Anmerkungen übers Theater - Shakespeare-Rezeption im 18 ...
Anmerkungen übers Theater - Shakespeare-Rezeption im 18 ...
Anmerkungen übers Theater - Shakespeare-Rezeption im 18 ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Shakespeare</strong><br />
und die Epoche des Sturm und Drang<br />
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg<br />
Germanistisches Seminar<br />
Florian Mohr
I.<br />
II.<br />
III.<br />
IV.<br />
<strong>Shakespeare</strong><br />
und die Epoche des Sturm und Drang<br />
<strong>Shakespeare</strong> <strong>Rezeption</strong> <strong>im</strong> <strong>18</strong>.<br />
Jahrhundert<br />
Johann Wolfgang von Goethe:<br />
Zum Schäkespears Tag (1771)<br />
Johann Gottfried Herder:<br />
Shakespear (1773)<br />
Jakob Michael Reinhold Lenz:<br />
<strong>Anmerkungen</strong> <strong>übers</strong> <strong>Theater</strong> (1774)
I.<br />
<strong>Shakespeare</strong>-<br />
<strong>Rezeption</strong> <strong>im</strong><br />
<strong>18</strong>. Jahrhundert
<strong>Shakespeare</strong><br />
und die Epoche des Sturm und Drang<br />
1741 Übersetzung Julius Caesar (Caspar W. von Borck)<br />
1742 Kritik Johann C. Gottscheds<br />
1757 Übersetzungen durch Christoph M. Wieland<br />
1759 Gotthold E. Lessing: Aufklärung und <strong>Shakespeare</strong><br />
1771 Johann W. von Goethe: Rede zum Schäkespears Tag<br />
1773 J.G. Herder: Von deutscher Art und Kunst<br />
1774 J.M.R. Lenz: <strong>Anmerkungen</strong> <strong>übers</strong> <strong>Theater</strong><br />
I. <strong>Shakespeare</strong> <strong>Rezeption</strong> <strong>im</strong> <strong>18</strong>. Jahrhundert
II.<br />
Goethes Rede<br />
„Zum Schäkespeares<br />
Tag“<br />
(1770)
Entstehung<br />
Naturbegriff<br />
<strong>Shakespeare</strong><br />
und die Epoche des Sturm und Drang<br />
vermutlich Herbst 1771<br />
1. deutsche <strong>Shakespeare</strong> Feier<br />
am 14. Oktober 1771<br />
in Frankfurt am Main<br />
Genieästhetik<br />
Bruch mit der Regelpoetik<br />
II. Goethes Rede: Zum Schäkespears Tag (1771)
<strong>Shakespeare</strong><br />
und die Epoche des Sturm und Drang<br />
Zum Schäkespears Tag<br />
„Und ich rufe Natur! Natur! nichts so Natur als Schäkespears<br />
Menschen. [...]<br />
Das, was edle Philosophen von der Welt gesagt haben, gilt auch<br />
von Schäkespearen, das, was wir bös nennen , ist nur die andre<br />
Seite vom Guten, die so notwendig zu seiner Existenz und in<br />
das Ganze gehört, als Zona torrida brennen und Lappland<br />
einfrieren muß, daß es einen gemäßigten H<strong>im</strong>melsstrich gebe.<br />
Er führt uns durch die ganze Welt, aber wir verzärtelte<br />
unerfahrne Menschen schreien bei jeder fremden Heuschrecke,<br />
die uns begegnet: Herr, er will uns fressen.“<br />
II. Goethes Rede: Zum Schäkespears Tag (1771)
Entstehung<br />
Naturbegriff<br />
<strong>Shakespeare</strong><br />
und die Epoche des Sturm und Drang<br />
Goethe fordert ein neues<br />
Naturverständnis:<br />
Totalität der Wirklichkeit<br />
Protest gegen die Einengung<br />
durch abstrakte Vernunft und<br />
gesellschaftliche Reglements<br />
Genieästhetik<br />
Bruch mit der Regelpoetik<br />
II. Goethes Rede: Zum Schäkespears Tag (1771)
<strong>Shakespeare</strong><br />
und die Epoche des Sturm und Drang<br />
Zum Schäkespears Tag<br />
„Ich zweifelte keinen Augenblick, dem regelmäßigen <strong>Theater</strong> zu<br />
entsagen. Es schien mir die Einheit des Orts so kerkermäßig ängstlich, die<br />
Einheiten der Handlung und der Zeit lästige Fesseln unsrer<br />
Einbildungskraft. Ich sprang in die freie Luft und fühlte erst, daß ich<br />
Hände und Füße hatte. Und jetzo, da ich sahe, wieviel Unrecht mir die<br />
Herrn der Regeln in ihrem Loch angetan haben, wieviel freie Seelen noch<br />
drinne sich krümmen, so wäre mir mein Herz geborsten, wenn ich ihnen<br />
nicht Fehde angekündigt hätte und nicht täglich suchte ihre Türne<br />
zusammen zu schlagen.[...] Schäkespeares <strong>Theater</strong> ist ein schöner<br />
Raritätenkasten, in dem die Geschichte der Welt vor unsern Augen an<br />
dem unsichtbaren Faden der Zeit vorbeiwallt.“<br />
II. Goethes Rede: Zum Schäkespears Tag (1771)
Entstehung<br />
Naturbegriff<br />
<strong>Shakespeare</strong><br />
und die Epoche des Sturm und Drang<br />
contra Aristoteles‘ Einheitsprinzip;<br />
für die Darstellung der Vielfalt der<br />
Wirklichkeit<br />
Genieästhetik<br />
Bruch mit der Regelpoetik<br />
II. Goethes Rede: Zum Schäkespears Tag (1771)
<strong>Shakespeare</strong><br />
und die Epoche des Sturm und Drang<br />
Zum Schäkespears Tag<br />
„Nun sag ich geschwind hintendrein: Französchen, was willst<br />
du mit der griechischen Rüstung, sie ist dir zu groß und zu<br />
schwer.<br />
Drum sind auch alle französischen Trauerspiele Parodien von<br />
sich selbst.“<br />
II. Goethes Rede: Zum Schäkespears Tag (1771)
Entstehung<br />
Naturbegriff<br />
<strong>Shakespeare</strong><br />
und die Epoche des Sturm und Drang<br />
contra Aristoteles‘ Einheitsprinzip;<br />
für die Darstellung der Vielfalt der<br />
Wirklichkeit<br />
–<br />
Absage an den französischen<br />
Klassizismus und Gottscheds<br />
Regelpoetik<br />
Genieästhetik<br />
Bruch mit der Regelpoetik<br />
II. Goethes Rede: Zum Schäkespears Tag (1771)
<strong>Shakespeare</strong><br />
und die Epoche des Sturm und Drang<br />
Zum Schäkespears Tag<br />
„Er [<strong>Shakespeare</strong>] wetteiferte mit dem Prometheus, bildete ihm<br />
Zug vor Zug seine Menschen nach, nur in kolossalischer Größe;<br />
darin liegt‘s, daß wir unsere Brüder verkennen; und dann<br />
belebte er sie alle mit dem Hauch seines Geistes, er redet aus<br />
allen, und man erkennt ihre Verwandtschaft.“<br />
II. Goethes Rede: Zum Schäkespears Tag (1771)
Entstehung<br />
Naturbegriff<br />
<strong>Shakespeare</strong><br />
und die Epoche des Sturm und Drang<br />
Vergleich mit Prometheus<br />
Geniale Schöpferkraft des<br />
Einzelnen als Ausdruck der<br />
Natur<br />
Genieästhetik<br />
Bruch mit der Regelpoetik<br />
II. Goethes Rede: Zum Schäkespears Tag (1771)
III.<br />
Johann Gottfried<br />
Herder:<br />
„Shakespear“<br />
in:<br />
„Von deutscher Art und<br />
Kunst“ (1773)
<strong>Shakespeare</strong><br />
und die Epoche des Sturm und Drang<br />
Entstehung<br />
- 1. Fassung 1771<br />
- 2. Fassung 1772<br />
- 3. Fassung erschienen in:<br />
Von deutscher Art und Kunst (1773)<br />
III. Johann Gottfried Herder: Shakespear
Shakespear<br />
<strong>Shakespeare</strong><br />
und die Epoche des Sturm und Drang<br />
„Wenn bei einem Manne mir jenes ungeheure Bild einfällt: »hoch auf<br />
einem Felsengipfel sitzend! zu seinen Füßen, Sturm, Ungewitter und<br />
Brausen des Meers; aber sein Haupt in den Strahlen des H<strong>im</strong>mels!« so<br />
ist‘s bei <strong>Shakespeare</strong>! - Nur freilich auch mit dem Zusatz, wie unten am<br />
tiefsten Fuße seines Felsenthrones Haufen murmeln, die ihn - erklären,<br />
retten, verdammen, entschuldigen, anbeten, verleumden, <strong>übers</strong>etzen und<br />
lästern! - und die Er alle nicht höret!“<br />
III. Johann Gottfried Herder: Shakespear
Shakespear<br />
<strong>Shakespeare</strong><br />
und die Epoche des Sturm und Drang<br />
„Die griechische Tragödie entstand gleichsam aus einem Auftritt, aus<br />
dem Impromptu des Dithyramben, des m<strong>im</strong>ischen Tanzes, des Chors.“<br />
„<strong>Shakespeare</strong> fand keinen Chor vor sich; aber wohl Staats- und<br />
Marionettenspiele - wohl! er bildete also aus diesen Staats- und<br />
Marionettenspielen, dem so schlechten Le<strong>im</strong>! das herrliche Geschöpf, das<br />
da vor uns steht und lebt.“<br />
„In Griechenland entstand das Drama, wie es in Norden nicht entstehen<br />
konnte. [...] Also Sophokles Drama und <strong>Shakespeare</strong>s Drama sind zwei<br />
Dinge, die in gewissem Betracht kaum den Namen gemein haben.“<br />
III. Johann Gottfried Herder: Shakespear
<strong>Shakespeare</strong><br />
und die Epoche des Sturm und Drang<br />
Griechisches und modern-europäisches <strong>Theater</strong><br />
- historisch-genetische Entwicklung<br />
- unterschiedliche kulturelle Kontexte<br />
- antike Regeln sind nicht auf andere Kulturformen übertragbar<br />
- <strong>Shakespeare</strong>s Werk bietet die Vielfalt der Lebenswirklichkeit<br />
(offene Form)<br />
- Zeit ist relativ und kann nicht in eine Einheit gepresst werden<br />
III. Johann Gottfried Herder: Shakespear
IV.<br />
Jakob Michael<br />
Reinhold Lenz:<br />
„<strong>Anmerkungen</strong> <strong>übers</strong><br />
<strong>Theater</strong>“<br />
(1774)
<strong>Shakespeare</strong><br />
und die Epoche des Sturm und Drang<br />
Eine neue Dramentheorie<br />
- delectare et prodesse<br />
- Kommödie: Handlung vor Charakter<br />
- Tragödie: Charakter <strong>im</strong> Vordergrund<br />
- Poesie ist die getreue Nachahmung der Natur<br />
- Idealisierung sieht er als Verletzung des Totalitätsprinzips<br />
- Kritik am Aristotelischen Einheitsprinzip<br />
- Bekenntnis zum Geniebegriff<br />
IV. J.M.R. Lenz: <strong>Anmerkungen</strong> <strong>übers</strong> <strong>Theater</strong>
<strong>Shakespeare</strong><br />
und die Epoche des Sturm und Drang<br />
Eine neue Dramentheorie<br />
- delectare et prodesse<br />
- Kommödie: Handlung vor Charakter<br />
- Tragödie: Charakter <strong>im</strong> Vordergrund<br />
- Poesie ist die getreue Nachahmung der Natur<br />
- Idealisierung sieht er als Verletzung des Totalitätsprinzips<br />
- Kritik am Aristotelischen Einheitsprinzip<br />
- Bekenntnis zum Geniebegriff<br />
<strong>Anmerkungen</strong> <strong>übers</strong> <strong>Theater</strong> (1774)<br />
„Wir sind, m. H., oder wollen wenigstens sein, die erste Sprosse auf der<br />
Leiter der freihandelnden, selbständigen Geschöpfe, und da wir eine<br />
Welt hie und da um uns sehen, die der Beweis eines unendlich<br />
freihandelnden Wesens ist, so ist der erste Trieb, den wir in unserer Seele<br />
fühlen, die Begierde ‚s ihm nachzutun; [...] ihm nachzuäffen, seine<br />
Schöpfung ins Kleine zu schaffen.“<br />
IV. J.M.R. Lenz: <strong>Anmerkungen</strong> <strong>übers</strong> <strong>Theater</strong>
<strong>Shakespeare</strong><br />
und die Epoche des Sturm und Drang<br />
Eine neue Dramentheorie<br />
- delectare et prodesse<br />
- Kommödie: Handlung vor Charakter<br />
- Tragödie: Charakter <strong>im</strong> Vordergrund<br />
- Poesie ist die getreue Nachahmung der Natur<br />
- Idealisierung sieht er als Verletzung des Totalitätsprinzips<br />
- Kritik am Aristotelischen Einheitsprinzip<br />
- Bekenntnis zum Geniebegriff<br />
<strong>Anmerkungen</strong> <strong>übers</strong> <strong>Theater</strong> (1774)<br />
„Wir „Was sind, heißen m. die H., drei oder Einheiten? wollen wenigstens hundert Einheiten sein, die erste will ich Sprosse euch auf angeben, der<br />
Leiter die alle der <strong>im</strong>mer freihandelnden, doch die eine selbständigen bleiben. Einheit Geschöpfe, der Nation, und Einheit da wir eine der<br />
Welt Sprache, hie und Einheit da um der uns Religion, sehen, Einheit die der der Beweis Sitten eines - ja was unendlich wird‘s denn<br />
freihandelnden nun? Immer das Wesens selbe, <strong>im</strong>mer ist, so ist und der ewig erste dasselbe. Trieb, den Der wir Dichter in unserer und das Seele<br />
fühlen, Publikum die müssen Begierde die ‚s Einheit ihm nachzutun; fühlen aber [...] nicht ihm nachzuäffen, klassifizieren. seine Gott ist nur<br />
Schöpfung Eins in allen ins seinen Kleine Werken, zu schaffen.“ und der Dichter muß es auch sein.“<br />
IV. J.M.R. Lenz: <strong>Anmerkungen</strong> <strong>übers</strong> <strong>Theater</strong>
<strong>Shakespeare</strong><br />
und die Epoche des Sturm und Drang<br />
William <strong>Shakespeare</strong>...<br />
... gilt als das neue große Vorbild der Dichter <strong>im</strong> Sturm und Drang<br />
... verkörpert das Originalgenie<br />
... bietet eine kulturell nahestehende Alternative zum<br />
aristotelischen Einheitsprinzip und löst die (französische)<br />
Regelpoetik ab<br />
... bildet die Welt als Ganzes ab und prägt somit das Totalitätsverständnis<br />
von Natur und Wirklichkeit <strong>im</strong> Sturm und Drang<br />
Fazit
<strong>Shakespeare</strong><br />
und die Epoche des Sturm und Drang<br />
Download Handout und Keynote unter<br />
http://shakespeare.fmohr2.blog.uni-heidelberg.de