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Frankfurter Allgemeine Magazin - FAZ.net

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EDITORIAL 5E L E G A N Z I N B E W E G U N GWER BRAUCHTESCHON EINMIKROFON?r braucht die große Bühne gar nicht. WennHarald Schmidt erzählt, dann könnte dasMikrofon des Conférenciers seine schönste Waffesein. Aber auf Verstärker und Lautsprecherund andere technische Hilfsmittel kann dieserMann gut verzichten. Er sagt schon in seinen normalenAntworten mehr, als andere zwischen alle Zeilen quetschenkönnen. Und zwar auf eine Art, die eine Quote unter derNachweisgrenze wirklich nicht verdient hat. (Ein Satz,der ihm schon wieder zu moralisch wäre.) Wenn man alsowill, widmen wir uns in dieser Ausgabe den alten Künsten,auf die man wieder hört. Das gilt für die Haute Couture,die ein halbes Jahrhundert älter ist als das Prêt-à-porter, abergar nicht so aussieht. Das gilt für Nelly Furtado, die schonvor zwei Jahrzehnten mit dem Singen begann, zum Glückeinfach nicht aufhört und oft traumverloren ganz ohneMikro singt, ohne es selbst zu bemerken. Und das gilt auchfür die bessere Küche, die sich gern mal vom Himmelherablässt in eine ganz normale Berliner Wohnung, umden Gästen zu zeigen, wo der Kochlöffel hängt. Wiebekommen wir in diese Reihe jetzt die „Schnelle Shopperin“Melanie Mühl, die dieses Mal im Inter<strong>net</strong> nach Hosensucht? Vielleicht so: Die alte Kunst des Einkaufens, diemanche Frauen so umfassend beherrschen, dass eigensfür die wartenden Männer das Smartphone erfunden wurde,ist im Netz zu einer uferlosen Beschäftigung geworden.Melanie Mühl ist wieder aufgetaucht, das habe ich selbstgesehen. Aber bevor Sie uns untergehen im Überangebot,beschränken Sie sich aufs Wesentliche. Legen Sie dasMikro aus der Hand, legen Sie die Beine hoch, und lesenSie dieses Heft. Alfons KaiserInformationen unter:Tel. 089/55 21 53-0FOTO: GETTYVerantwortlicher Redakteur:Dr. Alfons KaiserRedaktionelle Mitarbeit:Timo Frasch, Dr. Rose-Maria Gropp, Jan Hauser,Melanie Mühl, Brita Sachs, Peter-Philipp Schmitt,Dr. Stefanie Schütte, Florian Siebeck,Tilman Spreckelsen, Julia Stelzner, Karin Truscheit,Jennifer WiebkingBildredaktion:Christian Matthias PohlertArt-Direction:Peter BreulE-Mail Redaktion:magazin@faz.deAlle Artikel werden exklusiv für das „<strong>Frankfurter</strong><strong>Allgemeine</strong> <strong>Magazin</strong>“ geschrieben. Alle Rechtevorbehalten. © <strong>Frankfurter</strong> <strong>Allgemeine</strong> ZeitungGmbH, Frankfurt am Main.Eine Verwertung dieser urheberrechtlich geschütztenRedaktionsbeilage sowie der in ihr enthaltenen Beiträgeund Abbildungen, besonders durch Vervielfältigungoder Verbreitung, ist – mit Ausnahme der gesetzlichzulässigen Fälle – ohne vorherige schriftlicheZustimmung des Verlags unzulässig und strafbar.Besonders ist eine Einspeicherung oder Verbreitungvon Inhalten aus dem <strong>Frankfurter</strong> <strong>Allgemeine</strong><strong>Magazin</strong> in Datenbanksystemen, zum Beispiel alselektronischer Pressespiegel oder Archiv, ohneZustimmung des Verlags unzulässig.Sofern Sie Artikel dieses <strong>Magazin</strong>s nachdrucken, inIhr Inter<strong>net</strong>-Angebot oder in Ihr Intra<strong>net</strong> übernehmen,speichern oder per E-Mail versenden wollen, könnenSie die erforderlichen Rechte bei der F.A.Z. GmbHerwerben unter www.faz-rechte.de. Auskunft erhaltenSie unter nutzungsrechte@faz.de oder telefonischunter (069) 75 91-29 85.Redaktion und Verlag:(zugleich ladungsfähige Anschrift für die im Impressumgenannten Verantwortlichen und Vertretungsberechtigten)<strong>Frankfurter</strong> <strong>Allgemeine</strong> Zeitung GmbHHellerhofstraße 2-460327 Frankfurt am MainGeschäftsführung:Tobias Trevisan (Sprecher)Dr. Roland GerschermannVerantwortlich für Anzeigen:Andreas Formen (Verlagsgeschäftsführer)Leitung Anzeigenverkauf <strong>Frankfurter</strong> <strong>Allgemeine</strong> <strong>Magazin</strong>:Kerry O’Donoghue, E-Mail: media-solutions@faz.deProduktionsleitung:Andreas GierthLayout:Verena LindnerKaufmännische Leitung:Andreas TazlEinzelhefte können zum Preis von € 5,– beimedia-solutions@faz.de bezogen werden.Druck:Firmengruppe APPL, PRINT.Forum Druck GmbHNeulandstraße 40, 74889 Sinsheim, www.appl.deHermes.com


10 KARLIKATURClowns? Nein, wenn schon, dann entstammen Beppe Grillo(links) und Silvio Berlusconi der Commedia dell’arte.Als Pulcinella (französisch Polichinelle) gibt jeder der beidenden bauernschlauen Tölpel mit Bauch und Buckel. KarlLagerfeld, der oft in Rom und Mailand ist und die „italiänische“Volksseele kennt, lässt die Figuren des politischen Volkstheatersden Euro nicht etwa hochhalten; auf seinem Wanst trägtGrillo die gute alte Lira und Berlusconi viele Lire vor sichher. Besser könnte man die beiden Politiker mit denhochgeschobenen Halbmasken kaum demaskieren. (kai.)www.wellendorff.de • Tel. 07231 - 28 40 128


14PRÊT-À-PARLERATMETIST GRETA GARBO PLÖTZLICH WIEDER DA?Ja, läuft denn Greta Garbo für Bottega Ve<strong>net</strong>a? Das Bild(links) von Vittorio Zunino Celotto legt die Vermutungnahe. Seine ikonographischen Fotos von der MailänderModewoche wirken wie Momentaufnahmen einer vergangenenZeit. Dabei leben Modefotografen und Laufstegfotografenwie er, der seit fünf Jahren für die Agentur Gettyarbeitet, in unterschiedlichen Welten: Zwar fotografierenbeide die Mode, begegnen sich in unseren irdischen Sphärenaber nur selten. Modefotografen, das sind großeNamen wie Richard Avedon, Steven Meisel oder HelmutNewton, die mit ihrer Hasselblad Bilder für die Ewigkeitschaffen. Laufstegfotografen, das sind oft Menschen ohneNamen, vergangene Woche in Guatemala, heute bei Dolce& Gabbana. Eine vier Hundertstel Sekunde für den ganzenLook, eine fünf Hundertstel für Close-ups von Taschenund Schuhen. Blende 2.8, Brennweite 200, 300,400 Millimeter, Fotos im Sekundentakt für die Content-Produzenten, die vor allem schnelles Klickwerk für dieOnline-Seiten liefern. Vittorio Celotto schafft es, inmittendes Pulks aus 100 Konkurrenten, so etwas wie Intimitätherzustellen, zwischen ihm und dem Model. So entstehtbei Bottega Ve<strong>net</strong>a (Foto links), dessen KreativdirektorTomas Maier es immer wieder gelingt, die dreißiger undvierziger Jahre in die Gegenwart zu holen, der Eindruck,Andreea Diaconu sei nicht von dieser Welt. Oder Dolce &Gabbana (Mitte): Inszenierte byzantinische Mosaik-Kunstverwandelt Celotto in das Porträt einer geheimnisvoll lächelndenHerrscherin. Und von Georgia May Jagger(rechts), die für Cavalli läuft, schafft er ein lethargisch wirkendesSeelenporträt. Das Holga-Objektiv schluckt sämtlichesBeiwerk, auch das rubinrote Kleid. „Ich überlege vorder Schau, welche Bilder ich mit dem Licht und der Szenerieeinfangen kann“, sagt Celotto. Sein Lieblingsfotografist Peter Lindbergh. „Jedes seiner Bilder ist ein Meisterstück,und doch wirken sie alle so natürlich.“ Celotto fotografiertmit einer Canon EOS 1D, konvertiert die Bilderdann in Schwarz-Weiß, zieht den Kontrast nach oben undlegt einen Filter auf das Bild. Ist das noch legitim, oderfolgt die Instagrammisierung der Pressefotografie auf demFuße? In der Tat verarbeitet Celotto manche Bilder mit Instagram,die abgebildeten Porträts aber sind durch Objektiv-Arbeitund Photoshop entstanden. „Ich mag es, auchmal kreativ zu sein.“ Den Laufsteg muss er trotzdem machen,für die User, die nach der Schau im Netz die Lookssichten wollen. Anschnitt und Farben kann er dafür verändern,mehr nicht, denn Pressefotografen sind der Wahrhaftigkeitverpflichtet. Auch wenn Celotto Mode fotografiert:Modefotograf ist er eben nicht. Florian SiebeckPRÊT-À-PARLERAuch die beiden Berliner Designer Fabian Baumannund Sönke Hoof kannten anfangs das Unternehmenmit dem sprechenden Namen Schmolz + BickenbachGuss aus der Ruhrpott-Stadt Ennepetal nicht. Doch sieließen sich von den Möglichkeiten, die das Edelstahlwerkihnen bot, schnell begeistern. „Man muss sichvorstellen“, sagt Hoof, „dass bei Schmolz + Bickenbachtäglich Gussteile höchster Qualität produziert werden,die dann einfach in großen Maschinen verschwinden– das ist doch schade.“ Und so wagten sich Baumann,der auch Maschinenbauingenieur ist, und Hoof, besserbekannt unter dem Namen ihres Büros Formfjord (www.formfjord.com), an ein für sie ziemlich ungewöhnlichesProjekt: eine Wanduhr. Mit ihr erfüllten sie die wenigenVorgaben, die ihnen gestellt waren: ein Objekt imFeingussverfahren aus Edelstahl herzustellen, das zwarskulptural ist, zugleich aber auch eine klare Funktionhat. Zunächst muss in einem Aluminium-Werkzeug einWachsling gegossen werden, der in „flüssige Keramik“getaucht und so mit mehreren Schichten ummanteltwird. Der Wachs wird dann ausgeschmolzen, die Formgebrannt und noch im heißen Zustand mit dem aufSTIL IN STAHL1600 Grad erhitzten flüssigen Edelstahl befüllt. Modelund Form gehen jeweils verloren, denn die Keramikformwird abgeschlagen, nachdem der Stahl abgekühltist. Insgesamt mussten 1000 dieser Formen hergestelltwerden, denn die etwa 3,7 Kilogramm schwere Uhr,Durchmesser 340 Millimeter, ist in dieser limitiertenStückzahl in der Designlinie „pure cast“ des Stahlunternehmens(www.pure-cast.com) erschienen. Die Uhrselbst nennt sich „Cioccolato“, ihre strukturierte Oberflächeerinnerte die Designer schlicht an eine TafelSchokolade mit Sollbruchstellen. Jede der 24 einzelnenFelder ist in sich gewölbt. Die leichte Krümmungder Fugen verleiht dem Entwurf noch eine zusätzlicheDynamik. Die beiden Designer von Formfjord sindselbst überrascht, was für Möglichkeiten in dem oft sokalt und martialisch wirkenden Material stecken, umdas viele ihrer Kollegen lieber einen Bogen machen.„Wir sind immer wieder überwältigt, wenn wir erlebendürfen, wie sich unsere Daten aus dem Computer infeinstem Edelstahl materialisieren.“ Selbst ihre kompliziertestenund ausgefallensten Ideen lassen sich damitfast spielend verwirklichen. (pps.)LIKE A LIPPENSTIFTDie H&M-Luxuslinie „& other stories“ ist gerade einmalein paar Wochen alt. Das Geheimnis des gekonnten Auftrittsmacht sie sich dennoch gleich zu eigen. „Für denindividuellen Look sind Accessoires einfach wichtig“,sagt Samuel Fernström, der Chef der Linie, die halb inStockholm, halb in Paris entworfen wird. „Morgens ziehtman das schwarze Kleid über. Am Abend trägt man danndazu höchstens noch ein bisschen Lippenstift aufund schnappt sich die Clutch.“ Diese hier, von & otherstories, ist aus demselben weichen Leder gefertigt wie dieHenkeltasche der Marke, die man den ganzen Tag langmit sich herumtragen könnte. Darauf scheint es demSchweden Fernström anzukommen: „Die Funktion dahinterwar uns wichtig. Wenn man in etwas investiert,möchte man es doch immer tragen.“ Bei Tag ist dieTasche also ein praktisches Henkelmodell. Am Abendlöst man die Karabinerhaken und verwandelt sie ineine elegantere Clutch. Auch Taschen können sich einbisschen aufhübschen. (jwi.)FOTOS: GETTY (3), PR (2)Shop online http://de.geox.com/sendaFolgen Sie uns aufSICH IMMER WOHLFÜHLEN,BEI JEDER GELEGENHEIT,AN JEDEM ORT, ZU JEDER ZEIT:SCHUHE, ELEGANT UND ZUGLEICHTECHNOLOGISCH,ANGENEHM FUNKTIONAL UND– DANK DER NEUENGEOX-MEMBRAN –NOCH ATMUNGSAKTIVER.JEDEN TAG, EIN LEBEN LANG.


16 PRÊT-À-PARLER6FRAGENZUM OUTFITWER? Yulia Lobova, Modelaus Russland, 23 Jahre alt.WO? Paris, 1er arrondissement,Rue Castiglione,vor dem Hotel Westin.WANN? 2. März 2013,Samstagvormittag. BeimPrêt-à-porter in Parissind selbst ModeleuteFrühaufsteher.WAS? Schuhe und Jackevon Yves Saint Laurent,Hose von Dolce & Gabbana.Alles andere hat Yulia aufden Pariser Flohmärktengefunden.WIE? Ohne kuschelige Daunenfütterung.„Es ist doch Modewoche.Da friert man nicht.“WARUM? Vintage-Objektesind für Yulia Kulturgüter,die wie Kunstschätze gehütetgehören. Und wenn sie einvielversprechendes Stückentdeckt, auf dem Flohmarktoder in einem Vintage-Laden,dann greift sie zu. So sieht Yulianicht nur gut aus, sie kann auchetwas über ihre Kleidung erzählen.Die Jacke zum Beispielist aus dem Jahre 1972, alsoälter als sie selbst.Fotografiert von Helmut Fricke.Aufgezeich<strong>net</strong> von Jennifer Wiebking.AN KOLORATURENGEKETTETDer Jüngling ist nackt und wendet dem Betrachter denwohlgeformten Rücken zu. Sie hat sich in ein Mieder gezwängt,trägt eine weißgepuderte Perücke und hält demAdonis ein Buch vor die Nase. Schon das Cover der CD„Dramma“ ist ein Kunstwerk. Wie Simone Kermes selbst,wie man es neulich in Berlin erlebte. Gewandet in einenTüll-Traum, auf der roten Mähne ein abenteuerlich bukolischerKopfschmuck, stürmt die „Queen der Barockmusik“auf die Bühne der Deutschen Oper, zwitschert undgurrt, groovt und rockt zu Liebe, Leid und Meeresstürmen.Dabei saust sie durch aberwitzige Koloraturketten,um danach mit todtraurigen Lamenti ihr Publikum zuTränen zu rühren. Den Modeschöpfer Alexander Mc-Queen, der sich vor drei Jahren das Leben nahm, muss esauch gefesselt haben. Seine letzte Kollektion hatte er zuden Klängen einer CD der Oper „Dido und Aeneas“ vonHenry Purcell entworfen, auf der Simone Kermes mit„When I am laid in earth“ zu hören ist. „Ich sollte dieseArie singen während der Präsentation seiner Kleider inParis. Dazu ist es ja leider nicht mehr gekommen. Aber ichtrage während meiner Konzerte stets eine Kopie des Modells,das ich in Paris anziehen sollte, als Hommage anAlexander McQueen“, sagt die Sängerin, die dank Metabolic-DiätModel-Maße hält. Simone Kermes, „Sängerindes Jahres 2011“, die nach Konzerten gefeiert wird wie einPopstar, singt nun mit dem Stimmumfang über drei Oktavenin Baden-Baden die Partie der Königin der Nacht inMozarts „Zauberflöte“. Bisher wollte sie diese Rolle nieTANGENTEPRÊT-À-PARLER„MIT MEINEN STICKERN WERDEN SCHILDER SCHÖNER“Herr Abraham, mögen Sie keine Verkehrsschilder?Doch, ich mag die Ästhetik. Die sehr reinen Farben undZeichen. Aber ich mag ihren Sinn nicht. Sie haben einesehr schwache Botschaft, sie sind beschämend für diemenschliche Würde.Ohne Verkehrsschilder geht es aber nicht.Sie sind ja auch nützlich. Aber es gibt zu viele von ihnen.Man müsste mehr auf das Verantwortungsgefühl derMenschen setzen als auf Regeln. Chaos wäre auch schlecht,aber man müsste die beiden Extreme versöhnen.Im Sommer 2010 haben Sie begonnen, Verkehrsschilder durchabziehbare Sticker umzugestalten, zunächst in Florenz, woSie leben, dann auch in Rom, Mailand, Berlin, London undParis. Wie kommen sie auf die Ideen für Ihre Motive?Auch in Berlin hat er schon an Verkehrsschildern gearbeitet: DerFranzose Clet Abraham, geboren 1966, studierte Kunst in Rennes.Er hat sein Atelier in Florenz, geht aber auch gern auf die Straße,um den öffentlichen Raum nach seinen Ideen zu gestalten.Ich suche nach dem Sinn. Das Einbahnstraßenschild istzum Beispiel ein Symbol der Verbote. Und dann entwickleich ein Design zu diesem Thema.Beim Schild „Durchfahrt verboten“ waren Sie sehr kreativ.Mal trägt ein Mann den weißen Balken weg. Mal sieht derBalken aus wie eine Farbrolle zum Anstreichen, weil Sieeinen Griff daran geklebt haben. Mal sägt der Mann denBalken durch. Ist das Ihre Idee, das Verbot zu zerstören?Ich glaube, Verbote sind nicht die richtige Lösung. Aberich zerstöre ja nichts. Ich arbeite mit dem Symbol. Humorist mir wichtig. Ich prüfe mein Design genau, um nichtden Sinn des Schildes zu zerstören.Haben Sie denn keine Angst, dass die Autofahrer durch IhreSticker abgelenkt werden könnten?Nein. Denn mit meinen Aufklebern werden die Verkehrsschilderschöner, und man kann sie besser sehen. Manweiß ja aus der Verkehrspsychologie, dass häufiger Unfällepassieren, wenn alles zu routiniert läuft und man deswegendie Konzentration verliert.Wie muss man sich das vorstellen: Kleben Sie nachts heimlichdie Sticker auf?Meistens, nicht immer. Es geht sehr schnell, wenn es seinmuss, etwa an großen Plätzen. Es ist aber kein Geheimnis,wer hinter dem Projekt steckt: Ich habe mich ja öffentlichdazu bekannt.Mussten Sie schon einmal irgendwo ein Bußgeld für Ihrkünstlerisches Wirken bezahlen?Die Stadt Pistoia in der Toskana wollte mir 5000 Euroaufbrummen. In der ersten Berufung wurde es auf500 Euro verringert. Ich hoffe, dass es in der zweitenBerufung annulliert wird. Sollten denn Menschen, dienichts von visueller Kommunikation verstehen, übermich urteilen dürfen?Die Fragen stellte Britta Beeger.singen. „Einmal Königin der Nacht, immer Königin derNacht“, befürchtete sie. Dabei konnte sie schon mit zehnJahren die „Rache-Arie“ dieser schillernden Über-Mutternachsingen. „So entstand meine Verrücktheit für Oper.Die hohen Töne haben mich fasziniert.“ Und wer sagtschon nein zu einem Angebot von Sir Simon Rattle? DieLeipzigerin, die schon im Alter von 17 Jahren Mutter einerTochter wurde und zunächst eine Ausbildung zur „Fachkraftfür Schreibtechnik“ machte, baute nach einem Musikstudiumihr Repertoire in der „Provinz“ auf mit lyrischenMozart-Partien, Belcanto-Opern und Operetten.Der Durchbruch kam erst, als sie Musikarchive durchstöbernließ auf der Suche nach unentdeckten musikalischenPreziosen. Viele von ihnen findet man als Ersteinspielungenauf der „Dramma“-CD. Ein „Schlager“ ist allerdingsauch dabei: „Lascia ch’io pianga“ aus Händels „Rinaldo“.Sicher hätte dieses Lamento auch Alexander McQueen gefallen.„Man muss ja nicht immer Koloraturen schmettern,um die Leute zu berühren.“ Es sei denn, man stehtauf der Bühne als Königin der Nacht. Dagmar ZurekOsterfestspiele Baden-Baden: Mozart: Die Zauberflöte;Regie: Robert Carsen; Dirigent: Sir Simon Rattle,Berliner Philharmoniker; Termine: 23., 26., 29. März,1. April. Die Zauberflöte (szenisch) auch in Berlin;Philharmonie: 5. und 7. AprilKonzerttour Kermes: 21.4. Basel, 22.4. Kaufbeuren,9.5. Hamburg, 10.5. Dortmund, 12.5. München.FOTOS: HELMUT FRICKE, MATTHIAS LÜDECKE, DAPDIn der Tradition von Eames: GOOD DESIGN Award für Tangente Datum. Wie bereits im Vorjahrging der weltweit angesehenste Preis für Produktdesign auch diesmal an NOMOS Glashütte.Der GOOD DESIGN Award, von Charles und Ray Eames, Eero Saarinen und Edgar Kaufmann, Jr.1950 erstmals vergeben, schmückt bis heute nur weltbeste Formen. Mit entsprechenden innerenWerten: allerfeinsten Kalibern aus Glashütter NOMOS-Manufaktur.Tangente-Modelle gibt es ab 1180 Euro etwa bei: Augsburg: Bauer & Bauer; Berlin: Brose, Christ KaDeWe, Lorenz; Bielefeld: Böckelmann; Bonn: Hild; Bremen: Meyer; Darmstadt: Techel;Dortmund: Rüschenbeck; Dresden: Leicht; Düsseldorf: Blome; Erfurt: Jasper; Hamburg: Becker; Koblenz: Hofacker; Köln: Berghoff, Kaufhold; Ludwigsburg: Hunke; Lübeck: Mahlberg;München: Bucherer, Fridrich, Kiefer; Münster: Freisfeld, Oeding-Erdel; Stuttgart: Niessing; Ulm: Scheuble. Überall: Wempe. www.nomos-store.com und www.nomos-glashuette.com


18PRÊT-À-PARLERPRÊT-À-PARLER 19KINDERKRAMSCHLAFES BRUDERIch muss euch vorwarnen, hatte unsere Freundin, dieBuchhändlerin gesagt, als sie anrief, um sich mit unswieder für einen Spiele-Abend zu verabreden. Ullrich, ihrMann, sei gerade im Stress, seit in seiner Abteilung dieseneue Kollegin angefangen habe, die es ihm gegenüberan Respekt fehlen lasse.Unbelehrbar und dreist, rief Ullrich aus dem Hintergrund.Möchte er dann vielleicht lieber zu Hause bleiben,hatte ich gefragt, weil ich ihm einen ruhigen Abend ebensogegönnt hätte wie uns. Nein, sagte unsere Freundin,es ist gut, wenn er beim Spielen mal auf andere Gedankenkommt.Also waren sie gemeinsam da, das Abendessen verlieffriedlich, und als nur noch die Gläser auf dem Tisch standen,zückte unsere Freundin einen schmalen, hohen Pappkarton.Kennt ihr das Spiel Jenga, fragte sie. Wir habendas früher in der WG ewig gespielt. Ihr wisst schon: EinTurm aus Holzbausteinen, in jeder Etage sind drei Stück,dann zieht man abwechselnd einen heraus und legt ihnobenauf. Verloren hat, wer den Turm zum Einsturz bringt.Klar, sagte meine Frau, aber das hier sieht irgendwieanders aus. Und warum heißt das Spiel Jenga Boom?Werdet ihr gleich sehen. Die Buchhändlerin strahlte.Dann holte sie die Jenga-Steine aus der Packung undgleich darauf einen Plastikkasten, der aussah wie eineLadung Dynamit mit Zündschnur.Toll, sagte unser Sohn, explodiert das wirklich?Das probieren wir jetzt mal aus, sagte unsere Freundin.Sie zog an der Zündschnur und drückte eine orangefarbeneTaste am Rand des Kastens. Dann stapelte siedie Jenga-Steine auf einer Plattform über den Dynamitstangen.So, sagte sie, wir spielen ganz normal. Aber jeder,der drankommt, drückt hier auf die Start-Taste und,wenn er fertig ist, auf Stopp. Lasst euch überraschen.Weit kamen wir nicht. Die Zündschnur flog ruckartigin den Kasten, nach zwei bis drei Minuten war das Uhrwerkunter den Stangen abgelaufen, eine Plastikspitzeschoss nach oben, die Steine flogen in alle Richtungen.Wahnsinn, sagte Ullrich.Während wir nach einer Weile die Lust daran verloren,wollte er die Zündschnur immer wieder ziehen. Schließlichwar er mit dem Kasten allein.Sag mal, sagte Ullrich zu unserem Sohn, deine Elternsagen, du könntest so tolle Burgen aus deinen Bauklötzenbauen. Willst du mir das mal zeigen?Ist er nicht süß, sagte die Buchhändlerin hingerissen,als die beiden in der Bauecke unseres Wohnzimmers beschäftigtwaren.Als wir das nächste Mal hinsahen, stand dort eineBurg mit Bergfried, Zinnen und Tor. Dann hörten wir einleises Surren, und alles stürzte zusammen.Ullrich lachte so laut, wie ich ihn noch nie hatte lachenhören. Unser Sohn schaute ihn mit dem prüfenden Blickeines Ethnographen an, der im 19. Jahrhundert auf deranderen Seite der Erde die unverständlichen Gebräucheder indigenen Bevölkerung studiert.Ich weiß einen, sagte unsere Freundin, der die Burgjetzt Stein für Stein wieder aufbaut, wenn er nicht nachHause laufen will. Ich habe nämlich den Autoschlüsselund das Geld.Und während sichUllrich an die Arbeitmachte, brachte ich unserenSohn ins Bett.Tilman SpreckelsenMode macht arm, wenn man sie kauft. Wenn man sie verkauft,kann Mode reich machen. Das zeigt die neue„Forbes“-Liste der reichsten Menschen, die für Freunde derLebensart einige Überraschungen bereithält. Denn in letzterZeit sind Unternehmen für billige Mode mindestens soeinträglich wie die großen Luxusunternehmen. Das zeigtunsere reiche Auswahl aus der Mode-, Lederwaren- undBeauty-Branche:Amancio Ortega muss sich zwar Carlos Slim, der Nummereins, und Bill Gates, der Nummer zwei, geschlagengeben. Aber der Zara-Gründer folgt auf Rang drei miteinem Vermögen von 57 Milliarden Dollar, mit deutlichemAbstand vor dem Viertplazierten Warren Buffett.Der 76 Jahre alte galizische Produzent preiswerter modischerWare weiß eben, dass man vom Sparen reich wird.Liliane Bettencourt ist, wenn auch erst auf Platz neun,die einzige Frau unter den zehn reichsten Menschen. DieNeunzigjährige, einziges Kind des L’Oréal-Gründers EugèneSchueller und am Kosmetik-Konzern noch immermit rund 30 Prozent beteiligt, besitzt mit ihrer Familielaut „Forbes“ rund 30 Milliarden Dollar. Die Streitereienmit der Tochter zeigen, dass so viel Geld auch viele Schwierigkeitenbereiten kann.Bernard Arnault ist also vom Platz des reichsten Franzosenverdrängt worden und überraschend auf der Gesamtlisteauf Rang zehn abgestiegen. Der Chef von LVMH(Louis Vuitton, Dior, Céline, Pucci, Fendi, Givenchy undviele andere) ist aber mit 29 Milliarden Dollar noch nichtganz verarmt. Und seine Marken wachsen so erfreulich,dass er sich nicht allzu viele Sorgen machen muss, außerum die Steuerlast in Frankreich natürlich.LEUCHTE MIT HALTUNGREICH AN SCHÖNEMEin kleiner Dreh – und aus dem Tisch- wird ein Wandstrahler.Das Karlsruher Designbüro „jjoo Design“ (dahinterstecken Johannes Marmon und Johannes Müller) entwirftseit kurzem auch intelligente und gut geformteLeuchten. Dafür haben sich die Produktdesigner mit demArchitekten und Lichtplaner Fabian Maier zur Firma Nyta(www.nyta.eu) zusammengeschlossen. Gleich die erste Arbeit„Tilt“ ist eine Erleuchtung: Der leicht konisch geformteSchirm aus Aluminium lässt sich dank eines Schlitzesum die Lichtquelle bewegen und in alle Richtungenschwenken und drehen. Die Schirmführung aus Edelstahlam Ende des Kabels sorgt dafür, dass sich die Leuchte inder Schieflage (englisch „tilt“) hält. Scheint ein guter Drehzu sein: Die drei arbeiten schon an einer Stehleuchte. (pps.)PRÊT-À-PARLERStefan Persson ist wie Kollege und Konkurrent AmancioOrtega einer der großen Unbekannten unter denReichen. Der Fünfundsechzigjährige, Sohn des H&M-Gründers und nun Aufsichtsratsvorsitzender der schwedischenKette, liegt mit 28 Milliarden Dollar auf Rangzwölf. Er macht auch in Immobilien: Vor kurzem erstkaufte er sich in Paris einen Häuserblock.François Pinault ist noch ein Franzose unter den laut„Forbes“ reichsten Modemenschen. Mit Familie besitzt er15 Milliarden Dollar, Rang 53. Die Marken seines PPR-Konzerns (Gucci, Yves Saint Laurent, Bottega Ve<strong>net</strong>a,Stella McCartney, Alexander McQueen und viele andere)entwickeln sich gut. Da ist noch Luft nach oben.Miuccia Prada ist schon 12,4 Milliarden Dollar schwer,vor allem dank Börsengang. Wenn man die geniale Designerin(Rang 78) gemeinsamen mit ihrem Mann PatrizioBertelli veranlagen würde, kämen sie auf 19,1 MilliardenDollar und würden sogar Pinault überholen.Giorgio Armani hat binnen eines Jahres um 1,3 MilliardenDollar zugelegt auf nun 8,5 Milliarden (das ist Rang131 der Reichsten). Da mache sich noch jemand lustigdarüber, dass sich dieser Meister seines Fachs, inzwischen78 Jahre alt, noch immer um jedes Detail in seiner Firmakümmert! So lange das Wachstum in China anhält, solange wird auch Armani über sich selbst hinauswachsen.Ralph Lauren bleibt Giorgio Armani an Jahren und anGeld auf den Fersen. Der Dreiundsiebzigjährige erreichtmit sieben Milliarden Dollar Platz 166. Nicht so ganzschlecht für den Sohn eines bitterarmen russischen Einwanderersaus der Bronx. (kai.)FOTOS: RAINER WOHLFAHRT, PR (6)DARAN HINGEN DIE STARSDie britische Familie Feldman ist die wichtigste Sammlerfamilie,von der Sie noch nie etwas gehört haben. Dabeiarbeitete die Familie beinahe 70 Jahre lang am Puls desGeschehens, am Londoner Piccadilly Circus, wo sie seit1932 mit einem Schmuckhandel namens Fior Frauen wieAva Gardner, Elizabeth Taylor oder Grace Kelly schmückten.Über die Jahre sollten noch zwei weitere Boutiquen inLondon hinzukommen. Und irgendwann ließen sie sichvon den glitzernden Stücken ganz hinreißen und begannen,sie auch privat mit großer Leidenschaft zu sammeln,zum Beispiel die Doppelbrosche und die Ohrclips vonMarcel Boucher aus den späten fünfziger Jahren, die obenabgebildet sind. Über ein halbes Jahrhundert hinweg bautedie Familie eine Schmucksammlung auf, die in ihrer Nähezu Trends einzigartig ist. Denn mit mindestens einemAuge beobachteten die Feldmans stets den sich veränderndenZeitgeschmack. Kein Wunder, dass nun auch deshalbdas Adlerauge von Adelheid Rasche auf diese stattlicheReihe fiel. Die Leiterin der Lipperheideschen Kostümbibliothekpräsentiert in ihrer Sammlung in der Kunstbibliothekam Matthäikirchplatz in Berlin vom 11. April biszum 6. Oktober insgesamt 300 Stücke, die aus Frankreich,England, Italien und Deutschland stammen, darunterzum Beispiel Christian Dior, Carven und Givenchy. Mitder Haut von Elizabeth Taylor wird wohl keine dieserTräume in Diamanten jemals in Kontakt gekommen sein.Das macht aber nichts. Denn ihren Wert haben die Stückeauch deshalb, weil sie ungetragen sind. (jwi.)„WIR HABEN KEINE ANGSTVOR DER 13“Frau Donhauser, die Amerikaner haben große Angst vor der Zahl13. In den Gebäuden gibt es beispielsweise kein 13. Stockwerk.Ihnen macht die Zahl 13 keine Angst: Ihre Herbst-Winter-Kollektion 2013 haben Sie auf der New York Fashion Weekam 13. Februar 2013 präsentiert, mit 13 Models, 13 Outfits.Das Thema: das 13. Sternzeichen namens „Ophiuchus“. Sindsie furchtlos oder unamerikanisch?Angela Donhauser: Furchtlos. Unamerikanisch kannman nicht sagen, da wir ja hier leben. Adi und Gabi habensogar die amerikanische Staatsbürgerschaft.Sie leben und arbeiten in New York, einer Stadt, die schonviel erlebt hat, vom 11. September bis zu Blizzards undHurrikans. Wird New York ängstlicher?Früher dachte ich, die New Yorker seien stets entspannt,nichts könnte ihnen etwas anhaben. Aber nach 9/11und den letzten Stürmen ist den New Yorkern die Angstwirklich in die Knochen gefahren. Als es im Winterein wenig schneite, machten gleich die U-Bahn und dieSchulen zu.Haben Sie wenigstens Angst vor Modenschauen?Inzwischen haben wir schon alles durchgemacht: Teile,die fehlen, oder ein Model, dem, kurz bevor es losgeht,plötzlich nichts mehr passt. Kleine Überraschungenhalten einen am Laufen. Ich nähe an den Entwürfennoch bis zum letzten Moment. Das ist wie ein Ritual.Die aktuelle Modenschau wurde angelehnt an eine hinduistischePuja-Zeremonie inszeniert. Alle zwölf bekannten Tierkreiszeichengaben dem „Neuen“, dem unbekannten 13. Sternzeichennamens „Ophiuchus“, ihren Segen. Glauben sie an einehöhere Macht?Ist es ein Bett für Obdachlose oder doch eher ein nächtlicherRückzugsort für stolze Eigenheimbesitzer? „Social-Unit“ kann beides sein – und sogar noch mehr, zum Beispielauch ein Tummel-, Spiel und Schlafplatz in einemKinderzimmer. Der moderne Alkoven besteht zu 100 Prozentaus wiederverwerteten Kunststoffen – vor allem ausalten Flaschenverschlüssen und Getränkekisten, aber auchaus anderen Abfallprodukten aus Plastik. Die ganz undgar soziale Unternehmung, die zusammen mit der niederländischenHeilsarmee entwickelt wurde, ist die erste Arbeitdes in Amsterdam ansässigen Designbüros „Social-Unit“. Gegründet wurde es von Corinne de Korver undWouter Kalis, die überrascht scheinen, wie vielseitig ihrWerk ist. Selbst aus den Vereinigten Staaten gab es plötzlichInteresse an der mobilen und doch viel Privatsphärebietenden Bettstatt, nachdem Hurrikan Sandy im Oktoberdie amerikanische Ostküste verheert hatte. Tatsächlichwollten die beiden Designer mit ihrem Entwurf vor allemObdachlosen einen privaten Schutzraum zum Schlafenbieten, aber auch einen halbwegs sicheren Ort für ihreHabseligkeiten. Und so benötigt „Social-Unit“ (mit Bettund Schrank) gerade mal drei Quadratmeter Platz. „Dasist ideal“, sagt Kalis. „In den Niederlanden stehen Obdachlosenin Heimen vier mal vier Meter zu.“ Auch dieProduktion von „Social-Unit“ ist sozial, mit Menschen,die ohne Hilfe kaum einen Job finden würden. Den Designernist so etwas wichtig. Ihrer künftigen Königin ist esebenfalls ein Anliegen: Prinzessin Máxima persönlich hatsich vom Nutzen des mit vielen Preisen ausgezeich<strong>net</strong>enProjekts überzeugen lassen. (pps.)Raum im Raum: „Social-Unit“ vom niederländischen Designbüro „Social-Unit“ ist nicht nur ein Hort für Obdachlose.Ja. Und an uns selbst. Und daran, dass die höhere Machtuns innewohnt.„Ophiuchus“ könnte man als Outsider bezeichnen, der langevon Wissenschaft und Weltgemeinschaft ignoriert wurde. Sieheißen ihn willkommen. Wen würden sie im wahren Lebengerne willkommen heißen?Einen Investor. Bis jetzt tragen wir alles auf unseren eigenenSchultern, mit wenig Geld, aber viel Liebe und Arbeit.Adi Gil, Angela Donhauser und Gabi Asfour (von links) sindThreeasfour. Das New Yorker Modelabel ist für seine rundenSchnitte und aufwendigen Entwürfe bekannt.Ihre Entwürfe basieren auf kurviger Schnittführung und gebogenenNähten, das passt gut zur menschlichen Anatomie.Warum tut sich die Menschheit dennoch so schwer, sich vomgeradlinigen Schnittsystem zu lösen?Weil es schwierig ist, alles infrage zu stellen und genHorizont zu laufen. Die meisten haben sogar Angstvor sich selbst, vor ihren Nachbarn. Ich bin mit meinerFamilie 1980 von Russland nach Deutschland ausgesiedelt.Wir wohnten in einem Häuserkomplex, indem die Menschen sich nie grüßten und sich auchnach 20 Jahren nicht kannten. In Russland war unsereNachbarschaft arm. Aber das, was man hatte, teilteman miteinander.Mit dem „Miteinander“ haben sie sich oft auseinandergesetzt.Etwa 2012 in der Kollektion „Insalaam Inshallom“, für dieSie arabische und jüdische Ästhetik vereinten. Warum?Wir drei kommen aus verschiedenen Ländern undleben friedlich miteinander. Aus Spaß haben wir unsimmer „United Nations of Fashion“ genannt. Gabiist Libanese, aber seine Eltern sind Palästinenser undmussten den Libanon verlassen, als er jung war. Adiist aus Israel, wir haben uns in Deutschland kennengelernt.Ich bin russisch und deutsch. Wir wollenden Leuten zeigen, dass sie keine Grenzen akzeptierenmüssen. Umarme die Welt! Geh nicht ein wie eineGefängnisblume!Wenn ein Astrologe heute Ihr Horoskop für das Jahr 2013schreiben müsste – was sollte darin stehen?Dass wir drei weiter unseren Frieden miteinander habenwerden. Und dass wir mit passendem Investor die nächsteEbene erreichen. Zur Zeit ist unser Label sehr exklusiv.Aber wir möchten unsere Ideen mit der Welt teilen.Die Fragen stellte Nina Trippel.


20 SEITENTITELINTERVIEW 21Von Moral würdeHarald Schmidtgern die Fingerlassen. „Weil das dieLeute permanentüberfordert.“Harald Schmidt überStil und Stilisierung,den Unernst des Lebensund die Unmöglichkeit,man selbst zu sein.Herr Schmidt, der Literaturkritiker Fritz J.Raddatz hat sich an dieser Stelle vor einpaar Monaten über die angebliche Unsittemeiner Generation aufgeregt, „die Jeans aufden nackten Arsch zu ziehen“. Ist Ihnen dasauch schon unangenehm aufgefallen?Ich weiß nicht, welcher Lebensmensch das dem legitimenErbe Tucholskys erzählt hat. Ich habe das noch nichtbeobachtet, aber ich bin ja auch heterosexuell, sozusageneiner der wenigen, die noch traditionell adoptieren. Oderes gleich selbst machen. Ich kann aber erahnen, wovonFritz J. Raddatz spricht, weil ich ja im Showgeschäft bin.Mir sagen homosexuelle Mitarbeiter, man wird heutzutagegegen vier Uhr morgens im Darkroom mit dem Satzbegrüßt: „Ich bin unterhalb der Nachweisgrenze, lass unsfeiern.“ Wer da Jeans oder auch nur Unterhose trägt, derist so was von Eighties, der liest auch noch Günter Grass.Über welche stilistischen Absonderlichkeiten regen Sie sich auf?Aufregen hat so etwas Bemühtes. Wenn mir einer Kirschsaftaufs Kaschmirjackett kippt, dann rege ich mich nichtauf, sondern schmeiße das Jackett weg und nehme einanderes aus dem Schrank.Fanden Sie es stillos, dass sich Ihre früheren Mitarbeiter HerbertFeuerstein und Manuel Andrack vor einiger Zeit im „Spiegel“über Sie ausgelassen haben?Da greift der Satz von Tocotronic: „Was Du auch machst,mach es nicht selbst.“ Das heißt in dem Fall: Das Interviewführten Andrack und Feuerstein für mich, und zwarunentgeltlich. Ich hab’ nämlich gar nicht die Zeit, mitden Lohnschreibern vom „Spiegel“ zu reden, die ja eigentlichein Interview mit mir und Gottschalk machenwollten.Sie sind den beiden also nicht böse?Überhaupt nicht. Feuerstein darf sowieso alles. Er istsozusagen mein Mastermind, durch den ich Late Nightüberhaupt erst kennengelernt habe. Dass er mich indem Interview mit afrikanischen Diktatoren verglichenhat, hat mir geschmeichelt, denn Feuerstein kenntAfrika sehr gut.Andrack sagte, Sie träten Leute, die auf dem Boden liegen, nicht,sondern sprängen auf sie drauf.Das ist, wie wenn Sie über einen Erfolgstrainer sagen:Der ist so brutal. Mich interessiert das nur, wenn es einersagt, während er Tag für Tag mit am Tisch sitzt. Andracksaß acht Jahre mit am Tisch, er hat nur davon profitiertund nie geklagt. Er hat aber auch Pech gehabt, weil erin dem Interview quasi groß ankündigte, dass es das fürmich gewesen sei, und zwei Tage später kam ich dannmit dem neuen Sky-Deal um die Ecke.Feuerstein sagte, Sie seien kein Mensch.Das kann er nur nietzscheanisch gemeint haben. Drunterwürde Feuerstein nie gehen, obwohl er mir gegenübermal die Vermutung geäußert hat, er sei der unehelicheSohn von Hitler. Zeitlich könnte es hinkommen –und er stammt ja auch aus der Nähe des Obersalzberges.Ihren früheren Partner Oliver Pocher haben Sie als „adipösesEx-Talent“ bezeich<strong>net</strong>, auch Gottschalk haben Sie in letzter Zeitnicht immer <strong>net</strong>t behandelt. Ist das nicht unter Ihrem Niveau?Man kann nicht permanent auf dem eigenen unerreichbarenLevel sein. Was Gottschalk betrifft: Er kennt dieSpielregeln des Gebens und Nehmens sehr genau. Undwenn der populärste Entertainer der letzten 30 Jahreso ans Netz geht, tennismäßig gesprochen, wie er dasmit seiner Vorabend-Sendung gemacht hat, habe ich alsLate-Night-Moderator die Pflicht, einen Gegenangriff zustarten. Das ist in seiner Gage inbegriffen, so wie es auchin meiner Gage inbegriffen ist, dass eigentlich jeder imGrunde alles sagen kann. Ich habe noch nie darauf reagiert,juristisch schon gar nicht. Bei Pocher war es anders,da hatte ich mich in den Rhythmus meiner Formulierungverliebt. Wolf Schneider würde aber wahrscheinlichsagen, sie war zu gesucht.Adipös bedeutet fettleibig. Hat Stil aus Ihrer Sicht auch etwasmit Aussehen zu tun?Stil nicht, aber Intelligenz. Zumindest ist ProfessorBazon Brock dieser Meinung, den ich kürzlich an derLondon School of Economics getroffen habe. Die deutschenStudenten dort hatten uns eingeladen, Thema:Quo vadis Kultur in Deutschland? Greatest Bazon hieltdie Keynote-Speech, fing an beim Thema Paulus, weiterbei Heinrich Mann, Pythagoras, Märkte, Marx, MickeyMouse. Ich rief dann mittendrin rein: „J’accuse!“ undsagte danach: „guter Vortrag, aber etwas oberflächlich“.Daraufhin Bazon: „Das reicht jetzt, Schluss mit demGewitzel, kann mal einer diesen Mann stoppen und ihmerklären, was Märkte sind?“ Darauf ich: „Sie sind dochnur neidisch, dass ich schöner bin als Sie!“ Gejohle imPublikum, worauf wiederum Bazon sagte: „Schönheit hatmit Intelligenz zu tun. Und intellektuell bin ich Ihnendreifach überlegen!“Immerhin sind Sie Träger des Medienpreises für Sprachkulturder Gesellschaft für deutsche Sprache. Wie beurteilen Sie diegegenwärtige Lage auf diesem Gebiet?Mein Standardsatz dazu: Als wir noch Gedichte konnten,war Opa in Stalingrad.Sie spielen auf unsere Vergangenheit an. Daher die Frage:Können Qualität und Stil charakterliche oder biographischeDefizite ausgleichen?Wenn einer richtig gut ist, dann interessiert mich nicht,was der sonst so macht oder gemacht hat. Es gibt aberauch so ’ne Attitüde, dass zum Beispiel der Faschist derbessere Schriftsteller sei. Klassiker auf dem Gebiet: Louis-Ferdinand Céline. An dem richten sich alle auf, die selbstauch ihre Frau schlagen, wobei ich gar nicht weiß, obCéline seine Frau geschlagen hat, im Zweifel hatte der garkeine. Trotzdem glauben manche, die ihre Frau schlagen,sie seien Céline. Das ist falsch.Können Sie mit der Kategorie Moral irgendetwas anfangen?Moral? Da kann ich nur Markus Söder zitieren, der zu mirnach einer Sendung beim Bier sagte: „Moral ist in derPolitik selbstverständlich keine Kategorie, außer wir wollenjemandem schaden.“ Ich würde überhaupt von Moraldie Finger lassen, weil das die Leute permanent überfordert.Der eine soll kein Geld für Vorträge bekommen,der andere soll einer „Stern“-Journalistin nicht ins Dirndlschauen, der nächste will die Hälfte seines Vermögensspenden, und dann ist es auch wieder nicht recht.Aus meiner Sicht soll man Gesetze machen, damit die


22 INTERVIEWINTERVIEW23HARALDSCHMIDTSchwächsten nicht umfallen können. Ansonsten hatman mit der Beachtung der Straßenverkehrsordnungschon genug zu tun.Ihre Einschätzung zum Fall Brüderle?Jeder, der mit Journalisten zu tun hat, weiß, dass uneingeschränkte,ich wiederhole: uneingeschränkte Solidaritätmit Rainer Brüderle vonnöten ist. Ich jedenfalls würdemeine Hand für ihn ins Dekolleté legen. Warum gehteine Journalistin, und ich hoffe, man hört die Anführungszeichen,um zehn Uhr abends in die Bar? Jedenfallsnicht, um zu fragen: „Sind die Menschenrechte inUsbekistan weit genug im liberalen Sinn?“ Sondern inder Hoffnung, der Angesoffene sagt den Satz, den erbesser nicht gesagt hätte. Das wissen wir Jungen, unserWeinfest-Oldie weiß es nicht, weil er noch in so ’nerCharmewelt lebt, in der Thomas-Mann-artige Begriffewie „Tanzkarte“ zum Einsatz kommen. Das einzige,was mich an dem Fall entsetzt hat: dass die HotelparteiFDP im Maritim wohnen muss.Sie selbst fallen kaum je aus der Rolle. Wenn Sie zu Hause amKlavier Ihre Etüden spielen – ist es wenigstens da vorstellbar,dass Sie das in Boxershorts tun?Ich bin nie unkontrolliert. Auch zu Hause nicht. Dasheißt: Wenn ich mit vier Tage getragener Unterhoseungeduscht Etüden spiele, dann weiß ich, dass ich dasmache, und bin sozusagen immer noch mehr im Sinnevon Feuerstein kein Mensch als 90 Prozent der Leute aufDeutschen Fernsehpreisen. Ich habe die Existenz desFoto-Handys sehr verinnerlicht. Auch wenn ich um halbdrei Uhr nachts an einer Autobahnraststätte auf denBehindertenparkplatz kotze, weiß ich das. Wenn michdann einer fotografiert, dann sage ich weder, „oh, wiekonnte das passieren“, noch sage ich, „das ist jetzt aberrücksichtslos“, sondern ich sage: „Dafür bin ich Profi.“Keine Sehnsucht nach ungezwungener Authentizität?Bei René Pollesch gibt es den Begriff der authentischenKuh. Das heißt: ein Mensch ohne jede Verfeinerung,wobei ja auch das Authentische eine gespielte Authentizitätist. Wichtiger Begriff hier: sich die Geschichteerzählen. Also: Er erzählt sich die Geschichte vomrevolutionären Klassenfeind. Er erzählt sich dieGeschichte vom wütenden Theatermacher. Er erzähltsich die Geschichte vom erfolgreichen Showmaster.Sie haben sich und uns oft die Geschichte vom eingebildetenKranken erzählt. Hätten Sie es als Stillosigkeit empfunden,wenn ich heute vergrippt zu Ihnen gekommen wäre?Vom „Tagesspiegel“ hätte ich mich natürlich nichtvollrotzen lassen. Ein F.A.Z.-Mann darf aber auch aufder Bahre reinkommen. Das ist eine Frage des Standings.Ein F.A.Z.-Mann schneuzt sich auch anders als andere.Überhaupt hat die F.A.Z. eine ganz eigene Firmenkultur.Dazu gehört, dass man die deutsche Geschichte nicht nurnegativ sieht und dass man jederzeit Autoren parat hat,die den Rauschzustand literarisch begründen können.Und wenn ich nur ein Keimverbreiter wäre?Im Grunde sind wir alle Keimverbreiter, alles weitere istSelbststilisierung.Wie sieht die aus?Für manche Leute war es der absolute Ritterschlag, wennsie sagen konnten: Ich wurde von Fassbinder mit derFleischwurst verprügelt. Oder: Ich habe mir den Virusvon Foucault geholt. Ich kenne eine Regieassistentin,deren Lebenskrönung war es, als ihr Hans Neuenfelsnachgeschrien hat: „Du Faschistensau, geh aufs Klound spül Dich runter.“Man sollte also doch versuchen, man selbst zu sein?Das kann man gar nicht. Denn man ist das Man-Selbst,von dem man sich erzählt, dass man es ist. Das gehtauch in die Richtung Peer Steinbrück, der nach einer neueneuropäischen Erzählung sucht. Oder Max Frisch:„Jeder Mensch erfindet sich eine Geschichte, die er fürsein Leben hält.“Sie kennen keinen echten Menschen?Einen vielleicht: Franz Josef Wagner von der „Bild“-Zeitung. Der hat mir mal auf dem Flughafen in Züricherzählt, dass er neben einer Frau geflogen ist, die ihrentodkranken Mann begleitet hat. Ich dachte, jetzt kommtgleich die Pointe. Aber die kam nicht. Stattdessen warWagner den Tränen nahe.Wie gut kennen Sie die Geschichte, die Sie nicht für Ihr Lebenhalten?Jedenfalls bin ich nicht daran interessiert, wer ich wirklichbin. Ich habe mal gelesen, Elfriede Jelinek habe über michgesagt, ich sei eine Charaktermaske. Da habe ich gleicheine Flasche Jahrgangs-Cuvée aufgemacht, so teuer, dassihn sich Raddatz nicht leisten kann, und habe das Wortnachgeschlagen: Charaktermaske, Standardbegriff aus demMarxismus, kann ich voll unterschreiben, denn ich denkemeinen Tag genau wie folgt: So, nun bin ich in Köln imExcelsior-Hotel für ein Interview, dann geh ich raus, dannbin ich der Parkplatz-Gänger, der sein Ticket löst, undeventuell der joviale Köln-Bewohner: „Hey Schmidtchen,Du hier!“ Und dann bin ich wieder der Bahnreisende oderder Kinder-vom-Kindergarten-Abholer. Wenn Sie dasjemandem erzählen, der vom Authentizitätswahn befallenist, der sagt dann natürlich: Um Gottes Willen, wannbist Du denn einmal Du selbst? Ich finde es aber geradeanstrengend, dass so viele Leute permanent sie selbst sindoder besser: das, was sie glauben zu sein. Anstatt sichmal zu überlegen: Was erfordert der Umgang mit anderen?Das, finde ich, haben die Engländer perfektioniert. Dawerden Sie ausgeraubt, aber vorher heißt es: „Excuse me!“Sie teilen mit Jelinek das Glück und das Schicksal, von AndréMüller interviewt worden zu sein. Müller hatte den Anspruch,hinter die Masken seiner Gesprächspartner zu kommen, undman hatte den Eindruck, Sie wollten ihm dies ermöglichen,aber da war nichts.Bei Müller war ich Streber, genauso bei Günter Gaus.Da brach bei mir der Voll-Kleinbürger durch, ich vergaßdie Kunstfigur und bin in die Falle gegangen: Jetztsprechen die Großen des deutschen Interview-Betriebsmit Dir. Bei Gaus war Hannah Arendt, Thomas Bernhardbei Müller. Jetzt also Harald Schmidt. Nach demMüller-Interview, in dem es noch auf der Autofahrt zumBahnhof permanent um Selbstmord und die Kinder inAfrika ging, habe ich zwei Tage gekotzt, so körperlicherledigt war ich. Das ist nun zehn Jahre her. Heute würdeich, wenn so ’ne Nummer kommt, sofort den Müller-Mechanismus anwerfen: Schmidt erzählt sich die Müller-Geschichte. Müller ist darin der Entlarver: Sie hassendoch auch Ihre Mutter! Die Jelinek steht oft gar nicht auf!Da würde ich heute antworten: Wenn die Jelinek einenhat, der ihr das Frühstück bringt, ist das ja okay.Wie war es bei Gaus?Der sagte vor dem Interview zu mir: „Es darf aber nichtnur spaßig werden.“ Und er erzählte mir, dass dieFreundinnen seiner Frau, mit denen sie Bridge spielt, ihmdie Pappen ihrer Strumpfhosenpackungen überlassen,da schreibt er dann die Fragen drauf, weil die Pappenbeim Umblättern nicht so rascheln. Ich war damalsnatürlich voller Ehrfurcht vor Gaus. Pappen, unglaublich!Eigentlich hätte ich zu ihm sagen müssen: „Übrigens,Herr Gaus, habe gerade 1200 Late-Night-Shows moderiert,brauche keine Pappen.“Kommen wir zu Martin Mosebach, bei unserem Thema unvermeidlich.Wie finden Sie ihn?Ich habe mal 50 Seiten von einem Mosebach-Romangelesen, dann hab ich’s bleiben lassen, weil, wichtiger Satzvon Ihrem ehemaligen Herausgeber Joachim Fest, zu mirgesagt bei der Jurysitzung des Hildegard-von-Bingen-Preises: „Als ich so alt war wie Sie, habe ich angefangen,meine Zeit sehr genau einzuteilen.“ In einer Arthur-Koestler-Biographie habe ich mal gelesen, sein Lektor ausParis habe ihm alles Wissende rausgestrichen. Fand ichtoll. Mosebach fehlt so einer.Ich komme deshalb auf ihn, weil er vor einiger Zeit in einemInterview einen Satz des Naturwissenschaftlers Buffon zitierthat: „Le style, c’est l’homme même.“ Der Stil ergibt sichlaut Mosebach „beim viel schreibenden Menschen, wenn erdie Unfähigkeit erreicht, weiter zu lügen. Immer mehr zurOffenbarung der eigenen Person zu gelangen, die aber keinaufdringliches Bekenntnis ist, Selbstdarstellung, Beichte,sondern so etwas wie ein Fingerabdruck. Über Hundertevon Seiten kann man keine Verstellung mehr aufrechterhalten.Es kommt dann raus, wer einer ist.“Den Satz würde ich gar nicht zu Ende lesen, viel zustilisiert. Die Allergrößten haben ja gar keinen Stil:Georges Simenon, der von der Zeitung her kommt,Charles Dickens, kommt von der Fortsetzungsgeschichte.Ich weiß nicht, ob Simenon am Stil gebastelt hat, aberer musste einfach jede Woche ’ne Geschichte fertig haben.Bei anderen merkt man die Absicht und ist verstimmt.Wen außer den beiden Genannten finden Sie noch lesenswert?Meine Erfahrung mit vielen Autoren: Das Werk wird mitder Zeit blasser, ihr Lebensstil tritt in den Vordergrund.Deswegen: Tagebücher. Thomas Mann zum Beispiel. DasWerk, sagt man, okay, war ein Großer, „Buddenbrooks“,viel Spaß. Was aber wirklich interessiert: die Pudelmaniküre,das Tabletten-Gefresse, die eingewachsenen Zehennägel.Auch Sloterdijk. Immer dann am besten, wenn erdrüber jammert, dass ihm Stanford keine Business-Classzahlt, oder wenn er seine Begeisterung darüber ausdrückt,zum Essen eingeladen worden zu sein: Unglaublich,500 Leute sind schon da, als ich komme. Und dannnatürlich Raddatz: Wieder mal kein Dankeskärtchen.Teuerste Butter habe ich aufgefahren. Dass ich Rosenschicke, wird nicht bemerkt. Man nimmt nur.Was begeistert Sie daran?Mir gefällt das gnadenlose Zwingen in den Arbeitsrhythmus.Und die Banalität. Wie gehe ich damit um,wenn der künstlerische Shitstorm kommt? Da ist janicht das Künstlergenie, das sagt: So, ich bin ja ThomasMann, und morgen schreibe ich den „Zauberberg“.Es ist auch ein Irrtum zu glauben, unsere Geistesgrößenwürden den ganzen Tag nur Kant überprüfen.Nehmen Sie die Gespräche zwischen Ernst Jüngerund Heiner Müller, da ging es eigentlich nur darum:Wo ist mein Schokoladeneis?Mosebach bezieht sich nicht nur aufs Schreiben, sondern aufsLeben. Dass man da aufhört zu täuschen und man selbst ist.Wer soll man denn sein? Wer ist denn schon wer?Sie, hieß es oft, seien ein Zyniker.Zumindest bin ich einer, der immer der Meinung ist,dass der Zyniker dafür sorgt, dass der Nebenmann’ne warme Suppe hat. Damit er seine Ruhe hat. Währendder Weltverbesserer sagt: Jetzt ham’ wir zwar keineSuppe, aber wir wissen auch, warum nicht.Die Zyniker halten also die Welt am Laufen?Und die Kleinbürger. Große Gestalter und radikaleReformer haben wir schon genug. Was wir brauchen, sinddie Milliarden von Deutschen, die jeden Tag pünktlichzur Straßenbahn rennen, ein Reihenhaus abbezahlen undsich für ein neues Auto verschulden.Sie sind aus kleinen Verhältnissen. Werden Sie immer einEmporkömmling bleiben?Durch vereinzelte Kontakte zum Adel habe ich festgestellt,dass da eine Sicherheit über Generationen daist, die man sich nicht so einfach aneignen kann. WennSie in so eine Gesellschaft eingeladen sind, dann istganz klar, worüber geredet wird und vor allem, worübernicht. Man gibt sich da betont unwissend, sagtSachen wie: „Meine Frau und ich cremen uns eineStunde bevor wir zum Strand gehen ein.“ Diesesmittelständische „Sofort den IWF belehren“, dasfindet dort nicht statt.Ihnen ist es immerhin gelungen, sich aus der Masse der Kleinbürgerzu erheben. Seit einiger Zeit scheint Ihnen allerdingsdaran gelegen, wieder in der Masse aufzugehen.Als ich bei Sky anfing, war ein Dutzend Journalisten da,die mich im Halb-Stunden-Rhythmus fragten, wie eseigentlich ist, in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden.Da sagte ich: „Sehen Sie ja.“Sie haben vorher von der Nachweisgrenze gesprochen. Auchdie Einschaltquote Ihrer Show liegt bisweilen darunter. Warummachen Sie die Show nicht gleich in Ihrem Wohnzimmer?Ich mache die Sendung gerne. Bei mir im Wohnzimmerbekäme ich sie leider nicht bezahlt. Ich brauche jadie Band, ich brauche Autoren, ich brauche Beleuchter.Angenommen, jemand würde Ihnen das alles zur Verfügungstellen – aber die Show würde weder gesendet noch gesehenwerden.Das wäre für mich absolut okay. Wär’ dann vielleichtauch was für den Pavillon in Venedig.Ist das Verschwinden Ihr Ziel – oder nehmen Sie es nur in Kauf?Es ist das Einstellen auf den, Professor Bazon Brockwird jetzt böse sein, ich muss das Wort aber sagen:Markt. Der Markt ermöglicht mir die Sendung bei Sky.Alles andere ist Überbau und eine Show-Denke, die garnicht mehr dem Zeitalter der Smartphones entspricht.Ich stelle meine Arbeit hin und freue mich, wenn ichdavon leben kann. Ich hoffe, noch lange. Aber darübermach’ ich mir gar keine Gedanken. I had it all. ImÜbrigen sind das doch alles Phasen. Daniel Day-Lewishat fünf Jahre lang Schuhmacher in Florenz gelernt,jetzt hat er den dritten Oscar. Vielleicht bin ich geradein der Wolfgang-Koeppen-Phase. Der hat seinemVerleger über Jahre gesagt: „Ja, ja, ich schreibe, ichschreibe.“ Aber da kam eben nie ein Manuskript.Was können wir von Ihnen noch erwarten?Ich werde zum Beispiel einfach so ins Hotel gehen undsagen: „Guten Tag, Herr Mosebach.“ Und dann werdeich weiter gehen. Das genügt. Warum will man mit66 noch Bundeskanzler werden? Weil man angeblichwahnsinnige preußische Disziplin und den Wunschhat, diesem Staat etwas zurückzugeben? Das ist mir zusehr Henning Scherf: Arbeit im Kibbuz und mit demRad durch Manhattan.Mehrgenerationenhaus.Um Gottes Willen! Nichts für mich. Ich stehe aber weiterhinzur Verfügung, wenn es mal wieder ein bisschenNihilismus mit Steuerzahlen sein darf, dann wendetsich die Qualitätspresse immer gerne an mich. Und ich,so sagen wir es in der Branche, deliver dann.Roger Willemsen hat 2003, als Sie in Ihre „Kreativpause“gingen, über Sie geschrieben: „Vielleicht hat ihn auch etwaseingeholt, das nicht mehr sendungskompatibel ist, der Ernstdes Lebens zum Beispiel, wäre das nicht ein Witz?“Damals gab es eine starke Ermüdung und natürlich auchdas Gefühl, man hat alles gemacht. Ich hab’ dann aberfür mich festgestellt: Auch wenn man schon alles gemachthat, dann macht man es eben nochmal von vorn.Haben Sie je überlegt, den Ernst des Lebens als Kunstformeinzusetzen, etwa bei Interviews auf völlige Pointenlosigkeitzu achten?Nein. Ich will solche Interviews überhaupt von niemandemlesen. Natürlich: Ein Mensch des Klima-InstitutsPotsdam oder ein Verfassungsrichter antwortet nicht aufPointe. Die Pointe entsteht da durch die Genauigkeitim jeweiligen Fachbereich. Also wie schnell sich da zehnMillionen Leute auf ein vorzeitiges Ende einstellensollten. Oder: Souverän ist, wer über den Shitstormge bietet, so was. Was Ernsthaftigkeit in meinem Fallbedeuten sollte, wüsste ich gar nicht.Der von Ihnen verehrte Papst Benedikt XVI. hat in seiner Amtszeitimmer wieder den Relativismus gegeißelt. Carl Schmitthatte dafür ein anderes Wort: Unernst.Ja, Carl Schmitt. In der „Süddeutschen“ wird immer sosüchtelnd vor ihm gewarnt, das ist immer so, wie wennlangjährige Junkies sagen: „Gott sei Dank bin ich wegdavon“, und Sie sehen ihnen dann in die Augen. Ich findejedenfalls nicht, dass zu viele Menschen eine unernsteHaltung zur Wirklichkeit haben. Im Gegenteil: Die meistennehmen alles wahnsinnig ernst. Und sie bekommen jaauch pro Woche vier neue Weltmodelle präsentiert: doppelteStaatsbürgerschaft, Homo-Ehe, Ehegattensplitting beider Homo-Ehe, jetzt die Vielehe, die kürzlich in IhrerSonntagszeitung angeregt wurde. Ich bin vor einiger Zeitspazieren gegangen. Da hab’ ich den Notarztwagen gesehen,in dem gerade der Chef der Uni Bayreuth, der Guttenbergden Doktortitel aberkannt hat, weggefahren wurde. Tot,von der Straßenbahn überfahren. Da ist es doch sinnlos,sich mit Europas neuer Erzählung zu beschäftigen.Da sage ich lieber: „Ich nehm’ noch ’nen Cappuccino.“Was wird von Ihnen bleiben?Da komme ich wieder zu den Tagebüchern. Julien Greenschreibt in seinen Tagebüchern, wer vor dem Urteil derGeschichte Bestand haben wird. Ich glaube, es bleibennur Mozart und Augustinus. Alles andere: dünn, Gefasel.Ich selbst sehe mich in Sachen Nachruhm auf einer Stufemit Hans-Joachim Kulenkampff und Heinz Schenk.Was ich mache, ist wie McDonald’s: konsumieren undweg damit. Wenn ich heute alte Sketche sehe, dann sageich: Hoffentlich sieht die keiner, sonst ist die Nummer„Früher war die Show so toll“ auch im Eimer. Sie müssensich mal den „Prinz von Homburg“ von der Schaubühneangucken, der das Theater verändert hat: Da fallen Ihnenheute die Fußnägel aus. Das sagt auch Peter Stein selbst.Oder „Schmidteinander“: unglaublich breites Timing ausheutiger Sicht. Rührende Humoreinfälle. Aber damalswar das richtig. Deshalb: verklären, Sockel, vergessen.Fragen: Timo Frasch, Fotos: Daniel Pilar


couturehauteValentino: Abendkleid aus Tüll „Cueillons la rose“, bestickt mit 220 Meter pupurrotem Band aus Crêpe de Chine in Kunstschmiede-Muster.Abgedreht abgöttisch:Markus Jans inszeniertdie höhere Abwesenheithoher Schneiderkunst.


Fotograf: Markus JansStyling: Katharina Baresel-BofingerHair: Giovanni di Stefano (Ora Salon London)Make-Up: Céline Exbrayat (Walter Schupfer Management)Casting: Gillian WiechertModel: Jemma Baines (Next)Set-Design: Nadine StichFotoassistenz: Julia von der HeideFotografiert am 27. Januar 2013in Issy-les-MoulineauxIris van Herpen:Weiße Lederjackeund weißer Rockmit Lasercut-„Gusset“-Muster.hautecoutureGiambattista Valli:Satin-Jumpsuit imLeopardenprint, mitSeiden chiffonschärpe,in einer Schleppe auslaufend,im gleichen Muster.


34 ESSENESSEN35Ein bisschen seltsam ist es schon, wenn dank „Kitchensurfing“ plötzlich ein fremder Mann in der Küche steht.Der Koch im Haus ersetzt den Entertainer. Die Gäste aber lässt er zur rechten Zeit auch mal in Ruhe.Freitagabend, eine Wohnung in Prenzlauer Berg,an der Grenze zu Mitte. Fünf Freunde sindzum Essen zusammengekommen. Nicht ungewöhnlich,wenn man die 30 überschrittenhat und mehr will als ein Stück Pizza aufdem Weg zum Club. Wenn man zum Beispiel zu Hauseessen möchte, wo der Nachwuchs spielen kann, so wiedie vier Jahre alte Tochter von Sonja Heiss.Die Autorin und Filmemacherin hat von ihren Freundenzum Einzug in ihre neue Wohnung einen Koch geschenktbekommen, für einen Abend. Die Freunde sindauch die Gäste: Ellie, die an den letzten Zügen ihrerDissertation in Geschichte sitzt und deswegen kaum zumEssen kommt. Sabine, Psychologin und Sonjas ältesteFreundin. Martin, der Zugbegleiter aus Friesland. Sowiedie Autorin dieses Textes, begeisterte und vielseitige Esserin,so lange es nur vegetarisch ist.Es beginnt mit den Amuse-Bouche. Sie sind: sehrklein. „Hier haben wir den Waldorfsalat“, sagt der Kochdes Abends und meint ein Stück geschmorten Selleriein Apfelgelee, bestreut mit zerbröselten Walnusskernen.Man könnte es fast übersehen. Die Gäste amüsieren sich:„Der Waldorfsalat war halt ein bisschen mächtig“, meintMartin später über die paar Quadratzentimeter. ZumGlück gibt es noch drei Achtel eingelegte Radieschen.Kristof Mulack, 29 Jahre alt, ist jetzt der Alleinunterhalter.Er wird noch einige Überraschungen servieren.Die nächste ist schon angerichtet: Spreewaldgurken-Eis.Klingt komisch. Aber alle nehmen es begeistert auf undein. Sonja fragt: „Kann ich eine ganze Packung davonEINKOCHIMHAUSJeder kann kochen. Aberniemand muss es. Eine Websitevermietet professionelleKöche für einen entspanntenAbend daheim. Selbstversuchmit einem Könner.Von Julia Stelznerhaben?“ Sabine sagt: „Du musst dir das Eis patentierenlassen.“ Das fängt doch gut an. Aber Saure-Gurken-Eis isteben Kristofs Spezialität. Beim Bedienen hilft übrigensMaggie, die Verlobte des Kochs. Einen solchen Service sindwir nicht gewöhnt, denn in Mitte gehört es mittlerweilein Restaurants dazu, Bestellungen lange hinauszuzögern.Einen privaten Koch zu buchen passt natürlich zumZeitgeist, zu ambitionierten Hobbyköchen und Food-Nerds. Also denen, die sich am Bahnhof internationaleGourmet-Zeitschriften kaufen, Kurse beim Promi-Kochbelegen und ihre Reiseziele nach angesagten Restaurantsaussuchen. Noch vor zehn Jahren war Essengehen anlassgetrieben.Heute ist es Lifestyle mit den DisziplinenLandesküchen, Diäten, Restaurantformen. Die beliebtesteDisziplin ist die subtilste: der Rückzug ins Private, zuPrivate Dinings in Flüsterrestaurants, den „Supper Clubs“,und nach Hause. Auch Kitchensurfing hilft bei derkulinarischen Privatisierung. Die Online-Communityvermittelt in Berlin, New York und Boston Köche anHaushalte und Firmen. Viele von ihnen haben die langenSchichten in Restaurants satt. Oder haben gar keine Ausbildungals Koch, arbeiten aber professionell, wie Kristof.Die Idee zum Kitchensurfing hatte Chris Muscarella.Der Amerikaner war mehr als 15 Jahre lang in der amerikanischenStart-up-Szene tätig. Im Jahr 2011 eröff<strong>net</strong>e erein Restaurant in New York. „Da habe ich gemerkt, dass esviele talentierte Köche gibt, die wenig verdienen und dieim Netz keine Plattform haben, sich zu präsen tieren undnebenbei Geld zu verdienen.“ Gemeinsam mit einem Programmierer,Lars Kluge, und einem Designer, BorahmCho, beide aus Deutschland, entwickelte er Kitchensurfing.Im Frühsommer 2012 ging die Website in New Yorkonline. Berlin folgte im vergangenen Herbst. WeitereStädte in Deutschland sind geplant. Mehr als 50 Köcheaus der Hauptstadt sind im Portal vertreten. „Wir machenuns in Supper Clubs, Restaurants und bei Straßenverkäufernauf die Suche nach neuen Köchen“, sagt Kavita Meelu,die Kitchensurfing in Berlin betreibt.Sie sprach auch Kristof an, als sie zu Gast war in seinemSupper Club „Mulax“ in Kreuzberg, den er seit einem halbenJahr mit seiner Schwester führt. Der Versicherungskaufmannund ehemalige Rapper (daher also die Eloquenz!)wollte eigentlich ein Restaurant eröffnen; ungewiss, ob erdamit jemals profitabel sein könnte. Kristof hat schon einigeTage in Profi-Küchen verbracht, unter anderem in dervon Tim Raue, dem er in seinem direkten Umgangstonähnelt. Mit Supper Club und Kitchensurfing testet er dasVollzeit-Gastronomen-Leben.In der Küche von Sonja hält Kristof mit zwei PlastikboxenEinzug. Eine mit den Geräten, wie zum Beispiel der3500 Euro teuren Eismaschine und der Grillpfanne. Dieandere für die vorbereiteten Gerichte und die frischenZutaten. Fast anderthalb Tage hat er für das Einkaufenund das Vorkochen gebraucht. Auf der Arbeitsplattestehen ein Dutzend Plastikflaschen mit den Saucen. Auseiner tropft Kristof gerade orangefarbene Flüssigkeit nebenzwei gegrillte Möhrenhälften. Darüber kommen Popcorn-Streusel, die ebenfalls Möhrenschalen enthalten und derheiße Möhrensaft, abgeschmeckt mit Wermut und Safran.Die Gäste äußern sich überschwänglich. „So leckere Möh-So experimentell die Gerichte, so traditionell die Herkunft.Kristof Mulack achtet darauf, dass alles aus der Region kommt.Nur der Ziegenkäse für den zweiten Gang ist aus Holstein.ren habe ich noch nie gegessen“, sagt Sabine. Martin genießtstill. Die Autorin greift beherzt beim Popcorn zu,das Kristof auch noch auf den Tisch gestellt hat.„Es gibt drei Arten von Kitchensurfing-Kunden“, sagtKavita Meelu. „Zum einen solche, die Geburtstagsdinnerund Jubiläumsfeiern ausrichten. Zum anderen diejenigen,meist Agenturchefs, die ihre Mitarbeiter mit einem kreativenEssen verwöhnen wollen. Und dann natürlich dievielen jungen Eltern, die mit ihren Kleinkindern nicht insRestaurant wollen und deshalb einen Koch buchen. Oftist es sogar günstiger als ein Restaurantbesuch, weil mansich die teuren Getränke spart oder den Babysitter.“ Sovermittelt Kitchensurfing Gerichte und Köche in jederPreisklasse, angefangen vom Lunch für acht Euro proPerson bis zum Vier-Gänge-Menü für 45 Euro. (So vielkostet es auch heute abend.) Viele Anfragen richten sich aninternationale Köche, die mexikanische Tacos, chinesischeDumplings, peruanisches Cerviche oder moderne skandinavischeKost servieren.Kristof, ein gebürtiger Berliner, ist kulinarisch ganz inBrandenburg zu Hause. Alle seine Zutaten stammen ausder Region, sagt er. Das Gemüse baut er sogar selbst aufeinem Acker in Schönefeld an. Seine Menükarte ist auf dieZutaten reduziert. Die Farben sind einheitlich, denn Kristof,der selbst ein lilafarbenes Kochjackett trägt, stehtauf Farbküche. Jeder Teller ist Ton in Ton gehalten, auchder Hauptgang: „Petersilienwurzel gebacken, als Creme,frittierte Schale und Sauce mit Grünkohl. Dazu: Müritz-Saibling.“ Und damit Sonja den auch ungestört essenkann, bastelt Kristof ihrer kleinen Tochter gerade eineHöhle, und wir unterhalten uns über andere Dinge alsMöhrchen und Radieschen. Ellie nascht die restlicheSchokolade vom Dessert aus dem Topf, die anderen rauchenauf dem Balkon. Und als Kristof und Maggie dieKüche um halb zwölf verlassen, ist sie sauber aufgeräumt.Wir trinken weiter.Kristof Mulack kommt nicht mit leeren Händen. Und seine Freundin hilft im Service mit.FOTOS: ANDREAS PEINAm Ende gehen die Gespräche über Möhrchen und Radieschen hinaus.


36 KUNSTKUNST37Less May Be Better (Berlin, 2. September 2012): Thorsten Less, Friedrich May, Stefanie Be, Jörg BetterFast Sieben Jahre Spaeter (Berlin, 11. Dezember 2011): Dagmar Fast, Frank Sieben, Hans-Dieter Jahre, Anja Spaetermore thanlikelyWas steckt in einem Namen? Und wer?Der Künstler Jon Adrie Hoekstra antwortetmit sprechenden Bildern aus drei Städten.Mehr als wahrscheinlich, dass dabeiUnwahrscheinliches wahr wird.More Than Likely (New York, 21. Mai 2011): Frederick Gerald More, Elizabeth Than, Patrick LikelyJust As Well (Auckland, 12. Februar 2012): Eberhard Just, Bruce van As, Paula van WellGray Or Grey (Berlin, 10. November 2012): Malcolm Gray, Linir Or, Dylan GreyNicht Ganz Sicher (Berlin, 2. September 2012): Detlef Nicht, Antonia Ganz, Lutz Sicher


38 KUNSTKUNST39Viel Weniger (Berlin, 2. September 2012): Bernhard Viel, Eberhard WenigerSehr Schön (Berlin, 1. September 2012): Robert Sehr, Birgit SchönGenau Gleich Oder So Aehnlich (Berlin, 2. September 2012): Jonas Genau, Werner Gleich, Sibylle Oder, Byoungseon So, Michael Aehnlichmore than likelyWas für eine Idee! Jon Adrie Hoekstrawollte drei Personen zusammenbringen,deren Nachnamen den stehenden Ausdruck„More Than Likely“ ergeben.Im Frühjahr 2011 kontaktierte er dafürim Großraum New York mehr als 110Personen mit den Namen More, Thanoder Likely. Und wirklich: Am 21. Mai2011 nahm der Künstler sein Gruppenporträtvon Frederick Gerald More,Elizabeth Than und Patrick Likely auf.Es war der Beginn eines faszinierendenGesamtkunstwerks. Denn die semantischeUnschärfe von „Mehr als wahrscheinlich“setzt einen Kontrast zur Präsenz der dreiPersonen. Zudem, so erklärt es Hoekstra,ist die hohe Wahrscheinlichkeit derAussage ein Widerspruch zur Unwahrscheinlichkeit,dass sich genau diese dreiPersonen zufällig begegnen. Von seinemErfolg beflügelt, trieb Hoekstra dasProjekt auf die nächste Stufe: In Auckland(Neuseeland) standen die Porträtierten füreine andere sprachliche und kulturelleGeschichte. Dann Berlin. Dort ist es fürden Künstler genauso spannend: „DasBerliner Telefonbuch lässt sich als breitesWörterbuch zur Arbeit mit deutschen undenglischen Ausdrücken lesen.“ Für dieRecherche nutzt Hoekstra öffentlichzugängliche Namensverzeichnisse, in NewYork zum Beispiel das im Jahr 2010 zumletzten Mal flächendeckend herausgegebeneTelefonbuch, in Neuseeland dasöffentlich einsehbare Wählerverzeichnis.Dieser Künstler gibt dem Zufall eineChance: Frau Genau sagt ab und wirddurch Frau Fast ersetzt; Herrn Eins, Zwei,Drei, Vier, Fünf oder Sechs gibt es inBerlin nicht, Herrn Sieben schon; FrauSchon macht Steppdecken in Handarbeit,die Hoekstra zwei Wochen zuvor fastgekauft hätte; Frau Schön hat mit ihmstudiert. More than likely! Alfons KaiserEs Kann Schon Sein (Auckland, 12. Februar 2012): Hendrikus Philippus van Es, Rachel Kann, Paul Schon, San Tun SeinAlles In Einem (Berlin, 1. September 2012): Christoph Alles, Suwit Nak-In, Klaus von Einem


40 PORTRÄTPORTRÄT41MEINEKINDHEITWARMUSIKSie könnte sogar mitUkulele oder Posauneauf die Bühne kommen:Dabei kann sich NellyFurtado, die auchmal Autorin werdenwollte, ganz gut aufihre Stimme verlassen.Nelly Furtado über frühe Gesangstunden,die Armut ihrer Kinderjahre und Träume,die wahr wurden. Von Jan HauserIn ihrem Kopf spielt die Musik. Als sie noch ganzjung war, trat dort immer ein Orchester für sie auf.Dann kam auch noch ein Traum hinzu: Sie wollteauf die große Bühne. Da ist Nelly Furtado nun.Beziehungsweise: Sie ist auch schon wieder weg.Nach den Fotos huscht sie raus aus dem Hotelzimmer.Dann ist sie wieder da, in der Hotel suite, ihrer Bühneheute. Egal wo sie ist: Es ist immer ein großer Auftritt.„Musik ist eine meiner frühesten Kindheitserinne rungen.Ich war sehr klein, als ich mit meiner Mutter auf derBühne stand und spielte. Ich erinnere mich daran, dass ichschon davor ein Orchester hatte, das in meinem Kopf gespielthat, Streicher, Hörner, das volle Programm. Es spielteeinfach Musik, verschiedene Stücke. Ich verstand nicht,woher es kam. Aber ich konnte es verstehen und beeinflussen.So war es immer. Ich dachte, dass es so ist, wie ichbin. Ich habe deswegen auch keine musikalischen Grenzen.Die Musik kommt aus meinem Innersten, sie liegt mirim Blut. Mein Großvater war Komponist in Portugal, wiesein Bruder und sein Sohn. Alle waren Musiker, von ihnenhabe ich mein musikalisches Gen. Meine Mutter probtefür den Kirchenchor bei uns zu Hause. Und ich verstecktemich immer hinter dem Sofa und hörte zu. Als ich zwölfJahre alt war, schrieb ich mein erstes Lied. Wenn ichfrüher sang, nahm mich das emotional mit. Singen ließmich immer weinen. Ich bin nicht sicher, warum. Es mussvon der Leidenschaft in mir kommen. Ich sang, und dieTränen liefen mir über das Gesicht. Ich tauchte voll in dieMusik ein. Meine Schwester fand das lustig. ,Los, schreibein Lied‘, sagte sie, so dass sie mich weinen sehen konnte.Auch wenn ich heute neue Lieder spiele und übe, berührtmich das. Ich fühle mich verwundbar, weil ich mit denEmotionen in der Musik ringe. Ein Lied im Studio zuschreiben ist das eine. Wenn man es immer wieder livedurchlebt, zieht es einen wieder an die selbe Stelle. Darummache ich es. Ich will den Menschen Gefühle mitgeben.“Im Jahr 2000 erschien ihr Debütalbum, im vergangenenHerbst ihr fünftes Album, „The Spirit Indestructible“. Siewechselt zwischen Pop und Elektro, zwischen Dance undHip-Hop, sie sang das Lied zur Fußball-Europameisterschaft2004 in Portugal und nahm ihr viertes Album aufspanisch auf. Am erfolgreichsten war sie 2006 mit „Loose“und dem Lied „All Good Things (Come To An End)“.„Heute ist das Orchester nicht mehr in meinem Kopf.Aber ich habe immer Musik im Ohr. Ich höre Rhythmen.Ich singe und weiß gar nicht, dass ich singe. Ich fragedann: ,Habe ich gerade gesungen?‘ Und meine Freundesagen dann: ,Ja, zehn Minuten lang.‘ Ich klopfe auf einemTisch herum, um Ideen für ein Lied zu bekommen.Rhythmen inspirieren mich zu Melodien und zu Texten.Oder auch Gespräche: Drei Worte, und schon kann dasfür mich zu einer Melodie zusammenkommen. So funktioniertwohl mein Gehirn. Ich mache professionell Musik,nehme Lieder auf und gehe auf Tour, weil ich Menschengerne etwas für ihre Seele gebe. Manche Menschen sagenmir, dass meine Lieder ihnen in schweren Momentengeholfen haben. Auf meiner Inter<strong>net</strong>seite hinterlassen siesehr persönliche Geschichten über Krankheiten oder überFamilienmitglieder, die sie verloren haben. Dann hat dieMusik ihnen geholfen. Deswegen mache ich es.“Man muss ihr nur ein paar Sätze sagen, schon sprudelt esaus ihr heraus. Nelly Furtado spricht schnell und viel.Dabei schaut sie ihren Gesprächspartner nur kurz an,dann wandern die Augen wieder im Raum herum.„Die Ukulele war mein erstes Instrument. Da war ich siebenoder acht Jahre alt. Mit 15 Jahren habe ich aufgehört.Posaune spielte ich zehn Jahre lang. Als ich 18 Jahre altwar, übte ich jeden Tag. Jetzt spiele ich nicht mehr. Aufder Bühne spiele ich nur Gitarre. Vielleicht bringe ichdie Posaune mal auf meiner neuen Tour mit. Das musikalischeTraining in jungen Jahren war sehr hilfreich. Manhat damit unter Musikern einen besseren Stand und mehrSelbstbewusstsein. Lange konnte ich mich nicht entscheiden,ob ich lieber Sängerin oder Autorin werden möchte.Also ging ich zum College und lernte kreatives Schreiben.Mit Glück wurde ich schnell Sängerin. Als mein erstesAlbum ,Whoa, Nelly!‘ erschien, sagte ich mir: Damitzahle ich das Universitätsgeld. Aber ich bin nie wieder zurUni gegangen. Die Musik hat mich nämlich unge heuerbefriedigt. Wenn man aufwächst, spielt man die Liedernur im Schlafzimmer für sich. Da ist es wunderbar, wennman sie mit anderen Menschen teilen kann.“Es begann mit „I’m Like A Bird“. Danach flog sie in denPophimmel. Mehr als 16 Millionen Alben und 18 MillionenSingles hat sie schon verkauft. Ihr Stil wurde immer stärkervon R’n’B und Hip-Hop geprägt, unter anderem durch dieZusammenarbeit mit dem Produzenten Timbaland. Zwischendurchwurde es ruhiger um sie, 2003 bekam sie einKind, aber sie machte immer weiter, mal mit Melancholie,mal mit Folklore, mal mit Power, mal mit allem.FOTOS: KIEN HOANG LE„Ich hatte immer den Traum, mich bei den Grammys spielenzu sehen. Das habe ich in meinem Kopf gesehen. Ichglaube wirklich daran, dass Träume wahr werden. Ich binein durchschnittliches Kind aus einer kleinen Stadt, aberich hatte einen Traum. Ich sah mich selbst auf der Bühne.Als ich vier Jahre alt war, bei meinem ersten Auftritt, wussteich es: ,Yeah, ich will das eines Tages machen.‘ Aber alsich es versuchte, war es so schwer. Mit 17 zog ich in diegroße Stadt, um meine Träume wahr werden zu lassen.Doch die Wirklichkeit war viel härter, als ich gedachthatte. Ich dachte, es passiert über Nacht, aber ich mussteso viel dafür tun. Dann ging es ans College für ein Jahr,weil ich bessere Songs schreiben wollte. Ich wollte immerein unabhängiger Musiker und Künstler sein. Zum Glückhabe ich zu Schulzeiten noch nicht professionell Musikgemacht. So hatte ich richtige Erlebnisse. Allein der Abschlussballam College! Ein großer Spaß! Ich war die Vorsitzendedes Ausschusses und habe ihn organisiert. Aberich hatte nur die Ideen. Meine Stellvertreterin hat mehrgetan als ich. Noch heute ist das ein bisschen so, denn vielegroßartige Menschen arbeiten für mich. Ich ging gernein die Schule. Manchmal wünsche ich, ich könnte wasanderes sagen, so wie viele Künstler. Aber so war es nicht.“Geboren wurde Nelly Furtado am 2. Dezember 1978 inVictoria (Kanada) als Tochter portugiesischer Eltern, die1967 vor dem Salazar-Regime von den Azoren nach Kanadaemigriert waren. Der Vater war Steinmetz, die MutterZimmermädchen, und Nelly, benannt nach der sowjetischenTurnerin Nelli Kim, half ihr in den Sommerferienund hielt das „Robin Hood Motel“ in Victoria sauber.„Wenn ich jetzt zurückblicke, weiß ich, wie hart das fürmeine Eltern war. Sie hatten drei Kinder und habenviel gearbeitet, um uns aufzuziehen. Ich bin froh, so aufgewachsenzu sein. Wir durften vieles ausprobieren. Wennmeine Eltern mehr Geld gehabt hätten, wäre das nichtgut gewesen. Vielleicht hätten sie mich in Gesangstundengesteckt. Das hätte mich als Sängerin zerbrochen. Wennman zu früh Gesangstunden hat, kann das auch schaden.Popsänger müssen ihren eigenen Gesangsstil entwickeln.Überhaupt: Man kann Millionen haben, aber wer in dieArbeiterklasse hineingeboren wurde, fühlt sich immer wiedie Arbeiterklasse. Das macht mich heute noch aus. Für michsind meine Wurzeln sehr wichtig für meinen Glauben undmeinen Lebensstil. Mein tägliches Leben ist relativ einfach.Das kommt von meinen Wurzeln. Ich mag es, einfach zuleben. Nur bei meinen Konzerten ist das anders.“


42REISEREISE 43Giambattista Valli entwirft die schönsten Abendkleider. Auch inHollywood kommt er damit an. Trotzdem wird er in der Nacht zumMontag gut schlafen. Von Alfons KaiserSchon der Blick von der Lodge in den Krater!Vorne glitzert der Lake Magadi im Rosé-Schimmer des Flamingo-Gewimmels, im sanftenGrün der Ebene erkennt man die dunklenSchemen von Elefanten oder Gnus. Seitlicherheben sich in Blaugrün die Wände des ehemaligenVulkans. Der Ngorongoro-Krater in Tansania gilt alsEbenbild des Garten Eden. Rund 25.000 Wildtiere lebenin seinem Inneren auf einer Fläche von rund 300 Quadratkilometern.Wer die sprichwörtlichen „Big Five“ (Elefant,Nashorn, Löwe, Büffel und Leopard), die bei Großwildjägernso beliebt sind, in Afrika noch nicht gesehen hat:Hier im Krater wird er sie mit Sicherheit entdecken.Ngorongoro ist die spektakulärste Station unsererTansania-Reise. Eigentlich geht es klassisch um „Bush &Beach“, aber maßgeschneidert auf die Bedürfnisse einervierköpfigen Familie mit zwei Teenagern. Auf die Safari inder Serengeti folgen faule Tage auf Sansibar mit Schwimmenund Schnorcheln. Der „Bush“-Teil ist anstrengend,deswegen der „Beach“-Teil. Bei einer Safari steht manfrüh auf, spätestens um sechs Uhr. Dann ist man neun biszehn Stunden mit dem Jeep unterwegs in einem bald zurNormalität werdenden Gerüttel, das die Einheimischengrinsend „Bush-Massage“ nennen. Je perfekter das Ganzeorganisiert ist, desto mehr kann man es genießen. Bei unsläuft es für Tansania-Verhältnisse fast unverschämt glatt.Der letzte Ratschlag unseres in Südafrika sitzenden Reiseveranstalters:„Ihr Urlaub ist ein Abenteuer und wird vollerÜberraschungen sein. Bringen Sie also Humor mit!“Schon am Kilimandscharo Airport wartet ein Abholer.Ein Guide bringt uns in die Ngorongoro-Hochebene.Über Tage wird er uns begleiten bis zur Startpiste derkleinen Cessna, mit der wir in den Norden der Serengetifliegen, um auf den nächsten Fahrer zu treffen. Es ist dieaufwendigste und teuerste Reise, die wir je gemacht haben.Dafür brennen sich die wunderbaren Bilder ein. Ngorongoroals Start ist gut gewählt. Begeistert überrascht zusein und überraschend begeistert: Dieser Zustand hältdie ganze Reise über an. Die „Crater Lodge“, in der wirübernachten, passt sich der dramatischen Schönheit derUmgebung mit den üppigen Wäldern perfekt an. SattgrünesGras, durchschnitten von ziegelroten Sandwegen,hochragende Hütten mit Seegrasdächern und zum Kraterausgerichteten Terrassen, dunkle Hölzer, französischeEleganz, afrikanische Lässigkeit. Am Abend lässt der charmanteLodge-Butler Saibal ein Bad mit Rosenblättern ein.„Hakuna matata“ ist sein Lieblingsspruch: „Kein Problem!“Morgens um 5.30 Uhr steht Saibal blendend gelauntan der Tür und bringt Aufwachkaffee und Mangosaft.Der Luxus der „Crater Lodge“ wird nur durch ihrenStandort überboten. Sie liegt direkt am Kraterrand. Sokönnen wir schon um kurz nach sechs als drittes Auto indie Kaldera fahren. Ein unschätzbarer Vorteil: Alle Autosmüssen bei der Fahrt hinab auf den vorgezeich<strong>net</strong>enWegen bleiben. Später füllt sich der Krater, und mankommt sich vor wie in einem riesigen Zoo, der statt vonFußgängern von Jeeps bevölkert wird. Doch am frühenMorgen ist alles leer. In Ruhe kann man mit dem Fernglasdie Tiere beobachten.Beeindruckend ist nicht nur das Wild, sondern auchdie Symbiose, in der die Massai mit ihren Rinderherdenin der „Ngorongoro Conservation Area“ leben. Schon amersten Tag sehen wir sie an der Straße: hochgewachseneMänner, gekleidet in leuchtend blauen oder roten Tüchern,mit fließenden, nie hektischen Bewegungen. Die kleinenMassai-Jungen, die statt Rinder zu hüten oft lieber zusammensitzenund uns zuwinken. Währenddessen taumelndie wertvollen Herden ihrer Väter quer über die Straße.Oder Jungen, die gerade beschnitten wurden, was man ander für den Ritus typischen Gesichtsbemalung erkennt.Fortan werden sie als Krieger umherziehen.Wie am Krater sind auch an der zweiten Station unsererReise, dem „Lamai Serengeti Camp“ in der Nähe desMara-Flusses, Massai als Wächter beschäftigt. Nach Einbruchder Dämmerung begleiten sie die Gäste zum Abendessen.Niemand darf sich nachts allein im Busch bewegen.Wer sind die Gejagten?Büffel und Löwenkönnen beide tödlichsein. Und sie schauengerne bei den Safari-Touristen vorbei. Dasalleine macht abernicht den Reiz der„Ngorongoro CraterLodge“ (links) aus, diedirekt am Rand desKraters liegt.BÜFFELKOMMENGERNVORBEIEine Safari durch Tansania ist reichan Tieren und an Überraschungen.Gut, wenn man einen Massai dabei hat.Von Stefanie Schütte


44 REISEREISE 45AUFSAFARIGut gegähnt, Löwe: Auf der Terrasseder „Lamai Serengeti Lodge“ kommtman den Tieren noch nicht ganz so nah.Aber im „Pioneer-Camp“ (unten) fühltsich der Gast, als würden die „Big Five“direkt durch sein Zelt laufen.BEZUGSQUELLENChanelwww.chanel.comDiorwww.dior.comDolce & Gabbanawww.dolcegabbana.deGiambattista Valliwww.giambattistavalli.comFormfjordwww.formfjord.comGiorgio Armaniwww.armani.comDie Camps sind nicht durch Gitter oder Zäune begrenzt.Büffel oder Löwen kommen gerne vorbei. Vor den Speerender Massai haben die Tiere Respekt. Die Begleitung ist fürden Besucher eine Art Lebensversicherung.Der Game-Drive, also die Pirschfahrt, ist auf derzweiten Station spannender. Im Norden der Serengeti darfman querfeldein fahren und muss dabei nur aufpassen,dass man nicht steckenbleibt. Am Ende der kleinen Regenzeitbesteht noch die Gefahr, dass die schwarze Erdezur glitschigen Matschbahn wird. Dafür ist die Savannemit grünem Gras bedeckt, die Flüsse und Seen führenreichlich Wasser. Die in den Horizont flirrende Weite wirdunterbrochen von den dunklen Tupfen der Granitfelsen,der Rotstammakazien oder der Feigenbäume. Ganz wiein Karen Blixens Kenia-Beschreibungen scheinen dieBäume eher in die Breite statt in die Höhe zu wachsen. DieGrenze zu Kenia ist nah, kein Wunder, dass „Out ofAfrica“ aufzuerstehen scheint. Unser Guide Gabriel kannin dieser Weite doch wirklich winzige helle Streifen alsLöwen oder Giraffen erkennen. Das kann doch nicht sein!Aber schon am zweiten Tag entwickeln auch wir Routine.Wenn einer etwas erspäht hat und Gabriel mit dem Ruf„Good Spot“ die Entdeckung bestätigt, setzen wir uns mitdem Jeep in Bewegung und fahren bis auf wenige Meteran die Tiere heran.Wir verfolgen Löwinnen bei der Warzenschweinjagdund belauschen sie beim Streit um das wenige Fleisch,das die armen Schweinchen für sie bereithalten. Und wirsehen das schönste Tier der Reise, eine hocheleganteGepardin. „Wow“, ruft auch Gabriel. Das Frühstückdeckt er in der Nähe des Mara-Ufers mit Blick aufFlusspferde und Krokodile, beide schnell und gefährlich.Es ist erstaunlich, was er alles aus seinem Kofferraumhervorzaubert: Campingstühle, Tisch, Geschirr, heißenKaffee, Muffins, Müsli, Obst, Hühnerbeine, Würstchen,Teigtaschen.Als Ausgleich für das üppige Morgenmahl haltenTamil und Sacha, die das „Lamai Camp“ leiten, einenleichten Lunch mit köstlichen Salaten während der safarifreienSiesta bereit. Sachas Familie stammt aus England,doch aufgewachsen ist er in Zimbabwe. Genau wie Tamil,deren Urgroßvater ein ostdeutscher Adliger und Afrika-Auswanderer war. Beide leben schon seit Jahren im Buschund können die Natur förmlich lesen.So licht die Tage dahin fließen, so finster ist die Nacht.Wir dürfen ja aus der Hütte nicht raus und sehen somitden prall gefüllten Sternhimmel Afrikas erst auf denInseln von Sansibar. An zwei Seiten hat um der Aussichtwillen unser Domizil keine festen Wände, sondernmit Reißverschlüssen ausgestattete Gaze-Netze, über dieman Planen ziehen kann. Am Nachmittag hat uns Sachaerklärt, dass Löwen und Büffel Farben nur eingeschränktsehen und Gaze als feste Wand wahrnehmen. Trotzdemschrecke ich in der ersten Nacht bei jedem Geräusch hoch.Wenn er sich doch irrt? Und was ist mit den Kindern inihrer Hütte? Nachschauen darf ich nicht. Bleibt nur dermühselige Versuch weiterzuschlafen.Gut, dass man sich mit der Zeit an vieles gewöhnt.Wahrscheinlich wäre ich sonst vor Schreck erstarrt, als wenigeTage später im „Pioneer-Camp“ mitten im Busch dersüdlichen Serengeti tatsächlich drei Büffel vor unseremZelt stehen. Büffel sind dumm, fies und häufig tödlich,das haben wir gelernt. Dass sie uns mit ihrem Gestampfegegen zwei Uhr in der Nacht aus dem Schlaf reißen,macht sie nicht gerade sympathischer. Todmüde waren wirnach einem anstrengenden Game-Drive schon um 22 Uhrins Bett gefallen. Am nächsten Morgen muntern uns dieMassai mit ein paar Liedern auf nach dieser Nacht, die wirdann doch überlebt haben, weil die Wildtiere wirklich jedenoch so fragile Wand respektieren. Das „Pioneer-Camp“besteht ausschließlich aus Zelten, allerdings in Luxusversion.Die Einrichtung erinnert an koloniale Zeiten,die Betten sind herrlich gemütlich, und wir bewundern dieHermèswww.hermes.comJean Paul Gaultierwww.jeanpaulgaultier.comJil Sanderwww.jilsander.comKenzowww.kenzo.comLacostewww.lacoste.comLanvinwww.lanvin.comWasserspülung der Toiletten mitten in der Wildnis. Nichtweit vom Camp sehen wir auch die „Große Wanderung“.Hunderttausende von Gnus, Zebras und Gazellen brechenauf der Suche nach Wasserstellen von einem Savannengebietzum nächsten auf. Die Ebene ist schwarz gefärbtvon den nebeneinander grasenden Tieren.Den Treck der Tiere haben Michael Grzimek und seinVater Bernhard untersucht. Dass der etwas skurrile Großonkeltypaus der ARD-Serie „Ein Platz für Tiere“ eincooler Abenteurer war, wird uns erst in der Serengeti klar.Als Kinder konnten wir ihn uns in den siebziger Jahreneigentlich nur mit Pantoffeln vorstellen. Was für ein Irrtum!Den Grzimeks ist es maßgeblich zu verdanken, dass dieTiere auch in Zukunft ihren Routen folgen können. DieGrenzen des Nationalparks wurden aufgrund ihres Einsatzesneu gesteckt. Die Serengeti ist einer der letzten Orte derErde, an denen es noch eine große Tierwanderung gibt.Nebenan, im Gebiet des Ngorongoro-Kraters, liegen beideGrzimeks begraben, unweit der Stelle, an der Michael1959 mit dem Flugzeug während der Dreharbeiten zumspäter sogar mit einem Oscar ausgzeich<strong>net</strong>en Dokumentarfilm„Serengeti darf nicht sterben“ abgestürzt ist.Vielleicht ist es eine kleine Rache der Zoologen an denBanausen, dass am Ende ausgerech<strong>net</strong> Buschbabys aufUnguja, der Hauptinsel von Sansibar, uns noch einmalin Angst und Schrecken versetzen – die Grzimeks hattenauf ihren Reisen einen der kleinen Feuchtnasenaffen alsMaskottchen dabei. Wir bekommen Schweißausbrüche,REISEVERANSTALTERMaßgeschneiderte Reisen über: Pulse Africa, Johannesburg,Südafrika, www.pulseafrica.com. Kontakt in Deutschland:Stephanie Reschke, stephanie@pulseafrica.comIndividuelle Reisen auch über: Uhambo eAfricaTouristik GmbH, Sperbergasse 27c, 31303 Burgdorf/Hannover, Tel.: 051 36 / 972 26-0, www.uhambo.deLodges: Ngorogoro Crater Lodge: Lodge der Luxuskette& Beyond direkt am Krater, www.craterlodge.com,www.andBeyond.comLamai Serengeti: Camp des ostafrikanischen Safari-Spezialisten „Nomad Tanzania“. Die Guides gelten alsbesonders erfahren, www.nomadtanzania.comSerena Lodges: Die Serena-Gruppe betreibt Safari-Lodges, Hotels und Resorts in acht Ländern, darunterauch Tansania. www.serenahotels.comAuf Sansibar: Matemwe Retreat, Matemwe BeachHouse, www.asiliaafrica.comReisezeit: Außerhalb der großen Regenzeit, die bisEnde Mai dauert. Die kleine Regenzeit (November bisMitte Dezember) ist nicht so stark, doch können auchdann Straßen unpassierbar sein.als in unserem paradiesisch gelegenen Beachhouse jemandam Türschloss herumfingert. Sansibar, das ist für unsein Lied von Afrika, von weißem Strand, türkisfarbenemWasser und unendlicher Muße. Nur das Rütteln an derTür um halb drei morgens, das Gepolter und der lauteAufprall über uns, das stört gewaltig. Ein Anruf bei derRezeption bringt Gewissheit: Es sind die süßen Buschbabys,die wir durch Grzimek kennen. „They are havinga party on the roof!“ Ausgerech<strong>net</strong> bei uns. Egal. Schlafenkönnen wir auch zu Hause.Louis Vuittonwww.louisvuitton.comMargielawww.maisonmartinmargiela.comNytawww.nyta.euPradawww.prada.comStella McCartneywww.stellamccartney.comYves Saint Laurentwww.ysl.comFOTOS: CORBIS, HENNING SCHNEIDER (3), NOMAD TANZANIARoadtrip-Kulisse Richtung Osten:An der Garden Route, zum Beispielin Hermanus, sieht man den Ozean.Und manchmal sogar Wale.Doch, es gibt auchdezente Blaubeer-Muffins in Charly’sBakery. Aber liebermal einen PinguinCookie oder einknalliges Petit Four,das „bite me“ sagt.Die Bakery sieht auswie ein Barbie-Haus:Spielzeug und Süßessind hier eins.Außer zum Tafelberg muss man zumHafen: An der schön saniertenVictoria & Alfred Waterfront gibt esShopping-Malls, Sterne-Restaurants,Eisdielen und seit der Fußball-WM2010 auch ein Riesenrad.Für die buntenHäuser in Bo-Kaapmuss man aufsteigen.In dem muslimischgeprägten Viertel amHang strichen vieleAnwohner ihr Hausnach dem Ende derSklavenhaltungfarbig, um Freiheitzu demonstrieren.Kein Wunder, dasses hier oben nun oftModeshootings gibt.GrüßeausDer Sommer geht hier nun zu Ende.Zum Glück kann man in Südafrikaaber auch gut überwintern.Fotos und Texte von Julia StelznerDie Townships imSüdosten sind nichtnur geographischdie andere Seite vonKapstadt. Khayelitsha,die größte dieserSiedlungen, hat zweiMillionen Einwohner.Auch wenn manes mittags nicht sieht:Hier spielt sich dasLeben auf der Straßeab. Denn ganzeGroßfamilien teilensich die Hütten.Schwimmen mitPinguinen? Gar nichtso abwegig. Hinterdem idyllischenStädtchen Simon’sTown tummeln sichBrillen-Pinguinezwischen den Badendenan Boulder’sBeach. Noch mehrPinguine gibt’s anFoxy Beach. Zu nahekommen sollte manihnen aber nicht: DieKleinen sind bissig!


46KUNSTMARKTJetzt wird es aber Zeit, dass diese Prachtklunkerunter die Leute kommen! Eigentlich unvorstellbar,dass die meisten von ihnen sich nie um Dékolletésund Arme schmiegten, nie ein Ohr verschöntenoder an einer Robe Blickfang für den großen Auftrittspielten. Aber den glücklichen Käuferinnenwird der makellose Zustand selbstverständlich gefallen,und schon bald könnte das üppige Christian-Dior-Colliervon 1966 mit Hunderten brillant glitzernder und schwarzschimmernder Steine sowie dickem Tropfenanhänger zurasanter Symbiose mit einem schlicht geschnittenen Kleidzusammenfinden.Sechzig hochwertige Objekte aus Musterkollektionender Jahre 1958 bis 1972 umfasst der erste Teil einer voneinem deutschen Ehepaar zusammengetragenen großenModeschmuck-Sammlung, den das Wiener AuktionshausDorotheum am kommenden Montag, dem 25. März, anbietet.Die Versteigerung fällt genau in die richtige Zeit:Die Modetrends flirten gerade heftig mit den fünfzigerund sechziger Jahren, mit klaren, figurbetonten Konturenund engen Bustiers über schmalen Taillen – da fände zumBeispiel die handtellerbreite, buntschillernde Schmetterlingsbroscheihren Idealplatz. Aber auch das geradlinigeNeo Geo, das Revival des Space-Looks von Courrègesund anderen, harmoniert exzellent mit gewaltigem Geschmeidewie den Traubenclips von Pricharé, die bis zuden Schlüsselbeinen hinunter perlen.Modeschmuck: ein seltsam farbloses Wort für Pretiosen,die vorgeben, echt zu sein. Doch wären sie es tatsächlich,ihre Trägerinnen könnten nicht ohne schwer bewaff<strong>net</strong>eBodyguards losziehen. Coco Chanel fand ein schöneresWort: „Bijoux Fantaisies“ nannte sie ihre falschen undtrotzdem so begehrenswerten Endlosketten, von denen sieselbst sechs auf einmal trug. Viel muss es auch jetzt wiedersein. Mit pfundweise Schmuck behängen die Stylisten dergroßen internationalen Modemagazine die Models fürihre Fotostrecken. Übertreibung gehört eben dazu, sie istFLIEG,FLIEGE,FLIEG!Auf einer Auktion in Wienwird am Montag ungewöhnlicherModeschmuck versteigert.Von Brita Sachsder Charme dieser Klunker: Steine, groß wie Wachteleier,Farben, wie sie kein Erdzeitalter mineralisierte, gefasst vongold- und silberfarbenem Geglitzer, das kein einzigesKarat auf die Waage bringt.Statt Edelmetallstempeln trägt der glamouröse Putzdie Signaturen der Häuser Dior, Vendome oder Pricharé.Und mehr ist dort zu lesen. Wer nämlich Modebijouterieaus Paris für eine urfranzösische Angelegenheit hält, irrtgewaltig. Da hinterließ etwa die Pforzheimer Firma Henkel& Grosse ihren Namenszug, jahrzehntelang hielt siedie weltweite Produktions- und Vertriebslizenz für Dior-Schmuck. Fast sämtliche Kristallglassteine schliff die österreichischeFirma Swarovski in den Tiroler Bergen. Ausgutem Grund wirbt sie heute stolz mit dem Slogan „Designers’Choice since 1895“. Und viele Pariser Kreateure beauftragendie Schmuckwarengenossenschaft im bayerischenNeugablonz, dem größten Stadtteil von Kaufbeuren,mit der Fertigung ihrer Kollektionen. Dort sorgenGlasdrücker, Schmuckgürtler, Estampeure, Perlenschleiferund weitere ausgewiesene Spezialisten für schmuckeVerbindungen von Talmi mit Pâte de Verre, also Glaspasten,Swarovski-Funklern und allem, was sonst im Bijougewünscht wird.Modeschmuck entfaltet nur volle Wirkung, wenn ernicht klöterig aussieht. Das macht eine aufwendige Herstellungnotwendig und kostet seinen angemessenen Preis.Bei 1200 Euro wird der Auktionator das erste Los ausrufen,ein Dior-Collier, das mit orangeroten und kobaltblauenElementen einem Blütenkranz ähnelt; es ist zugleichdas früheste dieser prächtigen Vintage-Geschmeide. EineBrosche aus demselben Haus startet schon bei 200 Euro,wie überhaupt die meisten Rufpreise nur dreistellig sind.So auch die deutschen Entwürfe: Besagter Schmetterlingaus der Kollektion Rudolf Weiss geht für 200 Euro insRennen. Man wünscht ihm zum Ende des Winterschlafsden Anflug auf ein bildschönes Bustier. Und die Fliege aufdieser Seite sollte ebenfalls abheben.Explore the Energy of CreationRufpreis nur 140 Euro:Insektenbrosche ausrhodiniertem Tombak mitgeschliffenen Swarovski-Kristallglassteinen vonPricharé aus Neugablonz,um 1960.Shamballa Bracelet and Lock BraceletsWhite G/vs diamonds, 18K white gold and OnyxShamballa Jewels available inFOTO: DOROTHEUMLondon | Paris | New York | Los Angeles | Miami | Las Vegas | Dallas | Moscow | Doha | Hong Kong | BarcelonaCopenhagen | Oslo | Amsterdam | Hamburg | Munich | Zurich | St Tropez | Courchevel | Knokke | Andorra | Kiev | St Maartenwww.shamballajewels.com


48 MOOD/MUTSCHÖNHEIT49MOODDesign für dieFernbeziehung:Sie legen sich dasgroße Haus derGood Night Lampzu und schenkendem Liebsten daskleine. Wenn SieIhres anknipsen,leuchtet auch dasandere.Mit diesem Salzhaben ehemaligePäpste ihre Suppegewürzt. Vielleichtlebt die Traditionim Vatikan nunwieder auf.SCHMINKENSCHNEIDENDieser Ring von Pomellato 67 zeigt:Manchmal ist das Einfache am schönsten.Dieses <strong>Magazin</strong> ist etwasfür Männer mit Leiden-schaft für Traditionund Sinn für Humor.Wenn es die noch gibt.Hallo, ist da jemand?!002BedeutendeSCHMOLLENWenig Make-up, neueAugen und kompakte Frisuren:Drei Beauty-Trends,frisch von den Laufstegen.Von Jennifer WiebkingDinge,Menschen, Ideen,Orte und weitereKuriositäten,zusammengestellt vonJennifer WiebkingEin Foto-T-Shirt, das es nicht imCopy-Shop zu drucken gibt:Dieses Bild von Ex-SupermodelStephanie Seymour hat nur Versace.Röhrenhosen sindnicht mehr aus derMode wegzudenken.Sie passen immer.Wie dieser Nagellackder dänischen MarkeFnug. Sein Name:Skinny Jeans.Haute Couture glitzert so schön. Das liegtauch an den Steinen von Swarovski.„Paris Haute Couture“ (im Bild Dior von1952), bis 6. Juli, Hôtel de Ville, Paris.Smoothies und Obst-Müsli statt Croissantsmit 20 Gramm Fett vom Bäcker: DerDeli El Naturista hat eröff<strong>net</strong>, in Frankfurt,an der U-Bahnstation Glauburgstraße.Bitte aussteigen!Lokalpatriotismus gibt es auch in <strong>net</strong>ter Form:almliebe.com macht Lust auf alles aus Bayern.Im Herbst geht es in der ARD weiter mitWeissensee. Wer von der Serie besessen ist,kauft sie sich schon jetzt, auf DVD.Heute ist Welttag derMeteorologie. Er erinnertan den Segen der Wettervorhersage.Warum nicht auch anweitere Annehmlichkeitendes Lebens? Zum Beispiel anMeditation: Der Blick in denHimmel lädt zu einem Momentder Ruhe ein. Vielleichterinnert uns ja irgendwasda oben an die Sonne.In den Pillendosenvon Jonathan Adlerbleiben auchButterkekse frisch.Die Frau von heute sucht sich keinenMann mehr. Sie kauft sich einen auf derneuen Dating-Website. Im Produktsortimentsind Rothaarige, Geeks und,na ja, Hipster: www.adoptaguy.deAuf Modemessen wie der Fabriek inAmsterdam tauscht man Visitenkarten aus.Da braucht man ein Etui. Die Fabriek-Organisatoren und der Designer HenrikVibskov haben es entworfen.FOTOS: PR (12), HELMUT FRICKEFOTOS: AFP (2), REUTERSDER MUND: Möglich, dass es so kommenmusste. Nachdem verrückte Farben auf denMündern drei Saisons lang zur Bespaßung desLooks dienten, sind die Lippen nun ziemlichausgedörrt. In Zukunft sollen sie ihr rotesGewand abstreifen. Der Trend geht zu gesundungeschminkten Lippen, so wie Französinnensie tragen würden. Gewisse Erwartungen anPflege bringt das trotzdem mit sich. Die Ikoneunter den Visagisten, Pat McGrath, legte denStella-McCartney-Models einen guten Balsamauf die Lippen. Visagist Dick Page trug dazu,bei Céline, noch einen leichten Schimmer auf,der mal in Rosé, mal in Beige glänzte. Mit demrichtigen Ton sehen Lippen noch natürlicheraus, sogar, wie auf unserem Bild, bei Gucci.DIE BRAUEN: Cara Delevingne ist zur Zeitauf den Laufstegen nicht zu übersehen. Dasverdankt sie vor allem ihren dicken Augenbrauen,die ihr eigenes Twitter-Konto habenund schon mit Cindy Crawfords Schönheitsflecküber der Oberlippe verglichen werden.Caras Augenbrauen drohen aber, hier beiBurberry, ihre Person zu überschatten. Datrifft es sich gut, dass das britische Model stetseine Grimasse schneidet: Sie nimmt sich selbstnicht zu ernst, obwohl sich bei ihr dauerndetwas zusammenbraut. Bei Dries van Notenpinselte Visagist Peter Phillips so lange überdie Augenbrauen der Models, bis sie aussahenwie bei Cara, die wiederum ein wenig aussiehtwie Kate Moss in den Neunzigern. DiePinzette können Sie also aus der Hand legen!Bearbeiten Sie Ihre Brauen mit Augenbrauenstift,mit Brauenpuder und mit gefärbtemBrauen-Gel. Ist fast so einfach wie zupfen.DIE HAARE: Von wegen drehen undwenden! Die Haarstylisten gehen beherzt mitder Schere an die Arbeit und schneiden denModels mit schulterlangen Mähnen kompakteKurzhaarfrisuren. Es war sogar ein Model, dassie dazu inspirierte. Saskia de Brauw, die ihrenPixie zur Frisur des Frühlings macht, begeistertmit ihrem burschikosen Schnitt wirklichalle Friseure, die denn bei der Dior-Couture-Schau, wie im Bild oben zu sehen, auch gleichPixie-Perücken fabrizierten. Stylist GuidoPalau ließ sich für Jean Paul Gaultier gar zugrausamen „Vokuhila“-Frisuren hinreißen,vorne kurz, hinten lang. Fußballspieler trugensie in den achtziger Jahren mit Stolz. Nurmit einem hübschen Gesicht können Frauenden Schritt zum „Vokuhila“-Schnitt wagen.Pixie-Frisuren hingegen stehen jeder.MUT


50FRAGEBOGEN„MEINEUHRNICHT VONGEHTMIR“Heiner Lauterbach ist nicht aufeine Rolle festzulegen. Ob er in„Männer“ die Machos der Achtzigerins Lächerliche zieht, in „Rossini“das Filmgeschäft karikiert oder als„Faust“ ermittelt: Der Schauspieler,der in gut zwei Wochen 60 Jahre altwird, ist überaus vielseitig. In seinemneuen Film „Einfach die Wahrheit“spielt er einen Vater, der seineTochter missbraucht haben soll.Der Staatsanwältin (Katja Flint)kommen Zweifel an seiner Schuld.Zu sehen ist das Gerichtsdramaam kommenden Donnerstag um20.15 im Ersten.Was essen Sie zum Frühstück?Meistens Obst, Haferbrei, manchmal Eier. Dazu Vollkornbrotund Tee.Wo kaufen Sie Ihre Kleidung ein?Da gibt es keine festen Orte, ich wähle meine Kleidungunabhängig von Marken und Trends aus. Wenn ich etwasbrauche, gehe ich los.Hebt es Ihre Stimmung, wenn Sie einkaufen?Das kann schon passieren, wenn man etwas besondersSchönes findet. Das kann ein Gürtel sein, eine Uhr,ein Anzug oder auch Schuhe.Was ist das älteste Kleidungsstück in Ihrem Schrank?Ein Lacoste-Hemd von meinem Vater.Was war Ihre größte Modesünde?Ich bin nicht sehr modebewusst. Ich trage die Sachen,die mir gefallen. Es gibt Dinge, die vielleicht modernsind, die mir aber überhaupt nicht gefallen. Zum BeispielRöhrenhosen. Meine Frau ist da anders: Wenn etwasmodern ist, dann ist das für sie fast gleichbedeutendmit schön.Tragen Sie zu Hause Jogginghosen?Ja.Haben Sie Stil-Vorbilder?Nein.Haben Sie schon einmal ein Kleidungs- oder ein Möbelstückselbst gemacht?Nein.Besitzen Sie ein komplettes Service?Ja, ein Frühstückservice und ein Service für Menus.Mit welchem selbst zubereiteten Essen konnten Sie schonFreunde beeindrucken?Mit Pellkartoffeln mit Quark. Und mit Salatsaucen.Die sind nicht einfach, obwohl die Zutaten relativ überschaubarsind: Essig, Öl, ein bisschen Zucker, Senf,Kräuter. Das Geheimnis ist Knoblauch. Und Zwiebeln.Viele Saucen schmecken nicht, sind zu wässrig. Wenn nurvon einer Zutat zu viel drin ist, dann ist es schon vorbei.Welche Zeitungen und <strong>Magazin</strong>e lesen Sie?Natürlich die „<strong>Frankfurter</strong> <strong>Allgemeine</strong>“! Dann „Focus“und „Spiegel“ und auch den „Stern“. In München lese ichnoch die „Abendzeitung“, manchmal die „Süddeutsche“.Welche Websites und Blogs lesen Sie?Gar keine.Wann haben Sie zuletzt handschriftlich einen Brief verfasst?Im letzten Monat. Im Vergleich zu meinen Mitmenschenschreibe ich sicher häufig Briefe. Ich habe auf meinemSchreibtisch einen Füller und auch schönes Briefpapier.Man sagt mir auch eine schöne Schrift nach.Welches Buch hat Sie in Ihrem Leben am meisten beeindruckt?Schwer zu sagen. Beeindruckt hat mich sehr „Die schwarzeund die weiße Magie“ von Franz Hartmann. Es fielmir 1972 in die Hände, da war ich in Nepal. Oder dasBuch „Der Gotteswahn“ von Richard Dawkins. Undauf meinem Nachttisch liegt „Der große Entwurf“ vonStephen Hawking, da lese ich immer mal wieder drin.Ihre Lieblingsvornamen?Oscar, Vito und Maya – die Namen meiner Kinder.Ihr Lieblingsfilm?„Sein oder Nichtsein“ von Ernst Lubitsch.Fühlen Sie sich mit oder ohne Auto freier?Kommt darauf an, wo man ist: In der Salzwüste würdeich mich definitiv mit Auto freier fühlen. Man kann dasAuto ja immer stehen lassen. Also: mit!Tragen Sie eine Uhr?Ja. Ich habe mehrere Uhren, aber eine Lieblingsuhr. Ichhabe sie 1972 nach meiner Reise nach Nepal gekauft, eineRolex GMT Master. Mit dieser Uhr habe ich viele fastschon unheimliche Sachen erlebt. Vor Jahren war ich mitmeinem Sohn Oscar, er war damals sechs, und Familieauf Jamaika. Eines Abends hatten wir ein wenig gefeiertund waren danach noch im Meer baden. Da habe ich dieUhr verloren. Am nächsten Morgen fand Oscar sie dochtatsächlich am Strand im Sand! Bei einigen solcherErlebnisse dachte ich nur: Diese Uhr geht nicht von mir!Tragen Sie Schmuck?Außer meiner Uhr nichts. Meinen Ehering trage ich imHerzen! Da ich ihn so oft beim Drehen ablegen muss,habe ich Angst, ihn zu verlieren. Daher liegt er in meinemNachttisch. Meine Frau und ich haben jedoch ein Ritual:Wenn wir weggehen, dann trage ich meinen Ehering.Beim Essen lassen wir dann die Ringe aneinander klicken,kling-kling, dann können die auch mal schmusen!Haben Sie einen Lieblingsduft?Früher war das „That Man“ von Revlon. Gibt es leidernicht mehr.Was ist Ihr größtes Talent?Die Schauspielerei. Schon mit zehn Jahren hat sie michbegeistert. Neigungen habe ich jedoch viele. Ich habemit 15 Jahren in einer Band Gitarre gespielt, habe früherviel gemalt, so surrealistische Dinge. Geschrieben habeich auch. Das mache ich heute noch.Was ist Ihre größte Schwäche?Verrate ich nicht!Wie kann man Ihnen eine Freude machen?Mir eine tolle, hochbezahlte Rolle anbieten zum Beispiel.Mein Frau erfreut mich mit ihrer blanken Anwesenheit.Auch meine Kinder, wenn sie einfach da sind. AlleMenschen, die mir <strong>net</strong>t, offen und warmherzig begegnen.Was ist Ihr bestes Smalltalk-Thema?Die Schauspielerei.Sind Sie abergläubisch?Nicht wirklich.Wo haben Sie Ihren schönsten Urlaub verbracht?In Brasilien.Und wo verbringen Sie Ihren nächsten Urlaub?Auf Mauritius.Was trinken Sie zum Abendessen?Wasser. Im Restaurant Rotwein.Aufgezeich<strong>net</strong> von Karin Truscheit.FOTO: DAPDENTDECKEINTENSIVE FEUCHTIGKEITBIS IN DIE SPITZEN.DIE NEUE GUHL FEUCHTIGKEITS-AUFBAU SERIE MIT BABASSU-ÖLREGENERIERT SELBST TROCKENSTE HAARPARTIEN.Versorgt das Haar effektiv mit FeuchtigkeitGlättet die raue HaarstrukturFür langanhaltend seidig geschmeidiges Haarwww.guhl.de

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