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Hochschule 21Stahlbetonbau (MAB3)12. GebrauchstauglichkeitProf. Dr.-Ing. J. Göttsche Seite 12.112 Gebrauchstauglichkeit12.1 AllgemeinesIm Nachfolgenden werden rechnerische Nachweise behandelt, mit denen eine ordnungsgemäße Nutzung,das Erscheinungsbild und die Dauerhaftigkeit des Tragwerks sichergestellt werden sollen. Diesewerden als Nachweise im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit (GZG) bezeichnet, mit denen dasVerhalten der Bauteile unter den real auftretenden Einwirkungen während der Nutzung erfasst wird.Sie umfassen:• den Nachweis der Spannungsbegrenzung im Beton, Betonstahl und Spannstahl• den Nachweis der Verformungsbegrenzung• den Nachweis der Rissbreitenbegrenzung(vgl. Kap.12.2),(vgl. Kap.12.3),(vgl. Kap.12.4),Hierfür sind im EC2, 7.1-7.4 klar definierte Anforderungen in Form von Grenz- oder Rechenwerten zufinden sind, bei deren Überschreitung die Gebrauchstauglichkeit nicht mehr erfüllt sind; es gilt:Ed≤ CdFür die Nachweise im GZG werden die Bemessungswerte von Beanspruchungen E d den Bemessungswertenvon Gebrauchstauglichkeitskriterien C d (wie z.B. eine zulässige Bauteilverformung) gegenübergestellt.Um die Einwirkungen realistisch zu erfassen, werden die Sicherheiten auf der Einwirkungsseite zuγ F = 1,0 gesetzt. Die Nachweise werden also mit den charakteristischen Werten der Einwirkungen in einerbestimmten, bauteil- und umgebungsabhängigen Einwirkungskombination (EK) geführt:• seltene EK:• häufige EK• quasi-ständige EK:<strong>∑</strong><strong>∑</strong>E = E ⊕ E ⊕ ψ ⋅Ed ,rare Gk ,j Qk , 1 0 ,i Qk ,ij≥ 1 i>1<strong>∑</strong><strong>∑</strong>E = E ⊕ψ⋅E ⊕ ψ ⋅Ed ,frequ Gk ,j 1, 1 Qk , 1 2 ,i Qk ,ij≥ 1 i>1<strong>∑</strong><strong>∑</strong>E = E ⊕ ψ ⋅Ed ,perm Gk ,j 2 ,i Qk ,ij≥1 i≥1Diese Kombinationen unterscheiden sich durch die Größe des anzusetzenden Verkehrslastanteils, sodassfür den Stahlbetonbau drei unterschiedliche Beanspruchungsniveaus maßgebend sein könnten. WelchesNiveau anzusetzen ist, hängt von dem zu führenden Nachweis, von den Umweltbedingungen und eventuellzusätzlichen Forderungen (z.B. Rissbreiten bei Wasserbehältern) ab:• Eine einmalige Überschreitung eines Grenzzustandes kann zu irreversiblen Schäden führen. Wennbeispielsweise die Bewehrung im Riss die Streckgrenze f yk nur ein einziges Mal überschreitet, sobleibt ein klaffender Riss übrig. Um dies zu verhindern ist nachzuweisen, dass selbst unter der größtenzu erwartenden Beanspruchung (seltene Situation E d,rare ) dieser Fall nicht eintritt.• Wenn die Auswirkungen reversibel sind, dann kann ein mehrmaliges Auftreten während der Nutzungsdauerzugelassen werden. Es können deshalb Beanspruchungen zugelassen werden, die häufigerauftreten (häufige Situation E d,frequ ).• Für den Nachweis von z.B. langfristig infolge Kriechen und Schwinden zu erwartende Verformungengenügt es vollkommen, die langfristig vorliegenden quasi-ständigen Beanspruchungen als Grundlagefür den rechnerischen Nachweis festzulegen (quasi-ständige Situation E d,perm ).Stand: 12. September 2013Datei: K12_Gebrauchstauglichkeit.doc


Hochschule 21Stahlbetonbau (MAB3)12. GebrauchstauglichkeitProf. Dr.-Ing. J. Göttsche Seite 12.2Die unterschiedlichen Anforderungen an die Dauerhaftigkeit der Bauwerke werden in der Norm durchAnforderungsklassen berücksichtigt. Die Mindestanforderungsklasse eines Bauteils ist in Abhängigkeitvon der Expositionsklasse zu wählen. Durch die gewählte Anforderungsklasse werden die im GZG gültigenGebrauchstauglichkeitskriterien C d festgelegt.ExpositionsklasseVorspannung mit nachträglichemVerbundVorspannung mitsofortigem VerbundVorspannungohne VerbundStahlbetonbauteilXC0, XC1, XA0 D D F FXC2, XC3, XC4 C 1) C E EXD1,XD2,XD3 2) , XS1, XS2, XS3 C 1) B E E1)2)Wird der Korrosionsschutz anderweitig sichergestellt, gilt Anforderungsklasse DIm Einzelfall können besondere Maßnahmen für den Korrosionsschutz notwendig seinBild 12.1: Mindestanforderungsklassen für BauteileDie Grundlagen für die Nachweise im GZG basieren auf folgenden Annahmen (vgl. auch Bild 12.2):• Das Materialverhalten von Stahl und Beton wird durch eine lineare σ -ε -Beziehung beschrieben.• Querschnitte bleiben im verformten Zustand eben (Bernoulli-Hypothese)• Betonzugspannungen werden vernachlässigt, wenn der Querschnitt gerissen sein sollte.• Für die Spannungsermittlung in biegebeanspruchten Querschnitten wird starrer Verbund vorausgesetzt.• Rechnerische Nachweise werden im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit nur bei Beanspruchungdurch Biegemomente mit oder ohne Längskraft geführt. Bei Beanspruchung infolge Querkräften oderTorsionsmomenten wird die Gebrauchstauglichkeit meist durch konstruktive Regeln gewährleistet.σ cdσ cdZustand IZustand IIBild 12.2: σ -ε -Beziehung imZustand I und Zustand IIσ sdσ sdDie geringe Betonzugfestigkeit hat erheblichen Einfluss auf die Gebrauchstauglichkeit eines Bauteils. Mitdem Übergang von Zustand I nach Zustand II (Einsetzen der Rissbildung ) verändert sich der Spannungszustandim Querschnitt maßgebend. Aufgrund der dabei stark abnehmenden Querschnittssteifigkeiten(E·A bzw. E·I) nehmen die Verformungen deutlich zu. Für die Ermittlung der Steifigkeiten unterscheidetman daher:• Zustand I:• Zustand II:ungerissener Querschnitt mit EA I ; EI Igerissener Querschnitt mit EA II ; EI II• mittleres Verhalten eines gerissenen Bauteils: gerissener Querschnitt mit EA m II ; EI mIIEin Querschnitt ist i.d.R. gerissen, wenn die maßgebende Betonzugfestigkeit f ct unter der seltenen EinwirkungskombinationE d,rare erreicht wird. Bei Spannungsnachweisen (Kap. 12.2) ist für f ct = f ctk,0,05 , beiVerformungsnachweisen (Kap. 12.3) für f ct = f ctm anzusetzen. Sobald der Querschnitt einmal gerissen ist,gilt das Superpositionsgesetz nicht mehr. Auch bei nachfolgenden Berechnungen, bei denen die maßgebendenSchnittgrößen unterhalb der Rissschnittgrößen liegen, ist mit gerissenen Querschnitten zu rechnen(Rissgedächtnis des Stahlbetons).Stand: 12. September 2013Datei: K12_Gebrauchstauglichkeit.doc


Hochschule 21Stahlbetonbau (MAB3)12. GebrauchstauglichkeitProf. Dr.-Ing. J. Göttsche Seite 12.3Beispiel 12.1: Schnittgrößen im GZT und im GZGGegeben: Ein Einfeldbalken hat neben unterschiedlichenFlächenlasten (g k , q k ) auch mittige Einzellasten aufzunehmen,die verschiedenen Einwirkungen zugeordnetsind. Die veränderlichen Nutzlasten q k und Q k sindzwei voneinander unabhängige Einwirkungen.Gesucht: Es soll das maximale Feldmoment für verschiedeneGrenzzustände und Einwirkungskombinationenermittelt werden.max. Feldmomente als charakteristische Größen:aus ständigen Lasten:veränderl. Nutzlast q k :veränderl. Nutzlast Q k :aus Schneelast:aus Windlast:M k,G = 45,0 · 6,0²/8 + 200,0 · 6,0/4 = 502,5 kNmM k,Q = 30,0 · 6,0²/8 = 135,0 kNm (Verkaufsräume)M k,Q = 150,0 · 6,0/4 = 225,0 kNm (Büros)M k,S = 25,0 · 6,0/4 = 37,5 kNmM k,W = 22,0 · 6,0/4 = 33,0 kNmBemessungsmomente im Grenzzustand der Tragfähigkeit (GZT):mit Nutzlast q k als Leiteinwirkung:M Ed,1 = 1,35 · 502,5 + 1,50 · (135,0 + 0,7·225,0 + 0,5·37,5 + 0,6·33,0) = 1174,9 kNmmit Büro-Nutzlast Q k als Leiteinwirkung:M Ed,2 = 1,35 · 502,5 + 1,50 · (0,7·135,0 + 225,0 + 0,5·37,5 + 0,6·33,0) = 1215,0 kNmmit Schnee als Leiteinwirkung:M Ed,3 = 1,35 · 502,5 + 1,50 · (0,7·360,0 + 37,5 + 0,6·33,0) = 1142,3 kNmmit Wind als Leiteinwirkung:M Ed,4 = 1,35 · 502,5 + 1,50 · (0,7·360,0 + 0,5·37,5 + 33,0) = 1134,0 kNmBemessungsmomente im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit (GZG):Seltene Kombination (mit ψ 0 ):M Ed,rare,1 = 502,5 + 135,0 + 0,7·225,0 + 0,5·37,5 + 0,6·33,0 = 833,6 kNmM Ed,rare,2 = 502,5 + 0,7·135,0 + 225,0 + 0,5·37,5 + 0,6·33,0 = 860,6 kNmHinweis: Weitere Kombinationen mit anderen Leiteinwirkungen führen zunicht maßgebenden Bemessungsmomenten M Ed,rare .häufige Kombination(mit ψ 1 undψ 2 ):M Ed,frequ,1 = 502,5 + 0,7·135,0 + 0,3·225,0 + 0,0·37,5 + 0,0·33,0) = 664,5 kNmM Ed,frequ,2 = 502,5 + 0,6·135,0 + 0,5·225,0 + 0,0·37,5 + 0,0·33,0) = 696,0 kNmHinweis: Weitere Kombinationen mit anderen Leiteinwirkungen führen zunicht maßgebenden Bemessungsmomenten M Ed,frequ .Quasi-ständige Kombination (mit ψ 2 ):M Ed,perm = 502,5 + 0,3·225,0 + 0,6·135,0 + 0,0·37,5 + 0,0·33,0 = 651,0 kNmStand: 12. September 2013Datei: K12_Gebrauchstauglichkeit.doc


Hochschule 21Stahlbetonbau (MAB3)12. GebrauchstauglichkeitProf. Dr.-Ing. J. Göttsche Seite 12.412.2 Nachweis der SpannungsbegrenzungWenn die folgenden Bedingungen eingehalten werden, kann bei nicht vorgespannten Tragwerken desüblichen Hochbaus auf einen gesonderten Nachweis der Spannungen verzichtet werden:• Die Schnittgrößen sind nach der Elastizitätstheorie ermittelt worden und im Grenzzustand der Tragfähigkeitum nicht mehr als 15% umgelagert worden.• Die bauliche Durchbildung erfolgt nach den Forderungen des Abschnitts 9 des EC2; insbesondere sinddie Festlegungen für die Mindestbewehrungen eingehalten.Bei Einhaltung dieser Forderungen kann im Grenzzustand der Tragfähigkeit keine wesentliche Abweichungder Schnittgrößenverteilung von denjenigen unter Gebrauchslasten erwarten werden. Das heißt,nur wenn die Schnittgrößenermittlung mit einem nichtlinearen Verfahren durchgeführt wird und dadurchAbweichungen bei der Verteilung der Schnittgrößen im Bruch- und Gebrauchszustand auftretensind die folgenden Nachweise zu führen.• Begrenzung der Betondruckspannung (1)Längsrisse im Beton infolge hoher Betondruckkräfte erleichtern den Zugang von Chloriden zu den Bewehrungsstäbenund erhöhen somit die Gefahr von Chlorid induzierter Bewehrungskorrosion. Eine erhöhteGefahr für Betonangriff ist gegeben bei Rissbildung infolge hoher Betondruckspannungen bei Bauteilen,die einem Frost-Tau-Wechsel ausgesetzt sind. In Bauteilen, die den Bedingungen der ExpositionsklassenXD, XF und XS ausgesetzt sind, sollen die Betondruckspannungen unter der seltenen Einwirkungskombinationden folgenden Grenzwert nicht überschreiten:Dieser Nachweis darf entfallen, wenn „andere Maßnahmen“ getroffen werden. Hierzu nennt die Normz.B. eine Erhöhung der Betondeckung oder eine Umschnürung der Druckzone durch Querbewehrung.Diese Maßnahmen sind jedoch in der Literatur umstritten. Es sollte deshalb die Spannungsgrenze möglichsteingehalten sein.• Begrenzung der Betondruckspannung (2)Durch Dauerlastanteile erfährt der Beton zusätzlich zur Kurzzeitverformung eine zeitabhängige Verformung,die im Allgemeinen nicht rückgängig gemacht werden kann. Dieser Kriechprozess wird durchständig wirkende Betondruckspannungen, welche größer als 0,4 · f cm sind, überproportional verstärkt.Falls die Gebrauchstauglichkeit, Tragfähigkeit oder Dauerhaftigkeit des Bauwerks hierdurch wesentlichbeeinflusst wird, so wird die Größe der Betondruckspannung begrenzt. Unter quasi-ständigen Einwirkungskombinationenist die Betondruckspannung zu beschränken aufWenn dieser Nachweis nicht eingehalten wird, ist der Kriecheinfluss auf Gebrauchstauglichkeit, Verformungen,Schnittgrößen usw. rechnerisch zu verfolgen.• Begrenzung der Betonstahlspannungσ ≤ 0, 6 ⋅ fcZur Vermeidung nicht-elastischer Dehnungen, unzulässiger Rissbildungen und Verformungen müssenauch die Zugspannungen in der Bewehrung begrenzt werden; bei direkten Einwirkungen unter der seltenenEinwirkungskombination aufckσ ≤ 0, 45⋅fcσ ≤ 0, 8 ⋅ fsykckStand: 12. September 2013Datei: K12_Gebrauchstauglichkeit.doc


Hochschule 21Stahlbetonbau (MAB3)12. GebrauchstauglichkeitProf. Dr.-Ing. J. Göttsche Seite 12.5und – falls die Spannungen ausschließlich aus einer Zwangsbeanspruchung (indirekte Einwirkung) herrühren– aufσs≤ 1, 0 ⋅ fyk.Beispiel 12.2: Spannungsnachweis im GZG für einachsig gespannte ZweifeldplatteGegeben: Eine Zweifeldplatte mit h = 20 cm unter einem Versammlungsraum wird durch die charakteristischenEinwirkungen g k und q k beansprucht. Die charakteristischen Schnittgrößen sindbereits bekannt. Als Stützbewehrung wurde ∅ 12, s = 14 cm (a s,oben = 8,08 cm²/m) gewählt.Gesucht: Für den Stützenpunkt B sollen die Spannungsnachweise gemäß EC2, 7.2 durchgeführtwerden. Hinweis: Ein Spannungsnachweis ist gemäß Norm im vorliegenden Fall nicht erforderlich,weil die oben angeführten Bedingungen sämtlich erfüllt sind. Die Nachweisewerden hier aus Übungsgründen geführt. Auf die zulässige Abminderung der Momentesoll hier verzichtet werden.Einwirkende Schnittgrößen über Auflager B:Infolge der charakteristischen Lasten g k + q k ergeben sichM k,Bg = - 26,40 kNm/m undM k,Bq = - 20,30 kNm/m.Es ist nur eine unabhängige veränderliche Einwirkung q k vorhanden. Damit erhält manfür die einwirkenden Momente M Ed,B bei• Ansatz der seltenen Kombination:M Ed,rare,B = - 26,40 - 20,30 = - 46,70 kNm/m• Ansatz der quasi-ständigen Kombination (mit ψ 2 = 0,6 für Versammlungsräume):M Ed,perm,B = - 26,40 - 0,6 · 20,30 = - 38,58 kNm/mStand: 12. September 2013Datei: K12_Gebrauchstauglichkeit.doc


Hochschule 21Stahlbetonbau (MAB3)12. GebrauchstauglichkeitProf. Dr.-Ing. J. Göttsche Seite 12.6a) Nachweis der Begrenzung der Betondruckspannung auf |σ cd |≤ 0,6 · f ck :Für die Decke ist die Expositionsklasse XC1 maßgebend. Dieser Nachweis entfällt,da keine der Expositionsklassen XD, XF oder XS vorliegt.b) Nachweis der Begrenzung der Betondruckspannung auf |σ cd ≤ 0,45 · f ck :Einwirkend (quasi-ständig): |M Ed,perm | = 38,58 kNm/mVorwerte zum Spannungsnachweis:Beton C20/25 mit E cm = 28800 N/mm2Betonstahl BSt 500 mit E s = 210000 N/mm2α e = E s /E cm = 210000/28800 = 7,29A s,oben = 8,08 cm²/m (∅12, s = 14cm)Querschnitt: b = 1,0 m und d/h = 169/200 mmNulllinienlage:A ⎡s12⋅b⋅d ⎤ 8, 08 ⎡ 2⋅100 ⋅16,9 ⎤x = αe⋅ ⋅ ⎢− 1 + − 1 + ⎥ = 7,29 ⋅ ⋅ ⎢− 1 + − 1 +⎥b ⎣ αe⋅ As1⎦ 100 ⎣ 7, 29⋅8,08 ⎦x = 3,83 cmHebelarm der inneren Kräfte:z = d – x/3 = 16,9 – 3,83/3 = 15,62 cmBetonrandspannung:|σ c |= 2 · M ed,rare /(b · x · z) = 2 · 0,03858/(1,00 · 0,0383 · 0,1562) = 12,9 MN/m²≤ 0,45 · f ck = 0,45 · 20,0 = 9,0 MN/m² .c) Nachweis der Begrenzung der Stahlspannung auf σ s ≤ 0,8 · f yk :σ s,oben = M Ed,rare /(z · A s,oben ) = 46,70/(0,1565 · 8,08) = 36,93 kN/cm² = 369,3 N/mm²≤ 0,8 · 500 = 400,0 N/mm² .Beurteilung:Die Betondruckspannungen unter der quasi-ständigen Einwirkungskombination sind wesentlichgrößer als der Grenzwert. Es muss mit überproportional großen Kriechverformungen gerechnetwerden. Eine Verbesserung der Konstruktion kann durch folgende Maßnahmen erreicht werden:• Vergrößerung der Bauteilhöhe h• Verstärkung der Bewehrung über das im Grenzzustand der Tragfähigkeit erforderliche Maß• Wahl einer höheren Betonfestigkeitsklasse.Bei einer Momentenumlagerung um mehr als 15 % wäre eine entsprechende Änderung der Konstruktionvorzunehmen. Man erkennt den Einfluss von Nachweisen im GZG, wenn bei der Schnittgrößenermittlungwesentlich von Ergebnissen nach linear-elast. Methoden abgewichen wird.Stand: 12. September 2013Datei: K12_Gebrauchstauglichkeit.doc


Hochschule 21Stahlbetonbau (MAB3)12. GebrauchstauglichkeitProf. Dr.-Ing. J. Göttsche Seite 12.712.3 Nachweis der Verformungsbegrenzung12.3.1 AllgemeinesDer Nachweis der "Begrenzung der Verformungen" wird in EC2, 7.4 behandelt. Hier wird gefordert, dassdie Verformungen eines Bauteils oder Tragwerks weder die ordnungsgemäße Funktion noch das Erscheinungsbilddes Bauteils selbst oder angrenzender Bauteile negativ beeinträchtigen dürfen. Zur Erfüllungdieser Forderung sind konkrete Richtwerte in der Norm zu finden. Abweichend davon können fürbesondere Anforderungen andere Grenzwerte mit dem Bauherrn vereinbart werden. Die Vorschriftendes EC2 behandeln nur die Verformungen in vertikaler Richtung von biegebeanspruchten Bauteilen. Sieenthalten die Aussage, dass die Angaben im Allgemeinen hinreichende Gebrauchseigenschaften fürWohnbauten, Büros, öffentliche Bauten und Fabriken sicherstellen. Bei den Verformungen wird zwischendem "Durchhang" und der "Durchbiegung" unterschieden. Hierfür gelten die nachfolgenden Definitionen(vgl. Bild 12.3).• Durchhang: vertikale Bauteilverfomung, bezogen auf die Verbindungslinie zwischen den Unterstützungspunkten• Durchbiegung: vertikale Bauteilverformung, bezogen auf die Systemlinie des Bauteils (bei SchalungsüberhöhungBezug auf die überhöhte Lage)Bild 12.3: Definitionen für Durchhang und DurchbiegungStand: 12. September 2013Datei: K12_Gebrauchstauglichkeit.doc


Hochschule 21Stahlbetonbau (MAB3)12. GebrauchstauglichkeitProf. Dr.-Ing. J. Göttsche Seite 12.8Nach den Vorgaben des EC2 darf angenommen werden, dass das Erscheinungsbild und die Gebrauchstauglichkeitnicht negativ beeinflusst werden, wenn der Durchhang eines Bauteils unter der quasi-ständigenEinwirkungskombination 1/250 der Stützweite nicht überschreitet. Bei Kragträgern ist alsStützweite die 2,5-fache Kraglänge anzusetzen, so dass der Durchhang 1/100 der Stützweite betragendarf. Schalungsüberhöhungen zur Verminderung oder zum Ausgleich des Durchhangs sind zugelassen.Der empfohlene Maximalwert der Überhöhung beträgt 1/250 der Stützweite. Zur Vermeidung vonSchäden an angrenzenden Bauteilen gilt als Richtwert für die Durchbiegung nach dem Einbau der Bauteileunter quasi-ständiger Einwirkungskombination 1/500 der Stützweite.Als Nachweis für die Einhaltung der Verformungsgrenzwerte dürfen folgende Verfahren angewendetwerden:• Begrenzung der Biegeschlankheit (indirekter Nachweis)• Berechnung der Verformung und Vergleich mit dem entsprechenden Grenzwert (direkter Nachweis)Während für schlaff bewehrte Bauteile des üblichen Hochbaus beide Verfahren anwendbar sind, kannder Nachweis der Verformungsbegrenzung von vorgespannten Bauteilen nur durch direkte Berechnungerbracht werden.12.3.2 Begrenzung der Biegeschlankheit (indirekter Nachweis)Für den Nachweis der Verformungsbegrenzung von Stahlbetonbauteilen wird auf einen Biegeschlankheitsnachweiszurückgegriffen, wobei unter Biegeschlankheit in der Regel das Verhältnis von ideellerStützweite l i zur Nutzhöhe des Querschnitts d verstanden wird. Diese Nachweise sind gleichzeitig zurDimensionierung der Bauteildicke geeignet.λ = = ⋅ 3⌢l ileffd K dHierbei werden zahlreiche Faktoren, die einen Einfluss auf die Bauteilverformung haben, durch einigewenige Parameter erfasst. Bis zur Einführung des EC2 wurde im allgemeinen Hochbau die Biegeschlankheitauf l i /d ≤ 35 bzw. bei höheren Anforderungen an die Durchbiegungsbegrenzung auf l i /d ≤ 150/l i begrenzt.Die Verformungsgrenzwerte von 1/250 bzw. 1/500 der ideellen Stützweite können damit jedochnur unzureichend eingehalten werden, so dass im Zuge der aktuellen Normung weitere Parameter wiez.B. der Zugbewehrungsgrad und der der Druckbewehrungsgrad in den maßgebenden Gleichungen berücksichtigtworden sind. Diese lauten nunleffd⎡ρ⎛ ρ= K ⋅ ⎢ , + , ⋅ f ⋅ + , ⋅ f ⋅ ⎜ −⎢ρ⎝ ρ⎣0 011 0 1 5ck3 2ck1⎞⎟⎠⎤⎥⎥⎦wenn ρ ≤ ρ 0leffd⎡ρ01 ρ'⎤= K ⋅ ⎢11, 0 + 1, 5⋅ fck⋅ + ⋅ fck⋅ ⎥⎣ρ − ρ'12 ρ0⎦wenn ρ > ρ 0Darin sind:l eff /d der Grenzwert der Biegeschlankheit (Verhältnis von rechnerischer Stützweite zu Nutzhöhe),K der Beiwert zur Berücksichtigung der verschiedenen statischen Systeme (vgl. Bild 12.4),−3ρ 0 der Referenzbewehrungsgrad, zu berechnen mit ρ = ⋅ f ,010ckStand: 12. September 2013Datei: K12_Gebrauchstauglichkeit.doc


Hochschule 21Stahlbetonbau (MAB3)12. GebrauchstauglichkeitProf. Dr.-Ing. J. Göttsche Seite 12.9ρder erforderliche Zugbewehrungsgrad in Feldmitte, umdas Bemessungsmoment aufzunehmen(am Einspannquerschnitt für Kragträger),ρ‘ der erforderliche Druckbewehrungsgrad in Feldmitte, umdas Bemessungsmoment aufzunehmen (am Einspannquerschnittfür Kragträger),f ckl effcharak. Druckfestigkeit des Betons in [N/mm²],(effektive) rechnerische Stützweite (meist als l bezeichnet)Bild 12.4: Beiwert zur Berücksichtigung der verschiedenenstatischen SystemeIn Bild 12.5 ist der Einfluss der Bewehrung auf die Größe der Bauteilschlankheit gemäß den oben angegebenenGleichungen für verschiedene Betonfestigkeitsklassen dargestellt.Bild 12.5: Schlankheitsgrad in Abhängigkeit vom BewehrungsgradBei der Anwendung der obigen Gleichungen soll folgende Regeln zu beachten:• Die Gleichungen für die zulässigen Biegeschlankheiten beziehen sich auf eine Stahlspannung von 310N/mm² bei Einwirkung von M Ed,max im GZG. Bei anderen Lastniveaus sind die ermittelten Werte nachobigen Gleichungen mit 310/σ s zu multiplizieren.310 500σ = sfyk ⋅ As ,rqdAs ,provStand: 12. September 2013Datei: K12_Gebrauchstauglichkeit.doc


Hochschule 21Stahlbetonbau (MAB3)12. GebrauchstauglichkeitProf. Dr.-Ing. J. Göttsche Seite 12.10• Bei Platten und Balken (außer Flachdecken) mit Stützweiten über 7 m, die verformungsempfindlicheAusbauelemente tragen, sind die Werte l/d mit dem Faktor 7/l eff zu multiplizieren.• Bei Flachdecken mit Stützweiten über 8,5 m, die verformungsempfindlichen Ausbauelemente tragen,sind die Werte l/d mit dem Faktor 8,5/l eff zu multiplizieren.• Bei gegliederten Querschnitten, bei denen das Verhältnis von Gurtbreite zu Stegbreite den Wert 3übersteigt, sind die Werte von l/d mit 0,8 zu multiplizieren,• Die Anpassung der Biegeschlankheiten ist auch bei anderen verformungsempfindlichen Bauteilen aufoder unter den Balken bzw. Platten erforderlich (z.B. Fassaden).• Im nationalen Anhang wird empfohlen, die Grenzwerte in Anlehnung an die alte DIN 1045-1 weiterhinauf l/d ≤ K · 35 (Grenzlinie in Bild 12.5) bzw. bei Bauteilen, die verformungsempfindliche Ausbauelementebeeinträchtigen können, auf l/d ≤ K 2· 150/l zu begrenzen.Beispiel 12.3: Verformungsbegrenzung für ein Endfeld einer DurchlaufplatteGegeben: Für das 7,5 m lange Endfeld einer 360 mm dicken Durchlaufplatte mit leichten Trennwändenist ein indirekter Nachweis zur Verformungsbegrenzung durchzuführen. Die Platte bestehtaus einem C20/25. Als Expositionsklasse ist XC1 zu berücksichtigen. Die Biegebemessung hatfür das maßgebende Feldmoment eine Bewehrung von a s,rqd = 12,9 cm²/m ergeben. Als Bewehrungwird ∅16/15 mit a s,prov = 13,4 cm²/m gewählt.Gesucht: Verformungsnachweis durch Begrenzung der BiegeschlankheitVorhandene Biegeschlankheit:mit l = 7,5 m und d = h - c nom - ∅/2 = 360 – 30 – 16/2 = 322 mm = 0,322 mergibt sich die vorgesehene Schlankheit zu: (l/d) prov = 7,5/0,322 = 23,3Erforderliche Biegeschlankheit zur Einhaltung der Verformungsbegrenzung:Beiwert für statisches System: K = 1,3erforderl. Zugbewehrungsgrad: ρ = a s,rqd /d = 12,9 /(100 · 32,2) = 0,40 %erforderl. Schlankheit gemäß Formel für ρ ≤ ρ 0 :( )≤ ρ 0 = 10 -3·20 0,5 = 0,45%⎡30, 45 ⎛ 0,45 ⎞⎤l d = 1, 3⋅ ⎢11 + 1, 5⋅ 20 ⋅ + 3, 2⋅ 20 ⋅ 1 ⎥ 1, 3 19, 18 24,93rqd0, 40⎜ − = ⋅ =0,40⎟⎢⎝ ⎠ ⎥⎣⎦Wegen einer Stützweite über 7,0 m darf eine Anpassung des Formelwertes mit denFaktor 7/l eff und wegen a s,prov ≥ a s,rqd mit einem weiteren Faktor 500/σ s erfolgen:7 7= = 0,93l 7,5eff310 500 5001,04σ = f ⋅ A A = 500 ⋅0,96=s yk s ,rqd s ,provDamit ergibt sich als maßgebender Schlankheitsgrad, der nicht überschritten werden darf:( l d ) = 24, 93⋅0, 93⋅ 1, 04 = 24,2rqd ,aMaximalwert für Biegeschlankheit:Stand: 12. September 2013Datei: K12_Gebrauchstauglichkeit.doc


Hochschule 21Stahlbetonbau (MAB3)12. GebrauchstauglichkeitProf. Dr.-Ing. J. Göttsche Seite 12.11⎧ K ⋅35⎫ ⎧ 1,3⋅35⎫⎪ ⎪ ⎪ ⎪( l d ) = min 33 8lim ⎨ 2 150 ⎬ = min ⎨ 2 150 ⎬ = ,⎪K⋅1,3 ⋅⎩ l⎪⎭⎪ 7 , 5 ⎪⎩ ⎭Nachweis der Verformungsbegrenzung:( )( l d )( l d )⎧⎪⎫rqd ⎪l d = 23, 3 ≤ min 24,2prov⎨ ⎬ =⎪⎩min ⎪⎭(nicht maßgeb.)Die Nutzhöhe der Platte wurde ausreichend stark gewählt (d prov ≥ d rqd ). Damit ist die Biegeschlankheitkleiner als der Grenzwert nach EC2. Man darf davon ausgehen, dass die Durchbiegungw (im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit) den Richtwert von 1/500 der Stützweite nichtüberschreitet.12.3.3 Begrenzung der Biegeschlankheit (direkter Nachweis)Wenn die Vorgehensweise nach Kap. 12.3.2 zu nicht akzeptablen Bauteildicken führt, so bleibt demTragwerkplaner ein direkter Nachweis der Verformungen gemäß EC2, 7.4.3 übrig. Dieser Nachweis wirdfür die quasi-ständige Lasteinwirkung durchgeführt und berücksichtigt die wirklichkeitsnahen Biegesteifigkeitenentlang des zu berechnenden Bauteils.Die Biegesteifigkeiten sind beanspruchungsabhängig und variieren entlang der Bauteilachse je nach Artund Umfang der Rissbildung. Bei einer quasi-ständigen Lasteinwirkung ist ein Stahlbetonbauteil nur instärker auf Biegung beanspruchten Teilabschnitten gerissen. Die Biegesteifigkeit im Zustand II kann (beiabgeschlossener Rissbildung) bis auf ca. 30% gegenüber der Biegesteifigkeit im Zustand I abfallen. Einelinear-elastische Verformungsberechnung unter Ansatz der Biegesteifigkeiten des ungerissenen QuerschnittsB I = (E c·I c I ) liefert viel zu kleine Verformungswerte und ist daher nicht mehr zielführend. Vielmehrmuss die Durchbiegung durch numerische Integration der Krümmungen κ (x) = M Ed(x) /B II (x) mit B II (x)als effektiver, beanspruchungsabhängiger Biegesteifigkeit des (un-)gerissenenen Querschnitts am jeweiligenOrt x berechnet werden.Bild 12.6: Zusammenhang zwischen Biegemoment und Krümmung in einem StahlbetonquerschnittStand: 12. September 2013Datei: K12_Gebrauchstauglichkeit.doc


Hochschule 21Stahlbetonbau (MAB3)12. GebrauchstauglichkeitProf. Dr.-Ing. J. Göttsche Seite 12.12Bei der Berechnung von B II (x) wird die Menge und Lage der Bewehrung, das nichtlineare Spannungs-Dehnungsverhaltendes Betons in der Druckzone und die Mitwirkung des Betons auf Zug zwischen den Rissen(tension stiffening) sowie gegebenenfalls auch die Kriech- und Schwindeinflüsse auf den Beton berücksichtigt.Diese Berechnung ist extrem aufwändig und lässt sich sinnvoll nur rechnergestützt ausführen.Als Näherung lässt der EC2 zu, vereinfachend die Krümmung für den ungerissenen Querschnitt und fürden vollständig gerissenen Querschnitt zu berechnen und daraus in einer Abschätzung den tatsächlichenWert wie folgt zu bestimmen:• Bauteile, bei denen die Biegezugfestigkeit unter der maßgebenden Belastung am keiner Stelle überschrittenwird, dürfen als ungerissen betrachtet werden. Ihre Biegesteifigkeit kann vereinfachend mitB I = (E c·I c I ) angenommen werden.• Das Verhalten von Bauteilen, bei denen nur bereichsweise Risse zu erwarten sind, liegt zwischen demvon Bauteilen im ungerissenen und im vollständig gerissenen Zustand. Für überwiegend biegebeanspruchteBauteile lässt sich dieses Verhalten dann näherungsweise wie folgt bestimmen:Dabei ist:II( 1 )α = ζ ⋅ α + −ζ ⋅αIαα I ; α IIζβσ sσ srder untersuchte Durchbiegungsparameter, der beispielsweise eine Dehnung, eine Krümmungoder eine Rotation sein kann (vereinfachend darf α als Durchbiegung angesehen werden).der jeweilige Wert des untersuchten Parameters für den ungerissenen bzw. vollständig gerissenenZustand.Ein Verteilungswert, der die Mitwirkung des Betons auf Zug zwischen den Rissen gemäßζ = 0 für 0 ≤ σs≤ σsrberücksichtigt (ζ = 0 für ungeriss. Querschnitte).Ein Koeffizient, der den Einfluss der Belastungsdauer und der Lastwiederholung berücksichtigt:β = 1,0 bei Kurzzeitbelastung; β = 0,5 bei Langzeitbelastung oder vielen Zyklen sich wiederholenderBeanspruchungen.die Spannung der Zugbewehrung bei Annahme eines gerissenen Querschnitts (Spannung imRiss)die Spannung der Zugbewehrung bei Annahme eines gerissenen Querschnitts unter einerEinwirkungskombination, die zur Erstrissbildung führt (Stahlspannung unter dem RissmomentM Riss ).Der Quotient (σ sr /σ r ) darf auch unmittelbar durch das Verhältnis (M Riss /M Ed ) ersetzt werden. Die besteVerformungsabschätzung wird erreicht, wenn man als Biegezugfestigkeit den Mittelwert f ctmwählt.• Kriecheinflüsse können über den effektiven E-ModulEcmEc ,eff=1 +ϕ( ∞ ,t )0berücksichtigt werden. Dabei ist ϕ (oo,t0) die für die Last und das Zeitintervall maßgebende Kriechzahl.• Schwindeinflüsse auf die Verformungen werden ermittelt aus der Krümmung gemäß nachfolgenderGleichung2ζ⎛ σβ⎞σ σ⎝ ⎠sr= 1 − ⋅⎜⎟ fürsr≤s≤ fymσsStand: 12. September 2013Datei: K12_Gebrauchstauglichkeit.doc


Hochschule 21Stahlbetonbau (MAB3)12. GebrauchstauglichkeitProf. Dr.-Ing. J. Göttsche Seite 12.13Dabei ist:E Sκcs= = ⋅ ⋅r E I1εcsscsc ,effε csSIdie freie Schwindzahl gemäß EC2,3.1.4;das statische Moment der Querschnittsfläche der Bewehrung (Flächenmoment1. Ordnung), bezogen auf den Schwerpunkt des Querschnitts;das Trägheitsmoment des Gesamtquerschnitts (Flächenmoment 2. Ordnung), bezogenauf den Schwerpunkt des Querschnitts;Die beiden Flächenmomente sind in der Regel sowohl für den ungerissenen als auch für den gerissenenZustand zu ermitteln. Die Gesamtkrümmung ist dann wieder näherungsweise nach der bekanntenVerteilungsformelα = ζ ⋅ α + 1 −ζ ⋅αzu ermitteln.II( )IBeispiel 12.4: Verformungsberechnung für eine einachsig gespannte EinfeldplatteGegeben: Die 5,8 m lange Einfeldplatte mit d/h = 235/260 mm hat als ständige Flächenlast ist g K =6,5 kN/m² und als veränderliche Last q k = 3,5 kN/m² (ψ 2 = 0,3) aufzunehmen. Zum Einsatz kommtein C25/30. Die maßgebende Expositionsklasse ist XC1. Kriechen und Schwinden sind durch dieParameter ϕ ∞,t0 = 2,5 (Endkriechzahl) und ε cs = -0,6 0 / 00 (Endschwindmaß) zu berücksichtigen.Die Biegebemessung hat für das maßgebende Feldmoment eine Bewehrung von a s,rqd = 5,72cm²/m ergeben. Als Bewehrung wird eine R636 mit a s,prov = 6,36 cm²/m gewählt.Gesucht: Verformungsbegrenzung unter Einhaltung der Grenze l/250 durch direkten Nachweis.Effektiver E-Modul:E c,eff = E cm /(1 + ϕ ∞,t0 ) = 31500/(1,0 + 2,5) = 9000 MN/m²Verhältnis: α E = E s /E c,eff = 200000/9000 = 22,2Flächenmomente im Zustand I (unter Berücksichtigung der Bewehrungsmenge):Anteile: A* [cm²] z [cm] A*· z [cm 3 ] A*· z² [cm 4 ] I Eigen [cm 4 ]Beton: 100 · 26 2600,00 13,0 33800,0 439400,0 26³·100/12Stahl: α E · 6,36 141,19 23,5 3318,0 77973,8 --Summe: 2741,19 37118,0 517373,3 146466,7Hinweis: Hilfsgröße z bezieht sich auf den oberen QuerschnittsrandSchwerpunktachse: z SP = 37177,8/2743,74 = 13,54 cm (→ Druckzonenhöhe: x I = 0,1354 m)Stat. Moment der Bewehrung: S I = 6,36 · (23,5 - 13,54) = 63,3 cm³Gesamt-Trägheitsmoment: I I = 517373,2 + 146466,7 – 2741,19 · 13,54² = 161293 cm 4Hinweis: I I ≈ 1,1 · I Betonquerschn. (durch Berücksichtigung der Bewehrung)Flächenmomente im Zustand II (unter Berücksichtigung der Bewehrungsmenge):ρ l = a s,prov /(100·d) = 6,36/(100·23,5) = 0,271 %Stand: 12. September 2013Datei: K12_Gebrauchstauglichkeit.doc


Hochschule 21Stahlbetonbau (MAB3)12. GebrauchstauglichkeitProf. Dr.-Ing. J. Göttsche Seite 12.14Druckzonenhöhe x II über Bedingung:141,19 · (d - x) = 100 · x · x/23319,0 – 141,19 · x = 50 · x²x² + 2,824 · x – 67,36 = 0x 1,2 = 2,824/2 ± (2,824²/4 + 67,36)x 1,2 = 1,412 ± 8,328 maßg. → x II = 9,74 cm100 cmA c = 100 · x cm²α E · A s = 141,19 cm²x=?d = 23,5 cmAnteile: A* [cm²] z [cm] A*· z [cm 3 ] A*· z² [cm 4 ] I Eigen [cm 4 ]Beton: 100 · 9,74 974,00 4,87 4743,4 23100,3 9,74³·100/12Stahl: α E · 6,36 141,19 23,50 3318,0 77972,2 --Summe: 1115,19 8061,4 101072,5 7700,1Hinweis: Hilfsgröße z bezieht sich auf den oberen QuerschnittsrandSchwerpunktachse: z SP = 8061,4/1115,19 = 7,23 cmStat. Moment der Bewehrung: S I = 6,36 · (23,5 – 7,23) = 103,5 cm³Gesamt-Trägheitsmoment: I I = 101072,5 + 7700,1 – 1115,19 · 7,23² = 50478 cm 4Krümmungen (1/r) = M/(EI):Feldmoment unter quasi-ständiger Last:m Ed = (6,5 + 0,3·3,5)·5,8²/8 = 31,75 kNm/mZustand I: Last u. KriechenSchwindenZustand II: Last u. KriechenZustand II,m:Schwinden(1/r I ) = 31,75 / (9000000 · 0,00161293) = 2,19 · 10 -3 [1/m](1/r cs I ) = 0,6·10 -3·22,2 · 0,0000633/0,00161293 = 0,52 · 10 -3 [1/m](1/r II ) = 31,75 / (9000000 · 0,00050478) = 6,99 · 10 -3 [1/m](1/r cs II ) = 0,6·10 -3·22,2 · 0,0001035/0,00050478 = 2,73 · 10 -3 [1/m]Der Verteilungswert ζ soll vereinfachend über das Verhältnis von Rissmoment zuMaximalmoment bestimmt werden.M Riss = f ctm · I I / z c1 = 2,6 · 0,00161293 / (0,26 – 0,1354) · 10 3 = 33,7 kNm→Last u. KriechenSchwinden(1/r II,m ) = (0,44 · 6,99 + (1 - 0,44) · 2,19) · 10 -3 = 4,30 · 10 -3 [1/m](1/r cs II,m ) = (0,44 · 2,73 + (1 - 0,44) · 0,52) · 10 -3 = 1,49 · 10 -3 [1/m]Die Gesamtkrümmung in Feldmitte ergibt sich zu: (4,30 + 1,49) · 10 -3 = 5,79 · 10 -3 [1/m]Durchbiegung in Feldmitte:2 2⎛ σ ⎞sr⎛ 33,7 ⎞ζ = 1 − β ⋅ ⎜ ⎟ = 1 − 0, 5⋅ 0,44σ⎜ =s31,75⎟⎝ ⎠ ⎝ ⎠Unter der vereinfachenden Annahme, dass der Krümmungsverlauf affin zum Momentenverlauf ist, so ergibt sich als Durchbiegung in Feldmitte (mit Hilfe der Integraltafeln∫M⋅κ dx ;Dreieck mit Parabel):f vorh = 5/12 · 1·5,80/4 · 5,79·10 -3 · 5,8 = 0,024 m = 20,3 mm ≤ f zul = 5800/250 = 23,2 m →II( 1 )α = ζ ⋅ α + −ζ ⋅αIStand: 12. September 2013Datei: K12_Gebrauchstauglichkeit.doc


Hochschule 21Stahlbetonbau (MAB3)12. GebrauchstauglichkeitProf. Dr.-Ing. J. Göttsche Seite 12.1512.4 Nachweis der Rissbreitenbegrenzung12.4.1 AllgemeinesBeim Verbundwerkstoff „Stahlbeton“ wird das Trag- und Verformungsverhalten entscheidend durch dasZusammenwirken von Stahl und Beton bestimmt. Erst durch die Rissbildung erhält der Bewehrungsstahldie ihm zugedachte Zugkraft aus der Zugzone des biegebeanspruchten Querschnittes. Rissbildung istsomit eine dem Stahlbeton eigentümliche Erscheinung und kann weder durch Sorgfalt bei Entwurf undAusführung noch durch ein Mehrfaches an Bewehrung nie ganz verhindert werden; es sei denn, dassdurch Überlagerung von Druckspannungen mögliche Zugspannungen "überdrückt" werden (durch hoheLängsdruckkraft durch äußere Belastung oder Vorspannung).Risse können die Dauerhaftigkeit gefährden, wenn ihre Breite, Tiefe und Dichte kritische Grenzwerteüberschreitet. Erst dann ist das Eindringen von Feuchte und Gasen in Rissen mit der Folge von Stahl- undBetonkorrosion sowie von Gefügelockerungen möglich. Solange diese Grenzwerte nicht überschrittenwerden, stellen Risse in Betonbauteilen nur einen ästhetischen Mangel dar, der nur subjektiv beurteiltwerden kann.Die Bewehrung allein kann die Rissbildung nicht verhindern. Jedoch kann durch geschickte konstruktiveMaßnahmen die Breite der Risse beschränkt werden. Unterschreitet die Rissbreite ein bestimmtes Maß,so sind die Risse kaum noch sichtbar und gefährden nicht mehr die Gebrauchsfähigkeit und die Dauerhaftigkeitder Konstruktion (Korrosionsschutz der Bewehrung, Wasserdichtigkeit, optischer Eindruck).Konstruktive Maßnahmen, die eine Bildung von breiteren Rissen verhindern, sind:• zweckmäßige Wahl des Berechnungssystems (statisches System);• zutreffende Belastungsannahmen;• Berücksichtigung von möglichen Zwangsbeanspruchungen;• sachgerechte Bewehrungsführung;• Wahl kleinerer Stababstände;• ausreichende Verankerungslängen;• ausreichende Betondeckung;• Vermeidung von unzulässigen Verformungen von Schalung und Gerüsten.Nicht allein durch konstruktive Maßnahmen sondern auch durch betontechnologische Maßnahmen isteine Verminderung vor allem der anfänglichen Rissbildung zu erreichen. Zu diesen Maßnahmen gehören;z.B. (vgl. Baustoffkunde):• Zemente mit niedriger Hydratationswärme;• Zementgehalt an der unteren zul. Grenze;• niedriger Wasser-/Zementwert (W/Z-Wert);• gute Verdichtung;• Nachbehandlungsmaßnahmen.Durch einige dieser Maßnahmen kann z.B. erreicht werden, dass Beanspruchungen infolge Abfließen derHydratationswärme vermindert werden und eine häufige Ursache von Rissbildungen weitgehend ausgeschaltetwird.Stand: 12. September 2013Datei: K12_Gebrauchstauglichkeit.doc


Hochschule 21Stahlbetonbau (MAB3)12. GebrauchstauglichkeitProf. Dr.-Ing. J. Göttsche Seite 12.16Die Risse werden in Mikro- und Makrorisse unterteilt. Verantwortlich für diese Unterscheidung ist dieGröße der Risse und die Ursachen der Rissbildung.Mikrorisse entstehen im Betongefüge und gehen im Wesentlichen auf Unverträglichkeiten zwischendem Zementstein und der darin eingebetteten Gesteinskörnung zurück. Gründe sind der unterschiedlicheElastizitätsmodul sowie differierende Wärme- und Feuchtedehnungen. Äußere Spannungen und innererZwang fördern die Mikrorissbildung. Das Entstehen von Mikrorissen kann nicht verhindert werden;es stellt vielmehr eine Werkstoffeigenschaft des Betons dar. Mikrorisse können sich auf die Dauerhaftigkeitdes Betons auswirken, wenn es durch wiederholte Beanspruchungen zu Gefügeschädenkommt.Makrorisse entstehen in Bauteilbereichen mit Zugspannungen entweder durch Last, Zwang oder Eigenspannungen,sobald die Betonzugfestigkeit überschritten ist. Im Vergleich zu den Mikrorissen durchdringendie Makrorisse größere Bereiche des Querschnitts. Ihre Breiten sind größer, ihr Verlauf ist orientiert,weil er durch Hauptzugspannungen vorgezeichnet ist.Makrorisse besitzen einen unmittelbaren Bezug zur Dauerhaftigkeit. Werden bestimmte Grenzwerte derRissbreite, die von den Umgebungsbedingungen abhängen, überschritten, so ist das Eindringen vonStahlkorrosion fördernden Stoffen in die Risse möglich. Während in trockenen Innenräumen die kritischeRissbreite 0,3 bis 0,4 mm betragen darf, soll sie in Außenbauteilen 0,1 bis 0,2 mm nicht überschreiten(vgl. auch Tab. 12.1).In den Bildern 12.7 und 12.8 sind die wichtigsten Rissursachen, deren Erscheinungsformen und der Ortder Auftretens zusammengestellt.Bild 12.7: Mögliche Rissursachen, Erscheinungsformen und Ort des AuftretensStand: 12. September 2013Datei: K12_Gebrauchstauglichkeit.doc


Hochschule 21Stahlbetonbau (MAB3)12. GebrauchstauglichkeitProf. Dr.-Ing. J. Göttsche Seite 12.17Bez. Ort des Auftretens UrsacheABCDEFGHGHLängsrisse entlang bzw. über der oben liegendenBewehrung hoher Balken, dicker Platten oderBügeln von Stützenam oberen Ende von Stützenan Stellen von DickenänderungenBauteile mit ausgedehnter waagerechter Oberfläche,z. B. Deckenplatten, Autobahndecken;diagonal (D) und als Netzrisse (E)Stahlbetondecken; über der obliegenden BewehrungBei dicken Wänden und Platten; als Trennriss (G)und als Netzrisse (Schalenrisse) (H)insbesondere bei dünnen Plattenund Wändenschnelles frühzeitiges Austrocknen zu dicker Betonlagen;starkes Absetzen des Betonsschnelles frühzeitiges Austrocknen (mehlkornreicheBetone)zu rasches Abkühlen stark erwärmten Betons (Zugbeanspruchungaus Zwang)klimabedingte TemperaturunterschiedeH insbesondere bei dünnen Platten und Wänden starkes Schwinden; schlechte NachbehandlungIJgegen Schalung bei geschaltenFlächen (Netzrisse)bei dichter (nicht saugfähiger) Schalung, feinteilreichenMischungen und schlechter NachbehandlungK bei Platten (Netzrisse) Bei zu starkem Glätten der Oberfläche („totreiben“),feinteilreichen Mischungen und schlechter NachbehandlungL Längs der Bewehrung Unzureichende Dichte und Dicke der BetondeckungBild 12.8: Erläuterungen zu mögliche Rissursachen, Erscheinungsformen und Ort des AuftretensDie meisten Risse entstehen aus Beanspruchungen durch von außen einwirkenden Lasten und/oderZwängungen. Zwangsbeanspruchungen (→ Zwangsschnittgrößen) entstehen dann, wenn ein statischunbestimmtes Bauteil an Verformungen behindert wird, welche z.B. durch Temperatureinflüsse, Hydratationoder Schwinden des Betons entstehen würden. Je nach Art der Behinderung unterscheidet manzwischen "zentrischem Zwang" (Behinderung einer Längenänderung) und "Biegezwang" (Behinderungeiner Verbiegung); vgl. Bild 12.9 und 12.10.Bild 12.9: Beispiel für eine zentrischeZwangsbeanspruchungBild 12.10: Beispiel für eine Zwangsbeanspruchunginfolge BiegungStand: 12. September 2013Datei: K12_Gebrauchstauglichkeit.doc


Hochschule 21Stahlbetonbau (MAB3)12. GebrauchstauglichkeitProf. Dr.-Ing. J. Göttsche Seite 12.18Nun sind sogenannte "Rissformeln" entwickelt worden, mit deren Hilfe man die an der Oberfläche sichtbareRissbreite näherungsweise berechnen kann. Wesentliche Einflussgrößen in diesen Rissformeln sinddie Biegezugfestigkeit f ct,eff des Betons und die Verbundfestigkeit f bd zwischen Beton und Stahl. Geradediese Größen unterliegen einer sehr großen Streuung, so dass mit Rissformeln eine genauere Rissbreitenberechnungvielfach gar nicht möglich ist. Auch aus Gründen des Korrosionsschutzes ist eine solcheBerechnung nicht notwendig, weil bis zu einer Rissbreite bis zu etwa 0,4 mm der Korrosionsvorgang imwesentlichen von der Dicke und der Dichtigkeit der Betondeckungsschicht beeinflusst wird und nichtdurch den Riss selbst. Aus diesen Gründen wurde im EC2, 7.3 neben den Rissformeln Möglichkeiten angegeben,die ohne direkte Berechnung der Rissbreiten die Gebrauchsfähigkeit und Dauerhaftigkeit sicherstellen.Ziel dieser Regelungen ist• durch Angabe von Konstruktionsregeln die Rissbreiten unter Gebrauchslast auf unschädliche Wertezu beschränken und• durch Vorschriften bezüglich der Mindestbewehrung das Auftreten breiter Einzelrisse infolge vonZwangsbeanspruchungen zu hindern.Bild 12.11: Rissbreite an derOberflächeDie an der Oberfläche sichtbareRissbreite w dient alsMaßstab. Am Stahlstab ist dieRissbreite kleiner, was durchdie inneren Verbundrisse anden Rippen bewirkt wird.12.4.2 Zusammenhänge bei der RissbildungIm folgenden Bild 12.12 ist ein zentrisch gezogener Stahlbetonstab dargestellt. Bevor sich der erste Rissausbildet wird an keiner Stelle des Stabes die Betonzugfestigkeit f ct erreicht. Man spricht dann vom ZustandI. Für die Spannungen und Dehnungen gelten dann die folgenden Beziehungen:σsσcεs= εc→ = →E EscEσ = ⋅ σ = α ⋅σss c E cEcBei Laststeigerung bis zum Erreichen einer Zugkraft F Riss kommt es durch Überschreiten der Zugfestigkeitdes Betons zum ersten Riss (Bild 12.12). Der Ort des ersten Risses kann nicht vorher gesagt werden, daviele Faktoren bei der Herstellung, Nachbehandlung und zufälliger Verteilung von Zuschlagstoffen undZementmatrix die Zugfestigkeit des Betons beeinflussen. Bei einem zentrisch gezogenen Stab wird es jedochdie Querschnittsstelle sein, welche die geringste Zugfestigkeit aufweist. Im Augenblick der Rissentstehungmuss der von Beton getragene Zugkraftanteil vom Betonstahl übernommen werden. Die Stahlspannungwächst dann sprunghaft an, und zwar auf einen Wert (Index R steht für Riss):FRσs ,R=ADie zugehörige Stahldehnung lässt sich ermitteln zuσs ,R Rεs ,R= =Es Es ⋅ AssFStand: 12. September 2013Datei: K12_Gebrauchstauglichkeit.doc


Hochschule 21Stahlbetonbau (MAB3)12. GebrauchstauglichkeitProf. Dr.-Ing. J. Göttsche Seite 12.19Innerhalb der Lasteintragungslänge l t wird ein Teil der Beanspruchung über Verbundspannung in denBeton eingeleitet. Die Dehnungen des Betonstahls sind hier größer als die des Betons. Außerhalb derLasteinleitungslänge entsprechen die Spannungen und Dehnungen den Beziehungen des Zustand I, dasheißt, die Dehnungen des Betons und des Betonstahls sind gleich. Der Unterschied in den Dehnungen imBereich der Einleitungslängen zwischen dem Beton und dem Betonstahl führt zu der Rissbreite w.Bild 12.12: Erstrissbildung bei einem zentrisch gezogenen StahlbetonstabIm Bild 12.13 ist ein Stahlbetonbalken mit Biegebeanspruchung dargestellt. Vor der Bildung des erstenRisses befindet der gesamte Träger sich im Zustand I. Die Dehnungen sind zwischen Beton und Betonstahlgleich. Es gibt deshalb auch keinen Wert für die Verbundspannung, da die Dehnungsdifferenzgleich Null ist. Die Spannungen sind wie die Dehnungen linear veränderlich über die Querschnittshöhe.In Höhe der Bewehrungslage gilt wieder σ = E E ⋅ σ = α ⋅σ.s s c c E cBild 12.13: Erstrissbildung bei einem BiegeträgerStand: 12. September 2013Datei: K12_Gebrauchstauglichkeit.doc


Hochschule 21Stahlbetonbau (MAB3)12. GebrauchstauglichkeitProf. Dr.-Ing. J. Göttsche Seite 12.20Wird die Biegebeanspruchung weiter gesteigert, erfolgt unter der Wirkung des Rissmomentes die Rissbildung.Auch hier tritt der erste Riss an der Stelle auf, wo zufällig die geringste Betonzugfestigkeit vorhandenist. Durch die Übernahme der zuvor von der Zugfestigkeit des Betons getragenen Zugspannungendurch den Betonstahl kommt es zu dem Anwachsen der Stahldehnungen. Auch hier gelten die gleichenAngaben wie bereits beim Zugstab erwähnt.In dem Bild 12.14 ist ein Zustand erreicht, wo keine weiteren Risse im Stab auftreten können. Manspricht dann von der abgeschlossenen Rissbildung. Die aus der Belastung ausgehende Beanspruchungdes Stabes ist auf ganzer Länge größer als die Zugfestigkeit des Betons. Die Dehnungen des Betonstahlssind an jeder Stelle des Stabes größer als die Betondehnungen. Hieraus folgt, dass im gesamten Stabbereicheine Dehnungsdifferenz vorhanden ist.ε − ε > 0sAn keiner Stelle des Stabes liegen die Bedingungen für den Zustand I mehr vor. Der Abstand zwischenden Rissen gibt sich aus der Bedingung der Einleitung von Kräften über die Verbundspannung von Betonstahlzum Beton zul ≤ s ≤ 2⋅lct R tBei zunehmender Laststeigerung entstehen keine neuen Risse. Es kommt lediglich zu einer Vergrößerungder Rissbreite w.Bild 12.14: Abgeschlossene Rissbildung bei einem zentrisch gezogenen StahlbetonstabWie aus dem Bild weiter zu sehen ist, trägt der Beton zwischen den Rissen mit. Deshalb ist die für dieBiegebemessung angesetzte Spannungsverteilung nur für den Querschnitt an der Stelle der Rissbildungzutreffend. Zwischen den Rissen übernimmt der Beton Zugspannungen und somit auch Anteile der Lastabtragungim Zugbereich (tension stiffening effect). Einen genaueren Zusammenhang zwischen Stahldehnungund Stahlspannung erläutert das Bild 12.15.Solange die Beanspruchung kleiner ist als σ sr verbleibt der Träger im Zustand I. Es besteht zwischenSpannungs- und Dehnungsänderung ein linearer Zusammenhang. Wird die Beanspruchung über denWert σ sr hinaus gesteigert, setzt die Rissbildung ein. Hier ist eine überproportionale Steigerung der Dehnungzu erkennen. Die Rissbildung ist ungefähr bei einem Wert von 1,3 · σ sr abgeschlossen. Bei weitererStand: 12. September 2013Datei: K12_Gebrauchstauglichkeit.doc


Hochschule 21Stahlbetonbau (MAB3)12. GebrauchstauglichkeitProf. Dr.-Ing. J. Göttsche Seite 12.21Laststeigerung wachsen die Spannungen annähernd wie zu Beginn der Beanspruchung bis zum Erreichender Stahlspannung f y . Oberhalb der Streckgrenze tritt örtliches Fließen des Bewehrungsstabes auf.Deutlich ist die Beteiligung des Betons zwischen den Rissen zu erkennen, indem diese Kurve mit demreinen Zustand II verglichen wird. Die Steigerung der Spannungs-Dehnungsbeziehung kann als Biegesteifigkeitgedeutet werden. Diese wird für nichtlineare Verfahren bei der Schnittgrößenermittlung benutzt.Bild 12.15: Spannungs-Dehnungs-Linie des Betonstahls bei Berücksichtigung der Mitwirkung des Betonsauf Zug zwischen den RissenIn einem Bauteil mit örtlich unterschiedlicher Beanspruchung können alle Dehnungszustände wie zuvorbeschrieben auftreten.• Dehnungsunterschied zwischen Betonstahl und Stahl ist gleich Null. Es liegt der Zustand I vor.• Dehnungsunterschied ist nur bereichsweise vorhanden. Es liegt die Einzelrissbildung vor.• Dehnungsunterschied ist überall vorhanden. Dies ist der Zustand II der abgeschlossenen Rissbildung.12.4.3 Anforderungen gemäß EC2, Ziffer 7.3Da im Stahlbetonbau Risse unvermeidbar sind, ist die Rissbreite so zu beschränken, dass die ordnungsgemäßeNutzung des Tragwerks sowie sein Erscheinungsbild und die Dauerhaftigkeit als Folge von Rissennicht beeinträchtigt wird. Die Anforderungen an die Dauerhaftigkeit und das Erscheinungsbild einesBauteils gelten im Sinne des EC2 als erfüllt, wenn die Rechenwerte für w max gemäß Tabelle 7.1DE (vgl.Tab. 12.1) eingehalten sind. Für außergewöhnliche Anforderungen (z.B. bei Flüssigkeitsbehältern) könnteneventuell höhere Begrenzungen an die Rissbreite gestellt werden. Der Nachweis zur Begrenzung derRissbreite in der Norm umfasst die folgenden Nachweise• Nachweis der rissbreitenbegrenzenden Mindestbewehrung (EC2, 7.3.2)• Nachweis der Rissbreite unter der maßgebenden Einwirkungskombination(indirekter Nachweis gemäß EC2, 7.3.3 oder direkter Nachweis gemäß EC2, 7.3.4)Stand: 12. September 2013Datei: K12_Gebrauchstauglichkeit.doc


Hochschule 21Stahlbetonbau (MAB3)12. GebrauchstauglichkeitProf. Dr.-Ing. J. Göttsche Seite 12.22Tabelle 12.1: Rechenwerte für w max in [mm]ExpositionsklasseStahlbeton undVorspannungohne VerbundVorspannung mitnachträglichemVerbundmit EinwirkungskombinationVorspannung mitsofortigemVerbundQuasi-ständig häufig häufig selten1 X0, XC1 0,4 mm 0,2 mm 0,2 mm --2 XC2 – XC4 0,3 mm 0,2 mm b),c) 0,2 mm b) --3 XS1 – XS3XD1, XD2, XD3 d)Dekompression0,2 mma) Bei den Expositionsklassen X0 und XC1 hat die Rissbreite keinen Einfluss auf die Dauerhaftigkeit unddieser Grenzwert wird i. Allg. zur Wahrung eines akzeptablen Erscheinungsbildes gesetzt. Fehlen entsprechendeAnforderungen an das Erscheinungsbild, darf dieser Grenzwert erhöht werden.b) Zusätzl. ist der Nachw. der Dekompression unter der quasi-ständigen Einwirk.-kombination zu führen.c) Wenn der Korrosionsschutz anderweitig sichergestellt wir (Hinweise hierzu in den Zulassungen derSpannverfahren), darf der Dekompressionsnachweis entfallen.d) Beachte 7.3.1 (7).Beim Stoß von Betonstahlmatten in zwei Ebenen mit einem Querschnitt a s ≤ 6 cm²/m ist der Nachweisder Rissbreitenbegrenzung im Stoßbereich mit einer um 25% erhöhten Stahlspannung zu führen.Bei Platten mit einer Gesamtdicke h ≤ 200 mm in der Expositionsklasse XC1, die durch Biegung ohne wesentlichenzentrischen Zug beansprucht werden, sind keine Nachweise zur Begrenzung der Rissbreiteerforderlich, wenn die Konstruktionsregeln nach EC2 eingehalten werden.12.4.4 Rissbreitenbegrenzende Mindestbewehrung (EC2, 7.3.2)Die Anordnung einer Mindestbewehrung dient der Aufnahme von Zwangseinwirkungen und Eigenspannungen.Diese Mindestbewehrung ist unter Berücksichtigung der Anforderungen an die Rissbreitenbegrenzungfür die Schnittgrößenkombination zu bemessen, die im Bauteil zur Erstrissbildung führt. BeiStahlbetonbauteilen darf die Mindestbewehrung vermindert werden, wenn die Zwangsschnittgröße dieRissschnittgröße nicht erreicht. Die Mindestbewehrung ist dann durch eine Bemessung für die nachgewieseneZwangsschnittgröße zu ermitteln. Hierbei ist die Anforderung an die Rissbreitenbeschränkungzu berücksichtigen. Die Mindestbewehrung ist bei profilierten Querschnitten, wie z.B. Hohlkasten- oderPlattenbalkenquerschnitten für jeden Teilquerschnitt einzeln nachzuweisen.Der erforderliche Mindestbewehrungsquerschnitt zur Begrenzung der Rissbreite kann nach der folgendenFormel ermittelt werden:Dabei ist:1A = ⋅k ⋅k ⋅ f ⋅ Aσs ,min c ct ,eff ctsA s,minA ctdie Mindestquerschnittsfläche der Betonstahlbewehrung innerhalb der Zugzone.die Fläche der Betonzugzone. Die Zugzone ist derjenige Teil des Querschnitts oder Teilquerschnitts,der unter der zur Erstrissbildung am Gesamtquerschnitt führenden Einwirkungskombinationim ungerissenen Zustand rechnerisch unter Zugspannungen steht.Stand: 12. September 2013Datei: K12_Gebrauchstauglichkeit.doc


Hochschule 21Stahlbetonbau (MAB3)12. GebrauchstauglichkeitProf. Dr.-Ing. J. Göttsche Seite 12.23σ sf ct,effkk cder Absolutwert der maximal zulässigen Spannung in der Betonstahlbewehrung unmittelbarnach Rissbildung. Dieser darf als die Streckgrenze f yk angenommen werden. Zur Einhaltungder Rissbreitengrenzwerte kann allerdings ein geringerer Wert entsprechend dem Grenzdurchmesserder Stäbe oder dem Höchstwert der Stababstände erforderlich werden (vgl.EC2, 7.3.3 (2)).die wirksame Beton-Zugfestigkeit zum betrachteten Zeitpunkt t, die beim Auftreten der Rissezu erwarten ist (bei diesem Nachweis: der Mittelwert der Zugfestigkeit f ctm ). In vielen Fällen,z.B. wenn der maßgebende Zwang durch Abfließen der Hydratationswärme entsteht, kanndie Rissbildung in den ersten 3 bis 5 Tagen nach dem Betonieren entstehen. In diesem Falldarf die wirksame Zugfestigkeit auf 0,5 · f ctm gesetzt werden, sofern in der Baubeschreibungund auf den Ausführungsplänen entsprechende Vermerke vorgenommen werden, damit aufder Baustelle bei der Festlegung des Betons eine entsprechende Aufforderung aufgenommenwerden kann. Wenn die Rissbildung nicht mit Sicherheit in den ersten 28 Tagen erfolgt, ist alsMindestwert für die Zugfestigkeit f ctm des Normalbetons 3,0 N/mm² anzusetzen.ein Beiwert zur Berücksichtigung von nichtlinear verteilten Betonzugspannungen und weiterenrisskraftreduzierenden Einflüssen; es gelten folgende modifizierte Beiwerte:a) bei Zugspannungen infolge im Bauteil selbst hervorgerufenen Zwangswie z.B. Eigenspannungen durch Abfließen der Hydratationswärme:k = 0,8 für Querschnitte mit h ≤ 300 mmk = 0,5 für Querschnitte mit h ≥ 800 mm(Zwischenwerte interpolieren; für h gilt der kleinere Wert von Höhe oder Breite desQuerschnitts oder des Teilquerschnitts)b) Zugspannungen infolge außerhalb des Bauteils hervorgerufenen Zwangs wie z.B. Setzungk = 1,0ein Beiwert zur Erfassung des Einflusses der Spannungsverteilung innerhalb des Querschnittesvor der Erstrissbildung sowie Änderung des inneren Hebelarms:a) bei reinem Zug: k c = 1,0b) bei Biegung oder Biegung mit Normalkraft bei Rechteckquerschnitten undStegen von Plattenbalken und Hohlkästen:⎡ σ ⎤ckc= 0,4 ⋅ ⎢1 − ⎥ ≤ 1⎢⎣k1⋅( h h' ) ⋅ fct ,eff ⎥⎦c) bei Biegung oder Biegung mit Normalkraft bei Zuggurten von Plattenbalkenund Hohlkästen:Fcrkc= 0, 9 ⋅ ≥ 0,5Act⋅ fct ,effHierin sind:σ ck 1die Betonspannung in Höhe der Schwerlinie des Querschnitts im ungerissenen Zustandunter der Einwirkungskombination, die am Gesamtquerschnitt zur Erstrissbildung führt;σ = N b⋅h(Hinweis: Druckspannung gilt als positiver Wert!)der Beiwert zur Berücksichtigung der Auswirkungen der Normalkräfte auf dieSpannungsverteilung: k 1 = 1,5 falls N Ed eine Druckkraft ist und k 1 = 2·h‘/(3·h), falls N Edeine Zugkraft ist.h‘ Korrekturbeiwert: h‘ = h für h > 1,0 m; h‘ = 1,0 m für h ≥ 1,0 m.F crcEd( )der Absolutwert der Zugkraft im Gurt unmittelbar vor Rissbildung infolge desmit f ct,eff berechneten Rissmoments.Stand: 12. September 2013Datei: K12_Gebrauchstauglichkeit.doc


Hochschule 21Stahlbetonbau (MAB3)12. GebrauchstauglichkeitProf. Dr.-Ing. J. Göttsche Seite 12.24Bei profilierten Querschnitten wie Hohlkästen oder Plattenbalken wird die Mindestbewehrung für jedenTeilquerschnitt, also für die Gurte und Stege einzeln nachgewiesen. Die Zerlegung erfolgt immer so, dassein mindestens einem Querschnittsrand die Zugfestigkeit erreicht wird (Bild 12.16).Bild 12.16: Aufteilung in Teilquerschnitte am Beispiel eines Plattenbalkens über einer StützungDen oben angegebenen Formeln zur Berechnung der Mindestbewehrung liegt die Risstheorie für dünneBauteile zugrunde. Bei dicken oder hohen Bauteilen (Bild 12.17) liegen die Bewehrungslagen soweitauseinander, dass sich zwischen den weit entfernt voneinander liegenden Trennrissen (Primärrissen)eine Vielzahl von Sekundärrissen einstellen, die sich nur über eine effektive Höhe h eff ausbreiten undnicht den ganzen Querschnitt durchtrennen. Die Zugkraft für die Bildung der Sekundärrisse ist damitkleiner als die Zugkraft zur Erzeugung des nächsten durchgehenden Trennrisses. Die Sekundärrisse tragenzum Abbau der Zugkraft infolge Zwang bei, so dass die Mindestbewehrung von dicken Bauteilenunmittelbar bei der Trennrissbildung höher ausgenutzt werden kann. Die zur Bildung der Sekundärrisseerforderliche Risskraft darf deshalb im Wirkungsbereich einer Bewehrungslage A c,eff mit der effektivenDicke h c,eff ermittelt werden. Es ist sicherzustellen, dass die ermittelte Mindestbewehrung im Trennriss(Primärriss) nicht fließt.Bild 12.17: Rissbildungsmechanismus bei dünnen (a) und dicken (b) Bauteilen unter zentrischem ZugStand: 12. September 2013Datei: K12_Gebrauchstauglichkeit.doc


Hochschule 21Stahlbetonbau (MAB3)12. GebrauchstauglichkeitProf. Dr.-Ing. J. Göttsche Seite 12.25Für dicke Bauteile gilt hinsichtlich der Mindestbewehrung also:Dabei ist:A c,effA ctder Wirkungsbereich der Bewehrung nach Bild 12.18 mit A c,eff = h c,ef · bdie Fläche der Betonzugzone je Bauteilseite mit A ct = 0,5· h · bk c , k vgl. Beiwerte auf S. 12.23⎧ 1≥ ⋅ fct ,eff⋅ Act1fykA = s ,minfct ,effAc ,effσ⋅ ⋅ ⎪⎨s⎪≤ 1 ⋅ k ⋅ k ⋅ f ⋅ A⎪⎩ σsc ct ,eff ctBei dicken Bauteilen kann durch Einsatz von langsam erhärtenden Betonen (r ≤ 0,3) eine Verminderungder Zwangsspannungen beim Abfließen der Hydratationswärme erzielt werden. In diesem besonderenFall darf die ermittelte Mindestbewehrung um 15% reduziert werden. Die Ausführungspläne müssenhierzu Hinweise geben.Höhe der W.-zone h c,ef :m = 1 (zentr. Zug)m = 2 (Biegung)0 ≤ h/d1< 5·m : hc,ef= 0,5·h/m5·m ≤ h/d1< 30·m : hc,ef= 0,1·h/m + 2,0·d1h/d1≥ 30·m: hc,ef= 5,0·d1Bild 12.18: Wirkungsbereich bei Bauteilen unter ZugbeanspruchungDie Mindestbewehrung ist überwiegend am gezogenen Querschnittsrand anzuordnen, mit einem angemessenenAnteil aber auch so über die Zugzone zu verteilen, dass die Bildung breiter Sammelrisse vermiedenwird (Bild 12.19).Bild 12.19: Rissbild eines hohen Balkens mit schwacher StegbewehrungStand: 12. September 2013Datei: K12_Gebrauchstauglichkeit.doc


Hochschule 21Stahlbetonbau (MAB3)12. GebrauchstauglichkeitProf. Dr.-Ing. J. Göttsche Seite 12.2612.4.5 Begrenzung der Rissbreite ohne direkte Berechnung (EC2, 7.3.3)Die Begrenzung der Rissbreite erfolgt durch Einhaltung von Konstruktionsregeln. Die Rissbreiten werden– unter den Voraussetzungen einer ausreichenden Mindestbewehrung nach Kap. 12.4.4 – auf zulässigeWerte begrenzt, wenn bei Rissen• infolge überwiegenden Zwangs der Stabdurchmesser nach Tabelle 12.2 (bzw. EC2, Tab. 7.2DE) eingehaltenist. Dabei ist für die Stahlspannung σ s der Wert unmittelbar nach Rissbildung (vgl. gemäß Definitionin Kap. 12.4.4) einzusetzen.• infolge überwiegend direkter Einwirkungen (Lastbeanspruchung) die Bedingungen nach Tabelle 12.2bezüglich der Stabdurchmesser oder die Bedingungen nach Tabelle 12.3 (bzw. EC2, Tab. 7.3N) bezüglichder Stababstände eingehalten sind. Die Stahlspannung σ s ist in der Regel auf Grundlage gerissenerQuerschnitte unter der maßgebenden (quasi-ständigen) Einwirkungskombination zu ermitteln.Der Eingangswert für die Bestimmung des Grenzdurchmessers aus Tabelle 12.2 oder des Grenzabstandesaus Tabelle 12.3 ist die Stahlspannung σ s . Der Ablesewert ist ein Grenzdurchmesser ∅ s * , der in Abhängigkeitvon der effektiven Betonzugfestigkeit f ct,eff , der Bauteildicke und ggf. vom Randabstand derBewehrung modifiziert werden muss und damit auf das maximal zulässige Maß des Stabdurchmessers∅ s,lim führt. Es gilt: ∅ s,prov ≤ ∅ s,lim .Bei überwiegender Lastbeanspruchung kann alternativ auch der Höchstwert der Stababstände gemäßTabelle 12.3 ohne weitere Modifikation abgelesen werden. In einigen Publikationen wird jedoch davonabgeraten, die Begrenzung der Rissbreite über die Höchstwerte der Stababstände sicherzustellen; wenn,dann nur bei Platten mit einlagiger Bewehrung.Tabelle 12.2: Grenzdurchmesser bei Betonstählen gemäß EC2, Tab. 7.2DEStahlspannung w k = 0,40σ s [N/mm²] b) mmGrenzdurchmesser der Stäbe ∅ s * in mm a)w k = 0,30mmw k = 0,20mmw k = 0,15mmw k = 0,10mm160 54 41 27 20 14180 43 32 21 16 11200 35 26 17 13 9220 29 22 14 11 7240 24 18 12 9 6260 21 15 10 8 5280 18 13 9 7 4300 15 12 8 6 -320 14 10 7 5 -340 12 9 6 5 -360 11 8 5 4 -400 9 7 4 - -450 7 5 3 - -a) Die Werte dieser Tabelle basieren auf den folgenden Annahmen: Grenzwerte der Gleichungen7.9 und 7.11 des EC2 mit f ct,eff = 2,9 N/mm² und E s = 200000 N/mm²:b) unter der maßgebenden Einwirkungskombinationσ = w ⋅3,48 ⋅10∅6 ∗s k sStand: 12. September 2013Datei: K12_Gebrauchstauglichkeit.doc


Hochschule 21Stahlbetonbau (MAB3)12. GebrauchstauglichkeitProf. Dr.-Ing. J. Göttsche Seite 12.27Tabelle 12.3: Höchstwerte der Stababstände zur Rissbreitenbegrenzung gemäß EC2, Tab. 7.3NStahlspannungσ s [N/mm²] a)Höchstwerte der Stababstände in mmw k = 0,40 mm w k = 0,30 mm w k = 0,20 mm160 300 300 200200 300 250 150240 250 200 100280 200 150 50320 150 100 -360 100 50 -a) unter der maßgebenden EinwirkungskombinationFür Stahlbetonbauteile müssen die Grenzdurchmesser (ggf. der maximale Stababstand) wie folgt nachgewiesenwerden:• für die Mindestbewehrung bei Biegezwang (Kap. 12.4.4):fc cr ct ,efff∗ k ⋅k ⋅h∗∅s ,lim= ∅s ⋅ ⋅ ≥ ∅s⋅4 ⋅( h − d ) fct , 0fct , 0• für die Mindestbewehrung bei zentr. Zwang (Kap. 12.4.4):fc cr ct ,efff∗ k ⋅k ⋅h∗∅s ,lim= ∅s ⋅ ⋅ ≥ ∅s⋅8 ⋅• wie vor, jedoch bei dicken Bauteilen (Kap. 12.4.4):∅s ,limf∗= ∅s⋅fct ,effct ,eff( h − d ) fct , 0fct , 0ct ,effct , 0• bei einer Lastbeanspruchung (überwiegend direkte Einwirkungen):Dabei ist:f∗ σs⋅ As∗∅s ,lim= ∅s ⋅ ≥ ∅s⋅4 ⋅ − ⋅ ⋅ct ,eff( h d ) b fct , 0fct , 0oders ≤ sll ,lim∅ s,lim der modifizierte Grenzdurchmesser; es gilt: ∅ s,prov ≤ ∅ s,lim .∅ s*der Grenzdurchmesser nach Tabelle 12.2;h, d die Gesamthöhe bzw. die Nutzhöhe des Querschnittsh crf ct,effdie Höhe der Zugzone unmittelbar vor Rissbildungdie wirksame Zugfestigkeit zum betrachteten Zeitpunkt t, die beim Auftreten der Risse zu erwartenist (bei diesem Nachweis: der Mittelwert der Zugfestigkeit f ctm ). In vielen Fällen, z.Bwenn der maßgebende Zwang durch Abfließen der Hydratationswärme entsteht, kann dieRissbildung in den ersten 3 bis 5 Tagen nach dem Betonieren entstehen. In diesem Fall darfdie wirksame Zugfestigkeit auf 0,5 · f ctm gesetzt werden, sofern in der Baubeschreibung undauf den Ausführungsplänen entsprechende Vermerke vorgenommen werden, damit auf derBaustelle bei der Festlegung des Betons eine entsprechende Aufforderung aufgenommenwerden kann. Wenn die Rissbildung nicht mit Sicherheit in den ersten 28 Tagen erfolgt, ist alsMindestwert für die Zugfestigkeit f ctm des Normalbetons 3,0 N/mm² anzusetzen.Stand: 12. September 2013Datei: K12_Gebrauchstauglichkeit.doc


Hochschule 21Stahlbetonbau (MAB3)12. GebrauchstauglichkeitProf. Dr.-Ing. J. Göttsche Seite 12.28s l,lim der Grenzstababstand nach Tabelle 12.3;f ct,0der Bezugswert für die Betonzugfestigkeit = 2,90 N/mm².Bei unterschiedlichen Stabdurchmessern darf ein mittlerer Durchmesser angesetzt werden.∅ s,m = Σ ∅ s,i 2 / Σ ∅ s,iBei Stabbündeln muss der Vergleichsdurchmesser ∅ sn nachgewiesen werden.∅ sn = ∅ s · √ nBei Betonstahlmatten mit Doppelstäben darf jedoch der Durchmesser des Einzelstabes nachgewiesenwerden. Es braucht also kein Vergleichsdurchmesser gebildet werden.Werden Betonstahlmatten mit a s ≥ 6,0 cm²/m in zwei Ebenen gestoßen, so ist im Stoßbereich derNachweis mit einer um 25% erhöhten Stahlspannung zu führen.Beispiel 12.5: Nachweis der Rissbreitenbegrenzung für eine einachsig gespannte EinfeldplatteGegeben: Die 5,8 m lange Einfeldplatte mit d/h = 213/260 mm hat als ständige Flächenlast ist g K =6,5 kN/m² und als veränderliche Last q k = 5,0 kN/m² (Lagerraum: ψ 2 = 0,6) aufzunehmen. Zum Einsatzkommt ein C25/30. Die maßgebende Expositionsklasse ist XC2. Kriechen und Schwinden sinddurch die Parameter ϕ ∞,t0 = 2,5 (Endkriechzahl) und ε cs = -0,5 0 / 00 (Endschwindmaß) zu berücksichtigen.Die Platte ist in horizontaler Richtung zwängungsfrei gelagert.Die Biegebemessung hat für das maßgebende Feldmoment mit m Ed = 68,44 kNm/m eine Bewehrungvon a s,rqd = 7,52 cm²/m ergeben. Als Bewehrung wird eine R424 von Auflager zu Auflagerdurchgeführt und im mittleren Feldbereich eine weiteren Matte R335 hinzugelegt (a s,prov = 4,24 +3,35 = 7,59 cm²/m).Gesucht: Mindestbewehrung und Nachweis der Rissbreite ohne direkte Berechnung.Mindestbewehrung:Die Platte ist statisch bestimmt gelagert, so dass keine Zwangsschnittgrößen entstehenkönnen. Beim Abfließen der Hydratationswärme kann sich die Platte zwängungsfrei verkürzen. Eine Mindestbewehrung zur Begrenzung der Rissbreite ist somit nicht erforderlich.Grenzdurchmesser zur Rissbreitenbegrenzung:Risse werden durch Lastbeanspruchung hervorgerufen; die maßgebende Gleichung ist:⎧ ∗ σs⋅ As⎫∅s⋅4 ( h d ) b f⎪ ⋅ − ⋅ ⋅ct , 0 ⎪∅s ,prov≤ ∅s ,lim= max ⎨ ⎬⎪ f∗ ct ,eff∅s⋅⎪⎪⎩2,9 ⎪⎭Stahlspannung im Zustand II unter quasi-ständiger Last (Lagerraum: ψ 2 = 0,6):mit m Ed,perm = (6,5 + 0,6·5,0)·5,8²/8 = 39,95 kNm/m und z ≈ 0,9·dStand: 12. September 2013Datei: K12_Gebrauchstauglichkeit.doc


Hochschule 21Stahlbetonbau (MAB3)12. GebrauchstauglichkeitProf. Dr.-Ing. J. Göttsche Seite 12.291 ⎛ mEd ,perm ⎞ 1 ⎛ 39,95 ⎞σs= ⋅ ⎜ + nEd ,perm ⎟ ≈ ⋅ 0 27, 45 kN cm 274, 5 N mmasz 7, 59⎜ + = =0, 9 ⋅0,213⎟⎝⎠ ⎝⎠2 2Ablesewert aus Tab. 12.2 (für w k = 0,3 mm):∅ s * = 13,5 mm⎧ 274, 5⋅759,0 ⎫13,5⋅4 ( 260 213)1000 2,9⎪ ⋅ − ⋅ ⋅ ⎪ ⎧51,6⎫∅s ,lim= max ⎨ ⎬ = max ⎨ ⎬ = 12, 1mm⎪2,612,113,5⋅⎪ ⎩ ⎭⎪⎩2 , 9 ⎪⎭Nachweis: ∅ s,prov = 8,52 mm ≤ 12,1 mm = ∅ s,lim Ergänzung: Der Nachweis der Rissbreitenbegrenzung über die Höchstwerte der Stababstände mits l ≤ s l,lim gemäß Tabelle 12.3 führt zu folgendem Ergebnis:Ablesewert aus Tab. 12.3 (für w k = 0,3 mm und σ s = 274,5 N/mm²):Nachweis: s l,prov = 150 mm ≤ 156 mm = s l,lim s l,lim = 156 mmBeispiel 12.6: Nachweis der Rissbreitenbegrenzung für eine Winkelstützwand (w k,max = 0,3 mm)Gegeben: Zur Abstützung eines 3,0 mhohen Geländesprungs soll die dargestellteWinkelstützwand aus C30/37 errichtetwerden. Die Schnittgrößen amWandfuß wurden bereits bestimmt.n Gk = -21,0 kN/mm Ek = 37,5 kNm/m (ständiger Erddruck)m Qk = 22,5 kNm/m (veränderl. Last auf Erdr.)Betondeckung: c nom = 35 mm (XC2, erdseitig)c nom = 55 mm (XD3, luftseitig)Die vertikale Bewehrung (innen: ∅16/20;außen: ∅12/25) liegt vor der horizontale Bewehrung(jeweils ∅10/17,5) und wurde bereits nach Durchführungder Biegebemessung bestimmt (innen: a s,rqd = 8,15 cm²/m).Gesucht: Nachweis zur Rissbreitenbegrenzung für die horizontale Bewehrung (Zwang infolge Abfließender Hydratationswärme) sowie die vertikale Bewehrung (Nachweis für die Lastbeanspruchung).Mindestbewehrung in horizontaler Richtung:Hinweis: Die Wand hat in horizontaler Richtung keine Lasten aufzunehmen. Sie wirdlediglich durch Zwangsspannungen infolge Abfließen der Hydratationswärme beansprucht.Es muss davon ausgegangen werden, dass die aufgehende Wand auf die bereitserhärtete Sohlplatte betoniert wird. Die Mindestbewehrung soll in der Lage sein, dieZwangsschnittgrößen aufzunehmen und die vertik. Risse zu kontrollieren (w k ≤ 0,3 mm).Stand: 12. September 2013Datei: K12_Gebrauchstauglichkeit.doc


Hochschule 21Stahlbetonbau (MAB3)12. GebrauchstauglichkeitProf. Dr.-Ing. J. Göttsche Seite 12.30erforderliche. Mindestbewehrung (je Seite):Beiwert k c bei reinem Zug: k c = 1,0Beiwert k bei Querschnitten mit h ≤ 300 m: k = 0,8Eff. Zugfestigkeit (Zwang aus abfl. Hydratationswärme): f ct,eff = 0,5 · 2,9 = 1,45 N/mm²Fläche der Zugzone:(kein dickes Bauteil)h c,ef = 2,5 · d 1 ≤ h/2 → d 1 = c nom + ∅ s,horiz. /2 = 35+16+5 = 56 mmh c,ef = min {140 ; 140) = 140 mma ct = 1000 · 140 = 140000 mm/mσ s ist in Abhängigkeit der Tabelle 12.2 zu bestimmen:→∅10/15: wegen f ct,eff = 1,45 ≤ f ct,0 = 2,9 N/mm² muss der Grenzdurchmesserumgerechnet werden zu: ∅ s * = ∅ s · f ct,0 /f ct,eff = 10,0 · 2,9/1,45 = 20 mmInterpolierter Ablesewert für σ s aus Tab. 12.2 bei w k = 0,3 mm ist 230 N/mm²1230Nachweis (je Seite): a s,min = 7,06 cm²/m ≤ ∅10/17,5 = 8,98 cm²/m Nachweis des gewählten Durchmessers (für horizontale Richtung):1a = ⋅k ⋅k ⋅ f ⋅aσs ,min c ct ,eff cts2as ,min= ⋅1, 0 ⋅0, 8 ⋅1, 45⋅ 140000 = 706 mm m = 7, 06 cm mf∗ ct ,eff 1,45∅s ≤ ∅s ,lim= ∅s⋅ = 20 ⋅ = 10 mmf 2,9ct , 0(∅ s * = 20 mm für σ s = 230 N/mm²)Nachweis erfüllt (∅ s,prov = 10mm ≤ ∅ s,lim ), da σ s bereits bei der Ermittlung der Mindestbewehrung- auf vorgesehenen Durchmesser angepasst - mit 230 N/mm² vorgegeben wurde.Mindestbewehrung in vertikaler Richtung:Die Kragplatte ist statisch bestimmt gelagert, so dass keine Zwangsschnittgrößen entstehenkönnen. Beim Abfließen der Hydratationswärme kann sich die Platte in vertikalerRichtung zwängungsfrei verkürzen. Eine Mindestbewehrung zur Begrenzung horizontalerRissbreite ist somit nicht erforderlich.Grenzdurchmesser zur Rissbreitenbegrenzung:Hinweis: Die Wand hat in vertikaler Richtung Biegemomente infolge Erddruck aufzunehmen.Die Schnittgrößen bei quasi-ständiger Last (Verkehrs; Fahrzeuglast ≤ 30 kN:ψ 2 = 0,6) ergeben sich zu:n Ed,perm = -1,0 · 21,0 = -21,0 kN/mm Ed,perm = 37,5 + 0,6 · 22,5 = 51,0 kNm/mmit z s = h/2 – d 1 = 280/2 – (35+16/2) = 97 mm(Eigenlast wirkt ungünstig)→ m Eds,perm = 51,0 – (-21,0) · 0,097 = 53,04 kNm/mRisse werden also durch Lastbeanspruchung hervorgerufen; die maßg. Gleichung ist:⎧ ∗ σs⋅ As⎫∅s⋅4 ( h d ) b f⎪ ⋅ − ⋅ ⋅ct , 0 ⎪∅s ,prov≤ ∅s ,lim= max ⎨ ⎬⎪ f∗ ct ,eff∅s⋅⎪⎪⎩2,9 ⎪⎭Stand: 12. September 2013Stahlspannung im Zustand II:mit z ≈ 0,9·d = 0,9 · (280 – 35 – 16/2) = 291 mmDatei: K12_Gebrauchstauglichkeit.doc


Hochschule 21Stahlbetonbau (MAB3)12. GebrauchstauglichkeitProf. Dr.-Ing. J. Göttsche Seite 12.311 ⎛ mEd ,perm ⎞ 1 ⎛ 53,04 ⎞σs= ⋅ ⎜ + nEd ,perm ⎟ ≈ ⋅ , , kN cm , N mmasz 10, 1⎜ + − = =0,291⎟⎝⎠ ⎝⎠2 2( 21 0) 15 97 159 7Ablesewert aus Tab. 12.2 (für w k = 0,3 mm): ∅ * s = 41,0 mm⎧159,7⋅1010⎫41,0 ⋅4 ( 280 237)1000 2,9⎪ ⋅ − ⋅ ⋅ ⎪ ⎧13,3⎫∅s ,lim= max ⎨ ⎬ = max ⎨ ⎬ = 41, 0mm⎪2,941,041,0 ⋅⎪ ⎩ ⎭⎪⎩2 , 9 ⎪⎭Nachweis: ∅ s,prov = 16,0 mm ≤ 41,0 mm = ∅ s,lim Ergänzung: Der Nachweis der Rissbreitenbegrenzung über die Höchstwerte der Stababstände mits l ≤ s l,lim gemäß Tabelle 12.3 führt zu folgendem Ergebnis:Ablesewert aus Tab. 12.3 (für w k = 0,3 mm und σ s = 159,7 N/mm²):Nachweis: s l,prov = 200 mm ≤ 300 mm = s l,lim s l,lim = 300 mm12.4.6 Rechnerische Ermittlung der RissbreitenDie Begrenzung der Rissbreite darf gemäß EC2, 7.3.4 auch durch direkte Berechnung (besser „Abschätzung“)nachgewiesen werden. Bei den Ansätzen zur rechnerischen Bestimmung der Rissbreite ist grundsätzlichzwischen den Zuständen „Erstrissbildung“ und „abgeschlossene Rissbildung“ zu unterscheiden.• ErstrissbildungKennzeichnend für die Erstrissbildung ist, dass sich die Einleitungslängen l t voll ausbilden können.Außerhalb der Einleitungslängen sind die Dehnungen im Beton und im Stahl gleich (ε s = ε c ). Die Rissbreiteergibt sich aus dem Integral der Dehnungsdifferenzen von Beton und Betonstahl innerhalb derLasteintragungslänge beidseitig des Risses.Die Dehnungsverteilung ist parabelförmig. Ermittelt man sich die mittlere Dehnung für den Betonund Stahl, so beträgt die mittlere Rissbreitew+ lt∫( ε ε )= −m s c−ltdx( ε ε )= 2⋅l⋅ −t sm cmBild 12.20: Erstrissbildung beieinem ZugstabStand: 12. September 2013Datei: K12_Gebrauchstauglichkeit.doc


Hochschule 21Stahlbetonbau (MAB3)12. GebrauchstauglichkeitProf. Dr.-Ing. J. Göttsche Seite 12.32Außerhalb der beiden Eintragungslängen ist das Verbundsystem „Beton und Betonstahl“ ungestört.Es gelten dort wegen ε s = ε c die bekannten Beziehungen:mit σ s = E s · ε s = α E · σ ct und α E = E s /E cm .Innerhalb von l t wird die Kraft F c über die Verbundspannungen τ sm zwischen der Mantelfläche desBewehrungsstabes und dem umgebenden Beton in den Beton eingeleitet (u s = π ·∅ s ):Setzt man F c = ∆F s (Differenzkraft im Stahl, die innerhalb der Einleitungslänge über die Verbundspannungenumgelagert wird), so lässt sich folgender Zusammenhang herstellen:Unmittelbar bei Einsetzen des ersten Risses ist F = F Riss und damit F ≈ f ct,eff · A i . Genau im Riss beträgtdie Stahlspannung dann mit ρ eff = A s /A c,eff :Der Spannungssprung ∆σ s lässt sich nun wie folgt berechnen:Damit kann nun die Einleitungslänge bestimmt werden:• Abgeschlossene Rissbildung( )F = F + F = σ ⋅ A + σ ⋅ A = σ ⋅ A + α ⋅σ ⋅ A = σ ⋅ A + α ⋅ A = σ ⋅ Ac s ct c ,eff s s ct c ,eff E Ct s ct c ,eff E s ct iF = τ ⋅l ⋅ u = τ ⋅l⋅π⋅∅c sm t s sm t s∅∆σ ∅∆Fc = ∆σs⋅ As = ∆σs⋅π ⋅ = τsm⋅lt ⋅π⋅∅s → lt= ⋅4 τ 4σs s sF fct ,eff⋅ Ai ARissc ,eff+ αE ⋅ A ⎛s1 ⎞= = = f ⋅ = f ⋅ + αAs As A⎜sρ ⎟⎝ eff ⎠s ,Riss ctm ct ,eff E∆σ σ σ⎛ ⎞α α⎝ ⎠1 ct ,effs=s ,Riss−s= fct ,eff⋅ +E−E⋅ fct ,eff=⎜ρ ⎟effρeff∆σs∅ fs ct ,eff ∅slt= ⋅ = ⋅τ 4 ρ ⋅τ4sm eff smDie einwirkende Kraft F ist im gesamten Bereich größer als die notwendige Risskraft F Riss . Dieses führtzur der in Bild 12.21 dargestellten Rissanordnung mit den zugehörigen Dehnungsverläufen ε c(x) undε s(x) . Eine ebener Dehnungszustand liegt an keiner Stelle mehr vor. Die mittlere Rissbreite ist wiederumaus dem Integral der Dehnungsunterschiede über den Störungsbereich zu ermitteln. Der Abstandzwischen zwei Rissen, der mit s r bezeichnet wird, wird begrenzt durch l t ≤ s r ≤ 2 · l t .fsmw+ s r / 2∫( ε ε )= −m s c−s r / 2( ε ε )= s ⋅ −r sm cmdxBild 12.21: Abgeschlossene Rissbildungbei einem ZugstabStand: 12. September 2013Datei: K12_Gebrauchstauglichkeit.doc


Hochschule 21Stahlbetonbau (MAB3)12. GebrauchstauglichkeitProf. Dr.-Ing. J. Göttsche Seite 12.33Der Rissabstand s r kann durch eine Extremwertbetrachtung eingegrenzt werden. Der minimale Rissabstandstellt sich dann ein, wenn sofort am Ende der Eintragungslänge ein weiterer Riss entsteht, dahier die Zugfestigkeit wieder erreicht ist. Der maximale Rissabstand kann höchstens das doppelteMaß der Einleitungslänge einnehmen. Größere Anstände sind rechnerisch nicht möglich, da dann sofortein neuer Riss diesen Abstand „halbiert“ und damit der neue Rissabstand der Einleitungslängeentspricht.s ≤ s ≤ s → l ≤ s ≤ 2⋅l → s ≈ 1, 5⋅lr ,min r r ,max t r t rm tDas im EC2 angegebene Berechnungsverfahren darf für beide Zustände angewendet werden, in demman durch Einführung einer unteren Schranke (Erstrissbildung) und einer oberen Schranke (abgeschlosseneRissbildung) definiert. Im EC2 wird die charakteristische Rissbreite deshalb wie folgt bestimmt:Darin ist der maßgebende Rissabstand zu berechnen mitFür die abschließende Berechnung der Rissbreite fehlen noch Bestimmungsgleichungen für die mittlereStahldehnung ε sm und die mittlere Betondehnung ε cm . Die mittlere Stahldehnung ε sm ergibt sich aus dermaximalen Stahldehnung ε sm,max abzüglich eines Terms, der durch die Mitwirkung des Betons zwischenden Rissen (tension stiffening = Zugversteifung) hervorgerufen wird. Der parabolische Verlauf der Stahldehnungwird durch einen Völligkeitsbeiwert k t auf einen konstanten (mittleren) Verlauf umgerechnet:Die Betondehnung folgt einem vergleichbaren parabolischen Kurvenverlauf, so dass der mittlere Wertdurchσcεcm= kt⋅ Ebeschrieben werden kann. Im EC2 wird die Größe von (ε sm - ε cm ) durch eine umgestellte Formel angegeben;sie lautet:⎧σs ⎫⎪ 0,6 ⋅E ⎪s⎪⎪εsm− εfcm= max ⎨ ct ,eff⎬⎪σs− kt ⋅ ⋅ ( 1 + αE ⋅ ρeff)ρ⎪eff⎪⎪⎪⎩Es⎪⎭Dabei ist:σ sσ s s 1s ssm sm ,max smk∆σ ⎛tk∆σ ⎞ε = ε − ∆ε = − ⋅ = ⎜ − σt⋅ ⎟ ⋅Es Es ⎝ Es ⎠ Escmdie Spannung in der Zugbewehrung unter Annahme eines gerissenen Querschnitts,α E das Verhältnis E s /E cm ,( ε ε ) 2 ( ε ε )w = s ⋅ − = ⋅l⋅ −k r ,max sm cm t sm cm⎧ σs⋅∅s ⎫ ⎧ σs⋅∅s⎫2 τsm3, 6 f⎪ ⋅ ⎪ ⎪ ⋅ct ,eff ⎪sr ,max= min⎨ min mit τsmfct ,eff1,8f⎬ = ⎨ ⎬≅⎪ ct ,eff⋅∅s ⎪ ⎪ ∅s⎪⎪⎩2⋅τ sm⋅ ρ ⎪eff ⎭⎪⎩ 3,6 ⋅ ρ ⎪eff ⎭ρ eff der geometrische Bewehrungsgrad A s /A c,eff (bei dickeren Bauteilen ist A c,eff < A ct )Stand: 12. September 2013Datei: K12_Gebrauchstauglichkeit.doc


Hochschule 21Stahlbetonbau (MAB3)12. GebrauchstauglichkeitProf. Dr.-Ing. J. Göttsche Seite 12.34h crk tf ct,effA c,effdie Höhe der Zugzone unmittelbar vor Rissbildung,der Fülligkeitsfaktor, der von der Dauer der Lasteinwirkung abhängt (i.d.R. k t = 0,4 bei langfristigerLasteinwirkung; bei kurzfristiger Lasteinwirkung darf auf 0,6 erhöht werden),die wirksame Betonzugfestigkeit nach Kap. 12.4.4, jedoch ohne Ansatz einer Mindestbetonfestigkeit,= b · h c,eff ; die effektive Betonfläche in der Zugzone (im Wirkungsbereich der Bewehrung)gemäß Bild12.18. Es gilt:⎧2, 5⋅( d − h)⎫⎪ ⎪hc ,eff= min⎨( h − x)3 ⎬⎪ h 2 ⎪⎩ ⎭Stand: 12. September 2013Datei: K12_Gebrauchstauglichkeit.doc

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