➔Die Antwort liefert die bis heute gültige Theorieder Plattentektonik. Danach dringt an denmittelozeanischen Schwellen ständig Gesteinaus dem Erdmantel nach oben. Die neue Erdkruste,die sich dabei bildet, wandert in Formgroßer Platten mit einer Geschwindigkeit vonbis zu zehn Zentimetern pro Jahr wie ein Förderbandnach beiden Seiten über den Erdmantelhinweg. Zwei kontinentale Platten könnendabei zusammenstoßen oder sich übereinanderschieben. So entstanden Gebirge wie der Himalaya.Zum Glück erweisen sich die Kontinentedabei als weitgehend stabil. Die ozeanischenPlatten dagegen werden spätestens nach 200Millionen Jahren an so genannten Subduktionszonenwieder vom Erdmantel verschluckt.Während nur hochpräzise Messgeräte dieseunterirdischen Vorgänge registrieren können,haben sie oberirdisch sehr wohl spürbare Auswirkungenin Form von Erdbeben und Vulkanausbrüchen.EIN SCHWEISSBRENNERLÄSST VULKANE WACHSEN<strong>Eine</strong>s der aktivsten Vulkanfelder der Erde bildendie Inseln von Hawaii. Diese entstehen durchgewaltige Eruptionen, bei denen so viel Lavanach oben geschleudert wird, dass in wenigerSeite2als einer Million Jahre zum Teil Kilometer hoheVulkankegel aus dem Ozean wachsen. Danacherlöschen die <strong>Vulkane</strong> und versinken unterihrem eigenen Gewicht immer tiefer im Meeresboden;viele verschwinden mit der Zeit ganzunter der Wasseroberfläche. Innerhalb der letzten70 Millionen Jahre entstand so eine etwa7000 Kilometer lange Kette aus rund 100 Feuerbergen,von denen heute allerdings nur nochdie jüngsten, z.B. die <strong>Vulkane</strong> Mauna Loa undKilauea auf der Hauptinsel Hawaii (AbbildungA), aktiv sind. Da sich hier das langsame Wachsenvon <strong>Vulkane</strong>n besonders gut untersuchenlässt, forschen Vulkanologen aus aller Welt indieser Gegend, darunter auch Wissenschaftlerdes Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz.Wie viele ihrer Kollegen fasziniert sie vor allemdie Tatsache, dass die einzelnen Schlote dieserVulkankette von Nordwesten nach Südostenimmer jünger werden. Der Grund: Unter der Inselkette,etwa 100 Kilometer tief im Erdmantel,sitzt ein sogenannter Hot Spot (Abbildung B).Wie ein gigantischer Schweißbrenner erzeugtdieser Gesteinsschmelzen, die sich durch diefeste ozeanische Kruste fressen und zunächsteinen „Unterwasservulkan“ (Sea Mount) bilden,der dann zu einer Vulkaninsel emporwachsenkann. Da die Erdkruste über den Erdmantelhinweg wandert, trägt sie den Vulkanjedoch von seiner Quelle fort, so dass erschließlich erkaltet. An seiner Stelle lässt der„Schweißbrenner“ wieder einen neuen Vulkanwachsen. Auf diese Weise hat der Hawaii-HotSpot im Laufe von Jahrmillionen jene langeInsel- und Sea Mount-Kette erzeugt.PILZE AUS HEISSEM MAGMAÜber die Ursachen von Hot Spots entwickelteder Geophysiker Jason Morgan Ende der 60erJahre eine heute weithin anerkannte Theorie:<strong>Eine</strong> besonders <strong>heiße</strong>, aber generell festeGesteinsschicht aus dem Erdmantel (aus einerTiefe von wahrscheinlich 2900 Kilometern) wirdinstabil und quillt pilzförmig nach oben. Infolgedes sinkenden Drucks nahe der Oberflächedes Erdmantels, beginnt dieser so genannteMantle Plume in etwa 100 Kilometern Tiefezu schmelzen. Die Schmelze, Magma genannt,steigt durch Risse oder selbst gebahnte Kanälein so genannte Magmakammern in fünf biszehn Kilometern Tiefe auf, nahe der Basis desVulkans. In den Magmakammern beginnt dasfrische Mantelmagma zu kristallisieren und sichzu dem Material zu vermischen, das schließlichals Lava an die Erdoberfläche geschleudertwird. Die Wissenschaftler diskutieren dabei vorallem noch, woher das Plume-Gesteinstammt. Handelt es sich umB„normales“ Gestein des tiefenErdmantels oder spielen bei derEntstehung der „Magmapilze“komplexere geologische Prozesseeine Rolle? <strong>Eine</strong> Antwort suchendie Wissenschaftler unter anderemin einem Bohrloch, das zu dentiefsten der Welt gehört. Es entstehtzur Zeit an der Flanke desvermutlich fast erloschenen VulkansMauna Kea auf Hawaii. FünfKilometer tief will ein internationalesTeam unter Beteiligung desMax-Planck-Instituts für Chemieund des GeoforschungszentrumsPotsdam in die bis zu mehrerehunderttausend Jahre alten Magmaschichtenvordringen. DieBohrkerne, die die Wissenschaftlerdabei zutage fördern, werdenvor Ort gereinigt und kleine Probendavon dann zur Analyse unteranderem in das Institut nachMainz geschickt.Schnitt durch die ozeanischeErdkruste und den Erdmantel.© Max-Planck-Institut für Chemie▲
DCGEOCHEMISCHE FINGERABDRÜCKEHier werden die Bohrkerne im Gesteinsaufbereitungslaborbearbeitet (s. a. AbbildungC). <strong>Eine</strong> hydraulische Presse zerdrückt dieSteine, spezielle Mühlen zermahlen sie dann zufeinem Pulver. Daraus bestimmen die <strong>Forscher</strong>die chemische Gesamtzusammensetzung desGesteins. Winzige Proben des Bohrkerns landenin einem staubfreien Labor, das die Wissenschaftlernur mit Schutzkleidung durch Luftschleusenbetreten. Die Mineralien werden hierin starken Säuren aufgelöst. Dann ermitteln die<strong>Forscher</strong> die Konzentration bestimmter <strong>Spur</strong>enelemente,zum Beispiel die von Barium, Rubidium,Uran oder Lanthan. Da die Konzentrationeiner Vielzahl von <strong>Spur</strong>enelementen in einerGesteinsprobe mit ihrer Herkunft variiert, erhaltendie <strong>Forscher</strong> für jede Probe eine ganz spezifische„Kennlinie“ (Abbildung D) – quasi einen„geochemischen Fingerabdruck“. Dieserlässt sich mit bereits bekannten Kennlinien vergleichenund die Gesteinsprobe damit bestimmtenFormationen zuordnen. So haben Gesteineder tiefen Ozeankruste beispielsweiseeine andere Kennlinie als Gesteine, die ausdem Erdmantel stammen. Die <strong>Forscher</strong> gehendabei vor wie Experten der <strong>Spur</strong>ensicherung beider Polizei: Diese können einen Täter ja auchanhand seines Fingerabdrucks zweifelsfreiidentifizieren, vorausgesetzt dieser Fingerabdruckbefindet sich bereits in der polizeilichenDatenbank. In einem für die Geowissenschaftenbisher einzigartigen Projekt haben die Max-Planck-<strong>Forscher</strong> ebenfalls eine Datenbank für„geochemische Fingerabdrücke“ angelegt: dieGesteinsdatenbank GEOROC. In ihr werden dieErgebnisse der Gesteinsanalysen von <strong>Vulkane</strong>nauf der ganzen Welt zentral gespeichert. Sokönnen Wissenschaftler von überall über dasInternet ihre Daten mit denen ihrer Kollegen▲ Teile der Bohrkernproben werden in Scheibenaufgetrennt, auf eine Glasplatte geklebt und bis aufwenige hundertstel Millimeter herunter geschliffen.Die meisten Minerale (hier Hawaii-Basalt) werdendabei durchsichtig und können unter dem Mikroskopbestimmt werden.Normierte Konzentration1001010,10,010,001Ba Th Nb La Sr Ce Nd Zr Sm Eu Ti Dy Y Er YbZur Konstruktion einer Kennlinie werden die gemessenen Konzentrationen der chemischen Elemente(Horizontalachse) dividiert durch deren jeweilige Konzentrationswerte im Erdmantel. Die so normiertenWerte werden durch eine Linie verbunden. Die Abbildung zeigt die „geochemischen Fingerabdrücke“ vonsechs “exotischen” Strontium-reichen Schmelzeinschlüssen in Olivin aus Lava von Mauna Loa im Vergleichmit der Zusammensetzung von typischem ozeanischem Gabbro und Feldspat vom selben Gabbro.vergleichen und damit unter anderem – genauwie die Geochemiker um Albrecht Hofmann imFall des Mauna Loa auf Hawaii – versuchen, dieHerkunft bestimmter Gesteine zu ermitteln.VULKANE ALS GIGANTISCHERECYCLING-ANLAGENDie sorgfältige Analyse verschiedener Hawaii-Laven zeigt, dass durch die <strong>Vulkane</strong> ein in seinemUrsprung sehr vielfältiges Gestein ausdem Erdinneren heraus geschleudert wird. Soentsprechen die „geochemischen Fingerabdrücke“von Proben des Mauna Loa und MaunaKea dem von tiefer Ozeankruste, die hauptsächlichaus dem Mineral Feldspat besteht. Andere<strong>Vulkane</strong> werden eher aus Basalten gebildet, dieaus der oberen Ozeankruste stammen. Allerdingskonnten die Mainzer <strong>Forscher</strong> zeigen,dass dieses Material nicht demjenigen entspricht,das heute unter den <strong>Vulkane</strong>n liegt.Vielmehr handelt es sich um „recyceltes“ Gesteineiner Ozeankruste, die wahrscheinlich vorein bis zwei Milliarden Jahren an Subduktionszonenvom Erdmantel verschluckt wurde, langein großen Tiefen schlummerte und dann imSchlot eines Mantle Plume wieder nach obenbefördert wurde. Bereits Anfang der 80er Jahrehatte Albrecht Hofmann erste geochemische Indizienfür einen solchen Prozess gefunden, jetzt,zwanzig Jahre später haben sich seine Spekulationenbestätigt: <strong>Vulkane</strong> sind Teile einesgigantischen geologischen Recyclingprozesses.Diese Forschungsergebnisse haben für großesAufsehen gesorgt, weil sie der bisherigen Vorstellungwidersprechen, nach der Magmapilze„normales“ Gestein des tiefen Erdmantels andie Erdoberfläche fördern.VULKANAUSBRUCH AM RHEIN?Zuhause haben die Geoforscher Gelegenheit,weniger spektakuläre aber genau so interessanteFeuerberge zu studieren. Denn nordwestlichvon Mainz erstrecken sich das etwa 50Kilometer lange Westeifelvulkanfeld mit rund240 Vulkankegeln sowie das ca. 35 Kilometerlange Osteifelvulkanfeld mit immerhin rund 100Schloten, darunter auch der Laacher See. Woheute Wanderer und andere Touristen einefriedliche, hügelige Landschaft genießen, brodeltevor 10 bis 40 Millionen Jahren eine Hexenküche,die typische Intraplattenvulkaneentstehen ließ. Dabei liegen die Eifelvulkaneauf einer Scholle, dem so genannten RheinischenSchild, der sich in den vergangenen 40Millionen Jahren zweimal hob und auch heutenoch in Bewegung ist. Die Wahrscheinlichkeit,dass in der Eifel in naher Zukunft ein neuer Feuerbergentsteht, oder dass einer der schlummerndenSchlote wieder ausbricht, ist zumGlück ziemlich gering. Der letzte Ausbruch voretwa 10.000 Jahren, bei dem der Laacher Seeentstand, hatte allerdings verheerende Auswirkungen.Weite Teile Europas wurden damalsvon einer Aschenschicht bedeckt. Übrigens:Auch mit der Mainzer Datenbank konnte bishernoch kein Wissenschaftler zweifelsfrei nachweisen,wie die Vulkanfelder in der Eifel entstandensind. Aber <strong>Forscher</strong> vermuten auch hierals Ursache einen Mantle Plume.EXPLOSIONEN AM FEUERRINGGenauere Vorstellungen haben die Geologendagegen davon, wie <strong>Vulkane</strong> entlang des „Feuerrings“– dem Hinterland der pazifischen Anrainerstaatenund ihrer vorgelagerten Insel-Seite 3