntet,gesammelt, geschlachtet und verwurstet wurde. Dasist traditioneller Marktbetrieb!O<strong>der</strong> das Ehepaar Kempf in <strong>der</strong> Metzgerzeile, das seinenStand nur von Donnerstag bis Samstag aufmacht,weil es Anfang <strong>der</strong> <strong>Wo</strong>che nach Bayern fährt und dasFleisch und <strong>die</strong> Leber holt, <strong>die</strong> man nur bei ihnen sofein gehäutet kaufen kann. Beide sind schon über 80,alles fällt ihnen nicht mehr so leicht, aber mit ihremTafelspitz, vor allem dem vom Kalb legt man höchsteEhre ein, <strong>der</strong> wird butterzart und seelengut.Nun wissen Sie Bescheid und brauchen keine weiterenRatschläge. Einfach hingehen, einkaufen und aufpassen- womöglich spielt dann auch in Ihrem Leben <strong>die</strong><strong>Kleinmarkthalle</strong> eine größere Rolle. Es muss ja nichtgleich so weit gehen wie bei Klaus Trebes. SeineGeschichte hat er so erzählt:„Erste Einkäufe 1968, <strong>die</strong> sich in immer kürzerenAbständen wie<strong>der</strong>holten, führten schließlich dazu,dass ich mit meiner Frau 1984 ein Restaurant eröffnete.“Das „Gargantua“, erst in Bockenheim, dann imWestend in <strong>der</strong> Liebigstraße, besteht weiter in <strong>der</strong> Artdes unvergessenen Klaus Trebes, mittlerweile nahebeim Opernplatz, in <strong>der</strong> „Welle“ am Reuterweg. Wasfür eine Wirkungsgeschichte!Martin und Margarete Franck 1956. Die Eltern von Horst Franck.Anneliese Nr. 3 6


Feinkost Treulieb, Inge HardtGeflügel-Dietrich, Dieter RudolphDrei Ordner „Aufregung“...Meine Panik-Menus... um <strong>die</strong> <strong>Kleinmarkthalle</strong> stehen angestaubt im Regal.War das „Lärm um Nichts“ o<strong>der</strong> hatte das Bohei umden Abriß und danach um den Umbau was Gutes? DieAufregung Anfang 2005, als <strong>der</strong> Planungs dezernentEdwin Schwarz den Abriß und einen Neu bau an <strong>der</strong>Berliner Straße erwog, hätte man den Händlern gerneerspart. Aber war Herr Schwarz nicht <strong>der</strong> Prinz, <strong>der</strong>Dornröschen wachgeküsst hat? Mit Dornröschen meineich nicht <strong>die</strong> <strong>Kleinmarkthalle</strong>. Wachgeküsst hat erPolitik, Verwaltung, Presse und ganz viele Frankfurter.Jahrzehntelang wurde in <strong>der</strong> <strong>Kleinmarkthalle</strong> kaum renoviert,nur ab und zu etwas Schönheitspflege.Gewitzt erscheint es heute, dass bereits 2004 <strong>der</strong>Verein <strong>der</strong> Freunde <strong>der</strong> Kleinmarkt halle gegründetwurde. Der wollte auch wachküssen. Herr Schwarz istdem Beispiel halt auf eine an<strong>der</strong>e Art gefolgt. Auf einenSchlag war <strong>die</strong> <strong>Kleinmarkthalle</strong> unverzichtbar, unentbehrlich,erhaltenswert und unser aller Liebling. Sosteht es im Ordner Nummer 1.An<strong>der</strong>e Sorgen im Ordner Nummer 2: kein Abriß, stattdessensoll umgebaut und saniert werden. Vor schlägegibt es genug, z.B. eine Erweiterung <strong>der</strong> Metzgerzeiledurch einen Anbau an <strong>der</strong> Südseite mit neuenKühlsystemen und mehr Platz für Gastro no mie, alsoStehtische, <strong>die</strong> umwickelten mit dem Schlupp. Dazu eineUnterkellerung für Anlieferung, Müll ent sorgungund Platz für Autos <strong>der</strong> Stand in haber, da <strong>der</strong> Parkplatzdurch den Anbau Süd entfällt. Die Eingänge Ost undWest sollen „schön“ werden und <strong>die</strong> „Hinterhof-Tristesse“ soll weg. Der Ein gang Ost sei zu düster. (Dagenügten, so <strong>die</strong> OB Roth damals, doch stärkereLampen.) Eine „Nord-Süd-Schneise“ soll neueKundenströme zwischen Holz graben und BerlinerStraße schaffen. (Erläuterung: es gibt jeweils zweiAusgänge Süd und Nord. Auf <strong>der</strong> Nordseite gelangtman auf den Händler-Parkplatz und stößt auf <strong>die</strong>Rückseite <strong>der</strong> Häuser <strong>der</strong> Tönges gasse. Südlich gelangtman von <strong>der</strong> Straße „An <strong>der</strong> <strong>Kleinmarkthalle</strong>“ zu denHintereingängen <strong>der</strong> „Kamm-Häuser“ <strong>der</strong> BerlinerStraße. In <strong>die</strong>sem Areal sollten Künstler-Ateliers entstehen.Dann kamen <strong>die</strong> Junkies und <strong>die</strong> Tore <strong>der</strong>Kamm-Häuser wurden geschlossen. Für <strong>die</strong>se „Nord-Süd-Schneise“ müsste das Umfeld <strong>der</strong> <strong>Kleinmarkthalle</strong>vollständig umgebaut werden.)Platz für Veranstaltungen wie „Jazz-Frühstück“, auchaußerhalb <strong>der</strong> Öffnungszeiten. Mehr Kundschaftdurch mehr „Gastronomie.“ Ein sogenannter„<strong>Wo</strong>rkshop”. Charakter und Ästhetik <strong>der</strong> Halle sollenerhalten werden. Das wenigstens hat geklappt. Ganzohne Plan. Nicht zuletzt durch <strong>die</strong> Erhaltung <strong>der</strong>„Zimmermannschen Gebetsbuch-Ablage“. (So <strong>der</strong>damalige Baudezernent Franz Zimmermann über <strong>die</strong>Borde an <strong>der</strong> Metzgerzeile, <strong>die</strong> Platz bieten fürPappteller mit <strong>Wo</strong>rscht, Handtaschen, Kleinkin<strong>der</strong>,etc). Was sagte Frau Roth? „Die Borde bleiben“. Allean<strong>der</strong>en obengenannten Vorschläge werden zurückgestellt.2007 wird <strong>der</strong> Architekturwettbewerb europaweitausgeschrieben.Ein hoffnungsvoller Blick auf Ordner Nummer 3: AlleUnterlagen zum Architektur-Wettbewerb sind darinenthalten. 2008 wird <strong>der</strong> Gewinner bekanntgegeben.Es ist „Code unique“ aus Dresden. Die Jury hat guteArbeit geleistet. Ob das alles realisiert werden kann?Nachtrag: Die neue „vertiefte“ Planung des Archi -tektur büros ergibt, dass ein Umbau <strong>die</strong> Auslagerung<strong>der</strong> Händler für ca. zwei Jahre voraussetzt und nichtwährend des laufenden Betriebs erfolgen kann.Darüber hinaus belaufen sich <strong>die</strong> Kosten auf ca.18,9 Millionen Euro und überschreiten damit <strong>die</strong>Wettbe werbsvorgabe von 12,5 Mio. deutlich. Unter<strong>die</strong>sen Voraussetzungen verständigen sich Stadt undMarktbetriebe darauf, <strong>die</strong> rechtlichen Auflagen zuerfüllen und <strong>die</strong> Haustechnik und Belüftung <strong>der</strong> Hallezu verbessern. Die Marktbetriebe erarbeiten einenAnfor<strong>der</strong>ungskatalog, <strong>der</strong> Ende 2013 fertiggestelltwerden kann. Die Sanierungspläne werden wohl erst2014 realisiert werden können.Ich bin eine faule Köchin. Vor wenigen Jahren noch bin ichin Panik geraten, wenn sich überraschend Besuch angesagthat. Inzwischen bin ich gelassen und kaufe, wenn esschnell gehen muss, „Fertig-Gerichte“ in <strong>der</strong> Kleinmarkt -halle. Die kommen nicht aus <strong>der</strong> Tiefkühltruhe. Ich weiß,wer sie zubereitet hat. Es ist nicht <strong>die</strong> Rede von Pizza undDöner, beides sucht man dort vergeblich. Aber an<strong>der</strong>esFeines ist zu haben: ganz kleine Frikadellen, von denenman viel mehr essen kann als von den großen, warumnur? Dazu Gurkensalat wie früher mit <strong>die</strong>ser weißenSauce, <strong>die</strong> man noch ab und zu an<strong>trifft</strong> beim Grünen Salatauf dem Land. Kartoffelsalat und Grüne Soße gibt es inmindestens vier verschiedenen Zubereitungsarten, vonzart elegant bis rustikal. Deftiger Nudelsalat o<strong>der</strong> fein -geschnittener Fleischsalat, beiden kann ich nicht wi<strong>der</strong> -stehen. Schon gar nicht den Serviettenknödeln, <strong>die</strong> ich inScheiben schneide, mit etwas Butter anbrate und dannmit Preiselbeeren o<strong>der</strong> einer Birnen-Senf-Sauce serviere .Heiße Fleischwurst mit Frankfurter Senf (<strong>der</strong> mit densieben Kräutern), Vitello tonnato, <strong>die</strong> klassische QuicheLorraine o<strong>der</strong> <strong>die</strong> kleinen Quiches mit Lachs o<strong>der</strong> Gemüse,Tortelloni mit verschiedenen Füllungen und an<strong>der</strong>e frischePasta, Fisch-Pasteten mit hausgemachter Senfsauce,Roastbeef mit hausgemachter Remouladensauce, Zunge,Kalbs- und Schweinsbraten, Wildpasteten, Heringssalat,Krautsalat, alles vom Huhn, alles vom Frischkäse mitvielen Beigaben und noch vieles mehr haben <strong>die</strong> Händlerjeden Tag frisch im Angebot. Vom Grünen besorge ichgeputzten Feldsalat, dazu Granatapfelkerne im Schäl -chen. Wenn ich Zeit habe, hole ich mir lieber den ganzenGranatapfel und entkerne selbst. Obstsalat selber machenist schön, macht aber viel Arbeit. Da hole ich mir raschden frischen fertigen.Kurzum: Die besten „Fertig-Gerichte“ gibt es in <strong>der</strong><strong>Kleinmarkthalle</strong>.Ulrike Schie<strong>der</strong>mair7 Anneliese Nr. 3


Auf <strong>der</strong> Galerie, 1954Auf <strong>der</strong> Galerie, heute<strong>Kleinmarkthalle</strong>:Hasengasse 5-7, 60311 Frankfurtwww.<strong>Kleinmarkthalle</strong>.dewww.<strong>Kleinmarkthalle</strong>.comMontag bis Freitag 8 bis 18 Uhr, Samstag 8 bis 16 Uhr.An den vier Samstagen vor Weihnachten 8 bis 18 Uhr.Öffentliche Verkehrsmittel:S-und U-Bahn-Stationen Konstabler Wache undHauptwache, U-Bahn Dom/RömerParkhäuser: Konstabler Wache, Hauptwache, Dom/Römer(ab Frühjahr 2013)Die <strong>Kleinmarkthalle</strong> hat sowohl in <strong>der</strong> Hasengasse alsauch beim Eingang Liebfrauenberg ebenerdige, zweiMeter breite Zugänge. Ein Lift zur Galerie ist vorhanden.Gedrucktes:„Die <strong>Kleinmarkthalle</strong> kocht“, EvaEva <strong>Wo</strong>lf, Nizza Verlag,ISBN 978-3-940599-00-1Walldorferstr. 3,60598 Frankfurt am Main,Tel. 069-63198971,Fax 069-63198970, frankfurt@nizzaverlag.deSiehe auch Hessen-Shop an <strong>der</strong> <strong>Kleinmarkthalle</strong>:<strong>Kleinmarkthalle</strong>n-Kalen<strong>der</strong>, Souvenirs.Verein <strong>der</strong> Freunde <strong>der</strong> <strong>Kleinmarkthalle</strong>:Es gibt ihn noch, aber er ist seit einigen Jahren nicht aktiv.Nach den erwähnten Unternehmungen, bei denen esaus gegebenem Anlass vornehmlich um <strong>die</strong> Händler ging,gab es für den Vorstand vorerst keinen Handlungs bedarf.Aus <strong>die</strong>sem Grund hat <strong>der</strong> Vorstand des Vereins daraufverzichtet, den Betrag von monatlich 1 Euro, also 12 Euroim Jahr einzuziehen. Der Verein beobachtet <strong>die</strong> Entwicklungin Sachen <strong>Kleinmarkthalle</strong> und wird zu gegebenerZeit Stellung beziehen. Die Vereinsmitglie<strong>der</strong> erhalten imLaufe des Jahres 2013 Nachricht über <strong>die</strong> nächsteVollversammlung.ImpressumRedaktion: Ulrike Schie<strong>der</strong>mair (v.i.S.d.P.), Inge TraxlerBeiträge von Eva Demski, Renate Liebenwein,Monika Reichert, Ulrike Schie<strong>der</strong>mair, Inge TraxlerGestaltung: zplusz.deZeichnung Anneliese: Hans TraxlerZeichnung Jüdisches Aspirin: Eva DemskiFotos: Institut für Stadtgeschichte Frankfurt,Peter Nicolay, Ulrike Schie<strong>der</strong>mair, Michael StoenebergAnschrift <strong>der</strong> Redaktion: Ulrike Schie<strong>der</strong>mair,Große Fischerstraße 23, 60311 FrankfurtKleine ChronikBis 1879 gibt es in Frankfurt nur Märkte unter freiemHimmel. Ab dem 13. Jahrhun<strong>der</strong>t kommen <strong>die</strong>Bauern aus dem Umfeld und bieten ihre Waren feilauf dem „Samstagberg“, dem östlichen Teil desRömerbergs (so genannt, weil Samstag Markttagwar), und seit Ende des 16. Jahrhun<strong>der</strong>ts auch in denumliegenden Gassen bis zum damaligenGarküchenplatz hinter dem Dom St. Bartholomäus.1879Eröffnung <strong>der</strong> Markthalle Hasengasse/EckeReineckstraße. Architekt ist Gustav Albert Behnke. Siebietet auf 4000 m 2 Platz für 468 Stände. Bald platzt<strong>die</strong> Markthalle aus allen Nähten. Die Entscheidung,den Großhandel vom Einzelhandel zu trennen, wirdrealisiert im Jahre1928Der Großhandel zieht in <strong>die</strong> Großmarkthalle in <strong>der</strong>Sonnemannstraße. Architekt ist <strong>der</strong> Stadtbau direk torMartin Elsässer. Der Einzelhandel bleibt in <strong>der</strong> Innen -stadt, <strong>die</strong> Markthalle heißt jetzt Kleinmarkt halle.1943Die <strong>Kleinmarkthalle</strong> wird 1943/44 teilweise zerstört.Händler halten den Betrieb aufrecht.1954Die alte Markthalle wird abgerissen. Die neue<strong>Kleinmarkthalle</strong> in <strong>der</strong> Hasengasse wird eröffnet vonOB Walter Kolb. Die Architekten sind GüntherGottwald und Gerhard Weber.1955Es herrscht Mangel an Arbeitskräften. Das Anwerbe-Abkommen zwischen <strong>der</strong> BRD und Italien bringt <strong>die</strong>ersten „Gastarbeiter“ aus dem Süden nach Frankfurt.1960 kommen Spanier und Griechen. Die Händlerstellen sich auf <strong>die</strong> Bedürf nisse <strong>der</strong> neuen Kundschaftein. Mit <strong>der</strong> Zeit gibt es auch italienische, spanischeund griechische Stand inhaber, seit wenigen Jahrenauch persische und indische sowie einen japanischenStand.Warum „Anneliese“ Anneliese heißtAnneliese Aulbach war für den HR 30 Jahre lang „Unterwegs in Hessen“.Jeden Donnerstagmorgen meldete sie sich mit: „Ich komm grad vom Markt.“Die Frankfurter Hausfrauen warteten jede <strong>Wo</strong>che gespannt auf ihre Tipps,Preisvergleiche und Rezeptvorschläge. Die frühe Freundin <strong>der</strong> Kleinmarkt halleist 1991 gestorben. Bei den alten Händlern und Kunden ist sie unver gessen.2000Die <strong>Kleinmarkthalle</strong> wird unter Denkmalschutzgestellt.2004Fest zum 50jährigen Bestehen. Die Großmarkthallewird geschlossen. Der Großhandel zieht nach Kalbach.Der Elsässer-Bau wird <strong>die</strong> Heimstatt <strong>der</strong> EuropäischenZentralbank. Das Architektur-Büro Coop-Himmelblau,Wien, erhält den Zuschlag für den Bau <strong>der</strong> EZB.Gründung des Vereins <strong>der</strong> Freunde <strong>der</strong> Kleinmarkt -halle. Ziel ist, <strong>die</strong>se einem breiten Publikum bekanntzu machen, sie in ihrer Eigenart zu bewahren und denKontakt zu Händlern und Behörden zu halten.2005Im Januar erwägt das Planungsdezernat im Zuge einerNeugestaltung des Altstadt-Viertels um <strong>die</strong> BerlinerStraße 20-36 den Abriß <strong>der</strong> <strong>Kleinmarkthalle</strong> und einenNeubau <strong>der</strong> <strong>Kleinmarkthalle</strong> an <strong>der</strong> Berliner Straße.Die Frankfurter protestieren heftig. Der Verein <strong>der</strong>„Freunde <strong>der</strong> <strong>Kleinmarkthalle</strong>“ veranstaltet im Märzeine Podiumsdiskussion “<strong>Wo</strong> bleibt <strong>die</strong><strong>Kleinmarkthalle</strong>?“ im Café Metropol. Der Protest hatErfolg: <strong>der</strong> Abriß ist Mitte des Jahres 2005 vom Tisch.2006Ein Umbau und eine Sanierung werden von <strong>der</strong> Stadtins Auge gefasst. Die Kosten werden mit 12,5 EuroMillionen veranschlagt. Ein Architektur-Wettbewerbwird ausgeschrieben.2008Am Wettbewerb beteiligen sich 250 Architektur-Büros aus ganz Europa. In <strong>die</strong> Endauswahlkommen 50 Entwürfe. Gewinner sind „Code UniqueArchitekten“ aus Dresden.2012Die großen Umbaupläne werden wegen Geldmangelsvorerst nicht weiter verfolgt. Eine teilweise Sanierungist erfolgt.Anneliese Nr. 3 8

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