13.07.2015 Aufrufe

Hintergrundinformationen zum Kloster Lindow - Ruppin-Kult-Tour

Hintergrundinformationen zum Kloster Lindow - Ruppin-Kult-Tour

Hintergrundinformationen zum Kloster Lindow - Ruppin-Kult-Tour

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Ruppin</strong>-<strong>Kult</strong>-<strong>Tour</strong>:<strong>Lindow</strong> – <strong>Kloster</strong> - Kirche<strong>Lindow</strong><strong>Kloster</strong>ruine<strong>Lindow</strong> in der Mark liegt auf einer Landbrückezwischen drei Seen.Die bedeutsamste kulturhistorischeBesonderheit <strong>Lindow</strong>s istdie <strong>Kloster</strong>ruine.<strong>Lindow</strong> ist soreizend wie seinName. Zwischendrei Seen wächstes auf, und alteLinden nehmen esan mehr als einerStelle unter ihrenSchatten.So beschreibtTheodor Fontanein seinen Wanderungendurch dieMark Brandenburgdie Lage von<strong>Lindow</strong> im <strong>Ruppin</strong>erLand.Trotz Verfall bietet die Gesamtanlagedes <strong>Kloster</strong>s am Wutzsee1


einen malerischen Anblick.GiebelskizzevonTheodorFontaneTheodor Fontanesetzte dem <strong>Kloster</strong> inseinem Roman "DerStechlin" ein literarischesDenkmal. Erbeschreibt darin seineBegegnung mit einer<strong>Kloster</strong>-Domina Adelheid.<strong>Lindow</strong>und das<strong>Kloster</strong>Fontane soll sich des Öfteren in <strong>Lindow</strong> aufgehaltenhaben. Von ihm stammt diesesGedicht:Wie seh ich, <strong>Kloster</strong>see, dich gern!Die alten Eichen stehn von fernUnd flüstern, nickend, mit den Wellen.Und Gräberreihen auf und ab;des Sommerabends süße Ruh;umschwebt die halbzerfallnen Grüfte.Dabei hat auch Fontane nur die dicht überwucherteRuine der <strong>Kloster</strong>-Anlage gesehen.Das <strong>Kloster</strong> stellte für die damalige Zeit einenwichtigen Wirtschafts- und <strong>Kult</strong>urfaktordar, in dessen Schutz sich erste Ansiedelungenvon Handwerkern und Ackerbürgernvollzogen.Die träumerischeAtmosphäre des Ortesmuss seine Phantasiestark angeregt haben:Als komplettes Gebäudemit Bewohnerinnen,Garten undFriedhof ersteht das<strong>Kloster</strong> „Wutz“ imsiebenten Kapitelseines Romans „DerStechlin“ wieder auf.Das Städtchen <strong>Lindow</strong>wird sich also erstnach der <strong>Kloster</strong>gründungentwickelt haben.1220 Vermutet wird, dass <strong>Lindow</strong> zuerst von Slawenbesiedelt wurde. Die Stätte war für dieBesiedlung durch viel Wald und genügendWasser äußerst günstig.Um 1220 unterwarf Graf Gebhard I. vonArnstein das Gebiet östlich der <strong>Ruppin</strong>erSeenkette bis Gransee und Löwenberg seinerDer Name <strong>Lindow</strong>entstammt den anhaltinischenBesitzungendes Grafen von Arnstein,auch Graf von<strong>Lindow</strong> genannt. Lyndow- damit meinteman damals eine2


Herrschaft.Lindenaue.1230GründungDas <strong>Kloster</strong> wurde ca. 1230 gegründet.Es war vermutlich dem ZisterzienserordenangehörigEinige Indizien sprechen auch für die möglicheVerlegung eines älteren Konventes aus demThemnitzgebiet an diesen Standort.Es wurde vom Grafen Arnstein mit reichen Ländereienausgestattet, die es zu ihrem Hausklostermachten.Die Aufgabe des<strong>Kloster</strong>s bestandvor allem in derErziehung derweiblichen MitgliederadligerFamilien und,sofern jene ledigblieben, ihrerstandesgemäßenVersorgung.UrkundlicheErwähnungDie erste Erwähnung erfolgt im Jahr 1334 indirektin einer Verkaufsurkunde des <strong>Kloster</strong>s Marienpforte.Namentlich genannt wird dort„...Agnes, filia fratris sui, claustralisin Lyndow,...“, also die <strong>Lindow</strong>erNonne Agnes.In einer Neuruppiner Heberolle von 1365 wird einHof der Nonnen als "Curia dominarum in Lyndow"bezeichnet.GegenstanddieserUrkundeist einrechteinträglichesGeldgeschäftdes <strong>Kloster</strong>s:Als Aussteller der Urkunde bestätigt Graf Albrecht zu<strong>Lindow</strong> im Jahre 1436 die Vereignung der von der Ortschaft<strong>Lindow</strong> zu entrichtenden Urbede - jährlich 10 MarkSilber - an das <strong>Kloster</strong> durch Klaus von Quitzow, denalleinigen Lehnsträger.3


<strong>Kloster</strong><strong>Lindow</strong>einZisterzienserkloster?Das <strong>zum</strong> Bistum Havelberg gehörige <strong>Kloster</strong> warwahrscheinlich nach Art der Zisterzienser geordnet,vermutlich aber nicht offiziell in den Ordeninkorporiert.Es gibt weitere Hinweise, die diese These stützen.So finden sich bauliche Ähnlichkeiten <strong>zum</strong>Zisterzienserinnenkloster von Zehdenick. Dazukommt die Tatsache, dass sich das <strong>Kloster</strong> Zehdenick<strong>zum</strong>indest in seiner Stiftszeit nach dem30jährigen Krieg nach dem Vorbild <strong>Lindow</strong>s reglementierte.Ob die Gründungan Stelle einesheidnischen Tempelserfolgte,kann heute nichtmehr aus denQuellen ermitteltwerden.AufschwungBlütezeitMittedes 15.JahrhundertsIn seiner Blütezeit Mitte des 15. Jahrhundertsverfügte das <strong>Kloster</strong> mit einem Viertel des<strong>Ruppin</strong>er Landes über den größten Grundbesitz.Der Besitz umfasste 19 Dörfer. Auch die Ortschaft<strong>Lindow</strong> sowie Gudelacksee und Wutzseewaren sein Eigentum und ein Stadthof in Neuruppin.Zudem besaß das <strong>Kloster</strong> das Patronatüber 15 Mutter- und 6 Filialkirchen.Zum westlich des <strong>Kloster</strong>s liegenden Wirtschaftshofgehörten außerdem neun Wassermühlen,etliche Fischteiche und Seen bis hin <strong>zum</strong> Stechlin.Die alte Heringsmühle am Fließ zwischenVielitz- und Gudelacksee sowie die <strong>Kloster</strong>mühleam Wutzsee künden noch von dieser Epoche.Da zu den Pflichten die Erziehung der Töchterdes Hauses Amstein und weiterer adliger Familiender Region zählte, dürfte das <strong>Kloster</strong> zu manchenZeiten eine stattliche Anzahl von Bewohnerngehabt haben.Der umfängliche Besitz versorgte bis zu 36 Nonnen,Äbtissin und Propst sowie die Laieninsassen.Mehrere mit GeldgeschäftenbefassteUrkundendes 15. Jahrhundertsbelegen denWohlstand des<strong>Kloster</strong>s zu dieserZeit.Hinzu kamen fürden Schutz unddie Bewirtschaftungder <strong>Kloster</strong>hauptmannmitden <strong>Kloster</strong>knechtenund eine stetsvariable Laienbruderschaft(Conversen).4


Mit dem Aussterben der <strong>Lindow</strong>er Grafen, dergroßzügigen Gönner des <strong>Kloster</strong>s, 1524, ging dieHerrschaft <strong>Ruppin</strong> an den Kurfürst der MarkBrandenburg, Joachim I. Noch 1530 bestätigtedieser den gesamten <strong>Kloster</strong>besitz. Doch dannbekannte sich sein Sohn und Nachfolger, JoachimII., zur evangelischen Lehre und nahm im Zugeseiner neuen Kirchenordnung die Säkularisierungdes geistlichen Besitzes vor.<strong>Kloster</strong>gebäudeum 1250Osten:KonventsgebäudeSüden:WirtschaftsgebäudeSchulgebäudeNorden:KircheWesten:Trakt der LaienschwesternMitte:umlaufenderKreuzgangKonventsgebäudeEs handelt sich um das östlich gelegene langgestreckterechteckige Gebäude, das mit der größerenHälfte seines Nordgiebels an die schonvorher vorhandene Kirche angebaut wurde.Seine innere Breite beträgt 9,3m und die Länge50 m. Der massive Feldsteinbau entstand im 13.Jahrhundert als eines der ersten <strong>Kloster</strong>gebäude.Nordwärts lag der Versammlungsraum (Kapitel).Das Obergeschoß wird wohl <strong>zum</strong> größten Teil derSchlafsaal (Dormitorium) für die 35 Nonnen eingenommenhaben.Der Bau ist im Süden ca. 15m unterkellert, dreiKellerfenster finden sich an der Ostseite, einZugang im Westteil des Südgiebels.Für den dominierendenEindrucksorgt die Ruinedes einstigenKonventsgebäudes,desOstflügels derKlausur.Kirche, Kreuzgangund die anderenKlausurflügel sindbis auf zeitweiligdurch Grabungenfreigelegte, jedochweitgehendwieder überwucherteFundamentreste,verschwunden.5


KonventsgebäudeNordflügelSüdflügelEin Kaminrest findet sich im Bereich des Kapitelsaales,etwa auf halber Länge des einstigenKreuzgangs, so dass dieser neben der Kirchebedeutendste Bereich des <strong>Kloster</strong>s wahrscheinlichmit einer Heizung ausgestattet war.Die Abmessungendes innerenQuadrats derKlausur betragenca. 32m x 32m,was nahezu identischmit denMaßen des Zehdenicker<strong>Kloster</strong>sist. Der umlaufendeKreuzganghatte eine Breitevon 2,7m und diePosition der Strebepfeilerfundamentedeutet aufquadratischeKreuzganggewölbe.Kreuzrippenund Schildbögendes eingewölbtenErdgeschoßeswaren aus Backstein.Von denmittleren Stützender Gewölbe istkein Rest mehrerhalten.6


<strong>Kloster</strong>SchuleScheuneIm Nordteil, hier bis an die Kirche heranreichend,befanden sich Sakristei und Kapitelsaal.Im Obergeschoß führte eine Tür in der Westwandnahe am Nordende des Dormitoriums möglicherweiseauf die Nonnenempore in der Kirche. Zwischenden Fenstern finden sich ausgesparte Nischen,die den Nonnen als Schränke gedienthaben könnten. Die Übergänge zwischen Feldsteinund Backstein waren ursprünglich nicht zusehen, da bemalter Putz die gesamte Oberflächebedeckte. Dieser war im unteren Abschnitt gequadert,weiter oben durch Bogenfriese und Rosettenausgeschmückt (Abb.). Farbreste deutenauf eine rote und weiße Bemalung.Das Gebäude ist heute Ruine.SüdflügelDieser Bereich ist nach Ausgrabungen, die hierjedoch durch den schützenswerten Baumbestandstark behindert wurden, immerhin an Hand derGrundmauern nachweisbar.Die Funktion dieses der Kirche gegenüber liegendenFlügels wird wohl aus Küche und Refektoriumim Erdgeschoß, Kleiderkammern (vestiaria)und Schneiderstuben im Obergeschoß bestandenhaben. Es konnte noch nicht geklärt werden, obdie starke Schwärzung hier gefundener Ziegeldiese als Teil des Herdbereiches ausweisen odervon der Brandkatastrophe des Jahres 1638 herrühren.Vom Klausurbereichebenso wievon den Wirtschaftsgebäudendes <strong>Kloster</strong>s istnur sehr wenigerhalten.WestflügelTrakt der LaienschwesternAnders als beimSüdflügel ermöglichendie Grabungenhier dieAngabe der innerenBreite deseinstigen Gebäudes(von 7,5 m)Die Schule liegt südlich der Klausur und ist e-benfalls aus unregelmäßigen Findlingen erbautworden. Fenster- und Türrahmen sind geziegelt.7


KircheFriedhofUm 1800 wurde das Gebäude durch das ostwärtsanschließende sogenannte Konventualinnenhausergänzt, dessen Baumaterial z.T. aus deneingestürzten Resten der Kirche zu bestehenscheint. Nach Lage und Beleuchtung als ehemaligesSchulgebäude denkbar, vielleicht aber auchals Gästehaus des <strong>Kloster</strong>s, wurde es bis <strong>zum</strong>Zweiten Weltkrieg als Pförtnerwohnung genutzt.Kirchenreste (Nordflügel)Die Kirche war einschiffig und ziegelgedeckt, dieAusgrabungen von 1934-36 stützen die Vermutungeines eingezogenen geraden Chors (s. a.<strong>Kloster</strong> Zehdenick). Die ergrabenen Mauerresteergeben für ihre Länge 37m bei einer Langhausbreitevon 11,5m. Der märkische Chronist Bratringfindet 1799 nur noch das Fundament undden östlichen Giebel, welcher einsturzgefährdetwar.Dem aufmerksamen Besucher wird sich beimGang durch das alte Friedhofsgelände ein kleinesStück der Geschichte des <strong>Kloster</strong>s offenbaren,die durch die verwitterten Grabsteine dokumentiertwird. Von den wuchtigen mittelalterlichenDie Scheune istdas einzige erhalteneWirtschaftsgebäude,imNord-Westen,außerhalb dervormaligen <strong>Kloster</strong>mauergelegen.Die Scheuneist bereits in einerfrühen Bauphasedes <strong>Kloster</strong>s entstanden.Grabplatten, die oft Symbole der Vergänglichkeitwie Sanduhr oder Mohnkapsel tragen, bis zubarocken und klassizistischen Formen und letztendlichden gußeisernen Grabkreuzen aus derKöniglichen Eisengießerei zu Berlin, einige vonSchinkel entworfen, reichen die Gestaltungsbeispiele.Die "Rangordnung",die schonFontane beschrieb,fällt auchheute noch auf.Die Stätten fürdie Diakonissen,die Pfarrer undkirchlichen Angehörigenliegenetwas weiter seitlich.8


Der parkähnlicheFriedhof mit imposantemBaumbestand,schlichtenund pompösen,gepflegtenund ungepflegtenGräbern lädt zurBesinnung ein.Die Grabstellenpräsentieren sichin schöner sozialerRangordnung:Erst kommen dieadligen Stiftsdamen,dannDienstleute undBeamte.LebenderNonnenDas Leben der Nonnen in der Blütezeit im 16.Jahrhundert war keineswegs ein beschaulichesLeben mit Studium und vollen Weinkellern. Vielmehrwar der Tagesablauf äußerst streng geregeltund begann schon nächtens, zwei Stundennach Mitternacht mit einem Gottesdienst.Nachdem der Konvent mit der Äbtissin im gemeinsamenSchlafsaal (Zellen kamen erst vielspäter auf) mit Glockenzeichen geweckt wurde,ging es ohne Mahlzeit in die Kirche. Bis <strong>zum</strong> Morgengrauenergab man sich Andachtsübungen,den Vigilien, die Gesänge wie auch Vorlesungeneinschlossen.7 Tagesgottesdienste:Mette 5 UhrPrim 6 UhrTerz 9 UhrSext 12 UhrNon 15 UhrVesper (vor Sonnenuntergang)Komplet (vorNachtruhe)Insgesamt galt die Regel, sowenig wie möglichvon der Rede Gebrauch zu machen; liturgischeHandlungen ausgenommen. Im Schlafsaal undbei der Speisung war das Gespräch direkt verpöntund wurde dementsprechend bei Verstoßgeahndet. Die Aufnahme für ein Probejahr <strong>zum</strong>Noviziat belief sich auf mehrere Tage.9


Statutennach derReformationundnachdem30jährigen KriegSpäter wurden die Statuten gelockert, wie der Dokumentauszug beweist:täglich gab es nun nur noch eine Betstunde.Hierarchiedes<strong>Kloster</strong>lebensDie Leitung eines <strong>Kloster</strong>s nahm die Äbtissinein, die wenigstens ein Alter von 30 Jahren,tadellosen Lebenswandel und schon Amtserfahrungmitbringen musste. Die erste Äbtissinhieß Agnes (um 1423).Die Wahl erfolgte aus dem Konvent heraus. Sieübte die Ordensdisziplin aus und besetzte dieeinzelnen Ämter.Der Vertreterin, der Priorin, als Vorsteherindes Konvents, oblag die Aufsichtspflicht überdie verschiedenen Ämter, <strong>zum</strong> Beispiel das derKantorin (Musik, Bibliothek). Auch regelte siezusammen mit der Kellermeisterin wohl diewirtschaftlichen Strukturen über den Probst,der gewissermaßen als Bindeglied mit der Außenweltgalt.Als <strong>Kloster</strong>beamter genoss der Probst beträchtlichesAnsehen, musste er neben denkirchlichen Pflichten vor allem die weltlichenInteressen des <strong>Kloster</strong>s vertreten, den <strong>Kloster</strong>besitzverwalten, Geldgeschäfte tätigen usw.Küsterin - Aufbewahrungund Reinigungder kirchlichenGeräte und die Pflegeder KircheNovizenmeisterin–Betreuung der Neuzugänge,sicherauch Unterrichtungder adligen TöchterKellermeisterin –fungierte im wirtschaftlichenBereichSchneidermeisterinSiechenmeisterin-Sorge um die Krankenund SterbendenPförtnerin - Zugangzur Außenwelt10


ReformationReformationDer entscheidendeAnstoß ging von MartinLuther (1483-1546) aus, der mitdem Anschlag seiner95 Thesen an derWittenberger Schlosskircheam 31. Oktober1517 zur Diskussionüber die Missstände(Kritik an der weltlichenHerrschaft unddem Finanzgebarenvon Papst und Kirche)in der Kirche anregenwollte.Um das Jahr 1570hatte sich die Reformationschon erheblichausgebreitet.Brandenburg, Preußen,Schlesien, Sachsenund Dänemarkwaren fast vollständigeAnhänger der lutherischenReformation.NiedergangNachdem die Linie derer von Amstein 1524ausstarb, fiel die Herrschaft an den Kurfürstenvon Brandenburg zurück.Doch dann machte die Reformation auchvor diesem <strong>Kloster</strong>tor nicht halt. Im Zuge derSäkularisation des Kirchenbesitzes wurdendie Güter in kurfürstliche Domänen umgewandelt,das <strong>Kloster</strong> selbst wurde ein adligesFräuleinstift.Der Konvent blieb bestehen, allerdings mitdem Unterschied, dass statt der Äbtissinjetzt die Domina den Vorsitz hatte.Die Zahl der Stiftsinsassinnen verringertesich infolge der schlechteren Bedingungenrapide. Sie waren nun auf die Naturaleinkünfteangewiesen, die das kurfürstliche Amt<strong>Lindow</strong> bemaß.Im Laufe der Zeit war das <strong>Kloster</strong> aus wirtschaftlicherNot gezwungen, Stück für Stückdes verbliebenen Eigentums zu verkaufen, soden Waisenhof, die Untergerichtsbarkeit,auch das "Freihaus" in der <strong>Kloster</strong>straße zuNeuruppin.Säkularisierung bedeutet die „Einziehung und Nutzungkirchlichen Eigentums durch weltliche Gewalten“ undReformation die „Erneuerung der Kirche“.Das Ende des <strong>Lindow</strong>er <strong>Kloster</strong>s ließ dannauch nicht mehr lange auf sich warten. ImJahre 1541 wurde es von der das Land bereisendenkurfürstlichen Visitationskommissionunter der Leitung des Kanzlers JohannWeinlöben aufgesucht. Der unmittelbareVerlauf der dabei erfolgten Neuregulierungist nur spärlich überliefert, denn es fehlenEinkommensregister und Visitationsabschied.Klar ist, dass dem <strong>Kloster</strong> die Weiterexistenzals Fräuleinstift gewährt wurde, zunächstsogar unter Beibehaltung der bisherigen<strong>Kloster</strong>einkünfte.Nach dem Tode des letzten Propstes 1542erfolgte jedoch der endgültige Einzug der<strong>Kloster</strong>güter in die kurfürstliche Domänenverwaltungund Kurfürst Joachim II. verpfändetedie Güter für 8.000 Gulden an seinenGläubiger Hans von Arnim.Dieser scheint dieInsassinnen knappgehalten zu haben,denn 1551 wurdeschließlich nach Eingangeiniger diesbezüglicherBeschwerdenbeim Kurfürsteneine vertragliche Regelungihrer Bezügevorgenommen. Zudieser Zeit war dasimmer noch so bezeichnete<strong>Kloster</strong>bereits auf 16 Konventualinnengeschrumpft.11


30 jährigerKrieg30 jährigerKrieg(1618-1648)18.10.1638 ZerstörungendurchBrandschatzungDen endgültigen Niedergang erlebt das <strong>Kloster</strong> inden Wirren des Dreißigjährigen Krieges.Söldnerhorden zogen auch mehrfach durch dieStadt <strong>Lindow</strong>, und deren Einwohnerzahl verringertesich von rund 850 auf knapp 50.Die größte Zerstörung der <strong>Kloster</strong>gebäudeerfolgte am 18.10.1638 durch die kaiserlichenTruppen des Feldmarschalls Gallas, deren zeitgenössischeSchilderung in den Annalen sobeschrieben ist.1638 ist daß verderbliche totalische krieg,so diese lande vor andern mitgetroffen, eingefallen,welcher dermaßen deßelbe mitgenommen,daß dabey mit eingefallendenzweymahl große peste-anno 1632- undkummer, und daß durch den generall Gallaschentruppen 1638 daß closter Lindau jahrin brant gerahten und <strong>zum</strong> totalen ruin gedien,alwo unser hiesige schöne kirche mitallen gebäuden im brant verlohren. Den andernsontag nach Trinitatis (Juni 3) seindtdie fräuleins aus den kloster gezogen. Den19. October ist Lindau abgebrannt, einensteinhauffen geworden.Vom <strong>Kloster</strong> bliebnicht viel übrig. DieDomina Anne vonGülen und dieStiftsdame AnnaKatharina von Döbnitzmussten 1639die Stätte verlassen.Mit der Zerstörungdes <strong>Kloster</strong>s währenddes 30jährigenKrieges ist auchsein Archiv verbrannt.Eine Auflistungdes Jahres1727 verweist auf 6erhaltene Originalurkunden,von denen5 auch heutenoch vorhandenund im Druck erschienensind, die6. immerhin inhaltlichrekonstruierbarist. Darüber hinaushaben sich nocheinige weitere UrkundenunterschiedlicherProvenienzangefunden,alle derzeit imBrandenburgischenLandeshauptarchivbefindlich.Das <strong>Ruppin</strong>er Land wurde zu einer menschen- und siedlungsleerenWüste an. Nach Berichten plünderten die Soldaten an einem Tage12


Wiederaufbaunachdem30jährigen KriegRundgangdurchdie <strong>Kloster</strong>anlageheuteallein 28 Dörfer.Mehrere Dominas versuchten ab 1644 notdürftigeinige Wohnungen wieder herzustellen, doch zueinstiger Blüte kam es nicht mehr.Unter sehr schwierigen Bedingungen versuchtenzunächst noch etwa ein Dutzend Stiftsinsassinnenihren Lebensstil aufrecht zu erhalten, obwohlsich diese Zahl nicht lange halten ließ.Im 19 Jahrhundert war der Kreis bis auf 4 Konventualinnenund die Domina geschrumpft. Ersteine Verbesserung der finanziellen Situation inden letzten Jahrzehnten vor der endgültigenAuflösung 1945 ermöglichte eine neuerliche Erweiterungauf 11 Stiftsstellen.1945 wurde das Landesherrliche Fräuleinstift in"Evangelisches Stift <strong>Kloster</strong> <strong>Lindow</strong>" umbenanntund barg dann in seinen Mauern das Altenpflegeheimsowie Wohnungen für kirchliche Mitarbeiter.Die <strong>Kloster</strong>mühle, eine ehemalige Wassermühle,jetzt auf elektrischen Betrieb umgerüstet,arbeitet noch heute.Die prägende Silhouette des alten <strong>Kloster</strong>s istnoch jetzt der südliche Spitzgiebel des sogenanntenKonventsgebäudes aus behauenen Feldsteinen,in dem eines der ursprünglichen Spitzbogenfensternoch erhalten ist.Der Nordgiebel weist eine hohe Spitzbogenöffnungmit Resten von Backsteinmaßwerk auf.Die <strong>Kloster</strong>schule ist der aus der ursprünglichen<strong>Kloster</strong>zeit relativ besterhaltene Bau mit mittelalterlichenGiebeln und der Rückfront aus trutzigenFeldsteinen.Daran schließt sich das im klassizistischen Stil1800-1801 erbaute Konventualinnenhaus mitAnbau an.Das Dominatsgebäude, ein schlichter zweiflügeligerBau, die ehemalige Wohnung der Domina.Es wurde anstelle des alten mittelalterlichenHauses von der Domina Ilse von Rochow 1752aus eigenen Mitteln neu errichtet und im 19.Auch für denWiederaufbau von<strong>Lindow</strong> wird vielBaumaterial ausdem <strong>Kloster</strong> verwendetwordensein.Darüber hinauswurden 1650Teile des Ziegelmaterialsfür denBau des SchlossesOranienburg freigegeben(es findetsich die Zahlvon 10.000 Steinen)sowie 1651nach Schwerinverschenkt.Rechts am Uferdes Sees ducktsich ein kleinerFachwerkbau.Dort soll früherein Brauhausgestanden haben;im Gegensatz<strong>zum</strong> SüdenDeutschlandshaben die <strong>Kloster</strong>leutedes Nordensdas übliche Biergebraut. DieStadt <strong>Lindow</strong> wirdhiervon sicherprofitiert haben,entwickelten sichdoch im 16. JahrhundertetlicheBrauhöfe mitAusschank. Dasjetzige restaurierteGebäude dientelange Zeit als13


Jahrhundert nochmals verändert.Waschhaus.Einmal im Jahr wirddie Ruine für einSommerkonzert geöffnet.DieschöneNonneDie Sage erzählt, dass im <strong>Kloster</strong> eine junge hübscheNonne lebte. Sie war von ihrem Vater gegen ihrenWillen hier untergebracht worden. Er war dahintergekommen, dass seine schöne Tochter einem Mannein Liebe zugetan war, der dem niederen Stande angehörte.Da sie sein Verbot, von dem Manne zu lassen,immer wieder übertrat, schickte er sie ins <strong>Kloster</strong>.Besonders des Nachts soll sie immer wieder lautgeweint und gefleht haben. Alles Barmen aber konnteden Vater nicht erweichen.Man weißaber nicht,wo beidegebliebensind. Währenddie einensagen,sie seien imWutzsee ertrunken,behauptendieanderen,beide seienüber denSumpf glücklicherweiseentkommen.An der Stelle,wo beide überdie Mauergestiegensind, ist esbis auf denheutigen Tagnicht geheu-14


er. In derMitternachtsstundehörtman es hieroft scharrenund kratzen,auch unverständlichemenschlicheLaute mischensichdazwischen.Kaum war sie einige Wochen im <strong>Kloster</strong>, da fandeneines Morgens die anderen Nonnen ihre Zelle leer.Wo man auch suchte, die schöne junge Nonne warnicht zu finden. Man suchte den Garten und auch die<strong>Kloster</strong>mauer ab, und hier entdeckte man an demabgebröckelten Gestein, dass sie in der Nacht, alsalles im <strong>Kloster</strong> schlief, entführt worden war, undbald wusste man auch, dass der Entführer ihr Geliebterwar.Kirche in<strong>Lindow</strong>Ende 17.Jhdt.Am Platze der heutigen Kirchestand seit 1457 als Stadtkircheeine Feldsteinkirche mit hölzernemTurm. Die Hauptgottesdienstewurden indes in der<strong>Kloster</strong>kirche bis zu deren Zerstörung1638 abgehalten.<strong>Lindow</strong> zeigte im ausgehenden 17.Jahrhundert große kirchliche Gegensätze,da auf Geheiß des Kurfürstensich in diesem LandstrichReformisten ansiedelten (1685-91). Damals wechselten sich immerzwei Bürgermeister der jeweiligenKonfession jährlich im Amteab. Auch gab es mit dem evangelischenund reformierten Pastorzwei Pfarrhäuser und Schulen.Die ehemalige reformierte Kirchestand hinter dem jetzigen Rat-15


haus, mußte aber wegen Baufalligkeit1840 geschlossen werden;sie wurde abgerissen.Reformierte und lutherische Gemeindeteilten sich seit der Zeitsogar die Stadtkirche.Die heutige barocke Stadtkirche- 1755 auf den Trümmern deram 28. Mai 1746 abgebranntenKirche gebaut - gehört zu denschönsten in Brandenburg.1746Feuersbrunst1755erbautEine verheerende Feuersbrunst legte 1746 fast diegesamte Stadt und die Kirche in Schutt und Asche.Mit Unterstützung des Königs und der umliegendenDörfer konnte die jetzige Kirche von 1751 bis 1755errichtet werden. An der Ostseite befindet sich zurStraßenseite der mit quadratischem Grundriß konzipierteTurm, leicht schief <strong>zum</strong> Schiff stehend.Die Kirche ist ein stilreiner Barockbau. Sie weist zweiBesonderheiten auf: Der Kirchturm ist nach Ostenausgerichtet, die Kanzel befindet sich in der Mitte desKirchenschiffs.An der Kanzel befindet sich eine Sanduhr mit 4 Glasgehäusen.Zur Zeit Friedrich des Großen (1712-1786) sollte damit die Dauer der Predigt eingeschränktwerden.Der Turmmusste aufgrunddesBaugrundesgegen Ostenerrichtet werden.Die zweiGlasfensterzeigen „Golgatha“unddie „Die AuferstehungChristi“, ursprünglicheinGeschenkeines Ehepaares,erstmals1898 eingebaut,1969ausgebautund fast vergessen;2002in einer Garagegefunden,2006 wiedereingebaut.16


Die ersteOrgel wurdevon einemNeuruppinerOrgelbauereingebaut,die jetzigeOrgel bauteder BaumeisterSauer1900 ausFrankfurt/Oderein.Das Innere der Stadtkirche wurde 1960 stilvoll restauriert.Die Kirche hatden großenStadtbrand1803 überstanden.Die flache Holzdecke stammt von 1838. Der großeRaum wird an drei Seiten durch die schwungvollendoppelten Emporen betont, die auf toskanischenSäulen ruhen. Der wuchtige barocke Kanzelaltar mitdrapiertem Schalldeckel fand seinen Platz in der Mitteder vierten Seite. Der Orgelaufbau an der Turmseiteim Rokokostil mit musizierenden Engeln vervollständigtden imposanten Raumeindruck. An der unterenEmpore hängt das barocke Ölgemälde "Christus undMaria Magdalena". Die achteckige Holztaufe in derMitte des Raumes ist eine Arbeit um 1751; die Messingtaufschüsselmit besagtem Adam und Evamotiv17


aus dem 16. Jahrhundert.WutzseeDer Wutzseegehört zu denklarsten GewässernBrandenburgs.Motorbootedürfendarauf nichtfahren. Teiledes Wutzseesstehen unterNaturschutz.Der See gehört <strong>zum</strong> Naturpark Stechlin-<strong>Ruppin</strong>erLand.Der etwa 96 ha umfassende Wutzsee ist ca. 3 kmlang und 300 m breit. Seine maximale Tiefe beträgt21 m und er verfügt über eine gute Wasserqualität.Am Südufer sind zwei Badestellen.Der See ist umgeben von einem gut ausgeschilderten7,5 km langen Wanderweg, der sich <strong>zum</strong> größten Teilca. 5 m über dem Wasserniveau befindet. Eine Wanderungum den See dauert 2–3 Stunden; der Wegwird von vielen Sitzbänken gesäumt.Segway-<strong>Tour</strong>Die <strong>Tour</strong> beginnt im Stadtpark, miteiner ca. 30 min Einführung in dieTechnik des Segway-Fahrens.Danach führt die <strong>Tour</strong> <strong>zum</strong> <strong>Kloster</strong><strong>Lindow</strong>.Nach dem <strong>Kloster</strong>gelände geht esdurch das <strong>Kloster</strong>luch, einem geschütztenFeuchtbiotop weiter.Der Weg führt fast bis zur „Liebesinsel“unterhalb des SportDer Rückweg führt – wenn dieZeit noch reicht – über denMarktplatz in <strong>Lindow</strong> bis <strong>zum</strong>Ufer des Gudelacksees und zurückzur Kirche am Stadtpark.18


und Bildungszentrums <strong>Lindow</strong>.Danach führt der Weg zurück am<strong>Kloster</strong> vorbei <strong>zum</strong> "GroßenHechtbogen" und auf den Höhendes Südufers zur "Elefantenbucht".Durchden dichten Mischwaldsieht man das Wasser desSees zu jeder Jahreszeit romantischblinken.Weitere Informationenunterwww.ruppinkult-tour.deQuellen: u.a. www.multi-media-point.de/www-zister/lindow.htmwww.wissen.de/wde/generator/wissen/ressorts/geschichte/epochen/Neuzeit/index,page=1086814.html19

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!