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Physik des Sehens

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<strong>Physik</strong> <strong>des</strong> <strong>Sehens</strong>HandoutSeminarvortrag Atom- und Festkörperphysik WS2008/09Philip Ketterer (philipke@students.uni-mainz.de)Matthias Engelmann (mattheng@students.uni-mainz.de)2. März 20091


1 Das AugeAbbildung 1: Schematische Darstellung <strong>des</strong> AugesIn Abbildung 1 ist ein Querschnitt <strong>des</strong> Auges dargestellt. Man erkennt den kugelförmigen Aufbau,der größtenteils durch den Glaskörper gefüllt ist. Die eigentliche Absorptions <strong>des</strong> Lichts findetvollständig in der Netzhaut statt.Einige wesentliche Eigenschaften <strong>des</strong> Auges sind:• Optische EigenschaftenDie Brechkraft <strong>des</strong> Auges ist die reziproke Brennweite D = 1 fund wird in der Einheitdpt = m −1 angegeben. Der größte Beitrag zur Brechkraft kommt durch die GrenzschichtLuft-Hornhaut (ca. 49dpt). Die Gesamtbrechkraft beträgt 59dpt. Dies erklärt auch warumman unter Wasser nur unscharf sehen kann.• Akkomodation (Änderung der Brechkraft)Durch den Ciliarmuskel ist das Auge in der Lage den vorderen Krümmungsradius der Linse zuändern, womit sich die Brechkraft ändert. Die Differenz der Brechkräfte bezeichnet man alsAkkommodationsbreite. Deren Wert ändert sich im Laufe eines Lebens von ca. 10dpt (Jugendjahre)auf ca. 1dpt (60 Jahre). Grund dafür ist das Wachstum und eine damit einhergehendeVerhärtung der Linse.• Fehler der AugenoptikDie Augenoptik unterliegt den für Linsen typischen optischen Abbildungsfehlern. Neben dersphärischen und chromatischen Abberration kann man auch einen Astigmatismus feststellen.Letzter ist besonders auffallend wenn man aus geraden Linien bzw. Schraffierungen bestehendeObjekte betrachtet.2


Abbildung 2: Die Netzhaut2 Die NetzhautIn Abbildung 2 ist eine schematische Darstellung der Netzhaut gegeben. Auffallend ist, dass dieeinfallenden Photonen zunächst die Nervenzellschicht durchdringen und erst danach auf die Rezeptorzellentreffen. Zwischen den Rezeptor- und den Nervenzellen sind sogenannte Interneurone, diedie Informationen weiterverarbeiten. Man unterscheidet zwei grundlegende Arten von Rezeptorzellen:• StäbchenStäbchen besitzen eine sehr geringe Reizschwelle, weshalb sie auch sehr geringe Lichtintensitätenwahrnehmen können. Das sogenannte Stäbchensehen findet als vorwiegend bei schwachenLichtverhältnissen statt und es können keine Farben wahrgenommen werden. Zuständigfür die Photonenabsorption ist das sogenannte Rhodopsin (besteht aus Opsin und Retinal)in der Zellmembran. Bei hohen Lichtintensitäten wird das Rhodopsin milchig und kann keinePhotonen mehr absorbieren.• ZapfenBei den Zapfen unterscheidet man drei unterschiedliche Typen die jeweils ein anderes Absorptionsspektrumhaben. Dies ermöglicht das Farbensehen. Das sogenannte Zapfensehen findetmeist bei ausreichend hoher Lichtintensität (z.B. tagsüber) statt. Die Reizschwelle der Zapfenist deutlich höher als die der Stäbchen.Weiterhin gibt es zwei besondere Stellen der Netzhaut:• Blinder FleckDen Punkt, an dem der innen liegende Sehnerv aus dem Auge heraustritt, bezeichnet man alsden sogenannten blinden Fleck. Dort sind keine Rezeptorzellen vorhanden. Durch Ergänzungseffektevon umliegenden Zellen wird dieser aber selbst bei einäugigem Sehen nicht wahrgenommen.3


• Fovea centralisDie Fovea centralis ist eine Vertiefung der Netzhaut im Zentrum mit einem Durchmesser vonca. 3mm. Sie ist in Abb. 2 mit dargestellt. In diesem Bereich befinden sich ausschließlichZapfen in einer sehr dichten Anordnung, so dass lediglich Objekte, auf die dieser Punkt <strong>des</strong>Auges gerichtet ist, scharf wahrgenommen werden können.3 Neuronale ProzesseDie reale menschliche Sehwahrnehmung lässt sich nicht durch eine reine physikalische Betrachtung<strong>des</strong> Auges verstehen. Eine Vielzahl von neuronalen Prozessen spielt eine Rolle. Beispielsweiseschafft es das Gehirn, Gegenstände in unterschiedlicher Entfernung, trotz deutlicher Größenunterschiedeauf der Netzhaut, in die gleiche Größe zu umzurechnen. Dieses Phänomen bezeichnetman als Größenkonstanz. Die genauen neuronalen Abläufe im Gehirn konnten bislang nur teilweiseentschlüsselt werden.4 FarbensehenDas Sehen von Farben steht mit keiner physikalischen Größe in einem einfach zu beschreibendenZusammenhang (ganz anders in der Akustik, dort sind Schallwellen direkt für das Hören von Tönenverantwortlich). Deshalb muss man sich zum Verständnis <strong>des</strong> Farbensehens zunächst die physikalischeBeschreibung <strong>des</strong> Farbreizes betrachten. Dies geschieht mit der sogenannten FarbreizfunktionΦ(λ). Die Farbreizfunktion ist eine skalare Größe und hängt daher nicht direkt vom vektoriellenCharakter <strong>des</strong> Lichts (also z.B. Polarisation), sondern zunächst nur von der Wellenlänge λ unddamit von der spektralen Zusammensetzung <strong>des</strong> ausgesandten Lichts ab:Φ(λ) = γ(λ) · S(λ)Dabei ist S(λ) die sogenannte Strahlungsfunktion, die im Wesentlichen eine spektrale Verteilungsfunktionist, die durch einen willkürlichen Referenzwert geteilt wurde und daher dimensionslosist. Im Weiteren wird für S(λ) immer die spektrale Leistungsverteilung P (λ)P 0gesetzt, P 0 ist einekonstante Leistung. Der Faktor γ liegt zwischen Null und Eins und ist eine materialspezifischeBilanzgröße, die wesentlich von materialspezifischen Größen bestimmt sein wird (z.B. atomare Zusammensetzung,Absorptions- und Reflexionsfähigkeit, Oberflächenstruktur, ... ).4.1 Remissionsgrad und additive FarbmischungUm zu erklären warum bestimmte Flächen unter Beleuchtung eine charakteristische Farbe haben(zur Vereinfachung geht man natürlich von einer ebenen Fläche aus, die diffus strahlt, d.h. unabhängigvon der Einfallsrichtung <strong>des</strong> Lichts), führt man den sogenannten Remissionsgrad β(λ)ein. Dieser ist definiert als das Verhältnis der Strahlungsdichte L nach der Reflexion bezogen aufeine ideal abstrahlende Fläche (diffus und absorptionsfrei), deren technische Umsetzung Weißstandardgenannt wird:β(λ) =LL W S4


Zur Erinnerung: unter der Stahlungsdichte einer Quelle versteht man deren Strahlungsleistungpro Fläche, die in Richtung der Flächennormalen in eine Raumwinkeleinheit abgestrahlt wird.Für die Farbreizfunktion Φ von Licht, das von einer Strahlungsquelle mit Strahlungsfunktion Sstammt und von einer Fläche mit Remissionsgrad β reflektiert wird, gilt also:Φ = S(λ) · β(λ)Die Wahrnehmung einer farbigen Oberfläche lässt sich also mittels eines Korrekturfaktors β(λ)beschreiben. Dabei muss man beachten, dass die Farbreizfunktion nur für Wellenlängen von Nullverschieden sein wird, bei denen auch β ≠ 0 gilt. Im Wesentlichen kann man sich den Remissionsgradβ also als eine Art Gewichtungsfaktor vorstellen, der Bilanz darüber zieht welche Wellenlängen vonder Oberfläche durch innere Prozesse ”verschluckt” und welche wieder abgestrahlt werden. Da sonicht mehr alle Wellenlängen zum Farbreiz beitragen, werden bei gleich bleibendem S verschiedeneOberflächen im Allgemeinen verschieden farbig wahrgenommen.Bei der additiven Farbmischung geht man nun davon aus, dass sich die Farbreize im Auge inihrer Wirkung addieren. Für den Fall, dass eine Lichtquelle auf eine Fläche strahlt, die nicht nureinen, sondern mehrere Remissionsgrade besitzt gilt für die Farbreizfunktion:Φ(λ) = S(λ) ·Bei dieser Formel wurde vorausgesetzt, dass die Bereiche mit unterschiedlichen β i eng benachtbartund nicht sonderlich ausgedehnt sind (also z.B. viele kleine Kreise), so dass das Auge diesenicht mehr auflösen kann. Dies ist auch der prinzipielle Mechanismus in einem Farbfernseher.4.2 Transmissionsgrad und subtraktive FarbmischungDer Transmissionsgrad eines optischen Filters (ein Filter ist ein teilweise transparenter Körper, derTeile <strong>des</strong> Spektrums absorbiert) der Dicke d ergibt sich aus dem bekannten Lambertschen Gesetz:N∑i=1P (d) = P 0 · e −αdWobei α der Absorptionskoeffizient ist.Ähnlich wie beim Remissionsgrad definiert man den Transmissiongrad als das Verhältnis derLeistung P 0 <strong>des</strong> einfallenden Lichtes mit Wellenlänge λ vor und <strong>des</strong>sen Leistung P (d) nach demDurchlaufen <strong>des</strong> Filters:τ(λ) = P 0P (d)Für N hintereinander liegende Filterschichten gilt daher:τ(λ) = Π N i=1τ i (λ)Genauere Untersuchungen zeigen, dass das Lambertsche Gesetz von der Konzentration c derAbsorptionszentren im Medium abhängt. Für kleine Konzentrationen gilt das sogenannte Lambert-Beersche Gesetz:P = P 0 e −σdcβ i5


Wobei die Größe σ hier wieder eine materialspezifische Konstante darstellt. Durch diese Gleichungwerden natürlich auch die Transmissionkoeffizienten τ konzentrationsabhängig. Für die Farbreizfunktionergibt sich aus den obigen Überlegungen:Φ(λ) = τ(λ)S(λ)In Analogie zum Remissiongrad β gilt für die Bedeutung <strong>des</strong> Transmissionsgra<strong>des</strong> τ für dasFarbensehen, dass nur die Wellenlängenbereiche zum Farbreiz im Auge beitragen, für die τ ≠ 0gilt. Man kann sich daher wieder vorstellen, dass der Transmissionsgrad als ein Gewichtungsfaktorwirkt, der aufgrund von inneren Absorptionsprozessen gewisse Anteile im Spektrum verschluckt.Dadurch ändert sich die spektrale Zusammensetzung <strong>des</strong> Lichts nach Durchlaufen <strong>des</strong> Filters unddamit auch die Farbwahrnehmung im Auge. Gemäß dem Lambert-Beerschen Gesetz hängt dieserGewichtfaktor nicht nur von der Anzahl und Ausdehnung der Schichten, sondern auch von derdarin vorherrschenden Konzentration der Absoprtionszentren (und damit wesentlich von materialspezifischenGrößen) ab.4.3 Unterschiede und Gemeinsamkeiten beider FarbmischungenBeide Formen der Farbmischung basieren auf im Medium ablaufenden Absorptionsprozessen, diemit Hilfe von den Bilanzgrößen β(λ) und τ(λ) beschrieben werden können, die beide wesentlichvon materialspezifischen Größen bestimmt sind. In beiden Fällen erhält man bei konstanter StrahlungsfunktionS ein gesamt β bzw. τ, das aus einzelnen β i bzw. τ i zusammengesetzt ist und so dieFarbreizfunktion auf einen bestimmten spektralen Bereich einschränkt. Weiterhin können bei beidenMischungsarten alle Farben durch drei Grundfarben gemischt werden, die sich bei Mischung imgleichen Verhältnis zu weiß (additiv) bzw. schwarz (subtraktiv; schwarz bedeutet hier vollständigeAbsorption im Filter) überlagern.Bei der additiven Farbmischung geht man also von einer unbeleuchteten Oberfläche aus undfügt immer mehr farbige Komponenten hinzu, während man bei der subtraktiven Farbmischungaus dem einfallenden Licht mittels Filtern immer mehr Komponenten heraus nimmt. Legt man fürdie additive Mischung die drei Grundfarben grün, blau, rot und für die subtraktive Farbmischungmagenta, cyan, gelb fest, sind diese im folgenden Sinn zueinander entgegengesetzt: Je zwei derGrundfarben einer Mischungsart ergeben im gleichen Verhältnis gemischt eine Grundfarbe <strong>des</strong>anderen Systems.5 Literatur• Wikipedia mit den Artikeln ”Netzhaut”, ”Auge”, ”Akkommodation”• Christoph von Campenhausen - ”Einführung in die Psychophysik der Wahrnehmung”• Bergmann, Schäfer - Band ”Optik”• Demtröder - ”Experimentalphysik 2”• Thews, Mutschler und Vaupel - ”Anatomie, Physiologie und Pathophysiologie <strong>des</strong> Menschen”6

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