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koloniale Straßennamen in München - muc - postkolonial.net

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Herausgegeben vom Ausländerbeirat der Landeshauptstadt <strong>München</strong><strong>München</strong>, April 2013Redaktion & Layout: Zara PfeifferDruck: Landeshauptstadt <strong>München</strong>Reaktionen bitte an:Ausländerbeirat <strong>München</strong>Burgstraße 480331 <strong>München</strong>Telefon: 089 / 233-21598Fax: 089 / 233-24480E-Mail: auslaenderbeirat@muenchen.dewww.auslaenderbeirat-muenchen.de


INHALTSVERZEICHNISRede von Hamado Dipama vor der Vollversammlung des Ausländerbeiratesder Landeshauptstadt <strong>München</strong> am 26. März 2012 04Beschluss der Vollversammlung des Ausländerbeirates der Landeshauptstadt<strong>München</strong> vom 26. März 2012: Umbenennung von Straßen <strong>in</strong> den Stadtbezirken13 und 15 bzw. Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte 06Koloniale <strong>Straßennamen</strong> – wie lange noch?Podiumsdiskussion im Münchner Rathaus am 25.09.2012 10Almut Hielscher (Moderation) 11Hamado Dipama (Inhaltliche E<strong>in</strong>führung) 11Stefanie Hentschel 13Angelika Pilz-Strasser 14Hans Podiuk 15Siegfried Benker 17Nadja Ofuatey-Alazard 19Henn<strong>in</strong>g H<strong>in</strong>tze 21Ausgewählte Statements aus dem Publikum 22Chronik <strong>koloniale</strong>r <strong>Straßennamen</strong> <strong>in</strong> <strong>München</strong> 26Kolonialgeschichte offenlegen.Neue Erläuterungstexte zu den Straßen mit <strong>koloniale</strong>m Bezug 30In der Debatte um <strong>koloniale</strong> <strong>Straßennamen</strong> <strong>in</strong> <strong>München</strong>bisher nicht beachtete Straßen 31Reaktionen <strong>in</strong> der Presse auf den Beschluss des Ausländerbeirates 33Anhang 33Bildnachweis 33Verwendete Quellen und Literatur 33Inter<strong>net</strong>seiten 33


REDE VON HAMADO DIPAMA VOR DER VOLLVERSAMMLUNG DES AUSLÄN-DERBEIRATES DER LANDESHAUPTSTADT MÜNCHEN AM 26. MÄRZ 2012Bevor ich anfange, erlauben Sie mir Frau Vorsitzende, dieVertreter<strong>in</strong>nen & Vertreter der afrikanischen Geme<strong>in</strong>de <strong>in</strong><strong>München</strong>, die als Zuschauer anwesend s<strong>in</strong>d, zu begrüßen.Sie zeigen hiermit, wie wichtig dieser Antrag für sie ist. VielenDank dafür.Sehr geehrte Frau Vorsitzende,sehr geehrte Damen und Herren vom Stadtrat,liebe Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen,1904 bis 1908 wurde e<strong>in</strong> Völkermord <strong>in</strong> dem damaligenDeutsch-Südwest-Afrika, heute Namibia, von den deutschenKolonial-Schutztruppen begangen. Vier Bevölkerungsgruppen,nämlich die Hereros, Namas, Damara und San, wurdenOpfer von Vertreibungen, Enteignung, Zwangsarbeit, Massaker,Vergewaltigungen, mediz<strong>in</strong>ischen Experimenten, Deportationen<strong>in</strong> andere deutsche Kolonien, menschenunwürdigerUnterbr<strong>in</strong>gung <strong>in</strong> Internierungslagern und Vernichtungsmaßnahmensowie Verdurstung und Verhungern.Nach wissenschaftlichen Schätzungen fielen dem Vernichtungsfeldzugzwischen 1904 und 1908 bis zu 80 Prozent derHerero und mehr als 50 Prozent der Nama sowie e<strong>in</strong> großerTeil der Damara und San zum Opfer. Auch <strong>in</strong> Kamerun fielenviele Menschen zu diesem Zeitpunkt der deutschen Kolonial-Kriegsführung zum Opfer. Die Kriegsführung der deutschenKolonialtruppen gegen diese namibischen Volksgruppen istohne Zweifel e<strong>in</strong> Völkermord, wie die Vere<strong>in</strong>ten Nationen <strong>in</strong> ihremBeschluss von 1948 Völkermord def<strong>in</strong>iert haben. DieserVölkermord ist bis heute von der Bundesregierung offiziellnicht anerkannt, weswegen die offizielle Entschuldigung bisheute noch nicht ausgesprochen wurde.4


KOLONIALE STRASSENNAMEN – WIE LANGE NOCH?Podiumsdiskussion im Münchner Rathaus am 25.09.2012In den Münchner Stadtvierteln Bogenhausen und Truder<strong>in</strong>g-Riem gibt es mehrere Straßen, die nach Schauplätzen undOffizieren der deutschen Kolonialzeit benannt wurden. Die Forderung nach ihrer Umbenennung stößt auf unterschiedlichsteReaktionen und ist Auslöser e<strong>in</strong>er heftigen politischen Debatte, die nach e<strong>in</strong>igen Jahren zur Umbenennung e<strong>in</strong>er Straße unddem Anbr<strong>in</strong>gen von Erläuterungstafeln an Straßenschildern geführt hat. Nun fordert der Ausländerbeirat die Umbenennungweiterer Straßen und entfacht die Diskussion damit erneut. Die Podiumsveranstaltung soll den offenen Dialog zwischenGegner_<strong>in</strong>nen und Befürworter_<strong>in</strong>nen der Namensänderung fördern und <strong>in</strong> die Öffentlichkeit tragen.Podiumsteilnehmer_<strong>in</strong>nen (auf dem Bild von l<strong>in</strong>ks nach rechts):• Henn<strong>in</strong>g H<strong>in</strong>tze, Journalist, ehem. Redakteur und Auslandskorrespondent für das südliche Afrika• Nadja Ofuatey-Alazard, Journalist<strong>in</strong> und Autor<strong>in</strong>, AK Panafrikanismus <strong>München</strong>• Hans Podiuk, Stadtrat, stellvertretender Vorsitzender der CSU-Stadtratsfraktion• Dr. Stephanie Hentschel, Bezirksausschuss Truder<strong>in</strong>g-Riem• Almut Hielscher, Journalist<strong>in</strong>, langjährige Afrika-Korrespondent<strong>in</strong> des „Spiegel" (Moderation)• Angelika Pilz-Strasser, Bezirksausschuss Bogenhausen• Siegfried Benker, Stadtrat, Vorsitzender der Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen - Rosa ListeVeranstalter: Ausländerbeirat <strong>München</strong> <strong>in</strong> Kooperation mit Nord Süd Forum <strong>München</strong> e.V., Arbeitskreis Panafrikanismus<strong>München</strong>, Radio Lora, IG-InitiativGruppe e.V. und Humanistische Union e.V. <strong>München</strong>-Südbayern10


lassen werde, s<strong>in</strong>d ausländerfe<strong>in</strong>dliche oder rassistischeÄußerungen. Die möchte ich, die möchten wir hier im Rathausnicht hören.ALMUTH HIELSCHERSehr geehrte Damen und Herren,ich möchte Sie sehr herzlich hier im Münchner Rathaus begrüßen.Wir wollen heute e<strong>in</strong>e Debatte führen, denn wie diemeisten von Ihnen wissen, ist im Jahre 2006 <strong>in</strong> <strong>München</strong>-Truder<strong>in</strong>g die Von-Trotha-Straße <strong>in</strong> Hererostraße umbenanntworden. Zu dieser Umbenennung gab es heftige Kontroversenim Stadtrat und es hat die Stadt quasi erschüttert alsder Straßenname umbenannt wurde. Es hat auch heftigeDiskussionen <strong>in</strong> den Bürgerausschüssen gegeben, die sichdagegen gewehrt haben, aber dann letzten Endes vomStadtrat überstimmt wurden. Dann wurde es aber ziemlichstill um die Straßenumbenennung, jedenfalls haben wir Bürgerrelativ wenig erfahren. Und jetzt wieder gibt es e<strong>in</strong>eneue Diskussion, denn der Münchner Ausländerbeirat hatim März [2012] e<strong>in</strong>stimmig e<strong>in</strong>en Beschluss gefasst, um weitereUmbenennungen <strong>in</strong> <strong>München</strong>, e<strong>in</strong>e weitere Dekolonialisierungder <strong>Straßennamen</strong> <strong>in</strong> <strong>München</strong> zu fordern.Aber <strong>München</strong> ist ke<strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelfall. In ganz vielen Städten derBundesrepublik Deutschland laufen diese Diskussionen –nicht nur <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>, Hamburg, Bremen, Kiel – also den Städten,wo man me<strong>in</strong>t, klar gibt es da riesige Viertel, die dieseNamen tragen. Aber auch <strong>in</strong> Freiburg, Mannheim, <strong>in</strong> Bottropund <strong>in</strong> vielen anderen Orten wird gefordert, die Spuren der<strong>koloniale</strong>n Vergangenheit zu tilgen, sei es durch Umbenennungoder durch zusätzliche Erklärtafeln an den Schildern.Der Kulturausschuss des deutschen Städtetages appellierte2011 an die deutschen Städte, um e<strong>in</strong>en, ich zitiere „grundsätzlichenWandel im Umgang mit dem <strong>koloniale</strong>n Erbe“ zuerreichen. Aber der Kulturausschuss des deutschen Städtetagesbetonte auch, dass es natürlich an jeder Stadt selbstliegt, das eigenständig zu beschließen und den Weg zu f<strong>in</strong>denwie sie diese Aufgabe angehen sollen.Wir wollen auf dieser Veranstaltung den Gegnern und denBefürwortern der Namensänderung die Gelegenheit geben,ihre Position darzulegen. Wir wollen e<strong>in</strong>en offenen, fairenund respektvollen Dialog. Was ich als Moderator<strong>in</strong> nicht zu-Ich möchte jetzt Herrn Dipama vom Ausländerbeirat der Stadt<strong>München</strong> ans Mikrophon bitten, weil er uns e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>haltliche E<strong>in</strong>führunggeben wird.HAMADO DIPAMASehr geehrte Gäste aus dem Stadtrat,liebe Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen des Ausländerbeirats,sehr geehrte Damen und Herren,der erste Völkermord des 20ten Jahrhunderts und der erstedeutsche Völkermord fand offiziell 1904, aber eigentlich von1903 bis 1908 im damaligen Deutsch-Südwest-Afrika, demheutigen Namibia, statt. Die Mehrheit der namibischen Volksgruppendamals, nämlich 80 Prozent der Hereros, über 50 Prozentder Namas, sowie e<strong>in</strong> großer Teil Damaras und Sanwurden von deutschen Kolonialsoldaten massakriert, vertrieben,enteig<strong>net</strong>, vergewaltigt, rücksichtslos <strong>in</strong> die Zwangsarbeit getrieben,<strong>in</strong> andere deutsche Kolonien deportiert und <strong>in</strong> den erstenKonzentrationslagern der deutschen Geschichte vernichtet.Verdurstung und Verhungern zählten unter anderem zu denVernichtungsmaßnahmen. Gerade letztes Jahr, 2011, wurdenbei Bauarbeiten an e<strong>in</strong>er Straßenbahnstrecke, wo e<strong>in</strong> Konzentrationslagergestanden hat, viele Gebe<strong>in</strong>e gefunden, was zugroßen Debatten <strong>in</strong> Namibia geführt hat. Auch <strong>in</strong> Kamerun fielenviele Menschen zu diesem Zeitpunkt der deutschen Kolonialkriegsführungzum Opfer. Dieser Völkermord ist trotz mehrmaligenAnträgen und Aufforderungen bis heute von der Bundesregierungoffiziell nicht anerkannt und daher ist die offizielleEntschuldigung bis heute noch nicht ausgesprochen worden.11


Dies zeigt, dass der Kolonialismus noch nicht zu Ende ist, dadie Augenhöhe zwischen Afrikanern und Europäern noch nichterreicht ist.Zahlreiche Schädel und Überreste der damals Ermordeten,wurden nach Deutschland verschleppt und liegen bis heute <strong>in</strong>vielen deutschen Universitäten und Museen als Relikt für Untersuchungenund Vermessungen, die die Überlegenheit der deutschen„Rasse“ beweisen sollten. Schädel wurden hier sogarverkauft oder verschenkt, wie e<strong>in</strong> Hamburger Ethnographica-Händler berichtet, der e<strong>in</strong>en Schädel von Hans Dom<strong>in</strong>ik geschenktbekommen hat. Nur zwanzig von den zahlreichenSchädeln wurden erst am 26. September 2011 von der Berl<strong>in</strong>erCharité nach langen Verhandlungen an e<strong>in</strong>e namibische Delegationzurückgegeben. Weder e<strong>in</strong> offizieller Empfang durch dieBundesregierung, noch e<strong>in</strong>e offizielle Entschuldigung war e<strong>in</strong>Thema und sogar die Rückgabe-Unterschrift wurde vom AuswärtigenAmt verweigert.Interessanterweise wurde aber dem Deutschen Bundestag am15. Juli 2005 e<strong>in</strong> von CDU/CSU vorgelegter Antrag, der die Türkeiauffordert, sich zu ihrer historischen Verantwortung für dieMassaker an armenischen Christen im Osmanischen Reich zubekennen, ohne Gegenstimme verabschiedet. E<strong>in</strong> afrikanischesSprichwort sagt: Wenn man bei den anderen Ordnung anfordert,sollte man zum<strong>in</strong>dest vorher vor se<strong>in</strong>er eigenen Haustürkehren.Sehr geehrte Damen und Herren, die damalige Entscheidungdes Münchner Stadtrates von 1933 ist aus heutiger Sicht <strong>in</strong> unseremweltoffenen <strong>München</strong> nicht mehr vertretbar. Es ist mehrals angemessen, diese zu korrigieren und die <strong>Straßennamen</strong>schnellstmöglich umzubenennen. Es würde uns auf das äußerstebefremden, wenn die Stadt <strong>München</strong> und die derzeitigenBewohner des Viertels die Entscheidung, Kolonialverbrecher zuwürdigen, für richtig halten würden.Wir bleiben aber optimistisch, da die Stadt durch den Antragvon Stadtrat Siegfried Benker aus dem Jahr 2003 mit der darausresultierenden Umbenennung der Von-Trotha-Straße <strong>in</strong> dieHererostraße e<strong>in</strong> Schritt <strong>in</strong> die richtige Richtung gemacht hat.Herr Benker, Sie verdienen die Anerkennung und e<strong>in</strong> Dankeschöndes Ausländerbeirats und der afrikanischen Community<strong>in</strong> <strong>München</strong> für Ihre Initiative.Sehr geehrte Damen und Herren der Stadtführung, anstatt dieErläuterungstafeln irgendwo an den Anfang oder das Ende derumstrittenen Straßen zu hängen, sollten Sie e<strong>in</strong>fach die Straßenumbenennen und sich mit dem Kultusm<strong>in</strong>isterium im Verb<strong>in</strong>dungsetzen, damit diese bedeutenden Namen der Gräueltäterdes deutschen Kolonialismus <strong>in</strong> den Geschichts- und Schulbücherndeutlich dargestellt werden.Sehr geehrte Damen und Herren, der Widerstand gegen dieUmbenennung erklärt sich nur wie folgt: Viele Menschen <strong>in</strong>Deutschland tun sich schwer, die Leiden von Opfern von Rassismusund Kolonialismus zu verstehen oder sich gar mit demThema zu beschäftigen. Die deutsche Vergangenheit <strong>in</strong> Namibiasollte auf ke<strong>in</strong>en Fall verharmlost werden, wie es <strong>in</strong> weiten Teilender deutschen Bevölkerung der Fall ist. Die fehlende Bereitschaftdiesen Teil der deutschen Geschichte anzuerkennnenund ihn kritisch aufzuarbeiten, befördert sicherlich den Anstiegvon Rassismus und Diskrim<strong>in</strong>ierung, welche <strong>in</strong> unserer Gesellschaftund ihren Institutionen weiterh<strong>in</strong> salonfähig s<strong>in</strong>d. Ichkomme zum Ende mit e<strong>in</strong>er afrikanischen Weisheit, die besagt:Der Täter e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des vergisst schnell, aber die Mutter desK<strong>in</strong>des vergisst nie. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.Im Juni 1933 wurde <strong>in</strong> Truder<strong>in</strong>g und <strong>in</strong> Bogenhausen e<strong>in</strong> sogenanntesKolonialviertel von dem Nationalsozialistischen Stadtratbeschlossen und umgesetzt. Es diente und dient der Ehrungder deutschen Kolonialvergangenheit und der grausamen Offiziereder Kolonialgeschichte Deutschlands.12


ALMUT HIELSCHER: Frau Dr. Stefanie Hentschel ist seit 2008Vorsitzende des Bezirksausschusses 15, das ist Truder<strong>in</strong>g undRiem. Frau Stefanie Hentschel war bis vor kurzem Vertreter<strong>in</strong>der CSU. Im August 2012 trat sie aus der CSU aus und denfreien Wählern bei. Sie sitzt hier heute also nicht als Repräsentant<strong>in</strong>der CSU, sondern als Vorsitzende des Bezirksausschusses.Der Bezirksausschuss hat sich mehrheitlich gegen dieUmbenennung der Von-Trotha-Straße <strong>in</strong> Hererostraße gewandt,wurde aber dann vom Stadtrat überstimmt. Frau Dr. Hentschel,können Sie e<strong>in</strong> bisschen berichten wie die Stimmung <strong>in</strong> IhremBezirk im Augenblick ist. Haben sich die Truder<strong>in</strong>ger an die Hererostraßeund auch an die Erklärungsschilder gewöhnt? S<strong>in</strong>d diemittlerweile akzeptiert?auch ganz klar auf Truder<strong>in</strong>g los. Also es gab damals,2004, als die Diskussion war, e<strong>in</strong>en eigentlich ganz gutenArtikel: „Die Peitsche des Bändigers“. Ich hab den danndamals selber gelesen und hab dann gedacht, wow, sowar das mit der Geschichte, ist schon e<strong>in</strong> starkes Stück.STEFANIE HENTSCHELDie Diskussion wurde damals genauso emotional geführtwie sie jetzt e<strong>in</strong>geleitet worden ist. Es gab den Antrag vonHerrn Benker sich mit der Kolonialgeschichte zu befassen,der war vielleicht auch e<strong>in</strong> bisschen ungünstig formuliert.Ich denke, vielen Truder<strong>in</strong>gern war gar nicht bewusst, dassihr Viertel auch Kolonialviertel heißt, sie wohnten halt <strong>in</strong> diesenStraßen. Dann gab es den Antrag und man befasstesich erstmalig damit.Die ganze Diskussion hat sich dann sehr an der Von-Trotha-Straßeentzündet. Es war nur so, dass die Straße zudiesem Zeitpunkt nicht mehr Lothar von Trotha gewidmetwar, weil da war man schon sehr früh drauf gekommen,nämlich 1993, dass der nicht würdig e<strong>in</strong>er Straßenbenennungist. Man hat dies dann umgewidmet mit dem Kunstgriff,dass man gesagt hat, dann ist das halt e<strong>in</strong> andereraus diesem Adelsgeschlecht, die ja auch eigentlich viel fürDeutschland getan haben. Das war vielleicht dann unsensibelund man hat das nicht so wahrgenommen, dass daswoanders vielleicht doch störend se<strong>in</strong> könnte.Während der Diskussion muss man sagen ist die Truder<strong>in</strong>gerBevölkerung quasi direkt <strong>in</strong> moralische Ersatzhaft genommenworden – also es wurde genauso geführt: Ja dieDeutschen, die erkennen ja den Völkermord nicht an, wieignorant s<strong>in</strong>d denn die, wenn die <strong>in</strong> ihrem Viertel leben undsich nicht dauernd damit beschäftigen, dass jetzt doch bitteihre Straßen umbenannt werden sollen. Und das g<strong>in</strong>gDer Artikel emotionalisiert sich dann zusehens, obwohl eranfangs ganz sachlich ist. Ich greife die verschiedenenTheorien auf zu der Vorgehensweise Lothar von Trothas:die e<strong>in</strong>en sagen, er hat die Leute nicht vertreiben wollen,er hat sie gefangenen nehmen wollen und das hat nichtgeklappt und er wollte halt militärisch gut dastehen. Unddie anderen unterstellen eben von vornehere<strong>in</strong> die Absicht.Dieser Artikel griff alles auf, wurde zum Schluss sehr emotionalund hat dann die Verbrechen Wißmanns und Petersbenannt. Und dann stand da dr<strong>in</strong>: „Doch bei den Nazisgalten die Schlächter allesamt als Helden, denen Bücher,Denkmäler und Straßen gewidmet wurden. Im MünchnerStadtteil Truder<strong>in</strong>g wurden 1933 gleich 29 Straßen nachden e<strong>in</strong>stigen Kolonien und Kolonisatoren benannt. Andem Wohnviertel im Osten der Bayernhauptstadt lässt sichnoch heute ablesen, was seit dem zweiten Weltkrieg denUmgang der Deutschen mit ihren Kolonien bestimmte. Vorallem Des<strong>in</strong>teresse. Im Truder<strong>in</strong>ger Kolonialviertel gibt esnach wie vor e<strong>in</strong>e Lüderitzstraße, e<strong>in</strong>e Leutwe<strong>in</strong>straße, e<strong>in</strong>eDom<strong>in</strong>ikstraße e<strong>in</strong>e Wißmannstraße und natürlich e<strong>in</strong>e Von-Trotha-Straße, die von der Waterbergstraße gekreuzt wird.“An dem Artikel war falsch, dass es <strong>in</strong> Truder<strong>in</strong>g weder dieLüderitz-, noch die Leutwe<strong>in</strong>-, noch die Dom<strong>in</strong>ik-, noch dieWißmannstraße gibt [diese Straßen bef<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> Bogenhausen,Anm. d. Red.]. Das war e<strong>in</strong>e falsche Darstellung.Es war alles auf Truder<strong>in</strong>g fokussiert und die Leute13


s<strong>in</strong>d dann wirklich durch die Medien gezogen worden, also,wie ignorant seid ihr denn. Und ich denke, so kannman e<strong>in</strong>e offene und ehrliche Diskussion nicht führen.Man muss sich wirklich fragen, will man Geschichte wirklichelim<strong>in</strong>ieren? So wie Sie bereits sagten, Spuren <strong>koloniale</strong>rGeschichte tilgen? Ist das richtig? Ich denke, es istnicht richtig. Wir müssen fragen, welche Form des Er<strong>in</strong>nernswählen wir und wenn Straßen heute benannt s<strong>in</strong>d,dann s<strong>in</strong>d das nicht zw<strong>in</strong>gend Vorbilder, sondern das isteigentlich auch e<strong>in</strong>e Art Geschichte. Es ist sogar e<strong>in</strong>e ArtPrimärgeschichte. Es sagt aus, wie die Leute zu der Zeit,wo die Straßen benannt wurden, dazu stehen. Und genausosollten wir das zunächst sehen.Und dann sollten wir <strong>Straßennamen</strong> auch als das sehen,was es ist. Zunächst mal s<strong>in</strong>d sie dazu da, e<strong>in</strong>e Adressee<strong>in</strong>deutig aufzuf<strong>in</strong>den. Und vor diesem H<strong>in</strong>tergrund mussman auch diskutieren. Sie können <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Stadtteil 22<strong>Straßennamen</strong> umbenennen, es würde sich ke<strong>in</strong>er mehrzurechtf<strong>in</strong>den. Wir wachsen pro Jahr um zweie<strong>in</strong>halbtausendE<strong>in</strong>wohner nur <strong>in</strong> unserem Viertel. Also ich möchtenicht wissen, was das verwaltungstechnisch wäre. Vor diesemH<strong>in</strong>tergrund bitte ich die emotionale Geschichte rauszunehmen.Die Truder<strong>in</strong>ger Bevölkerung wird dieGeschichte nicht rückgängig machen und wird auch nichtirgendetwas rückgängig machen und kann auch hierfürnicht haftbar gemacht werden. Vielen Dank.e<strong>in</strong>e Umbenennung der Straßen erfolgen bzw. überdachtwerden.“ Frau Pilz-Strasser können Sie uns das erklären unduns schildern wie im Augenblick die Situation <strong>in</strong> Bogenhausenist.ANGELIKA PILZ-STRASSERGuten Abend me<strong>in</strong>e Damen und Herren, das mache ichgerne, muss allerd<strong>in</strong>gs sagen, da das jetzt schon e<strong>in</strong> paarJahre zurück ist, ich hoffe, dass ich noch alles gut er<strong>in</strong>nere.Ich kann Ihnen nur me<strong>in</strong>e subjektive Er<strong>in</strong>nerung weitergeben.Ich hab die Diskussion auch <strong>in</strong> den Jahren zuvorverfolgt, ich war Stellvertreter<strong>in</strong> von 2002 bis 2008. Bei unswar die Diskussion selbstverständlich wie überall auch imDissens und zum Teil im heftigen Dissens geführt. Wir hattenuns heftig ause<strong>in</strong>andergesetzt über die Tatsache, dasszunächst e<strong>in</strong>ige me<strong>in</strong>ten zu verstehen, dass behauptetwürde, dass wir jetzt noch Verantwortung für die Taten damalsauf uns nehmen sollten. Das war der erste Teil derDiskussion.ALMUT HIELSCHER: Angelika Pilz-Strasser, Sie s<strong>in</strong>d dieVorsitzende des Bezirksausschusses Bogenhausen und auchbei Ihnen gibt es Straßen, die an <strong>koloniale</strong> historische Gestaltener<strong>in</strong>nern. Ich möchte jetzt kurz etwas vorlesen und damitme<strong>in</strong>e Frage stellen, nämlich: Es hat im Oktober 2008 - undda waren Sie ja schon Vorsitzende - e<strong>in</strong>en sehr bemerkenswertenBeschluss dieses Bezirksausschusses gegeben. Undzwar hat der zuständige Bezirksausschuss Bogenhausen dieErläuterungstafeln <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Stadtbezirk mehrheitlich abgelehnt.Diese Tafeln, die angebracht werden, um zu erklären,wer oder welcher Ort benannt worden ist und <strong>in</strong> welchemZusammenhang das mit der deutschen Kolonialgeschichtesteht. Ich zitiere jetzt aus diesem Beschluss, der heißt: „Wenndas Verhalten der <strong>in</strong> den <strong>Straßennamen</strong> geehrten Personentatsächlich ke<strong>in</strong>e Ehrung zulässt, müsste konsequenterweiseWir konnten uns dann doch weitgehend über alle Fraktionene<strong>in</strong>igen, dass es die Verantwortung für die Geschichteist und die Verantwortung für das H<strong>in</strong>sehen, der wir unsschon stellen wollen. Jetzt gab es e<strong>in</strong>e breite Palette vonArgumenten gegen die Umbenennung der Straße, begonnenvon angeblich riesigen Kosten der Adressänderungbis zu der Tatsache, dass Leute ewig da gewohnt habenund damit e<strong>in</strong> Stück Heimat verbunden haben. Es gabauch viele Argumente für die Umbenennung. Wir habenke<strong>in</strong>e Chance gesehen, dass wir uns dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen.14


Der e<strong>in</strong>e Teil hat gesagt, dass ist überbewertet, deswegenbrauchen wir die Straßen nicht ändern. Der andere Teil hatgesagt, das ist e<strong>in</strong>e Respektlosigkeit. Auch diese Argumentekamen immer wieder: Es gibt ja soviel Straßen <strong>in</strong><strong>München</strong>, da müssten wir ja – und das stimmt wahrsche<strong>in</strong>lich– noch etliche Straßen mehr umbenennen <strong>in</strong> <strong>München</strong>.Das haben wir für uns dann schon so gelöst, dass wir gesagthaben, aber das ist jetzt Thema und das ist deutscheGeschichte und darüber wird jetzt nun mal geredet, alsomüssen wir uns damit ause<strong>in</strong>andersetzen und könnennicht sagen, die anderen Straßen s<strong>in</strong>d genauso schlecht,also behalten wir die schlechten.Wie gesagt wir konnten uns auf die Schilder aus den verschiedenstenGründen dann eben nicht e<strong>in</strong>igen, auch weilmanche gesagt haben, das ist entwertend für die, die <strong>in</strong>der Straße leben und haben dann das für uns als gutenKompromiss gesehen: Wir haben gesagt, wenn es dennwirklich so ist, dass der Mensch nicht geehrt werden darf,weil er so viel Ungerechtigkeit und Schwe<strong>in</strong>ereien undLeid unter die Völker gebracht hat, dann wollen wir diesenNamen überhaupt nicht lesen. Die Geschichte war unsschon wichtig, wir wollten das weiterverfolgen. Wir wolltendas begleiten und es gab dann großen Ärger, dass wir vonden Bürger<strong>in</strong>nen und Bürgern der Straße <strong>in</strong>formiert wurden,dass die Schilder angebracht werden. Wir hätten unsbei diesem sensiblen Thema sehr gewünscht, dass dieStadt auf uns zugekommen wäre und gesagt hätte: jetztpassiert’s. Denn das wollten wir schon <strong>in</strong> der Diskussionweiter begleiten. Auf unseren Wunsch dann, dass wenigstensim Katalog als Unterrichtung zur Verfügung zu bekommen,haben wir e<strong>in</strong>e abschlägige Antwort bekommen.Ich denke, es muss auch nicht e<strong>in</strong>e Unterrichtung se<strong>in</strong>, gewünschthätten wir uns, dass proaktiv auf uns zugegangenwäre, dass die Sensibilität für dieses Thema bei der Stadtso groß gewesen wäre, dass man das verstanden hätte.ALMUT HIELSCHER: Hans Podiuk ist stellvertretender Vorsitzenderder CSU-Fraktion im Münchner Stadtrat. Seit 1978 gehörenSie schon dem Münchner Stadtrat an, e<strong>in</strong>e zeitlang auchals CSU-Fraktionsvorsitzender. Jetzt s<strong>in</strong>d Sie stellvertretenderVorsitzender. Ich möchte me<strong>in</strong>e Frage an Sie mit e<strong>in</strong>em Zitatvon Ihnen beg<strong>in</strong>nen: „<strong>Straßennamen</strong> s<strong>in</strong>d aus Ihrer Zeit herausentstanden, entsprechend s<strong>in</strong>d sie so zu beurteilen. Ich persönlichkann ke<strong>in</strong>e Verherrlichung von Kolonialverbrechen erkennen,wenn Straßen nach Orten und Personen aus der Kolonialzeitbenannt s<strong>in</strong>d.“ Wenn es nach Ihnen, Herr Podiuk, also g<strong>in</strong>ge,dann hieße die Von-Trotha-Straße auch heute noch so. Auchwenn viele <strong>in</strong>ternational anerkannte Historiker den Kolonialgeneralmit dem Völkermord an den Herero und Nama <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dungbr<strong>in</strong>gen. Ist das Ihre Me<strong>in</strong>ung?HANS PODIUKZunächst gibt es e<strong>in</strong> Riesendefizit an Wissen daher<strong>in</strong>. Die Lothar-von-Trotha-Straßehat es nie gegeben und sie ist auchnicht umbenannt worden. 1993 bereits ist die damals benannteLothar-von-Trotha-Straße <strong>in</strong> das Geschlecht derer VonTrotha benannt worden, u. a. Widerstandskämpfer, Bischöfe,Wissenschaftler. Das ist die Wahrheit. Deshalb ist die Lotharvon-Trotha-Straßenie <strong>in</strong> die Hererostraße umbenannt worden.Leider wissen das sehr viele nicht.Der Versuch die Geschichte zu tilgen ist e<strong>in</strong> zutiefst totalitärerAnsatz. Geschichte können Sie nicht tilgen. Sie können darauslernen, aber Sie können die Geschichte nicht tilgen. Dashaben die Pharaonen schon versucht. Sie haben bei IhrenVorgängern die Denkmäler entfernt, die Inschriften geschliffen,aber die Geschichte und dass der Vorgänger da war,konnte man nicht tilgen.Und dann sage ich Ihnen auch gleich noch e<strong>in</strong> paar Beispiele,was wir sonst an <strong>Straßennamen</strong> haben. Wir haben zumBeispiel <strong>in</strong> Haidhausen das sogenannte Franzosenviertel,nach dem Krieg zwischen Deutschland und Frankreich1870/71. Da waren – wie bei jedem Krieg übrigens – vieleKriegsverbrechen beider Seiten, auch <strong>in</strong> diesem Krieg gibt esgenügend Belege. Bei dem 30jährigen Krieg zum Beispiel:der katholische Militärführer Graf von Tilly hat Magdeburgdrei Tage niederbrennen, brandschatzen, morden lassen. DerFührer der Schweden Gustav Adolf gleichfalls - die Schwedengräuels<strong>in</strong>d sprichwörtlich noch nach e<strong>in</strong> paar hundertJahren <strong>in</strong> Deutschland. Beide haben Straßen. Wir habene<strong>in</strong>en Herzog-Ernst-Platz, da steht sogar <strong>in</strong> der Beschreibungdr<strong>in</strong>nen, der ist der Mörder se<strong>in</strong>er Schwiegertochter, weil siee<strong>in</strong>e Bürgerliche war, ke<strong>in</strong>e Adelige. Er sie hat h<strong>in</strong>richten lassen,umbr<strong>in</strong>gen lassen. Und dann sag ich Ihnen noch e<strong>in</strong>s,es gibt viele Beispiele, aber e<strong>in</strong> Beispiel, dass Sie vielleicht15


alle kennen, Karl der Große, Heiliger der katholischen Kirche,hat nach dem zweiten Sachsenaufstand, nachdem die geschworenhaben, dass sie ke<strong>in</strong>en Aufstand mehr machen,haben Sie noch e<strong>in</strong>en Aufstand gemacht und dann hat er,nach se<strong>in</strong>em Bekunden, 30.000 unbewaff<strong>net</strong>e Männer,Und jetzt sage ich Ihnen noch etwas. Ich zitiere jetzt aus derSüddeutschen Zeitung. Am 28.02.2005 wird Alfons Maharerozitiert: Wenn die Münchner die Straße nicht umbenennen, seidas für ihn ke<strong>in</strong> Problem. Wir haben dr<strong>in</strong>gendere Probleme.Und <strong>in</strong> Namibia selber gibt es das weith<strong>in</strong> das Zentrum beherrschendeReiterdenkmal der Schutztruppe, wo heute nochsteht: Zur Erhaltung des Schutzgebiets, für Kaiser und Reichfielen und dann s<strong>in</strong>d da x Namen. Es gibt das Mar<strong>in</strong>edenkmal<strong>in</strong> Swakopmund mit e<strong>in</strong>er ähnlichen Beschriftung. Oder <strong>in</strong>Kamerun von Gravenreuth gibt es heute noch e<strong>in</strong> Denkmal,Löwe von Afrika, das die dortige Regierung erhält. Also hier<strong>in</strong> <strong>München</strong> zu sagen, wir wollen Geschichte streichen unddie dortigen sagen, nicht unser Problem, wir haben wichtigereThemen, ist e<strong>in</strong> massiver Unterschied.Frauen und K<strong>in</strong>der h<strong>in</strong>richten lassen. Die Wissenschaftler sagen,das hat er nur aus Reklame gemacht, das waren höchstensvier- bis sechstausend, weil die Sachsen damals nichtmehr waren. Aber auch nach unseren heutigen Begriffen e<strong>in</strong>Mörder, aus damaligen Positionen heraus war das üblich.Wenn sich e<strong>in</strong>er an Verträge nicht hält, dann gibt es hoheStrafen. Und drum sag ich aus der Zeit heraus.Das ist ja ke<strong>in</strong> deutsches Problem, Deutschland ist ja sehrspät überhaupt zu Kolonien gekommen. In ganz Europa wardieser Drang, du musst Kolonien <strong>in</strong> der Welt haben. Nordamerika,den Umgang mit den Indianern würde man heuteals Völkermord bezeichnen. Aber das, me<strong>in</strong>e Damen undHerren, ist alles Geschichte. Wenn Sie das alles ungeschehenmachen wollen, die Geschichte der Völker, wo übrigens,wenn Sie sich das e<strong>in</strong>mal anschauen, jedes Volk mal e<strong>in</strong> Opfervolkund e<strong>in</strong> Tätervolk war, das sage ich Ihnen <strong>in</strong> allerDeutlichkeit.Und zum Schluss noch folgendes, was mich wirklich ärgert.Der Stadtrat <strong>München</strong> hat das Thema von 2003 bis 2009 diskutiert.Fünf bis sechs Jahre lang. Dann ist er zu e<strong>in</strong>em Ergebnisgekommen. Und das Thema hat damals e<strong>in</strong>e Reihean krim<strong>in</strong>ellen Straftaten hervorgebracht. Also es s<strong>in</strong>d Leutenächtens durch die Straßen geschlichen, haben den dortigenDavidsterne oder Hammer und Sichel und anderes h<strong>in</strong>gemalt,haben Schilder abgerissen etc. und die Bevölkerungwill das nicht mehr. Was den Ausländerbeirat reitet das Themaohne jedes neue Argument, nur mit dem Argument, daspasst uns nicht, wieder auf die Tagesordnung zu br<strong>in</strong>gen, istmir persönlich unverständlich. Und der Ärger ist jetzt natürlichum so größer. Es ist von 2003 bis 2009 jedes Argumentvon Kamerun bis Neugu<strong>in</strong>ea umgedreht worden. Alles ist diskutiertworden und dann ist das Thema abgeschlossen worden.Warum es heute wieder auf die Tagesordnung kommt,ohne e<strong>in</strong> neues Argument zu br<strong>in</strong>gen, ist mir unverständlich.Und noch mal <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf die Grünen. Der Außenm<strong>in</strong>isterJoschka Fischer hätte ja damals schon Entschädigungen anerkennenkönnen. Hat er <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Zeit, genauso wie heute,auch nicht getan.Wenn Sie diese Geschichte verwischen wollen, dann müssenSie <strong>in</strong> <strong>München</strong> ungefähr 800 bis 1000 Straßen umbenennen.Nach der Logik, nach der der Ausländerbeirat zum Beispiele<strong>in</strong>e Straße streichen will, müsste er als erste die Bismarckstraßestreichen, weil der hat als erster das Platzet gegebenfür deutsche Schutzgebiete. Namibia war e<strong>in</strong>e Privaterwerbung.Warum man übrigens den, der überhaupt nichts getanhat, auch noch streichen will, Lüderitz, das weiß ke<strong>in</strong>Mensch. Aber wenn dann müsste die Bismarckstraße natürlichauch gestrichen werden.Um e<strong>in</strong> allerletztes Wort zu sagen, ich zitiere jetzt aus e<strong>in</strong>erStellungnahme des Direktoriums. Nicht die Nazis haben umbenannt,sondern 1931 waren auf der Vorschlagsliste, die derStadtrat beschlossen hat: W<strong>in</strong>dhukstraße, Dualastraße, Emil-Pascha-Straße, Wißmannstraße, Dom<strong>in</strong>ikstraße, Karl-Peters-Straße, Lüderitzstraße. 1925 bereits war es: Togostraße, Kamerunplatz,Dar-es-Salaam-Straße, Ts<strong>in</strong>gtauer Straße, Sansibarplatzund Samoaplatz. Und das ganze geht auf e<strong>in</strong>eEmpfehlung des Städtetags von 1922 zurück. Und jetzt zitiereich wortwörtlich: „Der H<strong>in</strong>weis auf die geraubten Kolonien16


vor Ort. Und da haben die CSU und der Herr Podiuk sicherlichentscheidend mitgewirkt. E<strong>in</strong>en Tag nach me<strong>in</strong>em Antrag,gab es e<strong>in</strong>e Presseerklärung der CSU, wo dr<strong>in</strong>stand:„Benker will alle 6000 Straßen <strong>in</strong> <strong>München</strong> überprüfen lassen.“Das führte sofort zu e<strong>in</strong>er Schlagzeile e<strong>in</strong>en Tag später<strong>in</strong> der Bildzeitung: „Das wird teuer, die Grünen wollen alle6000 Münchner <strong>Straßennamen</strong> auf Verbrechen prüfen.“ Daswar niemals geplant, aber damit war der Ton für die nächstensechs Jahre vorgegeben.Verbrechen, die diese Menschen begangen haben. Dass<strong>in</strong>d die Fakten, wie sie auf dem Tisch liegen. Und dieseFakten wiederum, die sollte man sich genau anschauen unddann auch noch mal diskutieren wie man damit weiterh<strong>in</strong>umgeht.Ich gehe kurz auf e<strong>in</strong>es der Standardargumente e<strong>in</strong>, die immerwieder kamen: Es gibt doch noch Haidhausen, da gibt’sdoch noch das Französische Viertel. Es gibt doch noch dieTillystraße usw., die müssten doch auch angeschaut werden.Schauen wir sie doch an. Aber das Argument vonHerrn Podiuk ist ja nicht dafür gedacht, dass man alle Straßenanschaut, das Argument heißt nur, schauen wir dochke<strong>in</strong>e Straße an. Das ist nämlich der Grund dieses Argumentesund dieses Argument kam sechs Jahre lang.Ich f<strong>in</strong>de es bedauerlich, dass die historischen Fakten nichtanerkannt werden. Es ist ja nicht so, dass es die e<strong>in</strong>e Me<strong>in</strong>ungund die andere Me<strong>in</strong>ung gibt, dass der Krieg den Lotharvon Trotha geführt hat, von der e<strong>in</strong>en Seite so und vonder anderen Seite so gesehen würde. Das ist ja nicht so. Diehistorischen Fakten liegen ja auf der Hand, man muss sienur anerkennen. Aber nach sechs Jahren diskutiert der BezirksausschussTruder<strong>in</strong>g wieder nach dem Motto, da müssteman doch mal schauen, ob das nicht alles zu e<strong>in</strong>seitigwäre. Sie können bei mir im Inter<strong>net</strong> nachschauen, seitsechs Jahren stehen bei mir auf me<strong>in</strong>er Homepage die ganzenFakten, die ich damals recherchiert habe. Ich habe e<strong>in</strong>Jahr lang recherchiert für diesen Antrag. Und ke<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zigervon diesen Punkten, die dort stehen, wurde jemals als falschbewertet. Ke<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziger. Und nach sechs Jahren kommt immerwieder das Argument: da ist bestimmt nicht alles richtig.Wenn Sie Fehler f<strong>in</strong>den, dann zeigen Sie sie mir. Ichhabe noch ke<strong>in</strong>e gefunden. Aber wir können uns, ohne unsauf mich zu beziehen, immer noch auf die Stellungnahmendes Stadtarchivs beziehen. Die ganz genau alle Fakten geprüfthaben und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er längeren Stellungenahme – derHerr Podiuk hat daraus zitiert – deutlich gemacht haben,dass m<strong>in</strong>destens vier Straßen, vier Straßen <strong>in</strong> <strong>München</strong> problematischs<strong>in</strong>d. Die Stellungnahme, die Herr Podiuk zitierthat, führt nämlich dazu, dass sie sagen, die Wißmannstraße,die Dom<strong>in</strong>ikstraße, die Von-Trotha-Straße und die Von-Gravenreuth-Straßes<strong>in</strong>d problematisch und zwar wegen derZur Straße Lothar von Trothas: Es wird immer gesagt, dieVon-Trotha-Straße gab es ja gar nicht mehr, die war ja schonlängst nach dem Geschlecht der von Trothas benannt. Undmuss man sagen, das war e<strong>in</strong>e diese Sche<strong>in</strong>umbenennungen,da hat man 1993 gedacht, blöd, Lothar von Trotha ,Massenmörder, Kriegsverbrecher, Völkermörder, wir sagenjetzt – weil das Schild hieß nämlich Von-Trotha und nicht Lothar-von-Trotha– wir benennen die Straße e<strong>in</strong>fach um undsagen damit s<strong>in</strong>d ab jetzt alle von Trothas genannt, dasgroße Geschlecht. Aber wer glaubt im Kolonialviertel wo <strong>in</strong>sgesamt29 Straßen nach Kolonialereignissen benannt s<strong>in</strong>d,wo sich die Von-Trotha-Straße mit der Waterbergstraßekreuzt, wo das Massaker an den Herero stattgefunden hat,das würde nicht auf Lothar von Trotha zurückgeführt werden,sondern auf alle von Trothas, der hat, glaube ich, dieZusammenhänge nicht verstanden oder will sie nicht sehen.Es war ja e<strong>in</strong>e Frage, wie ist das jetzt mit der Hererostraße,haben die Menschen sich dran gewöhnt. Das haben Sie garnicht erwähnt Frau Hentschel, weil ich annehme, dass dieMenschen sich wirklich daran gewöhnt haben. Es gab jae<strong>in</strong>en Aufstand der Bewohner vor Ort, angeführt von derCSU. Und dieser Aufstand, der vor Ort stattgefunden hat,hat dazu geführt, dass es e<strong>in</strong>e massive Ablehnung zu dieserStraßenumbenennung gegeben hat. Mit ganz vielen Argumenten,die auf der e<strong>in</strong>en Seite nachvollziehbar waren –es ist natürlich e<strong>in</strong> Aufwand Straßenschilder zu ändern, esist e<strong>in</strong> Aufwand das Briefpapier zu ändern, e<strong>in</strong> AufwandKarten zu ändern, aber e<strong>in</strong> vertretbarer Aufwand, den ne-18


enbei die Stadt <strong>München</strong> f<strong>in</strong>anziert hat. Und dieser vertretbareAufwand hat ansche<strong>in</strong>end nicht dazu geführt, dass dieMenschen jetzt noch irgendwie unzufrieden wären, dass siejetzt <strong>in</strong> der Hererostraße leben, sondern das sche<strong>in</strong>t akzeptiertzu se<strong>in</strong>. Es sche<strong>in</strong>t zum<strong>in</strong>dest jetzt ke<strong>in</strong>e größeren Problememehr vor Ort zu geben.Me<strong>in</strong> Wunsch wäre, dass wir die nächste Ause<strong>in</strong>andersetzungvielleicht etwas sachlicher führen könnten. Dazu würdefür mich gehören, dass die historischen Fakten wirklich auchmal anerkennt werden. Dass man sagt, es gab diese Kolonialverbrechen,es gab diese Verbrechen gegen die Menschlichkeit.Diese vier Personen, die ich hier genannt habe,haben nachweisbar Verbrechen begangen und wurden bereitszu ihren Lebzeiten dafür kritisiert und angegriffen, dasssie diese Verbrechen begangen haben. Das müsste man malakzeptieren und dementsprechend auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Diskussionvielleicht mal dazu kommen, dass e<strong>in</strong>e Umbenennung denkbarist. Wie gesagt, ich würde überhaupt nicht das Kolonialviertelverschw<strong>in</strong>den lassen, aber die Menschen, dienachweisbar Verbrechen begangen haben, die haben <strong>in</strong><strong>München</strong> ke<strong>in</strong>e Straße verdient.ALMUT HIELSCHER: Wir freuen uns, dass wir auf dem Podiume<strong>in</strong>e Vertreter<strong>in</strong> des Münchner Arbeitskreises Panafrikanismushaben, Frau Nadja Ofuatey-Alazard. Sie lebt <strong>in</strong> <strong>München</strong> undarbeitet als Dokumentarfilmer<strong>in</strong>, Produktionsleiter<strong>in</strong> und Autor<strong>in</strong>.Zur Zeit promoviert sie an der Uni Bayreuth <strong>in</strong> Literaturwissenschaften.2011 hat sie zusammen mit Susan Arndt das kritischeNachschlagwerk „Wie Rassismus aus Wörtern spricht. (K)Erbendes Kolonialismus im Wissensarchiv deutsche Sprache“ herausgegeben.Frau Alazard, was ist Ihrer Me<strong>in</strong>ung nach der Grund,dass es bei den betroffenen Bürgern, die <strong>in</strong> diesen Straßenwohnen so viel Widerstand und auch Widerwillen gegen dieUmbenennung von Kolonialstraßen gibt?NADJA OFUATEY-ALAZARDIch freue mich hier se<strong>in</strong> zu können, es ist e<strong>in</strong> wichtigesThema. Frau Hielscher, das ist natürlich e<strong>in</strong>e schwierigeFrage. Ich denke, da gibt es mehrere Antworten. Ich kannmir vorstellen, dass <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Fällen dieser Widerstandsich auch auf mangelndem Wissen begründet. Dem kannman nachhelfen. Ich halte auch wirklich nichts davon Geschichtezu ent<strong>in</strong>nern, Geschichte zu streichen. Das kannnicht se<strong>in</strong>, wir müssen uns unserer Geschichte stellen, nurso können wir auch lernen. Es mag also an mangelndemWissen liegen, das ist das e<strong>in</strong>e. Es mag an e<strong>in</strong>em mangelndenGeschichtsbewusstse<strong>in</strong> liegen, also dass nichtre<strong>in</strong>gerech<strong>net</strong> wird, welche Rolle spielt Geschichte auchheute. Denn ich befürworte nicht, dass man oder frau Geschichte<strong>in</strong> ihrem jeweiligen Kontext beurteilt. Da gehe ichspäter noch darauf e<strong>in</strong>. Es muss immer darum gehen, welchesDemokratieverständnis haben wir heute. Daran musses immer gemessen werden. Wir müssen diesen Grätschschrittimmer mitdenken. Also auch bei dem mangelndenGeschichtsbewusstse<strong>in</strong> kann man noch durch Bildungsarbeitnachhelfen. Es kann aber auch mangelndes Interessese<strong>in</strong>, das ist schon schlimmer, oder mangelnde Empathie.Jetzt komme ich zu dem Thema, dass natürlich der Kolonialismusund auch das Verniedlichen des Kolonialismusund auch das Leugnen des Kolonialismus eng verbundenist mit Rassismus. Das ist natürlich das Buh-Wort <strong>in</strong>Deutschland, da ist ganz viel Angst dabei. Leute habenimmer Angst als Rassisten bezeich<strong>net</strong> zu werden. InDeutschland wird Rassismus aber auch sehr kurz gefasstund wird reduziert meistens auf Nationalsozialismus oder19


Rechtsextremismus. Rassismus muss man als viel weiteresFeld begreifen. Rassismus hat <strong>in</strong> Europa e<strong>in</strong>e jahrhundertelangeDenktradition. Und er wird verschleiert. Und ermacht Angst. Das heißt, wenn wir über Kolonialismus sprechen,müssen wir auch über Rassismus sprechen. DennSie müssen e<strong>in</strong>es verstehen, auch damals war schon klar,dass diese Kriege sich auch nicht vergleichen lassen mitdem deutsch-französischen Krieg oder mit irgende<strong>in</strong>emKonfessionskrieg zwischen europäischen Regierungen.Sondern das waren imperiale Eroberungskriege gegenLeute, denen das Land genommen wurde, die Souveränitätgenommen wurde, ihre Kosmologie, ihre Würde genommenwurde, ihr Leben genommen wurde. Diese Leute wurdenversklavt, wurden zur Zwangsarbeit gezwungen, wurden <strong>in</strong>Konzentrationslager gesteckt. Denn ja, <strong>in</strong> Namibia wurdendie ersten Konzentrationslager errichtet, die auch so genanntwurden von den Deutschen.Das heißt, Rassimus war der Weg das zu legitimieren. Kolonialismusmusste <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>er Art und Weise legitimiertwerden. Da standen die Deutschen natürlich nicht alle<strong>in</strong>eda, das war ja e<strong>in</strong> europäisches Projekt. Dadurch, dass siesich alle e<strong>in</strong>ig waren, konnte das Ganze verschleiert werdenund verharmlost werden bis heute, aber <strong>in</strong> Deutschlandist es noch mal sehr prononciert.Jetzt würde ich doch ganz gerne auch noch e<strong>in</strong>e Fragestellen und zwar ohne polemisch se<strong>in</strong> zu wollen. Wenn vorgeschlagenwird, Geschichte <strong>in</strong> ihrem eigenen Kontext zubetrachten, denn Deutschland hat natürlich auch e<strong>in</strong>e Geschichtevon Straßenumbenennungen, das ist durchaushier passiert. Zwischen 1945 und 1950 wurden 200Münchner Strassen entnazifiziert. Nach der Wende odernach der Revolution, wie es e<strong>in</strong>ige nennen wollen, wurdenStraßen umbenannt, also Straßen, die im SED-Regime benanntwurden. Warum? Weil sich diese Benennungen, dienationalsozialistischen wie auch die SED-Bezeichnungen,nicht mit dem heutigen Demokratieverständnis vertragen.Da s<strong>in</strong>d wir uns e<strong>in</strong>ig. In letzter Konsequenz Herr Podiuk,was Sie gesagt haben würde bedeuten, diese Entnazifizierunghätte nicht stattf<strong>in</strong>den sollen und die Umbenennungder SED Straßen hätte nicht stattfi<strong>in</strong>den sollen, weil das bedeutetEnt<strong>in</strong>nern, das bedeutet das Streichen von Geschichte.Und das ist doch sehr bedenklich. Wir müssenda sehr vorsichtig se<strong>in</strong>.Ich würde gerne um den Kontext von Rassismus und Kolonialismusdarzustellen, ganz kurz e<strong>in</strong>en Abschnitt lesenaus der Schlussakte der Vere<strong>in</strong>ten Nationen, da gab es e<strong>in</strong>eKonferenz 2001 <strong>in</strong> Durban, <strong>in</strong> Südafrika. Das war dieWeltkonferenz gegen Rassismus, Rassendiskrim<strong>in</strong>ierung,Fremdenfe<strong>in</strong>dlichkeit und die damit zusammenhängendeIntoleranz:„Wir erkennen an, dass die Sklaverei oder der Sklavenhandel– namentlich der transatlantische Sklavenhandel –furchtbare Tragödien <strong>in</strong> der Geschichte der Menschheitwaren, nicht nur wegen ihrer entsetzlichen Barbarei, sondernauch wegen ihres Ausmaßes, ihres organisierten Charaktersund <strong>in</strong>sbesondere der Aberkennung desMenschse<strong>in</strong>s der Opfer. Und erkennen ferner an, dassSklaverei und Sklavenhandel e<strong>in</strong> Verbrechen gegen dieMenschlichkeit s<strong>in</strong>d und zu allen Zeiten als solche hättengelten sollen. Insbesondere der transatlantische Sklavenhandelund dass sie zu den Hauptursachen und Ersche<strong>in</strong>ungsformendes Rassismus, der Rassendiskrim<strong>in</strong>ierung,der Fremdenfe<strong>in</strong>dlichkeit und damit zusammenhängenderIntoleranz zählen und dass Afrikaner und Menschen afrikanischerAbstammung, Asiaten und Menschen asiatischerAbstammung sowie <strong>in</strong>digene Völker Opfer dieser Handlungenwaren und nach wie vor Opfer ihrer Folgen s<strong>in</strong>d. Wirerkennen an, dass der Kolonialismus zu Rassismus, Rassendiskrim<strong>in</strong>ierungund Fremdenfe<strong>in</strong>dlichkeit und damit zusammenhängenderIntoleranz geführt hat und dassAfrikaner und Menschen afrikanischer Abstammung undAsiaten und Menschen asiatischer Abstammung sowie <strong>in</strong>digeneVölker Opfer des Kolonialismus waren und nachwie vor Opfer se<strong>in</strong>er Folgen s<strong>in</strong>d. Wir erkennen das Leidan, das durch den Kolonialismus verursacht wurde und er-20


klären, dass der Kolonialismus, wo und wann er immer aufgetretenist, verurteilt und se<strong>in</strong> erneutes Auftreten verh<strong>in</strong>dertwerden muss. Wir bedauern ferner, dass dieAuswirkungen und das Fortbestehen dieser Strukturen undPraktiken zu den heute <strong>in</strong> vielen Teilen der Welt fortdauerndensozialen und wirtschaftlichen Ungleichheiten mit beigetragenhaben.“ Ja, das fasst das ganz gut zusammenund stellt das ganze <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Kontext.Ich f<strong>in</strong>de es ganz wichtig, dass die Er<strong>in</strong>nerung an den Kolonialismuslebendig gehalten wird, aber das muss aus e<strong>in</strong>erdemokratischen Perspektive heraus geschehen. HerrBenker, da b<strong>in</strong> ich nicht ganz mit Ihnen e<strong>in</strong>verstanden,dass Sie sich mit der Umbenennung dieser e<strong>in</strong>en Straßezufrieden gegeben haben. Sie haben die ganze Zeit argumentiert,also die anderen drei, die Sie genannt haben, habenebensoviel Verbrechen begangen – also nichtebensoviel, der von Trotha hat wirklich am allermeisten Blutan se<strong>in</strong>en Händen, das ist nicht bestritten, das ist e<strong>in</strong>helligeMe<strong>in</strong>ung der Historie und ich glaube auch niemand hierim Raum wird das bestreiten wollen. Ich f<strong>in</strong>de es wichtig,dass man sich damit ause<strong>in</strong>andersetzt und nicht nur kle<strong>in</strong>eSchildchen darunter setzt. Von Gravenreuth hat auchnichts Gutes getan. Es ist eigentlich etwas verharmlosend,was darunter steht.ALMUT HIERLER: Henn<strong>in</strong>g H<strong>in</strong>tze hat mehrere Jahre <strong>in</strong> Afrikaals Journalist gearbeitet, davon an die fünf Jahre <strong>in</strong> Namibia,wo er als Korrespondent für verschiedene Zeitungen undRundfunkstationen tätig war. Heute arbeitet er als freier Journalist.Me<strong>in</strong>e Frage an Herrn H<strong>in</strong>tze: Warum können <strong>Straßennamen</strong>und natürlich auch ihre Umbenennung so e<strong>in</strong>enwichtigen Beitrag zur Bewusstse<strong>in</strong>sbildung der Bevölkerungleisten? Können sie das überhaupt?HENNING HINTZEJa natürlich können Sie das. Siegfried Benker hat das ja zuRecht herausgestellt. Jedem von uns wird das wahrsche<strong>in</strong>lichnicht gel<strong>in</strong>gen, dass e<strong>in</strong>e Straße <strong>in</strong> <strong>München</strong> nach unsbenannt wird, weil es ist e<strong>in</strong>e ganz besondere Auszeichnungund Ehrung. Und das ist auch gut so. Damit werdenja Maßstäbe gesetzt. Es ist doch e<strong>in</strong> Gew<strong>in</strong>n, dass es <strong>in</strong>vielen deutschen Städten e<strong>in</strong>e Albert-Schweitzer-Straßegibt, es ist e<strong>in</strong> Gew<strong>in</strong>n, dass es <strong>in</strong> <strong>München</strong> den Geschwister-Scholl-Platzgibt. Diese Funktion haben Straßenbenennungen.Ich möchte auch e<strong>in</strong> Zitat von dem General von Trotha anführen,was darauf h<strong>in</strong>weist, dass er sich selbst, derRechtswidrigkeit se<strong>in</strong>es Handelns bewusst gewesen ist. Erhat an den General von Schlieffen geschrieben, wörtlich:„E<strong>in</strong> Krieg <strong>in</strong> Afrika lässt sich nun mal nicht nach den Gesetzender Genfer Konvention führen.“ Also es gab damals<strong>in</strong>ternationale Regeln, auch für Kriege. [Die erste GenferKonvention wurde 1864 von zwölf Staaten verabschiedet,Anm. d. Red.] Das, was von Trotha gemacht hat, hat dasalles über den Haufen geworfen. Die anderen europäischenGeneralmächte waren ke<strong>in</strong>e Engel und die Befehlshabererst recht nicht, aber es hat bis Von-Trotha niemandengegeben, der gesagt hat: „Dieses Volk muss <strong>in</strong> Strömenvon Blut ertränkt werden.“ Und das hat er ja auchdurchgesetzt und als er zurückkam, hat er von Kaiser Wilhelmsogar noch e<strong>in</strong>e große Verdienstmedaille bekommen.Dar<strong>in</strong> unterscheidet sich der deutsche Kolonialismus vomportugiesischen oder vom französischen Kolonialismus.Ich möchte e<strong>in</strong> Argument noch <strong>in</strong>s Feld führen, wie wichtiges ist, dass Städte und Kommunen die Möglichkeit haben,mit der Benennung von Straßen Akzente zu setzen. Siekönnen damit ja auch über das h<strong>in</strong>ausgehen, was auf nationalerEbene passiert. Da gebe ich Ihnen e<strong>in</strong> schlimmesBeispiel. Ich weiß gar nicht, ob Sie sich daran er<strong>in</strong>nern, imJahre 2004, etwa zwei Monate bevor die M<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> Wieczorek-Zeul,damals Entwicklungsm<strong>in</strong>ister<strong>in</strong>, diese bekanntgewordene Rede gehalten hat, wo sie das erste Mal dasWort Völkermord als e<strong>in</strong> Regierungsmitglied <strong>in</strong> den Mundgenommen hat und sich entschuldigt hat bei den Hereros.21


Zwei Monate vorher hat der deutsche Bundestag e<strong>in</strong>e Erklärungzu Namibia abgegeben, <strong>in</strong> dem das Wort Schuldüberhaupt nicht vorkommt und das Wort Völkermord schonerst recht nicht. Und als dann zwei Monate später FrauWieczorek-Zeul das erste Mal das Wort Völkermord gebrauchte,sagte Außenm<strong>in</strong>ister Fischer, auf den Sie, HerrPodiuk, zu Recht verwiesen haben, Frau Wieczorek-Zeulhat ihre Privatme<strong>in</strong>ung gesagt. So werden D<strong>in</strong>ge bagatellisiert.Hier besteht die Möglichkeit für Kommunen D<strong>in</strong>ge <strong>in</strong>sBewusstse<strong>in</strong> zu rücken oder auch weiter zu gehen. Die Geschichteist ja nicht zu Ende: Bis heute hat der deutscheBundestag nicht anerkannt, dass das, was <strong>in</strong> Namibiastattgefunden hat, e<strong>in</strong> Völkermord war. Es hat <strong>in</strong> diesemMärz [2012] zwei Anträge im Bundestag gegeben. Der e<strong>in</strong>ewar von SPD und Grünen geme<strong>in</strong>sam, der ist abgelehntworden von der Regierung. Der weitergehende Antrag vonder L<strong>in</strong>ksfraktion ist auch abgelehnt worden. Also das Problemist bis heute nicht gelöst.Ich b<strong>in</strong> vor vier Wochen <strong>in</strong> Namibia gewesen und möchteIhnen zum Abschluss berichten von e<strong>in</strong>em Gespräch, wase<strong>in</strong>em deutlich macht, dass das Problem des Kolonialismusnachwirkt, zuerst bei den Betroffenen, aber ich glaube,es wirkt auch <strong>in</strong> Deutschland nach. Diese Verharmlosungdes Kolonialismus hat auch bei uns Wirkungen. Esgibt doch viele Menschen <strong>in</strong> Deutschland, <strong>in</strong> <strong>München</strong>auch, die sagen, der deutsche Kolonialismus war besserals der Kolonialismus der anderen Länder. Ich habe vielesolche Me<strong>in</strong>ungen gehört. Ich habe das sogar aus afrikanischenMund schon gehört, weil der vorletzte Kolonisator istimmer besser als der letzte. Aber ich will Ihnen dieses Beispielsagen, ich habe mit e<strong>in</strong>em Nama-Chief, David Fredericks,gesprochen, dessen Großvater, der auch derHäuptl<strong>in</strong>g war, auf der Haifisch<strong>in</strong>sel zu Tode gekommen ist,wie tausende von anderen Namas auch. Er er<strong>in</strong>nerte michan e<strong>in</strong>e Geschichte, die <strong>in</strong> Deutschland zwar auch durchdie Medien gegangen ist, aber längst nicht die Bedeutunggehabt hat, wie <strong>in</strong> Namibia selbst: die Schädelrückgabe.Es s<strong>in</strong>d die ersten zwanzig gewesen. Und dann sagt er:„Aber man muss sich vorstellen, die Schädel s<strong>in</strong>d alsSchädel abgeschickt worden, da s<strong>in</strong>d Frauen, weiblicheGefangene <strong>in</strong> den Konzentrationslagern verpflichtet worden,diese Schädel zu enthäuten.“ Das muss man sich malvorstellen, weil die Deutschen nur die Totenschädel habenwollten. Das ist e<strong>in</strong>e Sache, die überhaupt nicht beendetist. Ich weiß nicht die genaue Zahl, aber es werden, glaubeich, m<strong>in</strong>destens noch 80 weitere Totenschädel <strong>in</strong> verschiedenendeutschen Universitäten vermutet. Freiburg undBerl<strong>in</strong> haben das auch schon gesagt, es gibt auch e<strong>in</strong>eRückgabebereitschaft. Dieses Problem ist noch nicht gelöstoder erledigt. In Afrika wissen sie, dass Tote überhauptke<strong>in</strong>e Ruhe haben bis sie ordentlich bestattet s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> heimatlicherErde. Das müssen wir als Deutsche auch immerberücksichtigen.AUSGEWÄHLTE STATEMENTSAUS DEM PUBLIKUMMe<strong>in</strong> Name ist Gravenreuth. Ich b<strong>in</strong> e<strong>in</strong> ferner Nachfahre vomKarl Gravenreuth und es gibt nicht viel Überlieferung von ihm <strong>in</strong>der Familie, aber wir haben ihn nie erlebt als Kriegsverbrecher.Er ist ums Leben gekommen, soweit ich weiß, ist er <strong>in</strong> Kamerunlange verehrt worden auch von se<strong>in</strong>en Kriegsgegnern. Es gibtbis heute noch das Denkmal ... Ich halte die ganze Debatte fürnicht sehr viel weiterführend. Wir sollten doch nach vorne denkenund überlegen, was der Stadt <strong>München</strong> angemessener wäre.Mit dem was e<strong>in</strong>leitend im Statement so überzeugend gesagtwurde, nämlich Wiedergutmachung und Sühne. Ich f<strong>in</strong>dedie Stadt <strong>München</strong> schummelt sich unglaublich billig, wenn sieme<strong>in</strong>t, dass mit e<strong>in</strong>em Whitewash, mit e<strong>in</strong>em Wegwischen mitdem Schwamm dieser Kreide von der Tafel, diese historischeVerantwortung erledigt worden wäre. Warum bieten sie nicht an,e<strong>in</strong>e Partnerschaft mit der Stadt Duala, was sehr viel besser,zeitgemäßer und hilfreicher wäre und sicher irgende<strong>in</strong>e persönlicheMühe kosten würde und vielleicht auch etwas Geld. Abere<strong>in</strong>fach mit dem Schwamm über die Tafel zu wischen, f<strong>in</strong>de ich,mit Verlaub, unwürdig.22


Ich b<strong>in</strong> Professor an der Universität <strong>München</strong> und wohne <strong>in</strong>Waldtruder<strong>in</strong>g, deshalb hat mich die Frage der Umbenennungder Straßen, vor allem der Hererostraße bzw. der Von-Trotha-Straße damals schon frühzeitig <strong>in</strong>teressiert. Ich habe den E<strong>in</strong>druck,dass das von den Anwohnern verstanden wurde. Ursprünglichwaren noch e<strong>in</strong>e ganze Reihe von Schildern vonTrotha an e<strong>in</strong>zelnen Häusern, die s<strong>in</strong>d verschwunden. Die Anwohnerhaben das, glaube ich, verstanden, dass das e<strong>in</strong> Schrittnach vorne gewesen ist. Ich möchte, weil ich Rechtshistorikerb<strong>in</strong>, doch noch e<strong>in</strong>iges sagen zu den historischen Fragen. Zunächste<strong>in</strong>mal muss hervorgehoben werden, dass es im DeutschenReichstag über Trotha schon zwischen 1900 und 1910erregte Debatten gab. Und an der Spitze stand die Kritik derSozialdemokraten damals an der Politik des Reiches. Und vonTrotha wurde ja auch frühzeitig abgelöst. Ich möchte noch ganzkurz e<strong>in</strong>gehen auf das, was <strong>in</strong> der Argumentation von Herrn Podiukzum Ausdruck gekommen ist. Zum Beispiel, dass man etwaKarl den Großen heranzieht, dass er auch irgendwie Verbrechenbegangen habe und deshalb nicht durch e<strong>in</strong>e Straßegeehrt werden könne. In <strong>München</strong> ist wahrsche<strong>in</strong>lich, offiziellder Karlsplatz irgendwie mit Karl dem Großen <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung zubr<strong>in</strong>gen [<strong>in</strong> <strong>München</strong> gibt es ke<strong>in</strong>e Straße und ke<strong>in</strong>en Platz, dernach Karl dem Großen benannt ist, der Karlsplatz ist nach dembayerischen Kurfürsten Karl Theodor benannt, Anm. d. Red.].Wir müssen sehen, gerade wenn man Geschichte ernst nimmt,dass es so etwas gibt – und da stimme ich Herrn Podiuk ausdrücklichzu, dass man die Geschichte nur erkennen kann,wenn man sich mit der Epoche beschäftigt, <strong>in</strong> der sich D<strong>in</strong>gezugetragen haben. Und wir hoffen alle, soweit wir Demokratens<strong>in</strong>d und rechtsstaatlich denken, auf das, was unsere Klassiker,Kant etwa und Schiller, die moralische Entwicklung des Menschengeschlechtsgenannt haben und was heute <strong>in</strong> den Menschenrechtsdiskussionenvertreten wird. Wenn wir dasakzeptieren, dann können wir nicht e<strong>in</strong>fach Pharaonen und Karlden Großen und Tilly mit unserer heutigen Situation am Anfangdes 21. Jahrhunderts vergleichen. Vielen Dank.durften. Ich verwehre mich auch dagegen, dass die Anwohnerals ignorant und dumm bezeich<strong>net</strong> werden, wir s<strong>in</strong>d nicht ignorant,wir s<strong>in</strong>d auch nicht dumm. Wir akzeptieren auch dieseSchilder, die überall <strong>in</strong> den Straßen stehen. Ich habe mich auchdamit beschäftigt, was damals passiert ist. Es ist Geschichteund wer hierher kommt und <strong>in</strong> diesem Land leben möchte,muss sich mit der Geschichte des Landes ause<strong>in</strong>andersetzen,muss auch akzeptieren, dass das Land e<strong>in</strong>e eigene Geschichtehat. Ich habe vor 10 Tagen erst von dieser Initiative erfahren undhabe die letzten zehn Tage dazu genutzt mit den Anwohnernaus den Straßen zu sprechen. Wir haben e<strong>in</strong>e Unterschriftenaktiongestartet und ich hatte Gelegenheit <strong>in</strong> diesen vier BogenhausenerStraßen, die jetzt im Fokus stehen, bereits 100Unterschriften zu sammeln. Und diese sagen eigentlich alle,ne<strong>in</strong>, wir möchten nicht, dass umbenannt wird. Die Argumenteauf dem Podium s<strong>in</strong>d gut, ich kann mich dem auch nicht verschließen,niemand kann sich dem verschließen. Aber nochmal, die Anwohner s<strong>in</strong>d heute nicht zur Sprache gekommen, sies<strong>in</strong>d heute nur als ignorant bezeich<strong>net</strong> worden. Und waren Siedenn schon mal <strong>in</strong> diesen Straßen, haben Sie sich e<strong>in</strong> Bild davongemacht, wie die Leute <strong>in</strong> diesen Straßen leben und wie siean diesen Straßen hängen? Ich wurde dort geboren.Ich komme aus Kamerun, ich habe so e<strong>in</strong> Kolonialgymnsiumbesucht. Wir wissen selber, die Geschichte können wir nichtverwischen, wir müssen sie h<strong>in</strong>nehmen. Aber Sie habensche<strong>in</strong>bar vergessen, dass wir Afrikaner auch e<strong>in</strong>e Geschichtehaben. Sie haben unsere Geschichte abgewertet. Diese ungleicheBehandlung der Geschichte, ist auch e<strong>in</strong>e ungleicheBehandlung der Menschen und wir wissen genau, nach demallgeme<strong>in</strong>en Gleichbehandlungsgesetz ist e<strong>in</strong>e ungleiche Behandlungder Menschen heute nicht mehr zulässig.Ich b<strong>in</strong> Anwohner und ich habe vorh<strong>in</strong> versucht e<strong>in</strong>en Mit-Anwohnerzu f<strong>in</strong>den, ich glaube wir s<strong>in</strong>d klar <strong>in</strong> der M<strong>in</strong>derzahlheute. Ich habe vier Personen getroffen, die auch <strong>in</strong> diesen Straßenwohnen, ansonsten ke<strong>in</strong>en. Wenn ich <strong>in</strong> die Runde schaue,dann muss ich sagen, ich fühle mich irgendwo als Betroffener,nicht nur diejenigen, die dort massakriert wurden und so weiter.Geschichte, alles wunderbar, hatte ich auch <strong>in</strong> der Schule, ichkenne die Geschichte der Kolonialzeit, weil vor zehn JahrenHerr Podiuk und ich uns schon mal über das Thema beteiligen23


Ich b<strong>in</strong> Sozialarbeiter<strong>in</strong> und aktives Mitglied vom ArbeitskreisPanafrikanismus. Mich wundert wirklich mit welcher Taktlosigkeitmanche Politiker sich hier äußern und egoistischerweisee<strong>in</strong> bisschen Propaganda für die eigene Me<strong>in</strong>ung machen, ohnezu bedenken, dass hier <strong>in</strong> Deutschland sehr viele Menschenaus anderen Ländern wohnen, die tagtäglich auch dieseNamen lesen, wenn sie <strong>in</strong> diesen Straßen spazieren, diegenauso wie alle anderen Bürger hier auch arbeiten, Steuernzahlen und ihre K<strong>in</strong>der auch <strong>in</strong> die Schule schicken. Und siemüssen leider auch feststellen, dass die Geschichte <strong>in</strong> denGeschichtsbüchern immer noch von der weißen Perspektivegeschrieben wird. Ich b<strong>in</strong> selber mit e<strong>in</strong>em deutschen Mannverheiratet. Me<strong>in</strong>e K<strong>in</strong>der s<strong>in</strong>d auch Deutsche.Grüßgott, ich b<strong>in</strong> auch Anwohner von Waldtruder<strong>in</strong>g und wolltejetzt dem E<strong>in</strong>druck entgegenwirken, dass alle Waldtruder<strong>in</strong>gerdiese <strong>Straßennamen</strong>, so wie sie s<strong>in</strong>d, toll f<strong>in</strong>den. Es gibt auchsicherlich e<strong>in</strong>e ganze Reihe, die sich für e<strong>in</strong>e Umbenennungaussprechen. Wenn wir uns doch alle eigentlich e<strong>in</strong>ig s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>der Beurteilung der Geschichte, dass der Kolonialismus e<strong>in</strong>Verbrechen war – und ich hoffe doch sehr, dass es da überhauptke<strong>in</strong>e Zweifel gibt, auch nicht beim Herrn Podiuk. Ich b<strong>in</strong>davon überzeugt, wir wissen alle, dass das Verbrechen waren.Dann sollten wir vielleicht hier auch diskutieren, wie schaffenwir es, den natürlich auch betroffenen Truder<strong>in</strong>ger Bürgern dasauch zu vermitteln, mit denen auch darüber <strong>in</strong>s Gespräch zukommen. Denn was wir nicht wollen ist, dass die Straßenumbenennunge<strong>in</strong> totes D<strong>in</strong>g ist, wo nachher die Leute sagen, jetztmuss ich zum Kreisverwaltungsreferat, was soll der Blöds<strong>in</strong>n.Sondern wir wollen Nachdenken fördern, das wäre doch das,was wir erreichen müssen. Und da f<strong>in</strong>de ich, dass die CSU,die ja nun leider – oder je nach Ansicht vielleicht Gott sei Dank– die Mehrheitspartei dort ist, dazu positiv beitragen könnte,wie können wir den Leuten das dort vermitteln. Wenn wir unsdoch alle e<strong>in</strong>ig s<strong>in</strong>d, dass das Verbrechen s<strong>in</strong>d, dann könnenwir doch überlegen, wie kommen wir geme<strong>in</strong>sam <strong>in</strong> Diskussion.Ich b<strong>in</strong> Münchner. Ich glaube <strong>München</strong> hat viel Zugang bekommenund die Kultur von <strong>München</strong> ist nicht nur den Blutbayernzuzusprechen, sondern ich bezeichne mich als Münchnerund ich glaube, dass Nadja Ofuatey-Alazard genau gesagthat, dass man die Bewohner der Straße mitnehmen soll, mitziehensoll. Ich f<strong>in</strong>de sie sitzt hier <strong>in</strong> Tracht, sie muss nicht sagen,ich b<strong>in</strong> Deutsche, sie steht zu dem, was sie ist. Das freut mich,dass Deutschland, die deutsche Bevölkerung heute e<strong>in</strong>e andereIdentität hat als vor 200 Jahren, e<strong>in</strong>e multikulturellereIdentität. Und <strong>München</strong> noch mehr. Sie brauchen sich ke<strong>in</strong>eSorgen zu machen, diejenigen die hier zugezogen s<strong>in</strong>d, sies<strong>in</strong>d betroffen, sie s<strong>in</strong>d Deutsche, sie s<strong>in</strong>d Münchner und sies<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e Fremden. Das ist das e<strong>in</strong>e. Die Umbenennung iste<strong>in</strong> politischer Wille. Und Herr Podiuk, ich glaube mit der Zeitwird die CSU für die <strong>in</strong>ternationale Stadt <strong>München</strong> e<strong>in</strong> besseresMarket<strong>in</strong>g machen bei der Beibehaltung der Tradition.Wenn man e<strong>in</strong>e Straßenbenennung ändert, ist nicht die ganzeTradition von <strong>München</strong> und derjenigen die dort wohnen weg.Ich denke es ist e<strong>in</strong> politischer Wille und es ist die Frage, obdie CSU das will. Es freut mich, dass auch andere Bewohnerdieser Straßen, das so sehen. Und ich wünsche, dass ich michmit e<strong>in</strong>er Stadt identifizieren kann, die weltoffen ist.Ich wohne <strong>in</strong> Bogenhausen. Mir h<strong>in</strong>terlässt es den E<strong>in</strong>druck,als wenn diese Umbenennungen alle e<strong>in</strong> gewisses Tribut anden Zeitgeist oder an den Ma<strong>in</strong>stream s<strong>in</strong>d, der im Augenblickziemlich scharf l<strong>in</strong>ks steht. In Münster musste Paul von H<strong>in</strong>denburgdran glauben, <strong>in</strong> Wien vor kurzem Dr. Karl Lueger. Zu denUmbenennungen <strong>in</strong> Mitteldeutschland, ich habe nachgeschaut,es gibt noch 26 Clara-Zetk<strong>in</strong>-Straßen und die warziemlich gut mit Josef Stal<strong>in</strong> und auch der Ernst Thälmann istnoch sehr stark vertreten. Abschließend möchte ich sagen,lassen wir die Straßen doch so wie sie heißen, bauen wir <strong>in</strong><strong>München</strong> mehr Wohnungen, dann gibt es mehr neue Straßenund die kann man ja dann anders benennen. Danke.Ich b<strong>in</strong> Antirassismussprecher<strong>in</strong> im Arbeitskreis Panafrikanismus.Ich habe das Gefühl, dass <strong>in</strong> dieser Runde mit zweierleiMaßstab gemessen wird. Wenn ich mich auf Herrn Podiuk beziehe,frage ich mich, geht es hier um Familienpolitik oderWeltpolitik? Sie haben Herzog Ernst erwähnt, wir sprechen hiervon Kolonialismus als e<strong>in</strong>e weltpolitische Ideologie, die e<strong>in</strong>eeuropäische Historie hat. Des weiteren frage ich mich, ist derWille zu mehr Wissen überhaupt da. In den Schulbüchern hier<strong>in</strong> Deutschland wird Kolonialgeschichte mit e<strong>in</strong>em Satz abgehakt,wenn es um Afrika geht. Ich glaube das ist e<strong>in</strong> großes Tabu.Ich möchte noch e<strong>in</strong>en kurzen Bezug setzen zu Wissenund Gewissen. Ich frage mich manchmal, wo hier <strong>in</strong> Deutschlanddas Gewissen, was deutsche Kolonialgeschichte anbetrifft,vorhanden ist, wenn man noch nicht mal bereit ist, sichmit Kolonialgeschichte aus e<strong>in</strong>er anderen Perspektive, aus derPerspektive der Betroffenen ause<strong>in</strong>andezusetzen.24


Ich arbeite beim Pädagogischen Insitut und ich möchte nur malkurz wiedergeben wie ich so empf<strong>in</strong>de bei e<strong>in</strong>zelnen Stellungnahmen,die zum Teil auch sehr sympatisch waren, aber trotzdemauch Fragen aufgeworfen haben. Zum Beispiel der Kollegehier aus Truder<strong>in</strong>g, der für die Straßenumbenennung ist und darüberreflektiert hat, der dann aber den E<strong>in</strong>druck hatte, dass wiralle geme<strong>in</strong>sam der Me<strong>in</strong>ung s<strong>in</strong>d, dass Kolonialismus schlechtwar. Ich bezweifle das, weil ich nach wie vor, wie jetzt auch verschiedentlichgeäußert wurde, der Auffassung b<strong>in</strong> und die Befürchtunghabe, dass wir uns <strong>in</strong> unserer Gesellschaft viel zuwenig mit Kolonialismus beschäftigt haben. Genauso auch anden jungen Anwohner, der gesagt hat, er hat sich <strong>in</strong> der Schulesehr viel mit Kolonialismus beschäftigt. Ich selber b<strong>in</strong> im BereichSchule auch tätig und weiß, dass im Vergleich zu anderen europäischenLändern, die natürlich durch ihre Kolonialgeschichtenoch unter e<strong>in</strong>em stärkeren Druck standen diese Kolonialgeschichteaufzuarbeiten, dass da Deutschland weit h<strong>in</strong>ten dranist.Wenn man sagt Kolonialismus und Rassismus hängen zusammen,ich b<strong>in</strong> überzeugt davon, je mehr ich mich damit beschäftigthabe. Ich arbeite selber im Bereich Antirassismus, aber ichmuss sagen, vom strukturellen und von der Sozialisation her b<strong>in</strong>ich Rassist. Und ich muss das leider zugestehen. Ich möchte esnicht se<strong>in</strong>. Aber ich b<strong>in</strong> überzeugt, die Mehrheit hier im Raum istvon kolonialistischen und auch rassistischen Bildern, die nochimmer <strong>in</strong> den Köpfen s<strong>in</strong>d, weil sie nie aufgearbeitet wurden, immernoch <strong>in</strong>filtriert. Und es wird höchste Zeit, dass wir uns damitause<strong>in</strong>andersetzen. Das zieht sich bis <strong>in</strong> die Bilder, bis <strong>in</strong> dieWerbung, bis <strong>in</strong> die Sprache h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>. Und deswegen sage ich,ich b<strong>in</strong> Rassist. Ich b<strong>in</strong> es nicht gerne, ich wehre mich täglichdagegen und ich arbeite daran. Aber es ist schwierig zu sagen,man sei es nicht. In dem S<strong>in</strong>ne von rechtsradikal b<strong>in</strong> ich es sichernicht. Aber Kolonialismus und Rassismus haben e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>sameGeschichte, die es gilt aufzuarbeiten. Nachdem esheute viel auch um Wissen g<strong>in</strong>g und um Nicht-Wissen geht, umKolonialgeschichte und Unschlüssigkeiten darüber, was ist eigentlichunsere Kolonialgeschichte, würde ich wirklich e<strong>in</strong> Appellaufrufen, an alle Seiten, das <strong>in</strong> der Bildung stärker zu fokussieren.Und zum anderen ist es wichtig, Geschichte nicht nur als Geschichteder Vergangenheit zu sehen, sondern auch als Zeitgeschichtevon Menschen, die hier leben, die selber von Rassismusnach wie vor betroffen s<strong>in</strong>d. Jetzt nicht immer von gewaltbereitenrechten Schlägern, sondern von diesem Rassismus,der nicht aufgearbeitet wurde und der auch e<strong>in</strong>e Gewalt entfaltet,die K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er sehr vielfältigen Stadtgesellschaft, wie wires s<strong>in</strong>d, täglich belasten. Und deswegen ist es höchste Zeit,dass wir uns da dranmachen.25


CHRONIK KOLONIALER STRASSENNAMEN IN MÜNCHEN30. Oktober 1922Der Deutsche Städtetag leitet se<strong>in</strong>en Mitgliedsstädten e<strong>in</strong>e Anregungder Deutschen Kolonialgesellschaft weiter, „den Städtenzu empfehlen, geographische Namen aus den deutschenSchutzgebieten zur Benennung von Straßen und Plätzen zu verwerten.“3. September 1925Der Hauptausschuss im 28. Stadtbezirk beschließt folgendeStraßenbenennungen: Togostraße, Kamerunplatz, Dar-es-Salaam-Straße,Ts<strong>in</strong>gtaustraße, Sansibarplatz und Samoaplatz. Fürdie Gesamtabstimmung vermerkt das Protokoll gegen „4 Stimmender L<strong>in</strong>ken“. Diese Gegenstimmen waren vermutlich abgegebenworden, weil e<strong>in</strong> Antrag, e<strong>in</strong>e Straße nach demverstorbenen Reichspräsidenten Ebert zu benennen, ke<strong>in</strong>eMehrheit gefunden hatte. Die e<strong>in</strong>stimmigen Beschlüsse der folgendenJahre zu Straßenbenennungen mit <strong>koloniale</strong>m Bezugmachen deutlich, dass kolonialistische Haltungen sich ke<strong>in</strong>eswegsauf das bürgerlich-konservative Lager sowie das rechtsextremeSpektrum beschränkten, sondern <strong>in</strong> Abstufungen vonder überwiegenden Mehrheit der politischen Parteien vertretenwurden.7. Oktober 1932E<strong>in</strong>stimmiger Beschluss des Münchner Stadtrats zu folgenden<strong>Straßennamen</strong> mit <strong>koloniale</strong>m Bezug: W<strong>in</strong>dhuk-Straße, Dualastraße,Em<strong>in</strong>-Pascha-Straße, Lüderitzstraße, Wißmannstraße, Dom<strong>in</strong>ikstraße,Günther-Plüschow-Straße und Karl-Peters-Straße(die Em<strong>in</strong>-Pascha-Straße, die Wißmannstraße, die Lüderitzstraßeund die Dom<strong>in</strong>ikstraße waren schon 1931 auf e<strong>in</strong>er Vorschlaglis-26


te vom Stadtrat e<strong>in</strong>stimmig gebilligt worden). Begründet wurdediese Benennung mit der Er<strong>in</strong>nerung an die „geraubten“ ehemaligendeutschen Kolonien. In der Presse wurde diese Begründungbesonders hervorgehoben. Die Deutsche Kolonialgesellschaft/Abteilung<strong>München</strong> dankt dem Münchner Stadtratwenige Tage nach dem Beschluss <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Schreiben dafür, beiden Straßenumbenennungen „auch der deutschen Kolonien gedachtzu haben“.Juni 2000Auf Antrag des Bezirksausschusses Bogenhausen wird dieKarl-Peters-Straße <strong>in</strong> Ida-Pfeiffer-Straße umbenannt.22. Juni 1933Der Münchner Stadtrat beschließt <strong>in</strong> Folge der am 1. April 1932erfolgten E<strong>in</strong>geme<strong>in</strong>dung Truder<strong>in</strong>gs dort zahlreiche Straßenumzubenennen, um die durch die E<strong>in</strong>geme<strong>in</strong>dung im Stadtgebiete<strong>in</strong>getretenen Doppelbenennungen zu vermeiden. An derSitzung des zuständigen Hauptausschusses nehmen siebenStadträte teil, von denen vier der NSDAP, zwei der BVP und e<strong>in</strong>erdem deutsch-nationalen Kampfbund Schwarz-Weiß-Rot angehören.Der im Stadtrat ausdrücklich erwähnte Wunsch derKriegerschaft Deutscher Kolonialtruppen e.V., den Straßen <strong>in</strong> derNähe des Kolonial-Krieger-Waldheims <strong>in</strong> Waldtruder<strong>in</strong>g <strong>Straßennamen</strong>mit <strong>koloniale</strong>m Bezug zu geben, f<strong>in</strong>det Gehör: Durch e<strong>in</strong>eReihe von Straßenbenennungen nach deutschen Kolonialakteurensowie Orten ehemaliger deutscher Kolonien wird <strong>in</strong>Waldtruder<strong>in</strong>g e<strong>in</strong> „Kolonialviertel“ geschaffen. Bereits bestehende<strong>Straßennamen</strong> mit <strong>koloniale</strong>m Bezug <strong>in</strong> anderen Stadtbezirkenwerden hierfür nach Truder<strong>in</strong>g verlegt.1945 – 1950Im Zuge der „Entnazifizierung“ werden <strong>in</strong> <strong>München</strong> rund 200nach nationalsozialistischen Akteuren und Motiven benannteStraßen umbenannt. Auf Grund personeller und ideologischerÜberschneidungen betrifft diese „Entnazifizierung“ auch e<strong>in</strong>igeStraßen mit Kolonialbezug, u. a. wird die 1933 erfolgte Umbenennungdes Promenadeplatzes <strong>in</strong> Ritter-v.-Epp-Platz rückgängiggemacht. In Waldtruder<strong>in</strong>g werden am 14. Januar 1947 dieAdmiral-Hipper-Straße <strong>in</strong> Dresselstraße und die Maerckerstraße<strong>in</strong> Adelmannstraße umbenannt. Außerdem werden die Namenserläuterungender Iltis-, Möwe- und Niobestraße geändert, sodass sie sich nicht mehr auf Kanonenboote, sondern auf Tierebzw. Sagen bezogen s<strong>in</strong>d.22. Februar 1993In e<strong>in</strong>er Bürgermeisterbesprechung wird die Beibehaltung derVon-Trotha-Straße verbunden mit e<strong>in</strong>er Änderung der Namenserläuterungfestgelegt. Dort wird die Straße nicht mehr demGeneral Lothar von Trotha, sondern dem gesamten Adelsgeschlechtvon Trotha gewidmet.16. Juni 2003Auf Initiative von Siegfried Benker beantragt die Fraktion Bündnis90/Die Grünen – Rosa Liste im Stadtrat die „Entkolonialisierungder Münchner <strong>Straßennamen</strong>“. Dort heißt es: „Der Stadtratmöge beschließen: 1. Dem Stadtrat wird dargestellt, welcheMünchner <strong>Straßennamen</strong> <strong>in</strong> den zwanziger Jahren, vor allemaber nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten nachPersonen, Ereignissen und Orten aus der Geschichte der ehemaligenDeutschen Kolonien benannt s<strong>in</strong>d. Hier wird <strong>in</strong>sbesondereauf das sog. „Kolonialviertel“ <strong>in</strong> Truder<strong>in</strong>g Bezuggenommen. 2. Dem Stadtrat wird e<strong>in</strong> Vorschlag unterbreitet, wiemit diesem Kolonialerbe umgegangen werden soll. Dabei wirdaufgezeigt, welche <strong>Straßennamen</strong> aufgrund der Verbrechen dergenannten Persönlichkeiten bzw. der Bezugnahme auf Schauplätzevon Kolonialverbrechen auf alle Fälle umbenannt werdensollten, welche <strong>Straßennamen</strong> zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>er Ergänzung durche<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e erläuternde Tafel bedürfen und welche Bezeichnungenauch aus heutiger Sicht unproblematisch s<strong>in</strong>d. 3. Für dieumzubenennenden Straßen werden Vorschläge erarbeitet, diean die Opfer der deutschen Kolonialherrschaft er<strong>in</strong>nern.“24. Juli 2003Der Bezirksausschuss Truder<strong>in</strong>g-Riem spricht sich e<strong>in</strong>stimmigdagegen aus, „<strong>Straßennamen</strong> <strong>in</strong> Waldtruder<strong>in</strong>g, die Bezug zurKolonialzeit haben, umzubenennen.“ Mehrheitlich wird beschlossengegebenenfalls H<strong>in</strong>weisschilder anzubr<strong>in</strong>gen: „Sollten<strong>Straßennamen</strong> so problematisch se<strong>in</strong>, dass sie nichtunkommentiert gelassen werden können, sollte durch H<strong>in</strong>weisschilderund E<strong>in</strong>träge <strong>in</strong> das Stadtadressbuch e<strong>in</strong>e entsprechendeKlarstellung erfolgen.“25. September 2003Der Kommunalausschuss beauftragt das Stadtarchiv e<strong>in</strong> Gutachtenzur Sachlage zu verfassen sowie das Kommunalreferatauf Grundlage dieses Gutachtens Empfehlungen für erforderlicheMaßnahmen vorzulegen.27


1. September 2004Das vom Münchner Stadtrat <strong>in</strong> Auftrag gegebene Gutachtendes Münchner Stadtarchivs stellt zusammenfassend fest: „daßvor allem die Benennungen nach Trotha, Dom<strong>in</strong>ik, Gravenreuthund Wissmann problematisch s<strong>in</strong>d. Bei Trotha ist <strong>in</strong>zwischen dieamtliche Erläuterung dah<strong>in</strong>gehend geändert worden, daß die8. Dezember 2005Der Kommunalausschuss beschließt die Umbenennung derVon-Trotha-Straße. Gleichzeitig wird festgelegt, dass die fraglichen29 Straßen mit Kolonialbezug mit erläuternden Schildernversehen werden sollen. Die CSU Stadtratsfraktion stellt am 14.Dezember 2005 e<strong>in</strong>en Nachprüfungsanstrag zum Beschlussdes Kommunalausschuss vom 8. Dezember 2005.Benennung nach dem Adelsgeschlecht erfolgt. Doch ist dies imKontext des ‚Kolonialviertels’ ohne zusätzliches Erklärungsschildwohl nicht ausreichend. Bei topographischen Benennungen,<strong>in</strong>sbesondere bei denen nach Orten mit Kriegshandlungen, z.B.bei der Waterbergstraße, könnte man durch e<strong>in</strong>e geänderteamtliche Erläuterung das Gedenken an die Opfer zum Ausdruckbr<strong>in</strong>gen. E<strong>in</strong>e völlige Umbenennung der Straßen des Kolonialviertelsist abzulehnen.“Februar/März 2005Bei e<strong>in</strong>er Bürger_<strong>in</strong>nenbefragung werden <strong>in</strong>sgesamt 511 Eigentümer_<strong>in</strong>nenund Anwohner_<strong>in</strong>nen der Dom<strong>in</strong>ik-, Wißmann-, Von-Gravenreuth- und Von-Trotha-Straße befragt. 256 der befragtenAnwohner_<strong>in</strong>nen und Eigen-tümer_<strong>in</strong>nen antworten: 247 s<strong>in</strong>d gegene<strong>in</strong>e Umbenennung, 16 sprechen sich für e<strong>in</strong>e Umbenennungaus und 2 Personen enthalten sich. Darüberh<strong>in</strong>aus kommtes zu mehreren Unterschriftensammlungen von Anwohner_<strong>in</strong>nengegen e<strong>in</strong>e Umbenennung.April 2005Im Zuge e<strong>in</strong>er Postkartenaktion der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen– Rosa Liste mit der die Umbenennung der Von-Trotha-Straße,Dom<strong>in</strong>ikstraße, Wißmannstraße und Von-Gravenreuth-Straßeunterstützt werden kann, erreichen das Kommunalreferat-Vermessungsamt212 Postkarten, welche die Umbenennungen befürworten.Unabhängig von dieser Aktion erreichen außerdemzahlreiche Schreiben, e<strong>in</strong>ige mit angehängten Unterschriftenlisten,das Kommunalreferat-Vermessungsamt, die e<strong>in</strong>e Umbenennungder Kolonialstraßen fordern.Januar 2006Im Vorfeld der Proteste gegen die Nato-Sicherheitskonferenzkommt es zu wilden Umbenennungen <strong>in</strong> Truder<strong>in</strong>g. Die Waterbergstraßeund die Von-Trotha-Straße werden übermalt und <strong>in</strong>Morenga-Straße und Hererostraße umbenannt. E<strong>in</strong>e nicht näherbenannte Autonome Gruppe fordert <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Bekennerschreibenunter anderem die Aufarbeitung der deutschen Kolonialvergangenheit,die Umbenennung <strong>koloniale</strong>r <strong>Straßennamen</strong> sowiee<strong>in</strong>e Entschädigung der Opfer des deutschen Kolonialismus.25. Januar 2006Die Vollversammlung bestätigt den Beschluss zur Umbenennungder Von-Trotha-Straße und dass bei den anderen <strong>koloniale</strong>n<strong>Straßennamen</strong> die amtlichen Namenserläuterungen sogestaltet werden, "dass sie den heutigen Ansprüchen genügen,ohne den ursprüglichen Ehrungsgedanken zu verschleiern".20. Juli 2006Der Kommunalausschuss beschließt die die ehemalige Von-Trotha-Straße <strong>in</strong> Hererostraße umzubenennen. Die CSU stellte<strong>in</strong>en Nachprüfungsantrag.5. Oktober 2006Die Vollversammlung des Münchner Stadtrates bestätigt denBeschluss des Kommunalausschlusses zur Umbenennung derVon-Trotha-Straße <strong>in</strong> Hererostraße.11. Juli 2007Die Klage gegen den Stadtratsbeschluss, die sowohl von e<strong>in</strong>igenAnwohner_<strong>in</strong>nen als auch vom damaligen BezirksausschussvorsitzendenDr. Kronawitter (CSU) beim Verwaltungsgericht<strong>München</strong>, e<strong>in</strong>gereicht worden war, wird endgültigabgewiesen.9. November 2007Das Baureferat montiert die neuen Straßenschilder. Diese werdennoch e<strong>in</strong>ige Zeit beschädigt und beschmiert.28


14. Oktober 2008Der zuständige Bezirksausschuss Bogenhausen lehnt diesieben Erläuterungstafeln <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Stadtbezirk mehrheitlichmit folgender Begründung ab: “Wenn das Verhalten der <strong>in</strong>den <strong>Straßennamen</strong> geehrten Personen tatsächlich ke<strong>in</strong>e Ehrungzulässt, müsste konsequenterweise e<strong>in</strong>e Umbenennungder Straßen erfolgen bzw. überdacht werden.“12. Februar 2009In der Kommunalausschusssitzung des Stadtrates wird derBeschluss zur Anbr<strong>in</strong>gung von Erläuterungstafeln bestätigtund damit das Votum des Bezirksausschusses Bogenhausenüberstimmt.3. Oktober 2010Bundesweite Resolution post<strong>koloniale</strong>r und er<strong>in</strong>nerungskulturellerInitiativen, <strong>in</strong> der unter anderem gefordert wird Straßenmit <strong>koloniale</strong>m Bezug umzubenennen und die Gründe für dieUmbenennung sichtbar zu machen. Die zentrale Forderunglautet: „Wir, die Unterzeichnenden, fordern die Kommunenund Stadtbezirke, Städte, Landesregierungen und den DeutschenStädtetag dazu auf, die kritische Aufarbeitung des <strong>koloniale</strong>nErbes vor Ort und die Förderung e<strong>in</strong>er umfassendenpost<strong>koloniale</strong>n Er<strong>in</strong>nerungskultur als dr<strong>in</strong>gende öffentlicheAufgabe unserer Migrationsgesellschaft zu begreifen und tatkräftigzu unterstützen.“26. März 2012E<strong>in</strong>stimmiger Beschluss der Vollversammlung des Ausländerbeiratsder Landeshauptstadt <strong>München</strong> mit der Aufforderungan die Landeshauptstadt <strong>München</strong> die deutsche Kolonialgeschichteaufzuarbeiten und die <strong>koloniale</strong>n <strong>Straßennamen</strong> <strong>in</strong>den Stadtbezirken 13 und 15 umzubenennen.29


KOLONIALGESCHICHTE OFFENLEGENNeue Erläuterungstexte zu den Straßen mit <strong>koloniale</strong>m BezugBOGENHAUSENWißmannstraßeHermann von Wißmann (1853 – 1905), Afrikaforscher undFachschriftsteller, stellte e<strong>in</strong>e gefürchtete Söldnertruppe <strong>in</strong>der Kolonie Deutsch-Ostafrika auf, wo er 1895/96 Gouverneurwar.BennigsenstraßeRudolf von Bennigsen (1859 – 1911), Gouverneur der KolonieDeutsch-Neugu<strong>in</strong>ea (1899 – 1902), verantwortlich für sog.Strafexpeditionen gegen die e<strong>in</strong>heimische Bevölkerung.Dom<strong>in</strong>ikstraßeHans Dom<strong>in</strong>ik (1870 – 1910), als Offizier verantwortlich fürbrutale Unterdrückungsmaßnahmen und H<strong>in</strong>richtungen <strong>in</strong> derdeutschen Kolonie Kamerun.Em<strong>in</strong>-Pascha-StraßeEm<strong>in</strong> Pascha, eigentlich Eduard Schnitzer, (1840 - 1892), Arztund Afrikaforscher, bekämpfte im Sudan die Sklaverei.TRUDERINGLeutwe<strong>in</strong>straßeTheodor Leutwe<strong>in</strong> (1849 – 1921), ehem. Gouverneur vonDeutsch-Südwestafrika und Kommandeur der Schutztruppe,der diese Ämter beim Aufstand 1904 an General von Trothaabgeben musste. Begründer der deutschen Oberherrschaft<strong>in</strong> der Kolonie Deutsch-Südwestafrika.LüderitzstraßeFranz Adolf Eduard Lüderitz (1834 – 1886), Überseekaufmannund Forschungsreisender, erwarb 1883 die dann nachihm benannte Bucht von Angra Pequena <strong>in</strong> Südwestafrikaund begründete damit die Kolonie Deutsch-Südwestafrika. Inder Lüderitzbucht befand sich nach 1904 e<strong>in</strong> Internierungslagerfür gefangene Herero und Nama mit unmenschlichenHaftbed<strong>in</strong>gungen.Von-Erckert-StraßeFriedrich von Erckert (1869 – 1908), Hauptmann <strong>in</strong> der ehemaligenKolonie Deutsch-Südwestafrika, beteiligt an der Niederschlagungder Aufstände der Herero und Nama.Von-Gravenreuth-StraßeKarl von Gravenreuth (1858 – 1891), als Offizier an der Niederschlagungvon Aufständen <strong>in</strong> den Kolonien Deutsch-Ostafrikaund Kamerun beteiligt.Von-Heydebreck-StraßeJoachim von Heydebreck (1861 – 1914), Oberstleutnant, seit1907 <strong>in</strong> der Kolonie Deutsch-Südwestafrika, 1911 zum Kommandeurder Schutztruppe ernannt.Hererostraße – ehemalige Von-Trotha-StraßeHerero, südwestafrikanischer Volksstamm, dessen Aufstand1904 gegen die <strong>koloniale</strong> Fremdherrschaft des DeutschenReiches <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Vernichtungskrieg von den deutschen Kolonialtruppenunter General von Trotha untedrückt [sic!] wurde.RohlfsstraßeGerhard Rohlfs (1834 – 1886), Afrikaforscher. Ihm gelang1865 – 1867 die erste Durchquerung Afrikas <strong>in</strong> Nord-Süd-Richtung von Tripolis nach Lagos.AnechostraßeAnecho, Ort <strong>in</strong> der ehemaligen deutschen Kolonie Togo.Dar-es-Salaam-StraßeDar-es-Salaam, Hauptstadt der ehemaligen Kolonie Deutsch-Ostafrika.30


DualastraßeDuala, Hauptstadt der ehemaligen deutschen Kolonie Kamerun.Groß-Nabas-StraßeGroß-Nabas, 1905 fand bei Groß-Nabas <strong>in</strong> der KolonieDeutsch-Südwestafrika e<strong>in</strong> Gefecht gegen aufständische Nama-Stämmestatt.Kameruner StraßeKamerun, westafrikanischer Staat am Golf von Gu<strong>in</strong>ea, von1884 bis zum Ersten Weltkrieg deutsche Kolonie.KibostraßeKibo, Höchster Gipfel (5892 m) des Bergmassivs des Kilimandscharoim Nordosten der ehemaligen Kolonie Deutsch-Ostafrika.SamoastraßeSamoa-Inseln, Inselgruppe <strong>in</strong> der Südsee, von der e<strong>in</strong> Teil biszum Ersten Weltkrieg deutsche Kolonie war.T<strong>in</strong>gtauer StraßeTs<strong>in</strong>gtau, Hafenstadt der ehemaligen deutschen Kolonie Kiautschou<strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a.WaterbergstraßeWaterberg, am Waterberg (ehemalige Kolonie Deutsch-Südwestafrika)wurden 1904 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Vernichtungsfeldzug dieaufständischen Herero e<strong>in</strong>gekesselt, <strong>in</strong> die wasserlose WüsteOmaheke getrieben und dort dem Tod preisgegeben.W<strong>in</strong>dhuker StraßeW<strong>in</strong>dhuk, Hauptstadt der ehemaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika.AskaripfadAskari, Afrikanische Söldnertruppe <strong>in</strong> der ehemaligen KolonieDeutsch-Ostafrika.SansibarstraßeSansibar, Inselgruppe, durch Vertrag von 1890 erkannte dasDeutsche Reich das englische Protektorat über das SultanatSansibar an und erhielt dafür Helgoland.Swakopmunder StraßeSwakopmund, Küstenstadt <strong>in</strong> der ehemaligen KolonieDeutsch-Südwestafrika, wo sich nach der Niederschlagungdes Herero-Aufstands e<strong>in</strong> Internierungslager mit unmenschlichenHaftbed<strong>in</strong>gungen befand.IN DER DEBATTE UM KOLONIALE STRAS-SENNAMEN IN MÜNCHEN BISHER NICHTBEACHTETE STRASSENTaku-Fort-StraßeTaku-Fort, ch<strong>in</strong>esische Festung beim Dorf Taku südlich derPaiho-Mündung, (1858, 1860 und) 1900 von den verbündetenTruppen der europäischen Staaten während des Boxeraufstandse<strong>in</strong>genommen.TangastraßeTanga, die nördliche Hafenstadt der ehemaligen KolonieDeutsch-Ostafrika, bei der 1914 e<strong>in</strong>heimische Kolonialtruppenunter deutscher Leitung gegen englische Truppenkämpften.TogostraßeTogo, Westafrikanischer Staat am Golf von Gu<strong>in</strong>ea, von 1884bis zum Ersten Weltkrieg deutsche Kolonie.GröbenstraßeOtto Friedrich von der Gröben (1657-1728) war 1682/83 alsKommandant e<strong>in</strong>er Expedition maßgeblich an der Errichtungdes Forts „Groß-Friedrichsburg“ an der Küste des heutigenGhanas beteiligt. Über 30 Jahre diente sie als Stützpunkt zurVerschleppung von afrikanischen Männern, Frauen und K<strong>in</strong>dern<strong>in</strong> die Plantagensklaverei der amerikanischen Kolonien.Großfriedrichsburger StraßeGroß Friedrichsburg war e<strong>in</strong>e von 1683 bis 1717 bestehendekurbrandenburgische Kolonie an der Küste des heutigenGhanas. Über 30 Jahre diente sie als Stützpunkt zur Verschleppungvon afrikanischen Männern, Frauen und K<strong>in</strong>dern<strong>in</strong> die Plantagensklaverei der amerikanischen Kolonien.31


Reaktionen <strong>in</strong> der Presseauf den Beschluss des Ausländerbeirates„Der Ausländerbeirat der Landeshauptstadt hat unlängst unterFührung der Vorsitzenden Nükhet Kivran und TheodoraSismani e<strong>in</strong>en Beschluss gefasst, der die Stadt auffordert,neun Straßen und Plätze <strong>in</strong> Bogenhausen und Truder<strong>in</strong>g-Riemumzuwidmen. Straßen, die an Generäle, Afrikaforscher undSoldaten der Kolonialgeschichte er<strong>in</strong>nern. Doch auch Wege,die Orte benennen, an denen Massaker an den e<strong>in</strong>heimischenVölkern stattgefunden haben, sollen neue Namen erhalten:Darunter die Orte Groß-Nabas, Swakopmund,Taku-Fort.“ Süddeutsche Zeitung am 4. Juni 2012: Von Trothas Erbe.In Bogenhausen und Truder<strong>in</strong>g-Riem wird um Straßen mit den Namendeutscher Imperialisten gestritten, von Mart<strong>in</strong> Mühlfenzl,http://www.auslaenderbeirat-muenchen.de/besch/pdf/2012/12-09_erg.pdf [31.03.2013]„Lothar von Trotha hat se<strong>in</strong>e Straße bereits verloren. [...] Undgeht es nach dem Ausländerbeirat ist dies erst der Anfang.Das Gremium hat im März angeregt, weitere zwölf Straßenzügezu ‚entkolonialisieren’ [...]. Passiert ist seitdem nichts. DieEmpfehlung ruht beim Vermessungsamt.“ Süddeutsche Zeitungam 8./9. September 2012: Alte Taten, neue Namen, von Dom<strong>in</strong>ik Hutter.„Vertreter von Politik, Medien und Zivilgesellschaft diskutierendie Pro und Kontra der Umbenennung von Münchner Straßen,die nach Schauplätzen und Offizieren der deutschen Kolonialzeitbenannt wurden.“ Bogenhausener Anzeiger am 12.September 2012: Hilft e<strong>in</strong>e Umbenennung? Podiumsdiskussion zu<strong>koloniale</strong>n <strong>Straßennamen</strong>, http://www.wochenanzeiger.de/article/125203.html[31.03.2013]„Der Münchner Ausländerbeirat hat die Debatte über die Entkolonialisierungder Straßen <strong>in</strong> Truder<strong>in</strong>g und Bogenhausenwieder aufgerollt. [...] ‚Es ist mir unverständlich, dass derAusländerbeirat dieses Thema jetzt wieder aufgreift’, erzürntsich der Truder<strong>in</strong>ger Stadtrat Hans Podiuk.“ Hallo – AusgabeBogenhausen am 13. September 2012: Droht e<strong>in</strong>e Flut von Straßen-Umbenennungen? Ausländerbeirat: Neue Entkolonialisierungsdebatte<strong>in</strong> Bogenhausen und Truder<strong>in</strong>g„Bei e<strong>in</strong>er Podiumsdiskussion Ende September im MünchnerRathaus flammte e<strong>in</strong> alter Streit wieder auf. Es g<strong>in</strong>g um dieFrage, ob <strong>Straßennamen</strong>, die nach Schauplätzen und Offizierender deutschen Kolonialzeit benannt s<strong>in</strong>d, umbenannt werdenmüssen. <strong>München</strong>s Ausländerbeirat hatte letzten Märzbeantragt, dass zwölf Straßen <strong>in</strong> Bogenhausen und Waldtruder<strong>in</strong>g,die auf <strong>koloniale</strong> Kriegsverbrechen zurückgehen, umbenanntwerden.“ Bogenhausener Anzeiger am 9. Oktober 2012:E<strong>in</strong> Stück Namibia <strong>in</strong> <strong>München</strong>. Streit um „Kolonial“-<strong>Straßennamen</strong>flammt wieder auf, http://www.wochenanzeiger.de/article/126657.html[31.03.2013]32


ANHANGBILDNACHWEISUnveröffentlichte Quellen:Sammlung [<strong>muc</strong>] <strong>postkolonial</strong>:Zara Pfeiffer: S. 4, 10, 11, 12, 13, 14, 16, 18, 20, 22, 25, 26,27, 28, 29, 30, 31, 32, Titel, Umschlag h<strong>in</strong>ten;Ulrike L<strong>in</strong>dner: S. 19, 21, 23VERWENDETE QUELLEN UND LITERATURDoll<strong>in</strong>ger, Hans: Die Münchner <strong>Straßennamen</strong>, <strong>München</strong>:Südwestverlag, 2007.Benker, Siegfried: Dokumentation der Debatten umStraßenumbenennungen <strong>in</strong> <strong>München</strong> (Sammlung von Materialienzur Debatte).Gutachterliche Bewertung durch das Stadtarchiv <strong>München</strong>:Bauer, Richard: Zeitgeschichtlicher H<strong>in</strong>tergrund derStraßenbenennungen mit Kolonialnamen <strong>in</strong> <strong>München</strong>, 2004.Rühlemann, Mart<strong>in</strong>: Recherche zu Afrika <strong>in</strong> <strong>München</strong>, imAuftrag des Kulturreferats <strong>München</strong> 2012.L<strong>in</strong>dner, Ulrike: Das Kolonialviertel <strong>München</strong>-Truder<strong>in</strong>g, <strong>in</strong>:Heyden, Ulrich van der/Zeller, Joachim (Hg.): Kolonialismushierzulande. E<strong>in</strong>e Spurensuche <strong>in</strong> Deutschland, Erfurt: SuttonVerlag, 2008, S. 293-300.Nord Süd Forum <strong>München</strong> (Hg.): <strong>München</strong>s Kolonialviertel.Deutsche Kolonialgeschichte und die Ause<strong>in</strong>andersetzungum Münchner <strong>Straßennamen</strong>, Broschüre, aktualisierteAuflage, Mai 2012,http://www.nordsuedforum.de/nosforessourcen/doc/nosfo/strassennamen_aktualisierte_Auflage2012.pdf [26.12.2012]INTERNETSEITENhttp://www.auslaenderbeirat-muenchen.deAusländerbeirat der Landeshauptstadt <strong>München</strong>http://www.panafrikanismusforum.<strong>net</strong>Arbeitskreis Panafrikanismus <strong>München</strong>http://<strong>muc</strong>.<strong>postkolonial</strong>.<strong>net</strong>[<strong>muc</strong>] münchen <strong>postkolonial</strong>Stadtratsbeschlüsse, RIS - RatsInformationsSystem - Stadtrat,http://www.ris-muenchen.de/RII2/RII/ris_startseite.jsphttp://www.nordsuedforum.deNORD SÜD FORUM <strong>München</strong> e.V.Rühlemann, Mart<strong>in</strong>/Ruhland, Kathar<strong>in</strong>a: Straßen des<strong>koloniale</strong>n Terrors. <strong>München</strong>s Umgang mit se<strong>in</strong>em <strong>koloniale</strong>nErbe, <strong>in</strong>: Bayerisches Flüchtl<strong>in</strong>gsrat (Hg.): H<strong>in</strong>terland.Schwerpunkt: Ich weiß, was gut für dich ist, Nr. 20/2012, S.80-82. http://h<strong>in</strong>terlandmagaz<strong>in</strong>.de/pdf/H<strong>in</strong>terland20_kle<strong>in</strong>.pdf[26.12.2012]http://www.freedom-roads.defreedom roads! <strong>koloniale</strong> straßennamen /post<strong>koloniale</strong> er<strong>in</strong>nungskulturWagner, Peter: Waldtruder<strong>in</strong>g, <strong>in</strong>: Karl, Willibald (Hg.):Truder<strong>in</strong>g, Waldtruder<strong>in</strong>g, Riem. <strong>München</strong>s ferner Osten,<strong>München</strong>: Buchendorfer, 2000, S. 72-110.33

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