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Torische Intraokularlinsen Patientenauswahl, Ergebnisse ...

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Übersicht<strong>Torische</strong> <strong>Intraokularlinsen</strong><strong>Patientenauswahl</strong>, <strong>Ergebnisse</strong>, Komplikationsmanagementvon G. Gerten, KölnZusammenfassung: Die Implantation von faltbaren torischen IOL bei derKataraktoperation ist ein sicheres und genaues Verfahren zur Korrekturhöherer Hornhautastigmatismen. Der Gesamtastigmatismus kann von3,75 Dioptrien (2 dpt bis 11 dpt) im Durchschnitt auf unter 1 Dioptrie(0,84 dpt ± 0,53 dpt) gesenkt werden. Dabei ist jedoch die exakte Übereinstimmungvon kornealer Astigmatismusachse und Torus der IOL fürdas refraktive Ergebnis entscheidend. Bei einer IOL-Drehung von mehrals 10° sollte in den ersten 3 bis 6 Wochen kurz nachrotiert werden. DieIndikation zur torischen IOL-Implantation sehen wir bei einem weitgehendorthogonal und regulären Hornhaut-Astigmatismus über 2 dptfür gegeben an.OPHTHALMO-CHIRURGIE 17: 191-198 (2005)Summary: The implantation of a foldable toric IOL is a safe and predictableprocedure to correct higher amounts of corneal astigmatism incataract surgery. The mean total refractive astigmatism could be reducedfrom 3,75 dpt (2 dpt to 11 dpt) preoperatively to 0,84 (±0,53 dpt)postoperatively. The precise axis alignment between corneal astigmatismand toric IOL is crucial for the refractive result. An axis misalignmentof more than 10° should be surgically corrected between the 3rdand 6th postoperative week. The indication for a toric IOL implantationis a corneal astigmatism of more than 2,0 dpt with a considerableregular and orthogonal part.OPHTHALMO-CHIRURGIE 17: 191-198 (2005)Kataraktchirurgie und refraktive Chirurgiesind in den letzten Jahren immerweiter zusammengewachsen. Voraussetzungwar zunächst die Verbesserungder Katarakt-Operationstechnik, so daßdurch die Operation selbst nur nochminimale optische Aberrationen, wieHornhautastigmatismus oder Fehlerhöherer Ordnung, erzeugt werden. Daraufaufbauend kann dann als zweiterSchritt eine Korrektur vorbestehenderBildfehler erfolgen. Oftmals ist dies diewohlbekannte Korrektur einer Myopieoder Hyperopie durch Wahl einer geeignetensphärischen Intraokularlinse (IOL).Der nächste logische Schritt ist dieKorrektur des vorbestehenden Hornhautastigmatismusdurch eine geeignete IOL.Diese Intraokularlinse muß ihrerseitsastigmatisch sein, um den postoperativunverändert bestehenden Hornhautastigmatismusauszugleichen und letztlicheine sphärische Gesamtwirkung zuerzielen (Abbildung 1). Dies gelingt mitImplantlinsen, die wenigstens eine torischeOberfläche besitzen [13, 11]. Darüberhinaus stehen zur reinen refraktivenChirurgie auch phake torische IOL (Abbildung2) zur Verfügung (z. B. torischeICL ® , Artisan ® -Linsen) [12]. Die in diesemArtikel getroffenen grundsätzlichenAussagen zu torischen Linsen geltenauch für phake Implantate, dennochmöchte ich mich hier primär auf torischeHinterkammerlinsen (HKL) beziehen.Voraussetzungen für torische IOL:Operationswürdige Katarakt,stabiler kornealer Astigmatismus undastigmatismus-neutrale ChirurgieIm Zentrum für Augenheilkunde amNeumarkt (PAN Klinik Köln, PraxisKermani & Gerten, AugenlaserzentrumKöln) haben wir seit 1994 die Entwick-lung verschiedener torischer IOL begleitet.Während dieser Zeit hat sich dasIndikationsspektrum zur Implantationvon torischen IOL im Rahmen einerPhakoemulsifikation deutlich erweitert.Maßgeblich war die Verbesserung derOperationstechnik einerseits, aber vorallem die Entwicklung der torischenIOL. Mitte der 90er Jahre standen ausschließlichstarre torische IOL ausPMMA zur Verfügung. Der durch dennotwendigen Skleratunnel induzierteAstigmatismus mußte präoperativ abgeschätztwerden, und dann in die Berechnungder torischen IOL einfließen.Die Haptiken waren noch modifizierteC-Schlaufen und etwa ein Viertel dieserälteren Modelle rotierte postoperativwesentlich aus der korrekten Zylinderachseheraus. Beide Probleme konntenmittlerweile gelöst bzw. deutlich reduziertwerden (siehe Kapitel <strong>Ergebnisse</strong>,Abbildung 3).OPHTHALMO-CHIRURGIE 17: 191 - 198 (2005) 191


IOL-Implantation – <strong>Torische</strong> <strong>Intraokularlinsen</strong>Eine torische IOL kann natürlich nur dieregulären und orthogonalen Anteile einesHornhautastigmatismus ausgleichen.Dennoch muß der Hornhautastigmatismusnicht notwendigerweise vollkommenregulär und orthogonal sein.Beispielsweise nach Keratoplastiken(Abbildung 4) ist dies fast nie der Fall.Dennoch haben wir auch nach Keratoplastikenmit der Implantation torischerIOL hervorragende <strong>Ergebnisse</strong> erzielt[4]. Dies wurde durch andere Autorenbestätigt [2, 13, 1, 6]. Es ist durchausausreichend für die Indikation einer torischenIOL, wenn ein wesentlicher Anteildes Hornhautastigmatismus orthogonalund regulär ist. Eine nachträglicheÄnderung des kornealen Astigmatismusmuß jedoch ausgeschlossen sein, so solltenbeispielsweise nach einer Keratoplastikalle Fäden entfernt und ein stabilerZustand erreicht sein.Präoperativ oft schwierig einzuschätzenist der Einfluß von möglichen Amblyopien.Bei hohen Astigmatismen werdenAmblyopien zwar grundsätzlich wahrscheinlicher.Dennoch haben wir geradebei Augen, die präoperativ als amblyopbezeichnet worden waren, postoperativüberraschend gute Visusergebnisse zuverzeichnen gehabt [4]. Demnach sindwir – und andere Autoren [13, 11] – mitder „Ausschlußdiagnose Amblyopie“sehr vorsichtig geworden.KapselsackUm einen perfekten IOL-Sitz zu gewährleisten,muß der Kapselsackdauerhaft stabil sein. Kapselsäcke,die eine sehr irreguläre Schrumpfungwahrscheinlich machen, z.B.bei Cataracta traumatica, sind nichtideal für ein torisches Implantat.Selbstverständlich beeinflussen weitereBegleitkrankheiten, wie Korneaveränderungenoder Erkrankungen des hinterenAugenabschnittes, z. B. Makuladegeneration,die Indikationsstellung maßgeblich.Dies wird jedoch in diesem Beitragnicht weiter thematisiert.IndikationEin orthogonaler, weitgehend regulärerHornhautastigmatismus von> 2 Dioptrien ist eine Indikation zurImplantation einer torischen IOL beider Kataraktchirurgie.<strong>Ergebnisse</strong>: Gesamtastigmatismusauf unter 1 dpt gesenktVon 1994 bis 2005 haben wir im Zentrumfür Augenheilkunde am Neumarktzirka 200 Augen mit verschiedenen Typentorischer IOL versorgt. Davon habenwir 58 Augen retrospektiv ausgewertet,in die das Modell Schmidt MS 6116 TU(Hersteller: Humanoptics, Mannheim)implantiert wurde. Diese IOL hat eineAbbildung 1: Wirkung einer torischen IOL im Auge: Der korneale Astigmatismusvon -6 dpt / 47° (Topographie links unten) wird durch eine torische IOL (untenMitte) ausgeglichen. Bei korrekter Achslage entsteht auf der Netzhaut eine sphärischeAbbildung (unten rechts).Abbildung 2: <strong>Torische</strong> Artisan IOL: Die Minus-Zylinderachse wird durch die Positionder Irisklauen bestimmt und liegt hier bei 2° (schwarze gestrichelte Linie).192 OPHTHALMO-CHIRURGIE 17: 191 - 198 (2005)


IOL-Implantation – <strong>Torische</strong> <strong>Intraokularlinsen</strong>volle 6 mm-Optik aus Silikon mit einertorischen Rückfläche. Da als Mittel zurÄnderung der IOL-Stärke eine Variationdes Silikon-Brechungsindexes gewähltwurde, bleiben Vorderradius und Mittendickeder IOL über ein großes Dioptrienspektrumkonstant. Dadurch wirddie IOL auch bei größerem Torus in derPluszylinderachse nicht zu dick undbleibt gut faltbar. Die extrem stabilenPMMA-Haptiken sind undulierend gearbeitetund Z-förmig geformt, um auchbei Druck von außen – bei schrumpfendemKapselsack – eine optimale Rotationsstabilitätzu gewährleisten.Im Mittel lag präoperativ ein Hornhautastigmatismusvon 3,75 dpt (2 dptbis 11 dpt) vor (Abbildung 3). Durch dieImplantation einer torischen IOL konnteder Gesamtastigmatismus im Durchschnittauf 0,84 dpt (± 0,53 dpt) gesenktwerden. Der Astigmatismus, der durchdie zur Kataraktoperation notwendigeInzision induziert wurde, lag in allenFällen unter 0,5 Dioptrien. Damit konntenwir die Reduzierung des Gesamtastigmatismuseindeutig und ausschließlichauf die torische IOL zurückführen.Im Mittel wurden die Patienten 1 Jahrpostoperativ beobachtet (mindestens 3Monate und maximal 4 Jahre). 85% allerIOL saßen stabil im Bereich 10° um dieZielachse. 4 Patienten mit einer Rotationder IOL von > 10° waren trotz eines Restastigmatismus(Abbildung 3) zufriedenund wünschten keine Nachrotation. In 3von 58 Augen (5%) wurde eine Nachrotationdurchgeführt. Der Zweiteingrifferfolgte 3 bis 6 Wochen postoperativ undführte in allen Fällen zur Stabilisierungder IOL-Position im Kapselsack. Zweimalwar die torische IOL-Implantationals kombinierter zweizeitiger Eingriff –so genannte Bioptics (IOL-Implantationplus LASIK) – geplant. Die nachfolgendeLASIK verlief jeweils komplikationsfrei.Bei 3 Patienten lag ein hoher Astigmatismusnach Keratoplastik vor, auch indiesen Fällen konnte der Astigmatismusauf ~ 2 dpt oder darunter gesenkt werden(Abbildung 3) und ein Visus cc zwischen0,63 und 1,0 erzielt werden.Korrektur nicht punktsymmetrischerBildfehler: Schon 15° Fehlrotationender Eingriffsachse bedingt 50% Verlustan AstigmatismuskorrekturBei der Korrektur punktsymmetrischerAbbildungsfehler (wie z.B. Myopie, Hyperopieoder auch sphärischer Aberration)mittels refraktiv chirurgischer Eingriffe(IOL, LASIK usw.) ist im Wesentlicheneine Dezentrierung oder Verkippunggegenüber der „optischen Achse“des Auges zu vermeiden. Ansonstenentstehen Bildfehler höherer Ordnungwie Coma oder Astigmatismus schieferBündel [9]. Jeder Augenarzt kann sichdies noch einmal selbst darstellen, indemer seine Funduslinse (dies ist einesphärische bzw. asphärische punktsymmetrischeLinse) einmal schräg in denStrahlengang seines Bonoskopes hältund verkippt. Dabei kann man die Verzerrungdes Brennpunktes auf einerweißen Fläche beobachten. Dagegen änderteine Rotation der Linse das von ihrAbbildung 3: Doppelwinkeldiagramm von 58 torischen IOL-Implantationen: Dieroten Punkte stellen jeweils den kornealen Astigmatismus eines Auges präoperativdar (Zentroid: rote, orange umrandet). Die grünen Punkte zeigen den Gesamtastigmatismus(subjektive Refraktion) postoperativ (Zentoid: grün, orangeumrandet).Abbildung 4: <strong>Torische</strong> IOL in situ bei Z. n. Keratoplastik (links oben): Der gelbePfeil zeigt auf die Pluszylinder-Achsmarkierungen der torischen IOL. Die Topographie(rechts oben) zeigt einen nicht ganz regulären Astigmatismus von 9 dpt.Dennoch erreichte der Patient postoperativ einen Visus von 1,0 p mit einer torischenIOL bei einer Refraktion von - 0,25 zyl - 0,75 / 152.OPHTHALMO-CHIRURGIE 17: 191 - 198 (2005) 193


IOL-Implantation – <strong>Torische</strong> <strong>Intraokularlinsen</strong>erzeugte Bild nicht. PunktsymmetrischeRotationen wie z. B. des Strahlprofilsbei der LASIK oder einer sphärischenIOL spielen keine Rolle [8].Ganz im Gegensatz dazu steht dieKorrektur von nicht punktsymmetrischenBildfehlern: In diesem Fall mußsehr wohl auf die Übereinstimmung derEingriffsachse mit der vorbestehendenAchse des Bildfehlers geachtet werden.Einfachstes Beispiel ist die Bestimmungder Zylinderachse bei der Verordnung einesastigmatischen Brillenglases. Grundsätzlichgilt dies nicht nur für die Korrekturdes Astigmatismus, sondern füralle nicht punktsymmetrischen Bildfehler,wie Trefoil, Coma und weitere Fehlerhöherer Ordnung – unabhängig von derArt der Korrektur bzw. des refraktivchirurgischenEingriffs [9].Bei einer Rotation einer torischen IOLkommt es physikalisch-optisch zu einerVerdrehung der Achsen von zwei sichüberlagernden Sphäro-Zylinderlinsen,nämlich Kornea und IOL (Abbildung 1).Daraus entsteht eine neue Sphäro-Zylinderlinse. In optimaler Position, d.h.ohne Rotation, gleichen sich die zylindrischenAnteile von Kornea und IOL(der optischen Ebene der Kornea ) genauaus, es entsteht eine reine Sphäre. Imungünstigsten Fall, d.h. bei einer IOL-Rotation von 90°, addieren sich dieZylinderstärken und der präoperativeAstigmatismus wird verdoppelt: Zu dembereits bestehenden Hornhautastigmatismuskommt der IOL-Astigmatismushinzu. Aus diesen physikalisch optischenÜberlegungen ergibt sich, daß eineFehlrotation der IOL von zirka 15°bereits eine Halbierung der gewünschtenZylinderkorrektur bedeutet [6, 10](Abbildung 5).Dies ist u. a. auch der Grund, weshalbPatienten bei der Brillenverordnung bereitsauf geringe Fehlbestimmungen derZylinderachse so empfindlich reagieren– bereits 15° Achsverdrehung in derBrille bedeuten 40° Achsrotation im GesamtsystemAuge-Brille.Indikation für NachrotationRotiert eine torische IOL mehr als 10Grad aus der korrekten Lage, ist daseine Indikation zur Nachrotation.Patientenbeispiel mitKomplikationsmanagementBei genauer Einhaltung des OP-Protokollsund Verwendung moderner faltbarertorischer IOL ist die Fehlrotation einseltenes Ereignis: Es tritt in weniger als10% aller Implantationen auf. Darüberhinaus ist eine Nachrotation über die Parazentesein Tropfanästhesie leicht undschnell durchführbar. Diese Situationmuß aber gegebenenfalls beherrschtwerden. Zudem sind diese Fälle ideal,um die grundsätzlichen physikalisch optischenGrundlagen der torischen IOL-Abbildung 5: Veränderung der Gesamtzylinderstärke (rote Kurve und Beschriftungrechts) und -achse (blaue durchgezogene Linie und Beschriftung links) desAuges in Abhängigkeit von der Rotation einer torischen IOL. Eingezeichnet ist einLesebeispiel für eine Achsrotation der torischen IOL von +15° (blaue gestrichelteLinie): Es ergibt sich eine ungewollte Achsrotation von zirka -37° und ein Verlustan Zylinder-Korrektur von knapp 50%.Abbildung 6: Pendelmarkeur nach Gerten: Über eine frei drehbare Achse wird dieMarkierklinge durch das angebrachte Lot automatisch exakt horizontal gehalten.Unabhängig von der Handhaltung des Arztes wird so beim aufrecht sitzenden Patientenstets eine exakte Markierung der 0°- bzw. 90°-Achse gewährleistet.194 OPHTHALMO-CHIRURGIE 17: 191 - 198 (2005)


IOL-Implantation – <strong>Torische</strong> <strong>Intraokularlinsen</strong>Implantation deutlich zu machen. Ambesten wird die klinische Vorgehensweiseam Beispiel eines Patienten deutlich.Klinischer Fall: <strong>Torische</strong> IOL-Implantationmit NachrotationEine 74 jährige Patientin stellt sich zurKataraktoperation vor. Der Visus ist aufdem linken Auge durch eine Kataraktauf 0,4 p herabgesetzt, bei einer subjektivenRefraktion von + 5,0 zyl. - 5,50/49°. Die Topographie zeigt einen regulären,orthogonalen Hornhautastigmatismusvon 6 dpt mit der Minuszylinderachsein 47° (Abbildung 1). Alle weiterenophthalmologischen Befunde, insbesondereder Fundus, sind altersgerecht.Die Indikation zur Phakoemulsifikationmit Implantation einer torischenIOL kann gestellt werden.Bestimmung einer passenden torischenIOL: Unbedingt eine theoretisch-optischeFormel verwendenDie hier dargestellte Methode ist rechteinfach und ohne externe Hilfe durchführbar.Natürlich können alternativoder additiv die Dienste der entsprechendenLieferfirmen in Anspruch genommenwerden. Nach Bestimmung derAugenlänge mit dem IOL-Master (ZeissMeditec AG) wird manuell zuerst derflache Radius (8,28/8,28) in die Softwaredes IOL-Master eingegeben undder so berechnete IOL-Wert für den flachenMeridian ausgedruckt. Danachwird genauso eine IOL für den steilenMeridian (7,28/7,28) bestimmt. Für dieIOL-Berechnung sollte unbedingt einetheoretisch-optische Formel, z.B. dieHaigis-Formel, des IOL-Masters verwendetwerden! Empirische Formeln,wie zum Beispiel SRK II, beruhen aufAnnahmen über eine bestimmte postoperativeoptische Wirkung eingesetzterIOL in der Brillenebene. Diese Prognosenfunktionieren nur für einen eng begrenztenBereich in einem „Normalauge“und bei sphärischen Implantaten [10, 9].Aus den verschiedenen IOL-Werten fürbeide Meridiane ergibt sich nun die torischeIOL, in diesem Fall eine + 19 zyl.+ 8 dpt IOL (Cave: die optische Industriearbeitet meist mit Pluszylindern). Daß indiesem Fall die Stärke des Torus in derIOL nicht gleich der Stärke des Hornhautastigmatismusist, darf dabei nichtverwundern. Die IOL-Stärke muß nachihrer optischen Wirkung auf Korneabzw. auf Brillenebene berechnet werden[10, 9, 8]. Wir entscheiden uns aus deno.g. Gründen (siehe dazu auch Abschnitt:<strong>Ergebnisse</strong>) für das Modell 6116TU von Humanoptics, Mannheim.Planung der OperationIn optimaler Position gleichen sich diezylindrischen Anteile von Kornea (+ 6dpt in 137°) und torischer IOL (+ 8 dpt:entspricht hier + 6 dpt in Korneaebene)genau aus, es entsteht eine reine Sphäre(Abbildung 1). Dazu muß die Pluszylinderachseder torischen IOL, die mit + 19zyl + 8 dpt bestimmt wurde, bei genau137° stehen.ViskoelastikumZur Implantation sollten grundsätzlichnur Hyaloronsäure-haltige Viskoelastikabenutzt werden und keineMethylzellulose, da eventuell verbleibendeReste eine Rotation begünstigenkönnenOperation: Zugang über astigmatismusneutraleposterior-limbale InzisionDurch parabulbäre Anästhesie oder Lagerungdes Kopfes entstehen leicht Bulbusrotationenüber 15°. Daher wirdpräoperativ eine Markierung an der Korneaangebracht. Die Markierung erfolgtam aufrecht sitzenden Patienten inTropfanästhesie. Unabhängig von derHandhaltung des Arztes sichert ein Pendelmarkeurmittels Lot (Humanoptics,Mannheim) stets das exakte Auffindender 0°-Achse der Kornea (Abbildung 6a - c). Auf dem Operationstisch kann nundie 0°/ 90°-Achsmarkierung leicht wiedergefundenwerden und von dort ausauch jede beliebige andere Achse lokalisiertwerden. So kann die IOL späterexakt positioniert werden.Als Zugang wählen wir eine temporale,astigmatismusneutrale posterior-limbaleInzision (PLI). Die Rhexis wird mit 5bis 5,5 mm möglichst groß bemessen,um eine leichte Implantation der langenZ-Haptiken zu gewährleisten. Bei derPhakoemulsifikation sind keine Besonderheitenzu beachten. Bei normalemVerlauf der Operation konnte die Implantationeines Kapselspannringes bisherkeine zusätzlichen Vorteile zeigen.Vor der Implantation wird der Kapselsacktief mit Hyaloronsäure-haltigemViskoelastikum gestellt. Methylzellulosesollte grundsätzlich nicht verwendetwerden: Auch bei gewissenhafter Aspirationverbleiben meist Reste von Methylzelluloseintraokular. Sie könnenpostoperativ als Gleitmittel wirken undzu einer unerwünschten Rotation derIOL führen. Die torische IOL kann direktaus der Verpackung heraus gefaltetwerden, dann wird die hintere Haptikzwischen die Optikhälften geklemmt.Die führende Haptik wird direkt in denOPHTHALMO-CHIRURGIE 17: 191 - 198 (2005) 195


IOL-Implantation – <strong>Torische</strong> <strong>Intraokularlinsen</strong>Kapselsack geschoben, die nachfolgendeHaptik nachrotiert. Nun wird die IOLgedreht, bis sich beide Striche auf derIOL-Optik (Pluszylinderachse) exaktmit den Markierungen auf der Korneaüberlagern. In zirka 90% der Fälle ist soeine Reduzierung des Astigmatismusauf ≤ 1 dpt möglich.ImplantationsachseausschlaggebendDie Implantationsachse der torischenIOL bestimmt maßgeblich das refraktiveErgebnis. Die präoperativeAchsmarkierung kann mit einemPendelmarkeur optimiert werden.Postoperative KontrolleEine Woche postoperativ erreichte diePatientin mit Korrektur einen Visus von0,6. Es bestand jedoch ein deutlicherBrechungsfehler von + 1,25 zyl. – 3,5/18°. Der Visus ohne Korrektur betruglediglich 0,2.In solch einem Falle sollten zunächst diepräoperativen Daten überprüft werden:Wurden die Daten korrekt erhoben, richtigeingegeben und die IOL richtig berechnet?Danach wird die Op-Technikbeleuchtet. Ist eventuell bei der Operationein ungewollter Astigmatismus induziertworden? Entsprechen die Keratometrie-Datenpostoperativ den präoperativenWerten? Dann wird der postoperativeBefund kritisch hinterfragt. Liegteine Hypotonie vor? Ist die Vorderkammertief und der Schnitt dicht? ZumSchluß wird eine Fehlrotation der IOLausgeschlossen. Zur Messung der IOL-Markierungen empfehlen sich Okularezur Achsbestimmung von torischenKontaktlinsen oder Spaltlampen, die eineAchsbestimmung bei Drehung desSpaltes ermöglichen (z.B. Haag-Streit).Von einer Schätzung der IOL-Positionmuß dringend abgeraten werden. Wiebesprochen ist bereits eine Fehlrotation> 10° klinisch relevant. Dies ist durcheine Schätzung nicht mehr zu erfassen,denn 10° sind weniger als eine halbeUhrzeit (eine Uhrzeit entspricht 30°).Im vorliegenden Fall zeigt die Messungeine IOL-Position bei 157° anstatt 137°.Wie entsteht nun aus dieser Fehlrotationein postoperativer Astigmatismus von- 3,5/18°? Astigmatismen verhalten sichmathematisch wie Vektoren (Abbildung7): Die Länge des Vektors entspricht derStärke, ihre Richtung der Achse desAstigmatismus. Jedoch wird die Achseeines regulären Astigmatismus lediglichvon 0° bis 180° angegeben, im Gegensatzzur Achse eines mathematischenVektors, die einen vollen Kreis von 0°bis 360° annehmen kann. Zur Auswertungbenötigt man einen Vollkreis, da sodie trigonometrischen Funktionen angewendetwerden können. Deshalb werdenMaßnahmen bei nicht zufriedenstellendem Op-ErgebnisÜberprüfung der präoperativen Werte• Wurden die Daten korrekt erhoben?• Wurden die Daten richtig eingegeben?• Wurde die IOL richtig berechnet?die Beträge der Zylinderachsen jeweilsverdoppelt; graphisch erhält man ein sogenanntesDoppelwinkeldiagramm: EinAstigmatismus mit 90° Zylinderachsez.B. entspricht in Doppelwinkeldiagrammeinem Vektor in 180° [7, 9]. AlleZylinderstärken beziehen sich auf dieKornea-Ebene. Präoperativ lag einAstigmatismus von 6 dpt bei 47° vor(Abbildung 7: gelber Vektor). Die idealeNeutralisation dieses Astigmatismuswäre ein Vektor von ebenfalls 6 dpt inentgegengesetzter Richtung (137°) gewesen(Abbildung 6: roter Vektor; targetinduced astigmatism, TIA). Durch dietorische IOL tatsächlich induziert wurdejedoch ein Astigmatismus gleicher Stärke,aber in Richtung 157° (Abbildung 7:grüner Vektor, surgical induced astigmatism,SIA). Dann ergeben präoperativerund induzierter Astigmatismus denpostoperativen, und man erhält mathematischzirka 4 dpt in 15° (in Abbildung7: Addition von gelbem und grünemVektor. Es ergibt sich der blaue Vektor,Operationstechnik• Besteht ein iatrogen induzierter Astigmatismus?• Entsprechen die Keratometrie-Daten postoperativ den präoperativen Werten?Postoperativer Befund• Liegt eine Hypotonie vor?• Ist die Vorderkammer tief und der Schnitt dicht?• Liegt eine Fehlrotation der IOL vor? (Messung der IOL-Markierungen mitOkularen zur Achsbestimmung von torischen Kontaktlinsen oder Spaltlampen,die eine Achsbestimmung bei Drehung des Spaltes ermöglichen, z.B. Haag-Streit ).196 OPHTHALMO-CHIRURGIE 17: 191 - 198 (2005)


IOL-Implantation – <strong>Torische</strong> <strong>Intraokularlinsen</strong>der mit zirka 4 dpt in 15° fast exakt derpostoperativen subjektiven Refraktionentspricht).Ziel ist jedoch ein Null-Astigmatismuspostoperativ (in einer Abbildung wäredies ein möglichst komplettes Verschwindendes blauen Vektors). Dazumuß sich der tatsächlich induzierteAstigmatismus (SIA) möglichst genaumit der geplanten Korrektur (TIA)decken. Das heißt, SIA muß gleich TIAsein. Dreht man nun die Achse des induziertenAstigmatismus (SIA) um- 20°, d. h. von 157° nach 137°, so fällter mit dem TIA (Idealkorrektur) zusammen(SIA = TIA). Der TIA ist in derStärke (Abbildung 7: Länge des Vektors)gleich und in der Richtung genauinvers zum präoperativen und neutralisiertdiesen. Man erhält eine sphärischeRefraktion (in Abbildung 7: Man drehtden grünen SIA-Vektor um 20° im Uhrzeigersinn– mathematisch negativ –, sogeht der blaue Vektor und damit der postoperativeAstigmatismus gegen null.)Dies bedeutet für die Nachrotation, daßauch die torische IOL um - 20° gedrehtwerden muß.Durchführung der Nachrotation:Erst nach Stabilisierung des KapselsackesEs ist sinnvoll, eine Drehung der IOLnicht zu früh vorzunehmen. Eine Stabilisierungdes Kapselsackes sollte abgewartetwerden, damit die IOL nicht vondem schrumpfenden Kapselsack wiederin die alte Fehlstellung zurückgedrehtwird. Aber auch ein zu langes Abwartenist nicht indiziert, da die Kapselblätterdann u. U. sehr fest mit der IOL verwachsenkönnen. Ideal für eine Nachdrehungist ein Zeitpunkt von etwa 3bis 6 Wochen postoperativ. Vor einerNachrotation muß keine Markierung derHornhaut durchgeführt werden, vorausgesetztdie gemessene IOL-Position istsicher bestimmt und kann als Referenzdienen. Der eigentliche Eingriff kann inTropfanästhesie vorgenommen werden.Zunächst stellen wir die Vorderkammerüber eine vorhandene Parazentese mitdem Irrigationshandstück oder einerVorderkammer-Infusion. Dann kannüber die andere Parazentese mit einemPush pull oder Sinskey-Häckchen in dieVorderkammer eingegangen werden unddie IOL im Kapselsack gedreht werden.Bei Schwierigkeiten kann Hyaluronsäure(keine Methylzellulose!) zur Eröffnungdes Kapselsackes verwendet werden,eventuell kann zusätzlich einSpannring implantiert werden. Bei Verwendungvon Schmidt-IOL mit undulierendenZ-Haptiken, wie im vorliegendenFall, sollte die IOL nur im Uhrzeigersinngedreht werden, um Zerreißungen desKapselsackes zu vermeiden.In diesem Falle drehen wir die IOL um- 20° in die korrekte Position bei 137°(Abbildung 8) .Abbildung 7: Vektordarstellung der IOL-Fehlrotation (siehe auch Abb.8) im Doppelwinkeldiagramm:gelber Vektor: Präoperativer Astigmatismus, roter Vektor(engl. TIA) eigentlich gewollte Astigmatismusinduktion durch die IOL, grüner Vektor(SIA): tatsächlich erreichte Astigmatismusinduktion, blauer Vektor: postoperativverbliebener Astigmatismus.Bei einer Drehung des grünen SIA-Vektors um 20° im Uhrzeigersinn (schwarzePfeile) geht der blaue Vektor und damit der postoperative Astigmatismus gegen null.Abbildung 8: <strong>Torische</strong> IOL nach Rotationskorrektur: Die Markierungen der torischenIOL stehen ideal bei 137° (blaue Pfeile), gelbe Pfeile: Fehlposition vor derNachkorrektur bei 157°.OPHTHALMO-CHIRURGIE 17: 191 - 198 (2005) 197


IOL-Implantation – <strong>Torische</strong> <strong>Intraokularlinsen</strong>Nachrotation: 3 bis 6 Wochennach dem ErsteingriffFür eine Nachrotation ist der Zeitraumzwischen 3 und 6 Wochen nachdem Ersteingriff am besten geeignet.Ergebnis der NachrotationAm nächsten Tag wird die IOL-Positionan der Spaltlampe in korrekter Positionbei 137° bestimmt (Abbildung 8). Imvorliegenden Patientenauge ergänzensich nun die astigmatische Kornea unddie „entgegengesetzt astigmatische“ torischeIOL zu einer sphärischen Gesamtrefraktion(Abbildung 1). Der unkorrigierteVisus steigt auf 0,8 an, der bestkorrigierteauf 1,0. Die subjektive Refraktionzeigt mit - 0,25 zyl. - 0,5/ 90°nurnoch einen minimalen Restzylinder.Wobei in diesem Fall sogar diskutiertwerden kann, ob ein kleiner myoperRestzylinder gegen die Regel wegen derverbesserten Lesefähigkeit nicht sogarals ideale Zielrefraktion gelten kann. Inder Regel ist nach einmaliger Nachrotationdas Ergebnis stabil. Eine Notwendigkeitzur erneuten Nachrotation habenwir in 10 Jahren nur einmal erlebt.FazitDie Implantation von torischen IOL beider Kataraktoperation ist ein sicheresund genaues Verfahren zur Korrekturhöherer Hornhautastigmatismen. DieIndikation zur Implantation torischerIOL sehen wir bei einem weitgehendregulären Hornhaut-Astigmatismus über2 dpt für gegeben an. In den ersten 4postoperativen Wochen sollte besondersauf eine IOL-Verdrehung geachtet werden.Durch die Implantation einer torischenIOL kann der Gesamtastigmatismusim Mittel auf unter 1dpt gesenktwerden.Literatur1. Amm, M., Halberstadt, M.: Implantation torischer<strong>Intraokularlinsen</strong> zur Korrektur hoherpostkeratoplastischer Astigmatismen. Implantationtorischer <strong>Intraokularlinsen</strong> zur Korrekturhoher postkeratoplastischer Astigmatismen.Ophthalmologe, 99: 464 – 469 (2002)2. Buchwald, H. J., Lang, G. K.: Kataraktoperationmit Implantation torischer Silikonlinsenbei hohem Astigmatismus nach Keratoplastik.Klin. Monatsbl. Augenheilkd. 221: 489 - 94(2004)3. Chang, D. F.: Early rotational stability of thelonger Staar toric intraocular lens: fifty consecutivecases. J. Cataract. Refract. Surg. 29: 935- 940 (2003)4. Gerten, G., Michels, A., Olmes, A.: <strong>Torische</strong> <strong>Intraokularlinsen</strong>.Klinische <strong>Ergebnisse</strong> und Rotationsstabilitat.Ophthalmologe 98: 715-720(2001)5. Guell, J. L. , Vazquez, M., Malecaze, F. et al.:Artisan toric phakic intraocular lens for thecorrection of high astigmatism. Am. J. Ophthalmol.136: 442 - 447 (2003)6. Langenbucher, A., Haigis, W., Seitz, B.: Difficultlens power calculations. Curr. Opin. Ophthalmol.15: 1 - 9 (2004)7. Langenbucher, A., Viestenz, A., Seitz, B.: <strong>Torische</strong>Kunstlinsen zur Korrektur eines kornealenAstigmatismus. Klin. Monatsbl. Augenheilkd.221: 182 - 190 (2004)8. Meschede, D.: Gerthsen Physik, S. 448-500,Springer Verlag, Heidelberg 20019. Reiner, J.: Grundlagen der ophthalmologischenOptik, S. 82 - 118, Enke Verlag, Stuttgart 198210. Sarver, E. J., Sanders, D.R.: Astigmatic powercalculations for intraocular lenses in the phakicand aphakic eye. J. Refract. Surg. 20: 472 -477 (2004)11. Sun, X. Y., Vicary, D., Montgomery, P., et al.:Toric intraocular lenses for correcting astigmatismin 130 eyes. Ophthalmology 107: 1776- 1781; discussion 1781-1782 (2000)12. Tehrani, M., Dick, H. B.: Korrektur eineshöhergradigen Astigmatismus nach Keratoplastikdurch Implantation einer phaken torischenIris-Klauen-Linse. Klin. Monatsbl. Augenheilkd.219: 159 - 63 (2002)13. Till, J. S., Yoder, P. R., Wilcox, T. K. et al.: Toricintraocular lens implantation: 100 consecutivecases. J. Cataract Refract. Surg. 28: 295 - 301(2002)Korrespondenzadresse:Dr. med. Georg GertenPan-Klinik am NeumarktAbt. f. AugenheilkundeZeppelinstrasse 150667 Kölninfo@augenportal.de198 OPHTHALMO-CHIRURGIE 17: 191 - 198 (2005)

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