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Hebraische Archaologie

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Hebräischevon1)r J. Benizinger,Eepete,rit am evaiigoliscli-tlieologischeii Seminar in Tiibii~geiiMit 153 Abbildungen im Text,Plan von Jerusalem und Karte von Palästina.Freiburg i. B. und Leipzig 1894.Al~aclemische Verlagsbuchl~aildl~~ng von J. C. B. B4 o 11 i(Paiil Siebeclr).


HERRNPROFESSOR UR A. SOCINIK LEIPZIGZUGEEIGNET.


Vorrede.Die Absicht des vorliegencleii Buches ist, clem Studenten,dem Religionslehrer, jedem Freund des Alten Testamentes dasznmVerständniss des Alten Testamentes und der Geschichte desVolkes Israel Wissenswerte aus dem Gebiet der Sitten und Gebrii~~cheder biirgerlichen und religiösen Einrichtiingen des altenIsrael in systeinatischer Weise darzustelleil, möglichst knapp undgedrnngen, dabei aber glatt nnd lesbar. Dieser Zmeck verbot es,auf Einzelheiten sowohl in der Darstellung selbst, als in der Polelnilceinzugehen. Zugleicli ergab sich daraus die Art uncl Weiseder Benützung der vorhandenen Literatur. Ich habe es nichtfiir nötig gehalten, alles, was schon irgendwo gedruckt steht,clurch Citate zu kennzeichnen. Insbesondere habe ich fiir clas,was ich selbst iin Orient beobachtete, keine Belegstellen aus denvorhandenen Reisewerken etc. beigebracht. Bei einen1 ,Grundriss'ist clas wohl selbstverständlich, doch ist es vielleicht nicht überfliissig,es ausdrüclrlich zu bemerken. Für Studirende hat dieMenge der Citate keinen Wert, der Fachmann wird das Mass derBenützung anderer Porschui~gen lind die eigene Arbeit leicht beurteilenkönnen. In die Literatnrangaben ist nur das aufgenomrnen,was zur tieferen Einfiihrung in den Stoff nnd die Quellenzunächst von Wert ist.Bei der Auswahl cler Illustrationen waren Verleger uncl Verfasserclarin einig, dass das Buch kein ,BilderbiichL werden solle,dass vielinehr nur solche Illustrationen aufzunehinen seien,


XIiihaltsverzeichniss.5 1,O. Topographie von Jeriisalem . . . . . . . . . . .Lage der Staclt 40. Bangeschiclite M. nlauerläufe 49.Wasserversorgung 51. Eiilwohnerzahl 55.ICap. 11.Die Bewohner Palästinas.$ 11'. Prähist,orisclie Zeit . . . . . . . . . . . . . . .Menhir 56. Kromlech, Dolmeil, Schalensteine 58. Steinhanl'en,Tumuli, Uebcrreste ans der Steinzeit 59. Felshöhlen,sagenhafte Urbcvölkerung 60.5 12. Die'vorisraelitischen Bewohner uud ihre Kultur . . . . .Ethnographische Stellung 61. Ursitz der Semiten; ICanaaniter62. Pliönicier, Philister 63. Hetiter 64. Aramäer65. Einflüsse freinder Kultur 66. Kultur derKanaai~iter 68.13. Die Ben6 Jisril'el. . . . . . . . . . . . . . . .Name und Ursprung 70. Religion 72. Lebensgewohnheiten73. Charakter und Naturanlage 74. Körperbeschaffenlieit76.5 14. Die Entwicklung der israelitischen Kultur auf den1 Boden vonPalästina . . . . . . . . . . . . . . . . .Bedentung der Ansiedlung irr1 TTTestjordanland 76. Eindringender Kultur fremder'iiöllrer während der Königszeit78. ICultur des nacllexilischen Jtidentiiilis 80. Eindringenhellenischer Kultur 83.Zweiter Teil.PrivataItertiiizaer.Kap. I.Nahrung, Kleidung und Wohnung.15. Die Nahrung . . . . . . . . . . . . . .Brot 84. hXilch, Butter, Käse 88. FGiscil 89. Früchteund Geiirüse 90. Leckerbissen 92. Koclikunst undICüchengerätc 93. Wein 95. Trinkwasser 97.16. Die Kleidung (Schmuck und Leibespflege) . . . . . . .Kleider 97. Kopfbedeckung 103. Fusslsekleidung 105.Schmuclr 106. Leibespflege 107. Haartracht 109. Toilettengegenstände110.5 17. Die Wohnung uni1 ihre Einrichtung . . . . . . . . .Zelte 111. Hiitten und Höhlen 114. Das Haus, seine Bauartund seine Teile 115. Einrichtung des Hauses 123.18. Dörfer und Städte . . . . . . . . . . . . . .Ursprung der israelitischen Städte 124. Unterschied vonStadt und Dorf 127. Ortsnamen 129. Eevölker~~ng,Anlage und Bauart der Städte 131.Kap. 11.Die Familie und ihre Sitte.19. Charalrterderhebräisclienll-amilie . . . . . . . . .Bedeutung der Familie 133. Spuren von Mutterrecht 134.Zweclr der Ehe 135. Die Familie als Kultgenossenscliaft136.Seite40


5 20. Die Frau . . . . . , . . . . . . , , .Stellung des~ei,es 138. \talli der Frau 140. Hochzeits-feierlichkeiten 142. Stellung der Frau in der Ehe, Polygamie143. Ehescheidring 146.21. Die Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . .Stellung der Iiinder unter einander und gegenüber denEltern 147. Geburt 148. Namengebung 160. Beschneidung183. Erzieliuiig 157.5 22. Die Slrlaven . . . . . . . . , . . . . . . .Der Slilave 159. Die Sklavin 162.$ 23. Die Srauergebr5iuchc . . . . . . . . . . . . . .Bestattungsweise 163. Gräber 164. Ursprung und Bedeutungcler Sranergebräuche 165.Seite138Kap. 111.Die Gesellschaft und ihre Sitte.$ 24. Das gesellige Leben . . . . . . . . . . . . .OefIentliche Feste 168. ~astfreunclscliaft 170 ~mgangsformen171.$ 25. Die socialen Vcrllältnisse . . . . . . . . . . .Suciale Missstände in der iöigszeit 173. Versuche, siezn beseitigen 175. Sociale Verhältnisse bei Eeechiellind P 176.Kap. IV.Mass- und Münrwesen, Zeitrechnung.W 26. Die Längenmasse . . ij 27. Die Hohlniasse . 5 28. Das Gewicht . . . . . 8 29. Geld- und &Iünzwesen . . . . . . . . . . . . . .Tauschhandel 189. Münzizeschichte 194.5 30. Die Zeitrechnung . . . . . . . . . . . . - . .Althebräisches Jahr 198. konate 200. TT70chen 201. Einteilungcles Tages 202.ICap. V.Die Berufsarten.5 31, Jagd uiid Fischfang . . . . . . . . . . . . . . .Jagd 204. Fischfang 205.3 33. Viehzucht und Aclrerbaii . . . . . . . . . . . . .Viehzucht 203. Aclrerbau 207. Wein-, Oliven- und Feigenbau210.5 33. Die Hand~~~erlre . . . . . . . . . . . . . . . .W:indwerlre der noiiiadisirenden Israeliten 213, der ansässigenIsraeliten 215, des nachexilisclien Judentums218.5 34. Der Handel . . . . . . . . . . . . . . ' . . ,Handel der vorkönigliclien Zeit 218, der Königszeit 219,der nachexilischeri Zeit 222. Geschaftsfornlen und Trans-


XI1Inlialtsverzeichniss.ICap.VI.Die Kunst.5 35. Die Baukunst . . . . . . . . . . . . . . . . .Gräber 224. Wasserbauten 227. Hochbau: SalomonischeBurg 233. Libanonwaldhaus 240. Säulen- und Tlironhalle241. Teniael 243.5 36. Plastik und ~unstgew&be . . . . . . . . . . . . .Metallarbeit 249. Slriilptur in Stein und Holzbildnerei 255.Glyptilr 237. Keramik 261. Charakter cler hebräischenPlastik 266.5 37. Die Malerei ..................Malerei 268. Farbensinii der Hebräer 269.9 38. Die Musik . . . . . . . . . . . . . . . . .Bedeutung dcr ~usilr für das israelitische Vollrsleben 271.Musilrinstrumente: Saiteninstriimente 272. Blasinstruniente276. Schlaginstruniente 277.3 39. Die SchriftfornlenKap. VII.Die Schrift.. . . . . . . . . . . . . . .Ursprung der Buchstabensclirift 278. Nameii der Buclistaben282. Ursprünglichste Form der Biichstaben 284.Phönicisclie Schrift 283. Althebräische Schrift 286.Aramäische Schrift 287.5 40. Die Schreibekunst . . . . . . . . . . . . . .Verbreitung der ~chreibelrunst 288. Sclireibwerkzeuge 290.Seite224Dritter Teil.Staatsalltertiimer.Kap. I.Verfassung und Verwaltung.5 41. Die Staminesverfassung . . . . . . . . . . .Wesen der Starnmesverfassung 292. Fedeutung jer Stani-mesverfassung 293. Auflösung der Staminesverhssung "298. stammesgebiete 301. U5 42. Tcrfassung und Verwaltung der ICönigszeit . . . . . . .Entstehung des Königtums 303. Aufgabe des ICönigtnms,der König als oberster Heerführer, Richter undPriester304. Erblichkeit der Königswürde 307. Verwaltungund Steuern 308. Königliche Beamten 310. Königund Gesetz 312. I~ominunalverwaltu~ig 314.$ 43. Die nacliexilische Verfassung . . . . . . . . . . .Verwaltung unter Serubbabel und Josua 315. Entstehungder Hieroliratie 318. Verfassung der griechischen Zeit319.Kap. 11.Recht und Gericht.5 44. Ursprung uncl Charakter des israelitischen Rechts ....Tlrsprnng des Rechts 320. Die Wiedervergeltung als


Inhaltsverzeichniss.Grundlage der Reclitsanschauung 322. Ausbildung desgeschriebenen Rechts 323. Gesetzsammlungen des Buiidesbuches,Deuteronomiums und Priestergesetzes 324.5 45. Die Gerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . .G-erichtsverfassnng 327. Gerichtsverfahren 330.5 46. Das Strafrecht . . . . . . . . . . . . . . . . .Princip des Strafrechts 331. Zweclr der Strafe 332. Strafarten333. Blutrache 335. Strafen für Körperverletzungen,Vergelien gegen clie Sittlichlreit und gegen dieReligion 337.S 47. Das Privatrecht . . . . . . . . . . . . . . . .A. Personenrecht: Allgemeine Bestimmungen 339. Rechtdes Fremden 339. E. Eherecht: Ehehindernisse 342.Leviratsehe 345. Ehescheidung 346. C. Sachenrechtund Forderungsrecht : Kauf und Verlrauf 347. Verfügungiiber das Eigentum 348. Scliuldwesen 349. Haftungund Ersatzpflicht 352. D. Erbrecht 354.Kap. 111.Das Kriegswesen.48. Das Heer und seine Bewaffnung . . . . . . . . . . .Kriegswesen der alten Landesbewohner 356. StehendesHeer der Königszeit 367. Kriegsgesetz vonDtundP 359.5 49. Die Festungen . . . . . . . . . . . . . . .Entwicklung des Befestigungswesens 360. ~ r der t Befestigung361.5 50. Die Kriegführung . . . . . . . . . . . . . . .XI11SeiteVierter Teil.8allaralaltertiiiiier.Kap. I.Der Ort des Gottesdienstes.5 51. Die ältesten Stammesheiligtümer der Ben$ Sisra'el vor der hnsiedlung. . . . . . . . . . . . . . . . . . .Bedeutung des semitischen Heiligtums 364. Der Sinai 366.Die Lade Jahves 367. Das heilige Zelt 370.5 52. Die altisraelitischen Heiligtümer auf dem Boden ICanaans . .Kanaan als ,Haus Jahves' 371. Vielheit der heiligenStätten 372. Die ,HöhenL 373. Heilige Bäume 374.Heilige Steine 375. Heilige Quellen 376. Gräber 377.Tempel 377. Zubehör der ICultusstätte: Altar 378.Masseben und Ascheren 379. Qottesbilder 380.5 53. Der salomonische Tempel . . . . . . . . . . . .Bedeutung des Tempels 383. Ausstattung desseiben 386.5 54. Die Centralisation des Kultus . . . . . . . . . . .g 55. Die nachexilische Theorie von1 Heiligtum . . . . . . .Der Tempel Ezechiels 393. Die Stiftshütte 395. Die Ideedes Heiligtums 398.$ 56. Der nachexilische Tempel . . . . . . . . . . . . .Der Tempel Serubbabels 399. Der herodianische Tein-~ e l 403.


Kap. 11.Die Priester.Der Ursprung des hebräischen Priestertiims . . . . . .Die Priest,er nicht Olsferer 403 sondern Wächter desGottesbilcles 406 un(l Oralcelmänncr 407. Erbliclilceitdes Priestertunls 409. Priestertraolit 409. Das arabischePriestertum 409.Die Entwiclrlung: des Priestertums in der Könicszeit . . .Die Priest& als lcönigliclie Beamte 410." Aufgabe derPriester 412. Oberpriester 413. Der Name Levit 414.Die Reform des Priestertums durch das Dt unrl Ezechicl . .Die Bestiinmungen des Dt 418. Ezechiel419. Das Priestertumnach der Rüclrliehr aus den1 Exil 420.Die Hierarchie cles Priesterkodex . . . . . . . . .A. Die hierarchische Gliederung: Priester und ~cviten 421.Hohepriester 422. B. Amt nnci Aufgabe des Priesters:Allgemeiner Begriff des Priest,ertums 423. Die speziellenDienstleistungen 420.Anhang: Die Gottgeweihten . . . . . . . . . . .'(adesclirn 428. Slclaven des Heiligtums 429. Nasiräer 429.Kap. 111.Die Opfer.Das Opfer im altisraelitischen Kultus . . . . . . . . .Crsprung cles Opfers 431. Inhalt 432. Form 434. Bedeutung436.Die Umgestaltung des Opferwescns unter dem Einflnss derCentralisation cles Kultus . . . . . . . . . . . . .Ausbildung eines Rituals 438. Allgemeine Beziehung aufdie Sünde 440.Die Opfergesetzgeb~ing bei P: I. Die Opferarten und ihre Bedeutung. . . . . . . . . . . . . . . . . . .A. Die unblutigen Opfer: Libationen 443. Speisopfer443. Weihrauchopfer 443. B. Die blutigen Opfer:Schelem 445. Brandopfer 446. Siind- und Schnldopfer447.Die Opfergesetzgebung bei P: 11. Das Opfermaterial . . .A. Das unblutige Opfer 450. B. Das blutige Opfer 451.Die Opfergesetzgebung bei P : 111. Das Opferritual . . . .Speisopfer 452. Tieropfer : Handauflegung 453. Schlachtung454. Blutsprengung 454. Verfahren mit den1Opferfleisch 456.Die Abgaben . . . . . . . . . . . . . . . . .Anteil der Priester am Opfer 458. Erstgeburt ixnd Erstlinge460.Anhang: Gebet und Fasten . . . . . . . . . . . .Gebet 462. Fasten 464.Kap. IV.Die Feste.Die altisraelitischen Feste . . . . . . . . . . . . .A. Mondfeste: Neumond 464. Sabbat 465. B. Jahresfeste:Die Erntefeste 466. Das Passah 470.Seite405


5 70. Die Utnwancllung der Peste unter dem Einfluss der Centralisationdes ICultus . . . . . . . . . . . . . . . .Ihre Loslösung vom Natnrleben 473. Ihr Charakter alsgottesdienstliche Uebungen 473.5 71. Die Festgesetzgebung von P . . . . . . . . . . . . .Neumond und Sabbat 473. Sabbatjahr 474. Ostern 475.Pfingsten 476. Herbstfest 476. Neujahr 476. Versöhnungstag477.Seite471Kap. V.Die kultische Reinheit.5 72. Rein und Unrein in alter Zeit . . . . . . . . . . .Die religiöse Grundbedeutung des BegriEs 478. KörperlicheUnreinheit 479. Unreinheit des Leichnams 480.Aussatz 481. Unreinheit des Geschlechtslebeiis 483.Unreine und verbotene Speisen 483.# 73. Das Oesetzessystem von Dt uncl P . . . . . . . . .Systematisirung und Erweiterung her Vorschriften bei Dt484. Ezechiel 486. Das System von P: lioho Wertscliätzungder levitischen Reinheit 486. Steigerung derForderungen 486. Lustrationen 487.Stellenregister . . . Sachregister . . . . . . . . Register der hebräischen Wörter . Nachträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .


XVISigla. - Die Umschrift der hebräischen Worte.Sigla.EJ= Elohistische Schicht des Pentateuch.= Jahvistische Schicht des Pentateucli.Dt = Deuteronomistische Schicht des Pentatencli.P = Priesterkodex.ZDPV = Zeitschrift des Deutschen Palästinavereins.ZDMG = Zcitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft.ZA W = Zeitschrift fiir alttestamentliclie Wissenschaft.PEF Quart. Stat. = Palestine Exploration Fund, Quarterly Statements.CJS = Corpus Inscriptionum Semiticaruin.STADE C*VJ = Geschichte des Vollres Israei.SCHURER GJV = Geschichte des jüdischen Volkes im Zeitalter JesnChristi.EIIEYER G0 = Geschichte des Orients. I. Band.JOSEPHUS ist für Ant. Jud. nach der Ausgabe von B. NIESE (1889 ff.) citirt.PLIKIUS Naturalis Historia ist nach der Ausgabe von SILLIG citirt.Die Umschrift der hebräischen Worteist eine rein lautliche. Es sind dabei folgende Zeichen gebraucht:K ' )3 nibi17gCI0Y2Cp i h 1'1 v Y st 2; p 15h ch '1 r'9 t iii sd'1 W schr"i t1Die Halbvokale (Xc7zzcnJ sind durch hochgestellte kleine Buchstabenbezeichnet.


Verzeichi~iss der Illustrationeil.XVlIVerzeiclzniss der Illustrationen.1. Dnrchsclinittsi~rofil des Tempel- / 18. Stein zum Reiben dcr Durraberges. Aus PICKROT und CIIIGICZ, Na.ch STAUE, gezeichnet von RHistoire de I'ait IV.SCIIILLING.2. Planskizze des Treffpunktes der 19. Moderne Handmühle. Aus RIEIIM,Steinhauer in1 Siloalranal. Nach Handwörterbuch.ZDPV, gezeichnet von R. SCHIL- 20. Platte zum Baclren. Originalzcich- -LING.nung.3 Kenhir. Aus PEF, Survey of 21-25, Moderne palästiiiensischeEastern Palestine.4. Kromlech. Aus PEF, Survey ofBacköfen. Original~eichnun~.26. Moderne palästinensische Krüge.Eastern PalestineAus PERROT und CIIIPIEZ.5. Dolme. Aus PEF, Survey of 27. Moderne arabische Tracht (Be-Eastern Palestine.duinen). Aus WEISS , Kostiim-6. Altarabisclie Steinhaufen (Grab- kuilde.denlrmiiler). Nach PIETSCHMANN, 28. Syrischer Gesandter. Aus demgezeichnet von R. SCIIILLING. Grab des Hui in Theben. Aus7. Syrier (aus Karnak). Aus SAYCE,Tlie Races of the Old Testan~ent.8. Bewohner von Askalon (aus Karnalr).Aus SAYCE, The Races ofthe Old Testament.9. Rutenu (Syrier, hetitischer Typus)aus Karnalr. Aus SAYCE, The Racesof the Old Testament.10. Nordsyrier (hetitischer Typus) ausKarnak. Aus SAYCE, The Racesof the Old Testament.11. Bewohner von Damaslius (aus Karnalr).Aus SAYCE, The Races ofthe Old Testament.12. Dagon auf einer phönicisclien34. Moderne palästinensische Scliiihe.Aus PERROT und CHIPIEZ, H. deMünze. Nach PIETSCHMANN, ge- l'art.zeichnet von R. SCHILLING. 35. Silberring mit Achatscarabäus13. 11. 14. Aegyptisclie Abbildungen (natürl. Grösse). Aus PERROT undsyrischer Prachtvasen. Nach CHIPIEZ, H. de l'art.PIETSCHUANN, gezeichnet von R. 36. Tracht und Schmuck der arabi-SCHILLING.schen Prauen. Aas WEISS, I


XVllIVerzcicliniss dcr Illustrationen.39. Essende Araber. Aus RIE~I, 66. Alte Mauerreste. Aus PERROT undHandwörterbuch.CHIPIEZ, EIist. de l'art.40. Arabisches Schloss. Aus RIEHM, 67. Geränderte Rustica-Qnadcr. AiisHandwörterbuch.PERROT uncl CHIPIEZ, Hist. cle41. Modell eines ägyptischen Haases. l'art.Aus ER~IANN, Aegypten.42. Aegyptisches Lager. Aus ERIIANN,Aegypten.43. BabylonischesLöwengewicht. AnsRIEHM, Handwörterbuch.44 Babylonisches Entengemricht. AusHIEH~I, Handwörterbuch.45. Darilie. Aus MADDEN, Coins oftlie Jews.l'art.46. Ptolemäische Silbermünze. ?Ta&ZDPV, gezeichnetvonR.Sc~~~~~s~.71. Situationsplan der SalomonischciiBurg. Nach STI~DE, gezeichnet von47. Seleucidenmünze. Aus MADDEN, R. SCIIILI~ING.Coins of the Jews.72. Libanonwaldhans: Vorderansicht.48. Silberseltel des Sinion DIalrkabäns. Nach STADE, gezeichnet von RAus RIEH~~, Handwörterbuch. SCHILLING;.49. Kupfermünze ('12 Sekel) Simons. 73. Libanonwaldha~~s: Grundriss desAus RIEHM, Handwörterbuch.50. Münze des Johannes Hyrkanus.Aus MADDEN, Coins of the Jems.51. Kiipfermünze cles Herodes. Aus Unterstoclies, gesclilossen. NachMADDEN, Coins of the Jews.STADE, gezeichnet von R. SCHIL-52. Münze des Eleazar. Aus MADDEK, LING;.Coins of the Jews.75. Querschnitt der Säulenhalle mit53. Münze des Siinon Nasi. Aus MAD- der Vorhalle und dem AnschlussDEN, Coins of the Jews.an die Throrihalle. Nach STADE,54. BIünze cles Bar ICocliba. Aus / gezeichnet von R. SCHILLING.RIEH~~, Handwörterbuch. 76. Grundriss des Tempels. Nach55. Ueberprägte Münze des Bar STADE, gezeichnet von F. KÖsT-Kochba. Ans MADDEN, Coius of the ~ m .Jews.77. Seitenansiclit des Tenzpels, Süd-56. Hadriansrnünze der Colonia Aelia seite. Nach STADE, gezeiclinet vonCapitolina. Aus RIEHM, Hand- F. KÖSTLIN.~Urterbuch.78. Vordere Ansicht des Tempels.57. Pflügender Fellache. Aus ZDPV. Nach STADE, gezeichnet von F.58. PlIoderner syrischer Pflug und KÖSTLIN.Ochsenstachel. Aus ZDPV. 79. Querschnitt des Tempels. Nach59. Moderne syrische Sichel. Aus STADE, gezeichnet von R. SCHIL-ZD PV.LING.60. Moderner Ureschsclilitten. Aus 80. Tempelsäule. Nach STADE, ge-LORTET, La Syrie d'aujourd'hi~i. zeichnet von R. SCHILLIXG.81. Kapitäl der Tempelsäule. AusPERROT uncl CHIPIEZ.82. Glasscliale niit Abbildung desMANN, Aegypten.Tempels. Aus PXRROT und CHIPIEZ.63. Alter Kamelsattel. Aus LAYARD, 83. Ehernes Meer. Nach STADE, ge-Niniveh and its remains.zeichnet von R. SCHILLING.64. Monolith von Siloa. Aus REEBER, 84. Acgyptische Aniphora mit Stab-ICunstgeschichte.gestell. Nach STADE gezeichnet.65. Brunnen von Beerseba. Aus LOR- 86. Assyrisches Opfergefäss. NachTET, La Syrie d'aujourd'hui.STADE, gezeichnetvonR.Sc~1~~1~~.61. Alter Drescliwagen. Aus RIEHXI,Handwörterbuch.62. Aegyptische Weberei. Aus ER-68. Die englichen L4usgrahungen ander Siidosteclie des heutigen Harkilz.Aus PERROT und CIIIPIEZ,I-Iist. de l'art.69. Geränderte glatte Quader. AusPERROT und CHIPIEZ, Hist. de l'art.70. Alter Steinbruch bei .Jerusalem.A.us PERRUT uncl CHIPIEZ, Hist deUnterstockes, offen. Nach STADE,gezeichnet von R SCHILLING.74. Libanonwaldhaus: Grundriss des


Verzeichniss der Illustrationen.XIX86. Assyrischer Opferbeclrenträger. 121-123. Vasenfragmente aus Jeru-Nach STAUE, gezeichnet von R. salerri. Aus PERROT und CHIPIIZ.SCHILLING.124. Bemalte Thonsclierbe aus Te1187. Altes Kultusgeräte, bei Peccatel el-pasi. Aus FLINDERS PETRIE,(in Blecklenburgj gefunden. Nach Te11 el Hesy.STADE, gezeichnet von R. SC~IL- 125. Bemalte Tlionlampe aus Te11 el-LTNG.Hasi. Aus PLINDERS PETRIE, Te1188. Fahrbares Wasserbeckeu. Nach el Hesy.STADE, gezeichnet von R. SCHIL-126. Murex trunculus. Aus RIEIIM,LINGHandwörterbuch.89. Eschmunazarsarlropliag. AUSPER-ROT und CHIPIEZ, Hist. de l'art. 127. Murex brandaris. Aus RIEHM,90. Siegel des Obadja. Aus PERROT Handwörterbuch.und CHIPIEZ.128. Dreisaitige Lyra auf ciner n!Iünzc91. Siegel des Hananja ben Akhbor.Aus I ERROT und CHIPIEZ.des Bar Kocliba.HandwörterbuchAus RIEHM,92. Siegel des Hananja ben Azarja(aus Jerusalem). Aus PERROT undCHIPIEZ.120. SechssaitigeLyra auf einerl\lüuzedes Simon Nasi. Aus RIEHRI,Handwörterbuch.93. Siegel des Schebania. Aus PERROT 130. Dreisaitige Kithara auf einerund CHIPIEZMünze des Bar Kocliba. Aus94. Siegel des Scheniaja. Aus PERROTund CRIPIEZ.95. Siegel desNathanja. Ans PERROTnnd CHIPIEZ.96. Siegel des Abija. Ans PERROTund CHIPIEZ.97. Siegel desBa'alnathan. Aus PER-ROT und CHIPIEZ.98. Moabitisclies Siegel. Aus PERROTund CHIPIEZ.99. Skarabäus. Aus PERROT undCHIPIEZ.100. Skarabäoid in Fassiiiig. Aus PER-ROT und CHIPIEZ.RIEHM, Handwörterbuch.131. LeierspielenderBeduine. AUSERnram,Aeggpten.132. Assyrische Musiker. Aus RIEIIU,Haiidwörterbuch.183 und 134. Aeggptische Harfen. AusERXANN, Aegypten.135. Trompeten auf einer Miinze desBar Kochba. Aus ~IADDEN, Coinsof the Jews.136. Fragnient einer altphönicischenInschrift aus Cypcrn. Aus CJS.137. Alphabete älterer semitischerSchriftarten. ALIS XAUTZS~H,101. Siegelring aus Cypern. ALIS PER-ROT und CHIPIEZ.Hebräische Grammatik-.138, Althebräische Inschrift aus dem102-109. Thonfunde vonTe11 el-Hasi. Silaakanal. Aus KAUTZSCH, I-Ie-Aus FLINDERS PETRIE, Te11 el bräische Grammatik.Hesy.139. Hebräisches Siegel. Nach STADE,110 und 111. Lampe und Scliaale (alt- gezeichnet von R. SCEILLING.phönicisch). Aus FLINDERS PE- 140. Hebräisches Siegel. Aus PERROTTRIE, Te11 el Hesy.und CHIPIEZ.112-114. Thonkrüge (altphönicisch). 141. Uebersichtskarte über die Be-AUSFLINDERS FETRIE,T~~~ elHesy. biete der israelitischen Stamme.115, Thonlrrug (altphönicischer Stil?). Aus K~STLIN, Leitfaden f. d. AT.Aus FLINDERS PETRIE, Te11 el 143. Assyrischer Krieger. Aus LAYARD,Hesy.Ninive11 and its remains.116 und 117. Thonkrüge (altjüdischer 143. Phönicische mu~~~blzCc7~. AusStil?). Aus FLINDERS PETRIE. PERROT und CHIPIEZ.Te11 L1 Hesy.144. Heilige Pfähle auf einer Cippc118 und 119. Thonkrii~e aus Jernsa- aiis Karthago. Aus PERROT undlern. AUS PER ROT^ Und CHIPIEZ CHIPIEZ.120. Moderne palästinensische Kriige. 145. Grundriss eines ägyptisclienTem-Aus PERROT und CHIPIEZ.pels. Aus ERNAHN, Aegypten.


XXVcrzeichniss der Illiltsrationeil.146. Assyrischer Opfertisch. AUS PER-ROT und (JHIPIEZ.147. SalomonischerAltar.~us?ER~o~und CHIPIEZ148. Grundriss des EzechielischenTempels. Nach SMEND, Kommentarzu Ezechiel.149. Plan der Stiftshütte. Aus RIEHM,Handwörterhucll.150. Siebenarmiger Leuchter. AusPERROT und CHIPIEZ151. Die Tempelgeräte auf derii Rc-lief des Titushogens Aus PERROTund CHIPIEZ158. Warnungstafel aus dem hero-dianischen Tempel. Aus RIEHDI,Handm%rterbuch.Plan des alten Jerusalem; unter Zugrundelegungder ZI~~~TERMANN-sehen Terrainliarte entworfenvon BENZIN~XR . AUS BAZDEIIEESyrien und Palästina.Kartc von Palästina, hearheitet vonFISCHER und GUTHE.


3 1.1 Einleitung. 1$j 1. Aufgabe, Inhalt und Umfang.1. Der uispriingliclien TVortbedeiitung nach clie liebräisclieArchäologie alles umfassen, was uiis von dein Lebeiiuncl cler Geschiclite cler alten Hebriier belrnnnt ist. In diesemSinne hat JOSEPIXUS seine 'lou6o.rtQ 'A pp~~ohoyia, eine vollstandigeGeschichte des jiidischen Volkes, geschrieben. Dem gegeilüberwird heutzutage das TVort Archäologie in einem engerenSinn gebrauclit, als Name einer spezielleil historischen Disziplin,die zu ihrer Aufgabe hat die wisseiischaftliche Dsistellungder gesamiilten Lebensverhältnisse, derSitten und Gebräuche, der bürgerlichen und religiösenInstitntionen clei Hebräer. Damit ist die Archäologieals selbständige Diszipliii gegeniiber gestellt der Gescliiclitedes Volkes Israel, welche die Entwiclrluiig des gesaiiiinteil politischenaiid geistigen Lebens des Vollies zu scliilderii hat, undihren einzelnen Zweig- und 1Silfs.ctissenschaften : der Religioiisgeschichte,der Literaturgescliiclite, der physischen uiicl politisclienGeograpliie Palgstinas, der Exegese des A. T.2. Die inhaltliclie Abgrenzung der Arcliaologie ist jedoclikeine scharfe. Einer steten Bezugnahme auf clie GeschichteIsraels kann die Archäologie nicht entbehren, weil nur im Ziisammenhangder ganzen Geschichte die Entstehung und Eiltwiclclluiigvieler Sitteii uncl Einrichtiingen verstanden werden kann.- Was die AT]. Religionsgeschichte anlangt, so ist urii~iittelbareiiileiichtend , dass eine Schilderung cler religiösen Gebräuclieiiricl Eiiirichtnngen immer ~viecler auf dieselbe wircl zuriickgreifenmüssen. - Ebenso hängt die Archäologie auf's engste zusammenniit cler Literaturgeschiclite, welche clie schriftliclien Denkmälercler Hebräer in clas ganze geistige Lebeii des Volkes einzuordnensich beiniiht. Die Darstellniig derDichtlrunst und cler Ivissenschaft,die vielfach in die hehr. Arcliiiologie aufgenominen ~vorclen ist, ge-F e ii z iii g e i , IJcl-ii aisclie Aichciologie. 1


2 Einleitung. r(3 2.hört allerdings nicht iii den Rahnien unserer Discipliii, aber alshistorische Wissenschaft (52) wird die Arcliäologie in ganz besondererVeise von den Ergebnissen der literargeschicl~tlichen Untersuchungbeeinflusst. - Die Geograpliie von Palästina ist, reintheoretisch betrachtet, wie die Literaturgescliiclite eiiie Voraussetzungder Archäologie. Eine Besclireibung der Sitten und Gebräucheeiiies Volkes erfordert die Kenntniss der physischen Beschaffenheitcles Landes, des Klimas, der Produkte, der Tierwelt.Da jedoch eine Hauptaufgabe der Archäologie gerade darin hesteht,zum Verständniss der Eigentiimlichlreiteii eines Volkes clenZusammenhang mit den Eigentümlichkeiten cles Rodeils aufzuzeigen,so dürfte es dadurch gerechtfertigt sein, wenn in den vorliegendenAbriss eiiie kurze Darstellung der Geographie unterdiesem Gesichtspunkt aufgenommen ist.3. Die zeitliche Abgrenzung des Gebiets erscheintain natürlichsten init dem Untergang des selbstäilcligeii jiiclisclieiiStaatswesens unter Hadrian gegeben. Hiebei ist jedoch einDoppeltes zii beachten: 1) Schon lange vorher llat griecliiscl-ieSprache, griechisclie Sitte, griechische Bildung ilireii siegieichenEinzug aucli. bei clem jiiclisclien Volk gehalten. Diese allmählicheHellenisirung und ihr Produlrt genauer zu besclireiben, istnicht Aufgabe der hebräischen Archäologie, die es mit den demliebräiscl-ien Volke ei g eil t ii mli C he n Sitten und Ziistäilclen zutun hat. Das eingedrungene Griechentuni war geilau genoinmeiibloss äiisserer Firniss; das Volk als solches ist nicht, oder nursehr wenig entseinitisirt worden. 2) Ganz ausser Betraclitbleiben clie spezifiscli christlichen Sitten nncl Gebrauche, auchwenn sie sich zunächst auf jiidischem Boclen entwiclrelt haben.Ihre Darstellung gehört in das Gebiet der christlichei~ Arcliäologie.Der Sprachgebrauch geht dahin, in nachexilischer Zeit nicht inehr vonHebräern sondern von Juden zu reden. Den Titel ,hebräische Archäologie'in den einer ,hebräisch - jiidischen' oder ,biblischen Archäologie' uinznwandeln,liegt jedoch kein zwiugender Grund vor. nlit der11 Beibehalten cleshergebrachten Titels soll keineswegs das Gev-iclit der Tatsache bestrittenwerden, dass nach dem Exil sich nicht das Vollr der Hebriier, sondern dieReligionsgemeinde der Juden auf clem Boden Palästinas findet.g 2. Methode und Gliederung.1. Da die Archäologie als Teildisziplin der Geschichtedes Volkes Israel eiiie liistorische \Visserischaft ist, so ist auchihre Methocle clie liist orische. Dariii liegt:


4 2.1 Metliode und Gliederung. 3a) Die Archiiologie hat ihr Quellenmaterial streng nach denGruilclsätzen und mit clen Mitteln cler liistorisclien Kritik zuverarbeiten.b) Die Archäologie darf niclit oline Beachtung der Zeitunterschiededie ganze Summe des vorliegenden Stoffes einfachin ein grosses Schema unterbringen. Vielmehr ist ilire Hauptaufgabedie Entstehung und alln~ähliche Entwicklung cler Sittenund Einrichtungen zu beschreiben, soweit eben diese Entwiclrlungim Lichte der Geschichte vor sich geht und nachgewiesenwerden kann. Hiebei hat sie sich auf clen Boclen der rein-sieiischlichen Ei~twiclclungsgeschichte zu stellen.C) Endlich hat die Archäologie, um dieser Aufgabe gerechtzu werden, ausgedehnten Gebrauch zu machen von clein Vergleiclider hebräischen Sitten und Einrichtungen mit denen dernächst verwanclten Völker und derjenigen Völker, von denen dieHebräer in ihrer IC~iltur beeinflnsst worden sind (ausgenommenist nach 1 der Hellenismus). Schon hier von vorn herein sollbetont werden, dass in der liebräischen Kultur eine ansserorcleiitlichstarlre Entlehnung fremder Kultureleineizte stattgef~indeiihat (vgl. 14).2. Hieilacli könnte für eine historische Wissenschaft znsiächsteine Glie der-tin g nncli den Hauptperioden der GescliichteIsraels sich empfehlen. Uilleugbar hätte diese Anordnungden einen grossen Vorzug, dass dabei ein geschlossenesBilcl der politischen, sozialen und religiösen Zustände in jeder einzelnenPeriode sich ergeben ~viircle. Allein abgesehen davon,dass sich hiebei vielfaclie Wieclerholunge~i nicht verineicleri lies-Sen, empfiehlt sich cliese Glieclerung clesshalb weniger, weil dabeidie I-Iaupta~~fgabe zu Icurz lräme, ein klares Bild von der Entstehungund Ent\vicklung der einzelnen Sitten uncl Einrichtungenzu geben.Es verdient desshalb die allgeinein iibliche sachliche Einteilungdeii Vorzug. Hiebei ist die C2lrei-sicht iilrer Lag~cl zcndLezite ~nnd iiber die Stell~iiig der Hebräer unter deii semitischeiiVö1-kern voraiiszuschicl;en. Der Inhalt der eigentlichen Archäologiewird hergebrachter Weise untei- clen Titeln I').i?;atal/erliilne?.,S/clntsc~Ztertiif~zer, Ii'eligionsaliei.liif7zet. untergebracht, eine Einteilung,die sich clurch ilire Einfachheit immer noch als diebraiiclibarste erweist. Freilich diirfen die Ausdriiclie Privatalter--tüiner nncl Staatsaltertiiiner dabei nicht zu eng gefasst merdeil :1"


4 Einleitung. [D 3-zu cliesen geliören alle Rechtsaltertiimer, zu jenen, den Privataltertümern,werden auch die Sitten uncl Gebräuche des gesellschaftlichenLebens gerechnet.Was die iileist beliebte Voraustellung der Eeligionsaltertüiiierbetrifft, so ist zuzugeben, dass in der erlialtenen hebräischenLiteratur die gottesdienstlichen Verhältnisse die ersteStelle einnehmen. Trotzdem wird bei Voranstelluiig cler Religionsaltertümerdas ganze Bild von vornherein ein schiefes, weilim alten Israel der Gottesclienst keineswegs alles beherisclienclim Vordergrund stand. Es sind zwar die Sitten iind Gebräiichedes israelitischen Lebens wie bei allen alten Völkern vollstiindigbeeinflusst von den religiöse11 Vorstellungen und es ist A~ifgabecler Archäologie eben diesen Einfluss aufzuzeigen. Aberdie spezifischEinricht un geil - uncl cliese sind indein Kapitel der Saliralaltertümer darzustellen - haben sichihrerseits aus der ganzen Volkssitte lieraus entwickelt. Die Art~incl Weise der Gottesverehrung, ja in letzter Linie anch dieVorstelluiigeii von der Gottheit Icöniien nur in1 Zusammenliangmit den bürgerlichen und sozialen Verliältnissen verstandenwerden. Die Darstellung der Eeligionsaltertiimer hat clemgemässan clen Scl~luss, die der Privataltertiiii~e~ an die Spitzezn treten.5 3. Quellen.A. Be~llcmiiler fincl ~lfii~zzen.I. Oizmittelhare Cii./if~nclen: 1. Inschriften auf palästiiieilsischeinBoden, sowohl jüdische und phönicische als auch griechischeund römische. In Betreff der ersteren vgl. 5 39. Dieletzteren sincl gesammelt im Corpus inscript. Latinarniii t. 111und Corpiis inscript. Graecarunl t. 111. Die Literat~ir liierühers. bei SCIIURER GJV 1222f.2. Baii denkmale auf palästinensischem Boden, leider llursehr spiirlich erhalten bezw. bis jetzt ausgegraben. Die wichtigstensincl die Bauten in Jerusalem, TVasserleitnrigen und Gräberetc. (vgl. $5 10 und 35). - Hier ist ausserdeni noch zu nennender Triuinphbogen des Titus in Rom mit Abbildiingen clerTeinpelgeräte.3. Jüdische und Pliönicische Münzen. "Vgl. 5 29.11. il.lltt~lbcli.e Qzlelle?~: die ägyptischen und assyrisch-babylonisclienDenkmäler, insofern sie uns Aufschl~iss geben iiber die


Kultur dieser Völker, von welcher die Kultur der Hebräer sehrn,tark beeinflusst ~vordeiist. Vgl. 5 14.B. Sch~iftlicl~e Qztellen.1. Das Alte Testament. Ueber clie Abhängigkeit derArcliäologie von cler AT1. Einleitungswisseiischaft s. $5 1 uncl 2.Die Anwendung cler histo~isch-kritischen Methode auf cliese Quelle,fiir jede geschichtliche Disziplin nach 2 selbstverstäncllicb, wirdin unserem Falle doppelt gefordert, aber auch erschwert, durchgewisse Eigeiitiiiiilichlieiten cler israelitischen Schriftstellerei, besondersdurch den Charaliter der Biiclier des A. T. als ,kanonischer[,,heiliger' Scliriften der Juden.STADE QVJ 1-3-40 47-85.2. Von den sog. Ap okryp heil lionimeii fast nur die Makkabäer-Bücherin Betracht, welche inanchen Beitrag zur Kenntiiissder Sitten iind Einriclituagen des zweiten vorchristliclienJahrhunderts geben. Sie unifassen die Jahre 175-135 v. C1ir.SCHURER GJV 12268. II"79ff. 739fl.3. Das Neue Tes tameiit bietet zwar fiir unsere Disziplinnicht viel Neiies gegeniiber dem A. T., ist aber als Bestätigungder Angaben des letzteren ~incl als Zeugniss für clie iiii~eräiide~tePortclauer wichtiger Einrichtungeii rvertvoll.4. Flavius Jos ephus. Josephus gilt so ziemlich allgemeinals ein eitler, selbstgefälliger Schriftsteller. Dies, sowie sein clurchgängigesStreben sein Volk zu verherrlichen, führt ihn za Uebertreibungenetc., was seiner Glaub~~~ürdigl;eit Eintrag tut. Fürdie spätere Zeit ist er eine Hauptcluelle, fiir clie ältere Zeit hater fast ausschliesslich clie lianonischen Biicher des A. T. benützt,nicht ohne sehr starke Umgestaltungen uncl Ausschiiiückungender Geschichte iiii al~ologetisclien Interesse. Seine archäologischeriNachrichten sind durchweg niit Vorsicht zu benützen.Von seinen Werken liorninen für uns namentlich in Betraclit:a. 11spi 205 'loo8r/.ixofi.iso),El~,ou,eine Geschichte des jiidisclienKrieges, von ihm als Augenzeugen dargestellt.b. 'IouE.~.tr,.i~ 'APPro),o-~ic/., eine Geschichte des jüc1ischenVolkesvon seinen Anfangeil bis zum Ausbruch cles Krieges gegen dieRömer (66 11. Clir.).SCIIURER GJV 1256-81.Beste Ausgabe: Flavii Jcseplii Opera omnia recogriovit . . . .BNIESE. Berlin 1885ff. (noch nicht vollständig).5. Phi10 von Alexandrien. Von seinen Schriften eilthälteiniges archäologische Material sein grosser allegorischer Koiii-


6 Einleitung. [D 3-mentar zuin Pentateuch: N6pov E~pov &h),,q-(opia~. Wahrend erfür clie Zeitgeschichte als Augenzeuge vielfach eine Quelle erstenRangs ist, sincl seine Ausführungen über die alte Zeit mit grosserVorsicht zu benützen. Abgesehen von seiner allegorisirenclenund rationalisirenclen Methode, welche hebräische Sitteii undEinrichtungen der hellenisch gebildeten Welt mundgerecht machensoll, verrat er auch manchmal entschiedenen Mangel aii Sach-kenntnis~.SCHURER GJV 112745-747; 831-871.G. Die rabbinische Liter&tiir. Die Arbeit der Rabbinenbestand in der wissenschaftlicheii Bearbeitung cler iiberliefertenheiligen Schriften, sowohl iii der Form von Kommentaren (Midraschimuncl Targumiin) als auch in der E'orili systematischer Darstellungen(Talmudische Literatur : AIischna, Tosephta , Jerusalemischernnd Babylonischer Talmud). Inhaltlich ist LI unterscheidendie Feststellung uncl immer genauere Ansführung desGesetzes uncl die Bearbeitung bezw. Bereicherung und Urnbilrlnngder heiligen Geschichte. Das Ergebniss der ersteren Tatiglieitwar die Ansbildung eines Gewohnheitsreclits über das geschriebeneGesetz liinails (F'lnlnchc~, clie Bearbeitnng der Geschichte lramauf die Herausbildung einer Art Legencle {IIc~qgntlcQ hinaus.Die Entstehung dieser rabbinischen Literatur reicht mitwenigen Ausnahinen nicht veiter als bis in clie letzten Jahrzehntedes zweiten nachchristlichen Jahrhunderts hinauf. Da jedochdie Tradition, welche hier ihre Fisirung gef~inclen hat, eine vielaltere uncl g~ite ist, so ist diese Literatur eine wert,volle Quellefür die Kenntniss cler Satzungen und Gesetzesauslegung zur ZeitChristus'. Dagegen ist clie Glaubwürdigkeit in Betreff cles Altertumseine sehr geringe. Volleiids clieverfasser cler späteren Partieenwussten vom Altertuin so gut wie nichts.SCHURER GJV I* 86-124 112 269-313; ebendaselbst reichhaltigesLiteraturverzeichniss.7. Griechische und römische I


§ 3.1 Quellen. 7auch für die Naturgescliiclite. Herodot, Dioclor~is Siculns u. a.,sowie der Babylonier Berosus uncl der Pliönicier Sanchuniatlion(übersetzt von Philo Bgblius) siiicl wichtige Quellen fiir die Altertümerder Aegypter, Phönjcier, Babylonier uild Perser.SCH~RER, GVJV 123-86.8. Die arabische Literatur. Die Nachrichten iiber deualten Gottesglaubeii uiid Gottesdienst der Araber haben fiirunseren Gegenstancl besonderes Interesse und TViclitiglieit, weilwir hier die semitische Religion in einer sehr primitiven, durchkeine fremde Beiinischuiig ulterirteri Forin, namentlich noch alsReligion von Nomadenstänimen vor uns haben. Daher zeigt sichdenn aiich eiiie weitgehende Uebereinstimmung zwischen dein altarabischenuncl dem altliebräisclieii Kult.WELLHAUSEK, Sltizzen und Vorarbeiten 111. Reste a.rabisclien Heidentriinsgesammelt und erläutert, Berlin 1887. - RSJIITH, Kinship and marriagein early Arabia, Cambridge 1880; She Religion of the Semites, Edinburgli1881). - NOELDEIIE in ZUMU- XL 1886, 148ff; XLI 1887, '707ff.9. Moderne TTerlie über den Orient, ReisebeschreibungenU. clgl., welche znverlässige Schilderungen des Landesnncl seiner Bewohner geben, sind von iiiclit zu unterschätzenderEedeut~~ng für die Keiintniss und das Verständniss der altenSitten iincl Gebräuche der Völlter cles vorderen Orients. ZumGrunclcharakter aller Veiliiiltnisse cles Oiieiits gehört die Stabilität;unvermiistliche Achtung vor dein Hergebracliten, iiistinlitmassigesMisstrauen gegen Neuerungen jecler Art bildet ein hervorragendesMerlri~ial iin Charakter des Orientalen. Aucli dieNaturbeschaffenheit cles Landes ist durchaus geeignet die Erhaltungalles Hergebrachten zu fördern. Im Grossen und Ganzensind clie Sitten, die ganze Kultur des Morgenlancls seit den älte-sten Zeiten bis he~~te l in den Grnndzügen gleichgeblieben. Nainentlichdie nomadisirenclen Stämme, die Beduinen, stehen noch heuteauf derselben Kultiirstufe wie vor Jahrtausenclen. Es ist also abgesehenvon dem, was speziell cleiii IslAin angehört, einRiicltschliissvon clen heiitigen Verhältnissen aiif die Sitten, Gebräiiche nndEinrichtungen der alten Zeit vielfach gut möglich. Vor einerdirekten Uebertragung aller Verhältiiisse, wie sie bisweilen sclioiiversiiclit worden ist, iiinss man sich allerdings hiiten.Ein vollständiges Verzeichniss cler ausserordentlich zahlreiclien Literaturs. bei R~HRICHT, Bibliotheca geograph. Palaestiilae uncl iu den jälir-Von den grösseren Küsteilstädteil, wo der europäische Einfluss iibermächtiggeworden ist, ist natürlicli abziisehen.


8 Einleitung. [S 4.lichen Literaturbericliten der ZDPV. - Hier seien nur einige der wichtigstenBiicher genannt (vgl. aucli die Literaturangabe S. 15):KIEBUHR, Beschreibung von Arabien, Kopenliagen 1772; Reisebeschreibungnach Arabien und anclern umliegenden Ländern, 3 Bde. 4U,Iio~erihagen 1774. - BU~CI


9 4.1 Geschichte der Disciplin. 93. Erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts wurde die Arbeit wieder aufgenommen.Als das erste, die EIauptstiiclre der Disziplin umfassende Werksind zu nennen die 1593 erschienenen Antiquitc~tes jzidaiccle des gelehrtenOrientalisten ARIAS P~~ONTANUS in 9 Büchern, die nieist biblische Namentrugen (Phaleg, Caleb, Nelieniia, Aron, Tubalcain, Daniel). Es folgten indiesem uncl dem nächsten Jahrhundert eine Reihe von Arbeiten, teils Gesammtdarstelli~ngen,teils Einzeluntersuchungen. Welche11 Umfang balcl dieLiteratur gewonnen, mag inail aus dem grossen, 34 Foliobände uinfassendenSammelwerlr von BLASIUS UCOLINO (1744-1769) ersehen. In clieseiu ,She-SCCZIPLIS~ sind die meisten der bis dahin erscliienenen Schriften archäologisclienInhalts gesaniinelt. Im Wesentliclien fanden alle wichtigen Gebiete, die inanheute unter dein Namen Archäologie zusainmennimmt (Geographie, Topographie,Naturgescliichte, Privat-Staats-Sakralaltertiiiner) in jener Zeit ihreBehandlung, wenn auch entschieden clie Religionsaltertünier iinVordcrgrunddes Interesses standen. Dagegen war die richtige Methode noch keinesriegsgefunden. Speziell die Religionsaltertüiner wurden vollständig beherrschtdurch die auch von den Reformatoren angenommene Typik, nach welcheralle Cerenionien als „ typi und t~nzbrne f~ttu~.c~r~c.m rerzenz, vor8iiglic7~ Christiiizu erlrlären sind. Auch das mehr oder weniger Conglomeratartige aller dieserWerke ist fiir den Stand der Wissenschaft charalrteristisch; von liistorischlrritisclierBehancllung ist wenig zu verspüren. Statt ein Bild der Entwicklungclcr Sitten und Einrichtiingen zn zeichnen, bieten die Arbeiten eineblosse Sammlung des im A. T. gegebenen Stoffs uncl eine einfache Registririingdesselben unter bestiinmtcn hergebrachten Riihrilieil. Sie sindcleshalb von geringer bleibender Becleiitung. Hervorragend iinter der Massesind etwa die Arbeiten von PETIZUS CUNBUS, der in seinem viel gelesenen Buchals einer der ersten zahlreiche griechische uncl röinische Parallelen beiziehtund sich bemüht, in einer etwa.s an den Rationalismus erinnernden Weise dieKlugheit iriancher Gesetze aufzuzeigeri (z. B. das Jobe1,jahr sollte dem Uebelder Latif~~ndienwirtscliaft steuern) ; das kurze aber reichhaltige, vielfach lromnientiertehandbnchartige Werk von GOODTYIN; die für die damalige Zeittreffliche Lcistilng des gelehrten Staatsmannes SELDEX auf dem Gebiet derBechtsaltertiiriler.4. Eine neue fruchtbare Anregnng gab SPENCER dadurch, dass er dieFrage nach den1 Ursprnng der inosaisclien Einrichtimgen der Hebräer, diebisher Sache des Glaubens und nicht der wissenschaftlichen Untersuchunggewesen war, in den Vordergrund stellte. Bisher war es orthodoxe Praxisgewesen, dass alles, was sich in I


10 Einleitung. r# 4-auf in Egypten daran gewöhnt war; doch wurden sie natiirlich dem Monotheismusangepasst. Ueberhanpt nimmt SPENCER clem Iabe des Archäologen,den mrsterienreichen Hintergr~ind der israelitischen Altertümerund cleren fortlaufende typische Beziehung auf Christus nachzuweisen. Zn~velclien Geschmacklosiglreiten dies fiihrte, zeigt das abschreclrende Beispielvon LUND. Ihm sind unter anderem clie heilige Lade, das Manna uncl derAaronsstab „gar artige Abbildungen Christi". Die Lade: darauf deutet schonibicl. lib. I, cap XIV, 8. 196-207.ibid. lib. I11 dissertatio 11, S. 741-772, vgl. besonders S. 742.ibid. lib. I, cap. XV, S. 208-223."AER, Symbolilr: des mosaischen ICultiis I, S. 59-64; FRXTSCHULTZuiid HSTRACI~ in Z~CICLERS Handbuch der theolog. Vissenschaften I8 374f.


§ 4.1 Geschichte der Disciplin. 11cler Name des Künstlers „Bezaleel = Gott im Schatteii" (vgl. Kol 2 17); Goldiind Holz an der Lade weisen anf die Doppelnatur Christus'; die Dauerliaftiglreitdes I-Iolzes ist die Unverweslichlreit des Fleisches Christus' (PS 16 10) ; clerDeckel der Lade bedeutet, dass Cliristus' der Declrel unserer Sünde ist; denfür die Tragstangen dienenden Ringen an den vier Eclten der Lade entsprichtdie Predigt von Christus ,,in allen vier Ecken der Welt". Ini Manna ist unserHeiland als das rechte Brot vorgebildet: wie clas PIIaslna karii er voiii Kimsnelund zwar bei Nacht; clem sclineeweissen IJIaiina gleich ist die Weisse derUizsch~ild Cliristus'; wie das Manna im Mörser zerrieben und mit Nliihlen gestossenworden, so ist auch Christus in allerhand I


Einleitung. [§ 4-TTOELER, EROBINSOS haben den Bann der katholischen Tradition gebrochenund eine völlig unbefangene Forschung auf dem Gebiet der IiistorischenGeographie und Topographie auf Cirnnil einer exakten Beobachtungund Untersuchung der Landesverhältuisse eröffnet. Eine erdriickend vollständigeZusan1menstellurig.g und zugleich kritische Benützuiig sämnitliclierwichtigen bis clahin vorhandenen Quellen, so~vie die Berüclrsichtigung derganzen gescl~iclitlichen Rntmiclrlung zeiclinet das epochemachende Werk desgrossen Geographen KRISTER aus (2. Aufl. 1840), das bis heute seine Becleutiingbelialteii hat. Allerdings hat seitdein iii dei- zweiten Hälfte unseresJalirlini~derts die Erforscliung von Palästina grosse Fortschritte gernacllt.Genaiie Verinessung und sorgfältige Nachgrabungen, daneben hergehendstrenge Sichtung und Bearbeitung des alten Quellenmaterials mit den Mittelneiner philologisch-historischen Kritik charabterisiren die 11c~itig.e Arbeitauf diescm Gebiet.8. Niclit ebenso rasche Fortscliritte wurden auf den iibrigen Gebietengemacht. Allerdings brach sich inelir ~incl mehr die Erkemtniss Balm, diesclion SPEXCER ausgesprochen hatte, dass die israelitischen Altertümer in clenZiisamnicnhaiig cler Sitten und Gebräuche der alten Morgenländischen Völkerhereinznstelleu uncl von hier aus zu erlrlären seien. Damit liängt zusamillen,dass die Privat- ailcl Irtaatsaltertiiuier mehr in den Vordergrund traten.Sl~eziell das Recht fand von B~ICHAELIS (il~osc~isch~s RecTit, 1770-1775) undSAALSCIIL-TZ (das JTosaische Recht, 1848K) sehr eingcliende Darstellui~gen, dieclas Verständriiss bedeutend förderten. - Charakteristisch ist aiich Kir diesenZeitraum, dass iicbeu den systeiiiatisc1lenDarstelluugen die BiDlische~~TV6vte1.-biic71,ev sich iinmer grösserer Beliebtheit erfreuen. Iu ihnen war die bequemsteForiii gef~incleii, in welclier die Ergebnisse der Arcliäologie den aridern Disziplinenzum unmittelbaren Gebra~ich dargeboten wercleu konnten.Trotz der Fortschritte in der historischen Auffassung blich aiif deinGebiet der Sakralaltertüiner die liergebraclite Typili nocli lange herrschend.?MICHAELIS (E~ztzvti~f c7ev fypisc7zerz Gottesgeluhvtheit. 2. 9ufl., 1763)suchte zwar den Gebrauch der Sypili ehas einzuscliränlien und wissenschaftlicheizu gestalteii, verfiel aber docli selbst recht gescliiliacklosenDeutungen. Nachdein diese Deutungsweise in der Zeit des Rationalisiiiusin starken Misskredit gelroninien war (so dass LBAUER sie als „lioffentlicliaiisgestorbeu" bezeichnen lconnte), wurde sie durch BÄEIR unter dem Naineri,~Synzbolik des I~til~zrs" wieder neu belebt und zu grossein Einfluss gebracht.BBHR suchte die Willliiirlichlieit und Gesclimaclilosiglieit der alten Allegorikuncl Typik zu ver~ileiden, incleiil er zwisclieu Symbolili und Typilischarf unterschied - ohne erstere schwebe letztere ganz in der Luft -und bestimmte Deutiiugsregeln aufstellte, so vor allem die Regel, ,,dassdie Syiilbole nur solche Bedeutung haben lröunen, welche nlit den religiösenIdeen des I\iosaisiilus und mit seinen klar ausgesprochenen Prinzipienim Einlrlann steht". Dabei hielt er aber ail dern Grnnclsatz fest, dass dermosaisclie Kultus mit seiner sinnliclien Form nur dann sich erlrlären undreclitfertigen lasse, wenn man das Ganze und das Einzelne als sinnbilcllicli,als Syinbol auffasse; von hier aus sei daiin auch die typische Bedeutung 111itSiclierheit zu ermitteln. So wird ihin die Stiftshütte zur bilcllichen Darstel-lung der eigentlichen Wolinuug Gottes, des Himiiiels, uncl seine Zahleiideutungeilstellen hinter der alten Typilr nicht zuriick. - B~IIR'S Nachfolger und


8 4.1 Geschichte der Disciplin. 13Gesinnungsgenossen, ein HENGSTEXBERG, KURTZ, KEIL U. a. haben mancheAuswiichse abgethan, anch die Verwendung der Symbolik (und Typik) beschränkt,stehen aber prinzipiell auf dem alten (


14 Einleitung.angewendet werden. Eine vollständige Darstellung cler israelitischen Altertümervon dem neu gewonnenen Boden aus ist noch nicht versucl-it worden,-sie mag vielleiclit anch jetzt noch in manchen Punkten verfrüht erscheinen.Die modernen Darstellungen der Gesainn~tgescliichte Israels enthalten allerdingsselir viel schätzenswerto Beiträge dazu, ihre Behandlung der israelitischenKulturentwicklnng ist aber naturgeinäss sein gedrängt, nur die Zügeiiii Grossen zeichnend, so z. B. bei KITTEL. REUSS bietet zerstreute Beme,rlrungenin reicliem Mass. TVELLHAUSEN gibt in seinem „ Abriss derGeschickte IsrcieZs" eine ganz litirze, aber fein gezeichnete Skizze; seine Prolegoineizaenthalten eine Fülle von Material für eine Geschichte der Salrralaltertümer.Am a~~sfülirliclisten ist STADE, der zuin erstcnmal die Ergebnisseder Kritik zu einer zwar niclit vollständigen, aber vielfach ins Einzelnegehenden Darlegung der bürgerlichen und religiösen Sitten des alten Israelkonsequent verwertet und zugleich vollen Ernst iilaclit mit der Herbeiziehungcler Resultate dcr Ethnographie zur Feststellung der gemeinsamen Wurzelnder ICultur cler Israeliten und cler iibrigen Semiten. ,Für die Gegenwart istjedenfalls seine Darstellung von grundlegender Bedeutung.Literatur zur gesammten Archäologie.Die Spezialarbeiten undDarstellungeneiilzelner Gebiete der Archäologiesielie bei den betreffenden Kapiteln ; eine ziemlich vollstäilcligedufzählung derälterenWerlie sielie bei DIESTEL, Geschichte cles h. T. in der christl. Iiirche;hier seien nur die wichtigsten neucren Gesamnitdarstellungen genannt.1. Systewtatisclze DnrsteEltcngcn.WBIL. DE WETTE, Lehrbuch der liebräisch-,jiidischen Arcliäologienebst einen1 Grundrisse der hebriisch-jüdischen Geschiclite, Leipzig 1814;4. Aufl. von JRABIGER, 1864. - HEWALD, Die Altertümer cles VollresIsrael, Göttingen 1844 ; 3. Ausg. 1866. - FKEIL, Handbuch der biblischenArchäologie, 2 Teile, Frankfurt a. I!!. und Erlangen 1838-1850. 2. Aufl. in1 Band 1876. - PSCHEGG (liatl~.), Biblische Archäologie. Nach seinem Todeherausgegeben von JBIVIRTIIMÜLLEIL, Freiburg i. B. 1887-1888. - F\\TSCHULTZ, Archäologie des A. T. In Z~CI~LER'S Bandbuch cler theologisclienWisseilschaften I 198-238, Nördlingen 1883. 2. Aufl. bearbeitet vonHST~~ACI~ I 373-420. - J~ELLHAUSEN, Prolegomena zur Geschichte Jsracls.3. Aiisg., Berlin 1880. - Abriss cler Geschichte Israels und Jndas (Sliizzenund Vorarbeiten I 1-102), Berlin 1884. - BSTADE, Geschiclite des VollresIsrael (Allgemeine Geschichte in Einzeldarstellungen I G), 2 Bde., 2. Aiifi.,Berlin 1889, besonders Bd.1 BucliVII S. 358-518. - ESCHÜRER, Geschichtedes jüdischenVolkes im Zeitalter Jesu Christi, 2 Bde., 2. A.nfl., Leipzig 1890.2. WörterOiicher.GBTYINER, Biblisches Realwörterbuch, 2 Bde, 3. Anfl., Leipzig1847-1848. - DSCHENKEL, Bibel-Lexikon. Realwörterbiicli zum Haridgebrauchfür Geist,liclie und Gemeindeglieder, 5 Bde., Leipzig 1869-1876.- HAMBURGER, Realencylilopädie für Bibel und Talmud, 2 Bdc., 1874-1883. - ERIEHAI, Handwörterbuch des biblischen Altertnms für gebildeteBibelleser (iliit Illustrationen, Plänen uiid Karten), 2 Bde. 2. Aufl. besorgtvon FRBAETHGEN, Hielefelcl und Leipzig 1893 (in1 Ersclieinen begriffen). -Real-Encylrlopädie fiir protestantische Theologie und ICirclie, lierausgeg.von HERZOG, PLITT, HAUG, 2. AL& 18 Bde., Leipzig 1877-1888.


# 5.1 Erster Theil. Grenzen und Weltstellang von Palästina. 15Erster Teil.Land und Leute.Kap. I.Das Land PalLstiiza.Die ausserordentlicli reichlialtige Litcratur über Palästina ist zilsamiliengestelltin: ROEHRICRT, Bibliotheca Geograpliica Palästinae, Berlin 1890,(enthält die Literatur bis 1877). - SOCIX, Bericht über neue Eisclieiuungenauf den1 Gebiet der Palästiualiterat~ir. 1877--1884 in ZDPV I-V111(1878-1885). - Jarro~, dass. für 1885-1887 : ZDPV X-XII(1887-1889).- BNNZINGER, dass. für 1888-1891 : ZDPV XIII-XVI (1890-1893).RITTER, Erdkunde, Teil 15-17, Berlin 1850-1853. - She S~irvcg ofWestern Palestine, 7 Bde. IXemoirs, London 1884. Dazu Great map ofWestern Palestine, 26 Blätter. - Slie Survey of Eastern Palestinc, 2 Bde.,I~oiidon 1889-1891. Die bciden1Verke bilden die Grundlage aller modernenPalästinaforscliung. - ANKEL, Grundzüge der Laiidesuatur des TVestjordanlandes,Frankfurt a. N. 1887. - BAE~EI~ER, Palästiiia und Syrien, 3. Aufl.,T~ei~zig 1891. Verf. von SOCIN, in 3. Aufl. bearbeitet von BENZINGER.g 5. Grenzen und ~ eltstdlun~ von Palästina.1. Palästina bildet einen Teil des grossen Ländergebiets, dasseit alter Zeit den Namen Syrien tragt. Sehen wir von dem zuverschiedenen Zeiten wechselnden Sprachgebra~~ch ab, so erstrecktsich clas heutige Syrien von1 Hochland des Tanriis bis zuder Grenze Aegjptens, d. h. von 36 5 ' bis 31 nördl. Breite.2 Linien voin NO- nnd SO-FVinliel des 3Iittelmeeres direlit nachOsten gezogen gedacht, würden ungefähr die Nord- und Südgrenzenbezeichnen. Die Ausclehnuiig von Norden nach Siidenbeträgt Ca. 600km.Etwa das südliclie Drittel dieses Gebiets nimmt Palästinaein. Seine Gr eiiz e verläuft isil Norden einer Linie entsprechend,die etwas nördlich von Tyrus nach Osten (am Siiclf~iss des Libanon


16 Erster Teil. I. Das Land Palästina. rfi 5.uiicl Herinoll und an der R~iinei-istätte TeIZ el-mai [Dan] vorbeigezogen würde. Eine Streclie weit bildet hier der Unterlauf clesLZflthi (Aahr el-.si)12fje genannt, der alte Leontes) eine natürlicheGrenze zwischen den1 zentralen Gebirgsstocli des Libanoniincl seinen siicllichen Ausläufern. Im Süden wird das Gehirgslaiiclcles Sinai vom palästineiisischen geschieden clurch eine Einseiiltung,die sich südlich von Qaza dem kf'ricli &czse (auch FVcirlzSeija' genannt) entlang an der Ruinenstätte Bi~~z^i. es-Sebcc' (Berseba)vorbei zum Sücleisde des Toten Meeres zieht; jenseits desselbenbildet cler Arnori clie Grenze. Diese Ausdelinung von Wordennach Süden stiinnzt zu der bekannten Grenzbestimmung ,von Danbis Berseba'. Tm Priestercoclex freilich (Num 34 eff. Jos 15 3) wirdclie Idealgrenze viel wciter l-iinaiisgerüclit, in1 Norden bis zu dein,Eingang von Hamat', also bis zuin Nordende cler Bihd (Cölesyrien),iin Siiden bis zilm ,Bach Aegyptens' (l116(li el-'il?.z"sc/~) unclKades Barnea. Die Westgrenze ist mit der Nittelineerlciiste gegeben,die iin Ganzen ziemlich gradlinig von SW iiach NO läuft.Die Ostgrenze ist schuranliencl: sie deckt sich mit cler Grenze clesbebauten Landes gegen die syrische Steppe, die nur vonNoniaclenl-iorclendurchzogen wird.Die Länge des ganzen Landes (33O 20'-31 O 15' iiörcllicherBreite) beträgt ca. 240 km, also etwa "5 der Länge von ganzSyrien. Die Breite ist iiii Siiden grösser als im Norden: dasJVestjordanlaiid ist im Süden ca. 120 km, im Norden 36-40kmbreit, cler Flächeninhalt cles JTestjordanlands beträgt 15 700 qlirn,clen des Ostjordaiilaisds wird man auf höchstens 10 000 qliinscliätzen dürfen. Ein gnter Teil dieses Gebiets, namentlich dasganze Küstenlaiid, war aber von den alten Israeliten nie besetzt.2. Zweierlei cliaraliterisirt die Lage cles Landes: clie zentraleStellung inniitten der übrigen Kult~irwelt und dabei doch eineziemliche Abgeschlossenheit gegen clieselbe. Palästina liegt ander Stelle der grössten Annälierung cler drei Kontinente clcr altenWelt iincl zuglcicli an cler breiten TV;lsserstrasse des AIittelmeeres.Die grosseii Verlielirsstrassen, die clen hinteren Orient init Ei~~opa,Afrilta init Asien verbanclen, schnitten fast alle clieses Ländchen,Die grosse Karawanenstrasse von Damaskus nach SJV (,der Wegdes Meeres' Jes 8 23; im Mittelalter ,via maris') überschritt unmittelbarsiidlicli vom eiilesee den Jordan, um clurch clie Jezreelebeneans &leer zu gelangen. Die beriihmte Heerstrasse vonAegypten iiach Nordsyrieii fiihrte der Kiiste entlang; wo sie nahe


9: 6.1 Die Oberflächenformen. 17cler Niinduiig cles Hiinclsflusses (Xahr el-Iiel6) nördlich von Eeiriiteinen grosseii Felsvorsprung zu iiberwinden liatte, zeugen nochjetzt zahlreiche ägyptische, assyrische und lateinische Inschriftenvon den grossen Heerziigen, die auf ihr gegangen, bis auf denKaiser &Iarcas Antoniims herab. Eine dritte l~nc1erverbiiiclencleStrasse, der Weg von Damaskus nach Arabien, lief ohne Zweifeleinst wie die heutige ,Pilgerstrasse' durch die Oasenzone desOstjoiclanlancles. Diese zentrale Lage hatte clie uilheilvollstenFolgen für clie politischen Verhältnisse des Landes: initten drinliegeiicl zwischen Aegypteil und clem Euphratstaat war es derheständige Zankapfel; fiir jeclen Staat war der Besitz von Palästinaeine Lebensfrage. Andererseits hat die zentrale Lage initdazu beigetragen, dass Palästina zu keiner Zeit eine wirklich selbständigeIcultur aufzuweisen hatte.So darf die isolirte Stellung Paliistinas nicht, wie oft geschieht,zn stark betoiit werden. Nur der Siiclen, Judän, war vollständigvon den übrigen Kult~irstaaten abgesperrt. Die Verlrehrsaclernliefen an seinen Grenzen vorbei; an Eergstrassen, die clasLancl niit cler Kiiste oder dein Ostjorclangebiet verbunden hiitten,fehlte es ganz, der Jordan selber war kein Verkehrsweg. Hierinliegt es mit begriiiidet, dass (las Siidreich nie in cler Geschicliteeine bedeutendere Rolle gleich dernNordreicli spielen konnte, aberauch, dass sich in diesem abgeschlossenenJVinke1 Erde diejenigeForin cler AT1. Religion eiltmiclielt liat, die mir mit dein NanieiiJiidentum bezeichnen, in welcher die Abschliessnng gegen alleancleren Nationen, die souveräne Verachtung des ganzen übrigenGeistesleberis der JIenscliheit auf die Spitze getrieben ist.$j 6. Die Oberflächenformen.Palästina besteht geologisch betrachtet aus einer langgestiecktenKreideplatte, clie durch mächtige Brüclie iii verschiedeneTeile zerrissen wurde. Die bedeutendste dieser Verwerfungenhaben ~vii. in deni grosseii ,syrischen Graben', der voinGolf von 'Akaba bis znin Libanon sich erstreckt ui~cl seine grössteTiefe iiii Jordantal erreicht. Von clieser merkwiirdigsten allerVertiefungen der Eidoberfliiehe vern~iitet AXI~EL, dass mir es hierinit einem inissgliicliten Versiicl~ der Natur zu tun haben, das3Iittelilieer nocli weiter nach Osten uncl Südosten ausgreifeil zulassen. Jecleilfalls liat sich auch nach Westen die Oberfläclie iniliier ganzen Länge gesenkt.B C ii zi ii g er , I-Ielii ,~iiclie AL cliaologie 2


18 Erster Teil. I. Das Land Palästina. [5 6.Auch Aegypten wird der Länge nacli von eiileiil Fluss inzwei Teile geteilt. Aber welcher Unterschied hier und dort!Dort in Aegypten ist der Nil clie Piilsader cles Landes, der Segeiispendernach rechts uncl links; er ist die grosse Verlielirsstrasse,welche eint uiicl verbindet. Hier in Palästina vollenclet der Jordandie Abschliessung des TVestlands. Abgesehen von den Ufern desTiberiassees und den Oasen bei BMn und Jericho liegen lieinebedeutenden Aiisiedelungeil in dern unfruchtbaren Tal; keinSchiff befährt den Fluss, nur wenige Furten erniöglichen denverkehrzwischen beiden Ufern. Steil steigen im Osten uncl Westenam Rande cler Tdebene die Berge empor, im liöchsten Graclbeschn~erlich ist der Auf- und Abstieg. So stehen Ost- 111id Westjordanlandeinander gegenüber als zwei Lander, die illre eigenenWege gellen inussten. Dazu lioiiimt die Verscliiedenlieit derLebensbediiigungen: das Ostland im TVesentlichen eine zienilicheinförmige Hochebene, das Westlanrl ein Bergla~id von ganz unregelmässigerForm, das init seinen tiefen Kluften uncl hohenBergen, seiner ebenen Küste uncl seinen fruchtbaren Tälern diegrössten Kontraste der Forination vereinigt. Jenes ein Weidelandfür Viehzucht, dieses ein Land cles Ackerbaues mit Wein,Feigen und Oliven. Von Alters her war der Gegensatz bekannt ;das eigentliche Kaiiaan, die terra proiiiissionis, ist clas TVestland l.I. Bas Tl'esijo?-dc/7zl~~ntl ist ein im Süden breit begiiineiicles,nach Norden sich stark verjüngendes Tafellancl. Ganz allinälilichund stufenförmig steigt aus der Küstenebene das Bergland an,um dann nach Osten rasch, oft mauerartig gegen das Jordantalabzubrecheii.Die I


8 6.1 Die Oberflächenformen. 19kiiste mit eingeschalteten Kiistenebenen. Dem entspricht auchhier clas Relief des Plleeresbodens, der einen raschen Abfall zeigt.Die Isobathe von 100m, im Süclen 301rm vom Land entfernt,nähert sich beim missen Kap [RBs el-Abja@ auf 31~131. Damithängt zusammen, dass der nördliche Teil buchtenreicher ist.Zwischen Kiistenebene und Jordantal erhebt sich ein langhingestrecktes Bergland, dessen Achse von Norden nach Riidengeht mit unsjriiimetrischeri Answeichungen nach Osten und \Vesten.Mit den1 Libanon liängt dieser Gebirgszug in Obergaliläa zusainnien.Im Siiden läuft der Bergrücken in ein breit gewölbtesTafelland aus. Obwohl orogral~hisch von der Steppe 13t-Til~ durcheine Einsenliuiig geschieden, hängt der Bergzug cloch geologischaufs engste iiiit der sinaitischen Halbinsel zusammen und erscheintso als das natiirliche Bindeglied zwischen dem Libanon und clerSinaihalbinsel.Von grosstem Einfluss auf die Gestaltung des Landes ist derUinstancl, dass clie Achse des Bergzugs nicht in der Mitte desLandes sich hinzieht, sondern dem Jordan bedeutend näher istals dein Meer. Etwa ":'des Westjordanlands liegen westlich vonder Wasserscheide. Namentlich fiir die hydrographischen Ver-Iiältnisse ist dies von Bedeutung: dcr Abfall der Täler gegenWesten hin ist ein etwas langsamerer, so dass sich von derWasserscheide bis zum Meer längere und reichere Tälersystemeentwicli-eln lrönnen, cleren obere Mnlden sich ~nanchinal zu fruclitbarenHochtälern erweitern. Nach Osten ist der Abstieg hierzuviel zu li-urz, die Winter\vasser reissen tiefe, fast senlrrecht eingeschnitteneunfruchtbare Schluchten ins Gebirge ein.Der Kanim des Gebirges bildet, wie in physischer Beziehung,so auch in lrultnreller Hinsicht das Centrurn des Landes. Aufihm lagen und liegen fast alle wichtigeren Städte: Hebron, Bethlehem,*Jerusalem, Betel, Bichein, Samaria, Nazaret. Ihm entlangzog sich auch die Hauptstrasse, die allerdings nur für den Binnenverkehrvon Bedentung war. Diese sonderbare Erscheinung istin der Oberflächenform begrünclet: Strassen in n~~dsüdlicherRichtung konnten nur auf dem Kamm oder iri cler Ebene, nichtaber dem Ost- oder 'CVestabhang entlang laufen, weil da clie zahlreichentiefen TYadi's nur mit grossen Schwierigkeiten iiberschrittenwerden li-onnten.Der Gebirgsziig wird durch eine grosse fruchtbare Ebene,die sich am Norclf~iss des Karmel hinzieht, unterbrochen. Sie2 4'


2 0 Erster Teil. I. Das Land Palästina. [§ 6.hat die Gestalt eines Dreieclcs, dessen Siiclspitze bei Dsche~zita(dem alten En Gannim) liegt. Sie steigt von JTesteii nach Ostenlangsaiii an bis z~i einer Höhe von 123m. Verschiedene Ausbriclitungenerstreclcen sich auf cler Norcl- uncl Ostseite in clas Gebirgehinein. Die Ebene wird ent~~~ässert durch cleii lliilir el-!?liifi~l;.tc2(Kisori). Der Bode11 ist zwar an einzel~ien Stellen etwas sumpfig,aber im Ganzen ausnelimend fruchtbar, er besteht grosseiiteilsaus zcrsetztem vullcaiiischem Gestein. Als einzige Verbindungvon AIittelmeer und Ostjorclanland war die Ebene von liervorragenderWichtiglceit. Belierrsclit wurde sie in alter Zeit voncleil festen Städten ~llegirlclo (walirscheinlich das spätere Legio,heate El-LecZcZschzl~z in cler Nitte cles Biidraiicls) lind .Jewecel, dasheutige Zerc2tz, auf cler IVasserscheide iin Osten der Ebene gelegen.Auf dem Boclen dieser grossen Schlacliteilebene siiicl clieineisten cler Kainpfe, \velche über die Geschiclie cles Lancles entschieden,arrsgefochten morden. Ihren alteii Nanieii hatte sie vonclen beicleii ermrähnten Städten: ,Ebene Jezre'el', ,Ebeiie vonMegiddoc, auch ,die grosse Ebene'; bei clen Griechen liiess sie,Ebene Esclreloii', her~te ille~.clsch Ibn 'Ami)..Die beiden Teile des Berglands nördlich uncl siidlicli von dergrossen Ebeiie untersclieiclen sich deutlich in ihren Oberfläclienformen.Das galiläisclie Berglancl zeigt einen grosseil Reichtuinder Formen, breite Ebenen sind in clie Berge eingesenkt,fruchtbare Täler uiid scliöne BIatten wechseln mit kühn ansteigendenhohen Bergen. Der 43sche6el P)sc/~e~.~izalL. (1199 ni)iii Obergaliläa ist der höcliste Berg des Westjordanlancles. Dasganze Land macht den Eindruck clei Regellosigbeit. Fiir denVerkehr bietet clas zerschnittene Terrain grosse Scliwierigkeiteii.Dafiir aller ist Galiläa eine cler schöiisten uiid fruclitlnarsteiiGegenden Pdästiiias : reicheren Niedersclilägen , hinreicheiicleiiQuellen, dauerncl fliessenden Bergbäclien uncl einein ieil~veise vnlkanischenBoclen verclankt das Land seinen Segeil. Josephus(Bell. Jucl. 111 3 3) nennt Galiliia einen grossen Fruchtgarteil unclriihmt namentlich seine Oell~ultu~. Mit clem Gebirge der siidliclieiiLancleshälfte ist Galiläa nur durch cleri schiiialen Sattel von Zer'inverbundeii. Der loclcere Zusaniineilhaiig mit deii iibrigen Landesteile11koiiirnt ancli in cler Geschichte zirin Arisdrnclc : Galiläa hatsich iminer eine gewisse Selbstäncligkeit be~vahrt.ImUnterschied von Galiläaist die Hauptmasse der siiclliclienLanclcshälft e ein breit gewölbtes Safellsiicl, ,,clessen orogiaplii-


5 6.1 Die Oberfläclienformen. 21sche Einförmigkeit clurcli nichts gestört wircl. Es fehlen sowohl~lia~aliteristische Höhenziige als breite anbaufähige Täler. Hie undda erhebt sich iiber die Hoclifläche ein mässiger Hügel, dessenlzalile Abhänge den Ernst der Laiidschaft noch erhöhenu (ANREL).Während nacli Norclen hin (Samaria) sich dieses Tafelland allmählichreicher gliedert, nimmt nach Süden der Reiclitum anForii~eiimmer inehr ab. Aus cleni Bergland von Sainaria liebtsich der nordöstliche Ausläufer, der h-ai.~nel als ein Glied fürsich ab. Seine Achse verläuft in einer flachen Kurve von SOnach NW. Dem Meere zu wird sein Riiclren (höchste Höhe552in) zu einem abscliiissigen Vorgebirge. Noch heute wie vorAlters zeichnet er sich clurch seinen TValdreichtuni aus; er bleibtauch in1 Sommer grün und nimmt clainit eine bemerlzenswerteAusiiahmestellung ein. Seine Schönheit, die er dem reichen Tauverdanlit, wircl in1 A. T. mehrfach geriihint (.Tm 36 2 Cant 7 G).Das zentrale Gebirge von der Jezrecelebene bis zum Berglandvon Jerusalem hiess im Altertum das b;ebiii(le Ej1hrait7&, in1Gegensatz zum Gefii?ye Jzlclc6, dein Berglancl von Hebron. Incler Mitte zwischen beiden liegt das Bel:r/la?ztl Cola .Je?itsnle?~z.Seine Landniarke bildet der Berg e?z-f!Tefii Sc~nzzoil(895in), wahrscheinliclidie alte Warte hlispa. Die kahle wellige Hochflächeist in ihrem südliclien Teil, in der Urngebung von Betlilehem, vonausserordentliclier Fruchtbarkeit. Die Ostabclachung trägt in1A. T. den Namen J/idbc/?. .JehfirZdh, ,Steppe von Juda'. DieEinöcle, die nur im Friihjxhr ein dürftiges Griin hervorbringt,beginnt scholl aördlich von Jeriisalein; senkrechte hbstiiize, wildeIcliifte , schaiierliclie Sclilucliten , tiefe Talspalten geben derSteppe ihr landschaftliches Gepräge.Besondere Erwähnung verclieiit noch die Küs t eneb en esüdlich vom Karmel, clie politisch und geographisch sich in zweiTeile gliedert: nördlich von JAfa trägt sie in alter Zeit den Namen,Ebene BaronL, eine wegen ihrer Fruchtbarkeit nnd ihres Blumenflorsiin Altertum berühmte Gegend (Jes 33 a 65 io Cant 2 I). AnTVasser fehlt es nicht: ausser den perenriirenden Flüssen, vondenen der iVcl/l?-eZ-'ilnrlsci~& (der zm~eitgrösste Fluss cles Laiides)undder lYcll~l. ez-Zer&a die bedeutendsten sind, ist auch Grundwasserin reichstem Masse vorhanden. Die Niederung südlich von Jafa,das Ton clen Pliilistern besetzte Gebiet, trägt im A. T. denNamen Sche11/ldlhh, eine Bezeichnung, die übrigens bei einigenScliriftstellerri aucli clen unteren Teil des Westabhangs des judäi-


2 2 Erster Teil. I. Das Land Palästina. C8 6-schen Gebirges ~~mfasst (Jos 10 40 1553).Auch diese Ebene istfrnchtbar, sie hat einen lehmigen Mergelboden, anf dem das Getreidetrefflich gedeiht. TTebrigens sind beicle Ebenen keineswegsganz flach, es fehlt nicht an niedrigen welligen Hügelzügeii mitzahlreichen Höhlen.2. Uccs Joi.[lcintall. Charalrteristiscli fiir clen J o r d an istsein starlies Gefall. Die Qnelle liegt 520m iiber clem Meer, derHiilesee 2 m über clem Meer, cler Tiberiassee 20Sm unter clemMeer, das Tote Meer 393,8m unter dem Meer, der Gesamintfallbeträgt also 914 m, davon liegen nur 520 in iiber dein Meeresspiegel.Dabei sind Qnelle und Mündung in gerader Linie liöclistens220 lrm entfernt. Dieses starke Gefall erklärt aiicli die vielenmäandrischen 'CVindungen, durch welche sich cler wirliliche Laufdes Flusses auf beinahe das Dreifache verlängert.Drei Quellen sind es, deren Wasser zusainnien den Jordanbildet. Die entfernteste ist clie cles ni~hr pl-mqbdni ain Westfussdes Kermon, ansserhalb Palästinas (52Om über dem Meer).Die zweite Quelle, der ~1~(6h?. Biintj'jcis entspringt bei Bdjz


5 6.1 Die Obcrfläclienformen. 23wähnteyia maris. Dann stiirzt er, vielfacl-ie Katarakte bildend, inraschem Lauf zuni Tibei.ir~ssee. Der Spiegel desselben liegt 208 niunter Mittelmeer, seine Tiefe beträgt 50-70 In, die grösste Breite9,5 km, die Länge 21 k111, die Oberfläche 170 qlcm. Die Form istein unregelniässiges Oval. Es ist aber viel Phantasie dazu nötig,clnrin den bauchigen Iiörper eiiier Laute (liinlh.) zu selieii nndclavon den alten Namen /iin~iei.et(in NS1. Zeit Ge?zez,-ai.el) abzuleiten.Iin Osten reichen clie Berge ganz an den Uferrandheran; im Westen treten sie zuriick und lassen Platz fiir eine1,5kin breite, 5 kxn lange ELene, die den Namen el-Rz~roii trägt.Im Lobpreis ihrer Fruchtbarkeit kann sich Joselilius Irauin genugthun: „es ist hier wie ein Wettstreit der Natur, clie daslviderstreitendeauf einem Platz zu vereinigen strebtL!. „Die BönigliclienFriichte cler Weintrauben uncl Feigen liefert die Ebene 10 Monatelang ununterbrochen, ~väh~eiicl die iibrigen Früchte das ganzeJahr hiiiclurch cler Reihe nach reifen." Der See ist sehr reich anFischen; einige Arten koinnien sonst nor noch im Nil und anderentropisclien Gewässern vor. Man muss aiiilehniea, class in prähistorisclierZeit der See niit dem Meer verbunden war, lind dassclann cliese Fische auf der einen Seite sich in die tropischenWasser zurückzogen, auf cler ariclereri Seite in cliesein tiefenBecken mit seinein sehr lieissen Kliina erhalten blieben.Im Unterlauf cles Jorclan hat das Flussbett einen ganz eigenartigenCharakter. Das Tal ist nichts anderes als ein altes Seebecken.Der pflanzenlose Boclen besteht der Hauljtsache nachniis hellgraneln I


2 4 Erster Teil. I. Das Land Palästina. [5 6.durch Kanäle bei der grossen Tieflage des Wassersl~iegels fastinm möglich; die Wasser des Jordan gehen wirtschaftlich verloren.Schon in alter Zeit wa1- die Ebene unfruchtbar (Nuin 21 2o), nurin den herrliclien Oasen bei cler Ausmünclilng grösserer Kellenfliissefinclen sich in alter Zeit bedeuteiidere Ansiedelungen : BesGn,Phasaelis, Jericho.Die meisten der zahlreichen Ne 11 e ii t $1 er bringen allerdingswenig oder gar IceinTVasser, nleist sind es Wiilterbäche. Von perennirendenZuflüssen sind zu nennen: der Sc/te).Z'crl el-iK~?t(lcli~'e(griech. Hieroinyces, iin Talmud Jarilzulc) unterhalb des Tiberiassees,von Osten aus clein Haurkn und Dscl1612,n Icomiilend; deri%hr Dschdkicl, mit der Oase von Bethsean aii seiner Miiildung,von Westen her; weiter südlich von Osten der iYalrr ez-Zei.&n,,Blauer Fluss', der AT1. Jabbolc; eiidlicli von Westen der Il'dcliFcw'n (vielleicht der AT1. Krit)und cler Tl/ciclL el-Iiell, cler die Ebenevon Jericho clurchfliesst.Die letztgeilaiiiite Oase, im A. T. als ,Gefilcle von Jericlioierwähnt, gehört schon zuiil Miindungsgebiet des Jorclan. Diegegenüberliegende Talseite entspricht den AT1. (il~Odt/~ iiklO'(iU,von wo aus cler Einzug Israels in Kanaan stattgefunclen liabensoll. Der Jordan ergiesst sich in zwei je 50111 breiten Aimeii indas Meer; clie nächste Urngeburig ist sumpfig, das höhere tTferbildet nackte, in groteslcen Formen zerrissene Erdwäilcle.Ihreil tiefsten Punkt erreicht die Jordanspalte im TotenMeer. Bei den lie~itigeii Arabern heisst es ge~völiillich Bafir Lilt,Lotseei, die Israeliteii nannten es ,Salzineerc oder ,OestlichesMeerc, die Griechen ,Asphaltseec. DRS Tote Meer ist 76kcriilang, die grösste Breite südlich von1 Arnon beträgt l5,7 kin.Eine niedrige Halbinsel, el-Lishc (cf. Jos 152) trennt die siidliclieflache Bucht ab. Die Tiefe beträgt im AIaximum 399 m; cla derSpiegel selbst schon 393,s m unter dein Meer liegt, so beträgtdie Gesainirittiefe der Erdspalte 793 m. Eine Abnahme cles Sees .in historischer Zeit lässt sich nicht nachweisen, dagegen iiilclensich in einer Höhe von 3941n iiber dem jetzigen Spiegel an denBergabhängen des Jordantales Ablagerungen, welche beweisen,dass einst das Jordantal mit dein Toten Meer einen grossenSee gebildet liaben muss, dessen Spiegel auf gleicher Höhe mitdein cles Jlittelineeres lag. Die Veiiiiutuilg, dass das Tote Meerin jener Zeit mit dem arabischen l\leerbuseii in Verbindung gestandenhabe, ist unhaltbar, cla die Wasserscheicle zwischen beideil


5 6.1 Die Oberfläclienformen. 25240m über Mitteln~eer sich erliebt. In Betreff der Entstehungdes Toteii Meeres stehen sich zwei Ansichten gegeniiber: nach dereinen ist das Tote Meer ein Reliktensee, d. h. ein Ueherbleibseldes Ozeans, niit cleiii es einst zusainmenhieng. Nach der neuerenTheorie wurde clie ganze Verwerfuilgsspalte iii cler Eiszeit durchdie aufgestauteil Gewässer in eineil See verwandelt ; mit de~ilEintreten des wärn~eren Klimas wich clanii der See clurcli Verdunstungzurücli. Begreiflich ist, dass sich an diese inerlr-~viirclige Xaturerscheiiiung allerliand alte Hagen angekniipft haben(Gen 19).Das Tote Meer hat Ireiizeil Abfluss; der ganzeTVasserzufluss(täglich Ca. 6 Millioiien Tonnen) muss verdunsteri. Die Fulgedavon ist der grosse Gehalt des Wassers an mineralischen Stoffen.Xs enthält ca. 2s0/0 feste Bestandteile, clar~iiiter 7"0 Kochsalz.Chlormagnesium gibt dein Wasser den ekelhaft bitteren Geschmack,Chlorcalciiim bewirkt, dass es sich ölig uncl scliliipfrignnfiihlt. Die spezifische Schwere schwankt zwischen 1,021-1,256 ;in der Nähe der Jordanmüiidnng ist sie am geringsten. Bei cleillursprünglichen Höheiistaiid war nxtiirlich der Salzgehalt gering,clocli bann schon 1 SO m iiber dem jetzigen Spiegel clie Sattigungdes TlTassers mit Salz naclige~viesen werden.Iii einer solchen Lauge kann kein lebendes Wesen, wederMeerfisch noch Muschel oder Koralle existiren; insoferil trägtdas Meer seinen Kamen ,das Tote' mit Recht. Dagegen ist clasUfergebiiscli von zahlreichenVögeln belebt. Die Fauna ist allerdingsbei dein Mangel an Siisswasser nicht reich; wo solches vorhandenist, wie z. B. bei Engedi, entwiclrelt sich eine iippige tiopischeVegetatioil. Das landschaftliche Bild des Sees niit seinemtiefblaiien Wasser, clen 1111mittelbar an seinen? Rand fast senlirechtaufsteigenden Bergen entbehrt nicht des Reizes, clocli fehltheute clas Leben. Friiher war das anders, noch zur Zeit desJosephiis wurde der See viel befahren.Am Süclwesteilde des Sees liegt der interessante SalzbergDsc/~ebel Us(lza~r, eiii isolirter Rüclien von 11 km Länge und ca.45m Höhe, der zuin grössten Teil aus reinem kristallisirteiii Salzbesteht. An clas Siiclende des Meers schliesst sich zuiiächst einSu~npflancl aii. Die Talserilinng (die Ar,n6n) setzt sich dann iluchweiter fort, sie steigt langsam gegen Süden an, ungefähr in clerMitte zwischen dem Toten Meer und dein Meerbusen von 'Aliababefindet sich clieTVasserscheicle (240 n1 über Mittelmeer).


2 6 Erster Teil. I. Das Land Palästina. La 6-3. Bas Ostjoi~clct~~lct~~cl hat den Charakter einer einförmigen,nur durch einzelne ßergzüge unterbrochenen Hochebene. DerJc.s.rrrz6k teilt es in zwei physikalisch sehr verscliieclene Gebiete.Nörcllich von ihm erstreckt sich das bebaute Lancl weit nach Osten,clie Siidhälfte besteht in einem ganz sclimalen Streifen Kulturlandes.Die Nordhälfte verdankt ihre Form mächtigen vulkanischenRevolutionen, die Siidhälfte hat gar ireiile vnllraiiisclienFormationen aufzumeiseri.Für das ganze Hochplateau nördlich vom Jarmuli und östlichvom Jordan ~vircl vielfacli der Name fI(tu/.dn, cler ursprünglichan dem Gebirge im Osten haftet, gebraucht. Unmittelbaröstlich vom Jordan steigt clas Hügelland L)scl~6lci?ziemlich steilauf, in seinem nördliclien Teil eine und wilde Gegend,bedeckt von Lavamassen. Zum Ackerbau weniger geeignet bietetes herrliche Weideplätze für die Herden der Beduinen. EineRette erloschener Vulkane zieht sich von BBnijbs aus gegen Siiden.Dann aber verlieren sich im südlichen DschOlC~n clie Lavainassenui~d an ihre Stelle tritt der sandig sich anfiililende cliinlielbrauneLavaboden, der von ausserorclentlicher Piuchtbarkeit ist. DasHügellancl des Dscholan geht nach Osten unmittelbar iiber in dieHochebene e?t-nic.rn (auch Haiirane b eile iin Gegensatz zuinHaurangebirge genannt). Aiich liier ist der Boden mit rotbraunemHumus aus zersetzten Lavateilclien bedeckt und sehrfruclltbar. Oestlich von dieser ,Kornlianimer Syriens' erhebtsich das @~lz~i.ri?zge6irge (Bschebel ell-/!/.zls), das alte ,GiebelgebirgeEasans' (PS 68 15--i7). Dasselbe besteht aus einer Reihevon ausgebrannten Vullianen; clie höchsten sind cler Dschebelel-I~ul&b im Süden, cler Tell Schihdtz im Norden. Von letzteren1hat sich eine ungeheure Zavamasse über clie nord~vestliclie Ebeneergossen. Die Gegencl führt clen Nanien ei-Leclsc/~cil/, (eine deralten Trachorien); sie hat nur sparsamen Pflanzenwuchs iind istclurcli eine Menge von Rissen und Spalten zerklüftet. Ganz wildist die Gegend östlich von1 Haurangebirge. Im Nordosten liegtein weiteres vullcanisches Centrum in der Hügelgegeiid 43i?.etef- Tulril mit den Vulkanen der Sofd. Hier sincl wir in cler TViisteiin vollsten Sinn des Wortes.Das Lancl zwisclieii Jarmuli; und hriion entspricht clein altenGilec~d. Heute trägt clie Landschaft nördlich voin Jaboli clenNamen 'A(lschlzi/z, der siiclliche Teil heisst PI-BeGci. Nach Südenhin nilnmt die Hiigelkette wieder an Höhe zu; im Dschebel


5 6.1 Die OberKächenfornien. 27'Adschki~z nördlich uncl im Dschebel Dschil'dcl südlich vom Jabolahat sie ihre höclisten Erhebungen (1085 resp. 1096in). Gileadist bedeiitend wasserreicher als das Westjordaillanrl; zalilreicheBäche fallen in das Jordantal hinab. So kann sich die Landschaftneben Galilaa stellen; die Bergabhänge sincl mit prächtigenTVäldern bedeckt, nilcl wo immer eine kleine Ebene sich findet,ist sie mit schönem saftigem Gras belileiclet. Von jeher war Gileadals Weiclelancl bekannt.4. In welcher Richtung dieser scharf aiisgeprägte Charakterder Oberflächenform die Eigenart und die Entwicklnng der Landesbewohnerbeeinflnssen musste, lässt sich iloch deutlich aufzeigen.Der Grieche unter seinem ewig heiteren Himmel, in seineii grünenWäldern, auf seinen blumigen Wiesen iind seineii meerumspiiltenBergen hat eine leichte Lebensaiiffassung gewoiinen, hat clieheiteren Göttergestalten der Ol~inpier geschaffen, hat jene ewiggültigen Ideale der Scliönheit hervorgebracht. Dem Volli derL4eg~7pter hat sei11 Boden Aufgaben gestellt, die nur die vereinteKraft aller bewältigen konnte; in Aegypten drängt „die Logikcler Tliatsachen unerbittlich zur Bildnng eines festen Staates, derclie Regelnng der Ueberschwerninung in die Hand nirnmtLL (ERJIAX,Aegypteii 29). Anders in Palästina. Nicht in fruchtbaren Ebenen,in freundlicheil Tälern, an schiffbaren Flüssen verlauft das Lebencles kai~aanitisclien Bauern. Die Landschaft nili ihn her machtden grössten Teil des Jahres einen recht traurigen Eindruck: diekahlen Berggipfel ohne Wälder, die Abhänge nur zum Teil bebaut,die Ebenen nur im Friihjahr mit Blumen und Gras bewachsen,sonst braun imcl verbrannt, das vegetative Leben iinSommer uncl Herbst erstorben - das ist i111 Gaiizeri eiii prosaischesBild, eiii ermiic7encl. lang~veiliger Anblicli. Wo I~ätte da derkanaanitische Rauer lernen sollen, was Schönheit sei? Wo liättenda clie freundlichen Götter der Grieclien Platz? Ernst wie Landnncl Leben sincl die Göttergestalten : was cler Sernite an Gottesvorstelltingen,an tiefem religiösen Gefiihl aus dem Sclireckenuncl der Erhabenheit der Wüste mitgebracht, das iilusste hier inderselben Richtung sich weiter entwickeln.Verliängnissvoll erwies sich clie Landesnatnr in politischerBeziehung. Der geographischen Sclieidnng von Ost- und Westlaiiclentspricht die politische; die ostjorclanischeii Stäiliine sinclfrühzeitig für den israel. Staat verloren gegailgeil. Siricl sie dochnie gai~z zu111 ansässigen Ackerbauleben gekonin~en. Im West-


28 Erster Teil. I. Das Land Palästiua. [9 7.Jordanland hat sich dieselbe Ersclieinung \viederliolt. Das Westlandist iii kleine Gebiete zerrissen, die geographisch nur sehrlose zusaininenliiingeii. Eine einzige Verbindungsstrasse vermittelteden Verlcelir von Norcl und Sücl, aucli sie nur möglichstunbequem. So in~~ssten clie Ee~vohner der einzelnen Gebiete sicliisolieren, ihre besoiideien Iiiteresseii inussten sie mit eigener Kraftbefriedigen. Aus freien Bauern, clie sippenweise bei eiiiander aufilireii Höfen sitzen und den Nachbar sich inögliclist fern hdten,bestand das Volk, clas Palästina bebaute. Die Gescliiclite gibtzahlreiclie Belege dafür: zu allen Zeiten waren die Landesbewohnerin lileine Gemeiiiwesen gespalten, clie eiiiander um so griiniiiigerbefehdeten, je nötiger clen grossen TVeltreichen gegeniiber einfestes Zusainn~enlialteii aller Kriifte gewesen wäre. Israels Geschichtezeigt am besten, wie schwer es hielt, in clieseni Landeiiieil straffen Einheitsstaat aufznrichteii.$ 7. Das Klima.Das IClima von Jerusalem, dargestellt von CHAPLIN; bearbeitet vonI~ERSTEK: ZDPV 1891 XIV 93--112.Palästina gehöit zum nördlichenSnb tr op eii gebiet der altenWelt. Cliarakteristisch für clas Kliiria dieser Zone ist clie strengeScheidung cles Jahres in zwei Jdlireszeiten: eine regenlose, heisseJahreszeit (Soininer), und eine nasse, relativ warme (Winter). Iineinzelneil modifizirt sicli das Kliiua in verschiedener Weise clurcliclie Gliederung cles Lancles, Es lassen sich drei lilimatische Zonenuntersclieiden : clie subtropische Küstenzone, das kontinentaleBergland, die tropisclie Oase cles R6r.1. T ei1ip erat ur. Geiiaue Beobaclitungeii liegen fast nur 170nJerusalern vor; clas ganze Herglal~cl hat aber so ziemlich clasgleiche Kliixa.Jernsalein unter 31 O 46 ' 45 " iiördl. Breite, 35 13 ' östl.Länge (Green.vvich), Seehölie 790 in, hat eine Mitteltemperatarvon 17,2 O Cels. Dabei ist, wie der Vergleich init anderen Orteiivon sllinlicher BIitteltemlseratur zeigt, Jerusalein eigeiltünilicliclie grosse jiihrliclie Wärniescli~vaii11ung, d. h. die Differenz derestreineii Monate: der kälteste Monat ist der Februar init 8,5 O,cler rärmste der August mit 24,6 clie Differenz beträgt 16,l O.Diese grosse Sclimankung riihrt daher, dass es iin Winter auf denjudäischen Bergen recht eiuyfindlicli kalt .vverdeii lraiin. Die kältestenTage verteilen sich auf clie Monate Dezember-März. Die


5 7.1 Das Klima. 2 9nieclrigste seit 1860 beobachtete Temperatur war -4O ain 20. Januar1864. Von1 März an steigt die Warnie sehr rasch bis zumMai, in welchem Moiiat sich bezeichnender Weise oft die Maxiinafinden. Die grösste beobachtete Wärme in demselben Zeitraumewar 44,4O am 28. August 1881. Vielfach wird in deii MonatenJuni-September die Hitze clurch den Kühlung und Taii biiiigendenWest- und Nordwestwind gemildert.Cliaraliteristisch fiir Jerusalem und überhaupt fiii ganz Syriensincl die grossen Teniperntnrsch~~~anlmigeneinem uncl clemselbeiiTag. Sie betragen im Jahresmittel 10,SO, miihrencl der~varnien Jalireszeszeit 12,95 O, iin Winter 8,7 O. Auf dem Steppenplateauim Ostjordaiiland ist die tägliche Schwailliung noch bedeutendgrösser. Die Unannehmlichkeiten iincl Nachteile dieserTempwat-~irsprünge (vgl. Gen 3140 Jer 36 30) werclen dadurch geiiiilclert,dass im Sommer gleichzeitig clie Luft die geringste relativeFeuchtigkeit hat.Die Küstenebeile hat iin ganzen eine etwas wäriuere Teinperat~ir(Jahresinittel 20,5O). Sie ist an cler g:,iizen Küste ziemlichgleich, Beirilt und Port Sa'icl differiren noch nicht einen halbeilGrad. Der Einfluss des Meeres verhindert hier die grosseii Semperaturschwnnl~ungen.Noch wärmer ist das Bor, das iii jederBeziehung eine Soiiderstelliiilgeinnimmt. Eingeschlossen von hohen Felswänden wird clieiiber dein Jordantal schwebende LuftLiiule gewaltig erhitzt. DieSoiiiieiistralilen werden von den hellen Fels~väiiden znrücligeworfenlind tragen so noch mehr zur Erhöhung der Temperaturbei. Dei. Boden mircl glühend heiss, zitternd steigen clie Liiftteilchenin die Höhe. Beobachtet wurde am 8. Mai 1843 von Lyncharn Mittag eine Schattenternperatur von 43,3 O Cels. ; vom Verfasseran1 23. Mai 1889 Morgens 8 U1ir in1 Schatten 31 O. AlsJahresmittel berechnet AS\T~IEL theoretisch (die nötigen Beobachtungenfehlen) etwa 24 O, eine tropische Hitze, die cler von Nubieiientspricht.2. Die Wiildverhältiiisse. „WoEil in IieiiiemLande wercleiiGesundheit uncl Behagen der Bewohner, sowie die Friiclitbarlieitcles Boclens unmittelbarer uncl augenscheinlicher clurch den Cliarakterniicl clie Riclitnng cler Winde beeinflusst als in Palästiiia"(C~a~r,rr\.a. a. 0. S. 103). Die Wiiidverhiiltnisse werden clurch zweiXomeiite bestimmt: cliirch clen Einfluss des Passats und hntipassats,in deren Bereich Palästina liegt, ~ind durch ein zieiiilicli


30 Erster Teil. I. Das Land Palästina. [D 7.regelmässiges System von Land- und Seewinden. Der Nordwindist kalt, der Südwind warm, der Westwind feucht, der Ostwindtrocken (vgl. I Reg 18 43ff. LUC 12 51).Nord- undNorclwestwinde herrschen in clen Sommermonatenvor uncl wirken kühlend und erfrischend, siiicl aber wegen ihrerSchärfe gefürchtet, weil sie Fieber, Halsentziinclungen und clergl.erzeugen. Im Winter sind sie kalt und scharf.Westwinde von der See her sind im Somrner sehr milllionimen.An der Küste wird die tägliche Brise gecvöhnlich schon uin 9 ocler10 Ulir Morgens gespürt, Jerusalern erreicht sie nicht vor 2 oder3 Uhr Nachmittags. Sie nimmt gegen Abend ab, erliebt sich aberin der Nacht wieder. Obwohl der Seewind beim Durchlaufen derKüsteiiebene viel von seiner Feuchtigkeit verliert, ist sein Einflussdoch noch sehr erfrischend; weht er nach Sonneiinntergang nichtmehr, so sind die Nächte heiss uncl erschlaffend und es gibt keinenTau. Setzen Nord- und West~vind im Sommer mehrere Tageaus, so wird die Hitze sehr gross, das Barometer steigt, die Luftwird trocken uncl ozonarm, wie bei einem Sirocco.Ostwiilde sind im Sommer selten, im Herbst, Winter nnclFrühling häufig. Im Winter von lilarein blaiien Hiiizmel begleitet,sind sie sehr angenehm, im Soininer dagegen wegen ihrer grosseiiTrockenheit uncl des vielen Staubes lästig. Ain unangenehilisteiiist der Südostwind, cler die Eigenschaften des Sirocco zeigt. Erweht meist im März und April, doch auch im Sominer nnd Spätherbst.Die Temperatur steigt rasch bis 40 ', die Luft ist ozoiifreiuncl äusserst trocken, es herrscht eine drückende Scli~vüle,die Atmosphare ist mit feinem Staub erfiillt. Die schlimiiisteTTirliung ist, dass der Sirocco alles austroclinet, Pelcler volljungen1 Getreide versengt er, beim Menschen trocknet, er dieSchleiinhaut der Luftwege aus und verursaclit so Entziindungeil,er erzeugt Kopfweh und Schlaflosiglieit und macht zii jeder Arbeitunfähig.3. Niederschläge. Das Jahr zerfällt in zwei Hälften : einetrockene und eine regnerische Zeit, die ziemlich unvernlittelt aufeinander folgen. Höchstens liönilte man von einein Frühjahrreden, das die Ueberleitnng von der Regenzeit zur trockenenbildet (etwa Mitte M&rz bis Mitte Mai). Die regenlose Zeit kannman von Anfarig illai bis Ende Olitober rechnen. Regen im Maisind schon selten (vgl. I Sam 1217ff.). Die Atmosphäre ist iinSommer von bewuiiclernsmürdiger Reinheit, rlie Soilne brennt


8 7.1 Das IClima. 3 1glühend herab. Bei dem ausserordeiltlich geringen Peuclitiglreitsgehaltder Luft ist der Tau eine grosse Wohltat für das SesamintePflanzenleben (vgl. Gen 27 2s 39 Mi 5 G HOS 14 U). Erwird von den feuchten Seewinden gebracht. Ende Olctober oderAnfaiig Noveinber fallen die ersten Regenschauer. Die Regeiizeitselbst liat drei Periocleil: 1) die Zeit der Friiliregen iiiiHerbst (rzbreh), welche das Land zur Aufnahine fiir die Saat geeignetinachen und für das Pflügen aufweichen. 2) clie Zeit clerstarken TVinterregeri [qeschenz), welche das Erdreich sättigen,die Cisternen füllen und die Quellen speisen. 3) die Zeit der Spätregen,im Frühling (t?znl~bsclL), welche dein Getreide vollendsdie nötige Fe~~chtigkeit geben, die trockene Hitze des Frühsoninlerszu ertragen, ohne welche desshalb die Ernte missrät.Zwischen clieseil Regenperioden verfliesst eine beträchtliche Zeit,die jedoch durch Regentage derart uiiterbrochen wird, dass keinescharfe Scheidung möglich ist. Reichlicher Winter- und Spätregensincl für eine gute Ernte unerlässliche Bedingung. Nainentlicliclas Ausbleiben cles Spätregens hat die allernachteiligstenFolgen (vgl. Dt 11 14 Jer 5 21 Joel 2 n3 Hos G 3 U. a.). Diemittlere Niederschlagsliöhe ist 581,9 mm, die sich auf 52 Regentageverteilen.Niederschläge in fester Forin, Schnee und Hagel, sind nichtselten. Von 24 Jahren der Beobacht~~ngsreihe waren nur 8schneefrei, die übrigen 14 Jahre brachten zusammen 47 Schiieetage.Doch bleibt cler Schnee in Jerusalenl sehr selten länger alseinen Tag liegen.4. Das Klima Pal%stinas vereinigt grosse Gegensätze in sich:heisse Tage, kühle Nächte ; kalte Nordwinde, glühende Siiclwinde ;starke Itegengüsse, dürre Zeiten. Es ist nichts destoweniger gesund.Die Schwanlcungen, ari die der Körper sich gewöhnen inuss,geben diesem eine erhöhte Elastizität und Festigkeit. Er lerntHitze und Knlte und den Wechsel beicler ertragen. Eigentlicheklimatische Krankheiten sind Fieber, Dyssenterie, Augenentziinclungen;sie halten sich aber aiicli in der iingesunclen Jalireszeit,im Soilimer, ininässigen Grenzen. Heiter, wie das Klima Griecheiilancls,ist das von Palästina nicht, aber es ist angenehm, es maclitclem Menschen das Leben leicht. Wen11 auch der ersclilaffende Einflussder Wärme schon deutlich spürbar wircl, so verlangt dafürdas warme Klima keine lromplizirte Kleidung, ein einfaches Hemdgenügt dem Banern fiir den Ta%, ein &I,ziitel dient ihln als Bett


32 Erster Teil. I. Das Land Palästina. L8 8.niicl Decke bei Nacht. Die primitivsten Hauser, Hiitten ausLehm, Gewölbe aus rohen Steinen tun vollstäiidig ihren Dienst,der Miihe der Feuerung, cles Holzhauens und W~irzelgrabens istder Bauer iiberlioben. Auch das Feld verlangt nicht zu scli~ve~eAnstrengung; dass Jahve selber clas Land wässerte, und nichtMenschenhancl diese harte Arbeit wie in Aegypten verricliteiiinusste, clarin erblickte der alte Israelite clen Hauptvorzug seinesLandes. Eben darin wurde ihm aber auch seine unmittelbare Abhängigkeitvon Jahve immer wiecler aufs Xeue zum Bewusstseingebracht. Blieb der Regen ans, so war Hungersnot die Folge.Friih- und Xpätregeii zur rechten Zeit, clnrin fasst sich recliteigeiitlicli der Segen Jahves zusanimen, in1 Regen zeigt sicli seineGnade, in cler Diirre sein Zorn (Dt 1110 ff.). Dass sich das Kliniain historischer Zeit veräiiclert habe und friiher nameiitlich regenreichergewesen sei (Fxaas, Aus clein Orient I lSSff.), ist eineweder aus den Nachrichten des A. T. noch ans clem hentigen Zustancldes Landes zu beweisende Annahme.g 8. Das Pflanzenleben.TRISTRAM, The Fauna ancl Flora of Palestine (Teil des Snrvey), London1884. - H~RT, The Flora ancl Fauna of Sinai, Petra and \TTadg'Arabali(Teil des Survej), London 1891. -AXDERLIND, verschiedene dbhancllungen inZDPV. - POST, ~erschiedene Abhaudlungen in PEP, Quart. Stat.1. Der Gang cles vegetativen Lebens schliesst sich aufs Engstean die Sclieicluiig der Jahreszeiten an. Sobald im Oktober unclNovember die ersten Regen clem durstigen Lancl Erquicliiiiigbringen, erwacht das Pflanzenleben, das mährencl cler heissen Zeitwie erstorben war. Wie init einem Zaubersclilag bekleidet siclialles mit frischem Griin. Das Sinken der Temperatur im TT-interbringt lieine Tinterbrechung; sobald in1 März die Wärine steigt,überzieht ein reicher bunter Teppich von Gras uncl Blumen jedesPleckclien Erde.In Syrien lassen sicli 3 F1 orenge bie t e niiterscheicleii :1) cli~l.littel~~~eei./Toi.a nimmt das ganze Küstenlancl riiilcl uni dasMittelmeer ein und reiclit bis zu den unteren Bergregioneii hin-auf. Sie zeichnet sich durcli eine Menge ii~zme~griiner, scliiiiallindleclerblättriger Sträucher uiicl rasch verbliihencler Friihliilgskräilteraus. Tulpen, Aneinonen iiiicl einjährige Griiser, vonSträuchern cler Oleaiider ~iilcl dic Alpte, von Eiinnieii clie Pinieiincl der Oelbaiim l~ei~iizeichiieii diese Flora; clie Sylioinoreil U. a.


5 8.1 Das Pflarizeillebeu. 3 3deuten aber scholl auf eiile ~~~Tiärriiere Region. 2) Von der Wasserscheidean landeinwärts herrscht clle orienlaliscite Steppenvegetntior~.Sie zeichnet sich clurch grosse Maniiigfaltigli.eit der Arten,aber aucli durch Dürre nnd Stachlichlceit der Büsclie aus. Wirfinden eine Masse kleiner stachelicliter Gebüsche, grauer aromatischerLabiaten, eigentiimlicher Distelarten, rasch verblüheiiderglänzender Priihlingsblumen , aber nur sparsame Gruppen vonEichen und Koniferen. 3) Das SOr llat eine tropiscl~e FJora, dieinit der von Nubien ain nächsten verwandt ist. Charakteristischsind : calotropis procera (arab. 'osci~r), zizgphns spinn Christi, einegummiliefernde Aliazie, der echte papyrus antiqiioruin, die Dattelpalme.2. Wälder sind heule eine Seltenheit; iin Westjordanlandhat nur noch Galiliia, besonders clie Gegend von Nazareth undder Karinel solche aufz~lweisen. Der ganze Waldstaiid in Norclpalästinawird auf 580 qkni (3,2 O/o des Landes) berechnet.Häufiger sind sie im Ostjorrlanland. Den Hauptbestand bildenwie in alter Zeit die Eichen, von denen clie Steineiche (querciis ilexpseudococcifera, arab. el-ball@) ain häufigsten vorl


3 4 Erster Teil. I. Das Land Palästina. [# 8.jordanland eiiist viel reicher bewaldet waren. Aber voll clein eigeiitlicheiiKaiiaai~ lässt sich das nicht erweisen. Das liebräische Wort.jaCa?* bezeichnet jedenfalls nicht cineil xusainilienEiängeiideii Hocliwald,sonclerii ein Euschdicliicht (z. B. am Jordailufer Jer 49 19).Vereiiizelte stämmige Bäuiile si11~1 dabei natürlich iiiclit ausgeschlossen,vorwiegend aber haben wir an iiiederes Dorngestriippzu denkeil. Langholz z~i grosseii Bauten bezogen die Israeliteristets von aiiswiirts (I Reg 5 G 11. 0.); für clie gewöl-iiilichen H" auserwurde es iiberhaupt nicht verwendet (s. 5 17).3. Unter clen Fruclitbäuiiieii sincl Olive und Feige diewichtigsten. Den Alten galt ein Oliveiihaii~ als besonders schön,unserem Geschmacli entspriclit clie Olive mit ilirem matten Graugrünweniger; aucli ist der Baum iiiclit sehr schöil gewachsen.Dagegen ist die Olive der nützlichste Baum, sie felilt in keiiieiiiDorf. Iin Altertuin war ilir Aiibaii nocli ansgecleliiiter. DieFrucht bildete eine Hauptnahruiig cler Lai~clbevöllrerai~g. DerFeigenbauin (Le'tSndli, arab. ti~l) zeichnet sich clurch seine Lebenslrraftund Bodengenügsainlieit aus. Iin Hebräischen fiiicleii sichverschiedene Bezeiclin~ingen der Feige: 1) 6ililiil?*dh, Friihfeigeii,die im Juni reifen. 2) te'&iliin, Spätfeigen, die an den im Friihjahrfrisch getriebenen Zweigen waclisen uncl von August abreifen. Viele derselben sind nocli nicht ausgereift, wenn derBaum irn Noveinber sein Laub verliert. Dies sincl 3) clie philqqim;sie bleiben den ganzen Winter ain Baum uncl werden erst reif,wenn im Priihjahr die Triebkraft neu erwacht (vgl. Afattl-i. 21 isfl'.).Auf cliese Weise bietet der Ba~~ili clen grösstcn Teil cles Jahresüber reife Früchte (iiber ihre Verwendung s. 5 16). Von aiidereiiFruchtbäumen ist die Dattelpaline (~~IIL~I., arab. tclnug, clcreiiPflanzungen bei Jeric2io einst beriihint .waren, aus historischenGründen ausgestorben. Dagegen finden sich iiocli scliöiie Exeriiplareder Sykoiiiore (ficns sycoinorns, hebr. scl~ikmdll). Um diefade schmeclrendeii Früchte essbar zu machen, innss inaii siegegen die Zeit der Reife ritzen (Am 7 14). Ausser Granate (/*i112-1176?2), Manclelbat~in (scJ~NfiBcl), Walliiuss ('eghs), Apfelbaniii(~iqy12~1-, Orange?) und anderen Bäuinen, die iin A. T. erwähntwerden, spieleil heute noch weiter eine wiclitige Bolle cler Blaulbeerbaum(der scli\vai.ze mag alt sein, der weisse ist erst iiii6. ,Talir21andert V. Clir. eiiigefülirt ~vorclcii), Orarigc, Citrone,A~riliose iincl Jol~aiiiiisbrotl)nuin, die alle im A. T. niclit genaiiiitsind.


5 8.1 Das l'flailzenlebeii. 354. Der Weil1 s t o ck, schon sehr friilie in Paliistiila eingefiilirt,passt vorziiglich ztiin Klima des Laiicles. Welche volkswirtschaftlicheBedeutung der Weinbau in alter Zeit hatte, zeigt der Umstand,dass der \Veinstoclr als Embleine des Landes auf Münzensich findet (vgl. 5 15). In den ödesten Gegenden triRt man nochSpiiren von Weinkeltern lind \Veiilbergterasscii. Während iri derarabischen Zeit der TVeiriban fast ganz verschwunden ist, iiiminter jetzt stetig wieder zu. Namentlich die deutschen Ansiedler inPalästina iiiicl clie Franzosen auf dem Libanon beschäftigen sichviel dainit (vgl. Ej 32).5. Feld- niid Gartenkulturgewächse. Unter clenGetreidearten spielt der Weizeii (chi@lQ clie Hauptrolle (vgl.nt 8 8 1 Reg 5 25). Am meisten erzengt die friichtbare Hauranebeneel~-i%/7ir.1.hi, cleren Weizen mit beinahe durchsichtigen Körnernfur den beste11 gilt. In zweiter Linie lromiiit clie Gerste inBetracht (seCOi.1Ch). Sie kann ein ranheres IClima ertragen als clerTVeizen. Illre Verwendung findet sie hai~ptsächlich als Vielifuttei.Weiter 1-ommen vor Spelt (kzlssenzelh), Hirse (ckichd?Q, Bohne@@j, Linse ('clcldschhn), Flachs ,$isclrte/t), cler später zuin Teilclurcli Bauniwolle (ha~pcig) verdrangt w~ircle; der Anbau derletzteren hat in clen letzten 20 Jahren auf den Ebenen und iiiNorclsyrien einen grosseii Aufschtvung genoinrrien. Mais (arab.clra.i*uJ ~uncl Sesam sind im A. T. niclit genannt. Der Tabalrbau,einst selir befilimt, ist in Folge des 'P'abalrinonopols stark zuriiclrgcgaiigeii.Von Geiniisen sind endlich noch zu iieniien clie Gnrlseii(?sischschu'i?rz), Melonen P~Ol~aflichim, arab. bagicl~), sowolilTVasseriiielorien als Zaclrermeloiien, cler Knoblaucli (sclhilut), dieZwiebeln [Oescililr~, arab. basal). Letztere gedeihen vorzüglichiin Xand der Meeresküste, ihr römischer Name Aslralonia (vollder Herkunft) ist zii clen Galliern uncl als Schalotte zu uns gekommen.6. Alles in Allem ist Palästina ein prodnkteiireichesLand, ein Land, das init tt~enig Mülie uncl Arbeit gab, ~t~as die Retvohnerbecliirfteii. Es trägt mit Reclit den Nainen „ein Land, woMilcli und Honig fliesst". Doch iiiuss inan dabei im Auge behalten,dass clie ttrirtscliaftlichenVei.hältnisse von jeher sehr einfacliTvareii. Luxrisbeilürfnisse Ironnte das Lancl nie befriedigen. Aucliwar es niclit inöglicli -- eine zahlreiche Bevöllrerung vorausgesetzt- die Prodnktioii so zn steigern, class viel zur Ausftil~rals Taiiscliniittel v~~hancleii gcrreseil wiire. Sobald eininnl, wie3 *


36 Erster Teil. 4. Das Land Palästina. H 9.unter Salonio, Luxus eindrang, wurden sofort wirtschaftliche Missverhältnissegeschaffen (I Reg 9 11). Namentlich fehlte es ganzan Metallen, diese inussteil alle importirt wercleil. Von hier ausbegreifen wir, warum die Propheten imiizer wieder clie alte Einfachheitder Sitte zuriicliwünscliteii, die mit cleii~ EingreifenIsraels in die hohe Politik unwiederbringlich dahin war. So befestigtsich unser schon andercveitig gewonnenes Ergebniss, dassdas Land nicht geeignet war, eine bedeutende originale Kulturhervorzubringen ; dazu gehört eiii gewisser Reichtiiin und Ueberfluss.Aus demselbeii Greild darf maxi die Bevöllreruiig des dteilPalästina nicht zu hoch aiisclilagen. 1111 Deboralied (Jdc 5 8)wird die Zahl der waffenfähigeil Israeliten anf 40 000 geschätzt,in Jdc 18 die cler danitischeii Krieger auf 600 angegeben. Dementsprechendsind die iibertriebenen Angaben cler späteren Erzähler(Num l e 26 ~ 5i G00 000 Mann; I1 Sam 24 9 1 300 000Krieger) zu reduzireii. Nacli diesen Stellen iniisste clas gniizeVolk wenigstens 2,5 resp. 5 Millioiieil gezählt haben, CI. h. 100resp. 200 Seelen auf den cykin. Dainit vergleiche man Deutschlandinit etwa 87 Seelen auf den qkin. Es ist zuzugeben, dass derBodeii des Laildes sehr fruchtbar ist, und class die Bewirtscliaftungin alter Zeit viel intensiver betrieben wurde als heute, wounter dein türliiscliei~ Regiment alles verwahrlost ist. Aber dadie Irlimatisulien Reclingungeil in alter Zeit clie gleichen, dieWälder und ,\ViistenL eher ausgedehnter waren, so kai~il derUinfang des einst bebauten Landes niclit so viel grösser gedachtwerden als heute. Will man auch aiinel~inen, dass trotz cler vielenWüsten und Walder cler Boden das Doppelte der Iieutigeii Revöllrerungilälireii kann, so liomint inan damit erst auf ctwa1200 000 Seelen, d. 11. 52 auf den qkm.$j 9. Die Tierwelt.BOGHART, Hierozoicon s. de aniinalibus sacrae script,iirac 1793, 3 Bdc.Weitere Literatur s. # 8.1. Unter den Haustiereri ist zuerst zu nennen das Rind(bdkdi., iionien unitatis scl~cir; das jüngste Tier '6gel). ZurRinderziicht besonders geeignet siilcl die friiclitbareii Ebenen vonPhilistäa und Easan. Die seit ältester Zeit in Palastina lieiinisclicRasse ist Iileiil und unansehnlich, aber Briiftig. Frülier murclc


9 9.1 Die Tierwelt. 3 7die Rinderzncht stärker bittriebeil als heute. Die Verwendungbeiin Ackerbau ist sich gleich geblieben, daneben wurde clas Viehauch zuin Tragen von Lasten gebraucht. Währencl es im Altertumhäufig geschlachtet wurcle, ist clies heilte beinahe nur im Libaizoiicler Fall.Von dem im Hebräischen unter dem Namen s8'n ziisaminengefasstenKleinvieh ist das Schaf (seh nom. unit., 'cdil cler Schafbock,rdchdl das Mutterschaf, kebhes das Lamm) das wichtigsteEerclentier. Ueber clen Schafreichtnm werden uns im A. T.fabelhafte Zahlen iiberliefert (I Reg 5 3 8 63 Num 31 32). Nochheute soll es übrigens Beduinenschechs geben, clie 30 000 Schafebesitzen. Iin Westjordanland waren freilich neben dem intensivbetriebenen Landbau keine Weiden zu solch grossartiger Schafznchtübrig. Heute wird fast niir Schaffleisch gegessen, auch inalter Zeit war clies das gewöhnliche. Die palästinensische Rassezeichnet sich clurcli ihren Fettschwanz ans. Die Ziegen ('&PS) sindscliiniitzig brann, haben lange Haare uncl lang nieclerhärigendeOhren. Ziegenmilch ist ein Hauptiiahruilgsmittel der Eingeborenen,junge Böckchen gelten als Leckerbissen (Gen 27 9). Das13aar wird zu groben Stoffen namentlicli fiir Zeltcleclien verwoben.Unentbehrlich ist das Kamel (ydmd1). Iin bergigen Westjorclanlancldient es zum Transport aller schweren Lasten, derNomade der Steppe schätzt es als rasches Reittier. In grosserAnzahl wird es von clen Recluinen geziiclitet (cf. Hi 13); nachder Zahl cler Kamele bemisst sich vor allen? cler Reichtum einesl\Iaiines. Seine Wollc ~vircl verarbeitet, seine Milch getriiriken;sein Fleisch, bei den Eecluinen gern gegessen, galt cleii Israelitenals unrein.Das eigentliche Reittier in Palästina war cler Es e 1 (cltantSt.,Eselin 'Ntl~u~z, das j~~nge Tier 'cdljir). Der orientalische Esel istviel grösser nncl lebhafter als der unsrige, er hält sich glatt undzierlich, trägt Kopf uncl Ohren niit einer gewissen Grandezza,seine Farbe ist ein schönes ins Rötliche spielendes Grau; alsbesonders wertvoll gelten weisse Esel. We~ite ist er das Reittierder Arinen. 111 alter Zeit ~vurcle er dein Pferd allgeincin vorgezogen(Num 22 zi Jclc 10 L 12 14 U. 0.).Das Pferd (SC$, rekhescll, pdrdscl~, letzteres namentlichvon Kriegspferden) war fiir die Israeliten hauptsächlicli ein Tierfür den Krieg; schon clie alten Lanclesbewoliner hatten Streitwagenuncl Reiterei. Bei den Isra,eliteii fiihite Salon10 clie Pferde-


38 Erster Teil. I. Das Land Palästiucl. [.j 9.zucht aus Aegypteri ein. Erst als in cler Römerzeit Pahrstrassenin grösserer Zahl gebaut wurdeii, benützte maii das Pfercl allgemeinerzum Reiten. Heute ist es das gewöliiiliche Reittier allerbesser Sitiiirten. Das sjrische Pfcrd l


$ $1.1 Dic Ticrwclt. 39gilt vom Wolf (liebr. m'&bh), cler übrigens auch in clen Scliluchtenam toten Meer vorlrommt. Tviclerwärtige Tiere sincl Schakalund Hyäne (beicle wohl uiiter dem hebr. '% iincl tn?z zusammerigefasst).Sie treiben sich in Rudeln herum, hausen gern inRuinen und lassen Nachts ihr umheiinliches Gewimmer hören(TI-iren 5 18). TVo im A. T. von Füchsen (sclzJccil) die Rede ist,ist meist cler Schakal mit inbegriffen oder ausschliesslich gemeint(Jdc 154 PS 63 11).Aus dem Geschlecht cler Antilopen ist die Gazelle (antilopedorcas, hebr. plihi) am zahlreichsten vertreten. Ihren Namen,die Zierliche' verdankt sie ihrer arimutigen Erscheinung. DemDichter ist sie ein Bild der Schnelligkeit, Gewandtheit und Schönheit(I1 Sam 2 1s Cant. 2 B). Das Fleisch wurde von den Israelitengerne gegessen (Dt 12 i5 I Reg 5 3). Zu den Antilopengehört weiter der cliechbn (Dt 14 CI), die sogenannte Schraubengemse(antilope aclclax). Auch der .jaclz?r/zir dürfte eine Antilopenartbezeichnen, vielleicht die sog. Biiffelaiitilope (ailtilopebiibalis), ein plumpes Tier. Neben cler Gazelle erscheint als essbaresJagdwilcl der Damhirsch ('qjjRI), cler heute nur noch vereinzeltvorkomint, nncl der Steinbock (jRc&l), letzterer der edelsteVertreter cles Ziegengeschlecl~ts, Die Jagd auf das scheue snclvorsichtige Tier ist schwierig, aber sehr beliebt. Er lebt zalilreichin den Felsenlrliiften ain toten Meer. Eben clort ist clerKlilspdaclis (hyrnx syriac~~s, hebr. schciphdn) zu Hause, ein possierlichesTierchen, clein Kaninchen ähnlich, das clen J~~den unreinwar. Endlich fehlen nicht Hase {'a?aeb?~~f?Q, Igel (k@pbcl,Stachelschweiri?), Maulwurf (cl~blecQ, Mäuse ('(1?1./16d19, besonclersclie zierliche Springmaus und Fleclerniäuse ('qctll&~1/1).3. Von Vögeln gibt es milde Enten in grosser Anzahl,nanientlich in cler Jorclanniecler~ing. Ueberall verbreitet ist eineArt schönen grossen Rebhuhns (k67.63; wilcle Tanben sincl imLibanon häufig, Störche (chasiclcilh ,pia') auf den Ebenen; Raben('c)rkbh) gibt es 7 verschiedene Arten. Von Raubvögeln siehtman Adler (IzeschetL Geier rincl Pdkeii in verschiedenen Arten(Lev B1 i~f) besoilclers iii den Wildnissen am toten Meer. AnSingvögeln ist ein auffallender Mangel, am hänfigsten ist clieWachtel (selcizo) und clie clrosselähnliche Palästinanachtigall(arab. liztlbz~l).4. Der Geliezaretsee uizcl der Jordan siiicl voll von Fischen.Doch spielen cliese lieiite iiicht inelir die grosse Rolle iii cler Er-


40 Erster Teil. 1. Das Land Palästina. C§ 10.nährung, wie in alter Zeit (vgl. Mtth 14 17 710). Ueber einzelneinteressante Arten s. S. 23.5. Von Kriechtieren sind vor allein clie Schlangen znneririen (hehr. ~zciclzilsch), unter cleiien auch giftige Arteii nichtselten vorliornmen. Auffallend ist der Eeiclituni an Eidechsenverschiedener Art (Lev P1 30). Glieko (Ie.tci'ciJ$ uncl Chainäleon(gdblt?) mögen ausdrüclilich genannt sein6. An Ins elr ten hat das Lancl einen Ueberfluss. Skorpione['cckr~thh) finden sich fast unter jeclein Stein, ihr Stich ist zwarschmerzvoll, aber nicht gefährlich. Eine grosse Landplage sinddie Heuschreclren, die in dichten Schrväi.inen aus Zentralarabienkominen uncl iin Nu alles kahl fressen. Dass den Hebräern diegefrässigeii Tiere nur zu gnt bekannt mareli, zeigen clie vieleiiNamen (Lev 11 22 Joel 14). Wie in alter Zeit werden sie von denArrrieri und den Bednirien gegessen (Riltth 3 4). Die -wilde Biene{rlebhdrdh) mmii in alter Zeit sehr häufig genesen seiri, Bieiieiizuchtwurde Iieiiie getrieben. Die aroinatisclieii IKrä~zter clesLandes geben dem Honig einen sehr feinen Gesclimaclc. ZurPlage für die &lenscheii wird das massenhaft vorliaiiclene Uilgezieferaller Art: Noslritos, Flöhe, Wanzen, liänse.9 10. Topographie von 3ernsalem.TOBLER, Denlrblätter aus Jernsalem 1852; Zwei Bücher Topograpliic1853; Golgatha 1851; Die Siloaliquelle und der Oelbcrg 1852. -- \VAI~RES,Underground Jerusalein, London 1876. - \VAXRNN tiud CONDER, Jernsaleili(Teil cles Siirvey), Loiidon 1884. - SCEIGI~, Eeit el inalrdas, Stuttgart 1887;zahlrejclie Abhandlungen in BDPV uni1 PEF Quart. Stat.1.DieLage cler Stadt. Jernsalem1(31047'nördl.Breite,35O 15' östl. Länge v. Greenwich) liegt auf einem wasserarinen,tinfrnchtbaren Kalkplateau, das iin NW mit cler Hauptlrette clespalästinensischen Gebirgs zusarnineiihängt, etwas östlicli von clerWasserscheide, 52 1;m vom Ufer cles Mittelineers, 22 lcm vom TotenMeer entfernt. Die Hölle des Tempelbergs beträgt 744111, clieWas den Namen betrifft, ft,o ist clie biqherige Anuahme, dass er incler davidisch-salomonischen Zeit entstanden sei uni1 den alten Nan~on Jebllsverdrängt habe (Jdc 19 io U. a ) durcli den Tontafclf~~nd von Tc11 ilii2arna inFrage gestellt. Dort wird U-TZ&-sa-iina als Nailie einer Stadt grlesen, die ohneZweifel Jer~isaleni gleichzusetzen ist. Jebus beweist nichts dagegen, namentlichwenn Jerusalem ein Appellativum (,Wolinnug dcs Heils' oder ähnlich)war. Bei diesem hohen Altcr des Namens wird man auf elne sichere Deutungvei~ichten miissen.


9 10.1 Topographie von Jerusalem. 4 1des Hiigels nördlich davon 770m, die der alten Oberstaclt 777m,die Höhe bei der heutigen Norclwestecke der Stadtmauer 789 in.Das Plateau von Jerusalem bilclet eine Art Landzunge, ca.400 ha gross, die auf 3 Seiten von tief eingerissenen Talf~irchenumgeben ist. Im NO und 0 läuft das Kidrontal. Es beginntca. 2 km nordwestlich von der Stadt und geht zunäclist nach SO.Hier scheidet es clas Plateau von Jernsalem von dem sog. Skopas,biegt dann scharf nach Süden um uncl behält die siidliche Richtungbei bis zur Vereinigung mit dem Hinnomtal. In seinemMittellauf trennt es die Stadt von dem östlich gelegenen Oelberg.Das Tal, welches in seinem oberen Teil breit und flach war,vertieft sich nun rasch uncl ~vircl enger; die Talwände sincl zieinlichsteil. Aus den Berichten der Bibel rincl des Josephus ergibtsich, dass der ,?zncl~c~l' nur nach starken Regengiissen Wasserliatte. Schon zur Makkabäerzeit hiess er ,Winterbach' (I Maltk12 37). Zu allen Zeiten galt clas Tal im Gegensatz zu dein lieiligenTernpelplatz als unreine Gegend; der Pilger von Bordeauxnennt es 7'01 .Josctplint (Joel 4 2). Bei Jiiclen, Christen iiiicl&Iuhainunedaileri~neclaier~ lebt die Tradition, dass hier clas Weltgericlitstattfinden werde. Schon zu alter Zeit waren hier Gräber fürLeute aus dein niederen Vollr (11 Reg 23 4). - Hier habe11 wirauch das ,I


[D 10.WO die beicleii Täler znsainiiieii-Iromineii, befiiiclet sich eine schöne Q,uelle,mahrscheinl. clie, MTallrerquelle' ('Biz RbgPlJos 15 7ff. 11. a.), nach einer alberneniiiiisliinisclien Legende ,Hiobsbriinnen' genannt,.Das Kiclroiibett liat sich hier schoii106 111 unter das Niveau cler Tempelareageserilrt (bei Qetsemaile 45 in). Das Wassercler Quelle versiegt selteiivollständig; wennes iiberfliesst, wird dies als Zeichen einesfriiclit\)aien Jahres mit Freudenfesten gefeiert.- Von dem Vereinigungspuiilrt annimmt das Thal den Nainen FVcirli efa-Nd?.acltielief zwischenlern bilclet eine saiift-:; gewölbte Terrasse, die sich 11nch SO senkt$$ iiincl dann ziemlich steil zu111 Josa,phat-3. ~~ncl Niiinomtal abfällt. Das Terrain hatiin La,uf cler .Jahrhniiderte uiigelieure Ver-!= - änderiiilgeii cliirchgemaclit. Die alte Talsohledes Icidron verlief, wie die Ausabeii,etwa 9rn ~vestn,also cleiiz Teiiipelberger. Zugleich lag sie nn clerTei11pe1be~g.s 11,6 m tieferBerg muss deiniiach sehrsein. Ebenso ist iiiiierhalblebendige Fels überallhtigeii Schuttscliiclit bedeckt.Die heutige via dolorosa z. B. liegt12-16 111 höher als die zur Römerzeitliiei ftihrenrle Strasse. Naineiltlich aber5. war das alte Terrain viel reicher gegliedert.Nördlich von cler lientigen Stacltinaiierbegann die Lanclztinge sich zii spalten;eine niclit uiibeträclitliclie Talsenkung,clie von Norclen kommencl nach SSO, dannclirekt iiach Siicleii lief, zerlegte den ganzenKalksteiiiblocl~ in zwei Teile: der


westliche breitere (der traditionelle Zion) ist 33 m hölier als deröstliche (der traditionelle Moria); letzterer fällt sehr steil nachbeiclen Seiten ab. Dieses Tal ist im A. T. nicht genannt, bei*JOSEPHUS heisst es Zgropöon. Das Tyropöon ist heute fast ganzmit Scl~utt ausgefüllt, nur eine schwache Mulde verrat nochseinen Lauf. Nachgrabnngen an der Süclwestecke des Tempelshaben ergeben, dass der alte Wasserlanf 13- 18 m unter den1heutigen Boden liegt.Durch Quertäler, die vonWesten nach Osten liefen, wurdendiese beiclen Höhenzüge wieder in einzelne Kuppeii eingeteilt.DenT~restliügel zerlegte ein vonWesten kommencles Seiteiitälcliencles Tyropöon in eine iiöiclliche, mit dem Hochlancl zusamrnen-Iiäiigencle und eine siidliche isolirte Hälfte. Dei Osthiigel zerfielin drei Kuppen: clie nördliche, ebenfalls mit clein Plateau imNorden verbundene, trennte eine Einsenkung ab, die unter derWorclostecke des heutigen Tempelplatzes clurchlaufend in clasI


44 Erster Teil. I. Das Lancl Palästina. 16 10.Trotz dieser iiberragenden Höhen war Jerusalem fiir cliealte Zeit ein sehr fester Platz (vgl. I1 Sam 5 sff.), clank den tiefeingerissenenSchluchten cles Kidron- ~iiid Hiiinointals; nur vollNMT her war der Zugang frei, liier beclurfte es künstlicher Befestigungswerke(s. U.). Dazu l (s. 8. 53). Auch alle Angaben cles A. T. fiihreiiuns darauf, clie Zion-Davidsstaclt auf dein Osthiigel zu suchen.Sicher hat sich dort der Teinpel bef~inden; zum Tempel aber stiegman von der Davidsstndt ,hinauf! (11 Sam 24 is U. a.). Da derWestliügel höher ist als der Osthügel, so kann die Daviclsstadtnicht auf ihm, sondern iiur auf dem Tempclberg siicllicher, cl. h.tiefer als der Tempel gelegeii haben. Der popi~läre Name cles


P--P- P-5 lO.1 To~ogral~hie von Jerusalcin.P- -- 4 5Tenipelbergs war Zioil: auf dein Zion ~voliiit Jalive (vgl. z. I:.Joel 4 zi Mi 4 2 Jes 8 1s U. a.). Leicht erlilärlicli ist, clasz spätervon hier aus Zion zu einer dicliterisclien Bezeichnung der ganzenStaclt werdeii koiiiite, iiaiiieiitlicli iin Parallelismus ~iiit Jernsnlern.Dagegen untersclieiden die älteren Stellen beides: ,Berg Zioii~r?z(l Jerusalem' (Jes 10 12). - Nur ausnahmsweise lioinii~t alsspezifisch re1igiöseBeiienniing fiir den Teinpclberg auch der NameMoria vor (Gen 22 z I1 Chr 3 I).Da die Oberfläclie des Ostliügels geringeil Raum bot, erstrecktensich schoii unter Davicl clie Häuser ~ind Gehöfte überdas Tyropöontd hiniiber auf den siidlichen Teil des Westliügels,wo sie zunächst noch eine offene Stadt bildeteii im Gegensatzzur festen Burg Zion. Vielleicht darf die Notiz I1 Saiil 5 9 (vgl.I Chi 11 s) darauf bezogen werdeii, dass David cliese offciie Stacltmit einer Mauer versah.Ueber clie sonstigen Bauten Davids, Palast, Kaserne derLeibwache (,Haus der Helden' Neh 3 IG), liöiiigliclies Erbbegräbniss(I Reg 2 10) wissen mir nichts näheres; das letztere ist iiider ,Stadt Davids' nahe clein Palast, also auf dem Ostliiigel zusuchen.Eine ausgedehnte Ba-~itätiglteit entwicl~elte Saloino. Ueberseine Hauptbauteii, ]Palast und Tempel auf clein Osthügel, wirdan einem anclereii Orte eingehender zu reden sein. Was clie Befestigungder Stadt 'betrifft, so wird dein Salomo die Herstellai~gcles ilPillo zugeschrieben (I Reg 9 24 11 27). Da dieses anderwärts,Haus Rilillo' genannt wird, haben wir uns clar~lilter wahrscheinlicliein festes Gebände, eine Art Kastell vorznstelleii (Jclc9 G 47 I1 lteg 12 21). Seine Lage ist ganz unsicher; nnch II Sam6 9 (cf. I Chr 11 s) scheint es zuin Schutz der westliclieii Stadtgedient zu Iiabeii und wäre deingemäss vielleiclit in cler Noidosteckedes Westliiigels zu siiclien; nach I Reg L1 27 könnte es denAbschliiss der Festungs~verke der Davidsstaclt gebildet habeil iiii(1wird desshalb vor1 manchen atif deii Osthiigel oder cliier über dasTyiopöon verlegt l.Lange Zeit hindurch wird uns nun aLir von Reparat~ireii oderlsleinen Neubauten an cler Stadtmauer berichtet: so bei Asarja,llIöglicli wgre, dass dieses iilillo sclion von Dnvid gebaut worden \\raroder aus ilocli älterer Zcit stamiute (11 Saiii 5 n), so dass Snloino cs nur 11e11befestigt hättc.


46 Erster Teil. I. Das Ilaild Palästina. TB 10.der die unter Amasia teilweise zerstörte Nordinauer wieder lierstellte(I1 Eeg 1413 11 Chr 26 9); bei Jotain, der ain Opliel (deinHügelabhang südöstlich vom Tempelplatz) ein neues Mauerstückerrichtete. Erst Hisliia unternahm wiecler grössere Baiiten. Dievon Seiten der Assyrer drohende Gefahr veranlasste den Neubaueiner zweiten l\iIauer ,ansserhalb' der ersten. Das Terrain erlaubtnicht, diese äussere Mauer anderswo zu suchen als auf der Nordseitecler Stadt. In dieser Richtung hatte sich die Stadt clesTVesthügelsvergrössert, und wir werden annchiiien dürfen, dass auf derNordhälfte c1esWesthügels iincl im oberen Anclien Teil cles Tyropöonein neuer Stacltteil entstancleil war, cler jetzt durch eineMauer geschiitzt werclen sollte (11 Chi 32 jf.). Diese Mauer desHislsia ist die Grundlage cler in cler Topographie cler Stadt eineso grosse llolle spielenden ,zweiten Mauer' (s. U.). Ansserdemwircl dem Hisliia clie Herstellung ,des Teichs und der Wasserleitung',zugeschrieben (I1 Reg 20 20) ; init ziemlicher TYehrscheinlichkeitversteht man clariiriter den Siloakanal, der das Wasserder Marienquelle unterirdisch in den Siloateich fiihrte (s. U.).Von Hiskia's Nachfolger Manasse werden ebenfalls neuelL1auerbauten erzählt; cler Text (11 Chr 33 14) ist jedoch unheilbarverdorben, so dass es unniöglich ist, den Ort zu bestimnzen.Das Encle des jiidischen Reichs i. J. 586 war auch clas vorläufigeEiide der Hauptstadt. Der Eroberer liess Tempel, Burgund &Sauern niederreissen und die ganze Stadt dem Erclbodeiigleiclimachen (I1 Reg 25 sff.).In1 zweiten Jalir cles Cjrus kehrte clie erste Schar der Exulantennach Jerusalem znrücls : 42360 freie RIäiiner, 7337 Kneclite~iid Mägde, 245 Sänger und Sängerinnen (Ezr 2 64 Neli 7 ue).Von diesen liessen sich die Beamten und der zehnte Tlieil desVolksiii Jerusalem nieder. Der Nenbau des Tempels wnrcle erst i. J. 520begonnen nnd i. J. 516 zu Eiide gebracht. Der eigentliclx Wiederaufbauder Stadt war ein Werk< Nehemias; ihm gelang es, trotzaller Hindernisse in 62 Sagen clie Befestigungen auf der Gruncllageder alten Maner wieder herzustellen. ImVerhältiiiss z~i denpaar tausend Einwohnern war freilicli dieser Einfang viel zu gross;weite Strecken innerhalb der Mauer lagen noch gerauilie Zeitwüste. Wie weit clas Bestreben Nehemias, die Bevölkerung zuinehreii, vonErfolg begleitet war, wird uns niclit bericlitet (Neli 7 4).Noch ein anderer wichtiger Bau kam niiter ihm zur Vollcilclung:Ne11 2 s begegnet uns zuin ersten Mal die Burg bei111 Tcilllicl,


die Bil-a. Sie war schon vor ilim von den Zuriickgelcehrten erbautworden iincl ~vurcle von ihm volleiidet. Sie diente zum Schutzcles Teinpels gegen Norclen und hatte eine Eesatzuiig riiit eiiieiileigenen Konimaiidaiiteii (Neh 7 2). Bei Joseplius lieisst sie Nr6ieis,Nerocles baute sie um uncl ilaniite sie zu Ehren seines Göniiers,Antonia


48 Erster Teil. I. Das Land Palästina. [D 10.Eine neue Bauperiode begann für Jerusaleiii niit cler RegierungHerocles cles Grosseii. Aiisser dem schon er'ivähiiteii Umbauder Bira verdankte ilim die Stadt ein Theater (Jos~nius Ant.XV 268), dessei? Reste etwas süclöstlich voin Hiobsbruniien wiederaufgefi~nclen worden sind; feriier eiii Ainphitlieater, ein i%athaiis,deii Xystus (einen niit Hallen iirngebeileii freien Platz auf deinTQesthiigel gegenüber vom Tempel, zu welchem eine Rriiclie direkthiiiiiberfülirte) ; iiber den Umbau des Tenilsels s. LI. Durch ganzbesonders verschwenderische Pracht zeichnete sich sein von grossenHallen und Parlraiilageii umgebener Palast aus ; er war iin Nordendurch drei Tiirme geschützt: Phasael, Hippikus uiicl Mariainne.Einer derselben, wahrscheinlich der Fhasael, ist noch hente in dei~isog. Davidstnrm am Jhfathor teilweise erlialteil.Die Relageruiig cJer~isalems durchPoinpejus (63 V. Chr.) zeigt,dass damals nie später der Tempelberg die eigentliche feste Eurgder Stadt war (vgl. I I\'Iakk 4 60). Nach Osten uncl Süden fiel ersteil ab, nach Westen war er durcli eiiie Schl~iclit von cler Stadtgetrennt, nach Norclen durch einen tiefen Graben uncl starlieTürme gescliiitzt. Das ganze Quartier nördlich von1 Tempel bestanddamals noch iiiclit.Zur Zeit Christi inag Jernsalem init seinen Säuleiihalleii undPalästen, mit den liolien tiirmbewehrtea Mauern, init dem präclitigenTeinpel einen grossartigen Eia.druclr gemacht liabeil. Naclidem Berichte des JOSEPHUS hatte die alte Mauer 60 Tiirme, diekleine nördlicli davon gelegeiie Mauer 14 Türine. Ueber diesehinaus dehnte sich die aufbliiheiide Stadt noch weit nach Nordenaus. Innen freilich iiiiisseri wir sie uns wie alle orientalischen Städtemit engen winkligen, doch teilweise gepflasterten Strassenvorstellen.Die genannte nördliclieVorstadt wurde erst clurch die MauerAgrip~a's I. in den Rayoii cler Stadt hereingezogen (die sog. dritteMauer). Sie wurde aus grossen Quadern aufgeführt, uncl soll90 Tiirine gehabt haben; der mtichtigste war der 30in hohePsephinus in der Nordwesteclie ain höchsten Punkt der Staclt(~~alirsclieinlich noch jetzt in den Unterbanteii erhalten in dcr sog.Goliatsburg). Die Mauer wurde iiie volleiiclet; der Kaiser verbotdie Fortführung des Baues.Noch ist kurz der topographische Sprachgebraucli des JOSE-PHUS zu erwähnen. Er uiiterscheidet regelmässig: die Oberstaclt(4 Zvw .ii6ii~s), die Uiiterstadt (.ij xhro nih~c), den Tempel, dicVorstadt(TO ~~O~GTELO'I) uncl die Neustaclt Bezeta (.i, xx~v6sro)~~c).


0 10.1 Topographie von Jerusalem. 49In der a~~sfiihrlichen Beschreibung der Stadt (Bell. Jiid.V. 4 if.) geht er davon aus, dass die Staclt zunächst auf zwei einandergegenüberliegeilden Hügel11 erbaut ist; diese wareil durcheine Taleinsenkung getrennt, in welche von beiclen Seiten clieHäuser einmiindeteii. Der die Oberstaclt tragende Hügel war bedeiitenclhöher als der andere, auf dem die Uiiterstaclt lag. Dain der Unterstaclt die Akra sich befand, kann er gelegeiltlich sovohlden Hiigel als die Unterstadt mit dem Namen Alira bezeichnen.Diesem Unterstaclthiigel gegeiliiber lag nun ein dritterurspriinglich nieclrigerer Hügel, von jenem durch eine breite Einsenkunggetreiii~t, clie später von clen Basrnon~eri~ ausgefiilltwurcle. Endlicli fiigt er (a. a. 0. 4 2) noch einen vierten Hiigelhinzu, den Bezetahügel, der sich an den Teinpelberg anscliliesst.Ueber den Tempelberg liann kein Zweifel sein, ebenso istdie Oberstaclt sicher auf dem südlichen Teil des Westhiigels zusucheil. Der Unterstacltliiigel ist mit zienilicher TVahrscheinliclilieitdein südlichen Teil des Osthiigels gleichziisctzeii, was zu deroben angenommenen Lage der Alira vollstäiidig stiinn~t. Bezetaist cler ~iördliche Teil des Osthügels, nördlich vom Tempelplatz.Dass Jo~EPI-I~;~cleii fünften lIüge12 die Norclhälfte des Westhiigels,nicht als besonderen Hiigel nennt, cliirfte clarin seinen Gr~~iiclhaben, dass ctieser nicht als selbstllnclige, sich scharf abscheidendeErhebung erscl~eint, sondern als eine Fortsetzung cles nörcllicheiiLandrückens. Auf ihm haben wir die Vorstadt des Jos~~rrus ~ L Tsuchen. - Die beiden Hiigel mit der Ober- uiid Uiiterstaclt bezeichnetJosw~rns richtig als die Altstadt (Zo~u), zu welcber allesanclere erst später Iiinzogelton~ilien ist.3. Die Mauerläufe. Niir im Norden, wo das Plateau derStadt mit dein Hochland zusammenhängt, war ein freier Zugang,weshalb clie Staclt auf dieser Seite vor allem starke Fest~iiigsmerkezu ihrem Schutz bedurfte. Mit dem Wachstum derselbenentstanden hier im Lauf cler Zeit, wie schon erwällilt, drei Mauerlinien,um deren Lauf sich der Streit der Topographen noch i~nnierdreht .Die erste Mauer ist die, \velclie um die Altstadt herumführte.Da Nehemia beim Wiederaufbau sich an clie alte Mauerliniehielt, so entspricht seiner Ma~ier diejenige cler ~o~exilischenStaclt. Ausgehend iin Westen voin Platz cles späteren TnrmsHippicus lief sie un~ die TVest- iind Siidseite des TVestliügelsherum, aller TlTahrsclieiiilichkeit nach dem oberen Rancle desselbenB enzing er, Hebiaisclle Aicliaologie. 4


5 0 Erster Teil. I. Das Land Palästina. [D 10-folgend. Zwei Thore führten auf dieser Strecke ins Hinilointalhinunter: auf der Westseite, vielleicht nicht weit von der Nordrresteckeentfernt, das R~lthor, durcli den Ofe?zlurm geschiitzt;anf der Südseite das ~Ifisttiio?.. Von der Siiclosteclie des Westhiigels' aus durchschnitt die Mauer das Tyropöon, die Siloateicheeinschliessend (s. U.). Bei denselben bog sie nach Norclen nin denBerg hinaiif. Den1 östlichen Raiicl des Zion folgend, erreichtesie die Ostmauer des Tempels, lief vielleicht auch als eine Vormauerausseihalb dieser. Hier im Siidosten des Teinpelplatzeslag clurcli. eine Bastei geschützt wahrscheinlich clas Rossthol.(Jer 31 40).Der Lanf cler 34,zuer im Norden war ebenfalls durch dieTerraii~verhältnisse gegeben; sie wircl im gailzen von cler Westeckeaus dem Seitental cles Tryopöon am Xande des Bügels gefolgtsein, dann clas Tal da, wo es etwas flach war, überschrittenhaben, uin auf die Westmauer cles Tempels zu stosseii. DieseNordseite hatte drei Thore: das /$~/lr.ni~rtt/lol; wohl noch auf derHöhe, das illittellhof. vielleiclit östlich davon iin Tal unten, clas8~lithol. (vielleicht das spätere Genjzatihol.) nahe clcr Westeclre.Dort scheinen schon frühe starke Befestigangeii gewesen zn sein(I1 Chr 26 9). Diese erste Mauer wurde auf der Nordseite vonNehemia nicht wiecler hergestellt, vielmehr folgte seine Mauerhier der Wisliiama uer.Diese, die zweite Mauer, nahm im Westen ihreii Ausgaagspunktvon cler ersten am Gennatthor (= Eckthor?) beim Phasxelturm,wo sich noch Spuren derselben finden. Die Streitfrageist die, ob sie von da iii engerem Bogen siidlicli und östlich vonder heutigen Grabesliirche lief oder in ~veitem Bogeil iiördlichvon derselben entsprechend der heutigen Stadtmauer An Griindenfür uncl wider fehlt es nicht. Trotz der neiiesteil Ausgrabungenscheint die Sache noch lieineswegs entschieden werden zu können.In dieser zweiten Mauer waren folgenilc Thore: clas Scl~(tftho?.,wohl östlich von cler Bira, aber nicht genaiier zu bestimmen, inder Nähe davon die beiden Tiirme Ha7za?zael und JIea, vielleicht* In vorexilischer Zeit waren der West- und Ostliügel auch nach innengegen das Tyropöon durch &Inuern geschützt, die ziemlich parallel von Nordennach Süden liefen."ievon hängt clie Frage nach der Aeclitheit der Grabeskirclie insofernab, als jede RIöglichkeit derselben von vornherein ausgeschlossenist, wenn die Grabeskirche innerhalb der Stadtmauer zu liegen liommt.


4 10.1 Topographie von Jerusaleni. 51mit cler Bira zusamiiienhängend; westlich von der Bira das Fischthor,vielleicht im Tyropöontal; in der westlicheil Hälfte dasalle Thai..Die dritte Mauer zweigte beim Hippikns ab. Wer diezweite Mauer südlich von cler Grabeskirche zieht, muss die dritteniigefälir mit cler heutigen Stadtmauer zusammen fallen lassen;wer die zweite Mauer in letzterer erblickt, muss die dritte weitnördlich davon suchen, wo ebenfalls IYIaixerreste zu sein scheinen.Auch diese Frage ist noch nicht entscliiedeii.Alle weiteren Einzelheiten, namentlich die Lage einer Reiheweiterer Thore, sind ganz unsicher, so dass hier nicht näher daranfeingegangen werden kann.4. Die Was servers orgung l. Es ist wahrsclieinlich, dasscler Teinpelberg eine Quelle besitzt, weniigleicli diese bei der Unmögliclikeit,clort Nacligiabungen anzustellen, nocli nicht hatilzifgef~~nden werden lröniieii. Im Uebrigeii war Jerusalem gaiizdarauf angewiesen, seinen Wasserbedarf cl~iich Wasserleit~~ngen,Cisternen und grosse Baminelbeckeii (Teiche) ZLI decken. Es wardamit so gilt versorgt, dass cler aufgespeicherte IQasservorratmeist auch in Zeiten grosser Diirre und längerer Eelager~ing ausreichte,~vähreiid uingelcehrt die Belagerer in der wasserloseiiUmgebung Maiigel litten. - Von den vielen iin 8. niicl N. T. undbei JOSEPHUS genannten Anlagen dieser Art lassen sich folgeiicleniit einiger ~Talirsclzeinliclikeit näher bestimmen:1) Iin Westen der Staclt ain Anfang des Hinnonitals liegtder il(crn7illateieh; er entspricht ziemlicli sicher dein Sc/tZci~zi/e?ateiclades JOSEPI-IUS. Dagegen ist die hergebrachte Gleiclisetzuiigmit dem obere^^ Teich (Jes 7 3 36 z I1 Reg 18 17) schwerlichhaltbar (s. LI.). Eine Leitung fiihrte vom Mamillateich zum sog.Patriarchenteich (s. U.) uiid von da weiter zum Tempel.2) Der flz'itltansteich gegeniiber der Süclwestecke der hentigenStaclt ebenfalls im Hinnomtal gelegen, wird gewöhnlich mit demsb~ztesen Teich (Jes 22 9) icleiltifizirt, was ebenfalls grossen Bedenkenunterliegt. Möglich ist, dass er aus altjüdischer Zeitstammt.3) Der sog. Plct~.iaschenteich innerhalb cler Stadt auf derWestseite wird von der Tradition dem König Hisliia zugeschrieben,Vgl. SCHICIC, die Wasserversorgung der Stadt Jerusalem: ZDPV1878 I 132-176.4*


5 2 Erster Teil. I. Das Land Paliistina. [9: 10.wofür aber lreine weiteren Anhaltspunlrte vorhandeil siiicl, alsdass von ihm die Anlage verschiedener TVasserbauteii berichtetist (I1 Reg 2020). JOSEPIKJS nennt den Teich Ar12~/~lclalon ('Tnmteich').4) Ein zweiter Teich innerhalb der Staclt uniilittelbar nörcllichvom Teinpelplatz trägt heute clen Nameii Birket Isrd'iw,Jsraelteich'. Die ziemlich junge Traditioil setzt das Schaftl~o~(s. 0.) dem heutigen Stephansthor gleich nild findet iil clein Teichclen alten Betlhestlctteich (Joh 5 z), was gailz uiiinöglich ist. Woder ächte Bethesdateich lag, darüber gehen die Meiiiungen nnseinailder.lifan hat bald einen D oppelteicli nilter dein I


9 10.1 Topograpliie von Jerusalem. 5 3lagen bei der iTI(c?.ie~zqztelle (Gichon?) am Ostabhange des Ophel.Unter ihnen diirfte die älteste ein 1890/91 entdeckter, aber nochnicht vollständig blossgelegter Kanal sein, cler oberircliscli dasWasser der Quelle zuin Siloahteich führte. Er besteht in einereinfachen offenen Rinne iiii Felsboclen, deren Lauf sich ganz derOberflä,che cles Felsens anschmiegt. Da clie Leitung offen warund ausserhalb der Mauer lief, lroiinte ihr im Kriegsfall lieinegrosse Bedeutung zukomnien. Vielleicht sollte sie blos dazu dienen,zu verhiiten, dass das kostbare Wasser cler Quelle sicli unbenutztiin Steingeröll und Sand des Tals verlor.Jüngeren Datums, aber ebenfalls der älteren Königszeit angehörig,ist der erste Versuch, einen vor clein Feincl geschiitztenZugang zur Quelle vom Iiinern der Stacltmauer aus herznstelleil.Dies geschah dnrch einen uiiterirdischeii Gang, der in einen seiikrechtenSchaclit auslief, welcher in das etwas erweiterte Quellbassinmündete und das ungesehene TTasserscliöpfen ermöglichte.Das letzte Bestreben aber musste sein, die Quelle selbst imFall einer Belagerung dem Feinde abzuschneideil (I1 Chi 32 4).Diesem Zweck diente cler berühmte Siloa~~n~zal, der das Wasserunterirdisch in cleii innerhalb cler Stacltinauern gelegenen Siloateichführte. Der Kanal ist zieinlich roh in den Felseil gearbeitet;11ie und da scheint eine Felsspalte beniitzt worclen zu sein, clalierdie betriiclitliclie Höhe von 4,5 in am Süclausgang, ~viihrend clerKanal in der Mitte an iiiehreren Stelleii nur etwa 1,15 in hoch ist.Die Länge des ganzen I


54 Erster Teil. I. Das Land Palästina. L$ 10-anderes sind als wieder aufgegebene Stollen. Trotzdem bleibtes eine anerkennens~verte Leistung, dass die Arbeiter ohileCoinpass u. clgl. schliesslich zusamnientrafen. Vielleicht hatvon den Schächtennach oben, die inanim Kanal findet,der eine oder andereznr Orientirungiiber die Richtunggedient. ?Yasclas Alter cles Kanalsbetrifft, so betrachtetman ihnmit hoher Wahrf~cheiillichlceit als-- - -+ -ein Werk des His-Meterkia (I1 Reg 20 20).Der Charaliter clerInschrift sprichtebenfalls fiir einefrühe Zeit I.8) Unter clemNamen ,Salo?no-?zische Leikrlge~z~fasst clie Traditionclie grossaitigenAnlagen znsammen,welche Jeiusalemvom Gebirgeim Siiden her clasL'Fig. 2. Planslrizzc cles Treffl~unlrts der Steinhauerin1 Siloa-Kanal.Wasser z~zführteil.Eine Stunde siicllichvon Bethlehinliegen die sog. dreiSalo?r/oniscliell Teiche in eiriem Tälchen iibereiiiander. Ausser clemTVasser von vier scliöneii Quellen in cler Nähe bracliten zwei grosseDass schon unter Ahas (Jes 8 o) clie ,sanft fliessenden lTTasser Siloaserwähnt werden, was sich ungezbvungon nur auf eine solclie Leitung clcntenlässt, beweist llichtb dagegen, seit cler zweite ältere ICailal nachgewiesen ist.


8 10.1 Sopograpliie von Jerusalem. 5 5TVasserleitungeii solches aiis den1 Süden I. Der lrürzere Aquäduktaus dem Tlrdcli K(jdr ist ein viereckiger 1 l/2-2 Fuss breiter, ebensotiefer Kanal, der freiliegencl an clen Abhängen der Berge hinstreichtund da, wo er auf clen Bergrücken stösst, als Tunnel d~ircli denselbenweitergefiihrt ist. Die andere ca. 20 St~inclen lange Leitunglrornnit von den Quellen des Wacli 'Are.fi6(in gerader Linie5 '12 Stunden entfernt) und fiihrt in ausserordentlichen Windungendas Wasser in nahezu gleiclibleibendem Niveau mit ganz wenigPa11 an den Abhängen der Berge hin. Von den Teiclien brachtenzwei Leitungen clas Wasser zur Stadt. Die höher gelegene liefin ziemlich gerader Richtung nach Nordeii; beim ,RalielgrabLfiihrte sie ihr Wasser in steinernen Röhren, einem sog. Siphoii,iiber eine Bodensenbung. Die niedrigere Leitung, welche nochganz erhalte11 ist, beschreibt grosse 7 Stunde lange Kriimniuilgen.Unterhalb des Sultaiiteichs (8. 51) trafen beide zusammen. DieLeitung zog sich von da uni clen Südwesthügel lieruii~, iibersclirittdas Tyropöon und endete auf dein Teinpelplatz. Sehr schwierigist clie Frage, aus welcher Zeit diese Leitungen staniinen. Allen1Anschein nach ist die obere Leitung mit den Siphonröliren clieiiltere. Die Ansichten cler Fnchmänner gellen aber so weit auseinander,class die einen die Anlagen iii clie salomonische Zeit,die andereii in clie des Herodes verlegen, nncl wieder ailclere behaupten,class sie ganz den TVasserleitungen gleicl1ei1, ~velche dieAraber in Spanien hergestellt liaben.6. Die Einw o hiierzahlz. Nur über die Bewohnerschaftdes iiachexilischen Jerusnlenl haben mir einige Aiigabeii. Dariiaclihielten sicli clie Grössenverhältnisse der Stadt überhaupt inrecht engen Grenzen. Nach der iiiclit unglaubwiirdigen Angabedes JOSEPHUS hatte die Stadt einen Umfang von 33 Stadien, worausbei cler Form cler ISilauer eine Oberfläche von liöclisteilsGO Quadratstadien sicli ergibt (1900 000 qni). Unter Zugrundelegnngder Bevölkerungsdichtigltcit des lieutigeii Jerusaleiii lindanderer orientalischer Städte (mindestens 34-35 qm auf denKopf) rviircle sich eiiie Gesaininteiiiwohne~za111 von 55 000 bisVgl. die Karte des Fioclilands von Judäa.Vgl. hiezu SCIIIOK, Studien über clie Einwohnerzahl des alten JerusaleniZDPV 1881 IV 211-221.Y In cler City Lonclons Ca. 25 qm auf den Kopf, ~iolsei jedocli cler grosseCnterschiecl zn beachten ist, dass der Orient in alter und neuer Zeit keinernehrstockigen Känsertiirme lieilut.


56 Erster Teil. 11. Die Bewohner Palästinas. [B 11.60 000 ergeben. Erhöht nian diese unter Beriiclisichtigung desUmstandes, dass sich aucli aiisserhslb cler Mauern viele VillenU. clgl. befanden, auf das doppelte, was in Anbetracht der vielRaum eiiiiiehiiieiiden grossen Bauten der Herocliaiier U. a. schonsehr hoch gegrif'fen und kaum znlässig erscheint, so erreicht manerst die Schätzung des Ps~c~o~ii;na.i.tius von Abderai und etwadiejenige der Makkabäerbiicher2, aber iioch lange niait die übertriebenenAngaben des Jos~~ssus, cler Ton drei Millionen Einwohnernzur Zeit des Osterfestes redet3. Von hier aus inag einRiiclcschl~iss auf die vorexilische Stadt Jerusalem gestattet sein.Die Fläche desselben war etwa halb so gross als zur Zeit desJos~~~ns. Davon ist der grosse Platz von Tempel nncl Palastals sehr scliwacli bewohnt abzuziehen. Die Zahl voll 60 000 bis60 000 sclieint also sclion lio~hgegriffen'~.Kap. 11.Dis Be~vohiler PallBstinzas.$j 11. Praehistorische Zeit.Es ist fiir die hebräisclie Archäologie voii Wiclitigkeit, festzustellen,wie viel an Kultur in Kaiiaan vor clei~i Eiiiclririgen derIsraeliten schon vorliaiicleii war. Die ältesten noch erhaltenenSpureii fiiliren in clie vorgescliiclitliche Zeit zurüclc. Man findetaaf deinBoden von Palästina die belcanilten megalithischen Monuineiite(l\iIenliir, Kroiiilecli, Dolinen), kiinstliche Hiigel uncl Felshöhlen.An ersteren ist besoiiclers das Ostjorclaiila~id sehr reich.1. Die Menhir (Mslsteirie) sind grosse niibehauene, nachoben nieist sich verjiingende Steinblöcke, ~velche seillrrecht aufgestelltw~irden. Aller TVahrsclieiiiliclilceit ]lach standeii sie vonAnfang aii in irgend ~velchein Z~isaiiiineiiliaiig niit deiii Kult alsheilige Steine, denen Libationen voll Milch, Honig, Wein, Wasserdargebracht wurden. Der &len!iir entsl~richt cler ATl. ninspBhhMP~;die Erriclitung bzm. Verelir~ing solcher Steiiie reicht also bisRIÜLLER, Fragni. Hist. Graec. I1 394.I1 IIaklc 5 i4: 80000 gieilgen zu Griinde (die Hälfte Iraili iiil Gemetzelum, die ilnderc Hälfte murde verkauft), clabei blieben noch genug Leute übrig,fiir mrelclie Antioclius Aufselier zurückliess.Bell. Jud. V1 9 3 I1 14 s.'Die Zalilenangaben über die Deportation der Jahre 597 und 586(11 Reg 24 14-IG) sind in unllcilbarer Verwirrung nnd lrörineil leider keineswegsanch nur zur annähernden Bestiiniilung der Eiu\volinerzahl von Jer~isalei~iverwendet werden. Vgl. STADE, ZBW 11881 ITT 271ff.


L~ ~ ---5 11.1 Prael~isto~ische Seit. 5 7in die geschichtliche Zeit herein (Gen 28 1s 22 31 34ff. Dt 12 316 22 11. a.). Ihre Bezeichiluiig als bkth '61 d. h. Gotteshaus, griechischhaityllon, weist clarauf hin, dass sie ursl~rünglicli bei cleii-.- -- .- ----- - .. . /- ~- ---- ---. . - - . . ~.. - -- --.T--.- - L.------.---P --~E'ig. 3. Menhir aus clem Ostjordanlaild.Semiten alsBehausung einer Gottheit gedacht waren. Iin späterenisraelitischen Kult ~vnrclen sie legitimirt durch Unideutuilg iii0B------ -.5 1,DbL-4Fig. 4. Kromlecli.Denksteine, welche a11 ein wichtiges Ereignis der israelitisclieilGeschichte, besonclers ail eine Erscheiilung Jahves (Gen 28 1s)erini~ern sollteil.


5 8 Erster Teil. 11. Die Bewohner Palästinas. [D 11-2. Der Kromlech (Steinkreis) besteht aus einer Anzahlgrösserer oder Irleinerer unbehauener Steine, die, in1 Kreis aufgestellt,in der Mitte oft einen Menhir oder eine Dolme umschliessen.Im A. T. heisst ein solcher Steinlireis gilgdl (vgl. Jos4 20). Der Kromlech wurde wohl häufig, wie noch heute von denArabern, um ein Grab herum errichtet, hatte aber sicher immerauch eine religiöse Bedeutung.3. Die nolme (Trilithoil, Steintisch) wircl gebildet durcheine Steintafel, die horizontal auf zwei oder mehreren senkrechtstehenden Steinen liegt. Sie dürfte an manchcii Stellen des A. T.unter dem mlzb&aclt (Lut.lier: Altar) gemeint sein. Die Erklärungaller Dolmen in Europa und Asien als Gräber eines und clesselbellVolkes (Wikinger oder Goten) scheitert an cleili zahlreichen Vor-Fig. 5. Doliiic aus dem Ostjordanlaad.Iioinmen derselben im Ostjorclanland. Der Zweck cler Dolineiivar malirscheiillich ein verschiedener: die einen scheinen alsOpferstätten gedient zu haben, die anderen wareil Grabstiitteil,wie anfgefunclene Knochenreste LI. dgl. beweisen. Allerdings istihr innerer Hohlraum meist so lcurz, dass clie Leichen nur in gebogenerStellung beigesetzt werden konnten. In einer Dolme vorgefundeneRinge aus l


§ 11.1 Praehistorische Zeit. 5 9chen fiir Opferzweclie (etwa zur Aufnalime des Tranliopfers)dienten, will sich nur schwer mit der Tatsache vereinigen lasseil,dass solche Grnben auch an cler Seite, an vertikalen Flächen angebrachtwurden, vgl. Abbildung 3 8. 57.5. S t einhau feil (Cairns) koininen nanientlich im östlichenMoab vor; sie sind als ?~zai.g&a~(ilz (beute ?.irlschm) im A. T. erwähnt(Prv 26 8). - Was für eine Art von Steindenkmal unter'ebZ,e?i maskith (Lev 26 1 u. a.) zu verstehen ist, wissen wii- niclit,viel.leicht ist es ein Ausclruck von allgeirieiner Bedeutung.6. Die Tumuli, grosse bis zu 10 in hohekünstlicheErdliiige1,teilweise aus in der Sonne gedörrten Backsteinen errichtet, siiiclam zahlreichsten im Jordantal und in der Ebene Jesreel. IhreBecleutnng (Grabstätten wie die Tumuli in Norcle~lropa?) ist nochnicht klargestellt, da sie zu meriig untersucht sind. Manchesspricht dafür, dass sie eine Art Unterbau fiir Wohnungen (kleineOrtschaften) bildeten.Fig. G.Altarabische Steinhaufen (Grabdenkmäler).Alle die gennilnteii Denliinäler sind keineswegs dem Orieiitocler gar nur Palästina eigen, sondern finden sich mehr oderweniger über Europa, Asien uiicl Afrilia, ja selbst Amerika verbreitet.Sie sind also kein spezifisch semitisches Kulturerzeugnis.Dass dieselben im IVestjordanland sehr selten sind, diirfte sicham besten daraus erklären, dass sie als zuin ,lieic2i1ischeii' I


6 0 I. Teil. 11. Die Bewohner Palästinas. [D 11-8. Fels h ö lilen. Die Kalkgebirge von Palästina und Sgrieiisincl ausserorclentlich reich an geräumigen Höhlen. Dieselbendieiiten naturgemäss den ältesten Bewohnern des Landes als Behausungen.Sie liessen sich mit leichter Mühe erweitern. Von dawar es dann ein kleiner Schritt bis zum Aushauen ganzer künstlicherFelshöhlen. Reste solcher prähistorischer Höhleiiwohniingenfinclen sich namentlicli im &tzti,cin. Eine ganze lahyririthartigangelegte unterirclisclie Stadt ist bei Berc¿it (Edrei) erhalten.Auch die ausgeclehnten Höhlenwohnungeri bei B& Dsc~'~ib?.in(Eleutheropolis, noidwestlich von Hebron) geliöieri wahrschciiilicheiner sehr alten Zeit an. In diese Gegend verlegt Hierony-~ILIS clie Wohnsitze der Hd?3nz (Berg- oder Höhleiibe~vohner).Z~igleicli erzählt er, dass auch die Iduinäer von hier bis nachPetra der Hitze wegen in Höhlen gewohnt hätten. Auch vonden Israeliteir wird die Anlage solcher HCIhlen berichtet (Jdc 6 2);allerdings wurden sie nicht mehr als ständige Wohnungen, sonderniinr in Notfällen zur Kriegszeit als Zufluchtsstätten benützt.Die Iruiistvolle Aiilage ~ieler dieser Hölilenlromplexe setzt eiiienumfassenden iincl geschicliten Gebrauch von Metallmerkzeugeilvoraus. Die Benützung cler Höhlen liäilgt in Palästina alsoweniger voll clein iiiedrigeii Stand cler Kultur der Bewohner, alsvielinehr von cler Beschaffenheit cles Eoclens und des Klimas ab.Teilweise siiicl cliese alten Höhlen noch heute iin Gebrauch(nainentlich im Haurkil).9. Mit diesem archäologischen Befund stimmen die Arigabeiicles A. T. über clie Urbevölkerung von Palästina iiisoferniiberein, als sie das Vorlcominen der Steinde~ikmäle~ iincl ihreliultische Verehrnilg bei den vorisraelitischen Landesbewohnernbezeugeii. Ebeiiso kennt das A. T. ~venigsteas noch eine Völlierscliaftals Höhlenbe~vohner, clie /l(j?~in~, welche in den Höhlei~ desGebirges $&'Li. liausten (Dt 2 12 U. a.). Was dagegen sonst überdie Riesengeschlechter cler Eilakim, Repliaim uiicl andere erzählt1virc1 (Jos 11 21 Gen 14 5 Dt 2 ioff. U. ö.), gehört zu cleii fast allenVöllierii geineinsaiiien Sagen über die als Riesenvöllier gedachtenUreinwohner und Autoclithoneii des betreffenden Lailcles. Uebrigeiiszeigen diese Berichte, dass sich nocli bis in clie Zeit derIsraeliten hinein eirie z~\7eifellos richtige Eriiiiierung claraii erhaltenhat, class clie Icanaaiiiter uncl Philister nicht die erstenEinwohner des Lancles gewesen sincl, soiidern class vor ihnen einealtere, allerdings i~ocli in zieinlicli rohem Wat~~rznstnnd lebeiicle


9 12.1 Die vorisraclitischen Bewoliner und ihre ICultur. 61TJrbevölkerung vorhanden war, welche von den eindringencleiiKanaanitern vernichtet bzw. aufgesogen wurde. In welchein ZLIsammenhangdiese Ureinwohner mit den übrigen ältesten Zweigender Menschheit gestanden haben mögen, liegt völlig im Duiilrel.$j 12. Die vorisraelitischen Bewohner und ihre Kultur.SPRENGER, Das Leben und die Lehre des ~Iol~ammacl, Berlin 1861,I 241ff. - E&~EYER, Geschichte cles Altertums, Stuttgart 1884, 206ff.; Geschiclitedes alten Aegypteils, Berlin 1887, 225ff. - HOIIMEL, GeschicliteBabyloniens und Assyriens, Berlin 1885, 267ff. - PIETSC~HUANX, Geschichteder Pliönicier, Berlin 1889. - SAYCE, The races of Ihe olcl Testament, Lonclon1891. - SCEIWALLY, Die Rasse cler Philister: Z. f. wiss. Theologie 1891 103ff.Besser als über clie Urbevölkerung des Landes siiicl mir überdie auf jene folgende zweite Schicht der Bewohner unterrichtet:clie Kanaaniter, Phönicier, Philister, Aramäer und Hetiter. Dasscliese verschiedenen Völkerschaften ilicht gleichzeitig in Palästinaeingeclriiiigen sind, lroinmt für clie Zwecke unserer Darstellungnicht in Betracht.1. Die ethnographische Stellung. IS/litzieinliclierTValirscheinlichlieitdarf man alle Völkerschaftei~, die zur Zeit der Ein-~vanclerung der Israeliten in Palästina a~gesieclelt waren, dergrossen Völlrerklasse der h'e'ealiten zurechnen. Der Ausdrucli,semitische Völlier' ist ein rein konventioneller, hergenonlinenvon dem Gen 10 i ziff. als Sohn Noahs und Staminvater Israelsgenannten Sein. Die meisten der dort von Sem abgeleitetenVöllrerschaften reden durchaus eigenartig organisirte, clenl Hebräischenähnliche, von den inclogermaiiischen Sprachen iil ihrenGrundlagen weit abweichende (herliörnlich ,semitischeL genannte)Sprachen. Von dieser Xprachgleichheit und einer zugleicli beobachtetenGleichartigkeit cler physischen nncl geistigen Organisationschliesst man zurück auf eine Verwandtschaft in cler Abstaminnngund reclet von einer semitischen Meiisclienrasse. Dazugehören ausser den genannten Völkerscliafteii noch die Israeliten,die Babylonier, Assyrer, Araber und Aethiopen. Es cleckt sichalso der Begriff ,semitische Völlrer' lreineswegs mit der in Gen 10als Nachlrommen Sems bezeichneten Völlrergruppe. Die VöllrertafelGen 10, deren Text übrigens vielfach überarbeitet uncl interpolirtist, will ihrem ganzen Charakter nach nicht als Kanon fiirdie Ethnographie, sondern als Darstellung historischer bzw. geographischerVerhältnisse einer bestimmten Zeit verstanden sein.


*62 Erster Teil. 11. Die Bewohner Palgstinas. [D 12.Die Prage nach den Ur sitzen CI er Seinit en ist noch immerviel umstritten. Gegenüber der in neuerer Zeit vielfach beliebtenHypothese, dass die Semiten aus Centralasien stamnien, scheintinimer noch clie andere Ansicht grössere Wahrscheinlichkeit ziihaben, dass die semitischen Ki~lturvöllrer ,Ablagerungen' derEeduinenstämine cler arabischen Wiiste siiicl, dass also die arabischeTViiste clie Heimat aller Seiniten ist, clas Lancl, aus ~velchemvon den iiltesteii. Zeiten an zu wiederholte11 malen Teile der Becluinenbevölkerungin clie angrenzenden fruchtbareil \Qeidegebietevon Mesolsotamien und Syrien sich vorgesclloben haben. DerGrundchaialder derSemiten ist nicht dereines Gebirgsvollis,sondern cler einesNomaclenvolks derWiiste. Soweit wirüberhaupt deii Prozessder Qölkerentwiclilungzurückverfolgeillröiinen , werdenwir clurcli clieseebenso sichere alsfür unsere Frageniasspebencle Beobachtungauf dieWüste hingewiesenFig. 7. Syrier (aus ICarnak). als das Laiicl, WOdiese Völkerfamilieherangewachsen ist. Den Hebräern u. a. ist dies sehr lange nachgegangen,während bei den Assyriern und Babyloniern liaummehr Spuren davon sichtbar sind. Die Beduine11 von Nordarabienrepräsentiren nocli heute für uns den verhältnissiliässigTypus der semitischen Rasse. Die noch weiter zuriicliliegendePrage, wie iind woher die Semiten in die Wüste gekommensind, ist nichts anderes als die Prage ilach demUrsprungund Ursitz der Menschheit überhaupt, welche für den Historikerunlösbar und gleichgiltig ist.2. Unter dem Namen Kanaaniter fassen wir die in zahlreichekleine Stginme zerfallende Bevölkerung des nachmals israelitischenWestjordanlandes zusammen. Einzelne AT]. Schriftsteller


8 12.1 Die vorisraelitischen Bewoliner und ihre ICultur. 63(z. B. Arnos, der Eloliist) gebraiichen hiefür den Nainen Arraoritei'.Dass die Kanaaniter trotz der Völkertafel zu den Semiten gehören,ja sogar mit den Israeliten sehr nahe verwandt sind, beweistvor allen1 ihre Sprache uiid ihre Religion. Die älteste Ueberlieferungder Israeliten (Gen 9 nach Weglassnng der Interpolationen)bestiitigt dies, denn sie nennt Sem, Japhet, Kanaan alsSöhne Noahs, also Kanaan als Bruder des Sein. Die Kanaaniterscheinen ziemlich sicher nicht von Nordsyrien her nach Süden,sondern, wie ihre nahe Verwandtschaft mit den Stänimen des Ostjordanlaiiclsbeweist, von der grossen syrischenlVüste nach Westensich vorgeschoben zu haben. Wo sie vorher waren, wissen wirnicht. Aus den Berichten der Klassil


64 Erster Teil. 11. Die Bewohner Palästiilas. [s 1%dass sie unbeschnitten waren. Amos 9 7 U. a. werden sie ausKaphtor hergeleitet, womit möglicherweise die Insel Icreta geineintist. Dann niiisste man eine Rücbwaiideiung von SemitenFig. 8. Bewollner von Aslralon (aus Icarnalc).aus Kreta derilien. Doch muss bei den Pliilisterii iillii?erhiri dieMöglichlieit offen gelassen werden, dass sie freilide, d. 11. nichtclie Sprache der Hebräer und Ihnaaniter sprechencle Erobererwaren, die mit der lianaa-%ig. 9. Rutenu (Syrier, hetitisclier Typns)aus Karnak.nitischen Laiiclesbevölkernagso vollstäiidig versclimolzen,dass sie auchderen Sprache annaliinen.5. Die C he t a (Hetiter)bildeten iii deii Zeiten der18.-20. ägyptischeil Dynastiedas mächtigste Reichin ganz Vorclerasien. IhreHauptstadt war &tclescham Oiontes. Ueber ihreHerkunft uncl Abstainmungwissen wir iiichtsSicheres, da clie hetitischenInschriften nocliimmer für uns unlesbar sind 111 clerVölliertafe1 erscheinen sieunter den Kanaanitern; möglich wäre aber auch, dass clieCheta einer ältereii nicht seinitischen Bevölker~ingsscliicht an-


5 12.1 Die vorisraelitisclien Bewohner und ihre Kultur. 65gehörten. Jedenfalls sind sie stark semitisirt worden, denn sieverehren semitische Gottheiten (Bacal, Astarte, 'Anat, Rescliuf).Fig. 10. Nordsyrier (lietitischer Typus) aus Karnak.Scl~liesslicli scheinen sie in den Aramäern aufgegangen zu sein,Die lialb sagenhaften C/iiltil~i des A. T. sind ziemlich sicheridentisch mit denCheta; doch darf ausden Berichten keinesfallsgeschlossen werclen,clnss solche Hetiterim Süden Palästinassassen (Gen23211. a.)6. Die Aramäer,aller Wahrscheiiilichkeitnachebenfalls mit den Kanaaniternsehr naheverwandt, scheinenvon der grossen syrischen7vVüsteher, wosie nomadisirteil, zirnächstin den Nor- Fig. 11. Bewohner von Daliiasciis (aus ICarnalr).den des Ostjordanlandsund von da w eiter westlich in clen Libanon vorgedrungenzu sein. Bie haben sicli allinählich in die Gebiete cler HetiterEs wäre möglich, dass hier cler Nanie ,HetiterG als allgemeine Bezciclinungfiir die Urbevöllierung gebraucht ist.Be iizing er, Hebräisclie Arcliäologie. 5


66 Erster Teil. 11. Die Beu~ohner Palästinas. [g 12.eingedrängt lind dieses Vollr in sich aufgenommen, dagegen istes ihnen nicht gelungen, die I


5 12.1 Die vorisraelitischen Bewohner und ihre Xiiltur. 67frei geblieben (man denke z. B. an dasVerschnielzen des Osirislnythusmit dein Adoiiiskult vori Byblos).Noch höher ist der Anteil der c',a6ylonisch-assy~~isch~'n Ifi~ltu?.an der alten Gesittung Syriens anzuschlagen. „Gerade dieFülle der Knlturelemente babylonischen Ursprungs, die von Nordostenher bei clen Bewohnern Syriens Eingang gefunden haben,ist es, was in diesen Zeiten ihrer Gesittung ein einheitliches Geprägeverleiht" (PIETSCIIMANK). Eine Reihe einzelner Entlehnungen,namentlich auf religiösem Gebiet, lassen sich nachweisen.So ist z. B. der bei den Philistern hoch verehrte Dagon (I Sam5 2 ff. Jdc 16 23 U. a.) mahrscheinlicli von clen Babyloniern zu denKanaanäern und von da zu den Philistern gekornnieii BabyloniscliesMass, Gewicht und Geld ist schon im 16. Jahrhundertv. Chr. in Syrien verbreitet. Weit wichtiger als solche Eiiizellieiteiiist, was uns die neu aufgefundenen Thontafeln vor Te11 el-Amarna künden. Diese Briefe ägyptischer Vasallenl~öni~e ail clenGrossherrn sind in cler Mundart Babyloiiiens abgefasstuncl in babylonischen Keilschriftzeicheiigeschrieben. Somit war nins Jahr 1400 diesersemitische Didelit Babyloiiiens eine Art cliplomatischerVerlrehrssprache, welche von den Gebildetenin Syrien mitsamint der Keilsclirift gelernt wurde. Fig. 12.~ass damit zahlreiche andere ~ntlehiiun~en, nament- Dag& auflich dieEinbürgerung bab)lonischerIc1een, in grossem ~~&P&!$~;Masse verlinül~ft sein musste, leuchtet ein.~rotzderi so die Kultur der Völker Syriens schon in ihrenAnfängen durchaus nicht selbständig .war, so ist doch nicht znverkennen, dass sie sich bei den einzelnen Völkern entsprechendder Verschiede~lartiglieit der Veranlagung und des Bodens vielfacheigenartig uncl inaniiigfaltig ausgestaltet hat. Am frühestendürfte der Osten von Nordsyrien, die Nachbargegenden derEuphratländer, eine gewisse Höhe der Entwicklung erreicht uiicldie Kultur dann weiter vermittelt haben. Bei den Phöniciern undKanaanitern fehlt es wenigstens nicht an Spuren cler Einwirlrungder ältesten nordsyrischen Kultur. Die auch auf palästinensischemBoden verehrten Gottheiten 'Anat und Reschuf scheinen ursprünglichdem Qötterkreis der nordsyrischen Völker (2. B. der Cheta)angehört zu haben. Marna (,unser HerrL), als Name des Stadt-' PIETSCH~IBNN, Geschichte der Phönicier 144f.5*


6 8 Erster Teil. 11. Die Bewohner Palästinas. [D 12.gottes voii Gaza wie als Bezeichnung für syrische Adelige auf denägyptischen Denkmälern vorliommend, ist eine nordsyrische Wortform,ebenso ist in Atargatis (Stadtgöttin von Aslialon) die aramäischeForm von Aschtoret enthalten l.8. Unter allen diesen Einflüssen hat die Kultur der lcanaaniterbis zu der Zeit, da die noch ganz oder halb nomadisirendenStämme der Ben$ Jisrii'el in das TVestjordanlancl vordrangen,schon eine recht ansehnliche Höhe erreicht. Beweis hiefiir sindnicht nur die AT1. Erzählungen, sonclern namentlich auch dieägyptischen Berichte jener Zeit.Ackerbau iincl Viehzucht bilden die Grnncllagen der ganzenKultur. Ist aiich auf dem Gebirge manches Stiick Land nochnicht iirbar gemacht, so sind clie Ebenen uin so reicher an Korn-Fig 13 11. 14. Aegyptisclie Abbildungen syrischer Prachtvasen.felcleril. Maulbeer uncl Feige, Oelbaum und Weinstock liefernihre Prüclite in Fülle. Namentlich Oe1 wird in giossen Mengennach Aegypteil ausgefiihrt. Joppes Umgebung erscheint als eineblühencle Gartenlandschaft. Felsenkeltern fiir Oe1 und Wein,Brunnen uncl Cisternen zum Sammeln cles 'CVassers sind überk~llangelegt (vgl. Dt 6 ioff.). Daneben hat freilich auch noch in einzelnenGegenclen das Nomadenleben Platz.Auffallend gross ist die Zahl cler Städte, der befestigten Ansiedelungen,die uns aus ältester Zeit genannt sincl, nach Num 132sein Gegenstaiicl des Schreckens fiir die Israeliten. In diesenStäclteil ist das Leben schon clurch zahlreiche Erzeugnisse derGewerbsthätiglreit uncl Errungenschaften des Hailclels verfeinert.Die bunte Tracht der kanaanitischen Städter, viel reicher als cliePIETSCHYANN, Geschichte cler Phönicier 147 f.


5 12.1 Die vorisraelitisclien Bewohner und ihre Kultur. 6 9der Aegypter, verrät Freude aii-i Luxus und Geschick in derWeberei. Golcl- und Silbersclimuclr, edle Steine und lcostbareGerätschaften, schon früh von den Grossen lebhaft begehrt, zeigeneine gesteigerte Kunstthätigkeit. Sogar goldene uncl silberne,d. h. mit Gold- uncl Silberblech beschlagene Wagen, aus Cyperi~iinportirt, erscheinen nnter der Syrischen Kriegsbeute Tutinosis'111. Ringe und Barren von Eclelinetall kursireii als Geldim Handel.Bewaffnung lind Kriegführung der Bewohner Syriens scheintvie die Anlage und Refestigungsart ihrer Städte aus Nordsyiienzu stammen l. Besonders die Philister und Hetiter zeichnen sichdurch Kriegstiichtigkeit aus. Xie haben ein organisirtes H-eer(E'ussvolk, Reiterei und Streitwagen), das unter Führuiig der,Fürsten' in geordneter Schlaclitreihe liliinpft (I Sani 135; 19 2).Die Schwerbewaffneten tragen einen runden Helm von Broiice,Kettenpanzer, Beinschienen, Schilcl, Wurfspiessuncl Lanze, die Leichtbewaffneten sind Bogenschüt,zen.C~liaralrteristisclist clie Angst, welchedie Israeliten vor den ,eiserileil Wagen' der Kanaaniterliabea (Josua 17 16 Jdc 3 i).Zn eiitwickelteren, festeren staatlichen Einrichtungenscl-ieinen es nur clie Philister undFig. 15. BlünzePhönicier, i~icht aber die Kana,aniter gebracht zu „, sidon,haben. Bei den Phöniciern treffen wir friihzeitigeine ArtVerfassung. Die Philister erscheinen im A. T. immer als~e~einigt zu einem Bund der 5 Hauptstädte Gaza, A.sdod, As-Iralon, Gath und Ekron (vgl. I Sam 8 5 20). Sonst tritt uns eineIbiIerige kleiner Gemeinwesen gegenüber, die mit Eifersucht ihreSelbständigkeit. ~val-iren und jeder Einigung widerstreben. Ai1ihrer Spitze stehen Fürsten, ,I


7 0 Erster Teil. 11. Die Bewohner Palästinas. [B 13-$j 13, Die Ben6 Jisrcii'61.STADE, GV.J I2 108-145. - REUSS, das Alte Testament 136-42. -NOELDEKE, Zur Cliarakteristik der Semiten in: Orientalische Skizzen,Berlin 1892, 1-20.1. Der Name Israel (Jisi-d'&g, in Gen 32 29 als ,Gottesstreiter'erltlärt, und ,6e?z&.fis~&'PZ'ist clie gewölinlicl~e Selbstbezeichnungdieses Vollres. Sein Ursprung ist, wie clie angeführteLegende zeigt, unbeltannt. Ob er durch Uebertragung von einemStamm auf die Gesammtheit der mit iliin verbundenen Stämmezum Volltsnamen geworden ist, lässt sich nicht mehr mit Bestimnitheitausmachen. Der Name Hebräer ('ifihrln7), der irn Munclevon Israeliten selten vorltommt, scheint vom Standpunlrt der Bewohnerdes Westjordanlsndes aus die 13en6 Jisra161 und vielleichtnoch andere Stämme (s. U.) als die ,jenseits des Jordans Wohnenden'zu bezeichnen. Der dritte Name, Juden (jeJzticZiv2), giltursprünglich clem einzelnen Starnilze Juda. Weil bei der Rückkehraus dem Exil die Angehörigen des Stamiiies bezw. ReichesJuda clie iiberwiegencle Melirzahl clcr neixen Genieinde bildeten,wurde der Name von da ab für das ganze Voll: üblich. Er ist imN. T. und bei den I


5 13.1 Die Ben6 JisrL'eI. 71barter Kulturländer, an deren Grenzen sie streifen, sich anzueignen,dass sie vielmehr zu allen Zeiten mit Verachtung auf alleKultur herabblickcn. So ist die vielfach beliebte Herleitungwesentlicher Stücke der israelitischen Religion aus der ägyptischenTheologie von vorn herein im höchsten Grade uiiwahrsclieinlich.Auch der Zeitpunkt, wann diese Noiiiadenstän~me sicli vonder driickenden ägyptischen Herrschaft losgeniacht liaben unclwieder zu ihren Stamniesverwanclten auf die Sinaihalbinsel zurückgekehrtsind, ist unbeliannt ; die ägyptischen Denkmäler nehmenvon solchen wohl häufig sich wiederholenden Grenzstreitigkeitenmit den Nomaden keine Notiz.Mit dieser Befreiung aus Egypten hängt das folgenreichsteEreigniss der israelitischen Geschichte zusammen: die Annahmedes Jahve glaub ens. Ob sie clen , Jahve vom Siiiai' als fremdenGott von fremden Stämmen überiiommen, oder ob uncl wievielvon diesem Glauben sie von den Vätern überliommen haben,wird schwerlich je bestimmt weiden können; fest steht die Tatsacheund ihre Bedeutung : Jalive cler Gott Israels und Israel dasVolk Jahves - dieser Glaube bildet von nun an die Grundlageder religiösen uncl l~olitischen Einigung cler Geschlechter uiiclStämme.Längere Zeit zelteten nun die Bene Jisra'el in der Sinaihalbinseliin Süden von Palästina. Wahrscheinlich hatten sie an derOase von Maclesch einen Mittelpunkt und versuchten von da ans inclas Kulturland Palästina vorzudringen. In dieser Zeit schlossensicli ihnen clie Keniter uncl vielleicht anch noch andere in cliesenGegenden uon~adisirencle Beduinenstämnie an.Ob ein besonderes Gescheliniss ocler bloss clie wachsendeVolksmenge die verbunclenen Stämme ~e~aiilasste, ihre Zelte insOstjordanland zu verlegen, ob dies auf mehr oder weniger friedlicherWeise durch Uebereinkniift mit den ver~vanclten Stiinimen cler Ben6M6'iib und Bcne cAmm6ii geschah, oder ob sie mit dem Schwertin cler Hand sicli ihre JVeideplätze eroberteri, lässt sich ausunseren Quellen nicht mehr sicher feststellen. Hier in den fruchtbarenGegenden cles mittleren Ostjordcznlandes, clas neben denschönenWeideplätzeii anch treffliche Felder fiir cleii Ackerbau darbot,mag ein Teil der israelitischen Geschlechter den 3Vicler~villengegen das 'gebiincleile Leben des sesshaften Bauern abgelegt liabenuncl allmählich zu dem viel reichere Nahrung bietenden Acker-


7 2 Erster Teil. 11. Die Bewohner Palästinas. [S 13.bau iibergegangeii sein. Nomaden aber uncl Halbnomadeii niusstedas scliöiie JVestjordanlaiid, IJ~O ,Milch und Honig floss', ~oiiAnfang aii zu Streifzügen reizen uncl so ist es kein TVunder,wenn ~ir, noch ehe clie Stämme reclit sesshaft ge~vordea, dasVolk in Bewegung gegen dasTVestjordanland hin fiiideii. Mögendie erstell Vorstösse für einzelne Stämme (Simeon und Levi) auchI


5 13.1 Die Ben6 Jisrk'el. 7 3Stufe der staatlichen Gliederung, sie hatten eine patriarchalischeStammverfassung (s. $ 41).4. Auf die sonstigen Lebensgewohilheiten der BeileJisra'el können wir nur von denen cler heutigen Beduinen ausSchlüsse ziehen, doch bleiben sich in gleichen Gegenden dieLebensgewohnheiten von Nomaden gewiss clurch Jahrhundertehindurch irn wesei~tlichen gleich; sie sind heute bei den Beduinender syrischen Steppe so einfach, class sie vor 3000 Jahren nichteinfacher sein konnten. Die Kecluineii leben von der Viehzucht,Schafe und Kainele sind ihr Reichtum. Milcli bildet in derRegel ihre armselige Nahrung; nur selten, an Festen oder wennein Gast Iromint, wird geschlachtet und clainit in alter Zeit zugleichgeopfert. Von irgend welchein Luxus, der das lieben~erfeinerii lrönnte, weiss der Beduine nichts und will nichts wissen ;das hindert ilin nur am freieil Uinherzieheii. Stolz sieht er aufden elenden Bauern herab, der an seine Scholle gebunden istund iin Schweiss seines Angesichts arbeiten muss. In der uiigeiilessenenSteppe zu schweifen, Scliwert urid Lanze in der Hand,scheint ihin allein des freien Maniies wiirclig. Der Krieg fiilltdas Leben der Mäniier aus, sind's nicht die ewigeil Streitiglteiteiimit cler angesessenen Bevölkerung, der er raubt, was er raubenliann, so sind es Handel mit seinesgleicheii, zu denen die Gelegenheitnie fehlt. Um TVeicleplätze uiicl Quelleii entspinntsich leicht ein Kampf (vgl. Gen 13 ~f.), die Blutrache ruft enclloseVerwiclilungen hervor. Trotzclem hat das Leben in derWüste Iiohen Wert, dem Tod clnrch gescliiclrte Flucht zu eiitgehen,ist auch des tapferen Mannes nicht unwiirdig. Bei allerihrer Vorliebe fiir Rauben und Stehlen hat cler Charakter desBeduinen cloch etwas Ritterliches : eine gewisse angeborene lJTiircledes Beiiehineils kennzeichiiet noch heute den freien Araber, derRuliin der Gastfreiiiidscliaft besteht volllion~men zu Reclit (vgl.Gen 18 2ff. 24 siff. u. a.), auf die äusseren Formen des Uingangslegt er grosses Gewicht. Sind sie auch ,lTTilde', so sinclillre intellektuelleii Fähigkeiten doch bedeutend. So inutet ui~s,aus cler Ferne geselieii, das Beduiiienlebeii in seiner ,patriarchalisclieillEinfachheit ausserordeiltlicli an, und cs eiitspriclit a-cicli~virklicli dieser Einfaclilieit eine gewisse Reinheit der Sitten.Niclit oliiie Reclit liält der Beduine auch seine sozialen Verhältnissefür besser als clie, ~velche er bei der ansiissigen Bevölkerungfindet (vgl. $ 25). Soll aber das Bilcl nicht idealisirt


74 Erster Teil. 11. Die Bewohner Palästinas. [§ 13.erscheinen, so ist als Kehrseite hinzuzunehmen, dass Recht undBilligkeit, überhaupt alle Tugenden der Nomaclen ihre engenGrenzen haben, uncl dass ausserhalb derselben die grösste Preiheitund Willkür herrscht. List und Verschlagenheit gelten alsTugencl (Gen 16 G 34 25ff. U. a.), leicle~lschaftliche Rachsucht, unbegrenzterEigennutz und daneben eine nicht geringe Trägheitkennzeichnen den Beduinen. Die fortwiihrenden Raubzüge undFehden haben notwendig etwas Verrohendes. - Auch die Idyllecler Patriarchengeschichte hat ihre korrigirende Ergänz~ing andem Bild des Richterbuchs mit seinen schwarzen Farben.5. Im Uebrigen sind wir zur Beantwortung cler Frage nachCharakter und Naturanlage der Ben6 Jisra'el anf das angewiesen,was wir durch Vergleichung der Gesammtentwiclilnngder hauptsächlichsten semitischen Völker als allgemeine Grundzügedes semitischen Rassencharaliters feststellen können.Ueber die geistige Veranlagung der Semiten sincl schon diewidersprechendsten Urteile gefällt worden. Von REXAN stammtder Satz voin Monotheismus als einer Naturanlage der semitischenVölker. Als das 3fininium von Religion sei dieser monotheistischeInstinlrt nicht als ein Vorzug, sondern als geistigeArmut und Beschränktheit zu beiirteilen und aus dein Mangelan Reichtum der Sprache uncl cles religiöseil Beclürfnisses ztxerklären. Nenerdirigs hat eine gerechtere Beurteilung der SemitenPlatz gegriffen. EDMEYER nennt als kennzeichnende Züge : „grosseNüchternheit des DenLeils, scharfe Beobachtung des Einzelnen,ein berechnencler, stets a.uf das Pralctische gerichteter Verstand,cler die Gebilde der Phantasie durchaus beherrscht iinrl demfreien Flug des Geistes in ungemessene Regionen abhold ist".Dies tritt am deutlichsten hervor bei der Reli g ioii. Islam~ind nachexilisclies Judentum, diese beiden konsequenten Durchbildungencler semitischen Religion, zeigen eine eiltsetzlicheNiichternheit cles Denkens, eine einzigartige Einfachheit derreligiösen Ideen. Eine reich verschliingene Mythologie fehlt, wosie sich deniloch bei semitischen Völlrerri entwiclrelt hat, ist clasunter dein Eiilfluss heincler Ideen geschehen (so vielleicht selbstbei der babylonischen Mythologie). Den heiteren, rnenschenähnlichenGöttergestalten der Griechen stehen bei clen Semiten dieerhabenen, mächtigen Götter (Däinonen) gegeniiber, von denendie in der Natur wirlrendeii Kräfte ausgehen. Der höchste Gottiin Hintergrund aller dieser AIachte ist clen Menschen ganz un-


5 13.1 Die Ben6 Jisrk'el. 75nahhar. Es darf wohl zur Erklärung auf den Charakter derHeimat der Semiten, auf die Wüste mit ihren Schrecken, ilirerErhabenheit, ihrer Einförmiglceit hingewiesen werden. Sie liatdas religiöse Denken einfach uncl nüchtern erhalten, aber zumErsatz dafiir das religiöse Gefübl vertieft, die Energie der religiösenIdeen gekräftigt. Die Menschenopfer in ihrer grossenAusdehnung, der Fanatismus in seiner ganzen Scliroffheit, dieEkstase des Proplietisinus sincl Zeugnisse der gewaltigen Kraft dessemitischen Glaubens.Auf dem Gebiet der Wiss ens cliaft sind dieselben Merkmaledeutlich zu erkennen. Die pharisäische Bearbeitung desRechts wie die T~eistungeii der arabischen Sprachwissenschaft bekundeneine scharfe, ininutiöse Beobachtung des Einzelnen, lassenaber grosse, zusainmenfassende, weit ausgreifende Gedanlien vermissen.Iininer geht ihr Denlren vorzugsweise auf das Pralitisclie; philosolshische Spekiilatioiien liegen dem Semiten ferne.Dass die Semiten in der bildenden Kunst niclit viel geleistethaben, ist hienach niclit verwunderlich. Ein feiner Sinnfiir das Detail ist i'niien nicht abzustreiten, das Grosse uncl Ganzeaber ist Nachalimung anderer Völker.Auf dem Gebiet des Staats~vesens ist ein starli ausgeprägterIndividualismus bezeichilencl. Auch das hängt mit derLandesbeschaffenheit zusammen : die Beduinen derWüste könnenlceinen Staat organisiren, I-ainilie, Geschlecht lind Stamm sincldie gegebenen Grössen des gesellscl~aftliclten Lebens, an denensie mit grosser Ziihiglieit hängen. Nur starker Zwang, religiöseMotive und despotische Gewalt fügt clie Semiten znin festenStaat zusammen.Von diesem geineinsaiiien geistigen Gruncltypns aus hatsich natiirlich bei den einzelnen Völkern der Volkscharakter sehrverschieden weiter entwickelt und zwar vor allein unter dein Einflussdes Wohnsitzes und der Eeriihrung init anderen Völkern.Die Phönicier, durch ihre Wolinsitze darauf angewiesen, sich clnsMeer dienstbar zu machen, sind zum 13anclelsvolk gewordenund haben im regen Verlrelir mit anderen Kulturvöllrern sich einegrosse Vielseitigkeit der Kultur erworben. Israel, von der Wüstein ein K~ilturland versetzt, aber von1 Meer und vom grosseiiHandelsverlrehre abgeschnitten, liat sicli zum Rauernvolk ohne Industrieuncl Handel eiit~viclrelt ; es hat in ziemlich einseitiger Weiseseine geistigen Anlagen anf cleiii religiösen Gebiet ausgebildet


7 6 Erster Teil. 11. Pie Bewohner Palästinas. 15 14.und sich hier durch eine innigere Gefülilswärme uncl grösseresittliche Reinlieit ausgezeichnet. Die Bewohner der syrischeiiSteppe dagegen sind allezeit Noniaden geblieben und haben esbis auf den heutigen Tag zu keiner höheren Kultur gebracht,obwohl sie an sicli gewiss nicht iniiider entwicklungsfähig gewesenwären, als ihre Rriider im Westen cles Jorclaii und in Babplonien.6. In körperliclier Beziehung haben vir uns die Israelitenvorzustellen als einen kräftigen Menschenschlag. Die Luft derWüste ist gesund. Noch TACITUS sagt von ilineil, „Corpora lioiniliumsalubrin et ferentia laboruiiiu (Hist0r.V 6). Auch die Lebensdauerder Hebräer scheint noch in späterer Zeit verhältnismässiglang gewescil zu sein. Ihr TVnclis war hoch und schlank, jamager gegeniiber dein volleren Assyrer. Auch in dieser Hinsichthaben sicli die Beduinen voin Typns des alten Israeliten nichtentfernt. Iin Uebrigeii finden sich die charaliteristischen Merlrilialeder semitischen Rasse: clolic21okephaler Schädelbau, vorstehende,vielfacli adlerartig gebogene Nase, stark erhabene Backenlinoclien,clie Gesichtsform oval mit spitzigein Kinn, das Haarglänzend sch~varz, locliig und stark, anf Gesiclit und Kopf reichliclientn~icl{elt, dunlrle tiefliegende Augen, etwas diclie Lippen,die Haut von einer trüben TVeisse niit cleiitlich durclischiminernclenAdern, wo sie cler Sonne ausgesetzt ist, sich stark bräunend.5 14. Die Entwicklung der israelitischen Kultur auf dem Bodenvon Palästina.Vgl. die X. 14 genannten Parstelluiigen der Gescliiclite Israels.1. Syriens Geschichte ist ein fortwälirencler Kampf zwischeiiclen iiomadisireiiden Hirten uiicl den ansässigen Bauern. DerBeduine einer Steppe ist auf Raub angewiesen, dasNächstliegendeist, den Bauer zti plündern. In raschem Streifzug iiberfällt erBöfe und Dörfer Jalir um Jahr,. Die schöiien Ebenen loclreiiihn, eines schönen Tags erscheint er mit Sacli iincl Pack inmittencler Bauern, um sich niederzulasseii. Hat er Glücli, so gernt esihm, ist der Ba~~er iiberm~clitig, so flieht er auf fliichtigem Rossin clie Steppe zuriicli, um ein andermal aii einem ancleren Ort clenVersuch zu miedei-l~olen. Die ,EroberungL Kannans clcirch dieIsraeliten ist iiiclits als eine cler sich vielfacli wiederlialeiiden Episodenclieses Kampfes, die an sich geringe Bedeutung liätte, wennnicht daraus schliesslich der israelitisclie Staat entstanden ~ ~äre.


$14.1 Entwicklung der israelitischen Kultur in Palästina. 7 7Die Ansiedlung der Israeliten im Westjorclanland hat sichnicht auf dem TVeg einer Eroberung mit Waffengewalt in raschen1Anlauf vollzogen, dazu waren die Eindringlinge viel zu schwach.Vielmehr handelt es sich um ein langsames Sich-Vorschiebenin das noch weiten Raum bietende Laiicl, wobei namentlich dieStädte zunächst meist im Besitz der Kanaaniter blieben. Dasses dabei auch zu Streit kam, ist selbstverstäiicllich; mit wechselncleinGlück wogte der Kampf, in welchem z. B. Simeon iindLevi aufgerieben wurden. Aber ob ein Landstrich mit roherGewalt oder durch frieclliche Uebereinliunft besetzt wurde, immerlag das Schwergewicht auf der langsam vor sich gehenden Vermischungder Eindringlinge mit den früheren Bewohnern. Amfrühesten vollzog sich diese auf dem Lande, erst sehr spät inclen festen Städten. Dabei musste die verhältnismässig kleineZahl der Israeliten naturgemäss der Rasse nach von den Kannaniternaufgesogen werden. Auf die Abstammung betrachtet, verdientdas Produkt der Mischung, das israelitische Volk, eigentliclzden Namen Kanaaniter. Anch hinsiclitlich der Kultur warenin allen Stiicken (die Religion ausgenonimen) die Kanaaniter dieGebenden, die Israeliten clie Empfangenden, ganz wie dies Dt 6 iof.mit naiver Freude erzählt ist. Die Arbeit des Ackerbaus, clie Aufgabendes Stäcltelebeiis, Hanclwerk und Kunst, Handel uncl Kriegführtinglernten die Israeliten von clen Kanaanitern, die alten heiligenOrte wurclen balcl auch israelitische Heiligtiimer, ja nicht sogar viel hätte gefehlt, so wären auch die Bacale der Kanaaniter inIsraels Religion siegreich eingedrungen. Dass die Israelsöhnetrotzclem an ihrem mitgebrachten Jaliveglauben zäh festgehaltenIiaben, das hat ihnen ihre Eigenart und ihre Nationalität gerettetund dein Mischvolli im Hauptpunlite cloch nicht kanaaiiitisches,sondern israelitisches Gepräge gegeben. In dieser schwerstenProbe hat der Jahveglanbe init seiner sittlichen Reinheit deikanaanitischen Religion sich eridgiltig iiberlegen gezeigt.2. Dieser ganze Prozess inusste anf die kulturelle Entwiclilungdes Landes zunächst ungünstig ~virken, um so mehr, alsbald, schon vor der Königszeit, an Stelle cles friedlichen Verhältnissesder beiden Völlrer grimmiger Hass uncl bittere Feindschafttrat, eine begreifliche Polge der völligen Verschiebungder Rechts- iincl JlIachtverhältnisse zu Guiisten der Israeliten.Ein gewisser Stillstand, jaRiickschritt was unverineiillich. Nameiitlichstoclite der Verkehr mit clen Nachbarvölkern nnd daniit


7 8 Erster Teil. 11. Die Bewohner Palästinas. [W 14.auch das Eindringen fremder Kultur, das, wie wir gesehen haben,vorher in vollem Gange war. Die neuen Ansiedler mussten zunächstin die kanaanitische Kultur liineinwachsen. Erst in derZeit der ersten Könige erscheint diese Verschmelzung der Hauptsachenach vollendet.Den Anstoss zu einer lebhaften Weiterentwicklung gab, sovielwir sehen, die Regierung Salomos. Erst unter ihm wurdedas Königtum zu einer festen Regierungsform mit georclneterVerwaltung des ganzen Landes. Noch wichtiger war, dass Salomogai-iz in die Bahnen cles oriei~taliscl~enDespotisi~ius einlenkte.Dass er dabei mit den immerhin sehr besclieicleneii Mitteln seinesStaates nicht rechnete, war allercling! fiir den Bestand seinerHerrscliaft, wie fiir das Land selber von unheilvollen Folgen.Darum bleibt ihm aber cloch das Verdienst, dass er es verstandenhat, die „Dämonen der Wüste und der Anarchie zu bannen undsie in den Dienst cler Kultur und des Staates zu zwingeil" (WELL-HAUSEX).Es ist vorzugsweise pliönicische iiilcl iigjrptische Kultur, dienun in grossern Masse in das Land eindringt.Mit den Pli ö 11 ici e rn sclieint schon früher der friedlicheHandelsverkehr wieder aufgenoiiiinen worden zu sein. Ihr Einflussmachte sich auf die benachbarten Stämme sehr stark geltend.Issachar unterrvarf sich geraclezn der phöiiicischen Oberhoheit(Gen 49 ic f.), auch Sebulon und Naphtali scheinen sich mehr anPhöiiicieii als an ihre Volksgenossen angeschlossen zu haben. Einausserordentlich reger Haiidelsverkehr verbreitete die Erzeugnissephönicischer Kultur über das ganze Riniienlarid (s. 5 34).Wie sehr die israelitische Kunst uiicl Industrie von clen Phöiliciernabhängig viar, zeigt die Verwendung phönicischer Baiileute undKünstler bei den Bauten Davids und Salonios. Die vielfache Verbinclungbeider Völker wurde noch enger dnrch die VermählungAhabs init der tyrischeii Prinzessin Isebel, \voclurch wie es scheintauch dem Eindringen fremcler religiöser Vorstellungen Vorschubgeleistet wurde. Werin trotz des ,Bruderbundesl (Am 112) diePropheten ihren heftigen Zorn über Tyrus auslassen, so hat daszu einem guten Seil seinen Gruncl in der Erkenntniss, dass diesestarke Beeinflussnng der israelitischen Kultur von Phönicien herseine grossen Scl-iattenseiten hatte (vgl. 5 26).Nicht so auffallend tritt uns der Ei~~Auss der ägyptischenKultur entgegen. Wir erfahren, dass Salorno freundliche Be-


D 14.1 Entwicklung der israelitischen Kultur in Palästina. 7 9ziehungeii zu Aegypten anknüpfte und eine Tochter des Pharaozur Frau bekam (I Reg 3 i 9 isf.). Es ist nicht unwahrscheinlich,dass dies neben anderem zu den Bauten uiid dei ganzenPrachtentfaltung des salomonischei~ Hofes Veranlassung gab.Weiter trieb Salomo einen offenbar einträglichen Handel mitägyptischen IKriegswagen und Pferden (I Reg 10 zsf.). Nehmeiiwir dazu cleii Eroberungszug des Sisak gegen Juda (I Reg 1425f.)und das wieclerliolte Eingreifen Aegyptens in die Politili derspäteren judäischen Könige, so sind wir zu der Annahme bereclitigt,dass auch zn den Israeliten, wie vorher zu den Kanaaniterninanclies Stück ägyptischer Gesittung gedrungen ist. In nochhöherem Grade gilt das dann allerdings fiir die griechisch-röniischeZeit, wo in1 ganzen dritten vorchristlichen Jahrhundert Palästinazii Aegypteii gehörte.In noch frühere Zeit reichen eilcllich die Spuren cles aramäischenbzw. nordsgrischen Einflusses. Nacli der Vätersageist Israel sich stets seiner nahen Verwandtschaft mit denAramäern bewusst geblieben. Von den Zeiten dei Einwanderungim Ostjorclanland an waren aber die Aramäer gefährliche Grenznachbarnfür die Israeliten, mit denen sie in stetem Kampf lagen.Unter David wurden dann die Araniäer und das Reich der Hetitertributpflichtig; die Erzeugnisse der nordsyrischen Kunst:goldene Schilde, Erz in grosser Menge, goldene, silberne uacleherne Geräthe von den Aramäern uiid Hetitern kamen so iiachJerusalem (I Sam 8 7-10). Das Libanonwaldhaus Salomos scheintnach iiordsyrischern Stil eingerichtet gewesen zu sein. KönigAhas von Juda liess sich iiach damasceniscliem RiIuster einenAltar für den Tempel in Jerusalein anfertigen. Ueber den Handelnlit Damaskus s. s 34. In clen Augen der Propheten faricldie eindringende damascenische Sitte keine Gnade (Am 3 12 6 4).Neben der Kunst ist es liauptsächlich die Sprache, die schon frühearamäisclie Beeinflussung zeigt.Seit der Eroberung von I>amaslrus durcli Tiglatpileser i. J.732 spielte Assyrien die Hauptrolle in Syrien. Nach der Vernichtungdes Nordreichs geriet auch .Juda in vollständige~ Untertanenverhältnisszu den Assyrern. Es war nur eine folgerichtigeDurchführung des völligen Anschlusses an das assyrische Reich,wenn unter Manasse der Kultus der assyrischen Götter in denTempel zu Jerusalem eingeführt wurde. Damit drang zugleichbabylonisch-assyrische Mythologie und Spelzulabion ein, aber auch


8 0 Erster Teil. 11. Die Bewohner Palästinas. TB 14-gewiss noch manche andere Elemente des babylonisch-assyrischenLebens. Hier fehlen uns freilich die Nachrichten, dies im Einzelnenaufzuzeigen. Nur ein Beleg wäre vielleicht anzuführen : dieSonnenuhr des Ahas (I1 Reg 20 9-11), wenn HERODOT (I1109)Recht hat, dass die Sonnenuhren eine Erfindung der Babylonierseien (vgl. 5 30).Die Wirkung dieses reichen Einströmens der orientalischenKultur war bedeutend. „Der nähere Verkehr mit dem Auslanderweiterte den geistigen Horizont des Volkes uncl vertiefte zugleichdas Eewusstsein seiner Eigentiin~liclikeit" (WELLHAUSEN).Dabei änderte sich rasch clie ganze Lebensweise des Volkes. DeinEeispiel seiner Könige folgend lernte es mit Eifer iind GewinnHandel treiben. Der allgemeine Wohlstancl hob sich, die Unternehnlungslusterwachte mit cler erstarkenden Kraft. So manchesgrosse Bauwerk aus der Königszeit zeigt, dass der Fortschrittaiich den1 gemeinen \Voll1 zu gute kam.Freilich noch deutlicher treten uns aus clen Berichten jenerZeiten die Schattenseiten dieser Umwälzung entgegen: die alteEinfachheit der Sitten, wie sie von den Vätern überkommen war,verschwand. Auch den Luxus ihrer Könige ahmten die Grosseilund Reichen nach. Bis in clen Tempel drang die Verfeinerungder Sitten (Jer 6 20). Uncl das war kein Segen, wie die Strafredencler Propheten zeigen. &fit der alten Sitte fiel die altesoziale Einheit. Schroff standen sich jetzt arm uncl reich, hochund niedrig gegenüber (s. 5 25).3. Der Untergang der beiden Reiche Israel und Juda schienzunächst auch das Ende einer selbständigen israelitischen IculturZU sein. Dass Israel dennoch seine Volksesistenz und damit seineeigenartige Knltur rettete, verdankte es auch jetzt wieder in ersterLinie der Kraft des religiösen Gedankens, die in iliiii lebte. Obdiese auch bei völliger Zerstreuung des Vollis dazu ausgereichthätte, inag fraglich erscheinen; eine gliiclrliche Fiigung war esjedenfalls, dass die Deportirten familien- und geschlecliterweisebei einander wolinen blieben.Trotzdeni kann man sich die TVirlrungeil der Deportationkaum gross genug vorstellen. Die ganze Kultur cler Israelitentragt nach clem Exil einen wesentlicli anderen Charakter. DasVolk Israel war untergegangen, die Religionsgemeinde derJuden kehrte zurücls. Der Zweck, den die Massregel cler Deportationhaben sollte, war erreicht: das Nationalbewusstsein war


W 14.1Entwicklung cler israelitischen Kultur in Palästina..-81verschwunden. An seine Stelle war das religiöse getreten. Ausdem Nationalstaat wurde die Hierokratie. Damit war der Grunclzugder neuen Verhältnisse gegeben; sehr rasch inachte sich eineallgemeine vollständige Verschiebung der Interessen uncl derWertung cler einzelnen Lebensgebiete geltend.Im beherrschenden &/littelpunlit stand nunmehr die Religion.Schon im alten Israel sehen wir, dass wie bei den Anfängen allerKultur so auch hier die religiösen Gedanken, die Vorstellungenvon der Gottheit, das Bestreben ihr zu dienen clen ganzen IJinlrreisdes Lebens regieren und dainit geradezu die Formen derKultur erzeugen. Allein dies geschah, wenn der Ausdruck erlaubtist, in unreflektirter , naturwiichsiger Weise : die bürgerlichenEinrichtungen erscheinen als natürlicher Ausflnss derieligiösen TTorstellungen ; die Uebereinstimmung zwischen Volksglaubenund Volkssitte ist einfach von Anfang an da, man branchtsie iiicht künstlich herzustellen. Anders in der neuen Jiidengemeinde.Die Vollissitte und die religiösen Vorstelliingen wenigstenscler geistigen Führer cles Volks waren gegeii Ende derKönigszeit allmählich weit auseina~idergegangen; zwischen deinbürgerlichen Leben, den politischen, ja auch den kultischen Einrichtungeneinerseits und den Forderungen der hoch entwickeltenreligiösen Icleen andererseits klaffte ein tiefer Riss. Eben dieserZwiespalt w~ircle von denFrommen unter denDeportirten,Männernwie Ezechiel - uncl gewiss von ihrem Standpunlrt aus mit Recht- als die Quelle alles Unheils einpfunden. Darum galt es jetztnach der Rücldrehr wieder beides in Einklang zu bringen undnicht etwa bloss die gottesdienstlicheii Formen l, sondern die ganzeKultur künstlich nach clen giltigen religiösen Gedanken iiinziimodeln,die religiösen Gesetze init Scharfsinn, ja Spitzfindigkeitauf allen Gebieten cles bürgerlichen Lebens anziixvenclen unclcl~irchzufüh~en.Ein dreifaches hauptsächlich war clie Folge davon:1) Die aiisserordentliche Einseitigkeit cler jiidisclieilKu1 tur. Allgemeines Bil(1uiigsideal wurde : im Gesetz theoretischund praktisch gebildet zu sein. Für die Eiitwiclilung einer clavoiiunabhängigen, selbständigen IVissenschaft and Kunst war jetztkein Platz inehr vorhanden. In dieser Einseitigkeit lag clie Beschriinktheit,aber auch die Kraft des Judentiiins; an diesemEs wäre ganz falsch das Werlr eines Ezechiel, eines Ezra rind Neliemiaauf eine Reforni des Kultus zu bescliräillten.B eiiziug er, EIebiaisclie Archdologie.6


8 2 Erster Teil. 11. Die Bewohner Palästinas. [D 14.jüdischen Ge~etzeseife~ ist der Ansturm der römisclien Waffengewaltund der griechischen Geistesniacht zerschellt.2) Die Veräusserlichung der Religion. Religion warGesetz, aber nicht das Sittengesetz in seiner erhabenen Grösse,sondern als Sumine von kleinlichen und peinlichen Satzungeii.Gehorsam gegen dieses Gesetz machte den froininen Juden. Dassals eine Art Reaktion hiegegen bei denen, die iiber diese Pröinmigkeitreflektirten und in ihr nicht die Befriedigung des Herzensfanden, die Religion zu einer Art Philosophie, der ,Weisheitt,wurde (vgl. z. B. das Buch Kolielet), oder bei anderen an Gefühlstiefeund Innerlichkeit gewann (vgl. viele Psalmen), war die Folgedes mehr und inehr auch auf diesem Gebiet aiifliommenden Iiidividualismus,bestätigt aber nur die Tatsache der allgeineinenVeräusserlichung cler Frömmigkeit.3) Die Exklusivität des Judentums, die sich rasch entwickelte,das bewusste Sich-Abschliessen gegen jedes Eiilclringeilfremden Geistes, fremder Kultur.Aber alle Eslilusivität hat nicht hindern können, dass auchfernerhin, noch mehr fast als bisher, die Entwicklung der jüclisciienKultiir unter dem Einfluss der so verachteten Heidenvölker sichvollzog. Nicht zuin mindesten war das gerade a~if dem an äagstlichstengehiiteten Gebiet der Religioil der Fall, wo clie Einflüssebabylonischer und persischer Mythologie nie mehr sich habenauswischen lassen, ja durch Verniittlung des Judeiitunis sogar indas Christentum eingedrungen sind. Ebenso war es auf clen iibrigenGebieten des öfferitliclien und privaten Lebens. Es konnteja gar nicht anders sein, als dass clie Juden wälirend ihres Auf-.enthalts inmitten der hochgebilcleten babylonischen Bevölkerungvieles uiicl wichtiges von dieser annahmen und auch nach derersten Riickkehr von Exulanteii ins Heimatland blieben clie ,Jndäerin Juda noch mit tausend Fäden an das gehasste Land geknüpft;was sie dort erlernt hatten, blieb ihr geistiges Eigentum.Als Beleg dafür braucht nur anf Masse, Gewichte undZeitrechnnng der Juden nach dem Exil hingewiesen zu werden.Judäa war dann eine peisische Provinz, unter persischenSatrapen genrorden. Damit war cler enge Anscliluss an die persischeKultur gegeben. Es ist erklärlich, dass besonders in denDingen des Staats- und Reclitslebens diese Abhangigkeit hervortrat:die Verwaltung war persisch, es wurde nach den Regierungsjahrenpersischer Könige gerechnet, persisches Geld (Darilien)


3 14.1 Entwiclrlung der israelitischen Kultur in Palästina. 83war im allgenieinen Umlauf (I Chr 29 7), persische Worte fandeilA~ifnahme in die Sprache.Vielleicht das Merlrwürdigste an der nachexilischen Entwicklungist das Ueberhandnehinen des aramäi-@schen Einflusses. Das exklusive Juclenvollr nimmtdie aramäische Sprache an. Heilige Sprache undprofane Sprache treten jetzt in einen Gegensatz zueiiiancler. Dies ist cler vollgiltige Beweis clafiir, dassdie Empfindung für iiationale Aufgaben den Juden F::il:ta!everlorengegangen war.Durch Alexancler cl.Gr. wurde Syrien in den Umkreis seinesWeltreichs ~ ~ damit n d in den Bereich der hellenischen Kulturhiiieingezogeii. Leistete auch der religiöse Eifer auf dem Gebietdes Kultus erfolgreichen Widerstaiid, so fanden sonst die hellenistischenKulturbestrebungen in den massgebenden Kreisen desVolks mächtige Pörderiiiig. Auch hier liat sich der Bellenismusals eine Kulturmacht, clie sich auf alle Lebensgebiete erstreckt,bewiesen. „Die Organisation der Staatsverfassung, Rechtspflegeund Verwaltung, öffentliche Einrichtungen, Kunst undTVissenschaft, Handel und Industrie, die Gewohnheiten des täglichenLebens bis herab auf Mode und Putz : alles hat er eigeiitiimlicligestaltet und damit dem ganzen Leben den Stempel desgriechischen Geistes aufgeprägtu (SCHURER). Die einzelnen Stadiendieses Hergangs lassen sich nicht mehr verfolgen.Aber trotzdem hat schliesslich die jiidische ExklusiviSät ingewissem Sinn cleil Sieg behalten. Die Reaktion des ächt Nationalenist niclit ausgeblieben, und der ganze Hellenisnius auf jüdischemBoden war doch nicht viel mehr als ein Firniss; die Judenzu eiltsemitisiren ist ihm nie gelungen, die Juden sind anch unterseiner Herrschaft uncl für alle Folgezeit Juden geblieben.Pig. 17. Münze von Askalou (Originalgrösse).


84 Zweiter Teil. I. Nahrung, Kleidung lind Wohnung. [§ 15-Zweiter Teil.Kap. I.Nahrung, Kleicliimzg und Wohnung.5 15. Die Nahrung.Wohl an keinein Punkt ist clie Abhängigkeit derVollrssittenvon der Landesnatur so unmittelbar in die Augen spriiigencl, wiebei cler Ernährung. Was das Lancl gewährt, clas istVolksnahrung.Durch Handel beschaffte Produlite anderer Länder kommen beiden alten Israeliten so gut wie gar nicht in Betracht; clas eigeneLand bot in gerade hinreichendem Masse was zum Lebensunterhaltnötig war. - Die Nahrung der alten Israeliten war sehr einfachund bescheiden. Brot und Milch war die tägliche Kost,Fleisch die Festtagsspeise fiir arm und reich. Nicht andersleben noch heute die Beduinen und Fellachen Syriens.1. Das Brot wurcle gewöhnlich aus Weizenrnehl gebacken;doch scheint das Gerstenbrot nicht so ganz selten gewesen zusein (Jdc 7 13 I1 Reg 4 42 EZ 4 9 Joh Ci 9 131, wenn es auchwie bei den Römern und Griechen und noch jetzt im Orientals geringwertig gelten mochte. Die Zubereitnng des Brotes istbis heute in1 Orient unverändert geblieben. Tag für Tag wirdder Bedarf an Brot frisch gebacken und das Mehl clazu frischgemahlen. Noch vor Sonnenaufgang (vgl. Prv 31 15) ertönt ineinem arabischen Dorf vor jedem Haus das widerwärtige Geräuschder Handmühlen, auf denen die Frauen das IAIelil fertiggemahlen haben, bis die Männer sich erheben.Die primitivste Art der Verbleinerung der Getrei~leliö~iierwar das Zerstossen in einer Art Mörser (nzecl(jkh6h NLI 11 8).Später blieb dies wohl nur in Uebung für Herstellung der grobenGriitze (Prv 27 22 I1 Sam 17 19). Das feine Melil w~~rcle, wie


Die Nahrung.bei Griechen und Römcrn, auf der Handmühle {~.&chc!jim, fechhit;arab. mJ2672) geinahlen. Die alte wie die iiioderne Handmühle(Fig. 19 n) besteht aus zwei runden Steinen (jelc~ch): der unterefeststehende Stein (6) ist gewölbt; der obere Stein (C) ist ausgehöhltund dreht sich um einen Zapfen, daher sein Naine der ,Wagenc(iekhebh Jdc 9 53 Dt 24 G). Die schwere Arbeit des Mahleils fielclen Weibern und Slilavinnen zii (Ex 11 5 Jes 47 2 Matth 24 4i),aiicli wohl Gefangenen und Slilaven (Jdc 1621 Thren 5 13). Erstin spiiterer Zeit hatten die Jiideii Miihlen, die von Eseln getriebenwurden (pGAos 6 ~ ~ Matth x 6 ~ 18 G).Das Mehl [~emncJQ wiirde in einein Iiölzerneii Backtrog(n7isch'e?.ell~) zuni Brotteig [bci~t?&) geknetet und mit Sauerteig{se'd~ig gesauert. Das Sauern uiiterblieb vielfach, so wenn maneilig backen musste (Ex 12 34 39 Gen 19 3 I Sam 28 24 U. a.),uncl jedenfalls ain ,Fest der ungesäuerten Brote' (Ex 12 isff.U. a.). Ebenso durften zum Opfer nur ungesäuerte Brote (71rn:ss6th)verwendet werden (Ex 23 1s Lcv 2 ii U. a.). Dieser Gebraiiclides ungesäuerten Brotes ist ein Rest cler alten Nomadeiisitte;die Bed~~inen essen ineist uiigesiiuertes Erot. Nocl~ deii späterenJuden galt der Sauerteig als unrein (Ex 23 1s Matth 166-12 Ga1 5 9I Kor 5 7).Aus dem Teig wurden mit der Hand dünne, runde, fladenoderscheibenartiqe Brotliucheii ('uggdh, kikka?. Zechen&) geformt.Das Backen geschah auf verschiedene Art. Das einfachste, nochheute bei den Beduinen beliebte Verfahren ist folgendes: manbreitet eine Menge lileiner Steine im Kreise aus und zündet überihnen ein Feuer an. Sind die Steine hinreichend erhitzt, so wirddas Feuer weggeräumt, cler Teig auf die heissen Steine gelegt,mit gliiliender Asche bedeckt und so rasch gebackeni. Daneben' Ebenso beschreibt EPIPHANIUS (DE LAGARDE, Synlinicta J1 188) dasBacken der 'tcggoth und erklärt die Uebersetzung der LXX (Eyxpoyia:) voilz,Verborgen sein' (api>nrcc8.u~) der Kuchen unter der Asche. Sachlich stimmt


8 6 Zweit,er Teil. I. Nahrung, Kleidung und Wohnung. [§ 15.sind bei den Hebräern wie bei den Beduinen eiserne Platten(nzachflbhnth Lev 2 5 I Chr 9 31 U. a.) im Gebrauch. Endlich durfteFig. 20. Platte zum Backen.beim sesshaften Hebräer ein eigentlicher Backofeil (tcclztztir) inkeinen1 Hause fehlen; auch dieser von denkbar einfachster Formwie pihiir~ ixncl tanntii. der heutigenFellachen. Der $d64?z (Pig. 21und 22) besteht aus einer umgekehrtüber kleine Steine gestülptenLehmschüssel , die oben eine Oeffniinginit Deckel hat. Rundlieriiinwird Mist gehäuft und angeziindet l,Die Brote werden auf die erhitztenkleinen Steine gelegt. DerFig. 21 U. 22.Moderner Baclrofen (tclOGn). tclwzzir (Fig. 23-25) ist ein freistehenderLehmcylinder mit einerOeffnung oben und einem Schürloch unteii. Ist er durch ein innendamit iiberein die Wiedergabe in derVulgata mit ,pauk subcinerarius'. Vielleichtist auch 'zcggath re&~7&irn (IReg19~) als ,ein auf Glülisteinen gebackenerFladen' zu erklären. Vgl. BURCKHARDT, Bemerkungen 46.Das Mistfeuer wird immer wieder erneuert, so dass der Ofen wochenlangbrennt.


5 15.3 Die Nahrung. 87angezündetes Mistfeuer erhitzt, so werden die Fladen an die Wanclgeklebt ocler auf einerThonplatte, die aufclem Feuer liegt, gebacken..Die so bereitetenBrotfladen bilden,wenigstens solange sie ganz frischsincl, ein gar nichtübel sclimeckenclesGebäck. Sie werclennicht mit dem Messerzerschnitten, sondernmit der Eiand gebroclien(vgl. Jes 58 7U. 0.).Wollte man sichclie Zeit zum Backennicht nehmen, sogab es noch eine einfachereArt, das Getreidegeniessbar zumachen: man röstetedie Körner, ein Gebrauch,der aus altesterZeit sich erhaltenhat, wo man nochnicht zu mahlen und zu backen verstand.Noch heute ist clies in der Ernte(vgl. Ruth 2 14 Lev 23 14) eine beliebteSpeise: man röstet die vollen Aehrenan einem kleinen Feuer, zerreibt sie mitder Hand und bläst die Spreu weg. Beiden Hebräern wurden diese Sangen(kdli) das ganze Jahr gegessen ; für denReisenden bildeten sie einen bequemiriitzuführenden Proviant (I Sain 17 1723-25. Moderne Backöfen(tannd1;).25 1s 11 Sam 17 2s).2. Neben dem Brot steht als zweites Hauptnahrnngsmittel


8 8 Zweiter Teil. I. Nahrung, ICleidung und Woliuung. [s 15.clie Milch und was aus ilir bereitet wurcle, Butter und Käse.Bildet doch für cleii Becluinen die Milch seiner Herde in niancheiiGegenden zeitenweise fast clie einzige Speise. Vielfach schiitzter noch heute das selteneTirasser, das seinTieh notwendig braucht,fiir kostbarer als die Milch, clie er iinueberfluss hat, und bietet cleiiiWasser heischenclen Gast statt desseii lieber die Milchschde (Jclc4 19). Die Cliaraliteristili Palästinas als eines Landes „wo Milcliund Honig fliesst" verrät äcliten Bedninengescliinack. Darin hatdie Ansiedelnng der Israeliten nicht viel geändert, denn noclilange behielten sie ihre Vorliebe für Viehzucht. Noch gegenwärtigist die &iilch die wesentliche Nahrung der Fellachen;saure Nilcli darf bei einer Mahlzeit lraum felileii (vgl. Gen 18 3).Es wircl sowohl Kuh- als Schaf- und Ziegeilinilch genossen(Dt 32 14 Prv 27 U), seltener natiirlich bei clen ailsässigen Israelitenclie Kamelsmilch. Als Getränke diente clie dünnflüssigeMilcli (chdldbh) und zmrar meist saure Milch, welclie den Durstvorzüglich löscht. In dem heissen Kliina belioninit clie Milcliselir bald nacli dem Melkeii einen säuerlichen Gesclimacli. IinUnterscliierl hievon bezeichnet cl~em'dh die cliclre Jlilch, den Raliinsowohl, als aucli die Butter, menigsteiis hat clie hebräische Sprachekein besoncleres Wort fiir Batterl. Die JIilcli ~vurcle wie clasWasser im Schlauch aufbewahrt (Jclc 419) ; ebenso gescliah die Zubereitungcler Butter wie heute durcli Schiitteln in einen1 Ziegeiischlauch(Prv 30 33). Die jetzigen Araber koiisuiliireil ausserorclentlichviel Butter, sowolil frische als zerlassene'. Nacli derNiederlassung in ITanaan inag das Oliveilöl vielfach die zerlasseneButter verdrängt haben. Endlich war auch die Bereitung vonKäse (gebhindh Hi 1010) den Hebräern wohl bekannt, jedeiifallsin der einfachsteil Art der heutige11 Zubereitung, wobei clie geronneneMilcli geseit, die Masse (der Q~iark) mit Salz verinisclit,zu kleinen liandgrossen Laibchen geknetet uiicl an cler Luft getrocknetwird. Mit Wasser angerührt gibt dieser Käse ein angenehmeskühlendes Getränk3. Ob mit schephot/h hcihfir (I1 Sani1729, nach den hebräischen Auslegern ,KuhkäseC) und c/t~@i2chcildbl~ (I Sam 17 is Käseschnitteil) besonclere Sorten von Käse,Jes 7 15 22 erscheint c7~eli.~'U7~ als Nahrung für kleine IZinder und bedeutethier entschieden den edelsten Teil der DIilcli, den Ralim.Nach STRABO XVI 781 musste Aelins Gallus auf seinen? Zug insInnere Arabiens statt des Oeles der Butter sich bedienen.BURCKHARDT, Reisen 647; NIRBUHR, Reisen 11 373.


0 1-5.1 Die Nahrung. 8 9etwa mit letzterem eine Art frischen Süssniilchkäses, bezeichnetwerden sollen, lässt sich nicht entscheiden.3. F 1 e i s c h war bei den alten Israeliten uncl ist iioch lieutebei clen Fellaclien und Beduinen eine Pesttagsspeise. Ein Tierder Herde wnrde nur an Festtagen, bei hohen FainilieaereignisseriU. dgl. geschlachtet, oder wenn ein vornehmer Manii zu Gaste war,den nian besoiiders ehren wollte (Gen 187).Jedes Sclilachteiiwar zugleich ein Opfern. Heutzutage wird in Syrieii beinahe ausschliesslichSchaffleiscli genossen, die ärinered Rlasseil begniigeilsicli mit dem Fleiscli der Ziegen; das Rind wircl fast nur imLibanon geschlachtet. Aelinlich mögen wohl auch die alten Veihaltnissegewesen sein, wenigstens was das gemeine Volli betrifft(Jclc G 19 I Sani 16 20); cloch xvusste inan clen Wert eines Mastkalbesoder eines schönen Ocliseii recht molil zu miirdigen (Gen 1871 Sam 14 32 28 21 U. a.).Die gewölinliche Z~ibereituiig des Fleisches iii alter Zeitscheint das Kochen (vgl. noch Lev 6 21 I1 Chi 30 i3) gewesen zusein, deslialb kam clas Fleisch auch gel~ocht auf den Tisch Jahves(Jdc 6 19 I Sam 2 13); nur das ,Passahlamin' wurde Ton jehergebraten. Doch ass gewiss schon frühe mancher wie clie bösenBuben Elis (I Sain 2 15) lieber gebratenes als gekochtes Fleisch.ImVerlauf der Zeit scheint clanii clas Braten überhaupt inehr Sittegeworden zu sein. Der heutige Beduine liocht ein Zicklein oderLamm mit Kamelsmilch ~ md geschrotetem Weizen, jecler Bisseiiwird in gescliinolzenes Fett eingetnnlrt, ehe iilaii ihn zuin AIui-ideführt. Wird ein Kamel geschlachtet, so wird clie Hiilfte desFleisches geliocht, clie andere gebraten l. Das bei den Arabernnoch heute übliche Kochen der jungen Tiere (Lämmer, Böclichen)in (saurer) Milch wird für die alten Hebräer belegt durch clasVerbot, das Böclrchen nicht in der Milch seiner Mutter zii kochen(Ex 2319). Das Braten geschali gewöhnlich, wie im gailzeii Altertum,an der offenen Glut. Dass Rebekka clas Fleisch eines Ziegen-böckchens wildpretartig zuzuricliten weiss (Gen 27 cfl'.), zeigtimmerhin bei den Alten eine gewisse Kunstfertiglreit iii cler Zubereitungdes Fleisches.Da die alten Juden keine grossen Jäger waren, war TVildpretetwas selteneres, das der lröniglichen Tafel zulram (I Reg 5 3).Von Geflügel wurde, wie es scheint, in alter Zeit clie Ta~ibe ge-' BURCKIIARDT, Benierliungen 50.


9 0 Ziveiter Teil. I. Nahrung, Kleidung undTVohnung. r8 15.gessen; die Bedeutung der Ucu-b'li~Zt~~ (I Reg 5 3; der Ueberlieferungnach ,Geflügelt) ist nicht sicher.4. Zum Brot hatten die Israeliten, sobald sie einmal Aclrerbauund Gartenkultur erlernt hatten, reichliche Zukost an deiiverschiedenen P r ü C h t e n und G e in ü s e n , welche clas Landtrug. Namentlich sind es die Gurkenarten (Gurke und Melone),welche noch heutigen Tages eine wichtige Rolle in der Ernährungcles Volks spielen (Jes 1 s I1 Reg 4 39); Linsen und Bohnengalten als wohlschmeckende Speisen (Gen 25 29 ff. I1 Sam 1728).Trauben und Feigen wurden sowohl frisch als getrocknet genossen.Schon friihe wurde getrocknetes Obst zu einer festen Masse iaK~~cheriform zusammengepresst; so war es bequem aufzubet~ahreiaund zu transportireii (.yirnuizi. Rosinenkiichen, cleU/z&lbh Feigenkuchen,[cuji.y Obstkuchen, vielleicht Dattelkuchen I Sam 25 1s30 12 I1 San1 16 i I Chi 1240). Damit ist die hentige Beliaiicllungder Aprikosen in der Gegend von Damaslrus zu vergleichen:die Früchte werden getrocknet, zu einer Masse verstampft undganz dünne, rotbraune Tafeln (kanzi~eclrlz"?h genannt) darausgeformt, die sich wie Leder aufrollen lassen. Sehr viel wurdendie Oliven als Zukost verspeist, sowohl roh als irgend wie eingemacht.Heutzutage werden dieselben vor dem Essen meist inSalzwasser eingelegt. Zwiebel, Lauch lind Knoblauch galt denalten Israeliten als unentbehrliche Würze des Mahls und Zukostzum Brot (Num 11 5). Die häufige Erwähnung cles Knoblauchsim Talmud und nicht niinder der Spott der Griechen und Römerüber die ,stinkenden' Juden (AM~IIAN. MARCELL. 22 5) beweisen,dass sie dieser ihrer Liebhaberei allezeit getreu geblieben sind.Wenn Palästina als ein Land „wo Milch und Honig fliesst"gerühmt wird (Ex 3 s U. ö.), so lässt das schliessen, dass wiedem heutigen Orientalen so auch dem alten Israeliten Honigeine Lieblingsspeise war (I Sam 14 27 11 Sam 172s Jdc 14 sU. a.), sowohl der Honig wilder Bienen (s. S. 40; hebr. debhclsch;nophelh .y'lip/titn ,Honigseim', der von selbst aus den Wabenfliessende Honig), als der Früchtehonig (clebl~asch). Der Honigwurde fiir sich allein genossen (s. die angeführten Stellen), galtals vorzügliche Nahrung für Icincler (Jes 715 vgl. Prv 24 13),gestattete aber auch sonst eine mannigfaltige Verwenclung durchVgl. für das Stillen der entwöhnten Kinder mit Honig bei den altenArabern TVELLI-IAUSEN, Skizzen und Vorarb. 111 155.


5 15.1 Die Nahrung. 91Beimischung zuin Gebäck (Ex 16 31) oder zum Getränke (s. U.).Er vertrat die Stelle des Zuckers bei den Alten und war dahersehr geschätzt (I Sam 1425ff. Jer 41 s PS 1911 Prv 16 24). DerHonig Palästinas ist ausserordentlich aromatisch. Der priicl:tehonig(arab. dibs) wird durch Einkochen von Fruchtsaft zu Syriipbereitet. JOSEPHUS erwähnt den Dattelhonig als an Güte nichtviel hinter dem Bienenhonig zuriickstehend (Bell. Jucl. IV 8 3). Amhäufigsten wird heute Traubenhonig eingekocht (3 Zentner Trauberigeben 1 Zentner Honig) l. Solcher Prüchtehonig, besondersTraubenhonig, dürfte überall da gemeint sein, wo der Honig alsspecifisches Landesprodukt nnd Ausfuhrartikel von Palästina erscheint(Gen 43 ii Ez 27 i7).Auch die Fis c h e dürfen unter die Nahrungsmittel cler Israelitengezählt werden, obwohl im A. T. (ausser Niim 11 cf.) für diealte Zeit das Essen der Fische nicht direkt erwähnt wird. Siewaren wohl zunächst eine Zukost für die Aermeren (wie inEgypten)und jedenfalls nur fiir die Anwohner der fischreichen Gewässer.Erst später, nanientlich nach dein Exil, mit fortschreitenderKochkunst spielten sie eine grössere Rolle (s. LI.).Endlich sind als eine Speise der Armen noch clie Heusc h r e c k e n genannt (Lev 1122 Matth 3 4 Marc l e). Dieheutigen Beduinen Arabiens, auch des Ostjordanlandes, essen vielHeuschrecken, sowohl geröstet als gekocht oder zu Mehl vermahlenund zu Kuchen verbacken. In Arabien werden sie aufdem Markte verliauft. Sie sollen gar nicht übel sclimeclien. Beiden Israeliten ist auch diese Sitte ein Rest alter Gewohnheit ausdem Nomadenleben.5. Für clie schmackhafte Zubereitung der Speisen kam vorallem das S a 1 z (kelaclQ in Betracht. Es war die unentbehrlicheWürze des Mahls (Hi 6 G). ,Das Salz eines Mannes essen' warsoviel als ,sein Brot essen' (Ezr 414) ; Salz essen mit Einem (als Bildeines genieinsamen Mahles) hiess Freundschaft mit ihm schliessen,und solcher ,SalzbiindL galt als unverbriichlich (Nuin 18 19I1 Chr 135 vgl. Lev 2 13). Noch jetzt betrachten die Araberdenjenigen, der mit ihnen Brot oder Salz gegessen hat, als ihrenGastfreund und Schützling2. Selbstverständlich mussten auch alleSpeisen, die auf den Tisch der Gottheit kamen, gesalzen sein(Lev 2 13). SO wurde das Salz später zu einem sehr wichtigenBURCKHARDT, Reisen I S. 262.NIEBUHR, Beschreibung S. 48. ROSENM~LLER, Morgenland I1 160.


9 2 Zweiter Teil. I. Nahrung, Kleidung undTJTohnung. [§ 15,Opfergegenstand (Ezr 6 9 7 22; JOSEPHDS Ant. XI1 S. 140), zudessen Aufbewahrung sicli iin zweiten Tempel eine besoiidereSalzkammer befand. - Das Salz gewannen die Hebräer ohne alleMühe aus dem Toten Meer, teils aus Salzgruben und Lachen, inclenen die Sole verdunstete (Ez 47 ii Seph 2 o), teils vom DschebelUsduin (8. 25). Nur clieses ,Sodomitische Salzt durfte späterbeim Opfer gebraucht werden. - Von cler Verwendung anderervom Ausland bezogener Gewürze bei den Speisen hören wir inder alten Zeit nichts; iiber die Bereitung c1esWürzweiils s. U.Einen ausgedehnten Gebrauch beim Kochen fand das Oel,das allmählich nach der Ansiedliing die Eutter verdrängte. Dieheutige arabische Küche liebt ausserordentlich fette Speisen, allesmuss in Oe1 schwimmen; die Beduinen iibergiesseii statt clesseiiihre Speisen, auch clas Brot, mit zerlassener Butter I. Aeliriliclischeint die hebräische Kiiche beschaffen gewesen zu sein (Ez 16 13I Reg 5 25). Auch clie Speisen, welche auf den Tisch Gotteskamen, waren mit Oe1 zubereitet (abgesehen von Ansiiahmefälleiiim späteren Gesetz Lev 5 ii Nuin 5 15). Die Vorschrifteii liierüberzeigen uns die vielfache Verwendung des Oels beiiii Backwerk(s. U.).G. Die heutigen Beduinen iiiid Fellachen sind trotz oderbesser gerade wegen cler Einfachheit und Einföriniglieit ihrerNalirung grosse Freunde von Lc ckerbiss eil jeder Art, naiileiitlichvon Süssigkeit en. Dass auch die alten Hebräer liiefürSinn hatten, beweisen die zahlreichen Kiicheiiarten, clie in1 A. T.erwähnt sind. Dein geehrten Gast werden statt des gewöliiilichengroben Brotes Semineln aus feineinXTeizeiiineh1 (_sdZethl) vorgesetzt(Gen 18 G), der kranke Königssolin erbittet sich ein leckeresMahl, eine Art Pfannkuchen oder Pudding, von der Hand derim Kochen gewandten Prinzessin bereitet (11 Sam 13 cff.). Manbuck Rosinenlruchen~~ac~~iscl~dh Hos 3 I I1 Sain 6 ig), Honigsemmel(Ex 16 X), Oelkuchen (Num 11 s Es 29 2 LI. ö.). I>ieRolle, die sie im späteren Opfer spielten (Jer 7 is Lev 2) setztgrosse Beliebtheit im Volk voraus. Zahlreiche dieser Bezeichnungensind allerdings nicht klar, da eine genaue Beschreibungihrer Herstellung uncl Zusammensetzung nirgeiicls gegebeil ist.Die angeführten Beispiele zeigen, dass es sich um die VerwendungBURCKITARDT, Bemerkungen S. 46 ff., 194.Vgl. RITTER, Erdkunde XV 719. Ueber die nur uneigentlich so genanntenRosinen- und E'eigenkuchen s. o. S. 90.


5 15.1 Die Nahrung. 93von Frücliten, Honig, auch wohl Milch und Käse hanclelte,während die Eier clen alten Hebräern fehlten. Die meistenKuchen wurden jeclenfalls irgendwie mit Oe1 bereitet, sei es dasscler Teig selbst mit Oe1 durchmengt, oder der Kuchen in Oe1 gebackenoder gesotten, oder dass cler fertige Fladen mit Oe1 bestrichenw~~rde (Lev 2 1-7 6 14 7 12 U. a). SO hoch wie bei denalten Aegyptern war jedoch die Backlrunst bei den alten Hebräernnicht eritwiclrelt.7. In das Geschäft des Ko chens teilten sich clie niännliclienund weiblichen Hau~gliede~. Den Frauen fiel die unangenehmereHälfte zu: Mahlen des Mehles, Baclien des Brotes, Kochen derGemiise, Bereitung von Bntter und Käse U. s. m. (I San1 8 13Gen 18 6). Doch verstandauch der Mann, sich selbstein Gemiise lierzurichten(Gen 25 zg), jedenfalls wares auch vornehnzen Frauenkeine Schande selbst zukochen. Es wird sogar vonder königlichen PriiizessinThamar erzählt, dass siegewisse Speisen besondersgut zu bereiteil verstand(I1 Sam 135). Nur in grösserenStädten gab es eigeneBäclier (Hos 74). Dagegen Fig. 26. Moderne palästinensische Krüge.war,wenigstensin alter Zeit,das Schlachten, das Kochen und Braten des Fleisches Sache derMänner (Gen 18 7 I Sam 9 23 2 14f.). Ebenso ist es noch heutebei clen Beduiiien und Fellachen: die lästige Arbeit des Brotbaclreiisgehört clen Frauen, das frohe Geschäft des Fleischbratens(namentlich auch des Fleischessens !) behalten sich die Männer vor.Die Einrichtung einer hebräischen ,KücheL war höchst einfach.Zu der Handmiihle und clem Backofen kam der t,hönerneKrug {katl ?1&8os, cadus) , in clein Prauen oder Mädchen dasWasser aus cler Quelle schöpften und auf der Achsel heiiiitrngen(Gen 24 U), in clem wohl auch das Melil und anderes aufbemahrtwurde (I Reg 1712).ERAIANN, Aegypten S. 268ff.


94 Zweiter Teil. I. Nahrung, Kleidung und Wohnung. [# 15.Zum Aufbewahren der Fliissiglreiten, besonders des \TTeins,clienten wie noch heute Schläuche aus Ziegenhaut (ch&nzrt/~ Gen21 15 U. a. ; nb'cl Jclc 4 19 U. a., vgl. Rlatth 9 i7), seltener metalleneSchalen (Krüge? .rc~ppncltntl~ I Sam 26 iiff. I Reg 1712). FiirFriichte und Backwerk hatte man verschiedene Körbe (clilcl Jer24 2 ; ~nl Gen 40 17 u. a.; pne' Dt 26 2), deren Form mir nichtnäher kennen. Die Töpfe zum Kochen des Fleisches waren teilsirden, teils ehern. Die ehernen Gefgsse sind erst von denPhöniciern zu clen Hebräern geliornmeii (I Reg 7 13 ff.), habenclaher auch ähnliche Formen, wie die alten phönicisclien Geräte.Die Heiligtümer uiicl so wohl auch die I-Iäuser der Reichen wareninit solchen Geräten ziemlich reichlicl-i ausgestattet, es werdeiieine ganze Reihe solcher Töpfe, Xchiisseln und Schalen, die sichoffenbar durch Form uncl Bestiminiing unterschiecleii, aufgezählt:Izijjbi., tliccl, $ccllachn/lr, pciizir, s&ldchcih, sc~pJt, nkizt.d&, krq~l,(I Reg 7 40 so I Sain 2 1s I1 ehr 35 13). Dreizinltige Gabelnfi/2asl&g) gebrauchte man nicht zum Essen, soiiclern um das Pleiscliaus der Brühe zu heben (I Sam 2 i~), ebenso Messer fi~~cia/il~~I~?tJtJnur zum Schlachteii des Tiers uncl Zerlegen des Pleischcs in derEiche (Gen 22 6 10).8. Diese durcliaus einfache, nur clen bescheiclensten Redürfnjssengenügende Küche der alten Hebräer hat sich niit fortschreitenderKnltur ebenfalls verfeinert. Schon unter Salomoscheint die Kiiche im Hofhalt eine wichtige Rolle gespielt zuhaben (I Reg 6 2); Neheinias Forderiingeil iiehnien sich, damitvergliclien, sehr bescheiden aus (Ne11 5 1s). Auch hierin eifertendie Grossen dem König nach: sie assen ihren Braten alle Tageund schwelgteil in clen Genüssen des Mahls. Unverkennbar istcler Fortschritt cler Kochltunst, der sich in der häufigen Erwähnungvon verschiedenen Arten feinen Bacliwerlrs iin Gesetz zeigt (Lev 2;s. 0.). Das Mischen des TT'ürzweines (s. U.), das uns beinaheraffinirt erscheint, kam jedenfalls auch erst in der Königszeitauf. Nach dein Exil erfuhr dann der hebräische Tisch durch dieEinführung ganz neuer Nalirungsmittel von anderen Ländern einegrosse Bereicherung. TVahrscheinlich aus Babylonieii brachtendie Juclen die Hühner mit, deren Eier bald als gewöhnliche Speiseerscheinen (LUG 11 12). Die Tyrer führten ihre Seefische nachJerusalein zu Markt (Neh 13 ie), ein dem Fischmarkt beiiachbartesStacltthor in der Nordostecke der Alauer hiess das ,'Fischthorc(Neh 3 3 11. a). ALE Aegypten kamen eingepöclielte Fische


8 15.1 Die Nahrnug. 95(~ct~lxy), die dort einen Ausfulirartikel bildeten. Die Sitte, Fischeeinzusalzen oder in Salzlake zu legen, war in späterer Zeit sehrverbreitet, wie der Name der Stadt Taricheai am See Genezarethuiicl die häufige Erwähnung cler Salzlake in der Mischna beweist.Der auswärtige Ursprung der Sitte erhellt schon aus den Namen,1Veiter wurden in hellenischer Zeit aus Aegypten eingeführt:ägyptisches Bier (CbSoc), Senf, Kürbisse, Bohnen, Linsen; nlankaiinte in Palästina babylonischen Brei, medisches Bier, bithynischer1Käse, ausländische Spargel, persische Nüsse U. clgl. mehr- lanter schlagende Beweise, dass die Feinschmeckerei ihrenEinzng auch in der hebräischen Kiiche gehalten.9. Einmal in Kanaan ansässig geworcleii haben sich dieIsraeliten sehr schiiell an den W ein gewöhnt (jccjin, poetischcl~emei.; neuer TTTeinmost: 'ci8z"s uncl tii.dsc'?), eines der Hauptproduktedes Landes. Voin Aeissigen Weingenuss der alten BewohnerPalästinas zeugen die zahlreichen noch heute erhaltenenFelsenkeltern und nicht ininder die vieler1 alttestamentlichen Lobpreisungendes Weinstocks uncl seiner Frucht sogar in religiösenLiedern. „Der Wein erfreuet des Menschen Herz", ja selbst dieGötter (PS 104 i5 Jdc 9 13). Unentbehrlich beim frohen Mahldes Israeliten (I Sain 1 9 13 U. ö.) darf er auch auf Gottes Tischnicht fehlen (s. die Bestimmungen iiber das Trankopfer); nurdie Rekhabiten und Nasiräer enthielten sich grundsätzlich desWeingeni~sses. Das Laster der Trunkenheit ist den Hebräernkeineswegs fremd (Jes 5 22 Hos 7 5 Jer 23 9 und sehr oft).Vor dem Gebraiicl-i pflegte man den Wein durch ein Tuchzii seihen (rz;i&k&& Jes 25 G Mntth 23 34), um ihii von der Hefe ziireinigen. -- Den Wein iilit TTassei zu inischeii kani erst unterdein Einfluss der griechisch-römischen Sitte auf (I1 Makk 1539).Jes 1 22 gilt dieses Mischen als eine Ver~clilechte~ung des edlenSaftes. Dagegen liebten es die Hebräer (wie überhaupt die Alten)schon friihzeitig, den Wein duicli Zusatz von Gewürzen zu verstärkenund wohlschmeckend zu machen (.jqji?~ lidrekach Cant 8 2).Die Herstellung solchen ,TVürzweinsC ist gemeint, wo iin A. T.vom Mischen des Weines die Rede ist (Jes 5 22 PS 75 9 Prv 9 5).Die Bezeichnungen für Würzwein und Honigwein iin Talmudsind ans clem Lateinischen bzw. Griechischen entlehnt (conditum,oIvO~E~L), ein Beweis, dass diese Sitte wesentlich unterfrenidenEin-SCH~RER, GJV 11238f.


96 Zweiter Teil. I. Nahrung, Kleidung undWohnung. [S.- ---P-15-flüssen sicli allgemeiii verbreitete. Tein init Myrrhen vermischtgalt den Hebräern als Betäubungsmittel (Narc 15 a~), währenduingekehrt bei den Römern nnd Griechen der Myrrheilweiii alsweniger berauschend ein Lieblingsgetränk der Frauen war l. -DieVerwendung gewürzten Weins zu gottesdieiistlichen Zwecken wariiicht zulässig.Neben clem Naturwein, uiicl zwar immer niit jujin zusammen,wird im A. T. der sch&k/tcir (ohcpa) genannt (Dt 29 6 Jdc 13 sff.I Sam 115 Lev 109 U. ö.). Bei der Unbestimmtheit des Naiiiens(,berauschendes Getränke') lässt sich nicht ausniachen, welchevon cleri verschieclenen Arten kiiiistliclien Weines , die denAlten bekannt waren, bei den Hebräern vorzugslveise getrunkenwurde2. Die Rabbinen geben den Namen sch&/ii/~cir sowohl demägyptischen Zythos aus Gerste, Krokus und Salz, als dem inedischenGerstensaft3 (s. o.), auch erwähnen sie Apfelwein undHonigwein" Piir die alte Zeit sind diese Getränke nicht nachzuweisen.Dagegen diirfte den Hebräern frühe der Palmwein, auseingeweichten reifen Datteln gekeltert, bekannt gewesen sein, dervoii clen alten Aegyptern uncl im ganzen Orient getrunken wurde 5.Zum Opfer durfte der Kunstwein iiicht verwenclet werden6.Aus dem Wein und sclt&/~h&r wurde der Essig (c/~df~ze~)bereitet, der gleichfalls den Nasiräern verboten war (Nuin G 3),mährencl er sonst mit TVnsser vermischt als ein sehr erfrischendes,den Durst löschendes Getränke wenigstens von clen geringenLeuten genossen lvurcle (Ruth 2 14 Marc 15 36 vgl. dagegenPs G9 2%); ebenso noch heute im Orient. Essig mit Wasser vermischt,die sog. posca, bildete bei cleii Römern das gewöhnlicheGetränke cler Soldaten ~incl Sklaven 7.' FORCELLINI S. V. ~iiy~rhinus.2 PLIXIUS Hist. Nat. ed. SILLIG. XSV 100ff. - Schon HIER~NYMUS ~veissnicht mehr, welche Art von Getränke mit sc7~ilckclr bezeichnet wurde. (Ep.ad Nepotian, ed. VALLARSI 1266: Sicera hebraeo Sermone omnis potio, quaeinebriare potest, sive illa quae frumento conficitur sive pomoruin succo, autrluum favi decoquuntur in dulcem et barbarain potionern, aut palmariim fructusexpriinuntur in liquorein, coctisque frugibus aqua pinguior coloratur).S. Bux~ons Lexicon talmudicnm s. V. schekhrir."HER~DOT I1 86, I11 20; PLINIUS Hist. Mat. ed. SILLIB. XIV 102 u. a.Fraglich ist, ob oivbp~h! den mit Honig vermisclitcu Naturwein odereinen ICnnstweiil aus Honig und Wasser und anderen Ingredienzen (Honigiincl Meerwasser bei den Griechen und Römern) bezeichnet.q7gl. jedoch die auffallende Ausnahiiie Num 28 7.7 X. B. PLBUTUS Nil. 8101. 111 2 23, S. FORCELLINI S. V. posca.


5 16.1 Die Kleiclung (Schmuclr lind Leibespflege). 9 710. Eine der miclitigsten Lebensfragen für die Bewohner vonPalästina war jederzeit clie Beschaffung des nötigen Trinkwassers.Wohl ist Paliistina iin Grossen und Ganzen für orientaaischeBegriffe keineswegs ein qiiellen- und wasserarmes Land,allein die vorhandenen Quellen haben in alter Zeit so wenig wieheute ausgereicht. Insonderheit ist Jerusalem in einer ziemlichmasserlosen Gegend gelegen (s. # 10). Es ist clesshalb zu allenZeiten schon von clen IXanaanitern (Dt 6 11; die Anlage beriihmterBrunnen Lind Cisternen wircl sogar auf die Erzväter znriickgeführtGen 26 11. a.), namentlich aber von den Israeliten in der Königszeitviel Arbeit und Miihe auf Herstellung grosser für jeden Bedarfansreichencler Wasserwerke verwendet worden (s. $35). DerSeltenheit des Wassers entspricht die hohe TVertschätzung desselbenals eines edlen Gutes bei den Orientalen alter nncl neuerZeit (Sir 29 zs 39 31). In verschieclenfacher Porin Iieliren clie Bilclervon1 ,HeilsbrunnenL, ,vom lebendigen WasserL LI. a. in derPoesie cler Israeliten wiecler (z. B. Jes 123 Joh 4 10). Ja clasWasser wird geradezu ein Handelsartikel, der nur um Geld zulraufen ist (Num 20 17 19 21 2s Thren 5 4). Noch heute ist in dengrossen Städten cles Orients (Jerusalem, Damasli~is U. a.) derWasserhandel ein Geschäft, das viele Personen iiiihrt. DemDurstigen aber einen Trunk Wasser ZLL versagen, verurteilte dieSitte als ruchlosen Geiz (Jes 32 6 Hi 22 7).$ 16. Die Kleidung (Schmuck und Leibespflege).1. Die Kleidiin g der alten Israeliten weicht von der desmodernen Städters im Orient wesentlich ab, dagegen cliirfte siecler Tracht der Fellachen und Beduinen Syriens zienilici ähnlichsein.Tierfelle, die älteste Bedeckung des menschlichen Körpers,sind im A. T. nur als Ausnahme bei den als besonclere Aslretengeschilclerten Propheten Elia lind Elisa erwähnt (I1 Reg 1 s2 8 13). Ebenso wircl anffallenderTVeise das älteste Kleiclungsstückcler Aegypter, der einfache Iiurze Schurz, ein Stück Zeug, clas unidie Lenclen geschlungen wird, nirgends erwähnt, obwohl sich seinGebranch in Arabien bis Iiente erhalten hat '.NIEBUHR, Beschreibung 364. Diesen Schurz (z&~.cina) niüssen clie Pilgerin1 Gebiet von ntelrlra anlegen. Scliwerlich ist cler sah, wie oft vermutet,damit identisch (s. U).B e ii z in g e r , Hehraische <strong>Archaologie</strong>. 7


9 8 Zweiter Teil. I. Nahrung, Kleidung und Wohnunp.. [§ 16.Auf der Haut trägt der Fellaclie und Beduine heutzutageeinen groben Kittel (Jdl,;) aus Bann~wollzeug, meist schinutzigblau gefärbt, vorn auf der Brnst aufgeschlitzt, mit weiten bequemenAermeln, bis unter die Kniee oder noch weiter lierabreichend.Ein breiter lederner Gürtel (bei den Beduinen eiii härener Striclr)hält dieses Hemd um die Lenden fest, beiin Arbeiten und raschenGehen wird es in den Gürtel aufgesteckt. Mit nilgegürtetemKleicl gehen, ist Zeichen der Vornehintuerei und Untätigkeit.Dieseln Helndrock entspricht iin wesentliclien die liebräischekuttdnetl~ aus grobein Wollenstoff oder Linnen, die ebenfallsFig. 27. Moderne arabisclie Tracht (Beduinen).mittelst eines Strickes oder eines Gürtels aus Leder oder Linnenfestgebunden wird*. Sie scheint in der ältesten Zeit keine odernur ganz kurze Aermel gehabt und nur bis zu den Knieeii gereichtzu haben. Der bis zu den Knöcheln reichende Hemdrock mitlangen Aermeln (Ilzlttdneth pns_siin) ist bei Männerii etwas besonderesiiiid ungewöhnliches (Gen 37 3 s. auch U.).Ueber diesem Hemdrock trug der alte Hebräer clie sirrzldh.Die gemöhriliche Erlrläruilg versteht darunter eil1 längliches oderquadratisches Stüclr Tuch, mit dem sich der Hebräer ähnlicli, wieAls ~!ccGv und tunica ist diese Tracht von den Phöniziern zu denGriechen und Römern gekommen.


3 16.1 Die Kleidung (Schinuck und Leibespflege). 99die Griechen uiicl Röiner mit iyiy.aov uncl toga, drapirte. Ein solchesTuch, das uin die Schultern geschlagen wird, findet sich bei einzelnenBeduinenstämiiien, seltener in Arabien, häufig in Aegypteni(vgl. Fig. 27a). Im A. T. erhalten wir über die Form der simliiliIieineil Aufschluss. Es liegt kein Grund vor anzunehmen, dass siedem entsprechenden Kleidungsstück der heutigen Fellachen undBeduinen, der 'aOdje, nicht ähnlich gewesen sei, einem Gewand vollhöchst primitiver und unschöner Konstruktion, das jedenfalls keineErfindung der neueren Mode ist. Die 'abaje (Fig. 27 b U. C) bestehtaus einem dicken, grob gewobenen, länglich viereckigenStückWol1-Zeug eigenen Fabrikats, schwarz oder braun oder braun und weissgestreift. Dieses teppichartige Stück wird dann ohne weiteren Zuschnittso zusammengenäht, class die vordere Seite und rechts undlinks zwei Löcher für die Ariiie frei bleiben. Junge Leute diirfenohne 'ab2je umhergehen, für den respelitabelil Mann wäre clas,ausgenommen wenn er an dei Arbeit ist, eine Schande. So hässlichdieses Kleidungsstück aussieht, so nützlich ist es: es ist beiTag der vor Regen und Kälte gut schützende Mantel, bei Nachtvertritl es Bett und Decke. - Die Form der 'abiije rnaclit sieauch geeignet, alles mögliche, Gras, Gerste, Holz etc. dareiileinzuwickeln und fortzutragen (vgl. fiir dieselbe Verwendung dersiinlah Ex 12 34 I Sam 2110 Jclc 8 28). Eben deswegen bildete diesimlah ein sehr wichtiges I


100 Zweiter Teil. I. Nahrung, Kleidung undwohnurig. F$ 16.und Fraiieilsiinl%h vorhanden war, erfahren aber nirgends, worin.er bestand.So die Tracht der alten Hebräer, wie sie dieselbe aus derder Wüste mitbrachten und im wesentlichen auch als Baiiern bei-.behielten. Wir haben aber zahlreiche Spuren, class sich nach derAnsiedlung namentlich bei den Städtern diese Kleidung schonfriihe verfeinert hat. Die kanaanitische Tracht war zur Zeit derEinwanderung fein und elegant, wie clie ägyptischen Denkmälerzeigen. Auf diesen sind die Aegypter in weite, faltenreiche weisseGewänder gehüllt, die Syrer dagegen (s. Fig. 28) tragen alle enganliegende, glatte, lange Oberkleider, blauund dunkelrot gestreift, reich gestickt, clazugelbe TJnterkleider mit eng anliegendenAermeln uncl engen Hosen - fiir einägyptisches Auge ein wenig erfreulicherAnbliclc, für clen Sohn der TQüste einfeenhaft prächtiges, seine Habgier reizendesBilcl (Jos 7 21). Die Phönicier unclHetiter scheinen sich etwas einfachergekleidet zu haben. Bei allen ist babylonischerEinfluss unverkennbar, vgl. die Bezeichnungjenes von Achan gestohlenenschönen Mantels als ,Mantel aus Sinear'.Sehr rasch fanclen clie Israeliten,namentlich die Frauen, Geschiiiack anFig. 28. syrischer dieser farbenprächtigen Kleidermode iindGesandter.nahmen sie an (Jdc 5 30 11 Sam 124)-Aus dem Gral] des Hui in~ h ~ ( b ~ einzelnen i ~ ~ . Die Pracht der Kleidung der salomoni-Lagen des Gewandes sind schen Hofbeamten erregt'e dann schonabu'echseludihrerseits wieder das Staunen derwiistenköniginvon Arabien (I Reg 10 5). Sehr wahrscheinlichdürfen wir den Einfluss der einheimischen syrischen Trachtin clem hebräischen n~e'21 sehen, clem feineren Obergewand, clasKönige uncl Vornehme schon friihe an Stelle cler groben simlkhtrugen (I Sa 2 19 18 4 24 5 12 28 14). Derselbe war wohl ein talarähnlichesGewand, länger als die Icuttoneth, aus feinem, leichtzerreissbarem Stoff (I Sam 1527 Hi 120 2 iz Ezr 9 3). Er scheintDer grobe Stoff der Beduinen - 'abkje verdient das Prädikat ,nnzerreissbar'.


5 16.1 Die Kleidung (Schmuck und Leibespflege). 101nucli Aermel gehabt zu haben, ob eng anliegende, wie der syrischeRock, oclei- weite, wissen wir nicht l.Auch das Untergewand, die kuttoneth, verfeinerte sich. Wennmit dem ,GürtenL(z. B. bei raschem Geheii 11 Reg 4 29 9 i ; fiirdie Reise Ex 1.2 ii), wie wahrscheinlich, ein Aufschürzen desUnterkleides lnittelst des Gürtels gemeint ist, so lässt sich darausentnehmen, class die kuttoneth ziemlich länger geworden ist; diealte, kurze brauchte nlan zum Gehen etc. nicht aiifzuneliinen, weilsie nicht l-iiilderte. Auch auf dem Marinorrelief aus dem PalasteSaiiheribs zu Kujunclschik (Pig. 29) sind clie jiidischen Kriegsgefangenenin langein Untergewand, das bis an clie Knöchel reicht,aber lrurze Aermel hat, dargestellt 2. Die spätere Mode verlangtees überhaupt, Männer- wie Frnuenröclre möglichst lang zu machen,so dass sie auf deinBoden nachschleppen(Jes 6 i 47 2 u. a.). Vielleichtdarf man aucli dielCzdttb?~eth pcw&iti alsvon den Kanacaiiiternübernomiiien ansehen.Nameiitlich aber findenwir neben clei grobenkuttoneth bei Mäniiernwie bei Frauen ein feinesLinnenhemd (_s&rZi?z Jdc Fig. 29. Jüdische Gefangene. Relief aus14 12 f. Jes 3 23)) C~&S Kujundschik.sich in der Form wenig von der kuttoneth unterscheiden mochte.Ganz unbekannt ist uns Form und Stoff des 'erZer ('addereth),wohl ein weiter Mantel, vielleicht mit besonders reicher Ausstattung,den die Israeliten ebenfalls von den Kanaanitern übernahmen(Jos 7 21 Mi 2 8). Der Mantel ans Pellen, den Elia' Gewöhnlich soliliesst man von dem ärmellosen priesterlichen n~e'.L^laus ohne weiteres auf den gewöhniichen me'il zurück. Allein wenn vom Entblössendes Armes die Rede ist (Ez 4 7 Jes 52 io), so muss wohl eines derKleider, also der mecil, Aermel gehabt haben, ganz abgesehen davon, dassdie vornehmen Städter bestrebt gewesen sein werden, ihre Haut möglichstvor den Glutstrahlen der Soune zu schützen.V s fragt sich freilich, wie weit der Künstler die palästinensischeTracht genau lrannte; der sehr deutliche Unterschied von der reichen assyrischenKleidung spricht iiiimerhin für die Richtigkeit der Darstellung.


102 Zweiter Teil. I. Nahrung, Kleidiing undWohnung. [§ 16.trug, wird übrigens mit dem gleichen Namen bezeichnet (I Reg19 13 I1 Reg 2 s vgl. 1 8).Mit zunehmendem Luxus stieg auch die Kleiderpraclit. DerHandel brachte kostbaren Purpur aus Phönicien, feinen Byssiisaus Aegypien, Damast aus Nordsyrien und vor allem die Erzeugnisseder weltberühmten babylonischen Webereien, die sicli ganzbesonders auf Buntweberei und Stickerei der Kleidungsstiicke mitFiguren verstanden (Ez 27 7 IG 24 cf. JOS 7 21). Illre Stoffe galtenfür uniibertrefflich an Feinheit. Hatte schon früher der begüterteIsraelite sich nicht mehr wie der Bauer und Nomade mit eineinAnzug begnügt, sondern Festgewänder für feierliche Gelegenheitsich gehalten (Jdc 14 iz I1 Reg 5 5 U. ö.), so steigerte sich jetztder Kleiderluxus ins Ungemessene, wenn wir den Propheten glaubendürfen (Jer 4 30 Thren 4 5). Schöne Kleider sincl ein gernempfangenes Qesclienlr; reiche Le~ite haben einen bedeutendenKleidervorrat (Hiob 27 M), so gut wie der König seine Kleiderkammer(I1 Reg 10 22). An den Kleiclern hat clas Vollr sich gewöhntzu ersehen, wer repräsentationsfähig ist (Jes 3 G); ,Kleidermachen Leute'. Den gewaltigen Unterschiecl der neuen und deralten &iIode spiegelt am schönsten wieder clie Priestertracht: inalter Zeit war ein weissleinener Kittel, wohl talarartig iiber derkuttoneth getragen, des Priesters Ehrengemrancl; daraus ist bisnach dem Exil, nicht zum mindesten unter dem Einfluss fremderKleiderinoden, die pompöse hohepriesterliche Tracht geworden.Die Frauen sind hinter den Männern nicht zurückgeblieben,Das Inventar weiblicher Toilette, das uns Jes 3 18-23 erhalten ist,zählt feine Linnenhemden, Festkleider, Ueberkleider, Umschlagkleider,cleren Form wir in1 Einzelnen nicht unterscheiden köinieil,auf. Die liostbaren Stoffe auf dein Boden nachzuschleppen warschon damals eine besondere Liebhaberei der Damen (Jes 42 2.]er 1322 26). Auch mit Gürteln, Schärpen und Spangen liess sichviel Luxus treiben. Lang herabwallende Sclileier verschiedeneiArt (Jes 3 19 47 2 Cant 4 I) mögen wie der metallene Handspiegel(Jes 3 23) schon frühe zur Tracht der israelitischen Städteriniiengehört haben.Nur ein Gewandungsstück ist aller Mode zum Trotz iininergrob und raiih geblieben : der snlc, das Kleid der Trauernden undPurpur wird für die alte Zeit bei den Israeliten gar nicht erwähilt.Jtid 8 zo ist späte Glosse.


5 16.1 Die Kleidung (Schmuck und Leibespflege). 103Asketen, von Männern und Frauen getragen. Sein Stoff ist ausZiegen- oder Kamelshaaren grob gewoben. Als Zeichen derTrauer wurde er ursprünglich auf blossem Leib getragen (Hi 1615u. a.) - bei dieser Art von Gewebe auch für eine wenig verzärtelteHaut nichts angenehmes -- und zwar entweder als einzigesKleiclungsstüclr (I Reg 20 31 U. a. 21 27 Jes 3 24 32 ii), oderunter dem Obergewand (I1 Reg 6 30) I. Er mag daher ähnlicheForm wie das Unterkleid (kutt6netli) gehabt haben 2, wurde aiichwie dieses mit einem Gürtel um die Hüften festgebunden (Ez 7 1sJes 20 3).Fig 30. Tribut Jehus. Relief am Salmanassar-Obelisk.Was rinter dem ,Aussatzc an Kleidern und Stoffen (Lev 13 47ff.) zuverstehen ist, wissen wir nicht. An Uebertragung des menschlichen Aussatzesist keineufalls zu denken, eher an einfache Flecken, wie sie in der Leinwanddurcli Feuchtigkeit und Mangel an Luft entstehen.2. Genaue bestiinnite Angaben über die .Kopfbedeckunghaben wir nirgends im A. T. Aucli die Abbildungen auf clenJesaja, bei deiu der sak die Stelle der 'acldevetl~ sZccir, des härenenProphetenmantels (I1 Reg 18 Zach 134 vgl. nlatth 3 4) zu vertreten scheint,trug denselben über des kuttoneth (Jes 20 2). Hier diirfte übrigens snlc nureine urigenaiie Bezeichnung für 'aclclevet sein.Vielleicht zeigt Fig. 29 (S. 101) den sak als Kleidung der jüdischenGefangenen.


104 Zweiter Teil. I. Nahrung, Kleidung und Wohnung. [D 16.assyrischen nncl ägyptischen Inschriften lassen uns iill Stich. Diegefangenen Juden auf Fig. 29 (S. 101) sincl barhäuptig; die tributbringendenGesandten Jehus auf cleni Obelisk Salmanassais 11.(Eig. 30 S. 103) sind in assyrischer Tracht, also wolil auch mitassyrischer Kopfbedeck~ing dargestellt. Auf dem Bild einessyrischen Gesandten (Fig. 28 S. 100) sehen wir das Haar einfachinit einer Schnur zusammengefasst. Noch lieute findet sich inArabien vereinzelt diese JKopftracht: langes bis auf die Scliulternhängendes Haar init eiiieiilStrick uni den Kopf statt jeclerKopfbecleckung. Es ist riicht unwahrscheinlich,dass wenigstensFig. 31. Altarabische Ii011f- die Aeilnereii unter den israelibedeclruug.tischen Noiliaden und Banerilsich mit einem solchen clicken Wollstrick begnügt haben, clerfreilich gegen clie Sonne gar keinen Schutz gibt. I Reg 20 31 wirclder Striclr um den Kopf neben dem sals angelegt, beides znsaiiiineiloffenbar die geringste Kleidiing. Wenn auch fiir gewöhnlicl-i zujener Zeit iiicht inehr in Mode (so wenig TI-ie der salg), mag diescloch der Rest einer alten Sitte sein.Fig. 33. Arabische keffilye.Fig. 33. Moderne Sandalen.Die gewöhnliche Kopfbedeclrnng der Becluinen besteht ineinem zieiulich grossen qundratiscl-ien Wolltuch (liefftje), clas alsDreieck zusammengefaltet über den Kopf gelegt wird. Der inittiereZipfel bedeckt clen Nackeii, die beiclen Seitenzipfel werdenunter dem Kinn durchgezogen ~ind hängen dann ebenfalls iiberden Rücken. So sind Nacken, Hals und Wange gegen die Sonnegeschützt. Eine dicke ringförmige TVollschiiur ('afihl) hält dasTuch auf dein Kopf fest (Fig. 32). Wir dürfen uns die Kopf-


5 16.1 Die Kleidung (Sclimuclr und Leibespflege). 105bedeckung der israelitischen Nomaden ohne weiteres ähnlich vorstellen.Der israelitische Bauer hat dieselbe beibehalten.Die Vornehmen dagegen, Männer wie Frauen, haben inspäterer Zeit den .r&niph getragen (Jes 62 3 3 23 von den vornehmenDamen), wie der Ausdruck zeigt l, ein um den Kopf gewundenesTuch, also ein Turban. Solche Turbane haben dieBabylonier und Assyrer und wahrscheinlich auch schon die Kannanitergetragen. Durch die Art und Weise des Wiclrelns lassensich dem Turban sehr verschiedene Formen geben; doch erfahrenwir darüber aus dein A. T. gar nichts näheres. Ebensowellig wissen wir, ob und wie sich der priesterliche Kopfbund(n2igaephetlh Ex 28 4) vom gewöhnlichen unterschied. IrnTVesentlichenbesteht noch heute die Kopfbedeclrung des Fellachen ~inclStädters in einem solchen Kopfbund, der um eine kleine weisseMütze oder den roten Fez gewundeil wird. Form und Farbe istan verschiedenen Orten verschieclen.Als besonderen Kopfputz trugen der Bräutigam am Hochzeitstage(Jes 6110) und überhaupt vornehme Männer (Ez 24 17 23)uncl Frauen (Jes 3 20) den ye'd?; der ebenfalls aus Tüchern gewuildenwurde (Ez 24 17). Wenn inan von der priesterlichenTracht zuriickschliessen darf, so wurcle der p'&i zugleich neben,cl. h. über dem eigentlichen Kopfbund getragen und hatte etwakegelartige Form (Ex 39 2s). Auch hier ist der Einfluss clerbabylonischen Mode unverkeniibar, vgl. die verschiedenartigenKopfbunde auf den assyrischen Denlrmälern, besonders die langeund spitzige Mütze der Könige (Ez 23 i5), während die gewöhnlichenAegypter, auch die Priester, keine besondere Kopfbedeclrunghatten2.3. Die F us s b ekle i du n g der Hebräer bildeten Sohlen(?tacal) von Leder oder Holz, die init Riemen (se?-O/c/~ Geil 1423Jes 5 27) befestigt wurden (vgl. Fig. 33). Der Trauernde giengbarfuss (I1 Sam 15 30 U. a.), also wohl iiberhaupt der Arme undNiedrige für gewöhnlich; doch waren auch diese im Besitz vonSandalen (Am 2 u 8 G). Im Zimmer und an heiliger Stätte legteman die Schuhe ab (Ex 12 ii 3 5).scinaph = knänelförmig wickeln Jes 22 1s. Für das Anlegen desshnipli wird auch der parallele Ausdrnclr cliciblzasch, umwinden, gebraucht(Ez 16 io Ex 29 9 Jon 2 G).ERRIANN, Argypten 314, 403.


106 Zweiter Teil. I. Nahrung, Kleidung undWohnung. [§ 16..4. Als Schmuck der Männer wird seit der ältesten ZeitRing und Stock genannt, wie sie noch heute zur Ausrüstuilgeines Beduinen gehören (Gen 38 1s).Der S t o C k (?rzn[{eJQ, beiden Hirten zum notwendigenGeräte gehörig, wnrcle auch$%Yfisonst vielfach getragen, na- ,I 1 II'mentlich auf Reisen (Ex 12 iiI1 Reg 429 U. ö.). NachH~rio-A 4(I lg5) ST~~rio (XV1 Big. 34. hloderne palistinensisohe746) trug jeder Babglonier Schuhe.einen Siegelring ~~ncl einenStock, welch' letzterer oben mit einer geschnitzten Blume oderdrgl. verziert war. Eine ähnliche Sitte setzt der Verfasser vollGen 38 offenbar auch bei den ältesten Hebräern voraus.DerSiegelring(cJ~(ith&nz,.66cc-'ath) spielte im 0rient einst wie heuteeine grosse Rolle, da sein Abclrnckdie Narnensiinterschrift ersetzte.Bei den Babyloniern wurde er allgenieingetragen (RERODOT und STRA-BO a. a. 0.). Wenn schon die Patriarchendamit ausgerüstet erscheinen,so beweist das jedenfalls, dass clieSitte für den Erzähler eine sehr alteist. Die Kunst des Steinschneiclerispig. 36, silberring mit ~ ~ ist h jedenfalls ~ ~ scl~on . von den ICaiiascarabäus(natürl. Grösse). anit,erii geübt worden (vgl. Ex 28 ii;s. auch 5 36). Althebräische Sitte.war es, den Siegelring an einer Schnur um den Hals zu tragen(Gen 38 is), im Unterschied von den Aegyptern, clie ihn am Fingertrugen. Noch heute findet sich ersteres nicht selten. Später wiirdeder Siegelring an einen Finger der rechten Hand gesteckt (Jer 22%).


5 16.1 Die Kleidung (Schmuck und Leibespflege). 107Bei den E'rauen waren vor allem Ohrringe sehr geschätzt,(~zeze??z,'&$I),die auch von den Kindern beiderlei Geschlechtsgetragen wurden (Ex 32 2). Von den Männern wircl dies im A. T.nicht aiisdrücklich bezeugt, wohl aber behauptet es PLINIUS (Hist.Nat. ed. SILLIG XI 136) ganz allgemein von den Orientalen. Auchtrugen die Micljaniter Ohrringe (Jdc 8 24 ff.), und bei den heutigenBeduinen hat sich diese Gewohnheit erhalten. Die Araberinnentreiben damit grossen Luxus, die Prauen tragen sogar mehrereRinge im Ohr. Das Ohrgehänge der hebräischen Damen hatteübrigens verschiedene uns iinbelrannte Formen, vgl. z. B. diehäufig genannten gzetiphdth (Jes 3 io Jdc 8 26).Neben denOhrringen warenauch Nasenringebei den Hebräerinnenbeliebt (Gen24 22 47 Ses 3 2i11. ö.) , ein Geschmack,den dieBeduinenfrauenteilen: sie tragenvielfach grosseNasenringe, dieiil~er den Munclherabhangen, undman sagt, dass dieAraber den Mundihrer Fraiieil gerndurch diesen RingFig. 36.- Tracht u. Schrnuclr der arabischen Frauen.kiissen.Daneben gehörte noch vielerlei zum vollen Putz der vornehmenHebräerinnen rler späteren Königszeit : Schrittkettchen,um die tänzelnden Schritte schön und genau abzumessen, Armspangenund Pussringe, Halsketten und Stirnbänder, Riechfläschchenund Amulette, goldene Halbmonde und sonstigeSchmucksachen unbekannter Form (Jes 3 16-24) - alles jedenfallsder Form und Ausführ~ing, vielfach auch dem Ursprung nachErzeugnisse der kanaanitisch-phöriicischen Kunst.5. Gegenüber den Griechen uncl Römern, welche die Leib es -pflege frühe als eine virkliche Kunst mit Raffinement betrieben,


108 Zweiter Teil. I. Nahrung, Kleidung und Wohnung. 10 16.nehmen sich die alten Israeliten in diesen1 Stück als recht urwüchsiges,unverzärteltes und unverdorbenes Naturvolk aus.Von gymnastischen Uebungen hören wir nichts; cler in derWüste streifende Xomade uncl der im Schweiss seines Angesichtsden Acker bebauende Landinanil brauchte solche nicht. Auclidas Bad spielte keine Rolle: wo eher Mangel als Ueberfluss anWasser war, verbot sich solche Verschwendung von selbst I.Doch wusste nian den Wert eines Bades iin Fluss oder in1 Seerecht wohl zu schätzen (I1 Reg 5 10). Soiist begnügte man sichmit Waschungen; die alte Zeit lrannte weder Bäder in denPrivathäusern noch öffentliche Bctdeanstalten. Nicht einind von1königlichen Palast wissen wir, ob er Badeeinriclitung hatte. Deshalbwurden übrigens die körperlichen Beinigungen keineswegs veisäumt,bildeten sie doch bei allen Semiten uni1 namentlich beiden Juden einen integrirenden Bestandteil des Kultus. Körperlichrein und kultisch rein sind Begriffe, die vielfach in einanderübergehen. Von altersher musste, wer der Gottheit nahen wollte,sich vorher waschen (Gen 35 2 Ex 19 10 u. a). Bei dem IieissenKlima, dein vielen Staub etc. darf man den wohltliätigeil Einflussdieser religiöse11 Wertung der Reinlichlceit recht hoch anschlagei~.Natürlich trat man ebeiisotvenig schmutzig vor das Angesichteines Königs oder Mächtigen (Ruth 3 3). Mit lrultischen Crriindeilmag auch die uralte Sitte, vor der Mahlzeit sich zn waschen, zusammenliängen.Dem Gast wnrcle, wie im ganzen Orient und inGriechenland, zu allererst Wasser zum Waschen, nainentlich derPüsse, dargeboten (Gen 18 4 19 2 U. a. vgl. Luc 7 44). Die hellenistischePeriode braclite den Juderi dann auch die Wohltatöffentlicher Bäcler, die ganz nach griechischem Muster erbaut uncleingerichtet waren, wie der Name des Bademeisters (6aZZci1z =FxAw.v~bs) zeigt. Obwohl es heidnische Anstalten waren, galt dochihr Gebrauch als erlaubt. - Ob die alten Hebräer die Heillrraftder warmen Quellen von Tiberias, Kallirrhoe, GadaraIrannteii und gebrauchten, wissen wir nicht. In der hellenistischenZeit waren sie schon weithin beriihmt. Jedenfalls schriebnian einzelnen Quellen uncl Flüssen besondere Heillrräfte zu (11Reg 5 io ff.).Der Beduine der syrischen Steppe sielit das Waschen mit Wasser alsfreventlichen Luxus an; er bedient sich zum Abreiben des Körpers des feinenWüstensandes.


0 16.1 Die Kleidung (Schinucl< und Leibespflege). 109Mit dem Waschen verband sich wie bei den Griechen undRömern das Einreiben der Gliecler niit Oel, um die Haut geschmeidigzu machen. Die Araber in Siidarabien behaupten,dass clas Salben cleii Leib stärke und clie Haut gegen dieHitze der Sonne schütze und reiben sich den ganzen Leib mitOe1 - aber mit dem allerschlechtesten - ein1. Bei den Rebräernsalbte nian sich namentlich bei Pesten, bei Hochzeitenund Gastiiiiililern etc. (Am 6 G I1 Chr 28 15 PS 23 5 vgl. Luc7 46), unterliess es dagegen in Trauer (I1 Sa 14 z 1220). &!aiisalbte das Haupthaar und den Bart (in welchem Masse, zeigt derdichterische Spruch PS 1332), dann den ganzen Leib (Ez 16 9U. a.); eine grosse Auszeichnuiig war, jemanden die Fiisse zusalben (Luc 7 46 Joh 12 3). Das gewöhnliche Salbmittel war clasreine Olivenöl (PS 92 11 Dt 28 40 &!i 6 15 u. a. ; ~CIlt?712~1$ ist derFig 37. Assyrisclie &Iusiker (als Probe der Haartracht).gewöhnliche Ausdruck fiir Salbe). Sehr balcl lernte man, dasselbemit allerhand tvohlriechender Wiirze, die aus der Fremde bezogenwurde, zu iiiischen und so feine duftende Salben zu bereiten(I Reg 10 10 Ez 27 22 vgl. EX 30 22ff.). Dieses Mischen war dasGeschäft der Sklavinnen (I Sam 8 13) oder Salbenniischei fi.d.&nchEx 30 35 Neh 3 s U. a.). Als eine der kostbarsten Salben galtspäter das Nardenöl (Cant 1 12 Marc 14 3ff.).Was Pflege und Tracht des Haares betrifft, so teilten dieHebräer die Anschauung der meisten semitischen Völker, wonachein starkes Haupthaar und ein langer Bart eine Zierde desMannes bilden. Nicht bloss die Nasiräer, bei denen religiöse Vorstellungenzu Gruncle lagen, sondern anch mancher andere jungeMann trug langes über die Schultern herabmallendes HaarNIEBUHE, Beschreibung von Arabien 131.


110 Zweiter Teil. I. Nahrung, Kleidung und'lliohnung. [§ 16.(I1 Sam 1426). Jemand den Bart abzuschneiclen war ein schwererSchimpf (I1 Sam 10 'if. Ses 7 20). Kanaaniter und Juden werdenauf den Denkinälern mit langem Haar und Bart dargestellt (s.Fig. 28 S. 100), ebenso die Assyrer und Rabylonier, während dieAegypter allgemein den Bart, die Priester' (vielleicht auch höhereWürdenträger Gen 41 i4) auch das Haupthaar sorgfältig abrasirten.Letztere Sitte ist heute im Orierit das Häufigere, dochhat sich bei den Beduinen auch die Gewohnheit, lange Haare zutragen, erhalten. Auch bei den Israeliten mag es nicht seltenvorgekommen sein (ob in Nachahmung fremder Sitte 2), dass siesich den Kopf glatt schoren, wenigstens erhielt sich dieser Gebrauclials Trauerzeichen (Arn 8 io Ez 7 ls vgl. Dt 141). DenPriestern musste clie Glatze ausdrücklich verboten werden (Ez44 zo), sie sollten vielmehr ihr Haar gehörig verschneiden.IVährend bei den Aegypterri clie Haartracht sehr künstlichuncl vielfach der Mode unterworfen war *, wissen wir von denHebräern nur, dass Simson als ein Gottgeweihter sieben sorgfältiggepflegte Locken trug (Jdc 1613), und dass die eiteln Frauensich schon ganz gut darauf verstailden, kiinstlicl~e Löclrchen zukräuseln (Jes 3 2.1). Wie die Barbiere (Ez 5 1) ihr Haildwerlrausgeübt und wie clie putzsüchtigen Weiber ihre Frisur getragen,missen wir nicht mehr. Später haben sie natürlich auch hierin dierönlischen Damen nachgemacht, ja sogar i\!äriner fiengeil an sichzu frisiren (JOSEPHUS Ant. XIV 173 Bell. Jud. IV 9 10).Zur Erhöhung weiblicher Schönheit lrannteii clie Hebräerinileilnoch verschiedene Mittelchen. Der Toilettentisch derreichen Frauen cler späteren Zeit war mit Salbenbüchslein,Schmuclrgeräten, Pflästerchen und dergl. reich besetzt. Ein beikoketten Frauen vielfach angewendetes Mittel war der Bleiglanz@dkh I1 Kön 9 30 Jer 4 30 Ez 23 40 Hi 42 14), Stibium, dasbeliebte ko.2 der Araber. Als schwarzes Pulver, oder mit Oe1zu einer Salbe verriebeil, wurde es mit einer glatten Sonde ausHolz, Elfenbein oder Gold auf die Augenbrauen und Wimperngestrichen; es erhöht in wirklich auffallender Weise den Glanzder Augen und lässt sie grösser erscheinen. Ob die Hebräerinnenclie heutzutage ganz gewöhnliche Sitte, die Spitzen derFinger und Zehen mit Henna rötlich zu färben kannten, ist nichtilach~~eisbar, aber sehr gut möglich. Das namentlich bei den Be-' ERYANN, Aegypten 403."RMANN,Aegypten 302ff.


B 17.1 Die Wohnung und ihre Einrichtung. 111duinen beliebte Tättowiren scheint auch bei den Hebräern geübtworden zu sein, bis es später iinter religiösem Gesichtspunktverpönt wurde (Lev 19 2s).5 17. Die Wohnung und ihre Einrichtung.1. Das ,Hausi der Nomaden aller Zeiten ist das Zelt{'ohel, bnjitlz, auch von1 heutigen Beduinen geradewegs bnit genannt).Mit Recht lässt die israelitische Sage die Väter desVolks ein Zeltleben führen, denn das Nomadisiren ist der alteecht hebräische, ja echt semitische I~ebensberuf. Damit stimmtes dann freilich schlecht, wenn Gen 2 und 3 der Acker- undGartenbau als Urberuf cler Menschen erscheint oder wenn Geil4 20 der Stolz des in einen Städtebewohner verwandelten Nomadensich darin ausspricht, dass das Städteleben als das ältere ~111~1 ursprüngliche,das Nomadenleben als Besonderheit eines kleinerenTeils cler Menschheit (der Kainiten) dargestellt wird. Auch abgesehenvon der Patriarchensage verrät die Sprache ganz deutlichdas alte Nomadenleben. Eine Reihe von Ansdrücken sindvom Zeltleben liergenommen, z. B. ndsa' aufbrechen = die Zeltpflöcli-eherausreissen; hdlakh le'oholb heimgehen, auch wo nichtmehr an eigentliche Zelte gedacht ist (Jos 23 4 ff. Jdc 7 s 1991 Reg 12 16); die sprichwörtliche Redensart „zu deinen Zelten,Israel!" (I1 Sa 20 i I Reg 12 16). Nicht niinder häufig ist dielrer-~vendung des Zelts in cler Bildersprache (z. B. Jes 22 23 38 12Ezr 9 s Hi 4 ni u. 0.). Einzelne Teile cles Volkes sincl auch sehrlange Zeltbewohner geblieben: die Keniter (I Sam 15 G vgl.Jdc 4 11) und die ostjordanischen Stämme, weil sie iiberhauptauf der Grenze des bebauten Landes gegen die Steppe an-Der Stoff dieser Kapitel ist den Israeliten von auswärts zugekominen,er ist Gemeingut der semitischen Völker. Die Israeliten haben ihnin dieser Form schwerlich früher angenommen, ehe sie selbst vollständigzum Ackerbau übergegangen waren, was vor David und Salomo nicht derFall war. Ebenso wird es sich mit der Icainitentafel (Gen 4 i~ff.), welche dieEntstehung der verschiedenen Lebens- und Berufsarten veranschanlichenwill, verhalten. Diese weist zugleich auf die Phönizier bzw. Kanaaniter überl~aupt,als die Vermittler dieses Mythns an die Israeliten. Dass in letzterLinie deutliche Spuren auf Babel (das als Urheimat des Menschengeschleclitsgilt) als ursprüngliche Heimat des Mythus weisen, schliesst dasandere nicht aus. Bei den regen Kulturbeziehungen zwischen Babylonien undKanaan schon im 15. Jahrh. v. Chr. ist ein friihzeitiges Eindringen desMythus in Eauaan noch vor der Einwanderung der Israeliten keineswegsunwahrscheinlich.


112 Zweiter Teil. I. Nahrung, Kleidung undWohnung. [$ 17.--gesiedelt I und durch die Landesnatur auf die Viehzucht hingewiesenwaren; die Rekhabiten aus Prinzip, das religiös motivirtwurde (Jer 35 6-10 vgl. 5 25).Eine Abbildung der alten Zelte haben wir nicht. Die StadtEclessa riihmte sich allerdings, irn Besitze des Zeltes Jakobs zusein (SYNCELL. Chroii. 107). Wir clürfeii uns übrigens die altenZelte wie die heutigen vorstellen, die noch von primitiver Einfachheitsind. Die Zeltdecke [jeri'd/L), wohl aus Tierfellen bestehend,ist heute wie bei den Israeliten ein grobes und festesGewebe aus schwarzem Ziegenhaar (vgl. Cant 1 6 clie „schwarzenZelte" Kedars), von clen Reduinenfranen auf ihren primitivenWebstühlen in langen schmalen Streifen selbst verfertigt. Daherreden die Araber von ihrem ,härenen Haus' (halt wabcci., 6nitscha'r). Dieser Stoff hält auchden heftigsten Regen ab,namentlich wenn er nicht mehrganz neu, sondern schon etwasverfilzt ist. Die einzelnen Streifenwerden je nach der Tiefedes Zeltes zusammengenäht (Ex26 3) und bei clen Beduinen clersyrischen Wüste gewöhnlichüber 9 Zeltstangen von 5-6Fuss Höhe, welche je zu dreienFig. 38. Altes assyrisches Zelt ausICujundschilr.stehen, ausgespannt, so dassclas Zelt auf cler vorderen Seitebis zu Mannshöhe offen ist. Die mittlere Reihe ist gewöhnlichetwas höher, daniit das Zeltdach nach vorn uncl hinten abfällt.Eiii ebensolches Gewebe, clas an den drei mittleren Pf2hlenvon vorn nach hinten durch das Zelt gezogen ist, teilt es inzwei Hälften; die eine bildet die Männerabteilung, die anderedie TVeiberabteiluug (eheder Cant 14 3 4 Jdc 15 I), wenn niclitclie Prauen ein eigenes Zelt haben, was allerdings nur bei sehrreiche11 Schechs und bei den reichen Patriarchen der Fall ist(Gen 24 6 7). Auf der Hinterseite des Zelts hängt ebenfalls einsolcher Stoffstreifen herunter, um den Wind uncl die Sonne abzuhalten.Mit langen starken Seilen (jetelg, die niclit am Zelt-Auf diesen Grenzgebieten findet sich zu allen Zeiten eine halb ansässige,halb uomadisirende Bevölkerung.


9 17.1 Die Wohnung nnd illre Einriclitnng. 113dach unmittelbar, sondern an angenghten Holzösen befestigt sincl,~vircl das straff angespannte Zelttuch an die fest in den Bodeneingerammten hölzernen Zeltpflöcke [jBt/lerl) gebunden. Seil undPflock halten clas Zelt, reisst das Seil oder mird cler Pfloclc herausgezogeii,so stürzt clas Zelt zusammen (daher jether als Bild des,Lebensfadcnsl Hiob 4 zi 30 11 u. a.). Die Zelte selbst sillcl leichtt,ransportabel und sehr rasch auf- und abzuschlagen.Die Zelte eines Stammes oder Geschlecli ts vereinigen sich zueiileili Zeltlager. Wo es wenige Zelte sind, werden sie heutziitageiin Kreis aufgestellt, so clas hebräische Zeltlager, wie cler NametZt.01~ zeigt ; bei grosseii Lagern (es gibt deren solche, die mehrereliuiidert Zelte zählen) stehen sie in langeil Reihen. Das Zelt desSchechs, häufig durchQrösse ausgezeiclinet,aber nie durch feinereAusfiihruilg, ist ge-~völinlich iiri Zeltlcreisdas erste Zelt rechterPIancl voin Eintretenden.Einfacli wie clasZelt ist auch seine Einrichtung.Ein paargrobe Strohmatten becleclceneinen Teil des li'ig. 39. Essende Araber.Bodens; sie dienen alsStiihl nrid Bett. Ein Loch in der Mitte des Bodens cler nilännerabteilungdient als Herd. Die Tlioillampe ist ein unentbelirlichesStück. Den Tisch vertritt die Strohmatte oder ein rundesStiick Leder (scht~lchri?l), das auf den1 Boden ausgebreitetwird. Durch eiserne Ringe am Rand wircl ein Strick gezogen,so class es beim Marsch wie ein Beutel an ein Kamel gehängtwerden kann '. Die Eedniiien cler syrischen Wüste bedienen sichhäufig .wie die Fellachen einer Messingplatte, die auf ein kleinesSchemelchen gestellt mird. Schläuche von Ziegenfellen ozb'cl,ch&atet/z) mit auswärts gekehrten Haaren bergen clas GetreideI NIEBUHR, Reisen 1212.2 Von den Weinschläuchen berichtet NIEBUI-IR (Reiscii I 212), dass dieHaare einwärts gekehrt seien.B eiizing er, Hehiaisclie Aichaologie. 8


114 Zweiter Teil. I. Nahrung, ICleid~ing und Wohilung. [§ 17.iind die Flüssigkeiten (Jdc 4 19) und dienen zur Bereitung vonButter, die stets in gescliii~olzenem Zustand in Schläiiclien iiiitgeführtwird. Nimmt man dazn etwa noch eine Handmühle, vielleichteine eiserne Pfanne zuni Backeii und die nötigsten Scliüsseliifür clas Essen, rohe Metallschüsselii, in ältester Zeit Ledergefässeoder ausgehöhlte Früchte U. dgl. - denn zerbrechliche Thonwaarenkann der Beduine nicht brauchen -, endlich die Icamels-satte1 und -taschen, so hat man clas ganze IVIeublemei~t einesBecl~iinenzelts beisaiiiinen. Mit Ausnahme der Teppiche (uiid etwacler Sättel) wird alles in der Weiberabteilung, der Rumpellrainrner,iiiedergelegt (vgl. Gen 31 34). SO ist heute das Beclnineiizelt vonieicli und arm, so war es vor Jahrtausenden.2. Neben denzelten werden die Hütten (sz~/ilicitlL) genannt,d. h. aus Zweigen, Strauchwerli U. dgl., wohl auch ans Lehn1errichtete Behausungen. Solche Hütten sollen noch heute beiden ~iabein der Sinaihalbinsel vorkommen1, für die alten Israelitenlässt sich dies jedoch auch aus Lev 23 43 niclit scliliessen,da wir es hier nicht mit einer liistorischen Reininisceiiz zu tunhaben, sondern mit einer Theorie, die clas Laubhüttenfest ge-schichtlich inotiviren will. Ilagegen cliirfte Geil 33 1 7 ~ zeigen,dass auch die nomaclisirenden Zeltbe~vohner hie und dazum Schutzfür ihr Vieh solche Hütten bauen mochten. Das Bewohnen vonHütten in den Weinbergen und Oelgärten zur Zeit des Herbstfestesbraucht lreine weitere Erklärung; in1 Sommer uncl namentlichin der Weinlese verlassen noch heute clie Palästineiiser ihrDorf, zieheii hinaus in ihre Weinberge und Olivengärten undbanen sich dort Laubhütten.3. Von den Höhlen in Palästina ist schon oben (8. 60) dieRede gewesen. Es darf wohl angenommen werden, dass auch dieIsraeliten in den ersten Zeiten nach der Einwanderung, wie vorihnen einzelne Teile der ansässigen Lanclesbewohner, wie nochheutzutage viele Fellachen, von diesen Höhlen Gebrauch inachten,z. T. sie liiinstlicli erweiternd und ausarbeitend. Doch haben wirhiefür aus dem A. T. keine Belege; dort erscheinen die Höhlenvielmehr nur als ausserorclentliclie Wohnstätten, als Zuflnclitsorteim Krieg U. dgl. (Jud 6 2 1588. I Sain 136 U. a.). EbeiisoBURCKHARDT, Syrien 858.Ob~vohl auch hier die Erzälilung zunächst ZLI etymologischen Zweckcnerfunden ist.


5 17.1 Die Wohnung und ihre Einrichtung. 115dienten sie wolil, wie noch heute sehr liäufig, als Stätte für dasVieh (s. S. 135).4. Häiis er zu bauen haben die Israeliten von den Kanaaniterngelernt. Die Eanart cler Häuser war und ist in Palästinawie iiberall in erster Linie abhängig vom Klima uncl cler Landesbeschaffenlieit.Vom Klima - insofern dasselbe clen Häusern nicht dieAufgabe stellt, vor grimmiger Kälte zu schützen, sondern nurvor den Sonnenstialilen und Regengüssen Obdach zu gewähren;es verlangt also auf der einen Seite kühle kellerartige Rsume uiidgestattet anf der anderen Seite leichte, luftige Bauten. So treffenwir zu allen Zeiten nebeneinander die dicken massiven Gewölbebauten,in die wenig Licht und Luft eindringen kann, uiid die primitivenLehmhütten, die gerade noch den TVinterregen abhalten(uncl das nicht immer!). Nocli ein anderes kommt hinzu: dasI


116 Zweiter Teil. I, Nahrniig, Iileidung und \TTohnaug. [$ 17.Ebene allerdings waren die Bewohner von jeher auf Lehni-Ziegelangewiesen, clie an der Sonne getrocltnet oder ancli gebranntmurclen. In alter Zeit scheint viel mehr als heute mit solclieriZiegelii gebant morden zu sein.TTo alle Bedingungen durch Jalirhu:lderte so sehr sichgleich geblieben siiid, kann sich die Bauart nicht viel veräiiderthaben uncl clas Haus des heutigen Paliistineiisers darf als Musterdes alt-israelitischeri Hauses gelten ; ist es doch so einfach, dasssich etwas Primitiveres von Bauwerk kaum denken lässt.Der wohlhabende Fellache im Gebirgslancl und der ordentlichsituirte Städter errichtet sich einen soweit ganz stattlichenGewölbeban aus nielir ocler weiiigcr fein behauenen Steinen. DieWohnungen sind grosse und hohe, von clickeii~1auern uinschlosseileZinziner, deren Dachgewölbe auf ungeheuren niassiven Pfeilernruht. Selten sieht man in clieseii Raunilichlceiteii scharfe Kanten,korrelite Bögen oder geiiaue Winkel, clagegeii ist alles fest nnddauerhaft, alles von Stein, selbst Thiir- uiicl Feilstereinfassuilge~i.Eine Haiiptsache bei diesen schweren Gewölbebauten ist eine guteGrundlage. Man strebt clarnacli, clie Fnnclamente aiif festen Felszu legen wo man diesen nicht findet, geht man mit dem Pundaineiltwenigstens so tief, als man nachher das Haus in die Höhebaut. Dei starlie Wiiiterregen wiircle ein nicht gehörig tiefesPundainent von blosser Erde unter cler grossen Last rasch zun?Weichen bringen (vgl. Matth. 7 zdff.).Wo die Mittel nicht zu einen? solchen Gernölbeban reichen,errichtet man in1 Quadrat vier Mauern aus kleinen beliaueiienoder unbehauenen Steinen mit Mörtel ocler Lehm als Eindemittel.Diese werden mit ein paar rohen Baumstärnmeii, Aesten undReisig übercleckt, darüber eine etwa einen Fuss diclce Erdscliichtfestgestampft. Das Ganze wird daiiii schliesslich mit einem ausLehm und Stroh bereiteten Brei iiberzogen. Eiii solclles Dachhält, wenn immer wieder/ gut ausgebessert, clen Winterregen ab. Inden grossen Ebeneii endlich nimmt Inan statt der Steine für clieWand getrocliiiete Backsteine und Schlanlin. Aii diesen Lehmclörfernkann inan noch heute beobachten, wie manches Haus, von1IaiigenTViiiterregen eingeweicht, zusainnienbriclit, ja wie ein ganzerOrt, meiiii er einmalverlassen ist (was nicht selteii vorli-omint), balclVTgl. KLEIN in ZDPV I11 1880 X. 103ff.; T. TOELER, DeirilcbliitterS. 153-178.


5 17.1 Die\Vohnung und ihre Einrichtung. 117spurlos vom Erboden verschwindet, abgesehen etwa von clen paarausgemaiierteii Br~inneil, die seine Lage noch bezeichnen. KeinWunder, dass so mancher AT1. Ort auch von1 sorgfältigstenForscher nicht mehr zu finden ist.Nur die ~vohlliabenclen Leute errichten iiber den1 Parterreziinmernoch einen weiteren Stocli, d. h. ein lileiiies Obergeinacli.Ohneclies ist clas nur möglich lsei den festen Gewölbebauteil.Diese 'iilltje ist gewöhnlich etwas sorgfaltiger gebaut als cliennteren lZäunilichkeiteii, WO Melisch und Vieh untereiiianclersind; illre TVancle sind verputzt, der Boden ceiiientirt. Hier istman ~~ngestört vor cler Zudringlichlreit cler Leute, die unteii ungeladenaus- uncl eingehen. Meist ist vor dein Obergemacli eineTerrasse, bei besseren Häusern init einer Brustwehr versehen,abends uncl morgens cler angenehmste Aufenthaltsort iin ganzenHaus. Iin Soinmer sieht niaii sehr vielfach aucli auf clen Dächerneleiicler I-Iäuser kleiiie Obergeinäclier, ,Hiitten' aus Zweigen,Matten uncl Laub, worin sich clie 5e.ivohiier vor der driiclienclen,däi~ipfigen Hitze und deiii Ungeziefer des Unterstoclis fliichten.Abgesehen von diesen1 Obergeinach besteht das ganze ,Hauscnur aus cleiii eiiien grossen, gewölbten Raum. Dieses Ziminerist in zwei Abteilungen eingeteilt, von clenen die eine etwas erhöhtist. Diese dient den Menschen zum Anfenthalt, clie andereHälfte bexohnt das Vieh, Ochsen, Kühe, Esel, I-liiliiier ii. s. JV.,clie auch zur Faiiiilie cles Fellaclien gehören. Beim Stäclter fälltdies natürlich vTeg, ebenso hat cler grosse Herdenbesitzer eigeneStalle. Viele Fenster hat das Zirnmer iiicht. Dei Orieiitalebraucht wellig Licht und Luft, grosse Oeffnungeii wiirdeii nur derSonne und dein Regen Zutritt verstatten. Ebenso mag sich derRauch eiiien Austveg suchen, wo er will.Eine ganz eigene Bauart zeigen clie Jerusalemer Häuser.Bei dein Mangel aii Quellen in Jeriisalem ist jedes Haus auf seineeigene Cisteriie angewiesen. Diese verlangt einen Hof in1 Iniierncles Hauses. Dariiach riclitet sich nun die ganze Anlage: vonallen unter freiem Himmel liegenden Flächen cles Hauseswird jeder Tropfen Eegenmasser sorgfältig nlittelst Röhren lindRinnen auf den Boden des Hofes, ~~iiter dem clie Cisteriie liegt,geleitet und von dort in Kanälen cler Cisternenöffnnng in einerEcbe des Hofes zugefiihrt. Ein solches niehrzimmeriges Haus istiiuii aber nicht ein Gebäude mit zwei ocler drei Stockwerken senlirechtübereinaiicler, sonclern vielmehr eine Gruppe von eiiizelneii,


118 Zweiter Teil. I. Nahrung, Kleidung und Wohnung. [S 17.ungleich hohen Häuschen oder Zimmern, je mit eigenen Dächernund Zugängen (Treppen).Was wir aus dem A. T. oder aus 'Cieberresten alter Bautenmissen, stimint ganz zu diesem Bild, das uns die Neuzeit bietet.DasVorbild des Hauses ist nicht etwa das Zelt, sondern dieHöhle gewesen. Sie zu erweitern und etwa regelinässig zu gestaltenwar die eiste Arbeit menschlicher Kunst, iin massiven Felsmit eigener Hand ein solches Gemach neu ariszuliauen war derzweite Fortschritt. Ebenso früh mag dazu ein drittes gelioinniensein: die natürliche Höhle durch eine einfache Steinschicht, eineiiVorbau, abzuschliessen zur geschützten Wohnnng. Mit alledemwar dann auch der Anlass gegeben, gewisse Formen für clie Zugängeund Oeffnungen auszubilden. Auf dieser Stufe cler Eiltwiclrlungstehend diirfen wir uns das alte Jerusalem zur ZeitDavids im wesentlichen vorstellen. JQie die ineisten Städte wares am Hügelrand hinauf gebaut, Die Häuser standen nicht frei,sondern lehnten sich gegen den Abhang der oberen Terrasse, sodass eine oder mehrere Wände durch den natürlichen Fels gebildetwurden. Noch heute ist das Bild mancher ~xlästinensischenOrte ein ganz iihnliches. Namentlich lehrreich ist in dieser Beziehungdie Anlage des Dorfes Silwan am Abhang cles Oelberges.Dort stehen neben den natürlichen, nur wenig erweiterten Eöhle~i,in denen eine Faniilie haust, kleine Häuser, deren Vorderfrontfreisteht uncl eineii ganz leidlichen Einclruck macht.Die einfachen Häuser der alten Israeliten Jvareii ineistaus Lehmziegeln (Zebh&?zR/L) oder aus kleinen unbehauenenSteinen, die mit Lehm1 verbunden wurden, gebaut (Gen 11 3).Auch Kalk war den Hebräern ziemlich frühe bekannt (Ain 2 iJes 33 12). Man überzog die Mauern niit Kalk (Ez 13 ioff. Dt274), das Hänfigere mar jedoch, dass sie einfach mit Lehin beworfenwurden (Lev 14 sif.). Behauene Steine, Quader (gcizit/l)verwendete wohl der König zu Teinpel uncl Palast (I Reg 7 gff.),aber dass ihm in späteren Zeiten die Reichen das nachmachten,war tadelnswerter Luxus und Uebermut (Am 5 ii vgl. Jes 9 9).Eine räthselhafte Erscheinung ist der sog. „AussatziL cler Häuser, beidem sich an den Wänden „griinliche oder röthliche Grübchen zeigen, clieFür Lehm und Mörtel gebrancht das Hebräische deuselben Ausdruclrclzonter Gen 11 3. Jer 43 a hat ~zelet für Mörtel. Wenn Gen 11 3 nachbabylonischer Sitte Asphalt als Mörtel verwendet wird, so beweist das natürlichnichts für die hebräische Bauweise.


8 17.1 DieWohnung und ihre Einricl~tun~. 119tiefer zn liegen scheinen als die Wandfiäche" (Lev 1433-~3).Man denkt vielfachan den Salpeterfrass, der aber weisslich ist, oder an flechtenartige Strukturen,wie sie an verwitternden Steinen und Mauern vorkommen. Von deinschon behaupteten Uebergang des menschliclien Aussatzes auf die Häuserkann keine Rede sein. Vgl. DILLYANN Z. d. St.Der Fussboclen war ein einfacher Estrich von Lehm. Dienicht sehr zahlreichen Fenster (challoiz) giengen nicht blos gegenclen Hof (wie heute gewöhnlich), sondern auch gegen die Strasse ;sie waren, wie noch jetzt, mit hölzerneil Gittern versehen ('esehnlibh,'np.ubbdl~ Jnd 5 2s I Reg 6 4 Prv 7 G ), und vertraten zugleichdie Stelle cles Kamins (Hos 133).Die Tliiiren ((leletlo warenniedrig, nach Prv 1719 erscheint das Hochbauen der Thiiren gefiihrlich;grosse Gebäucle hatten Fliigelthüren (I Reg 6 7 60).Die Thüre, gewöhnlich aus Holz, bisweilen auch aus einer Steiiiplattebestehend, wie anclen alten Häusern iinNauran zu selien, drehtcsich mittelst Zapfen (~irPrv 26 14) in Zapfenlöcliern(pOt/tOtl~ IReg 7 50),die unten und oben in clenmeist steinernen Thiirschwellenausgehauenwaren. Sie wurden verschlossenmittelst einesinwendig vorgeschobenen Fig. 40. Arabisches Schloss.Riegels (berP~cltJ, clenman mit einem Schliissel (lilc~pht&~ch) von aussen und innenzurückschieben konnte. Die alten hebräischen Schlösser glichenwohl in1 wesentlichen den im modernen Syrien gebräuchlichen.Bei diesen wird cler Riegel dadurch festgelialten, class, sobald erin das Loch des Tliiirpfostens vorgeschoben ist, eine Anzahl voneisernen Stiften (in bestiinmterWeise gruppirt) in die entsprechendenLöcher des Riegels herabfallen. Der Schlüssel (Fig. 40, 4),ein Kolzstück, hat an seinem einen Ende ebenso viele Nägel in clergleichen Weise angeordnet. Fiihrt man den Schliissel von der Seitelier in die Riegelrinne ein, so liann man mit den Nägeln des Schlüsselsvon anten in die Löclier des Riegels eingreifen und die heruntergefallenen Stifte cles Schlosses in clie Höhe heben, woraufdann der Riegel sich zuriiclischieben lässt. Diese Schlösser iincldie dazu gehörigen Schlüssel haben eine recht ansehnliche Grösse,


120 Zweiter Teil. I. Nahrung, ICleidung uncl TTToliiiung. [$ 17.naineiitlich an grossen Gebg~iden (vgl. cleil Ausdruck: clie Bchliisseleines Hauses jeinaiicl auf die Schtiltern legen Jes 22 22).Zu jecleiz ,Terusaleiiier Haus gehörte, wie schon erwäliiit,eine eigene Clisterne und eben damit auch ein ~1~e1111 auch ldeiiierHof (I1 Sain 112 Neh 8 i~). Uebrigens nird aucli von Raueriihäuserilberichtet, dass sie Hof und Cisteriie liatteil (I1 Sam 17 isPrv 5 E).Die Bedacliung war einfach, wo iliail Lniigliolz hatte. 111Jerusalein uiicl sonst, JVO man dieses eiitbehren inusste, stellteman sie bei grösseren Räiuneu, welche inan nicht mit Steinplattenvon Mauer zii Maiier iiherdeckeil konnte, claclnrch her, dass inangrösseie Steiiiballien schräg iiber die Eclreii legte nncl clies wieclerholte,bis der Zwischenrauin lilein g-eii~ig war. Auf diese Weiseerhielt man lruppelartige Dächer, die daiiii oben init Lelirn etc.zugedeclrt wurden. Schon frühe liabeiz übrigens die IHlebr" aer verstandenGewölbe zu baueii, znill-ichst Kuppeln über cluadratischeRäiime, später die schwierigeren L;~iiggewölbe. Nach :luiissen wardas Kuppeldach ineist nasgebant zur flachen Dachterrasse (Tjlsig),uncl auch wo dies nicht der Fall war l, liess clie IZnppel Raumzuin Geheii frei. Auf cliesem flncheii Dache, zu dem voii clerStrasse (oder voin Hof) eiiie direkte Treppe fülirte, liielt niaiisich sehr viel auf: inan gielig dort iri cler Abei~rllriihle spazieren(I1 Sain 11 2 Daii 4 ZG), schlief dort iiii Soilimer (I San1 9 25) unclverrichtete auch wolil nianches li5usliche Geschäft clort (Jos 2 GTrockilen der Flaclissteiigel). Zuin Scliiitz gegen die Soiiile erricliteteinan sich anf deni Dach Irleiiie Wiitteii ans Zweigen etc.(11 Sam 16 22 Ne11 8 16). Auf clein Dache war nlan in cler Oeffentlichkeit:inail koiiiite von hier aus geschickt beobachten, was aufder Strasse, iin Haushof ocler in den Kachbarliöfeii vorgieng(Jes 22 I Jdc 16 27 I1 Sam 11 2). Ebenso wnscle inan selbstvon iiberdl her, iisi~~eiitlicli von deii anderen Uacherii geselieiiund nahm clesslialb auf dem Dach vor, was in die Oefl'entlichkeitlroinmen sollte (I1 Sam 16 22); auf cleil Dächern ertönte das Klaggeschreibei öffentlichein Unglück (Jes 153 Jer 48 38), von denDächerii herab mochte man zuin Volke recleiz (Ahttli 10 27). Beidieser vielfachen Benütziiiig cles Daches verlangte das alte Ge-l Heute sincl die Ge~~ölbe cler Fellaclienhä~iser selten oben zur Plattformausgebaut, daher die iileisten Häuser ganz ruinenlinft oder docli unfertigaussehen.


17.1 Die Wolinung und ihre Einriclitung. 121~vohilheitsreclit (Dt 22 s), dass das Dach mit einein Geländer umgebensein solle. Trotz cles Geländers stieg inan leicht von einemDach auf das andere hiiiiiber und konnte so ganze Strassen eiltlangauf den Dächern geheii (vgl. Marc 1315; JOSEPIIUS Ant.XI11 140).Das Haus des gewöhnlichen Mannes bestand in alter Zeitaus cleni einen Ziiiiiner zu ebener Erde, hatte aber vielfach wiehente ein Obergeinach ('nkijjdl-). Dorthin zog man sich, weil esliiihl war, zur Ruhe zuriiclr, auch zu geheimer Besprechung (Jdc3 20ff.) oder in Trauer (I1 Sain 19 I), überhaupt um iingestört zusein. Angesehene Gäste bettete inan dort (I Reg 1719 IT Reg4 10 I Sam 9 25, wenn in letzterer Stelle nicht einfach das flacheDach unter freiem Himmel gemeint ist). Die Häuser der Reichenzeichneten sich liauptsächlicl-i dadurch aLis, dass sie inehr unclgrössere Eäumlichkeiten hatten. Zwar inelirstöckig iin eigentlichenSinn waren nur die grösseren Paläste z. 13. das LibanonwaldliausSalonios (I Reg 7 aff.). Dagegen hatten die Häuser clerVornehineii auf ebener Erde eine Eeilie von Gemächern. Leiderist clas TToliilliaus cles Salomo gar nicht beschrieben; mir habenes uns 1~0111 mit verschiedenen Flügelii, unterbrochen durch Höfe11nd Garten zu denken (Jer 32 2). Besondere Ziininer für Winterund Sommer werden erwähnt (Am 3 15 Jer 36 22). Fiir solchegrössere Häuserkomplese war dann ein eigener Thorliüter oclereine Thürhüterin notwendig (11 Sani 4 6 vgl. J011 1816).111 diesen Grniiclziigen hat clas hebrtiische Haus keine wesentlichenAenderniigen erfahren, such nicht als mit zuilehmendeniLuxus in cler späteren Königszeit die einfachen Woliilungen deralten Zeit denVornehnien nicht mehr gut genug waren. Da wrurdenvon ihnen geräumige, palastartige Häuser init vielen Ziinilierngebaut (


122 Zweiter Teil. I. Nahrung, Kleidung und Wohnung. [5 17.oder Ceclernholz und täferte damit aiich die Wände (Jer 22 14 Hag14)) ja man legte diese Täferung, sowie Thiir- uncl Fensterpfostenmit Elfenbein ans (I Reg 22 39 Am 3 15), überzog sie mit Goldblech(I Reg 6 20) oder verzierte sie mit Schnitzereien (I Reg6 1s 29). Aiich die Sitte, die Tliiirsch~velle mit Sprüchen zu bemalen1,scheint in der Königszeit aufgelromnien zu sein (Dt 6 9).Statt des blossen Estrichs wurde der Fussboclen mit Holz-(Cypressen-)bretternbelegt (I Reg 6 15) oder gepflastert wie clie Höfe(I1 Reg 16 17)) anch wohl mit kostbaren Teppichen bedeckt;daneben erscheinengrosse Fenster alscharakteristischesMerlrmal prächtigerBanten (Jer 22 14).Ob und wie weit clieVerwendung vonSa~ilen iind Säulenhallen,wie sie aiaSdomonischen Tem-7 pel iind Palast sichfanden, auch bei Pri-- vathäusern nachge-ahmt wurde, wissen=- -. -.-:_-E---wir nicht. Auch der-~-- griechisch - röiiiisclieL.Baustil, der in der-,--H --C - - . . /..--- zu~.Y-~-F Periode des Hellenis-. . .- --mus seinen EinzngPig 41. Modell eines 5gyptischeii Hauses.(Verbindung von Lehm- und Lattenwänden.)hielt, blieb auf diegrossen Bauten (Pa-läste, Theater, Thermen etc.) beschränkt, ohne die gewöliiiliclleBaiiart der Juden wesentlich zu beeinflusseii.Der beschriebene hebräische Baustil weicht in wesentlicheilPunkte11 von der Art der ägyptischen Hauser vollständig ab;clas ägyptische Haus ist lrein solides Steingebäude, sondern eineleichte Baraclre, vielfach vorwiegend Zimmermaniisarbeit; es zeigtausgeprägte Stilformen, namentlich eine sehr ausgedehnte Ver-Vgl. damit die heutige Sitte der lfuslim, überall an den TVändenI


s 17.1 DieTVohnung und ihre Einrichtung. 123wendung der Holzsäule, und hat, wenn auch nicht immer mehrereStoclr~~erlre , so doch eine regelmässige und planvolle Anlageder Zimmer. Auch die Lehmhütte des Armen verrät den Einflussdes Holzbaues.5. Die Einrichtung des hebräischen Hauses warsehr einfach. Nach I1 Reg 4 io gehörten zur Ausstattung einesZimmers für einen geehrten Gast vier Stücke: Ruhebett, Tisch,Stuhl uiid Lampe.Das wichtigste Möbel war das Ruhebett (miJCdll, 'e).esl), inalter Zeit ein einfaches Holzgestell mit Füssen uncl einem etwasFig. 42.Aegyptisches Lager.erhöhten Kopfende (Gen 47 3i), wahrscheinlich dem ägyptischenähnlich; iiber classelbe wurden Matten, Polster oder Felle gelegt(I Sa 19 i~ff.). Ein eigentliches Bett kannten die Hebräer sowenigwie clie heutigen Orientalen. Tags iiber diente die rnigirl~ alsLager fiir Alte und Kranke (Gen 47 31 1 Sain 19 i~ff.); beiinEssen sass man auf diesem Sopha (ob mit untergeschlagenenBeinen? Ez 23 41; wohl aiich I Sa 20 25). Die von Osten eingedrungeneneue Mode liegend zu essen, tadelt Anios (3 iz 6 4).Bei den Reichen der spätere11 Königszeit wurcle viel Lux~is mitBeide Ausdrüclre scheinen nach Am 6 4 gleichbedeutend zii sein;Dt 3 ii ist 'eves der Sarg, kann also nicht urspriinglicll im Unterschied von71tittil7~ das Sopha bezeichilet haben.


P-124 Zweiter Teil. I. Naliruilg, ICleicluiig uncl 'CTTohuung. [S 1s.cliesein Ruhebett getrieben: das Gestell ~v~ircle siiit Elfeilbei11 eingelegt(Ain 6 4), ans Ceclernholz verfertigt, mit silberübeizogeiiesiE'üssen uncl einer snit Golclblecli belegten Lehne (Cant 310); auf dieseDivane legte siian misse Kissen und Polster, bedeckte sie mitfeiiieil Stoffen : lrostbaren Teppiclieii, purpurneii gestickten Uebei-~viirfeii, ägyptischer Leinn~and, Danlast aus Daiilaskns LI. clgl.(Am 3 12 Prv 7 ie Cant 3 10).Der Tisch hat seinen alten Nailien (scl~?~tcJ~&l) beibellalteil,aber an Stelle cler Ledercleclre ist ein Nolztisch init Füssen getreten(Jdc 17).Der Stuhl (lii~~d') gehörte im Unterschied von1 lieutigeilOrient zum iiotrvendigeii Mobiliar, da inail in alter Zeit heiT'ische sass (I Sa 20 5 I Reg 1380). TJeber seine Foriii wisse11J T iliclits, ~ ~ er mau VOM deii ägyptisclieii Stiihleii ähiilich.Die Lampe (91&r, i~/enu?.il/q, eiile 0ell:~iiipe mit Docht, mussteuiiuilteubrocheil brennen, vgl. clie Iteclensart ,)es verlöcclit dieLampe j~iizasiclsL1 = er ist mit seiner Familie untergegaiigeii(,Jer 26 10). Ebenso heute beiin Pellache~i uild Beduiilen; wen11es von einem heisst: „er schliift im Fiilstern", so will das sovielsagen als: er liat keiiien Pfennig mehr ur11 Oe1 zu lianfen, bei iliiilist cs Nattliäi ain letzteil. Vgl. hei den alten Grieche11 und Röniernclas nie erlöschende Feuer des Herdes.Diesen vier Stüclieii, die das gervöhiiliche Hxiisgeriit bilden,ist etwa noch anzufügen clas Kohleiibeclieii Taeh], wornit imWinter die Ziniiner erwärmt ~v~irden, menigsteiis bei clen Voriielimender sp5iteren Zeit (Jer 36 nn). Dasselbe ist lieute iiocli iiilOiierit iii Gebraiich.Ueber Kiicheilgeräthe, wie Krüge, Körbe, Schiisselii, Backofenet~.s. S. 85 ff. 93f.5 88. Dörfer und Städte.1. Die Anfänge cles Stäcltebaues werden von der israelitischeiiSage (Gen 4 17 aus J) an den Anfang des Meilscliengesclilechtshinaufgerüclit. Mit richtigem Gefülil iiiaclit die Sage nicht deilwandernden Hirten (Abel), sondern dcil angesesseiieii Aclierbauer(Kain) l zum ersten Stadtbewoliner.' Die Erzälilung Gen 417fi. weiss natürlich nichts von dem „Enstätund Aiiclitig sein" des Hain (Gen 4 14); vgl. 8. 111, Anili.


5 18.1 Dörfer und Städte. 125Auf ihren Ur s 13 r u 11 g angesehen sincl selir viele der spätereni~~aelitischenstädte kariaanitiscli. TQährend clie offeneiiOrtschaftendei Kanaaniter nieist ohne grosse Schwieriglieitei~ die neuen Ansiedlerin sich aufnahmen und so verliältnismässig rasch zu israelitischenOrtschaften wurden, erhielte11 sich clie festen Städte,uneinnehmbar fiir Nomadenhorclen die ans der Viiste kamen,iioch lange rein kanaaiiitiscli; sie fielen erst in später Zeit, zumTeil clurcli gewaltsame Eroberung, an die Israeliten. Gerade diemiclitigsten Städte der Israeliten waren ursprünglich kanaaiiitiscli,so z. B. Jerusalem, Jericho, Sichem, Hebron, Bethel U. a.Die Liste der von Tliutinosis I11 besiegten syrischen Städte eiithält nichtweniger als 118 Ortsnamen; cler Pap. Anastasi I,, der Iteisebericht einesvornehnien Aegypters zur Zeit Ramses 11. zälilt 56 feste Städte auf, davon18 norcllich von Tyriis. Auf den Tontafeln von Tell el-Amarna sind bis jetztzu identificiren die Orte: Ajalon, Alrlro, Aslralon, Beirfit, Byhlos, Ciiasor, C+atl~,Gath Rimmon, Gaza, Geser, Jeriisaleni, Lacliis, Negidclo, Tyrus, Sidon U. a.Daneben mag inanche andere Ortschaft rein israelitischenUrspriings sein. Ummauerte Höfe, iil clie man das Trieh beiXacEit eintrieb (Nuin 32 36)) an? liebsten bei eiiier Höhle angelegt,dabei ein massiver Turm a~ls loseii grösseren Steinen, auf clemdie Hütte cler Hirten aufgeschlagen wurde (i12i,qcldl, ~nigclul '&der,,Herdent~~riii'~), beicles zunächst dem Schutze gegen feiiidliclieAngriffe dienend, - clas iilögen clie ersten Anfinge einer festenSiedelung bei Kanaanitern und Israeliten gewesen seiii, vgl.clen Ausdruck ,vom TVaclitturin an bis zur befestigten Stadt'(TI Reg 17 9 18 8). Die Sitte solche ,Herdentürinei zu errichte11ist noch für die spätere Königszeit bezeugt (I1 Clir 26 io). Vielesolche Türme, zum Teil entschieden aus sehr alter Zeit stainmeiid,sind bis heute erhalten, namentlicli in der Wiiste Juda. Womöglichlegte iiian die Türme nahe bei Quellen an; in Ermangelung einersolchen grub man jedenfalls Cisteriien uncl Brnriiien aus (I1 Clir2610). An cliese Türme und Eiiifriedigungen schlossen sich Hüttenfiir die Menschen an, je melir sich die Herdenbesitzer daran gewöhnten,von eiiier festen Ansiedlung aus ihre Hercleii auf dieverschiedene11 Weideplätze auszusenden, statt iilit ihren Hercleilumlierziehencl clen Wohnsitz oft zu wecliseln. So hat z. E. Nabalseinen TVohiisitz in bla'on, seine zahlieicheii Herden n~eideiiiil der Steppe Judas (I Sain 25 2). Selbstverstäncllich uingab niaii1 TJTenil Gen 35 21 ~?zigdcil 'edel* als Nom. proprinm einer Ortschaft zue ersteh eil ist, so zeigt das ganz deutlich die Entstehung clerselben ans einemsolchen Turm an.


126 ZweiteF Teil. I. Nalirung, Kleidung und IITohnung. E9 1s-solche Siedelungen um clen Turm her init einer gemeinsamenSchutzmauer. War es so vor allein das Bedürfnis des Schutzesgegen Plünderung, was die Hirtenbevölkerung zu fester Ailsiecllungbewog, so war für den Aclcerbauern ein fester Wohnsitz vonvornherein etwas selbstverständlich notwendiges. Zunächst warenes einzelne Gehöfte, in denen sich eine Familie, eine Sippe, niederliessinmitten ihrer Felder, die sie bebaute (vgl. Jclc 17 u. 18). Indeindann aber bei Vergrösserung der Familie immer melir Glieder sichbei dein Hofe anbauten, wohl auch Hörige und arme Freie dasgleiche taten, uin den Schutz einer mächtigen Sippe zu geniessen,wuchsen solche Bauernhöfe iin Laufe cler Zeit ebenfalls zu ganzenOrtschaften an, die bald offen blieben, balcl mit Turm oder Burgund Mauer befestigt wurden.Endlich verdanken auch auf palästinensischem Boden eineReihe von Städten ihre Entstehung dem TITillen eines Fiirsten.Aus alter Zeit wircl uns nur eine Stacltgründung eines israelitischenKönigs berichtet, clie Erbauung cler Residenzststdt Samariaclnrch Omii (I Reg 16 24) l. ITin SO häufiger sind solche Städtegiündungenin cler griechischen Zeit. Alexander der Grosse uncldie Diadochen haben nianche Stadt neu gebaut: Pella, Dion,Gerasa mögen auf Alexander selbst zurücligehen, Städte wie Anthedon,Apollunia, Hippos, Gadara LI. a. sind schon durch ihreilNamen als Gründungen der hellenistischen Zeit gekennzeichnet.Vor allem baulustig waren später die Herodianer. Herodes derGrosse baute sich das alte Samaria zur glänzenden HauptstadtSebaste um, legte das grossartige Caesarea am Meer aii, gründetenördlich von Jericho die Stadt Phasaelis, schuf sich eine Reihevon Festungen: zwei Herodeion, Alexanclreion, Hyrcania U. a.Eine Schöpfung des Herodes Antip~s aus der Zeit cles Tiheriusist unter anderen seine berühmte prächtige Hauptstadt Tiberias.Bei einem guten Teil der nach dem Namen solclier ,Gründer' etc.benannten Stadte handelt es sichallerdings bloss um Wiederaufbau,Vergrösserung und Neubenennung alter Orte. Wie bei solchenvielfach durch die Laune eines Herrschers ins Leben gerufenenStädten nicht anders zn erwarten war, sind manche dieser Gründungenvon ziemlich kurzem Bestand gewesen.Bei der Wahl des Platzes für eine Ansiedlung lram wie nochheute in Betracht, dass er hinreichend Wasser haben musste. 80I Reg 22 39 ist wolil vom Befestigen schon bestehender Städte gemeint.


5 18.1 Dörfer und Städte. 127manche Orte z.B.'En Gedi, 'En Gannim, 'En Der, 'En Schemesch,%n Rimmen etc. verraten sclion diirch ihre Namen, dass sie ihrenUrsprung einer schönen, wasserreichen Quelle in trockener Gegendverdanken. Nicht minder wichtig war, dass clie Lage einengewissen Schutz verlieh. Desshalb treffen wir von den Städten desHiigellandes sehr wenige unten in Talmulden gelegen; die Lagenvon Nazareth uncl Hebron (wenn letztere noch genau der der altenStadt entsprechen sollte) sincl auffällige Ausnahmen. Die grossenund festen Städte, vor allem Jernsalem selbst, Sailiaria, Jezre'elU. a. lagen auf Hiigeln. Aiich clie nicht selten vorkommendenNainen B%mtih, MispAh, Gebhac U. dgl, weisen auf eine hohe Lagehin. An1 Hiigelabhang erstreckte sich gewöhnlich die Ortschafthin, hinunter bis zur Quelle; droben auf dem Gipfel war die ON?ILNJLmit Altar, gerne auch die Dreschtenne an windiger Stelle unclbei unimauerten Städten die Burg mit dem\Vachtturin.2. Zwischen Stadt ('ir poet. .irjdJtJ und D 0 r f (eh&@?;~~~~d~dtlri, kdpher) wird irn A. T. genau unterschieden. 'tr ist dieinit einer Burg versehene umillauerte Stadt ('2~ chd?lzt(h Lev 25 e),ja der einfache Wachtturm kann schon als '2r bezeichnet merclen(I1 Reg 17 9) '. Dein gegenüber sind die chflq&rinz offene Ortschafteiiohne Mauer (Lev 25 31)) oder einzelstehende Gehöfte.Auch die Bewohner der ~I~?.~Z.O~IL werden Ez 38 11 als solche bezeichnet,welche ,ohne ManernL wohnen uncl keine Tliore undRiegel haben. Das Wort Izdphe?. endlich, das bei späteren SchriftstellernVürclie offene Ortschaft gebraucht ist, findet sich in dernachexilischen Zeit sehr häufig, namentlich als Bestandteil vonOrtsnamen auf palästinensischem Boden 3, vgl. Kapernaum, KapharSaba u. a.Im Allgemeinen zogen die Palästinenser das Wohnen inoffenen Ortschaften vor; sie wunderten sich, dass in Aeggptenauch die ackerbauende Bevölkerung sich in den engen, ummauertenStädten zusamnienschliesseil mochte.Der Unterschied von r.6p-q und nB1!< wird auch späterhin bei Josepliusnnd im N. T. streng festgehalten" Doch hat er in hellenistischer Zeit eine' 'ir scheint übrigens auch als allgemeine Bezeichnung für Ortschaftüberhaupt gebraucht worden zu sein, vgl. Dt 3 5.Cant 7 iz I Chr 27 26 I Sani 6 1s."Oplaer und k6pi23hCir haben mit dein hebräischen 7cipper nichts zuschaffen. Ihr Vorkommen auf palästinensischein Boden hängt mit dem Eiadringender aramäischen Sprache zusammen.7.6p.w sind 2.B. Bethanien (Joh 11 I), Beth~hage (Matth 21 2), Betlile-


128 Zweiter Teil. I. Nalirnng, Klcidung und Wohnung. [s 18.andere Bedeutung erhalten. Nicht in erster Linie um Grbsse oder Befestigunghandelt es sich jetzt, soudern nin Verfassung, Rechte U. clergl., ~velchebei clen Städten andere wareil als bei den Dcirfern. Mare 13s ist von zcuporib),c!


5 18.1 Dörfer und StLdte. 129.-Bei der Bildung cler hebräischen Ortsnameil finden haaptsächlichfolgende Ortsappellative Verwendung: bi;//~ (vgl. unsereOrtsnamen mit den1 Bestanclteil -haiiseil), 'il. und hirjcih (-stadt),c/t&ir (-clorf, -hof), li.Gp/td~ (-clorf; nur in späterer Zeit),~~tigdd/(-burg),'&~~e~c (-tal), ?'RI?~~/L, ?.idpJ~dl$ (Hollen-, -berg),hass, tt.l (-bei$, 'db/zcSI (-au), be'&t. (-bronn, -brnnilen),'~lji?h (-quell, -bach), it(o.7)be17 Jcere???, SCL~?L%?IL (-garten).Soweit wir aus den uns in ihrer Bedeutung lselcannten Ortsnamenentnehmen können, war für die Wahl bezw. Entstehiingder Namen massgebend :I) Der Ursprung einer Ortschaft: in ?nig~ldl[a] cliirfen wir einenHinmeis auf die Entstehung aus einem Herclentiirm (s. o.), einerBnrg sehen, vzochu?zeh [b] weist auf ein urspriii~gliclies Zeltlager(Standlager), cl~h.r&r[c] auf einen Bauernhof (oder ein Zeltlager?),szlk./iut/~ [CI] auf eine Nieclerlassnng von Hirteii, s. o. (Gen 33 17).a. i\ligdal'$l (JOS 193s),lIigdal G%d(Jos 15 ai), lNigclnlC~cler (Geil 38 21).b. nlachan6h Dan, Dlachdilajiinc. Mehrere Ch;& (Jos 11 i 1523 zc), Chasar'Adclar (Niinl 34 e), ChaiarSfiiLh (Stutenliof, Stuttgart Jos 19 D), Clia?ar 'Eniu (Nun1 3i g), U. a.d. ~uklr6tli (Gen 33 i7 I Reg 7 46).2. Die Ortlage : nii.rpcih (,Wartec), ?.Cislzd/~, geO/l(6', l@l [al,/tni.[b], bei hoher Lage auf einem Hügelgipfel; 'ci~~z [C], Oe'i;). [d],bei der Lage an einer schönen Quelle oder Brunnen, 'inz($ [e],jeCd?.im [f], kei.em [g], '6&/~21[1;1, bei der Lage in Tal, Wald,Garteri, Aue.a. Vgl. die verschiedenen JIispali, R&m%h, Gibh'ah etc.; die 3 Ortemit til (Te1 'Abhibh Ez 3 15; Te1 Charscha', Te1 Nelach Ez 2 59) sind alle inBabylonien gelegen. Heute sind Namen mit tell in ganz Syrien ausserordentlichhit~ifig ; in alter Zeit war gabhaC nnd ~ci.naci7z gebriiucblicher.b. Har Chere5 (Jdc 13,). Har Je'krim (Jos 16 10).c. '&n Gedi (Ez 47 io), 'E]n Ganniin (Jos 1534) und viele anclereii.d. Tor Schebhac (Jos 192) und andere.e. 'Emel~ Kesis (Jos 1821).f. Kirjath Jer2rim (,Tos 15 oo)g. Beth Halrkerem (Jer 6 I), 'AbhEl KerBmiin (Jdc 11 3s).11. 'Abhel lIIech6lkh (Jdc 7 22) und viele andere.3) Ausgezeichnete Produkte: BGth Lechein, Bethphage, BCtliTappiiach (Jos 1533), 'En Riinmon (Neli 1129),?An%bh(Jos 11 zi),'Abhel Haschschittiili (Nuin 33 4sj LI. n.4) Das an eiiieri Ort zuerst oder vorzugsweise angesiedelteGeschlecht (Clan) : Schonir6ii (Samaria) von Schemer (Clan- undRichtiger urspriiuglich scha~i~r6vz oder sehnm~nji,~. STADE, ZATV1885 TT l65ff.B eilz iiig er, Hebräisclie Arcliäologie. 9


130 Zm-eiter Teil. I. Naliiung, I


5 18.1 Dörfer uud Städte. 131Einmaiis zu Nikopolis, LJ clda zu Diospolis, Alclro zu Ptolemais, Kapharsalsa zuAntipatris, ja scliliesslicli Jerusaletn zu Aelia Capitolina. Aucli clie griecliisehenNamen wechselten: Stratons Tuiin wurde in Caesarea, Pnueas inCaesarea Philippi, zeitweise auch in Neronias, Antliedon in Agrippias unzgewandelt.Nur in seltener1 Fällen jedocli - ein Zeichen, wie der Hellenisinurnie sehr tief gieug - liaben sich diese griechisch-römischen Namen behauptet(z. B. Neapolis in dem he~itigen Nabillus; Sebaste in Sebasiije), meist sindclie alteii Nanlen bald vieder zum Vorschein gelroinmen und bis hente erhalteil,z. B. J erusaleni, 'dininan (Rabbath An~mon), Besan (Bcthseau), Ludd(Lydda), 'Alclrii. So liegt in clen hentigen Ortsnamen ~ielfach eine sehrg~~te Tradition vor.4. Sich ein geilaues Bild einer israelitisclieii Stadt zuliiaclieii, ist nicht so leicht, da wir keine eigentliche Beschreibuiigeines solchen Iiabeil. Vor allein clarf man sich diese Stäclte anVo 1 li s z a h 1 uiicl an Uiufaiig nicht zu gross vorstellen. Wir habenallerdings hierüber lieine bestimmten Angaben. Aber aus deinüber die Gesamilitzahl der Israeliten Gesagten (8. 36) folgt, dassvir selbst bei den Hau1,tstädteii Jerus:~lein iind Sainaria iiicl-itmit Zahlen rechiieii diirfeil, wie sie uns aus der Glaiizpeiiodeanderer alten Städte, etwa Rom, Athen, Alexandricn, Babylon,Antiochien LI. a., iiberliefert sind. Das Gleiche geht auch aus cleilAngaben über die Deportationen beiin Untergang der beideiiBeiche hervor. Sargoiis Pruiikinsclirift gibt die Zahl cler vonihm Deportirten auf 27 280 an. Dabei handelte es sich zwarnicht uni ganz Israel (so irrtiimlicli I1 Reg 176)) sondern ilur uinSamarien uricl TTingebuiig und anch hier nicht uni Wegfiihrungaller bis auf den letzten Marin. Aber aucli so ist die Zahl reclitklein für unsere Begriffe; denn jedenfalls sind darunter clie Beamtenund Priester, das in der Hauptstadt gefangen genoinmeiieisraelitische Heer und clie dort beim Herailrüclien des Belageynngsheereszusaininengeströmte Bevölkerung eingerechnet (vgl.STADE GVJ 12 GOOf.) Es dürfte also die stehende Bevöllieruiigvon Xall-iarien noch hiiiter clieser Suinine zurücligeblieben sein.Tgl. aucli das X. 55f. iiber die Bevölkerung Jerusalems Gesagfe.Aiilag e und Bauart der hebräischen Städte mögen iinwesentlicheil viel mit der des heutigen Orients gemein gehabtliaben. Bei ummauerten Städten war alles eng zusainiizengedräiigt,uni die Verteidiguilgslinie möglichst klein zu iliacheri; offene Ort-schaften mochten sich wohl weiter ausdehnen. Die Gassen clerStadt (clt~ycitl~ waren ausserorclentlich schmal l, krurilm, winlielig,JOSEPHUS (Bell. Jud. V1 8 5) redet von or~v(uxoin Jernsalem. SCHICK,ZDPV 1884 IV 217 ninlnlt im Durchschnitt, die Strassenbreite zu 2,76 m an.9*


132 Z~veiter Teil. I. Nahrung, Kleidnng und TTTohaung. 15 18.sclimntzig; bei Städten, clie aii einem steile11 Berg hinaufgebaut,waren, gaben wie noch heute die Diicher der niedriger stehcnclenHäuser clie Gassen fiir die höher liegenden ab. Von Strassenpfiasteruiigerfahren mir aus voresilischer Zeit nichts. Von Herocles CI. Gr.wird berichtet l, class er in Antiochia eine Hauptstrasse pflasterilliess, also inag er in seiner eigenen Residenzstadt ähnliches getanhaben, ausdrücklicli bezeugt ist dies aber erst von HeroclesAgrippa 11. 2. Uebrigens gah es zu Ahas' Zeiten Steinpflasterim Tempelvorhof (I1 Reg 16 17). &fit Strassenbeleuchtung undReinigung mag es ähnlich gestanden sein wie heutzutage - inanIraniite sie bis vor Kurzem nicht in1 Orient. TITasserleituilgen fiirclie Teiche und Brunnen hatte ausser ,Jerusalem wohl noch inaiiclieStaclt in grösserem oder lrleinerein Massstabe ; öffentliche Seiche,Brunnen uiicl Cisternen fehlten nirgends. Freie Plätze in1 Inneriider Btaclt gab es iiiclit, wob1 aber hatte jede Stadt einen solclienam Thor bzw. ai~ clen Thoren (Neli 8 16). Dort warcle Marlitgehalten (I1 Reg 7 I), Recht gesprochen (TI Sam 15 z Dt 21 ioU. ö.), dort wurcleil Kauf und Verliauf, Verträge aller Art reclitsgiltiggemacht (Gen 23 io Ruth 4 i ii U. a.). Alle wichtigenöffentlichen Angelegenheiten wnrclen dort verhandelt; die Königeversammelten dort clas Vollr (I Reg 22 10 I1 Glir 32 G Neh 8 I 3).Ueberhaupt ströinte unter dem Thore alles zasaininen zur geselligenUiiterhaltuiig, da es in alter Zeit keine solistigen öffentliche11Vergnüguiigsplätze gab. Obdachlose Frenide iibernachteten hierund fanclen cla wohl auch ain ehesten einen gastlichen Mann, clei*sie in sein Haus aufnahm (Gen 19 zf. Jdc 19 isff.). So Tv\.urde,was öffentlich bekannt werden sollte, unter dein Thore verliüiidigt(Jer 17 19 Prv 12i 8 3).Charaliteristisch fiir die Städte cles Orients ist, class clieHandwerker nach ihren1 Hanclwerk, die Kaufleute nach ihrenTVaaren je in einer bestimmten Narktstrasse zusaminenwohiiei~.Das scheint schon in alter Zeit in den grösseren Städte11 so gewesenzu sein. Iii Jerusalem gab es z. E. eine ,BäckergasseC(Jer 37 ZI), ein ,Tal der Zimmerleute' (1 Chr 4 1.1 Neh 11 35)pein ,FischthorC uncl ,Schafthorc, die wohl von dem in der Nahebefiiidlicliei~ Fisch- bzn~. Schafinarlit den Namen hatten, ein,TVallierfeldc (Jes 7 3 36 2). Neli 3 32 deutet auf Quartiere clerJOSEPFIUS Ant. J~icl. XVI 148.JOSEPHUS Bnt. Jucl. XX 222.


5 19.1 Cliaraliter der helsräisclien Familie. 133Goldschiniede uucl Krämer hin. JOSEPHUS erwähnt den Wollinarkt,den Basar cler Schiiliede und den Kleideriilarkt (Bell.Jud. V 8 I).Kap. 11.Die Fainilie iinad ihre Sitte.5 19. Charakter der hebräischen Familie.\TTROBERTSOX SAIITH, Kinship aild B1arriag.e in early Arabia, Cainlsriclge1883. Vgl. NOELDEHE, ZDDIG 1886 XL 148-187.1. Bei Ireineni Volli ist die Bedeutung cler Familie alsGrnncllage der ganzen Kulturentn~iclil~ing für uns so deutlich er-Bennbar, wie bei den Israeliten. Die anclerei~Völ1cer finden mir inlii~torisclie~ Zeit schon im Besitz einer ziemlich fortgeschritteilenstaatlichen Bildnng, wo bereits die Familie in den Hiiitergruncl getretenist. Die Israeliten stehen in ihrer ältesten historischen Zeitnoch ganz aiif der untersten Stufe politischer Gliederung, derGeschlechter- ocler Stanimesverfassuilg, bei welcher cler Fainiliedie grösste Bedeutung zukomint. Denn Geschlecht und Stammist ja nichts Anderes als die erweiterte Familie (s. 5 41). DieFamilie bestimmt die Sitte, scliafft das Recht und hat die Gerichtsbarlieit;clie Familie betreibt den Kult der Götter; alle öffeiitlicheiiAiigelegenlieiteil sincl Faniilienangelegenheiten. So gewinntbei den Hebräern die Fainilie, ja das einzelne Hauswesen, eineBedeutung, wie sie bei einem hoch entwiclielten Staatsleben nnmöglichist. Mehr nach der Kopfzalil der Fainilie als iiacli den1Reichtum an Vieh und Aeckern bemisst sich der Einflnss desFamilieiloberhaupts; sein TVort gilt, soweit er ihm dnrch SpeereKachdruck verleihe11 bann; er ist unabhängig, weil er sich selberschützen, sich jeclerzeit von dem Stamm treiiiieii liann; - er istmit eiileinWort ein Selbstherrscher, auch dein eiiizelnen Familienglieclegegeniibw, das vollständig aiif die Fanlilie angewiesen ist.Hier gerade tritt die Aehnlichlreit der altisraelitischen Verhältnissemit denen cler modernen Beduinen Syriens iii merkwürdigemGrade zu Tage.2. Die israelitische Familie der historischen Zeit steht auf derStufe der Polyganlie und damit des JIännerrechts. Es legt sichdie Frage nahe, ob nicht etwa Spuren einer älteren, niedrigerenEntwiclrlungsstufe, der Poly an drie vorhanclen sincl. Charakteristischist hier das Mutterrecht (Matriarchat): die leiblichen Be-


134 Zmeiter Seil. 11. Die Familie nricl ihre Sitte. [D 19.ziehuiigen zur Mutter gelteil fiir iingleich stärlier als die zumVater, clie Descenclenz wird desshalb in der weiblichen Linie gerechnet,die Kincler gehören zur gens der Mutter, iliclit desVaters und erben von der Muttei uncl deren Briiclern. Die Mythologielceiint vorzugsweise ~veibliclie Stammheroen. Für die altenAraber ist Polyandrie von 8~~~130 bezeugt (XVI 783). Bei denHebräern scheinen Spiireil des Mutte~rechts voizuliegeil, wennSTADES Vermutung richtig ist, dass einmal eine Forin der Geiiealogiebestand, in welcher clie israelitischen Stäiniiie als WeiberJalrobs erschienen. Ebenso lassen sich einzelne Ziige cler sp"t a erenFamilie am leichtesten aus clem Mutterrecht erlilären: clie Ruclimentecler Gescliwisterehe (s. 5 47)) die iiberall bei Polyaiidrie einegrosse Rolle spielte; die Eenennung des Neugeboreiieil durch diel\ilutter; die Adoptioil clurch die Hausmutter (,,sie soll aiif n~eiilenKiiieen gebären" Gen 30 3). Vererbiiiig geniäss der Abstaiiiiliuilgvon der IMiitter wird Gen 2110 voll Sara in Ai~sliiiich genominen :„Der Sohn dieser Sklavin soll niclit erben iiiit nzrine~it Soliii ".Auch die Leviratsehe bedeutete iiach TVRSAIITII 11rs1)riiilglic11vielleiclit Polyandrie. Imnierliin sind das weit zuriicliliegei~cle,cleiri Gedächtnis cler historischen Zeit eiltsch~~~uildene Zustände.3. Kinder zu zeugen, die das Geschlecht f~~tpflanzeii, ist cleiZweck der israelitischen Ehe. „Schaffe mir Kinder, T$-o niclitso sterbe ich", war clie Seliiisucht der israelitischenli'rau (Geil 301) ;7,~~~ercle ZU unzähligeil TausendenLi, lautete cler Begensmui~schder Eltern bei cler Heirat cler Tochter (Gen 24 60). Unfr~~clitbarsein war ein scliweres Unglück, ja eine Strafe Gottes (I Sain15ff.). Denn erst als 31iztter hatte clie Fran die volle angeseheneStellurig im eigenen Haus (1 San1 1 ~ f. Gen 164).Noch sclilinlmerwar es fiii cleii &Ianil, wenn er lieiiie Kiiider liatte; clenndamit drohte sein Haus unterzugehen. Selbstverständlicli nahinniemand dieses Schicltsal freiwilllig durcl-i Elielosiglieit auf sich ;man tat im Gegenteil bei iinfrnclitbarer Ehe alles mögliche, iiindas Verlösclien cles Nailiens z~i verhindern. &Ierkwiiindig ist, dassdas uns am nächstliegenden erscheinende Plfittel hiezii, die Arloptioileines fremden Kiilcles, bei den alten Hebrnern gar niclit vorlrain'; eher noch riiclrte der Slrlave, wenigstens was das Erbrechtanbelangte, in die Stelluilg eines Solines ein, gehörte er (loch' In Gen 16 z uncl den parallelen Fällen lianclelt es sich iiin einen Sohndes Hausvaters, niclit iim einen Blutsfremden.


9 19.1 Cliaralrter der hcbräischen Familie. 135schon vorher zur Familie (Gen 152 3). Ganz stehend war, dassman zur unfruchtbaren Frau noch eine zweite nah111. Bereitwilligführte clie Gattin dem 3ICTaiin ihre eigenen Sklavinnen zu; danngalten cleren Kinder aIs clie der Hausfrau selbst, uncl clie Sclimacliclei Kiiiderlosigkeit war von ihr genommen l. War aber ein Mannkiiiderlos verstorben, so blieb noch die Möglichlceit, dass clerBruder oder nächste Anverwandte des Verstorbenen clie Wittweheiratete. Der erste Sohn aus dieser Elie galt als So1111 des Verstorbenen.Es war clas eine heilige Pfliclit dem Verstorbenengegeniiber, rt~elclie selbst ein ausseiger$-öhnliches Vorgehen, wieclas cler Thamar (Gen 38 isff,), rechtfertigte.In dem Gesagten liegt der wesentliche Unterschiecl der altisraelitischenEhe Ton der griechisch-römischen (und cler modernen).Bei dieser ist der Zweck die Erzeugung vollbiirtigererbberechtiger Naclilcornrnen, wobei der Nachclruck auf derLegitimität der Geburt und dein darauf basirencleii Erbrecht liegt 2.Bei der alti~~aelitisclien Ehe dagegen esistirt der Unterscliiecl vonlegitim oder illegitim in diesem Sinn gar nicht. Schon die Sittecler Polygaiiiie scliliesst diesen Gegensatz aus. Die Kinder clesKebsweibes sind geracle so gut legitim, wie die der Hauptfrau:alle sincl Icincler cles Familienvaters 3, clie Vaterschaft ist sicher,edle sind deshalb erbberechtigt (Gen 21 10, s. 47). Sogar deriin strengsten Sinn uneheliche Jephta, cler Sohn einer i301z&lr, wirdim Hause seines Vaters init den legitimen Kindern erzogen, anclwenn diese ihn spater vom Hofe verjagen, so geht dabei Machtvor Recht. Es sollen also nicht durcli clie Form cler Ehe clieKinder einer bestimmten Frau als legitime deil anderen gegeniibergelrennzeichnet wercleii, sonclerii der 3Iaiiii geht clie Ehe ein undbegnügt sich nicht init den1 freien geschlechtlichen Umgang miteiner gewerbsmassigen Hure, um Kinder zn belioinmen, clie seinGeschlecht fortfiihren. Die Vaterschaft allein kommt in Betracht ;wer die Mutter war, hat auf clie Legitiinitat cler Kinder keinen' Hiefür hat sich in1 EIebräisclien ein eigener technisclier Aiisclriiclrgebildet, ein denoniinatives Niplial von bhz = Kinder durch Adoption belrommen(arab. tabnnncc).T&< pBv y&p 6raija; *\8o\iq< F~sz) Exopev, ?h ;iah),~~~i/.< r.3~ zv.8.'.\pEpo.v :l,opari;ia< so6 ochpv..cog, T&< UQ yo~iv.izo.< so0 iiat?o rcotsi~8~o.t r'/'qo1u>


136 Zweiter Teil. 11. Die Familie nild ihre Sitte. [o 19.Einfluss. Dies ist allerdings der clenlibar grösste Gegensatz zuinMiitteriecht .4. Zur E&läruiig dieser nicht voll allen altenVölkern geteilteilAiischaiiung voin Segen eines grosseii Kinclerreichtums darfiiiari zunächst nolil hiiiweisen auf clie giiiistige Naturbescliaffei-iheitdes Landes. Da, wo der Ernälirung einer grosseii Painilieuncl eines zahlreichen Volkes becleutencle Hindernisse entgegentreteii,findet sich starke Abneignting gegen den Kinderreichtuin.Im späteren Grieclienland z. B. wurde vielfach cler ausserelielicheUmgaiig mit Prauen empfohlen, uiii der Uebervöllcerung vorzubeugen.Andere Völkerschaften sincl aus denselben Grüiideii zurPolyandrie uncl Tötung der neugeborenen &Iädclieii gelangt. Beiden Hebräern gab das Land willig, soviel man brauchte. Selbstbei den Becluineil der Wüste ist es nicht sch~i~el; Milch fiir einezahlreiche Kinderschaar aufzutreiben. So konnte und inusste einegrosse Naclilioinmeiiscliaft als ein Gliicli erscheineii. Das Geschlecht,das ~enig streitbare jungeMänner zählte, der lcinclerloseMann, der ganz allein stand, galt wenig.Allein damit scheint cloch dic Angst des Israeliten vor einen1Aussterben seines Geschlechts nicht röllig erlrlärt zu sein. DieVorstellung, class der Einzelne eines ~~~esentlichen Glüclies verlustiggeht, Tirenil er keiiie Kinder hat, lcanii sich in ihrer ursprünglichsteiiForm meclei auf das Gliicli cles Familienlebens,noch auf das einer aiigeseheilcn Stellurig irn 8tainin beziehen,überhaupt nicht auf ein Glüclc, das er bei Lebzeiten geiiiesst ; sonstliätte es ja Beinen Sinn, einem Gestorbenen durch die Leviratseheeinen Soliti zu geben. Dieser Brauch wird nur durch dieAnscliauung verständlich, dass dem Toten etwas abgeht, weilnkeine Kinder da sind, dass er ein Glüclc entbehren niuss, auf daser einen Anspruch hat. Dies kann nichts ancleres seiii, als diekultische Verehrang, clie dein Haiipte einer Familie von seinenFamiliengliederii zulroinint. Dieses Kultiis durch Kiiiclerlosigkeitberaubt zu seiii, ist clas gefürchtetstc Uiigliicli I.Dass die dtisraelitiscl-ie oder besser clie altsen~itisclieVgl. STADE, GVJI"9Off. Dailiit soll natürlich nicht behauptet sein,dass noch in historischer Zeit dieser Kultus benusst getrieben wurde, soudernnur, dass die letztenWurzeln, aus clenen diese Faniiliensitten ursprünglichherausgewachsen siild, i11 solclien religiösen TTorstelluugen der ältestenZeiten gesucht werden inüssen.


s 19.1Charakter der hebräiscl~en Familie. 137Familie als K~ilt nsgen o ssensc haft aufzufassen ist, ~vi~d iioclldurch eine Reihe von charakteristiscllen nlerlrinalen bestiitigt.Sehen wir ab von dem nlit dem Kultus aufs Engste verlmiil~fteilErbrecht (§ 47)) so ist besonclers auf folgendes liiiizu-~veiseii :a. Deutliche Spuren (z. B. clas Ritual des Passah Ex 1213 sff. ; die Uehertragung cler Benenilung ,Vateri auf den PriesterJclc 17 io 18 19) zeigen, dass der Hausvater in alter Zeit clerPriester der Fainilie war, der den Verlrehr der Hausgenossen mitder Gottheit regelte. Namentlicli kain ihin das Opferrecht ZLI.Dieselbe Stelluilg des Hausvaters findet sich anch bei den altenGriechen uncl Röinern.h. Die Geschlechter und Stäiiiiiie hatten noch in historisclierZeit ihre besonderen Opferfeste, auf welche ein grosses Gewichtgelegt wurde (I Sam 20 29). Ein Rüclrscliluss hieraus auf einenKult der Farriilie als erste Grundlage wircl nicht zu iiingelien sein.C. Dass der Sklave ein Glied der Familie war, driiclde sichdarin aus, dass er am Kult der Familie teilnahm. Ein Elieserbetete zu dem Gott seines Herrn (Gen 24 1s U. a.), alle auslänclischeilSlilaven wurden von Alters her durch Beschneidung indie Kultgemeinschaft der Familie aufgenommen. Fiir die althebräisclieVorstellung ist es so wenig wie fiir die altgriechisclieclenl~ba~, dass ein Hausgenosse, der Sklave, seinen eigenen Gottesdiensthaben könnte.d. Endlich lasst auf den ursprünglichen Charakter einerKaltgeiiossenschaft auch das schliessen, dass der althebräisclienFamilie das Strafrecht zukam (z. B. Dt 21 1s s. 5 45). Erst vonder Einzelfamilie ist classelbe auf das Geschlecht oder den Stamiiiübergegangen.Die angefiihrteil charaliteristischen Züge der hebräischenFamilie lehren, dass es der Kultus war, der die Fainilie ziisainmenhielt.Die Familie war die älteste Kultusgeiiosseiiscliaft.Die Probe auf die Richtigkeit dieser Auffassung werden die irnfolgenclen zu schildernden einzelnen Sitten und Gebräuche desFamilienlebens geben. Ihre Darstellung scliliesst sich am bestenan an die Besprechung der Stellung, welche clie einzelnen Glieder(abgesehen voin Hausvater, dessen Stellniig schon im Bisherigengegeben ist) in der Painilie einnehmen : Die Frauen, die Kinderund clie Slclaveii; clie Trauergebräuche sind am Schluss anzureihen.


138 Zweiter Teil. 11. Die Familie und ihre Sitte. [D 20.20. Die Frau.1. Was clie Stellung cles Weibes betrifft, so erinnerndie Sitteii des alten Israel ganz auffallencl an die cles heutigenOrients. Will inan vergleiclieii, so muss man allercliiigs von denverdorbenen städtisclieii Sitten nncl der Haremswirtschaft dertiirlcischen Beamten (die iibrigens auch ihre geiiaue Parallele iinA. T. hat) absehen uncl sich an die eingeborene Lnnclbevöllcer~~iig,vor allein an die Beduiiieii der Wiiste halten.Das Bestreben jedes Pellachen geht, sobald er das heiratsfähigeAltcr erreicht liat, claranf, ,eil1 Haus zu eröffnen( und Vatereiiier Fainilie ZLI \verden. Nicht weniger ist den Eltern, wenn sieclie Mittel dazu ersch~vingeii können, daran gelegen, ihren Sohiifriili zu verheiraten, komint doch iiiit der Schwiegertochter eineniclit zu unterschätzeiide weibliche Arbeit~lc~aft ins Zaus. Es istdie Aufgabe cler Eltern, voriiehmlicli des Vaters oder seines Stellvertreters,sich nach eiiler Braut fiir den Sohn uinzuselien. Istclas passende Mäclchen gefunden, so beginnen die Verhanclluiigeiimit cler Familie. Dci Haulstlsunkt ist die Feststellung des Kaufpreisesuiicl cler Aussteuer der Braut, wobei es ohne clas uiierlässliclieHandeln nicht abgeht. Der Preis selbst beträgt je nachSchönheit, Geschicliliclilieit etc. cles &iäclcheils bis zu 2000 M.Den grössten Teil behält cler Vater der Braut fiir sich, eiii lrleiiierTeil wircl clazii benützt, die Aussteuer der Braut an Kleidern,Scliiiiuclc, Hausgerät anzuschaffen. Das hIädchen, nach dessenEinwillig~~ng nicht gefragt wird, erhält ein Schinuclcstiick vomBräutigain als ,AngeldL. Eist wenn der Kauflsreis bezahlt ist,fiiidet clie Hochzeit statt; vorher clarf der Bräutigam seine Brautnicht selien. Das Fellacheninäclchen findet in alledem clarchansnichts ent~vürcligeiides; das ist nun einmal so Sitte, unc1 die Sitteliat ilir tieferes Reclit. Mit der Braut verliert clas Elternhauseine tüchtige Arbeitskraft, die der Familie des Bräutigaiils zuwächst;dafür darf wohl diese etwas zahlen und jenes sich eiitschädigenlassen. Aucli clie Lage der Frau ist claruin keineswegsso schlimm, es bleibt faktisch doch ein grosserUnterschiedz~vischender gekauften Frau nncl der gekauften Slclavin (vgl. KL~IN iiiZDPT 1883 V1 81-101).Fast wörtlich fiiidet das Gesagte seine Anwendung auf diealthebräische Sitte. Die Stellung der Frau \wird dadurch gelieiinzeichnet,dass sie ein Eigentnii~ ist, erst ihrer Eltern, clie sie ver-


20.1 Die Frau. 139kaufen, dann ihres Bilannes, der sie iiin Geld erwirbt. Alle Versuche,clen ,nzcihni.', den der Bräutigam für die Eraut entrichtet,in eine Norgengabe, CI. 11. ein „die Liebe und Aclituilg verkörperiidesLLGesclienk an clie Braut umzucleutei~, sind erfolglos. Allerclingsempfängt auch die Braut vom Bräutigam Geschenke(111(ltt(i~J, die deii Charakter einer denvertrag hesiegelncleii Gabeliaben (Gen 24 53 34 in); allein diese fallen nicht iinter den Begriffcles nzdha).. Letzterer Iiaiin iii Verscliiedeiieni bestehen : in Gelcl(Ex 22 15 Dt 22 eo Geil 34 iz), in persönlichen Diensten (Gen29 20 27) oder iii kriegerischen Leistungen (Jos 15 IG Jclc 1 iiI Sani 17 25 18 24f. I1 Sam 3 14~). Ueber die Höhe des i~zbhm.sind uns direkte Angaben nicht erhalten. Dagegen lehrt Dt 22 29verglichen mit Ex 22 isf., dass zu der Zeit cles Dt cler mittlereBetrag 60 Silbersekel war 2. - Die der Sitte zu Grunde liegendeAnschauuiig ist natürlich in alter Zeit dieselbe wie hente: clieFrau gilt als wertvolle Arbeitsliraft.Dass clie Frau dnrcliaus ,215 Eigentum betrachtet wurde,lehren aticli clie Bestiininungeii über Verfiiliruag bez~v. Verge~valtig~~ngeines Mädchens. lVar dasselbe unverlobt, also rioch Eigentumihres Vaters, so fiel die Sache unter den Qesiclitspuiikt eiiierVermögensscliiicligung; in bezeichnender Weise wird von den1Gesetz dieser Fall iin Znsaninienhang cler Eigent~imsvergelieii behandelt(Ex 22 i~). Abgesehen von der Privatrache, die natiirliclicler beschimpften Familie frei stand, war es altes Gewohnlieitsreclit,dass der Verführer cleiii Vater cles Aliidchens den Betragdes 17zOh~l~ zahlte, den der Vater bei Verheiratung seiner Tochterhätte verlangeii könrieii. Tar aber das Mädchen die verlobteBraut eines BIaniies, für clie der nldhicr gezahlt war, so iiiiisstesie als Eigeiitum cles Bräutigams angeseheii werden. Die Uiitreueoder die Vergewaltigung derselben fiel also ganz unterden gleichen Qesiclitspiinkt wie die cler verlieirateten Frau(nt 22 238.).Ailgesiclits dieser letzteren Stellen ist es der Gipfelpunlrt der Geschmacirlosigkeit,wenn man den ~lzbhar - so werden dort die 100 Vorhäutecler Philister ausdrücklich bezeichnet - als Gabe an clie Braut umdentenwill. - Die homerischen Griechen zahlen mit Rindern, daher der Ehrennameder Jungfrauen: ,Rinc1erbringendec (11. XI 245). Bei den noinaclisirendenIsraeliten mag das ebenso gewesen sein.Darnit ist zu vergleichen der Preis eines Slrlaven von 30 SekelnEs 21 32. - HOS 3 2 lrann niclit hieher gezogen werden.


140 Zweiter Teil. 11. Die Faniilie und ihre Sitte. [g 20.Noch aii eiiieiii alliieren Pniikt zeigt sich die Iiiferiorität clerFrau deutlich: die Frau war nicht fähig zur Ausiibuiig des Kultus.Die Sitte der Sch~~~agerehe setzt die Anschauung voraus, classFrau und Töchter iiicht im Stande sind, den Kultus des Toten znpflegen. Aus demselben Gruiicl kam ihnen nur ein sehr bescliränlitesErbrecht zu (s. 5 47)) ebensowenig wurcleii cler Frau nach cleili'Cocl kultische Ehren zii teil. Nur als Ehefrau war ihr eine ge-~visse Seilnahine arn Kiiltus des Mannes gestattet. Bis auf deiiheutigen Tag hat sich bei den Juden diese Vorstellung eilialteii :clie Frauen cl ii r f e iz deui Gottesdienst in cler Synagoge aiiwoliiien,clie Mädchen sind davon ansgeschlossen. Nicht minder wird iinIsl2ni die Frau als uiifähig zur Kultnsiibung betrachtet. Dassschoii frühe einzeliie Frauen als Prophetinneii auftreten, ist eineAusnahine, welche die Regel bestätigt.2. Die Wa lil CL e r Frau war auch in1 alten Israel Aufgabedes Vaters bezw. des Faniilieiioberhsuptes (vgl. Gen 24 2fl. 38 G28 iff. 21 21 34 4 Jdc 14 2). Dies erlilärt sich durch die ganzeAuffassung von der Ehe. Nach orientalisclier Vorstellung, clieheute noch uiiveränclert ist, handelt es sich bei dcr Elieschlieisungiiicht , wie wir nrteileii , uin Gründung einer neuen Fainilie , soiidernum Uebergang der Frau aus ihrer Familie in die des Maiiiies.Sowohl clie Entlassung aus der alten Familie als aach die Aufiiahinein die iieue ist eine Angelegenheit, die lceiiieswregs nur denEhegatten, sonderii die Fainilie als solche angeht. Daher erscheintes als dopl~elt uiigeliörig, wenn ein Soliii eigenwillig Fraueii lieiratet,welche clie Fainilie nicht anfiieliinen niag (Gen 2634f. 27.16).Ihre äussere Darstellung findet diese Anschauung clariii, dassauch der verheiratete Soliii in1 Haus cles Vaters wohneil bleibt,und die Frau cles Sohnes Aufnahnie findet im Zelt der Scli\vieger-~iiutter (Gen 27 24 ~i). Deinentsprecheiicl steht das letzte Wortbei den Verhandl~iiigeii nicht cler Braut zu, sondern dem Oberhauptihrer Fainilie, die Verhandlungeii i~ber den 77~0hc~i' erdenvoii den beiderseitige11 Familienangehörige11 gefiihit (Gen 245off.34 12 vgl. bes. auch 29 SB).Damit ist jedoch lieines~vegs ausgesclilosseii, dass in1 altenIsrael so gut wie lieute die Neigungeii und Wiinsche der jungeiiLeute Beriicksichtigiing fanden. Ein Esau kann gegen denlVilleiiseiner Eltern sich staiiiiiiesfieinde Praueii iiehiiieii (Gen 26 34f.),Rebelrlia wird von ihren Briiclerii geraclezu gefragt: willst d~i mitdiesem Maiiiie ziehen (Geil 24 5s)? An Gelegenheit zur Eiit-


5 20.1 Die Frau. 141wicklung solcher Neigungen fehlte es clem Jiingling und der Jiingfraulieinesmegs, da der persönliche Verkehr cler Gesclilechternoch nicht wie bei clen hentigen Afuslimen der Stäclte eingeschränktwar. In der Patriarchensage treten uns auch in dieseln Stückganz clie modernen Becluineiisitten entgegen: Fraueri und Jimgfrauensind keineswegs von jeder Berührung mit fremden Miiniiernabgeschlossen. Drausseri bei cler Hercle oder am Brunnen treffenNänner und Frauen zusammen. Das Gefiihl, in gewissein Sinnselbständig iiilcl den dliiniiern ebenbiirtig ihre Arbeit bei clerHercle zu besorgen, verleiht clen l4ädchen eine gewisse Sicherheituncl Freiheit in1 Auftreten : einem Gespräch nlit Fremden ~veiclieinsie nicht aus, gern lassen sie sich die Hilfeleistung cler liriiftigerenManrier gefallen uncl sind ebenso zu Gegencliensteii bereit (Gen24 i5ff. 29 io Ex 2 ioff. I San1 9 ii). Freilich sind sie manchmalauch Unbilden, ja Gevalttaten von Seiten cler hlänner ausgesetzt(Ex 2 ieff. Gen 34 iff.), allein im Ganzen siiicl Zucht iind Sittestark genug, sie in ihrer Elire zn schiitzen (rgl. aiich Es 22 15Dt 22 z~ff. zsf.). Dass diese Sitten des Nonlaclenlebens sich auchbei clen ansässigeii Israeliten erhalten haben, zeigen Stellen wieJdc 14iff. I Sam 9 ii 18 zoff., vor allem die Tatsaclie, dass nochheate beim syrischen Bauern die Verhältnisse ganz älinlicli liegen.Durch die Sitte war übrigens einer solchen Neigung derjungen Leute von vornherein eine bestininite Richtung gegeben;clenii sie zog den Kreis der Mädclien, die für den jangen Hebräerals künftige Ehefrauen in Betracht kominen, ziemlich eng. DieStaminesverfassui~g brachte es mit sich, dahs clie Heirat unterGeschlechtsangehörigen'die Regel ~vai. Heiraten ausseihalb desStammes kamen zwar vor, waren aber von cler Sitte verpönt (Gen26 34f. 27 &G Jclc 143). Ja einer ,Erbtochter' (s. 5 47) war von deinspäteren Gesetz, das hier entschieclen a ~ alter ~ f Sitte beruht,geradezu verboten, clen Angehörigen eines fremden Stammes zulieirateii. Der Gruncl ist hier deutlich: es sollte der Besitz den1Stamm nicht verloren gellen. Ein ähnliches Bestreben ist in derganzen Sitte der Vermandtenlieirat unverkennbar; nicht nur clieReinheit des Bluts, sondern namentlich cler Besitzstand einesGeschlechts und clie ganze Interessengemeinschaft sollte erhaltenbleiben. Ueberdies eiiipfahl es sich schon deswegen nicht, eineTochter in einen fremden Stanim zu verlieiraten, weil sie dainitganz dem Machtbereicli uncl dem Schutz cler Familie entzogenwar; nach clem Einfluss ihrer Familie richtete sich aber ihre


142 Zweiter Seil. TI. Die Familie nud ihre Sitte. [s 20.Stelluiig in der Elle (s. U.). Nimilzt inan dazu clen kultischenCharakter der Familie, so wird es lrlar, waruni im alten Israel derVetter der gewiesene Bräutigam fiii ein Mädchen war, eine Sitte,die sich bei den Becluinen uiid teilweise auch bei den BauernSyriens bis auf den heutigen Tag erhalten hat. Vgl. als BeispieleIsaalr uiid Itebeklra (Gen 24 4), Jalrob und Rxliel - Lea (Gen29 ie, wo der Grundsatz ganz offeii ausgesproclien ist: „Bessericli gebe sie dir, als eineiriPieindenu, vgl. Jdc 14 3 n. a.). Ueber clieSchwagerehe s. €j 47. Es haben sich sogar Spuren davon erhalten,class in vorgeschichtlicher Zeit clie Ehe unter Halbgesch~~isternüblich war (Geil 20 iz II Sain 1313; s. 47).War der n7bhril- voin Eräutigeni bezahlt, so war daniit clerHanclel, wenn lizan so sagen darf, perfekt iincl clas Mädchen cleiliManne verlobt (uzeYdi.clscl/4). Die Sitte des Brautkaufs hinderteniclit, dass clie Braut bei der Verheiratung eine Aussteuer anKleiclern und dgl. iliitbekarn. Ob dies clem guten TVilleii cler Ilirigeilüberlassen war, ocler, wie bei den heutigen Fellachen, ein Stückcler Vertragsabmachuiig bildete, wisse11 wir nicht. Vielleicht n urdewie heute ein Teil cles t178hc~r eben zii diesen Anschaffungen verwendet.Ein Aiisiiahinefall, der nur bei reichen Pamilien vorliani,war es, wenn die Braut dariiber hinans noch eine Mitgift in clieEhe braclite. Das Beispiel cler Tochter des Pllarao beweist zunächstnur fiir die iigyptisclie Sitte (I Kön 9 i~), dagegen zeigt diegenealogische Sage Jos 15 i~ff. (cf. Jclc 1 izff.), dass ein Abschiedsgeschenli(be?.cili.l~cilQ cler scheidenden Tochter niclit versagt wurde.Namentlich scheint es bei reichen Häuserii Sitte gewesen zu sein,class man ihr eine oder mehrere Sklavinnen mitgab (Gen 24 5s29 2.1 29) ; in dieser11 Fall blieb auch iii der Ehe clie Slilavin Privateigentumder Frau und war der Macht des Hausherrn ganz entzogen(Geil 16 2 s 30 4 9).3. Ueber die Hochzeitsfeierlichlceiten sincl wir nurwenig unterrichtet. Da die Eheschliessung ein rein weltlicher,privatrechtlicher Akt ist, fand keinerlei religiöse Ceremonie statt,ebensowenig irgend etwas, was einer biirgerlichen Trauung vergleichbarwäre. Der Hauptakt, das Charalrteristische an diesenFeierlichkeiten, ist die festliche Einfiihrung der Braut in clas Hausdes Bräutigams bezw. seiner Eltern, wodurch die Bedeutung clerEhe, cler Uebertritt cles Mädchens in das Geschlecht cles Mannes,zum Ausdruck Imin. A~isnalimsweise findet bei Simsons Hochzeitdie ganze Feierlichkeit im Hause cler Braiit statt (Jdc 14)) ebeilso


8 20.1 Die Frau. 143bei Jakobs Hochzeit (Gen 29 na). S~~~~~VcrInutnilg (ZATV 1854IV 260f.), dass dies der Fall war, wenn es sich i~mVerlieiratungeiner Erbtochter handelte, hat viel Ansprechendes. Dein Beilagervoraus gieng das grosse Hochzeitsgelage, in alter Zeit nie noclispäter (Tob 11 19) iin Hause cles Bräi~tigains uncl von diesem gegeben.Bei reichen Le~iteil clanerte es mehrere Tage (Jdc 1412).Den Abschliiss bildete die Hciinftihrnng der Brant: in hoclizeitlicheinSchmuclre (Jes 6110)) von seinen Freunden nncl Vermranclteilbegleitet (Jdc 14 ii vgl. Matt11 9 ig), holt der Brä~itigam die Brautam Abend des Festtages ab; mit lautem


144 Z T 1w D F e 1 ue i i a Si . ni e h ml B i 5 dtr i.tzusprechen, dass er ihr clie eheliche Pflicht gewährte, Nahrungund Kleidung gab und sie im allgemeinen gut behanclelte; Misshandlungender Frau werden darum nicht mehr Mrd nicht wenigervorgekommen sein, als im heutigen Orient und Occiclent. EinenRückhalt hatte sie an ihrer Familie, welche jede Verletzung clerSitte in diesen Punkten als eine ihr zugefügte Beleidigung betrachtete.Somit war ihre Stellung wesentlich von dem Ansehen?clas ihre Familie im Ort oder Stamm genoss, abhgngig. Ihr freiesVerf@qngsrecht tiber ihre Leibmägde ist oben schon erwähntworden. Im Uebrigen kam es nattirlich auf clen Grad cler Zuneigungdes Mannes sowie auf ihren eigenen Charakter an, ob sieeinen grösseren ocler kleineren Ei&luss auf ihren Mann und clasganze Haus besass. Infolge der grösseren Freiheit, die dashebräische MCichen genoss, war clie israelitische Frau keineswegsdas ,moralisch verkrüppelte Geschöpf, wie es die heutige muslimischeStädterin in der Regel ist. Wir finclen recht energischeFrauen, die einen bedeutenden Einfluss auf die Leitung cles Hmswesensausüben, selbständig zu handeln wissen und das Lob clerKlugheit nicht minder als das der Schönheit verdienen (Gen 16 5ff.27 13f. 4zff. Jdc 4bff. l~ff. 16 ~ff. I Sam 25 14ff.).Dass auch im bestenFall clie Stellung cler Frau in der Familieeine untergeordnete war, war notwendige Folge der P 0 1 y g am i e.War clie Frau Eigentum des Mannes, so konnte sich dieser beliebigviele Frauen halten, d h. so viele als . sein Vermögen ihmzu kaufen und zu unterhalten gestattete. Der Luxus eines grossenHarems war allerdings nur reichen Leuten möglich, und diesemachten, soviel wir sehen, von ihrem Recht teilweise ausgedehntenGebrauch’; vgl. die Notizen iiber die 70 Söhne Gicleons (


5 20.1 Die Frau. 145Für diese Sitte lassen sich verschiedene Gründe geltend inachen:dass die Orientalin ausserordentlich schnell altert, dass der Manneine weitere Arbeitskraft für sein Hauswesen braucht U. dgl. Vorallein galt es bei Kinderlosigkeit der ersten Frau geradezu alsnotwendig, eine zweite Frau oder eine Kebse zu nehmen (s. 0.).TVie wenig Schimpfliches die erste Frau hierin erblickte, gehtclaraus hervor, dass sie selbst dem Manne eine Sltlavin als Konkubinezuführte (vgl. das Beispiel der Sara, Lea und Rahel).Auf cler anderen Seite brachte selbstverständlich die Vielweibereimanche Unzuträglichkeiten mit sich. Namentlich diekinderlose Frau hatte gegenüber der Mutter von Söhnen einenschweren Stand, sie fühlte sich als die Gehasste [senzi'ci/~, jeneals die Geliebte ('ahitbhcih). Sogar die Kebse durfte es wagen, sichüber clie rechte Fran zu erheben (Gen 16 aff. vgl. Gen 30), undnicht immer lag die Sache so günstig wie bei Sara und Hagar,dass die Herrin ihre Nebenbuhlerin entfernen konnte; fiir gewöhnlichmusste sie den Hohn derselben sich gefallen lassen (ISain1 cff.). Wie sehr ein derartiges Verhältniss als ein notwendigesUebel empfunden wurde, zeigt cler Sprachgebrauch, der eine solchezur ersten hinzugenommene zweite Frau kurzweg mit dem Ausdruckl~asscircilb, ,die Feindin', bezeichnet. Das spätere Gesetz hates für nötig gefunden, zu Gunsten der zurückgesetzten Frau einzugreifen(Dt 21 15-17). Auch das Verbot der alten Sitte, zweiSchwester11 gleichzeitig zu heiraten, sollte verhindern, dass dieEifersucht das geschwisterliche Verhältniss zerstöre (vgl. Gen 30).Aus dem Gesagten ergibt sich schon, dass der Mann zuausserehelichein geschlechtlichen Umgang volle Freiheit hatte.Gewährte er seiiier Frau eine der Sitte angemessene Behandlung(s. o.), so hatte er alles erfüllt, was sie billiger Weise erwartenkonnte. Weitere eheliche Treue wurcle weder durch dasGesetz noch durch die Sitte von ihm gefordert. Von Ehebruchkonnte nur in den1 Fall die Rede sein, wenn er sich an der Fraueines anderen vergriff. Umgekehrt war die Sitte in Beziehungauf die 'Frau sehr streng (vgl. Dt 22 21). Ehebruch wurcle beicler Frau wie beim Mann nach alter Sitte mit der Toclesstrafedes Steinigeris geahndet (Dt 22 zzf. vgl. Ez 16 40 und Joh 8 5 7),vorausgesetzt, dass der beleidigte Mann nicht selbst clie Wahrungseiner Ehre in die Hand nahin I. Wie sorgfältig clie misstrauischeDieselbe Strafe traf die Frau, welche beim Eingehen der Elle nichtB eiiziilger , Hebräisclie Arcliäologie. 10


146 Zweiter Teil. PI. Die Familie und illre Sitte. [$ 20.Eifersucht cler Mäiiilerrn~elt über den Fra~ieii wachte, zeigen dieGesetzesbestimin~~iigen, welche die Prau vor falsclier Verdgchtigungzu schützen suchten, aber ihren Zweck nur notdürftig erreichten:in dem einen Gesetz wircl allerdiilgs die falsche Verdächtigiiiigdes TVeibes init einer Geldbusse unrl mit Entziehiirig desSclieiduiigsreclites belegt (Dt 22 isff.); das aiiclere Gesetz jeclocli,niclit miiicler naiv gedacht, lässt auch bei falscher Vercläclitigungden Malm frei ausgelieii. Nach Belieben kann der eifersüchtigeRlanii seine Frau zwingen, sich dem Gottesurteil ziiunterwerfen, das im Trinlcen des Fl~icliwassers besteht1. „DerMaiin wird in jedem Fall frei bleiben von Verscliulduiig" (N~im5 11-30).Uiiter ehelicher Treue wird deinnach bei cler Frau etwas ganzanderes verstanden als beim Mann: ,Der Mann lisilii nur fremdeEhe brechen, das Weib nur die eigeneu. Es ist clies eine Anscliau~ing,die so ziemlich clas ganze Alterttim teilte, clie derOrient he~~te noch festhalt; eiiie Anschau~ing, auf die herabziisehenwir übrigens von uiisereii heutigen Zustäiiden aus wenigRecht liabeil.5. War die Frau das Eigeiituni des IbIaiii~es, so ergab sichendlich daraus voll selbst sein Recht zur Sclieicluiig. Da er denm6hnf. nicht zuriickfordern konnte, so war die Entlassniig einVerzicht auf ein wolilerworbenes Recht, der weder gegen clie Fraunoch gegen deren E'nmilie ein Unrecht enthielt. Die Frau trateinfach wieder iil illre Faniilie zuriiclc iincl lioniite von derselbenunter Uniständen aufs neue verheiratet ~verdeil. Doch mag vonjeher wie noch liente die Familie der Frau sich dadurch beleidigtgefiihlt liabeii. Lag schor1 hierin eiiie gewisse Schranke, so kamspater noch die Bestimmung dazu, dass der Mann die eiitlasseneFrau niclit wieder zurücl~nehmen durfte (Dt 24 1-4, vgl. 5 47).Ob in alter Zeit die Scheidungen hänfig waren, misse11 mir iliclit;das angeführte Gesetz scheiiit es vorauszusetzen. Die Frau ihrerseitshatte kein Mittel, sich von ihrein AIaiin zu treiliien. NochJOSEPHUS verurteilt es als freinde Uiisitte, dass Saloilie, dieTochter des Herodes, ihrem Manne Kostabarus den Scheiclebiiefschiclrte (Ant. XV 259).als Jnilgfrau erfuudcii wurde (Dt 22 si), eine Sitte, die ~vie dic Bestraf~iug derUntrene des Verlobten zu verstehen ist (s. S. 139).Abgeselieil von dem Ritual des Eiferopfers eutqpriclit clas Ciottesurteilsiclicr einer alten Sitte.


3 21.1 Die Kinder. 1476. Das iin Vorstelienden gezeichnete Bild geht zuiiächst aufdie alte Zeit. Doch dürfte es irn TVesentlicheil aucli für clie nachexilischeZeit zutreffen. Dafiir spricht als Hauptgruncl, dass sichdie einzelnen Ziige desselben bis auf den heutigen Tag erlialteiihaben. Doch ist unverlreniibar, class iin giosseil und ganzen clieStellung cler Frau sich gehoben hat. Die Betrachtung cler Frauals eines blosseil Eigentnms trat allmählich in den ETintergruncl,xxreiin aucli die darans hervorgewacliseiien Sitten beibehalteilwurden. Schon der Schöpfuilgsbericht bei J meist der Fraueine weit höhere Stellung zu, die einer ,GehilfiilL, welche deinManne ebenbürtig zur Seite steht. Nicht miiider kommt eine hoheAnschaiinng von der Ehe zuin Ausdrnclr, menn clie Propheten dasVerhaltniss Jxhves zuiiiTolli uiiter clem Bild einer Ehe darstellen.Uncl nreiin in den Gesiiiigen cles Hohelieds Prauenschönheit und-liebe in sehr siniilichcr Weise init glühenden Farben geschilclertwerden, so gibt das ,Lob des tugendsamen Weibes'in deil Spriicheiidazu eine Ergäiizung, clie eine wohltuende Hochschätzung clerFrau offenbart. Nnr bleibt natürlich iinrner clie Frage, wie n-eitsolche tlieoretischen Reflexioiien iil clas Bewusstsei11 des Volks eingedrungensind uncl praktisch an der Stelluiig cler Frau etwas geänderthaben.5 21. Die Minder.EIPLOSR, Das ICiild in Brauch und Sitte der Völker, 2. Aufl., Berliil1888,2 Bde.1. Zahlreiche Kinder zu bekominei~, war cler Herzenswunsclides alten Israeliten. Dabei wurde jedoch ein Uilterschied zwischeilKnaben und Miidclien geinacht: sehr begreiflich, menn clie FailiilieI


148 Zweiter Teil. 11. Die Familie und ihre Sitte. [§ 21.nur ein Geschenk vom Vater oder von den Briidern empfangen(vgl. 5 47).Unter den Söhnen selbst fiel, wie beinerlrt, der Unterschieclzwischen legitim und illegitim weg; auch der Sohn des Kebsweibshatte ein Erbrecht (Gen 21 10; vgl. S. 135). Dagegen genoss derErstgeborene eine hervorragende Stellung. Das sprach sich darinaus, dass er beim Erbe den doppelten Anteil seiner Brüder belram(Dt 2117). Auch sonst gab ihm die Sitte das Recht, in,wichtigen Angelegenheiten der Familie mitzureden (Gen 24 soff.),da er nächst dem Vater als das Oberhaupt der Faiiiilie galt.Dem entsprach eine gewisse Autorität gegenüber den Geschwistern,die freilich zu Lebzeiten des Vaters eine rein inoralischewar (Gen 37 22).Den Eltern gegenüber standen die Kinder in strengsterUnterwürfigkeit. Der Vater war nach althebräischer Sitte wiebei den Römern Herr iiber Leben und Tod der Kinder, uncl nurin sofern war diesesRecht etwa eingeschränkt, als die Sitte Kindermordallezeit verurteilte. Tätliche Auflehnung gegen die Eltern,ja schon das Verfluchen derselben galt als todeswürdiges Verbrechen(Ex 21 15 i7 vgl. für die spätere Zeit Lev 20 9 Prv 20 20Matth 154). Ja die Sitte gab überhaupt dem Vater das Rechteinen ungeratenen Sohn, einen Trunkenbold, einen Verschwender,der die Mahnungen cles Vaters in den TVincl schlng, eine Tochter,die sich vergangen hatte, zu töten (vgl. Gen 38 24). Wenn dasGesetz später den Strafvollzug der Gemeinde zuweist (Dt 21 1s-21);so hängt das damit zusammen, dass mit der f~~tschreitendeii~staatlichen Entwiclilung die Familie ihr Strafrecht iiberhauptverlor. Ebenso hatte der Vater unbeschränkte Macht, seineTöchter zu verheiraten und selbst in die Sklaverei zu verkaufen,nur nicht an Volksfremde (Ex 217f.). Eine Altersgrenze, beiwelcher diese väterliche Autorität aufhören würde, scheint vonder alten Sitte nicht gezogen worden zu sein. - Noch heute istim Orient die Stellung der Kinder gelrennzeichnet durch diestrengste Unterwürfiglieit gegen die Eltern, wenn auch faktiscli,dem Vater clas Recht über Leben und Tod derselben genommenist. Der Mutter gehört die Liebe cles Kindes, dem Vater dieEhrfurcht und der Gehorsam.2. Die israelitischen Prauen bedienten sich in der Regel beieiner G e b ur t der Hebammen (irzejr~llecleth Gen 35 17 38 2s Ex115), doch gebaren sie, wie noch heute die arabischen uncl syri-


P- --5 21.1 Die Kinder.149schen Frauen, sehr leicht (Ex 119).Das abgenabelte Neugeborenewurde illi Wasser gebadet, mit Salz abgerieben l und in Windelngewicl~elt (Ez 164).In Hi 3 12 hat man schon einen symbolisclienAkt cler Anerkennung des Neugeborenen durch den Vater sehenwollen, ähnlich wie bei den Römern der Vater das Kind zumZeichen seiner Aiierlieniluilg voin Boclen aufhob. Allein sonstfindet sich nirgends eine derartige Vorstelliing. Gen 30 3 50 23handelt es sich um etwas ganz aiicleres, nämlich uin die Adoptiondes Kindes eines Kebsweibs durch die Hausfrau.Das Stillen der Kinder besorgte wie im ganzen Altertum dieMutter selber (Gen 21 7 I Sam 1 ziff. I Reg 3 21 U. a.); nur in Ausziahinefällennahin nian seine Z uflucht zu Ainilien C6112 e~zelh Gen 245s35 7). Später scheint clies bei denvornehmen mehr und mehr aufgelrominenzu sein (11 Sain 4 4? I1 Reg 11 z cf. Ex 2 9). Die Ei~twöh-~iurig der Kinder farid ziemlich spät statt. Noch jetzt dauert in Palästinadas Stillen 2-3 Jahre, ebenso war esinalterZeit (vgl. IIl\iIakk7 zs:, nach den Rabbinen 2 Jahre). Die Entwöhnung wurde als einPest mit Opfer (I Sain 124) und fröhlichem Malile (Gen 21 s) gefeiert.Die Geburt eines Kindes verunreinigte die Mutter. DieseVorstellung ist so ziemlicli allen alten Völkern und noch Iieuteden Naturvölkern gerneiilsain. Man darf daher zur Erlilärungiiiclit auf solche religiös-sittliche Anschauungen zuriicbgehen, die.cleil Hebräern oder gar nur dem späteren Judentuiii eigentümlich.sind, wie z. B. clie Beurteilung cles ganzen Gesclilechtslebeils alseines siindigen, Leib und Seele verunreinigenden. Ebensowellignher lässt sich clas Ganze als eine ,primitive Quarantäne, als ersteMassregel einer öffentlichen Gesundheitsliflege' betrachten (PLOSS161). Vielinehr dürfte die zu Grund liegende Vorstellung eiltwederclnhin gehen, dass die Geburt als eine Krankheit derMutter gleich anderen Kranliheiten unter dem Einfluss bestiinmterDämonen steht, oder dahin, dass sie mit clen übrigen Vorgängencles Geschlechtslebens zusammen genomnzen und unterden Schutz eines Geistes gestellt wird. Dass dieser letzte Grundden Israeliten in geschichtlicher Zeit noch bewusst gewesen, sollliatürlich nicht behauptet werden.Die Verwendung des Salzes als Reinigungsmittel scheint im altenOrient ganz allgemein gewesen zu sein. Die alten Araber rieben das Kindmit Salz; in Persien und Griechenland ist noch heute der Gebrauch, das Kindmit Salz zu bestreuen. Dass aber dabei das Salz Symbol der unzerstörbarenLebenskraft sein soll, lrann füglich angezweifelt werden.


150 Zweiter Teil. 11. Die Familie und ihre Sitte. r021.Das spiite Gesetz bei P (Lev 12) unterscheidet zwei Gradevon Unreinigkeit, cler erste dauert bei cler G ebiirt eines K~iiiabeii7 Tage, bei der eines Bfäclchens 14 Tage, cler zweite Graclim ersten Fall noch weitere 33 Tage, im zweiten Fall 66 Tage,zusammen also 40 resp. SO Sage. Erst nach Ablauf dieser ganzenFrist soll das Reinignngsopfer gebracht werden. \Vährend wirvon einer Abstufi~ng in alter Zeit keine Spnr haben, clürfte clieGesamii~tclaiie~ von 40 resp. SO Tagen einer alten Sitte entsprechen.Auch bei clen Griechen war clie Fran clurclischnittliclibis zum 40. Sag unrein, daher cler Name cles Reinigungsfestes :Tessarakostos; bei c1enNeugrieclien darf die Frau erst an1 40. Tagclie Kirche wieder betreten. Nach Zuroaster musste sie 40 Tagean einen1 abgesonderten Ort leben iiiid erst nach weiteren 40 Tagenclnrfte sich ihr cler Blanii wieder nähern. Im IslRiii ist clie Gebärende40 Tage unrein, in Syrien findet sich da uncl dort clerBrauch, class clie Mutter nacli 10 Tagen zum ersten Mal, nach40 Tagen zuin zweiten Mal das öffentliche Bacl besucht.Auch class die Reinigung bei cler Geburt eines I\I~dchenslängere Zeit in Anspruch i~imiiit als bei der eines I


# 21.1 Die Kinder. 151Alle liebräischen Persoiiennamen haben Appellativbecleiituiig ;clas diirfen wir auch bei cleiien voraiissetzen, clie für iiiis nichtinelir zu etymologisiren sind. Zuweilen finden sich Aiispielnngeiiauf clen Sinn der Nainen (Gen 27 36 I Saln 26 25 Rutli 120).Dabei lranii es allerdings fraglich sein, wie weit die Appellativbedeatungnoch im Bewusstsein des Volkes klar ist; ocler iiiclit;sie ist auch bei unseren cleutscheii Namen meist entscli~~niiclen.Gescl~lechts~ianien gab es lreine, alle Nainen waren Eigennamenim strengsten Sinn des Worts.Al11 wenigsten durchsiclitig sind für uns clie Namen, beideren Wahl irgencl ein inerkwiircliger Umstand vor ocler nacll clerGeburt, die Bedeutung des Kindes für die Familie, MTiinsche, diesich an das Neugeborene kniipften 11. dgl. bestimmend waren.Dies scheiiit fiir clie älteste Zeit eine ausserordentlich verbreiteteSitte gewesen zu sein, vgl. z. E. clie Namen Kain, Set (Gen 4 1 aj),Isaak (Gen 21 G), Jaliob (Gen 25 z6), clie Nainen cler SöliiieJalrobs (Gen 29 dz-30 24) LI. a. Die gegebenen Erlrlärungen dieserNainen sind allerdings fast durchweg äclite Vollrsetymologien;aus cler vora~~sgesetzten Bedeutung des Naniens ist clie ganzeSituation etc. von der dichtenden Sage heraiisgesponi~eii. Abersoviel beweisen sie doch, class man noch in spiiterer Zeit gerneden Kindern Namen gab, welche auf rlerartige Anlässe znriiclideuten.Aucli die syinbolische Verwendung der Namen bei clenProplieten (Bos 1 Ses 7 14) setzt als Sitte voraus, class inan 13o-fnnngeii~ ~ Gefiilile, n d clie sich an clas Kind knüpften, durch denNamen z~iin Ausclruck braclite. Ueberdies mögen einzelne derEtyinologien imnierhin ganz glatibwiirdig sein, z. B. bei Sainiiel(I San1 120) ~iiid in gewissem Sinn auch bei Berloni (Gen 35 18).Gcmiss ist auch bei den alten Hebräern vorgekommen, was heutenoch bei den semitischen iincl anderen Völkern der Fall ist, dassoft recht gleicligiltige, zufällige Ereignisse clen Namen bestiinmen;clie Betschnailen z. B. ilennen ein auf einer Reise geborenes Kind,iiilterwegs'; KRAPF erzählt, class bei clen Wanika ein ~~~ährenclseiiies Aafenthalts in einem Ort geborenes Kiilcl den NanienII?sZMZy?6 ,EuropäerL erhielt.Zur Seltenheit ~vurcle der Name von einer besonders hervor-Vgl. hiezu eine Parallele von den lVandingonegern, wo ein ICincl,Ersatzt (ka~fr~) lleissen kann, weil es Ersatz fiir ein Verstorbenes bietet(FLOSS n. a. 0. I 171).


152 Zweiter Teil. 11. Die Familie uiid ihre Sitte. [§ 21.ragenden Leibesbeschaffenheit des Kindes genommen z. B. Esau(Gen 25 25).Sehr häufig tvaren Tiernamen, vgl. z. B. Lea, Rahel, Jona,Debora, Schual, Simeon, Kaleb, Oreb, Zeeb etc. Die Verweiidnngvon Tiernainen findet sich bei allen Völlrcrn, die von derJagcl und Vieliz~icht leben, namentlich bei den alten Arabern. Inletzter Linie diirfte diese Sitte vielleiclit auf Totemismus zurückgehen,d. h. auf die Ableitung der Stämme von Tieren und clieVerehrung von solchen als Stainmvätern (vgl. 5 41). In historischerZeit war clavon jedenfalls kein Femusstseiii mehr vorhanden,es wurden vielmehr diese Namen den Kindern gegeben entwederals Karitativa, oder uni derii 'TVuilsch damit Ausdruck zu geben,dass dem Kind die Eigenschaften des betreffenden Tiers, Stärlre,Schnelligkeit etc. verliehen werden mögen.Eine grosse Rolle spielen endlich clie the opliore n Nanieli I,durch welche Vater ui~d Mutter des Kindes sich als Diener clerbetreffenden Gottheit bekennen, ~voniit sich nntiirlich leicht einebesondere Erinnerung religiöser Art, oder eil1 Wunsch, eine guteTTorbedeutuilg verbindet. Von besonclerem Interesse ist, dassin diesen Nanien neben den gemöhnliclien Gottesnamen '&I, jnhc~(letzterer in abgelrürzter Porin) und den selteneren wie scl~acZ(lai,in der alten Zeit aucli der Gottesname bc6'aZ verhiiltnissmässighnufig wiederkehrt, vgl. Ischbaal, Jerubbaal, Meribaal, Beeljacla,Baalnathan. Hier ist 6a'nl sicher eine Bezeichnung Jahves, diein alter Zeit ohne Bedeiilren gebraiiclit wurde. Iin Veriaiif desKampfes, den der Jahvekult gegen den Baalclienst bzw. gegeiiden Synliretisinus auszufechten hatte, iialiiii man solchen Anstossdaran, dass inan sogar die alten Namen uinäiiderte. Z. T. wurde'BI ftir ba'al eingesetzt z. B. Eljada (I1 Sani 5 13) fiir Beeljada(I Chr 14 V), oder ba'ctl wurde mit bbscheth vertaiischt, so dasseigentlich ein Schimpfnamen entstand, vgl. Iscliboscheth fiir Isclibaal,Rfephiboschetli für Meribaal, Jerubboscheth für Jernbbaal.Bei cler Auswahl unter den schon ~o~liaiidenen Namen warvielfach die Rücksicht auf Vater, Grossvater ocler sonst einen geachtetenVerwandten niassgebeiid.' Beispiele anzuführen ist bei ihrer Menge unnötig. Es sind vieli'achganz dieselben Bildungen, wie bei anderen semitisclienVöllrern, nur dass dieGottesnan~en verschieden sind, vgl. z. B. ,Joclianan und Baalchanan-Clianibaal;Abiel undAbibaa1; Jonatan und Baaljaton; Obadja, Abdel, Abed Nego,Obed Edom, Abdallah etc.


9 21.1 Die Kinder. 153Schon frülie begegnet uns die Sitte, dem Eigennamen nochden Nanien des Vaters hinzuzufügen, zunächst wohl in dem Bestreben,gleichnamige Personen von einander zu unterscheiden(z. B. I Sam 22 9 23 G 30 7 I1 Sam 8 17 U. a.). Daraus entwickeltesich in der römischen Periode der Brauch, dass nian nun iiberliauptden persönliclien Namen wegliess, iiiid so die Patroniniilrazu selbständigen Eigennamein erhob, vgl. z. B. Bartoloniäus, Bartimgus,Barjesus U. clgl. Doch darf vorausgesetzt werden, dassauch diesen Leuten wirlrliche Eigennamen nicht fehlten. Als Beinamentreffen wir ausserdeix in dieser Zeit noch verschiecleiieandere ehrende Zunamen wie z. B. Simon Petrus, Simon Zelotes;oder Bezeichnungen der Herkunft: niIaria Magdalena, SiinonKananites, Judas Ischariot (?).Dass init dem Eindringen der aramäischen Sprache aucliaraiziaische Namen zahlreich wtirden, ist selbstverständlich, vgl.die oben angeführten Na,men, die mit Bar zusanzmengesetzt sind,oder Marta, Tabita, Kaiphas etc. Ebenso lranien griechisclie~incl röniische Namen in Gebrauch: z. T. in der Form von Uebersetzuiigencler einheimischen Nainen wie Theodotos, Nikodemus,Niliolaus; z. T. als Doppelnameii neben dem hebriiischen z. B.Salonie-Alexandra, Joharines-Marcus; oder aber erhielten diehebräischen Namen eine gräcisirte Form: Jesus, Onias etc.Die bei den Arabern sehr beliebte [ctlry'a, die Bezeichnung desVaters nach dem erstgeborenen Sohn z. B. Abu'l-Hassan (VaterHassans) etc., ist für das A. T. nicht nachzuweisen.Namensweclisel in Folge wichtiger Ereignisse im Lebe11scheinen nicht selten gewesen zu sein: Abraham, Sara (vgl. Geil32 es), Gideon-Jerubbaal (,Jclc Ci 32), Hosea-Josua (Num 1316) u. n.Bei Joseph und Dnniel (Gen 41 45 Dan 17) ist die Aenderungdurch die Stellung an einem fremden Hof bedingt ; bei Eljakiniund Mattanja ist sie ein Zeichen der Abhängigkeit vom Oberlierrn(I1 Reg 23 34 24 17).4. In historischer Zeit wurden die israelitischen Knaben baldnach cler Geburt beschnitten. Die Beschneidung {/nillcilz) bestandbei den Jnden darin, dass die Vorlzaut ('oi-ldlo der Eicheldes märiillichen Gesclilechtsgliedes mittelst eines Querschnittesentfernt wurde. Der Beschneidung unterworfen waren in alterZeit nicht nur die israelitischen Knaben, sondern ebenso dieSklaven als Haus- und Kultgenosseii, sowohl die im Haus geborenenals die gelcauften (Gen 1732ff.). Das priesterliche Gesetz


154 Zweiter Teil. SI. Die Familie iind ihre Sitte. [§ 21.bestimmte, dass auch fremcle, die das Passah feiern wollten, beschnittenwercleii mussten (Ex 124s); ebenso miissten sicli spiiterdie sog. Proseliten cler Gerechtigkeit dem unterziehen. Als Zeitpunlitder Beschi~eidiing setzt clas Gesctz cleii 8. Tag nach clerGeburt fest (Lev 12 3), ob dies auch in alter Zeit so war, istfraglich (s. U.). Sie durfte auch ain Sabbat vorgenommen werden(vgl. Joh 7 22); nur Kraiiklieit des Kindes bemirlite einen liurzeiiAufschnb. Zur Vornalime clei Beschneiclung war jecler Israeliteberechtigt, gewöhnlich war dies Sache des Hausvaters (Geil17 23fY.). Dass in alter Zeit auch die Prauen (in Ansnahiilefallen?)sie verrichten durften, zeigt Ex 4 25; clie spätere Traclitiongestattete dies nicht mehr.Der Ursprung cler Beschneidung bei den Israeliten virclvon P auf den B~indesschlnss Gottes mit Abraham zuriicligeführt(Gen 17). Dass sie allgemein als eine vormosaische Sitte galt,gellt auch aus Erzählungen wie Gen 34 tind Ex 4 25 hervor.Ebenso meist der Gebrauch steiiierner Messer, der sich lange erhaltenzu haben scheint (vgl. Ex 4 sjff. Jos 6 2ff.), auf ein sehrhohes Alter. Eine aiiclere Anschauung gieng iibrigens dahin,class erst Josua sie bei clen Israeliten eingef~ihrt habe (Jos 5 2ff.).Die Frage, ~voher die Hebriier clie Besclineiduilg iiberkoinilienhaben, ist seit EIr;ir,ouo~ (PI 104) gewöliillich dahin bearitn ortet~~rorden, dass sie dieselbe bei den Aegypterii gelernt Iiätten. Dafiirwürde sprechen, class die Euphratseiniteii sie nicht kaiinteil;ebenso kann der Ausdracli ,Schmach Aegypteiis' (Jos 5 o) iiurauf das Unbeschnittensein gehen. Die Aegypter hatten die Beschneidungsicher schon im 16. Jtlhrli. V. Clir., wahrscheinlich110~11 viel friiher. So hat clie vielfach angerioniniene Verbreitungcler Beschneidung von Afrika nach Asien imiilerhin einigewahrscheiiilichlceit.Die Israeliten haben sie ~volil nicht direkt von cleilAegyptern erhalten, vielriiehi scheinen sclion in uralter Zeit dieBecluiilen cler Siiiaihalbinsel clie Beschiieicluiig geübt zu habeil.In historischer Zeit ist die Beschneidung bei clen Israelitenso selbstverstäncllich, dass ihrer selten im A. T. Erwähnung getanwird. Wir wissen clesshalb über clie Ausführui~gnichts Sicheres.Was wir an Andeutungen aus alter Zeit haben, zeigt bedeutendeAbweichungen von clein spätercn Gesetz. Jos 5 2ff. wird erziililt,class Josua zu Gilgal die Israeliten beschnitten habe nilcl aufdiesen Akt ~vircl clie Entstehung des dortigen Heiligtums zuriickgefiilirt.Es hat sehr vielVerlocl~ei~cles, niit STADC (ZAW 1886,


§ 21.1 Die Kinder. 155V1 132) diese Erzählung clahii~ zu deuten, dass in alter Zeit aufdem Hügel dervorhäute zu Gilgal regelmässig die Beschileidnngvorgenomineil worden ist. Daraus viircle jedenfalls soviel folgen,class nicht clie kleineil ICincler gleich nach der Geburt, soiideril dieheranwachsende Jugend gemeinsam an einem bestiinmten Heiligtumder Beschneicl~ing unterworfen wurde, eine Sitte, clie wir beizahlreichen alten Völkern mieclerfinden (P~oss I, 360ff.). AuchGen 34 iind Ex 4 258. wiirclen zu einer Beschneicl~ing in sp"t a eremAlter stiinmeri.Aus den1 Schweigen der alten Gesctze darf nian schliessen,dass in vorexilischer Zeit kein besonderes religiöses Gewicht aufclie Bescl~neicinng gelegt murcle. Um so mehr geschah dies iiiiExil. Den Erst~tz fiir den inangelnden Opferkult suchten dieJuden in Babbatfeier uiici Beschneicluilg, dei~n diese waren nichtan den Tempel geliniipft. So wurde clie Beschneidung das Hauptsymbolder jiidisclieii H,eligionsgemeinscliaft. Desshalb hat aiichgriechische und röiiiisclie Kultur cliese Barbarei nicht auszurottenvermocht. TVohl gab es inanche, die sich clerselben schämten undsie dnrch eine lriinstliche Operation wieder unsichtbar zu m:xcliensuchten (I lliIakk 1 ijf. 67i~~iiao[~,66 I Kor 715 JOSEPIIUS Ant. XI1241). Um cleiii vorziibeugen, ordiieteii die Talmudisten uncl BarKocliba neben dein Quersclinitt auch iloch clas Einreissen clesVorhautrestes mit den1 Duumennagel an.Die B edeutuiig der Beschneidnng ist fiir clas spätere Jiideiituinganz lilar. Bei P ist sie das Zeichen cler Zugeliöiriglreitzum Riinclesvollr (Gen 17). Alle Unbeschiiittenen stehen ausserhalbdes Bundes. Auch clie Synlbolik ist sehr clnrchsichtig: sieist ein Reinigungsakt (in knltiscl~ein Sinne), die Vorhaut ist derInbegriff der Unreinheit. Dass P diese Bedeutung in die ältesteZeit zuriiclrtr5igt und aus ihr die Entstehung der Sitte ableitet,ist selbstverständlicli.Eine allgemein anerlrailnte Erklär~ing der Beschneiclung istnoch nicht gelungen. Die zahllosen De~itniigsveis~iche von Gelehrtenuncl Laien scheiclen sich hauptsächlicli in zwei Gruppen.Auf der einen Seite steht clie Ableitung aus sanitären Gründcn.Schon HERODOT sagt, die Aegypter hätten die Beschneiclung nurclei Reinigkeit wegen unteinoinmen. Nacli aiicleren galt sie alsSchutzmittel gegen ge~visse Krankheiten etc. Allein weil11 auchbei einzelnen Stämmen heute noch derartiges als Grund angegebenwirci, so geht doch die Ansicht der Anthropologen mit Recht cla-


156 Zweiter Teil. 11. Die Familie und ihre Sitte. [$ 21.hin, dass unter clieseii Gesichtspunlrten der Gebrauch ganziiberflüssig wäre. Dagegen wird von namhaften Forschern(z. B. P~oss) die Besclineidung als operativer Vorbereitungsalitauf clie sexuellen Funlrtioilen des Mannes betrachtet, hervorgerufendurch die Anschauung, dass sie die Fruchtbarkeit befördere.Auf der anderen Seite stehen die Erklärungen, welcliedie Wurzel der Beschneidung in religiösen Vorstellungen fiildeil.Der vorliegende Tatbestand und die Deutung, welche clie altenoder inodernenVölkerschaften selbst geben, liann die Frage iiiclitentscheiden, da einerseits gar nicht zu erwarten stellt, dass sicliclie ursprüngliche Bedeutung im Bewusstsein erhalten hat, nndererseitsfür beide ErlillLruiigen sich gleichillässig Belege finden lassen.Dagegen wird man sicli aus allgemeinen Griindeii clafür entscheidenmüssen, dass in letzter Liiiie religiöse Gedanken zu Grunde liegen.Nicht medizinische Kenntnisse, sondern religiöse Vorstelluilgensind es, die bei allen iiiizivilisirteii Völkern in alter und neuer Zeitsolche Gebräuche hervorrufen. Gottesglaube und Götterkult sinddie Erzeuger aller menschlichen Sitte. Das hindert nicht, dass,wenn die religiösen Vorstellungen allmiihlich verblnsseii, für dieunverständlich gemordeilen Gebrauche andere Gründe (in unseremFall sanitäre) substituirt werden. Ciebrigeiis ist, da die Besclineidungihrer Verbreitung nach an verschiedenen Orten spontanentstanden sein Iiöiinte, clie Mögliclikeit eines verschiedeiiartigeilUrsprungs nicht ausgeschlossen I.Ist die Beschneidung ursp'iinglich ein religiöser Alit, so wirdsie im allgemeineil als kultisches Stammeszeichen gecle~~tetwerden dürfen2. Ein solclies Stammeszeichen liat immer zugleichlriiltische Bedeutung, da die Stanlmesangehöriglieit clie ZugeliGrigkeitzuin Stamineskultus bedeutet, und ebenso stammesfrenld undlinltusfremd fiir clie älteste Zeit sich cleclit. Für diese Deutungs~rechen folgende Griincle :' Die einzeluen Belege über die Verbreitung der Beschneidung s. beiPLOSS I 342ff.Die Deutung als Opferakt, Reinigungssymbol U. clergl. findet sichallerdings bei einzelnen Völkern, aber zu selten, als dass sie zur allgemeinenErlrlärung verwendet werden dürfte. - Die Frage, woher solche Stamineszeichenkommen, kann hier nicht untersucht werden; es sei nur die Ansiciitvon SPENZER U. a. angeführt, wornach alle Vrrstiinlmelungen ursprünglichSiegeszeichen im Krieg sind (cf. I San1 18 27). In Abessinien dienen noclijetzt die Eleliitalien ersclilagener oder gefangener Feinde als Tropliäen.


5 21.1 Die Kinder. 157a. Die TValirnehinung, dass nicht bloss bei den Juden,sondern auch bei den Aegyptern und den meisten Völkern dieEnbeschnittenen als unrein, d. h. als stamm- und kultusfremdbetrachtet werden, auf welche die Beschnittenen mit Verachtungherabsehen.b. Der Umstand, dass bei den Völl


158 Zweiter Teil. 11. Die Familie und ihre Sitte. [$ 21.Mädclieiis bis zur Verheirxtui~g (vgl. übrigens S. 141), währeiicldie Knaben, ureiiii sie etwas herangewacliseii waren, unter clieObhut ~ind Leitung clesVaters traten ocler bei voriiehmeii FamilienInesonclereii Erzielierii ['dnz47z) übergeben ~r~urcleii (Kuiii 11 12Jes 49 23 11 Reg 10 i 5 I Clir 27 32 11 Sani 12 25).Die Grundlage der ganzen Erziehuiig bildete zu allen Zeiteiiclie Hochachtung uncl Ehrfurcht vo1- cler elterlichen Gewalt. Uassbei den Sölineii die Einfülirung iii den väterlichen Ihlt eineHauptsache war, versteht sich fiir die Israeliten so gut wie fiiralle alten Völker (Ex 138Dt 4 9ff.). Sonst hanclelte es sichdaruni, ihneil die praktischen Keiintnisse cles Aclicr- und Weinbanes,der Vielizncht, des väterlicheil Handcverkes, bei Vornehmereiiauch etwa des Schreibens uild Lesens Iseizubringen.Leider habe11 mir gar keine einzelilen Angaben Iiierüber.In der iiachexilisclien Zeit trat dem ganzen Bilcl~ingsidenlent~p~echencl (vgl. S. 81 f.) die I


0 22.1 Die Sklavci-i, 159Unterricht im Orient. Für diese theoretischen Gesetzesstudieiigab es sclion in der Zeit des N. T. besondere Lokale, die ,Eelirliäuser'@&fh lrn1,~7nid~dsc/1~. Wie weit diese zeitlich liinaufreiclieri,wisse11 wir iiiclit sicher. In Jerusalem liielt man die Lelirvortiägewolil auch iin Tempel (Luc 2 'LG 11. a.), d. h. in clenSäulenhallen desvorhofs. - Die Scliiiler sassen beim Uiiterriclitauf clem Boden, der Lehrer auf einem erhöhten Platze (LUC 2 40Act 22 3; vgl. SCHURER GJV I"264f.).22. Die Sklaven.1. Znr Familie gehörten eildlich auch die Sklaveii. Bei Be-~irteilung der israelitisclien Sklaverei darf man nicht von cleiiVorstellungenausgehen, welche die nioclerne Sklaverei cliri~tliche~Völker in uns weckt. Will nian gerecht urteilen, so muss man iinAuge behalten, dass es cleii hebräischen Sklaven mecler cntwiirdigtnoch unglücl\-lich macht, wenn er Besitztuin seinesHerril istunclihn~uilbeclingteil Gehorsain scliulrlet; cleiin aucli clie freigeborene Frau~~iid clie freien Kinder sind rechtlich betrachtet vollständig clei Gewaltcles Hauslierrn unterworfen. Auch ist tatsächlich kein sogrosser Unterschied zwischen cler Stellung cles Slrlaveii uncl derder iibrigeii Hausgenossen, cler uns berechtigen wiirde, jene alsdie Elenden ~111~1 Ungliiclrlichen ZLI bemitleiden. Damit fällt jederGrund weg, die Slrlaverei bei clea Hebräern als ein notwendigesüebel zu werten; es ist vielmehr anznerlieniien, dass sie auf deiKulturstufe, auf welcher die Hebräer sich befanden, ein Segenfür Herren und Sklaven ist I.Der hebräische Slilave x~lurcle sehr mensclilicli behandelt.Es machte natürlicli einen gewissen Unterscliied, ob er Tsraeliteoder Yolk~freincle~ war. Letzteres niag überwiegend der Fallgewesen sein. Sklave n~urcle nach antilrem Recht der Kriegsgefangene.Die Hebräer niussten allerdings meist ihre Slrla~eiiDas Gleiche gilt übrigens uocli heute von der Slrlaverei iil clen Lauderndes Isl&m. Alles in allen1 ist der Zustand der inuslin~isclien Slrlaveilnur formell verschieden von dem der europäischen Diener ~iud Arbeiter. DieAufhebnng der Sklaverei in diesen Ländern wäre nichts weniger als einSegen für dieselben und liat sich, wo sie durcligeführt wurde, auch Ireineswegsals ein solclier bewiesen. „Der Antislilavereiscliwindel iii Enropa istbeini grossen Publiliuin eine ehrlich geineinte Dummheit, die Männer derholieu Politik aber nähren das falsclie Feuer niit gauz anderen als hniiiani-Gren Zmeclien; so tritt die cliristliche Welt dem Islani niit I!!issverstäildnissund Lüge entgegen!" (SNOUCK HURGROKJE, 3lelilia I1 llff.)


160 Zweiter Teil. 11. Die Familie und ihre Sitte. [S 22.durch Kauf erwerben; eiiz ausgedehnter Sklavenhandel wurde vonjeher von den Phöniziern betrieben. Unter den hebräischen Stäininenwar Sklavenraub diirch die Sitte streng verpönt (Ex 21 X),was allerdings nicht hinderte, dass er gelegentlich vorlrain (Gen37 26ff.); dann gebot natürlich die Klugheit, den Sklaven nach auswärtszu verhandeln. Dagegen stand es dem hebräischen Vaterfrei, seine Kinder in die Slrlaverei zu verkaufen (nur niclit anVollrsfrenide), und mancher Arme mag davon Gebrauch gemachthaben (Ex 21 7). In solcher Zwangslage befand sich der Schuldiier,der nicht zahlen konnte, uncl der Dieb, der den Raub nicht zu ersetzenvermochte (Ex 22 z I1 Reg 4 i Jes 50 I). Ueberhaupthalf sich in Fällen grosser Armut mancher schliesslich damit,dass er sich und seine Familie einem wohlhabenden Mann alsleibeigen erklärte (Lev 26 30 47). Auch das mag vorgelroilimeizsein, dass ein Freier, der den ?„hha?. nicht zahlen konnte, sich freiwilligauf bestimmte Zeit dem Vater des Mädchens als Sklaveverdingte (Gen 29 18).Der Hauptunterschied zwischen dem volksfrenlden uncl demisraelitischen Sklaven bestand darin, dass jener IebensliinglichSklave blieb, dieser nach einer bestimmten Frist wieder frei gelassenwerden sollte. Das Bunclesbuch setzt die Dauer derSklaverei auf 6 Jahre fest, im 7. Jahre soll der Sklave freigelassenwerden (Ex 21 iff.). Das Beispiel Jakobs legt die Vermutungnahe, dass es ursprünglich vielleicht Sitte war, dass derhebraische Knecht 7 Jahre diente. So wenig aber galt Sklavereials ein Unglück, dass das Gesetz voraussetzen konnte, (lass invielen E'ällen der israelitische Sklave vorziehen werde, bei seinemHerrn zn bleiben. In diesem Fall bediirfte es der feierlichen Erklärungdes Sklaven an heiliger statte, dass er freiwillig bleibe;zum Zeichen, dass er nun für immer an das Haus gebunden sei,wurde ihm von seinen1 Herrn in Gegenwart von Zeugen das Ohrinit einem Pfriemen an die Hausthiire angenagelt (Ex 21 zff.Dt 1516). Solcher Verzicht auf die Freilassung wird namentlichdann eingetreten sein, wenn der israelitische Slrlave von seinemHerrn einWeib bekommen hatte, das ihm Kinder geboren; dennin diesem Fall bliebenTVeib und Kincler in der Sklaverei zurüclc I).' Nur wenn er ein Weib mit in die Sklaverei gebracht Iiatte, wurdeauch dieses mit freigelassen. Das einen1 Slrlaven von seinem I-Ierrii gegebeneWeib war wohl immer eine Aiisländerin, die hebräische Slrlavin sollte derHerr für sich selbst oder seinen Sohn zur Konkubine nehmen (Ex 217ff.);


9 22.1 Die Slrlaven. 161Die Zusatzbestiminiing des Deuteronon~iuiiis (15 isff.),' dass clerSltlave nicht mit leerer Hancl fortgeschickt wercleii solle, zeigtnoch einen aiiclereii Grund: der ganz mittellos entlassene Slilavewar in cler Freiheit iibler daran als vorher, jetzt hatte er selberfiir sich zu sorgen, war der alten Ausbeutung uncl Beclrückung~vieder schntzlos preisgegeben. Dessl~alb lieber Sklave sein als einfreier, aber armer Mann !Das begreift sich, n7enn wir daran denken, dass der Sklavekeineswegs der Willkiir cles l3errn recht- und scliutzlos preisgegebenwar. Das alte Qewolinheitsrecht trat sehr energisch fiirilin ein. Der Herr hatte ltein Recht ihn zu töten wie bei denRömern, eine Schranke, clie um so beinerliensvr7erter ist, als denKindern gegeniiber innerhalb gewisser Grenzen dem Vater clasRecht iiber Leben iincl Tocl zustancl. Freilich wenn zmischen clerZiichtig~iiig des Sklaven uncl deili Tod ein Zeitraum vonmiiiclestenseinem Tag lag, gieng der Herr frei ans, er war durch denVerlustseines Sklaven, cleii er nicht beabsichtigt, schon geiiiig gestraft(Ex 21 so). TQnrcle der Sklave bleibend an seinen1 Leib gescliacligt,verlor er z. B. ein Auge, einen Zalin, so sollte cler Herr ihm dieFreiheit geben (ibid. V. 26). Tötung und Verletzung cler Sklaveneines anderen wurde allerdings nur als Eigentumsbeschädigungbetrachtet, fiir welche eine Entschädigung zu zahlen war ; derDiirchschnittspreis eines Sklaven scheint in der iilteren Köiligszeit30 Sekel gewesen zu sein (Ex 21 eoff.) Vor iiberniassigerAusbeutiiiig cler Arbeitskraft scliützte den Sltlaveii die Einriclitnngdes Sabbats, clie vorzugsweise dem Slilaveii und dem Viehzu Gote Izoinmen sollte (Ex 23 12 Dt 5 isff.). Sogar den eiitlaiifenenSBlaven nahm clas Gesetz durch clas Verbot cler Auslieferungin Schutz (Dt 23 E), und jeclenfalls galt die Auslieferungauch cler alten Sitte keineswegs als etwas Selbstverstäi~dliches,sondern hieng von dem freienWillen der Btaclt ab, in welche sichder Fliiclitling ge~venclet (I Reg 2 39f.). Encllicli will clas Deuteronominindie Sklaven auch an der Festfreude lind an den Opferinahlzeitenteilnel~inen lasseil (12 1s IG ii). nass seine ~veitgehendenForclerungen, nanientlich die Bestimrniing über Freilassungder Sklaven oft umgangen wurden, sieht man aus der eindringlichenMahnung, mit ~velcher sie begleitet sincl: lass dichs nichtverdriessen ! (15 18, vgl. Jer 34 s ff.).so waren die in der Sklaverei geborenen Kinder in der Regel keine Vollblntisrneliten.B eiizing er, Heblaisclie Aicliaologie. 11


162 Zweiter Teil. 11. Die Faniilie und illre Sitte. [s 23.Mehr ilocli als clas Recht bestiinmte, gewährte freiwillig dieSitte: wir finden, dass durchgehencls die Sklaven wirklich alsFainilienglieder behandelt wurden, fiir clereii \Vohlergelien derHerr sorgte wie für das seiner Kinder. Sie i~iachteii nicht blossden stuinmen Diener, sondern wurden uin ihre lleiiiuiig nnclihren Rat gefragt (I Sain 9 GE. 25 idff.). Elieser in der Vätersageerscheint recht eigentlich als cler Leiter des Hauswesensund wird mit einer Art Vormundschaft über Is~ak betraut(Gen 24 iff.); dazu vergleiche die Stellung cles Siba, zu Meribaal,clem Sohn Jonatans (I1 Sam 9 iff. 16 iff.). Ja cler Xltlavekonnte die Tochter cles Herrn zur Frau belroinmeii (I Clir2 34f.) nncl wo kein Sohn vorhallden war, sogar Erbe nercleil(Gen 152ff.).Dieses letztere weist uns auf den Grund hin, iii welchein diegute Behaiidlung des Sklaven wurzelte : als Gliecl cler Faniilie warer in clen I


s 23.1 Die Trauergebräuche. 163als Pran verkaufen konnte), so war der Käufer gehalten, sie alssein Weib zu behandeln, CI. h. ihr an Nahrung, Kleidung, elielicherBeiwohnung nichts abgehen zu lassen. Dagegen wurde sieals Konkubine nicht in1 7. Jalir frei gelassen. JQollte aber derKäufer die Ehe mit ihr nicht eingehen und sie auch nicht seinemSohn geben, so durfte er sie nur an einen solchen weiter verkaufeii,cler das Konkubinat mit ihr einzugehen bereit war (Ex 21 sff.).Das Deut. dehnt diese Bestimmungen wolil im Einklang mit derSitte claliin aus, dass auch clie fremde Sklavin, die Kriegsgefangene,nicht verkauft werden darf, sobald der Herr sie berührt hat(21 ioff.). Ueberliaupt galt, dass der Herr gegen die Sklavin, dieer einmal zu seiner Kebse genommen, sich auch dem entspreclienclzu erzeigen hatte. Noch heute ist es bei den Arabern eineSchande, eine Slrlavin zu verkaufen, die der Herr zu seinerKonlr~~bine gemacht hat, namentlich wenn sie von ihm Muttergeworden ist.3 23. Die Trauergebräuche.FSCHWALLY, Das Leben nach clem Tode, Giesseri 1892.1. Noch melir als die Gebrauche bei Geburt iind Heiratgeben uns die bei Todesfiillen geübten Sitten einen Einbliclr indas Wesen cler alten hebriiischen Familie als Kultgenossenscliaft.Sache selbstverständlicher Pietät war es, dem Toten die Augenzuz~idriicl


164 Zweiter Teil. 11. Die Familie und ihre Sitte. [$ 23,gung des Toten (Am 2 I). In einzelrien Fallen liain sie als Verschärfungcler Todesstrafe zur Anwendung (Jos 7 25 n. a. $ 46).Der Abscheu davor hieng init dein Glauben zusammen, dass dieSeele auch nach dem Tod noch an den Körper gebunden sei.Nicht begraben werden mar eine furchtbare Schande, die nlannur dem sclilimnisteii Feind anwiiiisclite (Am 2 I cf. Jes 33 1%Jer 16 4 Ez 29 5 11 Reg 9 10). Denn ruhelos miissen die Geister~nbestattete~ Toter uniherschweifen; in cler Sclieol sogar istdas Los nilbegrabener Leicliname jammerwiirdig: in clen TVinlrelnLind Eclien miissen sie sich heruinclrüclien (Ez 32 2, Jes1415 U. a.).Auf einer Bahre (mi[tcih I1 Sam 3 31) trug man den Totenzum Grab liinans, Leidtragende, die den Klagegesang erschallenliessen, folgten clem Zug (I1 Sam 3 3if.). Der Glaube, dass clieGemeinschaft des Qeschlrchts clen Tod iiberclauere, erklärt dieWertschätzung cles Pamilieiigrabs. Es war das Natiirlicliste, dassman dasselbe urspriinglich auf eigenein Gruncl uncl Boden, in clerNähe des Hauses, anlegte (Gen 23 I Sam 25 I I Reg 2 34 LI. a.).Als sch~~~ereiiVo~wnrf spracli es Ezechiel aus, class Judas Königeillre Toten Wand an IITancl niit dein Heiligtum in ihrer Burgbegruben. Aus pralctischen Gründen wird iIiaii allerdings frühedazu übergegangen sein, die Gräber ausserlialb der Städte anzulegen.Später vollends galten sie für unrein (Num 1916). Ueberdie Bauart der hebräischen Gräber s. 5 35. Immer wurde daranfestgehalten, class die Grüfte Familieneigeiitnin warell, in welchekein anclerer Fremder niedergelegt werden durfte (JIatth 27 GOur~cl Par.). Interessant ist zu bemerlien, dass clie gleiche Anschauungauch auf iiabatäischen Grabiiiscliriften zum Ausdrucli lionlmt(EUTING, Nabat. Insclir. a. Arabien No. 2). Dort wird ganz besonclersverflucht, wer clas betr. Grab schändet oder verliauft, jawer überliaupt einen nicht zur Familie Gehörigen dariii begräbt.Fiir die Alleräriiisten, die sicli kein Familiengrab kaufen lroiinteii,für Fremde und Verbrecher gab es eine allgemeine Grabaiilage(Jer 26 23 Jes 53 9 Mattli 27 7). Es war aber ein schweres Los,nicht bei den Vätern begraben zu ~verclen (I Reg 13 za).Selbstverstandlicli galten alle Gräber als heilig, uiicl zwarnicht bloss in dein allgemeinen Sinn, class illre Schäiidnng ein rucliloserGräuel war, soiiclern in dem ganz speziellen Sinn, dass sie iiiältester Zeit Kultusstätten waren. P~ir eine Reilie von Gräbernberiihmter Heroen lässt sich das noch ausdriicklich nachmeis~n ;


5 23.1 Die Trauergebränche. 1.65viele der berühmten alten Kultusstätten scheinen ihren Ursprungdem Vorliandeilseiii solcher Heroengräber zu verdanlreii : bei demGrab cler Rahe1 befand sich ein heiliger Stein (trhn.y.y&fi/?Nh)), in Hebronlagen die drei P~~triarchen, in Sichein war Joseplis Grab, inKades Barnea das der Mirjam, unter clem heiligen Baum vonBethel ruhte Deborn. Heilige Eäuiiie und Steine fehlten bei diesenReiligengiäbein nicht. Die alte Beduinensitte, die Gräber derAhneil auf hohen Berggipfeln anzulegen, wircl für die Israelitendurch clas Grab Aroiis auf dem Berg Bor bestätigt. Die Berggipfelaber waren die Sitze der Gottheit. Erst von hicr aus verstehtinan die Anschauung des späteren Gesetzes, ~velclies alleGräber fiir unrein crklärt : unrein ist iin Verlauf cler Geschichtefür die Jahvereligion alles das gewordeii, was in Beziehung zueinein anderen Kultus stancl.2. Vor nild nach der Beisetzurig gab sich die Trauer um denVerstorbenen in einer Reihe merltwiirdiger, iibrigens auch vonanderen Völlrern geteilter Sitten A~isdruclr. Ganz gewöhnlich wardas Zerreisseil des Oberkleids (I1 Sam 3 31 u. 0.); statt des gemöhi~lichenGewandes legte inan den scck (8. 103) an (Jes 15322 12 U. 0.) ; inaii streute Erde oder Asche auf clas Haupt (Jos 7 GI1 Sain 1 e LI. o.), gieng barhäuptig und barfuss (Ez 21 i7 I1 Sam1530), verhüllte das Haupt ocler wenigstens clen Bart (Ez 2417Jer 143 11 Sain 1530), oder legte die Hancl auf clei~ Kopf (11 Sam13 isf.); Inan setzte sich in Staub und Asche und bestreute sichdamit (Jer 3 26 47 i Bi 2 8). Dazu kaineii noch Verstün~nlelangenaller Art: nian schor sich eine Glatze ocler raufte sich clas Haarans (Jes 16 F 47 5 Jes 22 ie 8Ii 1 i~ u. o.), niaii schnitt sich denBart ab ocler stutzte ihn wenigstens (Jer 41 j 48 37 Jes 15 2Lev 1927) ; niail niachte sich Einschnitte am ganzen Körper oclerwenigstens an clen Biinden (Jer 16 G 41 5 47 j 48 37). Weiter wares Brauch, um einen Toten zu fasten (I Sam 3113 I1 Sam 3 3s);nach Sonnenuntergang wurde das Fasten durcEi einen Leicheiischinansgesclilossen, bzw. wo es mehrere Tage dauerte, unterbrochen(Hos 9 4 II San] 3 35 Jer 16 7f. EZ 24 17 22). Nebendem Totenmahl gab es selbständige Totenopfer, welche auf clasGrab gestellt wurden (Dt 26 14). Tob 4 1s wird empfohlen, dieSpeise nur auf das Grab des Gerechten zu legen, dem Gottlosenaber aichts davon zu geben; der Siracide dagegen spottet überdiese Sitte : ,Was nützt das Opfer einem Schatten ?' ,Leclrerbisseiiauf verschlossenen Mund geschüttet, sind Opferspeisen aufs Grab


166 Zweiter Teil. 11. Die Familie und ihre Sitte. TB 23.gestellt1 (30 is ff.). Als solches Totenopfer ist ancli das Verbrennenvon Spezereien aufzufassen, das in späterer Zeit beiVornehmen üblich war (Jer 34 5 I1 Chr 16 14 21 19). Die Klageum den Toten war ebeiifalls mehr als bloss natürlicher Ausclruclrdes Schmerzes. Zu den Frauen des Hauses, die auf cler Erdesitzend weinten, wurden noch die berufsmässigen Klagefraueilhinzugezogen: „Sie stimmten das herliömmlicher Weise mit 'ekhoder 'ekha beginnencle und in einein eigenartigen Rytmus verlaufendeTotenlclagelied an iincl sangen es wahrscheinlich iiaclifeststehender Melodie abLL (STADE GVJ 12388. Vgl. die Schilderungmodern orientalischer Totenklage bei LAXE, Deutsche Ausgabe111, 146 ff.). Auch Zach 1210-1sspricht dafiir, dass dieTotenklage eine diirch das Herliominen fest geregelte religiöseHancllung war. Flötenspiel inoclite clas Klagelied begleiten (,Ter48 36; JOSEPHCS Bell. Jud. I11 9 5).Was den Ursprun g und clie Bedentung dieser Gebräucliebetrifft, so mögen immerhin verschiedene derselben (nanientliclzclie Trauertracht) sich erklären lassen als Aeusserungen einesunbändigen Schmerzes. Das Verbot derselben (Lev 192s 215f.Dt 14 i ff.) sucht inan dann darauf zurücli~ufiih~eii, dass sie alsübernlässige Excesse Jahve nicht gefallen. Allein bei der ILIehrzahllässt sich diese Deutung nur gezwungen ~lu~chfiihreil. Wiesollen die Verstiimmelungeil, clas Scheren einer Glatze, das Abschneidendes Barts zu der Bedeutung eines Synlbols des Schmerzeslromiiien? Auch urteilt das Gesetz ganz anders darüber: siewerden verboten mit der ausrlrücliliclien Begründung, dass sieeine Entweihung sind, welche sich für Israel, clie Kinder Jahvesnicht zieint. Auch abgesehen von dein Trauer gelten diese Dingeals verunreinigend (Lev 21 5). Weist schon diese Motiviruiig clesVerbotes clarauf hin, dass es sich um Ceremonien lianclelt, welcheiirsprünglich die Bedeutung von kultiscl-ien Hancllungen fiir einefremde Gottheit hatten, so wird das bestätigt durch das Totenopfer.Solche werden noch heute von den Beduinen gebracht.Man vergleiche damit die bei zivilisirteii Völkern noch iniiner erhalteneSitte, Speise und Trank auf das Grab zu stelleil, clerei~Ursprung nicht zweifelhaft sein kann. Gerade so, wie im letzterenFall vielfach das Totenopfer zu den modernen Leichenschin" auseilabgeschwacht worden ist, so ist auch die Sitte cles Leichenma,hlsaus dein Opfer herausgewaclisen. Jer 16 7 ist allerdings der Textschwerlich uiiverclorben; dagegen kann sich die Versicher~ing,


5 23.1 Die Trauergehräuche. 167welche der den Zehnten Darbringende abgibt, dass er nichts davonden Toten gegeben habe (Dt 26 14), nur auf Totenopfer oderauf ein Totenmahl beziehen, letzteres ist aber als ein Totenopfereben dadurch geli-ennzeiclinet, dass das Trauerbrot unrein ist iiiidverunreinigt (cf. Hos 9 4). Dazu stimmt, dass sich bei zahlreichenVölkern, namentlich bei den alten Griechen, clie ebenfalls clenAhnenkult hatten, das Totenopfer in Verbindung mit cleiii Totenmahlfindet. Das Zerschneiclen des Leibes niit Messern begegnetuns I Reg 18 2s: als gottesdienstliche Handlung. Das Abschneidenvon Haar und Bart entspricht genau der gleichen Sitte bei denGriechen, welche die Haare den1 Toten mit ins Grab gaben (2. B.Ilias 23 135). Auch im Knltus cler alten Araber findet sich dieHaarschur als Opfer. „Sie hat vielleicht den Sinn, dass man sichclad~~rch als clediticiiis der Gottheit bekennt" (TYELLHAUSEN,Skizzen I11 119). Auch das in bestiminte Formen gefasste Klageliedtreffen wir vornehmlich bei solchen Völkern wieder, welcheden Knlt der Toten haben. Als Geister, welche uin clie Zukunftwussten ('6612, jicZclt:'6~li), befragte man sie; man setzte sich zuclem Zweck in clie Gräber (Jes 65 4)) oder citirte sie durch Beschwörer(Jes 8 19 29 4 I Sam 28). Von hier aus wird man dasVerhüllen des Bartes als eine Abschwächuiig des Abschneidenszu erklären haben, und es gewinnt die Vermutung an Wahrscheinliclilceit,dass auch der Trauertracht religiöse Vorstellungen zuGrunde liegen, vgl. als solclie heilige Tracht clen i[z?.dvz, welcliervon clen Muslimen bei cler TVallfahrt im Gebiet von Mekka angelegtwird (S. 97 Anm ). Im Einzelnen freilich dürfte es kaiiiii gelingen,die ltnltische Bedeutung aller Gebräuche zu eruireil, wiedies SCI~WALLY versucht hat.Haben so die Trauergebiäuche in letzter Linie im Totenlrultihren Ursprung, so soll damit nicht gesagt sein, dass sich das Be--\v~isstsein hievon noch bis in die späte Zeit erhalten habe. Vielmehrmag schon bald mit dem Sieg cler Jahvereligion die Umwandlungbegonnen haben, dass an Stelle des urspriingliclien Siniisdie abgeblasste Deutung als Ausdrucksformen des übermässigenSchmerzes trat. Durch solclie Umdeutung allein vermochten sichdie alten Sitten innerhalb cler Jalivereligion zu erhalten; diejenigenGebräuche aber, bei denen cliese Umde~itung am schwerstenhielt und die Qefahr des Rückfalls in die alten Vorstellungenam grössten war (clie Verstünimelnngen), wurden eben deswegenals heidnische Gräuel vom Dt iiiid Priestergesetz verboten.


168 Zweiter Teil. 111. Die Gesellschaft und illre Sitte. [§ 24.Literatur s. S. 8.Kap. 111.Die Gesellschaft uns1 ihre Sitte.$ 24, Das gesellige Leben.Die heutigen Araber, Eellacheii wie Beduiilen, sind sehr geselligangelegte Leute. Bei einer Sasse Kaffe und cler Pfeife zusai~irnenznsitzen,Neuiglceiten zu berichte11 und zu Iiören, oder den1Säiiger uiid Märchenerzähler zu lauschen, ist ihr grösstes Vergnügen.Dez11 lroniint ilire spricliwörtliche Gastfreundschaft.Niclit nur dein zugereisten Fremden ~ilird gastliche Herberge bereitet,sondern auch allen Dorfgenossen, deiii ganze11 Zeltlagersteht das Haus eines Jeden offen, sobalcl eine Fainilienfeier oderdgl. stattfindet. Denselben Eindruck erhalten vir aucll voii denalten Israelitei~, weiin wir das verhältnissinbsig TTTenige, n as unsiiber cliesen Punlit berichtet wird, zusaniiiieniiehiiieii.1. Von ö f fen t li ch e n F es t e ii der Israeliten wircl uiis iiiclitviel erzählt. Die Hauptvergniigeii der Orientalen, Maffehäuseruncl bffentliche Bäder waren geilz unbekannt ; letztere kamcn erstin der römisclieii Zeit auf. Statt clessen versainrneltei~ sicli dieEinwohner eines Ortes anf dein freie11 Platz an den Slioreii clerStäclte ZLI geselligem Plauderii und zum Austanscli cler Tagesneuigkeiteri- ganz wie heute noch zu beobachten ist (PS 69 1sThren 5 11). Uncl nicht bloss Neuiglceiten Ivareil es, clie dcn Gegenstandcler Unterlialt~ing bildeten: wie heutzutage die Beduinensich claran vergnügen, die grossen IGiegstateii ilirer Stainineslieldenimmer wieder sich zu erzählen, sei es in gewählter Prosa,sei es iii Poesie, wie sie nicht satt werden, clie Lieder von Kampfund Bieg zu hören, so siiicl aucli im Voll< Israel solche Gesängevon clen Heldeiitaten der Nationallieroeii von Mund zu Mund gegangen,von den Hängern niid Erzählern in Dorf uiicl Stadt vorgetragen~vorcleii. An clen Lagerfeuern der I-Iirten wie iii den gemiitlichenGesellschaften unter den Thoren der Städte waren siecler stelieiide Erz%lilungsstoff (vgl. Ex 139 ff). Dieseiii Unistaiiclverdenken wir clie reiche Ausgestaltiing so mancher Heldeiisage(z. E. iiber Davicl), aber aucli clie Ueberlieferung vieler alten Lieder,die fiir uns als Quelle cler Geschichte von ~~nschatzbareizz TVerthesind.


5 24.1 Das gesellige Leben. 169 --Es fehlte auch nicht aii Volksbelustigunge~ : glorreiclie Siegewurden init öffentliclien Festeil gefeiert (Ex 1620); aus cler Feldschlachtlieiinkehreiicle Helden empfing man mit Gesang tiiicl Reigentanz(Jdc 1131 I Sam 18 6); das Anclenlreii der iiilgliickliclienTochter Jephtas feierten Israels Töchter clnrch ein jäl-irlichesPest (Jdc 1140). Solche Feste der Erinnerung an ein historischesEreigniss, clie freilich meist lolraleii Charal


170 Zweiter Teil. 111. Die Gesellschaft und ihre Sitte. E 24.In alter Zeit wurden freilich cliese Feste reclit einfach gefeiert:ein Tier der Herde ~vurcle geschlachtet ; das war schonFestfeier genug, auch clie üppigsten Gastmähler boten nicht mehr.Bezeichnend ist, dass die Reichlichkeit des E'estinalils zu allenZeiten vorzugswaise darnach bemessen wiirde ob viel, wenigerdarnach, ob vielerlei zu essen da war. Durch doppelte, ja fünffachePortionen ehrte man den Gast, aber auch durch Vorlegung desbesten Stiickes (Gen 43 34 I Sam 1 6 9 24).Im Vielessen -mrerLwie es scheint clie alten Israeliten so gut Meister wie die lieutigenAraber. Bei der Unterhaltung spielten aiicli hier clie altenHeldensagen und -Lieder ihre Rolle. Beliebt waren auch RätselU. dgl. (Jdc 14 iz E.). Der Wein cluifte bei derartige11 Schniausereiennatürlich nicht felilen, trugen sie cloch ihren Namen vomTrinlren (~niscltlel,). Dass es nicht iinnler so solide hergieiig,zeigen Beispiele wie I Saiii 25 36 113 II Sain 1113.Freilich wiedann später cler Festbraten fiir die Reichen etwas Tagtäglicheswurde, mussten anclere Geniisse dazu lioinmen, um rlas Festmahlvon einein gewöhnlichen zii unterscheiden: da musste Musik, Gesangund Tanz das Mahl wiirzeri (Am 6 4ff. Jes 5 ii f. U. a.); dieGäste lucl man durch Sklaven dazu ein (Prv 93 Mtth 223ff.), wuschihnen die Füsse (Luc 7 44), salbte ihnen Haupt- iincl Barthaar,Kleider, ja die Piisse init wohlriechendem Oe1 (Am 6 G Ps 23 5Lnc 7 38); mit Blumenkränzen schmüclrten die Zecher ihr Haiipt(Jes 28 I). Das Auftreten von Tänzerinnen (31th 14 G) scheinterst durch die griechisch-römisclie Sitte eingeführt worden znsein. Immerhin muss man auch von der spiitesteil Königszeitsagen, dass die Gastmahler der Israeliten in1 Vergleich init den?Liixus, den clie Griechen undRömer entfalteten, sehr einfach waren.2. Charalrteristischfiir die israelitische Geselligkeit ist besondersdie Ga s tf r e un d s C h a f t , clie den schönsten Zug iin Charakterder alten Israeliten wie der heutigen Orientalen bildet.Piir clie Beduinen liegt der Wert des Besitzes darin, dass er ihiiengestattet, gastfrei zii sein. In schranlrenloser GastfreiindscliaftHab ~iiicl Gut verschleudern bringt liohen R~ihm. Hochheilig istdas Gastrec2it : iin Zelt des Todfeindes kann der Flüchtling sicherrulien. Eine Tat, wie die cler Jael (Jdc 417ff.), würcle jedenechten Beduinen mit Abscheu erfüllen. In der israelitischen Sagewird sie als Heldentat gepriesen; man sieht, unter den Kämpfenmit den IKanaanitern sind clie Sitten verroht. Aber als Ausnahmebestätigt auch diese Geschichte clie Regel: Gen 19 'lff. und Jdc


8 24.1 Das gesellige Leben. 1711923f. zeigen, wie weit die Pflicht des Gastrechts reichte. -Der Gast, wer er auch sein mochte, .cvurde freundlich aufgenommenund ins Haus geladen. Einem Freinclen die Aufnahmezu versagen, war clas Zeichen schnlutzigsten Geizes (Hi 31 32Gen 19 e Ex 2 21 11. a.). Dem müden Wanderer wurden die Füssegewaschen (Gen 184 192); ein Tier der Herde wurcle ihm zu Ehrengeschlachtet (Gen 18 7). Es gehörte zum guten Ton, nach Namenund Geschäft erst, nachdem der Gast sicli erquickt hatte, zu fragen(Gen 24 33). Beim Abscl~ied wtirde er wohl ein Stüclr Wegs 1Jegleitet(Gen 18 iu 3127)) - lauter Sitten, die auch dem klassischenAltertum niclit freind sind uncl sich bei den Beduinen bis aufsKleinste hinaus erhalten haben.3. Von den Umgangsf orin en gilt classelbe, dass sie sichcliirch alle Jahrhunderte gleich geblieben sind. Eine aiisserordentlicheHöflichkeit ist in ihnen mit Herzlichkeit gepaart.Der gewöhnliche Gruss ist der Priedensgruss „Heil sei init dir"(Jdc 19 20 u. a.). Daneben aber sind zahlreiche Segenswünscheim Gebrauch : „Gott begnadige dich" (Gen 43 eo) ; „ Jalive sei mitdir" (Ruth 2 4); worauf etwa entgegnet wurde „der Herr segnedich". Daher wird für Grüssen der Ausdruck OBrBkh „segnenugebraucht (I1 Reg 4 sa). Ebenso begleitet nian den Scheicleiiderrmit einem Segenswunsch.Nach Gruss uncl Gegengruss war es clas erste, dass man sichin langen wortreichen Formeln nach clem gegenseitigen Befiiideiierlrnndigte (I Sain 25 G). Damit vergleiche man clie arabischenGriisse, die sich zu einem förmlichen Zwiegespriich von lauterGliiclrwiinschen gestalten.Sehen sich Verwandte ocler Freuiicle nach langerer Trennungwieder, so ist die Begrüssung noch umstiinclliclier : sie falleneiiiander u111 deii Hals, uiliarmeii sich, küssen sicli auf Mund,Stirne undWangen; auch Thränen der Rührung sind dabei niclitselten (Gen 29 ii 33 o Ex 4 27 187).Den Verkehr mit Höherstehenclen beherrscht clie strengsteHöflichkeit; je weniger bedeutencl die sozialen Unterschiecle zwischenHoch und Niedrig sind, nni so mehr wird auch heiitzutagedarauf geachtet, dass ein Jecler die ihm zulroininende Ehrenerweisungerhalte. Die Araber sind in dieser Hi~isicht nach unserenBegriffen geradezu l~indisch peinlich; darin liegt ihre Elire. Demgeehrten Gast geht der Hauslicrr entgegen, mehr oder wenigerSchritte, je nach dem Grad der Ehre, die er ihm erweisen will


P72 Zweiter Teil. 111. Die Gesellschaft und ihre Sitte. [S 24.(Gen 18 2 19 I). Nach dein Verhaltniss des Rangs beugt sich derNiedere vor clem Höheren unter tTinstiinc1en bis zur Erde (Gen18 2 19 1 33 3 I Sam 20 41); ja vor Fiirsten und hohen Rea~iitenwirft inan sicli geradezu auf cleil Boclen. TVar cler niedrigerStehencle beritten, so erforderte es die Röflichlceit, dass er sofortvon seinein Pferci abstieg und die gebiihreiide Verbeugung machte(Geil 24 64 I Sani 25 23). Weiter gehörte ZLI den Ehrenbezenguilgei~,mit welchen man vor Höhere zn treten pflegte, die Darbringungeines Geschenlies (Geri 33 10 43 ii 1 Sam 17 is LI. 8.).Vor allein sind es die ,Alteil', denen voii Beiten cler Jüngeren niitunbegrenzter Ehrf~ircht und Höflichlceit begegnet wurde. „Voreinen1 grauen Haiipte sollst du aufstehen uiicl die Alten elireii"fordert (zesetz und Sitte (Lev 19 ss Hi 29 8) vgl. die ägyl?tischeAnstanclsregel; „Setze dich nicht, ~valirencl ein Alter stehti"Er,-JIAKN 1 238). Diese gute alte Sitte, clie iii letzter Linie in derliolren Stellung (der Schechs) in der Stanimverfass~~~ig der Noinadenwurzelt, ist allezeit iii Kraft gebliebeii, Elirf~irclit vor clemAlter lteiinzeiclinet die semitische Höflichkeit; es ist bczeicliiiend,dass noch das spätere Ge.;etz sie mit der Gottesfurclit zusammenstellt(Lev 1932).A~icli cliese Gebräuche haben sich alle erhaltei~;dagegen fiiiclen wir von den sonstigen heute im Orient iibliclienGebärden beiin Griisseil (Legeil der Hand auf Brust, Stirne unclMuncl) keiiie Spur.Deiiieiltspiecheilcl driiclite sich die Unterwürfigkeit auch iiicler Foriir der Unterlidtung aus. Der Holiere miircle angeredetals ,Herrt ('ncZdkiiz2, Gen 24 is I Sain 26 13). Der geringe Mannredete von sicli iiiclit in der eisten, sondern iii cler drittenPerson, bezeicliaete sich als cleii Slilaven, als eiiien ,toteil RtiiiclLU. dgl., den Angeredeten als den Herrn (Gen P8 3 33 B vgl. T Sain9 s 2415 I1 Reg 8 i3) Noch heute reclet cler Niedrigstehende vonsich in der dritten Person iind gebraucht clen Ausclr~iclr cZ-[u[c%t.,,der Arme'. Diese Beispiele zeigen zngleicli, wie in ächt orientalischerWeise clie überscli~~~ciigliclie Phrase eine grosse Herrschaftführt. „Ich habe dein Aiitlitz erscliant, wie das eines hiinmlisclieiiWeseils, indem clu mich z~i Gnacleii aniialiinstLL sagt Jakob ZLI seinemBruder Esau (Geil 33 ioj. Bei Kauf und Verlcaiif ist es bisauf cleii heutigeii Sag eine stehende Phrase des Verkiiufers: „Nimnies umsonst, ich scheirke es diru, clie um so öfter wieclorholt wird,je mehr der Verliänfer für seine TVaare fordert iincl iin Handelherausschlagen will (vgl. Gen 23 ii LI. a.).


S 25.1 Die sozialen Verhältnisse. 1739 25. Die sozialen Verlaaltnisse.Nowac~, die sozialen Problenle in Israel. Relrtoratsrede. Strassburg1892.Das Nomadenleben kennt Ireiiie sozialen Unterschiede; Iteiclituinbedingt bei clenEecluineiiweder Eii1flussnochMacht. Höchstensverbindet sicli damit das Vorrecht, in ausgerlehntein Masse Gastfreundschaftz~i üben, und hierin sich ausziizeiclznen ist der Ehrgeizcler Beduinen. Für sich selbst lebt der reichste Schecli nichtanders als der ärmste Mann: sie essen dieselben einfaclzen Speiseii,sie kleiden sicli in das gleiche geringe Ge~vanrl; ihre Arbeit istclie gleiche: der Raub; ihr Genuss ist derselbe: ein fliichtigesPfercl zu reiten, Weib und Kinder zu scliiiiückeii. Reichtuin kaniischon deswegen keine Macht sein, weil es in1 Bedainenleben wienirgends sonst heisst: wie gewonnen, so zerronnen. Ueber Nachtist der reichste Mann clurch feindlichen Ueberfall zum Bettlergeworden, uncl es giebt wenige, die solches Scliicksal nicht einodermehrinal schon in ihrein Leben durchgei~iacht; ein einzigerküliner Handstreich ersetzt aber ebenso rasch wieder clas Verlorene.Der Uebergang zum BatiernIebeiz niusste bei den Hebriiernwie iiberall scliliesslicli zn sozialer Ungleichheit fiihren. Im Bauernstandbelconzmt clas gesicherte Eigeiituni seinen vollen IVert; clieizotwencljg sich einst,ellencleVersclziec1enl1eit cles Besitzes bedeuteteine Verschiedenheit cles Ranges und Ansehens. Freilich bliebenauch jetzt zunächst noch clie Verhältnisse recht einfach. Da eskeine Priesterkaste und keinen Kriegeraclel gab, so diirfeil vir aniiehinen,dass die gewonnenen Gebiete gleichiniissig unter diewaffenfähigen Männer verteilt worden waren. Der Arigeselieiieund Reiche bebaiite sein Feld gerade so gut wie der Arine. Derbenjaminitische Edle Saiil lram gerade mit seinem Ochsengespannvom Felde heim, als die Gesandten von Jabes Hilfe suchend inseiner Heimat eintrafen (I Sam 115) ; der berühmte Feldherr Joabwar in Friedenszeiten ein Landmann (I1 Sam 1430).Noch triebIsrael keinen nennenswerten Handel, der von auswärts den LuxiisandererVölker ins Land gebracht hatte. So erhielt sich mit derEinfachheit der Sitte die soziale Einheit.Doch die Zeiten änderten sich. Salomos Regierung bildeteeinen Wende~unlrt (vgl. S. 78). ITeberall tritt bei ihm das Bestrebenhervor, es anderen orientalischen Herrschern gleiclizuturi,


174 Zweiter Teil. 111. Die Gesellschaft und ihre Sitte. L$ 25.Seine Liebhabereien waren echt orientalisch königliche: Weiber,Bauten, Luxus. Daneben begariii Salomo zuerst damit, in Gemeinschaftund in I


4 25.1 Die sozialen Verhälhisse. 175innerhalb desVollrs. War früher der reiche Grundbesitzer, der angeseheneEdleso gut wie cler arme Bauer mit seinein Ocliseiigespannauf deii Acker gezogen, so ist cliese Gleichheit Aller jetzt unwiederbringlichverloren. Eine weite Kluft tat sich auf uncl treiinteHoch und Niedrig, Arnl undReich, lind vergebens versuchte11 diePropheten, die Fromnien alten Schlags, sie zu iiberbrücken.Nicht besser gelang es ciein Gesetzgeber. Es ist inteiessailtzu sehen, wie schon das Bunclesbuch eiiie ,soziale Frage' lienntund zu lösen versucht; esveibietet Wucherziiise voi~iVollrsgeiiossenzu nehmen (Ex 2224)) sucht die Hiirteii des Pfandrechtes zu niildern(22 izff.), fordert für den Schuldslilaveii im 7. Jahr derKnechtschaft, Freilassung ohne Lösegeld (212E.) und verlangtein allgeiileines Brachliegenlassen der Aeclrer je nach i Jahrenzu Gunsten cler Armen, clenen z~~fallen soll, was Feld und Weinbergiii dieseln Jahr von selbst geben1. Dass das Gesetz nichterreichte, mras es vollte, beweist am besten clie Verschärf~liig,clie jene Bestimmungen im Dt erfuhren. Dass dieses mitten ausschroffen sozialen Gegensätzen heraus entstanclen ist, class esneben der Reformatioii des Kultus zugleicl~ auch als zweitenHaulstzweck eiiie soziale Reforniation beabsichtigt, tritt den1 Leserauf Scliritt und Tritt entgegen. Iininer uncl imnier wieder wirddie Nachsicht gegen Arme, Witwen und TVaiseii, Fremde uiidLevitenals wichtigste soziale Pflicht eingeschärft. Es waltet in dein Buchder echte prophetische Geist, der in gntern Sinn reaktionär ist, clieneue Zeit mit ihreil grossen Gefahren cliirclischaut und verdammt.Die einzelnen Bestimn~uiigeii des Dt werden später darzustellensein. Wie unpralitisch freilich der Gesetzgeber bei allein gutenWillen war, zeigt die Identifikation von Wucher und Zins: deinVolBsgenossen gegenüber ist jedes Zinsnelimen ein verbotenerWucher (23 zo), uricl noch mehr die Verorclnung, dass jedes Darlehennach 7 Jaliren erlassen werden solle (15 2). Mit solchenextremen &lIassregeln lronaite eine Sozialreform nicht durchgesetzt\verden (Jer 34 sff.).Noch von andeiei Seite regte sich die Realrtion gegen cliekanaanitische Kultur; auch iin Volk merkte man ihre Gefahren,spürte man doch gerade hier vor anderen ihren Fluch, und diescliarfen Worte der Propheten waren gewiss manchem geringenDieses 7. Jahr ist hier ein relativer, fiir die einzelneu Aecker verschiedener,nicht wie das spätere Sabbatjahr für das ganze Land einheitlich festgelegterTeriniu.


176 Zweiter Teil. 111. Die Gesellscliaft und ihre Sitte. [B 25.Mann aus dem Herzen geredet. Die Tage, ehe es einen Königgegeben, erschienen jetzt, als ,die gute alte Zeit'; besser stünclees um Israel, menii es die alten Sitten cler Väter, clie aus derWiiste stammten, beibehalten hätte. Diese Abneigung derunteren Volksklassen gegen die Kultur fiihrte zur Bildung derSebte cler Rekhcchile~z, so genaiiiit nach ihrem Stifter JoiiadabBen Rekliab, cler unter Jeh~i lebte (I1 Reg 10 ir,ff. Jer 35). IhreSatzung gieng dahin, keinen Weiii zu trinken, kein Feld zu bebauen,keinen Weinberg zu pflanzen, l


25.1 Die sozi;~len Verhältnisse. 177TVilleii nicht clurchgefiihrt werden, wie die jiidisclie Traclitioii ausdriiclrliclizugibt; ebenso verhielt es sich mit den Gesetzen iiberdas Schulclwesen (s. S 47).Die soziale Gleichheit war jec1ocl-i schon bei der Riiclrlrehraus den1 Exil durch die Stelliing, welclie clie Priester einnalimeii,vollstiindig aufgehoben. Der Piiesteraclel war in1 Besitz cler gnnzenpolitischen Macht, die cleni Volk überhanpt noch gcbliebeiiwar, und zugleich iiii Besitz ungeheurer Einlriiiifte. In clie geistigeLeitung cles Volkes inussten sie sich zwar bald mit den Schriftgelehrtenteilen, cleren Stand in demselbeli &lass an Ansehengewann, als das Gesetz in cler Verehrung stieg; sie blieben abercleniiocli in politischer und sozialer Beziehuiig unbestritten clieErsten. Es niacht den Eindruck., als ob clie äusseie Lage derSchriftgelehrten keine besoiiclers glänzende gewesen sei; wenigstensinussten sich clie meisten iiebeii dein Gesetzesstuclinm durchBetreibung eines Hariclwerkes clen Lebensunterhalt verclieiien.Der gleiche Gegensatz in sozialer Hinsicht bestand auch zmisclieiiclen Parteien der Sacldacäer LIII~ Pharisäer, von denen dieerstere hnuptsächlicli die vornelimen Priester zu den ihren zahlte,die letztere sich aus den Schriftgelelirteii iekr~itirte. Die Sadclucäerwaren die Reichen und Hochgestellten (JOSEPIICS Ant. XI11298 XYIlI 17).Von ~eitt~ageiicler Becleatuiig war es, dass cler soziale Gegensatzzugleich mit den1 religiösen sich paarte. Die Sadclncäer warenLeiite, clie sich zii clen pliarisäischeii Traditionen prinzipiell ableliilendstellten und zur griechischen Bildung hinneigten; weltliclieGesinnung uncl Lauheit cles religiösen Interesses charakterisirtesie; die PliarisNer waren clie Froniiiien nnd Gesetzesstrengen,Ninii~it Inan noch dazu, dass bei clen heidnischeil Beamten nnclclen iil heidnischen Diensten stehencle~i Juden gleiclifalls beiclesbeisammen war : Reiclitnin uncl Ungerechtiglreit (cf. clie ,Zöllner'),so lrann es nicht mniider nehmen, dass schliesslicli im Vollisbewusstseinreicli iind gottlos, arm nncl fromm als zusammengehörigeBegriffe sich festsetzten. „Wehe euch ihr Reichen, ihrhabt euren Lohn clahin !'!- „Selig ihr Armen, das Gottesreicliist euer !lL(Luc 6 21 21) - auch clas war in ihrer Art eine Lösungder sozialen Frage.B eilziiig e~ , Hebiäisolie Aicliäologie. 12


178 Zweiter Teil. IV. 3iass- und Biünzwesen, Zeitrechnung. [§ 26.Kap. IV.BRANDIS, Das &IÜilz-, Mass- und Gewiclitswesen in Vorderasien bis aufdlexander den Grossen, Berlin 1866. - HULTSCH, Griechisclie und röiliiscliehxetrologie, 2. Aufl., ßerlin 1882. - LEE~IANN, Altbabylonisches lfass undGewiclit : Verhandlungen der Berliner authropol. Gesellscliaft 1889,845-328,630-648 U. a. - NISSEN, Griechische und römisclie i\letrologic : Handb. derklass. Altertumswissenschaft IW33-890. - MADDEN, Coins of tlie Jews,London 1881. - SCHÜRER GJV I3 630-645. - AE~nra~x, Kurze Uebersichtder hliin~~eschichte Palästinas: ZDPV 1879 (11) S. 75-80.g 26. Die Laligenmilsse.Allen metrologischen Systemen liegt das L%iigeninass zuGrunde. Die einfachsten Mittel zii inessen findet der lllenschin der Natur selbst, an seinem Icörper. Zur Eestim~nung derIlänge bietet sicli clar der Finger, die I-land, der Arm, clie Spanne,der Fuss, der Schritt. Diese lllasse finden mir als Gr~indlage beiallen Völkern. Allein die Massstäbe, welche der Einzelne anseinein Körper trägt, sind verschiecleil; um allgemein als festesMass aniveiidbar ZLI sein, bediirfeii sie einer liünstlicbeil Norniirung.Die Frage, ob das ganze iSXass- und Gewiclitsgstein inBabyloilien oder in Aegypteii seinen Ursprung habe, ist neuerdingswieder sehr lebhaft ~imstritteii.l.'CVähreiid bisher allgemein die b ab yl o nis c he Elle als identischniit der iigyptisclien betrachtet murcle, erscheint diese Annahmeals unhaltbar seit dein vor einigen Jallreii erfolgten Puncleiner Statue cles Priesterköiiigs Gudea (Anfang des 3. JalirtausendsV. Chr.) in Telloh (Siidbabylonieri). Ein auf ihr angebrachterMassstab zeigt als ldeinste Einheit die Fingerbreite von 16,5 bis16,G mm. Nach dem Prinzip des babylonischen Sexagesimalsystemsist hieza als höhere Einheit ein I\/lass von G0 Fingern =995-996 mni anzusetzen. Dazu stimmt, dass die babylonischenBaclisteine, die einen Quadratf~~ss darstellen, im Mittel 330 nlniinessen. Da allgemein in den lrlassischen Systemen 1 Fuss =2/3 Elle ist, darf hieraus auf eine Elle von Ca. 495 min geschlosseiiwerden, genau die Hälfte der Elle des Gudea. Es sclieiiit alsoauch bei den Massen (wie beim Gewicht) zwei Systeme gegebenzu haben, die in1 Verhältniss von 1 : 2 standen. A~icli die Tafelvon Senliereh zeigt dies. Neben dieser gewölinlichen Elle von495 inm war nun aber auch eine grosse ,königliche' Elle in1 Ge-


5 26.1 Die Längenri~asse. 179brauch, ZLI welcher sich der babylonische Fuss verhielt wie 3 : 5.Diese let~tere erscheint regelinässig bei clen babylonischen undassyrischen Bauten verwendet ; sie misst iuindestens 550 min.Nacli Herodot war sie drei Finger breiter als die gewöhiilicheElle. Die ge~vöhiiliche Einteilung der Elle in 24 Finger vorausgesetzt,berechnet sicli clie königliche Elle des Seroclot aufcler gemeinen Elle = ca. 556 min. Weiter zeigt ein bei Ushak iilPhrygien gefunclener &Iassstab eine Elle von 555 inin; beidessehr geringe Differenzen von der oben gegebenen Bestimmungder liöiliglichen Elle.Diese grosse Elle komint den1 Betrag der ägyptischen Ellevon 527 inm eiiligeriiiassen iialie, daher clie vielfache Gleiclisetzurigcles babylonischeil uncl ägyptischen Eängenmasses. Von letzteren1liegen eine Reihe von liölzernen Massstäbeii mit Inschriften undgenauer Einteilung vor, ans ~velcliein hervorgelit, dass auch dieAegppter zwei Ellen besasseii : eine grosse ,liöniglicheL und eineJrleine' Elle. Die lileiiie Elle war iii 6 Handbreiten iincl 24 Fingerbreiteneingeteilt, clie grosse ~vnr eine Halid länger, also = 7Handbreitenbzw. 28 Finger. Diese urspriingliclie Einteilung cler grossenElle in 7Palmen ist aber schon in alter Zeit verdrängt worden,und an ihre Stelle die gewöhnliche, überall gang iiiicl gäbe Einteilungin 2 Spannen, 6 Palmen und 24 Finger getreten. DieGrösse der liöniglichen Elle lasst sich mit aller wiiilsclienswertenGenauigkeit und Sicherheit auf 525-528mm festsetzen, demnachdie cler lileinen Elle auf 450 mm, die der Handbreite auf 75 inm.2. Ueber clie mit clen hebräischen jedenfalls identischen syrischenLängenmasse haben mir leicler gar keine direkten Angaben l.Die 11 e b iäi s c h e Elle ('amindh) zerfiel in 2 Spannen @~i.el/L),zu je 3 Handbreiten (t(iplbacltJ, zu 4 Fingern ('e,r6ay. DieseEinteilung scheint auf ägyptischen Urspruiig hinzuweisen; dochfinden sich auch in Babylonien Spuren einer iihnlichen Teilung.Qegeniiber der Sesagesiinalrechnun scheint clns Duodeziiiialsystemdas urspriinglicliere zu sein.Es begegnen uns nun im A. T. zweierlei Ellen. EzecliielVöllig wertlos sind die rabbinischen Bestiinmungen der Elle nachnebeneinander gelegten Gerstenkörnern: die Fingerbreite der gesetzliclienElle soll nach der Tradition zu 7 Gerstenlrörnern gereclinet werden. Ebenso~villlriirlich ist die Bereclinnng ans dein ~olilmass, aus dem eheriien Meer,das 2000 Batli fasste n. clgl. Die verschiedenen Berechnungsmethoden s. beiHULTSCH 434K12 *


180 Zweiter Teil. IV. PiIass- und Münz~vesen, Zeitrechnung. [S 26.(40 5 43 13) sagt ausdriiclrlicl~, dass den Masseii seines visionärenTeinpels eine Elle zii Grunde liegt, welche ,eine Elle uncl eineHandbreite lang< ist, d. h. eine grosse Elle, ~velche zur lileiiiereiiElle (wenn wir diese nach dem Vorgang der ganzeii alten Weltzu 6 Handbreiten annehmen) im Verhältniss von 7 : 6 stand. Diekleine Elle war zur Zeit cles Ezecliiel die gewöhnliclie. Ilire Langeist als bekannt vorausgesetzt, die der grossen wird als welligerbekannt (oder ganz aus dem Gebrauch verscli~v~~nden?) nach derkleinen Elle bestimint. Schon dass Ezechiel seinen Teinpel mitder grossen Elle inisst, beweist, dass er sie als (las Pllass des salomonischeiiTempels ansieht. Ebenso betrachtet der Chronist dieSache, weiiii er den salomonischen Tempel iiacli ,Ellen nach altenaMass' erbaut werden lässt (11 Chr 3 3). Aucli dieses Verhältiiissder beiden Ellen stiiiinit auffallend mit dem der ägyptischen iiberein,was für die Aniiahiiie einer Eiitleliiiuag aus Aegypteii spricht.Dann rvRre die grosse hebräische Elle 527 inm, die lileiiie ca.450 nlni lang. Bei dem ausgeclelinten Handel~verlieh~, cler sclioiiin friiliester Zeit zwischen Aegypten und Syrien stattfand, erscheintdies als durchaus möglich. Die kleine Elle iniisste claiiiijedenfalls schon vor dem Exil die grosse verdrängt haben.Auf der andereil Seite spriclit fiir babylonischen Ursprungdie Tatsache, dass schon iin 15. vorchristlichen Jahrhuiiclert babyloiiischeKiilttir in ganz Syrien herrschte, uiicl die IVahriiehiiiniig,dass alle sonstigen Masse in ganz Syrien aus Babbglonieii staiiimenuni1 nur scliwache Modifikationen unter clem agyptischen Einflussaufweisen. In diesem Fall wäre die alte grosse Elle cler Elle desGudea von 495 mnl gleichzusetzen. Nach einer solchen Ellescheifien die pliönicischen Eheder rlei~ Laderauni ihrer Schiffeberechnet zu haben: ihr Kubus fasste 10 Sata (s. U.), 3 K~tbiliellenwaren = 1 Koros (s. U.). Die lileine Elle (6/7 cler grosseii)würde sich anf 424-426 mm berechnen. Eine solche Elle istnirgends nachzuweisen. Dagegen hat das altitalische, von deinbabylonischen abhängige Mass eine Elle von 412,5 inm = 5 / ~ derElle des Gudea. Man könnte sich versucht fiihleii, mit dieserElle clie kleine liebräische gleichzusetzen l. Von1 heutigen Stand-Dann nliisste Ez 40 5 als ein ungenauer Ausdruülr dafür betrachtetwerden, dass die jüngere Elle tim eine (alte) Handbreite kleiner war, als cliealte Elle, cl. h. 516 derselben betrug. Vgl. liiezu auch die rabbinischen Angabenüber eine ,Geräteelle' von 5 Handbreiten, nacli welchen die Tempelgeräteverfertigt, und eine ,Gebäucleelle6 von 6 Handbreiten, nach welcher


8 27.1 Die Hol~limasse. 181punkt cler Forschnilg aus kann clie Frage nicht entschiecleii~verdeii.Aiifwiirts von der Elle wird nur die Ruthe von 6 Ellen [&clizelzJgenannt uilrl zwar erst bei Ez (40 3 7 s 41 8). Die Rnthe findetsich nur bei den Babyloniern uncl zwar unter cleinselben iJameii(&at221), während clie Aegypter ein Klafter von 4 Ellen bilcleteii.Im liebräisclien System ist f~ir dieses Klafter Bein Platz; auchdie Dimension von 4 Ellen uiicl deren Vielfaclien l


182 Zweiter Teil. IV. Mass- und Münzwesen, Zeitreclinung. [W 27.persische Maris (Flüssigkeitsn~ass). Er stellte clas TVassergewicliteines leichten königliche11 Talents dar; schon die alten Babplonieihaben den Inhalt der Hohlmasse nach den1 Gewicht der betreffendenWasser- oder Weinmenge bestimmt. Hienach lässt sich derInhalt des Maris im Mittei auf 30,30 1 festsetzen.Dieses Haiiptinass wurde dem ganzen System eiitsprechenclin 60 Teile eingeteilt, welche wahrscheinlich wie die 60stel desTalents il.li?ze liiessen (= 0,5051). Alle iibrigen Masse sincl inVielfachen dieser 60 stel normirt : 1 I2~pitlte = 4 Minen; P Idi~t= 12 Minen; P Sccton = 24 Minen; I isJ&~is = 60 Mineil; f Bnth= 1 Maris + 1 Hin = 72 Minen; P illetretes = 120 Minen; P Jcor= 12 Maris 3 720 Minen.2. Ganz ebenso bant sich auch das hebräische Sgstenl auf.Dem babjlonischen 60stel des 3Iaris entspricht das hebräisclie log(Lev 14 io LXX xo~15h-q). Es wird gewöhnlicli von den hellenistischenSchriftstellern clern griechisch-röinischen Sextar gleichgesetzt(mit welchem Recht s. U.); clarnacli sind die Angabendieser Schriftsteller über das Verhältniss anderer Masse zumSextar eiilfaclz auf clas Verhältniss zum Ilog zu beziehen.Von1 Log auf~teigend sind die im A. T. erwähnten Massefolgende :Das kabh ist iiach späteren Angaben sowohl fiir Plüssiglieiteiaals für Troclcenes im Gebrauch1. Es wird ini A. T. nur ein malgenannt (I1 Reg 6 25) und zwar ist clort von einem Viertel-Kalpdie Rede. JOSEPHUS gibt dies mit [Ecjrqc wieder (Ant. IX 6.21,er rechnet also das Kab = 4 Log, wozu die rabbinische Angabestimmt, dass clas Kab cler 6. Teil des Sea gewesen sei (s. U.). DieGleiclisetzung mit den1 ptoleniäisclien ~00s von 6 Sextareii beihelleiiistischen Metrologen beruht auf einein Irrtuin. Der Talinuclnennt als Teile cles Kab die Hälfte, das Vicitel und das Achtel.Das 'duzer wird als Mass fiir Getreide genaiiiit (Ex 16 io U. ö.)lind in der reclalitionellen Glosse Ex 16 36 als 10. Teil cles Epliaerlclärt. Es deckt sich also mit dem 'issB~A~z, das schoii durchden Nanlen als ,Zehnteli bezeichnet ist (Lev 1410 23 13 17 U. a.),nrid zwar iiach Num 28 5 154 LXX und JOSEP~-IUS geilauer alsZehntel des Epha. Dazu stimmt die Berechnung des Y~[J,OP beiEPIPHANIUS auf 7'15 Sextarius, 114ilirend JOSEPHUS eine Verwechslungbegeht, wenn er ihm 7 attische Kotylen gibt (Ant. I111 HESYCIIIUS nennt es p6rpov ctrixbv zm! oZvtxbv. HULTSCII S. 451.


s 27.1 Die Holili~lasse. 183142). -Dem Omer und Jssaron entsp~iclit an Inhalt clas Zehntel-Bath für Flüssigkeiten, das zwar keinen eigenen Namen hat, aberEz 45 i4 vorkommt.Das hin erscheint Lev 19 36 als clas gewölinlichste Nauptinassfiir Flüssiglreiten (wie das Epha für Trockenes). Den1 entspricht,dass sehr 1i;iufig (Ex 29 40 Lev 23 i3 Nnm 154 Ez 4 1111. a.) kleinere Masse in Brucliteilen des Hin (l/z, l/3, 'ja, '16 Hin)angegeben werden. Es wird von Hr~Ixo~~arns und J o s ~ ~ ~ u s(Aiit. I11 197) auf zwei attische Choen, d. h. = '1s Metretes oderlia Bath bestimmt. Es scheint ihm lcein Trockeninass entsprochenZU haben, da Ezecliiel (45 13 46 i4) clie entsprechencle Menge alsl/~ Epha bezeichnet.Das se'dh erscheint in den ältesten Schriften als ein Massfür Mehl und drgl., also fiir Trockenes (Gen 18 6 I Sam 25 is11 Reg 7 i 16). Die LXX geben es mit pkrpov wiecler (I Sam 25 18oiyi) ; Jes 5 10 übersetzen sie '@p/&&lh mit ~pix ~,ET~c/., setzen also dasSea = Epha. Ebenso gibt es die Ueberlieferung cles Talmudan (der es auch als Fliissigkeitsmass Isezeicliriet). Die hellenistischenSchriftsteller nenneil es ah~ov.Als das gewöhnlichste Mass für Trockenes erscheint das'12phd/~(Dt 25 ia Lev 19 sjf.), bei den LXX oicpi. Auch dieseswird schon in alter Zeit genannt (Jclc 6 19 Am 8 5 Jes 5 io), istaber ebenso noch in später Zeit im (+ehrauch (Zach 5 sff. Ruth2 17 Prv 20 10 Lev 19 35f.). Von Teilen desselben wird '/G Ephnerwähnt (Ez 45 13). - An Grösse entspricht ihm als Flüssigkeitsmassdas bc~th, wie Jes 5 io nahelegt und Ez 45 11 ausdrüclcliclibestimmt. Die dort verlangte Uebereinstimmung dürfte urspriinglichgewesen sein. Auch das Bath ist in alter Zeit vielfach erwähntals Einheitsmass fiir Plüssiglceiteri (I Reg 7 ZU 3s Jes 5 10).Als Teil desselben, entsprecheild clem Zehntel-Epl-ia ('issdrßn),~vircl ein Zehntel-Bath angeführt (Ez 45 i4). J~SEPEIUS (Ant.VIII57) gibt den Inhalt beider Masse anf 72 Sextar an, womit dasVerhältniss zum y6pop bei EPIPHANIUS übereinstin~int (s. 0.).Nur einmal (Hos 3 2) lcommt das lethe/C/~ vor, ein Troclienmass,das übereinstimmend auf 112 Chomer angegeben wird. Esist aber überhaupt fraglich, ob damit ein bestimmtes Mass gemeintist (LXX haben clafür jiEß~h ol~ou).Das grösste Mass ist das c/l6ftzer, abgesehen von Hos 3 znur in späten Schriften erwähnt, von Ezechiel (45 ii vgl. mit V. i4)als iclentisch mit clein kor angegeben lind als Hauptinass be-


184 Z~veiter Teil. IV. l\iass- iiiid l\lünzmeseii, Zeitrecliniing. [§ 27.zeichnet, clein Iiilialt nacli = 10 Eplia oder Beth. EPIPHAKI~~Sbestiiiimt deinentsprecheiid seinen Gehalt auf 30 iiloclii, TI-oriinterer 30 ohra ocler Sea versteht. Die Angabe des Jos~r~cs(Aiit.XV 314), class der r,tpos 10 Meclimileii eiltlialte, beruht aufeiner Verweclislung von Rfediinneil uncl Metreteil.Diese verscliiedenes~ Masse, ohne Biiclrsicht auf ihre Bestinimuilgfiir Festes oder Fliissiges znsainiiieiigestellt, ergebenfolgeiide Tabelle :Chomei (Kor) 1 . . . , . . . . = 364,4 1Letliekh 2 1 . . . . . . . = 1S2,2 1Eplia (Bath) 10 5 1 . . . . . , = 36,44 1Sea 30 15 3 1 . . . . = 12,1.48 1Hin G0 30 G 2 1 . . , = 6,074 1Omer (Issaroii) 100 50 10 3l/3 12/3 1 . - 3,644 1Kab 180 90 18 6 3 14/5 1 = 2,0248 1Log 720 360 72 24 12 7'/j 4= 0,5062 1Bei dieser Bereclinung ist ein Talent von 30,3 lig (s. U.) und eineWasserteniperatur von 23O Cels. zu Grunde gelegt; ebenso ist I. Log = 1 babj~lonischeMine gesetzt worden, also etwas Irleiner als eiu Bextarius (0,547L.).Wenn man-nacli demVorgang der helleiiistisclien Metrologen 1 Log = 1 Sextarinsariniinmt, erliält man für das Cl~oine~ 39,3953;. Indessen ist iiicht nurdie eiigste Verwandschaft cles hebräischen IIasses niit dem babylonisclieusicher, sondern es finden sich auch in der griechischen inetrologisclien Literaturversteckt mehrere Bestiiiimungen, welche clein obigen Ansatz selir nalielroinmen. Das Nähere s. bei HULTSCH 454ff.Auf den ersten Bliclr maclit die oben gegebene Gebersiclitden Eindrucb, als ob sich in ilir zwei Systeine Irrenzesi wiirclen,das Deziiiial- und das Sexagesiiiialsysteiii. Deiii Deziinalsgstenz~vürcleii angehören :Chomer (I


9 28.1 Das Gewicht. 185aucli Ezechiel spricht nocli von Sechstel-Epha (45 I)). Letztererhat zum ersten mal die Einteilung cles Batli in Zehntel (45 14 u. a.).In der Folgezeit scheint diese Einteilung beiin Batli niclit durcligeclrilngenzn sein, das Hin und seine Teile (s. o.), die keiiieswegsin ein Dezimalsgstein passen, bleibe11 bei P fiir Pliissigkeiten inGeltung1. Dagegen verschwiildet bei den Troclrenmasseii mitdein Auflrommeii cler Zel~nteilun~ des Epha die alte Einteilnilgin Drittel (Sea) ui~d deren Sechstel (Kabj; bei P wird nur nochnach Zehnteln gerechnet (Lev 23 13 U. a.). Diese neile Einteilungin Zehntel (s. U.) inag mit dein aiich sonst namentlichheim Gewicht und Geld nachweisbaren Eindringen des Dezimalsystemsin der späteren Zeit zusammenhäilgei~.Scheiden mir so Issaron und Lethelrli (s. S. 183) aus deinSgstein aus uilcl treiinen die Masse für Plüssigli-eit von denen fiirTrocli-enes, so erhalten .cilir zwei bedentend vereinfachte Systeme:1. Fiir Srocl- mies :[I Log. = 0,506111 TCab = 4 Log = 2,03411 Sea= 6 I


186 Zweiter Teil. IV. Rfass- und IIiinzwesen, Zeitrechnung. [$ 28.in Syrieil und Palästina sclion in1 16. Jahrhundert V. Chr. dasbabylonische Gemichtsgstem Geltung hatte, geht daraus mit Sicher-,lieit hervor, dass clie Tribute, welclie die ägyptischen Grosslröiligevon ihren Vasallen in Syrien erheben, nach babylonischem Massberechnet sincll.Auch beim babylonischen Gewiclit ist das Sexagesimalsysterildurchgeführt: 1 Talent = 60 Ninen = 3600 Sekel. Die vonIJAYARD aus den Triiinmern von Ninive aufgegrabenen altbabylonischen,königlichen' Norinalgewichte in der Form eines liegendenLöwe11 oder einer Ente zeigen, dass das babylonisch-assyrisclieGewichtstalent in ein schweres und ein leichtes Talent zerfiel,von denen jenes gerade doppelt so schwer war wie dieses, näinlich1 schweres Talent = 60600 gr2, 1 leichtes Talent = 30300 gr;Fig. 43. Babylonisches Lö~eilge~icht.Fig. 44. BabylonischesEnteugewicl~t.1 schwere Mine (Eö~vengem7icht) = 1010 gr, 1 leichte Mille (Ente)= SO5 gr; '/GO schwere Mine (Sekel) = 16,83 gr, '/GO leichte Miiie(Sekel) = 8,41 gr.Neben diesein ,k ö n i g li C 11e n' Gewiclit existirte, wie nenerdingsbekannt gewordene Gemichtstiicke zeigen, eine abweicliendeGewichtsnorni, die ,g e ni ein e' Norin, clie walirscheinlich clie ur-Auf der Inschrift von Karnali sind die Beträge allerdings in äggptischemGewicht aufgeführt, allein die ungeraden Zahlen zeigen dentlicli,dass die ursprüngliche Berechniing nach einem anderen und zwar dein babylonischenSystein stattgefuuden hat.Xenerdings wird (von LEHXANN) das Gewicht der Iröniglichen Nineaiis dein Gewicht des Golddareilios etwas höher (1038 resp. 516 gr in1 Maximum)berechnet.


5 28.1 Das Gewiclit. 187sprüngliche war. Nach den vorhandenen Nornldgewichten (ausdem Anfang cles 2. vorchristlichen Jahrtausends) berechnet sichder Betrag einer schweren I\IIine dieser Norm auf !982,4 gr, einerleichten Mine auf 491,2 gr (genau der Betrag von ll/z röinischemPfuncl). Diese ,gemeinef Gewichtsnorm ist es, die wie zu andereilVölkern so auch zu den Phöniciern und Israeliten übergieng.Durch die Angabe cles JOSEPI-~US, dass eine (Gold) Mine zu50 Sekeln (s. LI.) = 2l/2 römische Pfuncl sei, wird diese Tatsachenoch ausdrücklich bestätigt '. Die Einteilung der hebräischenGewichte ist dabei gaiiz die gleiche wie beim ,königlicheil! babglonischenGewicht :1 Talent (kikkiil.) = 60 Minen (17zdneltJ = 3600 Sekel (schekel)1 Mine - 60 Sekel.Demnach beträgt das Gewicht eines Sekels 16,37 gr, einesTalents 58,944 kg. Der Sekel war die Einheit, nach der gewöhnlichgerechnet wurde. Der halbe Selrel trägt auch denNamen 6e.a'.2.TVir haben nun aber zahlreiche sichere Spuren, dass dieses,geineineL babylonische Gewiclitssyste~n bei seiner Wanclerungd~irchAsienimLaufclerZeitVeranderungeninderEinteilungerfahren hat. Die Sechzigteilung des Talents ist überall durchgeJrnilgen,iii Hellas wie in Kleinasien, in1 persischen Reich wiein Syrien. Allein die weitere Einteilung der Mine in 60 Teileerhielt sich nicht, vielmehr rechneten die Griechen wie die Perserstatt 60 nur 50 dieser Sechzigste1 - deren Gewicht überall sozieiiilich identisch ist - auf eine Mine. Ebenso wurcle der Sekelnicht wie in Eabylonierl in 30, soiidern bei den Griechen iii 12(I Doppeldrachme = 12 Obolen), anf Kypern in 10 Teile zerlegt.Man sieht hier ganz deutlich den altenKampf des Dezimalsystemsmit dem Duodezimalsystem, der bis auf den heutigen Tag fortda~~ert.Walirscheinlich ist diese dezimale Modification des babylonischenSexagesimalsystems auf ägyptisclien, wohl durch Phöiiicienvermittelten Einfluss zurückzuführen.Die Einteilung der Mine in 50 statt in 60 Sekel hat nicht,wie man zunächst erwarten könnte, eine Vergrösseriing des Sekel,sonclern eine Verkleinerung der Mine zur Folge gehabt. Es liat' JOSEPHUS ht. XIV 106 $ Eh p.vG irv.p' $piv iqi>~r ),i.cp?< 8h,o qp~ou,also 1 Mine = 2l/2 römische Pfund = 818,62 gr. Da hier die Bliue zu 50Sekel (s. U.) goineiut ist, ergibt sicli 1 Sekel = 16,37 gr, eine scliwere Ge-~vichtsrnirie zu G0 Selreln = 982,2 gr.


188 Zmeiter Teil. Ir. PIass- und hIünz\~esen, Zeitrecliuung. [a 28.nämlich alle Jvahisclieinlichkeit, class diese auffalleilde Aenderungzunächst nicht an1 Gewicht, sondern an der JIiiiize vorgenonlineii~vurcle. Der gewöhnliclie TVarenhanclel clrelite sich, wie heuteum Tonnen, Gentiler uncl Pfuncl, so dainals uiii Talent, Nine undSekel, der Verliehr mit edlen Metallen dagegen vorziigsmeise uniden Sekel. Die Mine trat zurück, nian gewöhnte sicli, clie Wertenur nach Sekeln zii berechnen, wie mir nur von DIarli reden uiidnicht nach Kroiien uncl D~ppellr~onen rechnen. Dies eiiipfahlsich uur so inehr, als es früher iin asiatischen Veilrehr Minenvon verschiedeiieni Werte gab, wälireiicl clie Gemiclitseinlieit desSekels (abgesehen von geringen Schwanlrnilgeii) dieselbe war.?Valin und wo mall es zuerst bequemer gefunden liat, auf dasTalent 3000 statt 3600 Seliel zu rechileil, wissen wir iliclit; jedeiifallswar es bei den1 engen Zusainmenliang von Miinz- uncl Ge-~viclitsg-stern in der alten Zeit selir natürlicli, class das Talent zu3000 Sekeln, anfangs vielleicht nur Rechnnngsgrösse, bald auchzu einem neueii Gewichtstaleiit wurde, mit ailicleren Worten, dasssich diese geinisclit cleziinale uiid sexagesimale Einteilung vomI\liinzsysten~ auch auf das Gewicht iibertr~ig.TVie frühe cliese fiinfzigteilige Mine sich in Vorderasieii verbreitete,lasst sich nicht genau nachweisen; bei clen Juden begegnelimir ihr zuin ersten mal in der persischen Zeit: die Chronili(I19 IG) bestimmt das Gewicht der goldeileii Tartschen Salouiosauf je 300 Sekel Goldes, ~vährend I Reg 10 17 dafiii 3 Minen angegebensind, sie rechnet also I Mine = 100 Selrel; Esocl 38 25(P) wird die freiwillige Steuer fiirs Heiligtarn von 603 550 Blänneriid l/s Sekel ausgerechnet auf 100 Talente 1775 Sekcl, also I Talent= 3000 Seltel, I Mine = 50 Sekel. Beiden Stellen gemeinsamist die Teilung iii 50 (resp. 100, was eine hier nebensächlicheDifferenz ist statt in 60. Ez 45 12 scheint darauf hiiizudeuten,dass zu Ezecliiels Zeit die neue Rechnung nufli.anie. Gleiclizeitigliiemit diirfte die weitere Einteilung des Sekels in 20 g&i.cllisein (Ez 45 12); mSihrenc1 mir in vorexilischer Zeit nur Viertelsunclhalbe Sekel finden, berechnet cler Priestercodes die Abgabenans Heiligtnm a~~sdrücklicli in Sekeln „nacli heilige111' Ez 45 iz (s. U.) entscheidet gegen die Clironil~stelle zu Gunsten vonEx 38 es.Die Stelle ist im hebräischen Text ganz verdorben, die LXX bietendafiir: „Der Selrel soll 20 Gers betragen, fünf Selrel sollen fiinf und zehnSelrel sollen zelin sein uni1 zu fünfzig Sekel sollt ilir die Mine rechnenu.


3 29.1 Gelcl und nlünzwesen. 189Gewicht, cleii Selrel zu 20 Gera gerechnet" (Es 30 i3 Lev 27 zsNuiii 3 47).Aus diesem Zusatz „nach heiligein Gewichtu, der vielleicht,wie inan verniutete, claraiif zuriickgeht, class nach dern Exil clasNorinalgewicht in1 Seinpel aufbewahrt wurde, darf jeclocli. nichtauf einen Gewiclits~~iite~schiecl des neuen vom alten Sekel gesclilossenwerden, so class etwa gleichzeitig neben clem ,heiligen'Sekel nocli eiii ,gemeiiier' Ge~vichtsselrel, kleiner (nach clen Rabhineiinur halb so gross) als jener, in1 Gebraiicli gewesen wäre,vielinelir bildet clen Gegensatz liiezn cler Silbersekel, der kleinerwar als cler Gewichtssekel (s. U.).$ 29. Geld und Münzwesen,1. Mit dein Gewichtssystem nnf engste verliniipft ist dasGeldtveseii. Gelcl in iinserein Sinn des Wortes (d. h. geprägteGeldstücke) ist in Israel sehr jungen Datuins. Der älteste Haiiclelwar hier wie iiberall Tauschhandel. hlan lraiin zwei Artendesselben untersclieiden: auf der ältesten Stufe beclient sich derMenscli der ursprünglichsteii Tauschmittel, aller Gegeiistäiide,die fiir ihn iiberl-iaupt Wert liaben, besoilders des Herdeilviehes,auf liölierer Stufe der Civilisation der Nutzinetalle (vgl. z. B.Odyssee I 430, Ilias V11 472). Dies cler Taiischhaiidel im strerigsteilSinn cles Wortes. Dein gegenüber beclentet es eiiien ziemlicheiiFortschritt, wenn clie ecleln Metalle, Golcl uncl Silber, zuallgemeinen TVertinesserii gemacht werden. Aucli hier ist eszunächst nocli Tauschhanclel: clas Tauschinittel, das edle Metall,~vircl dem Empfänger dargewogen. Allein wir liaben hier doclisclion clen Uebergang zum Geldverlrehr vor uns, namentlich wenn- was überall sehr bald gesclielien ist - die Anfertigung vonGold- nnd Silberstücken in einer stehenden Form hinzuboinmt,die einen1 bestimmten Gemiclit entspricht, so class diese Metallstiickeeinen bestimmten Wert haben und eben dainit ein bestimnites\Vertverhältniss zwischen den beiden Wertmessern, Gold unclSilber, festgesetzt ist.Auf clieser letzteren Stufe des entwiclrelten Tausclihaiidelstreffen wir friihzeitig schon die Völker cles westlichen Asiens. AlsWertmesser uncl Kaufmittel miid in1 A. T. unbedenklich auch fiirclie Patriarchenzeit das Eclelinetall genannt (Gen 20 ie 23 ij 33 ir,37 zs U. a.), es war also schon so bei den Kanaanitern zur Zeitdes Eindringens cler Israeliteii, was iibrigeiis auch aus clen ägyp-


190 Zweiter Teil. ITT. Blass- und Münzm~esen, Zeitrechnung. [§ 29.tischen Tributlisten hervorgeht. Bei der Bezahlung wurde dasGold oder Silber vom Käufer dein Verkäufer dargewogen (Gen23 16 „400 Selrel Silber, wie es im Handel gang uncl gäbe warLL ;11 Sam 18 12 ; so noch in der Königszeit I Reg 20 39 I1 Reg 1212,iri der Verordnuilg des Bunilesbiichs Ex 22 IG uncl bis in clie Zeitdes Exils Jer 32 of. Jes 55 2). Die diesen1 Zweck dieiiencle Wagemit den Gewichtsteinen pflegte inan mit dem Geld in einem Beuteliin Gürtel zu tragen (Dt 25 i3fl. Jes 46 6 Prv IG 11).Das schliesst keineswegs aus, dass sclioii sehr friihe anclibei den Hebräern zur Erleichterung des Handelsverkehrs dieedeln Metalle in bestimmte Formeil gebracht waren, deren urigefährenWert jecler liannte, die claher nicht immer nachgewogenwerden mussten uncl so im Handel eine Art Couraiitmiinze bildenkonnten. Bestimmte Angaben Iiieriibei erhalten wir aus cleinA. T. nicht 2. Dagegen erscheint auf clen ägyptischeil Inschriftenund TVandnlalereien clas erbeutete oder als Tribut gezahlte Gold,soweit es nicht zu Gefässen verarbeitet ist, in cler Gestalt vonBarren 3, namentlich von Ringen. Was in Vorderasieii und Aeggptenin clies~m Stiiclce Brauch war, werden wir aber olii~e weiteresauch fiir die IKai~aanite~ und Hebräer annehmeii diirfen. Derhebräische Name für Talent, kiPik&~ (,l


5 29.1 C+eld und Münz~veseil. 191z. B. bei den alten Griechen und in Britannien Eisenstangen, inItalien Kupferbarreil, finclen wir hievon in Palästina auch fiir clieälteste Zeit keine Spur. Am gewöhnlichsten im Verkehr war.~vohl das Silber, was niaii daraus scliliessen darf, dass die hebräischeBezeichnung fiir Silber (hegepf~) das gewöhnliche Wort für,GelclC iiberhaupt wurde (vgl. das lateinische argentiiin). - Ueberclen Feingehalt des zu solchen ,GeldstiicBen~erwei~cleten Goldesund Silbers erfahren wir gar nichts, weder aus dein A. T. nochaus assyrischen uiicl ägyptischen Quellen; es ist immerhin auffallend,class iiii A. T. iinnier nur vor falschein Qewiclit des Gelcles,nie aber vor Fälschung des Metalls gewarnt wircl (Dt 26 isff.Lev 19 36).Was dieseil ,Gelclvsrliehr' vom Geldverkehr im strengstenSinne des Wortes wesentlich unterscheidet, ist weniger clie Verschiedenheitder Form: hier Eilige, dort Münzen, als vieliiiehrdas Fehlen einer staatlichen Controle. Eben clainit, dass derMiinze das Bild cles Fürsten aufgeprägt wurcle, stancl sie, wasihre Grösse, ihr Gewicht, auch ihren Feingehalt und damit ihrenWert betraf, unter staatlicher Garantie und war damit in den1betreffenclen Laiid oliiie weiteres gangbar uilcl ancrlrannt. Dagegenbei den Gold- uncl Silberrisgeil, auch wenn sie gewohnheitsinässigin bestimmter Form und in bestimmtem Gewicht hergestelltwurcleii, fehlte jede staatliche Garantie; wollte der Enipfängersicher gehen, so musste er eben iininer noch bis iii diespäteste Zeit, wo der Geldverl


192 Zweiter Teil. IV. &lass- und Niinzwesen, Zeitrechnung. [§ 29.hältniss des Wertes von Gold uncl Silber zu einander von massgebendemEinfluss sein. Dieses~erhältiiiss war clurchwegini Altertninfestgelegt, mir haben also iiberall Doppelwähr~ing, nnd zwarwar es iii Vorclerasien clas von 1 : 13l/~. War nun cler Gold- uiiclSilbersekel (211s Werteiilheit betrachtet) gleich schwer, so TI-ar clieUmrechnung eine sehr lromplizirte: 1 Gewichtsselrel Gold= 13'/3Gewichtssebel Silber, ein Terliältniss, das fiir nebeiieinaizderkursirencle Golclstiicke uiibrauchbar war. Die Bequemlichlieit clesGeldverkehrs verlangte also gebieterisch eine andere Festsetzungcler Silbereinheit, nach deren Teilen und Vielfaclien die uinlaufenclenSilberstüclre gefertigt wurden. Fiir die Bestimmung clieserSilbereinheit wareil 3 Forclerunge~i massgebencl: 1) sie musste iiieinem bequemen Teiluiigsverhältiiiss zur Golcleinheit, cleiii GewichtssekelGold stehen, 2) sie musste sich dem Gewichtssystemgut eiiifiigeii, also ein bequemer Teil der Gewichtsmine sein, 3) sieclnrfte an Gewicht unci Grösse niclit zusehr verscliiecieii sein vomGolclseliel. Ein Goldseliel von 8,185 gr ('/m cler klei~zen genieiiienMine) war anTVei t gleich einem Silberstiicli von 109,l J gr ; in Verhältiiisszahlenzur Ahne ansgeclriiclrt : '/so Mine Golcl war 311 Wert13l/3 10- --- Minen Silber. Alle drei geilaiinten Bciliiigiiiigeii60 45wurden erfüllt, wenn inati als Silbereiillieit eiltweder cleii 10. oder16. Teil dieses Silberstiickes von 109,13 gr nahm. Im ersterenFall erhielt man ein Silberstück von 10,91 gr (= '/io Goldsekel= l/~jGewichtsmine), im letzteren Fall ein Silberstück von 7,276 gr(= */la Goldsekel = 2/135 Gewicl~tslniiie). 80 liat sich eine zweifacheSilbereinheit herausgebildet, die ebenfalls den Namen Sekel 'trägt, obwohl sie mit dem Gewichtsseliel gar nichts inehr zuschaffen hat Auf diese zweierlei Silbersekel ~vurcle dann wiedernin1 Im Folgenden wird, urn jede Verwirrung zu verrneiclen, stiets vonGewicl~tsseliel, Goldseliel und Silberselrel die Rede sein, bei let,zterenl wouötig nnter Hinznfügnng der Angabe, ob nach dem Zehn- oder Fünfzehnsekelfuss,d. h. ob 1 Silbcrsekel = I/io oder = l/15 Goldseliel geilieiiit ist.Aiif diesen Unterschied des scllweren Gemichtsekels und cles leichterenSilbersekels dürfte sich die Bezeichnung ,,heiliger Sekel, der Sekelzu 20 Gera" (Ex 30 i3 Lev 27 z: Nnm 3 .ii) beziehen. Ohne diesen Zusatzmnssten die Angaben von P iiber die Steiler für das Heiligtum von den Zeitgenossennatürlichenveise auf den Silberselrel bezogen werden. Der Zusatz,der verlangt, dass das Silber nach dem Bewiclitsselrel gczalilt werdeu soll isteine Reminiscenz an die Zeit,, wo nian das Geld noch darwog nach clem ge-


8 29.1 Geld und Btünzwesen. 193das ganze System von Talent und Mine übertragen, indem man50 Silbersekel zur nlille und 3000 Silberseliel zum Talent zusammenfasste.TVä11rencl der Zehnselielfuss (1 Silberseliel = '/I" Qolclsekel)in alter Zeit in Babyloizien, dann in der lydischen und persischenReichsprägung herrschend war, finden wir den Fünfzehnsekelfuss(1 Silbersekel = Goldsekel) bei den Silbermiinzen der meistenphönicischen Städte, bei einer Reihe von persischen Miinzeii, die~valirscheiiilich in Syrien geschlagen wurden, und dementsprechenclauch bei den Juden. Die erhaltenen jüdischenSeke1 der3Ialckabäerzeitschwanken im Gewicht zwischen 14,50-14,66 gr, was genaudem Betrag von "/in der grossen ,gemeinenL babylonischen Mine(14,56 gr) entspricht. Dass in cler vorpersischen Zeit cler Silbersekelin1 Wert von 5 Goldsekel im Gebrauch war, clafiir liegt einziemlich sicherer Beweis darin, dass wir den Seliel bei den Israelitenhalbirt uncl gevierteilt finden: '12 Sekel auf den Kopf beträgtbei P die Steuer fiir clas Heiligtum, ein Viertelseliel wircl gelegeiitlicli(I Sam 9 s) erwähnt. Diese Zwei- und Vierteilung der Silbereinheitsehen ~ iüberall r beim Piiiifzehnselrelfuss, wahrend da, woder Sekel nach den1 Zehnsekelfuss bestimmt war, sich die Einteilnngdesselben in Drittel findet. Diese Drittelseliel habeii dannin Palsistina Eingang gef~inden mit dem persischen I\iIiinzsystem,das nach dem Zehnstaterfuss normirt war: von Nehemia wird(10 33) die jährliche Teinpelsteiier auf '13 Seliel festgesetzt. Dabeiist übrigens noch zu bemerken, dass das persische Münzsysteinvon dem kleinen Talent ausgieng und als Einheit nicht den altenbabylonischen Sekel der Mine), sondern die Halfte davon(5,61 gr) zu Grunde legte iiiid als siglos bezeichnete. Dieser persischeSiglos verhält sich also zum jiiclischen wie 3 : 8; er wurdenicht als Fünfzigstel, sondern als Hundertstel der Mine betrachtet.Die Miiiizprägung der Malikabäer schloss sich dann wieder, wieoben bemerkt, nii den Piiilfzelinsekelf~iss iinter Zugr~indlegungcler grossen Mille an, und so treffen wir zur Zeit Christi clie Tempelsteuerwieder auf '/z Sekel festgesetzt (Matt11 17 24 27). Denn nachJOSEPI-IUS (Ant. 111 194) hatte cler jiidische Sekel jener Zeit denWert von vier Drachmen. Eine gleichwertige Miiizze war auchin Tyrus im Gebrauch (JOSEPHUS Bell. Jucl. I1 21 2).mbhnlichen Gewicht, verrät aber durch clie Einteilung des Gewichtssekels in20 Gera seinen jungen Ursprung.B eilziiig er, Hebiaisolie Aichaologie 13


194 Zweiter Teil. IV. Mass- und bIünzwesen, Zeitreclinung. [S 29.Hiernach erhalten wir folgende Uebersiclit :I. Altes Gezuicht(grosses Talent nach der ,geineinenl babylonischen Ge\vichtsiiorin) :1 Sekel = 16,37 gr1 Mine = 60 Selrel = 982,4 gr1 Taleiit = 60 Minen = 3600 Seliel = 58,944 lrg11. Gold l~nci? spiite?.es Gezuicht:1 Sekel = 16,37 gr151ine = 50 Seliel = 818,6 gr1 Talent = 60 Minen = 3000 Sekel = 49,ll lig111. .liirlisches Silbe?. :1 Sekel = 14,55 grl1 Mine = 50 Sekel = 727,s gr1 Talent = 60 Mine11 = 3000 Sekel = 43,659 ligIV. IJersisches Silber(leichte babylonische Silbermine nacli der ,1röniglichenc Norni) :1 (halb)Selcel= 5,Gl - 5,73gr211\/Iine = 100 (lialb)Seliel= 561 -573 gr1 Talent = 60Minen - GO00 (halb)Selrel= 33,660- 34,380kg2. Eigentliche Münzen wurclen bei den Juden erst sehrspät geprägt; clie ältesten Münzen, cleren man sich in Palästiiiabediente, Tvareii die persischen Darilren (liebr. cl(~i.ke~izbgzi?~~, Esr2 69 Neh 7 70-72 U. a.)3. TVenil Ezr 2 ~9 schon im ersten Jahrder Regierung cles Cgrus von Darilieii die lZede ist, so dürftehierunter, cla eigentliche ,DarikenL erst unter Darius geprägt wurden,cler Goldstater cles Krösus verstanden sein, der den1 Erzählermit der Darilre zusainnienfloss. Die eigentliche Darike,das Hanptgoldstück, das bei der &!iüilzreform des Darius Hxstaspeszur persischen Landesnliinze erhoben ~rurde, hatte ein Gewichtvon 8,40 gr (ziemlich genau = '/GO cler leichteil babylonischeilMine). Die Münze trägt auf deryoiderseite das Bilcl cles Königs,der entweder knieencl oder stehend in cler lii~lreii Hailcl einen2/is5 der scliwereil Gcwiclitsminc."/go der leicliten königl. Gewiclitsinine (vgl. S. 193).Die Chronik lässt in ziemlicli uaiver T\Tcise den Da~icl schon nacliDariken ('&~CW~C~/Z%;»Z) reclineri (I Ghr 29 T).


5 29.1 Geld und Mürizwesen. 195Bogen, in der rechten Speer oder Scepter hält. Die Rüclrseitezeigt nur eine rohevertiefi~ng. Die entsprechende Silbermünze(aiyhos MyG~xbs) war dem Wert nach = l/zo Darike. Unter deinalten Namen sclzekel dürfte diese1 bevielleicht Neh 5- 15 P0 33 gemeintsein. Sonst habeil wir keine Spurvoin Unllauf persischen Silbers inPalästina, es ist ein solcher abervon vornherein wahrscheinlich I.Fig. 45. Darilce.Mit dem Herrn wechselte dieMünze. - Dass auch Alexanders Goldstater ('A),E[&V~~~LOC) unclseine Silbermünzen (Tetradrachnien und Drachirieri) in Palästinakursirten, be~veisen die Puncle vor1 solche11 Tetraclrachmen inPalästina.Es folgten clie Münzen der Ptolemäer und Seleuciden. DieVorderseite derselben zeigt clen Kopf des Herr~clie~s oft vollseltener Scliönheit uncl liöchst charakteristisch gearbeitet. DieRücbseite trägt bei den ptolemäischen Goldmünzen meist einFig. 46. PtolemäischeSilberniiinze.Fig. 47. Seleuciden-JIiinze.Fiillhori~, bei deii Silber- und Kiipferstüclren einen Acller. Aufder Rückseite der Seleucideniniinzen finclet sich ein Apollo, eil]thronender Jupiter, eine Miiierva oder eine älinliche Darstellung.Daneben hatten unter der Seleucidenherrscliaft verscliiedenegiössere Städte das Prägerecht ; aiif ihren Münzen ist, wenn dieseStäclte sich ganze oder teilweise Unabhängigkeit erworben hatten,clas Bild der Seleucideii dnrcli den Kopf der Stadtgöttin ersetzt;ebenso sind clie Darstellungen der Rückseite abweichend, beiTyrns und Sycloii z. B. iiieist ein Adler, der auf einem Schiff-Auch die 50 ,Drachinenl Abgabe von jeden1 geopferten Lamin, dievon Bagoses den Juden anferlegt w~irden (JOSEPHUS Ant. XI 297), dürftenals Silbersiglen zu verstellen sein.13"


196 Zweiter Teil. IV. nfass- und Münzwesen, Zeitrechnuiig. [$ 29.schnabel steht, dabei ein Palinzweig, das Wappen cler phöiiicischenKüste.Anch die Juden erhielten clas Recht eigener Münze. NachI Makk 15 G verlieh Antiochus V11 Sidetes iin Jahr 174 aer.Seleuc. = 139/138 v. Chr. dem Maklrabäer Siinon das Münzrecht.Derselbe scheint iibrigens dieses Recht schon frülier usurpirtzu haben, wenigstens sind die dem Simon gewöhnlich zugescliriebeiieiiMünzeii aus den Jahren 1-5 cler Aera vonJer~isaleni datirt. Diese ileueZeitrechnung begann nian niitder Anerlieiinung cler politischenBelbstäncligkeit Jndäasdurch Demetrius im Jalir 170aer. Seleuc. = 1431142 v.Chr.,das als erstes Jahr Simons desFig. 48. Silbersekel des SimonMaccabaeus.~ ~ h uncl ~ pürsten ~ ~der Juden galt. Die Zn~veisungdieser Nüiizeii an Simon wird jedoch von ilamhaften Autoritatenauf dem. Gebiet der Numisniatil~ bestritten und ihre Herstellungin die Jahre 66-70 11. Chr. verlegt.Die fraglichen Münzeii sind silberne Ganz- und Halbsekel.Auf der einen Seite zeigen sie eine Lilie mit der Aufschriftawisp a'~wi~9 ,das heilige Jerusalein', auf der anderen einen Kelchmit der Umschrift ipei ~ ~ ,Seliel w q Israels' bezw.5p93 $?;~r ,halber Sekel'.Ausserdein findet sich eineZahl mit clem Zusatz wals Abkür~ung von BW,also = ,im Jahre vier'.Fig. 49. Kupferniünze (*/z Selrel) Man lrennt solche SekelSimons.von1 1.-5. Jahr; die derdrei ersten Jahre sind die häufigsten.Noch strittiger ist die Datirung von Kupfermünzen in derGrösse von 1, und l/4 Sekel, welche verschiedene jüdische Einblemetragen. A~ifschrift der einen Seite: 1113 riih.15 ,der BefreiungZions'; Aufschrift der andern Seite : paw pijv ,Jahr IVC edel.3x7 ya~g fim ,Jahr IV, ein lialber', p93-i yz:~ pi13 ,Jahr IV, einViertel'. Auch diese Kupfermiiiizen werden vielfach dem Siinonzngesclirieben, nach ~IADDEN (8.73) scheint wenigstens ihre Zn-


B8 29.1 Geld und &!ünzwesen. 197~~~eisuizg an die seleucidische Periode bis zu eiizem gewissen Gradgesichert.Von den Naclifolgern Simons sind uns nur Kupfernzünzen bebannt.Johannes Hyrlcan ist der erste jüdische Fürst, cler seinenXamen auf die Münzen setzen liess. Seine Münzen tragen zweiFüllhörner, zwischen denen ein Mohnkopfsteht, auf cler Riicliseite die Aiifschrift~qtlpiv~ 9.1~957~37393 piilfiq,,Jochanan cler Hohepriester und dieGemeinde der Juden' oder I?:? 13i-11,~iy7133fi 287 5717, ,Jochanarl derHyrlranas.Hohepriester, Haupt cler Geineincle derJuden*. AeEinlicli siizcl die Miinzen cler späteren jiiclischen Fürsten.Alexander Janilii~is hat als eine Neuernilg Miinzen mit zwei-sprachiger A~~fsclzrift (75~3 j~ixn~ BAEIAEQC AAEEANAPOT).Auch Herodes der Grosse iind seine Nachfolger schlugen,soviel wir ~vissen, ilur Kupfermünzen. Die A~isp~äguiig von Goldwar in den römischen Provinzenganz untersagt unclauch die von Silber nar>%T""(@einzelnen Stäcltengestattet. Pwährend die Herstellnilgvon Kupferiziiiiizen allgefreigegebeil~i~ 1 Fig. 51. Iiupfermiinze des Herodes I.Kupferinünzeii von HerodesI. habennur griechische,lieine hebräische Aufschriften:BACIAEQC HPQAOT.Sie führen einen Helm, Anker,Dreifuss. Die Eriibleme Fig. 52. Münze des Eleazar.~vechseln bei den aiiclerenFiirsten; die Miiilzen desAgrippa haben z. B. einenSonnenschirm uiicl dreiAehren, oder deii Kopf desKönigs u. a.Fig. 53. Münze des Simon Nasi.Erst ~väl~rencl cler beidenAufstände unter Vespasian und Hadriaii wurden wiederSilbermiinzen geschlagen. Die Miinzen des Hohepriesters Eleazaraus dein ersten Aufstand zeigen einen Krug iiiit der Um-


198 Zweiter Teil. IV. &lass- und Dlünzwesen, Zeitrechnung. [§ 30.schrift ja:? yry5~ ,Eleaznr der Priester', auf cler Rüclrseite eineTraube mit der Umschrift 5 ~ 1 n5~15 ~ 9 ring riju ,Jahr 1 cler BefreiungIsraels'. Die Münzen mit der Anfschrift 5~~wq ni-ini su,Jahr 2 der Freiheit Israels( und dem Namen (Siinoii) gehörenSinlon Bar Kochba an. Bei mehreren derselben ist nochPig. 54. Miinze des Bar ICocliba.--Fig. 55. Ueberprägte Miinzc desBar Kocliba.erkennbar, dass sie auf römische Deiiare cles Vespasiail uncl Trajanaufgeprägt sind.Auch in der Folgezeit haben clie römischen' Kaiser dengrösseren Orten Palästinas das Recht, eigene Sclieicleinüilzen zuprägeil, gelassen.Fig. 56. Hadriansmiinze der Coloriia Aelia Capitoliua.30. Die Zeitrechnung.DILLXLNN, Ueber das Kalendermesen der Israeliten vor den1 babylonischenExil: Monatslierichte cler Berl. Alcacl. der Wissenscliaften 1888914-935.1. Das älteste hebräis C he Jahr war nach der Auschauungvon P ein reines Mondjalir, CI. h. ein Jahr von 12 Monclnionateiiund 354 Tagen. In seinein Sintflutbericht (Gen 7 11 vgl. mit 8 14)lässt nämlich P die Flut vom 17. Tag cles 2. Monats in1 einenJahr bis zum 27. Tag des 2. Monats im anderen Jahr, also 1 JahrI1 Tage dauern. Diese Zahl ist ganz cleiitlich entstanden diircli


5 30.1 Die Zeitrechnung. 199Vmrechnung eines Sonnenjahres in ein Mondjahr. Die faktischeDauer der Flut war in der gemeinsamen seniitischen Traditionauf ein Jahr angegeben. Damit war, wie P richtig sieht, clasallgemein im Gebrauch befindliche Sonnenjahr von 365 Tagengemeint. In der Voraussetzung, dass die älteste Zeit ein reinesMondjahr gehabt habe, legt P bei der Datirung der Flut einsolches zu Grunde und zeigt seine archäologischen Kenntnisseund seine angebliche historische Genauigkeit clarin, dass er nichteinfach den runclen Betrag von einem Jahr beibehält, sondern ihnganz genan nmreclinet.Es diirfte sahr zweifelhaft sein, ob diese Anschauung von Pcler Wahrheit entspricht. In historischer Zeit war das Jahr clerHebräer immer ein Sonnenjahr oder sollte es wenigstens sein,cl. h. es sollte sich niit dem Kreislanf des Lebens in der Naturdeckei~, wie dies ja fiir ein Hirten- uncl Bauernvolk selbstverständlichist. Auch das Jahr der alten Araber vor Muiiainined warein Sonnenjahr von 365 Tagen. Für den altisraelitiscliei~ Kalenderergibt sich dies schon aus den Monatsnamen (s. u.). Einweiterer Beweis liegt darin, dass der hebräische Festlialenclereinerseits ganz clurch den Naturlauf bedingt war (Ernteanfangund -ende, Weinlese), anrlererseits ohne Schwierigkeit auf bestimmteI\Ionate festgelegt werden Ironnte, was schon im Dt geschah,Bei eiuem reinen Mondjahr, das gegenüber den1 Sorinenjahrjährlich iiin ea. 11 Tage vorrückt, wäre dies unmöglich gewesen.Der Jahreswechsel fiel in alter Zeit auf den Herbst.Das Fest cler Weinlese wurde um die Wende cles Jahres als Abschlussdes ganzen Festkreises gefeiert (Ex 23 16 3422). Wenn dasDt im 18. Jahr des Königs Josia aufgefiinden uncl noch in clemselbenJahr Ostern gefeiert wnrde, so muss der Datirung derRegierungsjalire die Herbstära zu Gr~incle liegen. Zn demselbenResultat führen die Synchronisinen jucläischer Kriegsjahie mitden Regierungsjahren des Nebulraclnezar bei Jeremia (25 i vgl.mit 46 2). Auch das altarabische Jahr begann im Hcrbst. Iin Exiländerte sich das unter clem Einfluss der babylonischen Sitte, dasJahr von der Briihjahrsnachtgleiche an zn rechnen ; der Priesterkoclexzählt die Monate durchweg vom Frühjahr ab. Offenbar alseine Neuerung wircl diese Rechnung ausclriiclilich angeordnet:„dieser Monat (der Ostermonat) soll fiir euch an cler Spitze derMonate stehen, als erster unter den Monaten soll er euch gelten"


200 Zweiter Teil. IV. Mass- und Dtünz\veseri, Zeitrechnung. [$ 30.(Ex 12 2). Eine gewisse Koiizessioii musste aber clocli an diealte Sitte gemacht werden: bürgerliches iincl kirchliches Jalirfielen auseinander; das alte bürgerliche Neujalir blieb wenigstensals kirchliches Neujahrsfest in Geltung. Nnr so erklärtsich die auffalleiicle Erscheinung, dass clas Ne~~jalirsfest , clerjbm te~z^c'8h, auf den ersten des siebenten nPo11ates festgelegtwird (Lev 23 24 Nurn 29 i vgl. nlit Lev 25 9); clie Mischna bezeichnetden 1. Nisan (April) als das Neujalir fiir die Könige, CI. 11.als bürgerliches Neujahr, den 1. Tischri (Oktober) als mnssgebendfür die Zälilung der Jahre. Ebenso gilt nach Jos~r~ns(Ant. I 80f.) für Verlriiufe, Käufe und andere Geschäfte das Jahrcler älteren ,voriiiosaischeil' Ordnung, das mit clem Sischri beginnt.Der Verfasser der Makl~abäerbücher zählt die Monate von1 Priilijahran, obwohl clie Seleucidenära, nacll welcher er rechnet, voiiiHerbst an datirt wircl. Während des Exils scheint übrigens derJahresanfang nicht ain ersteii, soiiderii aiii 10. des 7. Jlonatsgefeiert morden zu sein (Lev 25 o Ez 40 I). Erst spiitei wurdeauf diesen Tag das grosse Versöhiiungsfest verlegt.2. Das althebräische Jalir war aber insofern lreiii reinesSonnenjahr, als seine Monate nicht ,Sonileiiinonate', cl. 11. der12. Teil des Sonnenjahres von 30-31 Tagen waren, soiicleriiMoildmoilate, die von einem Neuiiioncl (d. h. geiianer voi11 ersteiiWiedersiclitbarmerden cler Mondsichel) bis zuiii aiiderii reichten,also 29-30 Tage zählten. Das betrieisen clie Einteilung derMonate in siebentägige Wochen (s. U.), der 8prachgehrauclici~hrlesc/~ (,Neunioiid') fiii Monat nild iinilieiitlicli die wichtigeRolle, welche der Neumond iii alter Zeit als religiöses Festspielte (s. $ 69). Aus dieseln Gruiicl pflegt man vielfach dasIiebr&isclie Jah als ein Moiidjalir, genaiier zum Unterschiecl voin,freienc Moncljahr von 354 Tagen als ein ,gebuiideiies' NoncljalirZLI bezeichnen. Um trotzdem ein volles Soiiiieiijalir zii erhalteii,musste zu clen 12 Mondinonaten cles gewöhnlichen Jahres vonZeit zu Zeit ein 13. eiiigeschdtet werclen. Da die Einschaltungeines solchen 13. Monats in Babyloiiien schon fiir die friihesteZeit bezeugt ist, diirfen wir diese Sitte ruhig auch bei den Israelitenvoraussetzen. I111 A. T. fiiiclet sich freilich iiirgeiids eine Spurdavon. Es mag a ~~ch das Verfalireii ein ziemlicli wenig geregeltesgewesen sein: die alten Araber z. B. kaineii init ilirein Kalendernie recht zu Stande, soiiclerii fuhren init clen Monaten milcl durchdie Jahreszeiten lierum (WELI,I~AUSEN, Skizzen 111 90 f.). Erst


3 30.1 Die Zeitrechnung. 201spät nach dein Exil im Talmud (Traktat Rbscl~ haschschd?~dh)erscheint die Einschaltung genau geregelt.Die alten Schriftsteller gebrauchen zur Bezeichiiung clerMonate clie althebräischen Nainen derselben. Nur vier von diesensincl uns erhalten: 'd6h26h war nach der späteren Rechnung cler1. Monat (Ex 134 u. a.), 2;2v der 2. (I Reg 6 I), '&lhd~zlm der 7.(I Reg 8 a), (>GI der 8. (I Reg 6 38). Diese l\ilonatsiiamea, vondeiien 62il uncl '&/~dninl auf phönizisch-cyprischen Inschriftenwieclergef~~nden worden sind, haben lianaanitischen Ursprung uiiclsind init der kanaanitischen Jahresrechnung von clen Israelitenüberiiomrnen worden. Als ziemlich wahrsclieinlich darf nur clieDentnng von d6h26h als Monat der reifenden Aehren und von zi21als Blumenmonat betrachtet werden, clie Erklärung von 'tst/tdnPn~als Monat dvr perennireilden Wasserbäche uncl von bi11 als Regennionatist möglich. Jeclenfalls ist soviel sicher, dass diese Waineiinicht fiir Monate eines Mondjahres geschöpft sind, sondern einSonnenjahr ~ora~issetzeii; es sind Bezeichnungen der Jahreszeitenuiicl ihrer Unterabteilungen.Erst in exilischer Zeitinit der Aiinahnie des neneii Kalenderstrat an Stelle cler Monatsnamen die Bezeichiinng durch Zahlen:so bei Jereinias, aber nur in solchen Teilen seines Buches, clienicht von ihm selbst gesclirieben oder doch später recligirt sind(KUENEN, Onderzoek 1121889, 255 E.),bei Ez und in den Königsbüchern(in clen letzteren werden die alten Namen durch hinzugefügteZahlen erklärt I Reg 6 37 38 8 2); endlich bei Haggai (1 i2 i U. a.) und Zacharia (1 i 7 7 I U. a.). Bei letzterem, ebensobeim Chronisten (Ezr-Neh) beginnen schon die iieuen babylonisclisyrischenMoilatsiiaineii eiiizuclringen (Zach 1 7 7 i Neh 1 I 2 iEzr 6 15 U. 0.). ES sind dies folgende Namen:1. ~zigdn entspricht ungefähr 2. 'ejd?*, Mai,clem April,3. siuhn, Juni, 4. lawmzia, Juli,5. 'dlih, August, 6;. 'ekil, September,7. lischri, Oktober, 8. ?rtarchesc/hvd~t, November,9. ki_sl&i?, Dezember, 10. $&b&t, Januar,11. sche6/td$, Februar, 12. 'addl; März.3. Der Moiidmonat zerfiel in 4 Wochen za 7 Tagen [schdhltirtcl).Diese Einteilung des Monats hängt mit den nlondpliasenzusammen, nicht aber ist die Woche durch die 7 Planeten bedingt.


202 Zweiter Teil. IV. Ilass- und llünzwesen, Zeitrechnung. [§ 30.Die alten Assyrer hatten schon sehr frühe diese Teilung, erstsekundär ist bei ihnen clie Benennung der Wochentage nacli denPlaneten. „Die Siebenzahl ist das einzige Band zwischen beiclen.Ohne Zweifel ist die Woche alter, als die Namen ihrer Tage"( w ~ ~ ~ 011 ~ die ~ Hebräer u ~ schon ~ ~ als ) Nomaden . clen Mondmonatin diese vier Abschnitte zerlegten, wissen wir nicht. Vielleichthaben sie die Sitte auch erst von den Kanaanitern über-Irommen. Die einzelnen Tage der Woche wurden bei ihnen immergezählt nnd hatten keine Nainen mit Ansnahnie des Sabbats. Wasletzterer Name urspriinglich bedentete, ~~rissea mir nicht, vielleichthieng er in seiner ältesten Form mit schei6hlinC zusammen. Erstspäter wurde er so gedeutet, als sei er vom Ruhen hergenoininen.(Vgl. auch 5 69 ff.) Ursprünglich war also der Sabbat mahrscheiillichder 8., 15.) 22. (29.) Sag des Monats, den Neuiiiondals ersten gerechnet. Mehr uiicl mehr aber bekain cler Sabbatdas Uebergewicht über den Neuinoncl. so dass er schlierslicli (wiebalcl ~vissen mir nicht) ,,seine eigenen Wege gieng und in regelingssigensiebei~tägigen Intervallen weitergerechnet wurde, nnbeliümmertuin cleri Neumond, init dem er nnn Icollidirte, stattwie friiher clurch ihn gestiitzt zu werden" (WELLH IUSEN).4. Schon sehr frühe haben clie Babyloi~ie~verstanden, clenTag nlittelst Sonnenuhren in gleiche Abschnitte zu zerlegen.Indcm sie die Dauer eines Sonnenaufganges an1 Sag derFriihjahrsiiachtgleiche vom ersten Sonnen~t~alil bis zuni völligeiiErscheinen der Sonne iiber clem Horizont massen uncl init clerZeit, die von eineiii Sonileiianfgang bis zuiu anderil verfloss, verglichen,fanden sie, class cler scheinbare Soilnenciurchinesser350 &In1 in1 Hiiuinelsgewölbe enthalten ist, uncl dass die Zeit einesSonnenaufganges den 720. Teil eines vollen Tages, 2 Minuteilbeträgt. Wie ihnen von hierans ihr ganzes Sexagesiinalsysten~ uizcldas noch heute giltige Verfahren, die Zeit nacli St~~ndeii, Minutenund Sekunden zn messen, sich ergab, liaiiil hier iin Einzelnen nichtdargelegt werden. Dass die Kunst cles Zeitniessens mit deinübrigen babylonischen Masssysten~ sich frühe schon den VöllcerscliaftenSyriens mitteilte, ist in hohem Gracl walirscheinlich.Bei clen Israeliten finden sich allerclings in vorexilisclier Zeitwenig Spuren davon. Inz Unterschiedvon clen Eabyl~nie~n, welcheden Tag am Morgen beganneil, rechneten sie ihren Tag vonSoniienuntergang bis Sonnenuntergang. Dies hängt clasnit zusaminen,dass sie ihre Zeit nach clem Moncl regulirten, clessen


5 30.1 Die Zeitrechnung. 203Sichel erst Abends sichtbar wircl. Uebrigens finclen sich iin A. T.auch Anzeichen cler babylonischen Rechnung, so namentlich indem auf babylonischer Gruncllage beruhenden Schöpfungsbericlitvon Geil 1 (vgl. Ex 126 s. DILLXANN z. d. St.; U. a.); jedoch wurdeclies nie offizielle Rechnang.Eine genaue Einteilung des Tages nach einem bestimmtenZeitmass wircl in vorexilischer Zeit nirgends er~vähnt. Es begegnenunsnur allgeiiieine Zeitbestiinmungen wie morgens, abends,mittags, oder Bezeichnungen nach Geschäften, die zu liestimmtenTageszeiten vorgenommen tvurden (Gen 24 ii) U. clgl. Auch beicler Sonnenuhr des Ahas, iiber deren Einrichtung wir gar nichtsNäheres wissen, clereii assyrischer Ursprung aber sicher ist, diirftees sich nicht um das Messen genau gleich grosser Stuiiclen gehanclelthaben, sondern iiin einfache Einteilung cles bürgerlichenTages in 12 Teile. Dabei wurde auf den Liingenunterschiecl derTage (längster Tag 14 Stunden 12 Minuten; kiirzester Tag9 Stunclen 48 Minuteii) li-eine Rücksicht genommen, so class die,Stundenc zu den verschiedenen Jahreszeiten sehr verschiedengross waren: sie schwankten zwischen 49 aiicl 71 JIinuten. DieseTageseinteilung, wobei die Stnnclen von Tagesanbr~ich bis Sonnenunterganggezählt wurden, scheint übrigens erst ilach dein Exilaiicli im gewöhnlichen Leben allgemein üblich genrordeii zu seinf~ir ,Stunde' gibt es kein hebräischesTVort, sondeiii nar clas aramäischescl$dCdh. Sie hat sich nicht bloss in cler griechiscli-römischenZeit erhalten, wie das N. T. zeigt, sondern ist bis auf cleilheutigeil Tag in Syrien die gcbr&uchliche.Früher noch als die Einteilung des Tages in Stundeii begegnetuns die Teilung dei Nacht in eine Anzahl gleicher Abschnitte,die ihren deutlich erkennbaren Ursprung clarin hatte,class man die Last cler Bewachung cles Lagers, der Stadt etc.gleichmässig verteilen wollte. \Val-irscheinlich nach dem Standcler Gestirne wurden drei Nachtwachen zu etwa je vier Stnnden~iiiterschieden (I Sam 11 ii Jdc 7 19 Ex 142.1). D~irch das röniischeMilitär wurde die Zählung von vier Nachtwachen eingefiilirt,fand jecloch keine Aufnahme in cleni Tempelclienst.


2 04 Zweiter Teil. V. Die Berufsarten. [§ 31.Kap. V.Die Beriifsarteiz.9 38. Jagd und Fischfang,Man pflegt nacli den Kultnrarbeitsstufeii za uiiteisclieicleiiJäger uncl Fischer, noinadisirende Hirten, ansässige Ackerbauer.Soweit wir die Hebräer zarücliverfolgen köniien, sincl sie stetssclion auf der 2. Stufe, der der iioinnclisireuclen Hirten, gestaiirlen.Es versteht sich jedoch von selbst, dass beiin Uebergai~g zu eiiierhöheren Stufe die Bescliäftignng clei niedrigen nicht ganz aufgegebenwird.1. Die Jagd L~cIjicl). In der alten Sage ersclieinen Niinrocli~iicl Esau als Jäger (Gen 109 25 27), iin Gegensatz dazu betreibtcler Stammvater Jaliob nur Viehzucht uncl will von der Jagdiiicl-its wissen. Schon dies verrät uns, was dnrcli. ancler~veitigeBeobachtungen bestätigt wird, dass die Israeliten die Jagcl nichtsonderlich liebten und sie nie als eigentlichen Lebeiisbertif trieben.Weder in cler Sage nocli in der Gescliiclite begegnen uns Gestaltengewaltiger Jäger, wie bei anderen Völliern, uncl ~~~äli~enclam ägyptischen, assprischeii uncl persischen Hof die Jagcl uiiterden Liebhabereien der Könige obenan steht niicl mit Leidenschaftund Sorgfalt gepflegt wird, ~vircl von lieinein israelitischen Königberichtet, dass er auf die Jagd gegangen sei. Erst Herocles wirduns von Jos~~rrns als eifriger Jäger geschildert (Bell. Jud. I21 13).Löwe, Bär, Leopard uncl anclere ~vilden Tiere wurden iliclit zu111Vergnügen gejagt. Wohl aber hatten Niiten uiicl Bauern sichihrer in schwereni Kampf zu erwehren (I Sain 17 3~f. U. a.). Dagegenwar das TVilclpret, an welchein kein Mangel war (S. 39)sehr geschätzt; auf der lröniglichen Tafel durfte es nicht felilen(I Reg 5 3 Gen 27 aff'. Prv 12 27 11. 0.).Ueber die Einzelheiteil der Jagd sind wir trotz cler mannigfachenBilder, welche die Sprache vom Jagclleben hergenommenhat, nur mangelhaft unterrichtet. Das Jagdgerät bestand ausBogen (Geil 273), Lanze, Wurfspiess uiid Scliwert (Hi 41 is), beiiizHiiteii vor allein in der Hirtenschleuder und cler Keule; danebenstellte inan niclit bloss den Vögeln uncl clem kleinen Wild, soricleriiauch clen grosseil Tieren Netze (reschelh, nzikhmdil;l iincl Schlingen(pccch), vgl. Jes 61 20 Ez 19 s U. a., ocler suclite sie in oben verdeckteFallgruben fi~nchai'l~) zu loclien. Noch heute fangen clie


5 38.1 Viehzucht und Ackerbau. 205Becluineii-und Fellachen die Gazellen in einer Art Fanggruben.Hinter hohen Gehegen siiicl tiefe Gräben angebracht, clie gehetztenTiere springen über clie Manerii und brechen sich die Beine.Jagclhunde scheint nian riiclit gekannt zu haben; doch erwähntJosephus (Ant 4 206) ihre Verwendung als alte Sitte. Ebensowenighatte man wie sonst iin Altertuin fiii dieVogeljagc1 abgerichteteFalken.2. Ueber den Fischfang haben mir keiiie alteil Nacliricliteii ;erst geraume Zeit nach der Ansiedlung lernte man clie Fische alsNalir~ingsniittel schätzeii (Num 115 vgl. S. 92); die zahlreichenBilcler, welche die Propheten in ihren Redeil vom Fischfang hernehinen(Am 42 Jer 16 io Ez 29 4 LI. a.), zeigen, dass er zu ilirer ZeitdenIsraeliten wolil bekannt war. Im N. T. erscheinen daiin unterclen Anwohnern des Tiberiassees Fischer von Bernf (Luc 5 iff.).An Fiscliereigeräten werden eine Reihe von verscliiedeneiiNetzeii genannt (me.cid&/~, c/~&i.enl, nlikhr~aereth I), daneben Angeln(cl~nicicrilt), Fischhacken uncl Harpunen (xi~zncih Am 42 Hi 40 3i),letztere zum Fang der grossen Fische. Die Fischerei wurdevorzngsweise bei Nacht betriebe11 (Lnc 5 j Joh 213).Sehr fraglichist, ob man aus Hi 40 ZG schliessen darf, dass clie Jiiden dasanderweitig geübteverfahren kannten, gefangenen Fischen eineilRing clurch clie Kinnbacken zu zielien und sie angebunclen imWasser zuriiclczulassen, um sie lebendig zu verl~anfen.$ 32. Viehzucht und Ackerbau.ANDERLIND, Aclrerbau und Tliierzucht in Syrien: ZDPV 1886 IX 1-73.- Die Frachtbäume in Syrien: ZDPV 1888 XI 69-104. - Die Rebe inSyrien: ZDPV 1888 XI 160-167. Vgl. die Literatur a,iif S. 32.1. Die Noinaden cler syrisch-arabischen Steppe siiicl stetsVi elizii c 11t e r gewesen. Die vereinzelten Stämme, welche heutevorzugsweise von der Jagd leben (z. B. die Slebi), bilclen eineAusiiahiiie; überdies treiben auch sie nebenlier die Viehzucht sogut wie die Anclern, haben wenigstens ihre Pferde und Karnelshercleii.Auch die Israeliten sind von Haus aus Hirten. Das hatsicli noch in späterer Zeit nie verleugnet. Wohl hat die überwiegendeMehrzahl des Volkes in Kailaan das Leben des NomadenWie sich diese unterschieden, wissen wir nicht; wir diirfeu wohlannehmen, dass sowohl das grosse Schleppnetz (c;ay.ijv? Matt11 1347) alsdas Wurfuetz (r;iv.ruo./ nlatth 4 20) in alter Zeit in1 Gebranch waren.


206 Zweiter Teil. V. Die Berufsarten. [$ 32.mit dem des Acl~erbauers vertauscht, allein einzelne Teile desVolkes sind noch lange Nomaden geblieben, was damit zusaininenliängt,dass sie iinmer die Viehzucht als Haupterwerbszweig beibehaltenhaben. Dies gilt namentlich von clen Stämmeii des Ostjordanlandes.Dort brachte es die Natur des Landes init sich,die in ganz besonderem Masse fiir Viehzucht, weniger für Ackerbaugeeignet war (Num 32 Dt 3 19 U. a. vgl. Ain 4 1). Auch beider sesshaft gewordenen Bevölkerung cles TVestjordai~landes bemerkenwir stets eine gewisse Vorliebe für Viehzucht. In clerVätersage wie in der Dichtung wird beständig das Hirtenlebeilals eine Art idealen Lebens 1-erherrlicht. Zahllose Bilder undWendiiilgen der Sprache sind vom Hirtenleben hergenoinmeilund bestätigen, dass zu allen Zeiten neben dem Landbau dieViehzucht eifrig betrieben wurde. Der reiche Kalebite Nabalnannte 1000 Ziegen und 3000 Schafe sein eigen; den David machtdie Heldensage zum Hirten; Anios bekennt sich selbst als einensolchen; von Azarja wird ausdrücklicli berichtet, class er in clerSteppe Jadas viele Herden gehalten habe (TI Chr 26 10).Das Leben cles Hirten war rauh und arbeitsvoll. „ZwanzigJahre bin ich jetzt in deinem Dienst, sagt Jalcob zu Laban, keiiieiiWidder aus deiner Herde habe ich gegesscii; was zerrissen war,habe ich dir nicht gebracht, ich selbst musste es ersetzen; vonmir fordertest du es, mochte es bei Tag oder bei Nacht geraubtsein. Des Tags vcrgieiig ich vor Hitze und des Nachts vorFrost; kein Schlaf kam in ineine Augen" (Gen 31 38 ff. vgl.I Sam 1734ff.).Ganz abgesehen von den Streifscharen räuberischerNomadeii, denen gegeniiber die Hirten macl~tlos waren,galt es vor allen1 gegen die wilden Tiere auf cler Hut zusein. Löwen, Rären und TVölfe waren gefährliche Feindeder Herde, uild Keule und Schleuder ihnen gegenüber recht einfacheWaffen. Vollends die Hirten, welche clie Herden reicherHerren uni Lohn weideten, maren übel daran ; sie miissten ~vasvon Tieren geraubt ocler von Dieben gestohlen war, ersetzen.Freilich moclite es altes Herlioinmeil sein, dass cler Herr anf Ersatzverzichtete, weil11 der Hirte clurch Vorzeigen cler Reste deszerrissenen Tiers, clurcli einen Eicl ocler durch Zeugen den Beweisbeibringen konnte, class ein wildes Tier ihm das verlorene Stüclrder Herde geraubt. So bestiilzmt es auch das Gesetz (Es 22 riE.).Aber geizige Herren wie Laban setzten sich iiber Sitte uncl R,eclitliinmeg und forderten Ersatz. Die grösste TVachsainBeit und Xorg-


Ei 32.1 Viehzuclit und Ackerbau. 207falt fiii die Herde wurde deswegen voiii Hirten verlangt. Huilclehalfen ihm wo111 die Tiere hüten (Hi 30 i); bei Nacht brachteman clie Herden in Hürden (Pferche) ein, d. h. von Mauer11 uinschlosseilePlätze, die gerne bei einer Quelle oder einein Brunnenangelegt und vielfach clurch einen ,HerdenturmL gcscliiitzt wurden(Num 3216 I Sam 244 U. a.; s. S. 125). Sorgfältig wnrden dieHerden immer wieder abgezählt (Jei 33 13). Der Loliii cler Hirtenknechtewar kärglich, wie rlie Jalrobgeschichte zeigt; er bestanclm70111 gewölznlicli in Produkten der Hercle (Gen 30 zsff.). Uebrigenssch?iii?ten sich aiicli wolilhabeiicle Leute nicht, clie Herclen selbstzu hüten; clie Töchter Labans ziehen niit den Hirten ihresVaters aus.2. Im IVestjorclanland haben die Israeliten der giosseii I\Telirzahlnach die TTeraclituug des A clr erb aue s abgelegt L I ~ diesen I ~selbst von cleil Kanaanitern gelernt. Wir treffen ilin bald als clie


208 Zweiter Teil. V. Die Berufsarten. [S 32.HauptbescliSlftigung voll hoch uncl niedrig. Dass clie Kanaaniterclie Lelirineister gewesen waren, wurde begreiflicher Weise schnellvergessen, und das herkönimliche Verfahren bei clen lancl\virtschaftlichenArbeiten, wie fast von allen alten Völkern, auf uiimittelbareBelehrung von Seiten der Gottheit zurückgeführt(Jes 28 zcff.).Die Bestellung der Wintersaat (Weizen, Gerste, Linsen etc.)beginnt, sobald cler Friihregen in gehöriger Menge gefallen istuncl clen ausgebrannten iiiicl zerrissenen Erdboclen aufgeweichtliat, also Ende Olitober, im November, oft eist Anfang Dezember.Das Erdreich wurde mit einem sehr primitiven Pflug, der nochheute ganz die gleiche Gestalt hat wie in alten Zeiten, geloclrertuncl umgebrochen, oder eigentlich nur aufgekratzt, clenn die FurcheFig. 68. Noderner syrischer Pflug und Ochsenstachel.geht nur etwa 10-12 cm tief. Die Saat wird ausgestreut unddann umgepfliigt. Den Pflug zieht gewöhnlich ein Jocli Ochseil;clas Btiick Feld, welchcs ein paar Ochsen an einem Tag pflügenkonnten, war die Einheit des Fläclienniasses, nach ~velclier clasAckeilailcl geniessen wuicle (semecl, I Sam 14ii U. a.)l. ZuinAntreiben cler Tiere bediente sich der Pfliiger des Ochseiisteckens(n2nkn&(l, Jud 3 3i 1 Sam 13 zi), eines langen Steckens mit eisernerSpitze, den er gelegentlich auch zum Zerstossen einer Erclscliollebrauchte. Das gepfliigte Lancl wurcle mittelst cler Egge geebnet,clie vielleicht nur aus einem starken Brett oder ans einer WalzeNoch heute gilt als Fläclienmass in Syrien ein Stiick Lancl, welchesein Paar Ochsen während der Pflugzeit eines Jahres zii bearbeiten in1 Stanclesind, ca. 9 ha (fedclcin).


32.1 Viehzucht nnd Ackerbau. 209bestand (Jes 28 ea Hos 10 11). Die Sommerfruclit wird nach Beendigungder Wintersaat Ende Januar oder im Februar gesät.Wie alt die Sitte ist, ein Felcl nicht mit zweierlei Samen zu besäen(Dt 22 9 Lev 19 U), wissen wir nicht.Die Ernte beginnt mit der Gerste im April, im JordantalschonEndeMärz; zwischenEnde der GerstenundAnfang der Weizenernte liegt ein Zeitrauinvon 2 -3 Wochen. In der Regel dauerteso clas Erntegeschäft etwa 7 Wochen, eineZeit fortgesetzten Pestjubels und sprichwörtlicherPröhlichlreit (Jes 9 z PS 4 s U. a.). DasGetreide wurde mit der Sichel geschnittenund zwar nicht sehr tief am Boden, da manauf das Stroh keinen grossen Wert legte. Die .Garben wurden sogleich zur DresclitenneFig. 59. BIodernegebracht. Diese war woniöglich auf einemSichel.luftigen Hügel angelegt, am liebsten wählteman grosse Felsplatten. Auf der Tenne wurde clas aufgeschütteteGetreide entweder clurcli die Hufe von Rindern und Eseln,die man darauf herumtrieb, zertreten; ocler man benützte dazuclen Dreschschlitten (chcir.irs, n267.(1g), eine grosse Holztafel,Fig. 60. Moderner Dreschschlitten.auf deren Unterseite liarte spitzige Steine eingesetzt sind. Diesewurde mit Steinen oder durch clen darauf sitzenden Lenkerbeschwert von Ochsen iiber clas Getreide gezogen. Beide Artendes Dreschens sind heute noch im Gebrauch. Neben clem Dresch-B e 11 z in g er, Hebriiisclie Arcliiologie. 14


210 Zweiter Teil. V. Die Rernfsartea. 32.schlitten wurde auch der Drescliwagen (11icirc6g) wie im altenAegypten verwendet: ein kleines Wagengestell mit Walzen, andenen runde scharfe Eisenscheiben angebracht sind, die das Getreideverschneiden. Beide Dreschmaschinen wurden gelegentlichauch dazu verwendet, Kriegsgefangene damit kurz und klein zuschneiden (Am 13 IIReg 137 U. a.). Geringe Quantitäten Getreidewurden uncl weiclen wohl auch mit dem Stock ausgeklopft. BeimDreschen auf der Tenne werden die Haline in ganz kleine Stiicbchenzerrissen. Durch Worfeln bei einem ruhigen Lüftchen werden dieKörner vom Häcksel geschieden. Letzterer (fehheiz) dient demVieh als Futter neben der Gerste; langes Stroh findet keine Verwendung,da man für das Vieh keine Streu lreiint. Solange dasDreschen dauert, schläft jeder bei seiner Ernte (Ruth 3 7). DasFig. 61. Alter Dreschwagen.ai~sgedroschene Korn bewahrte man wie ilocli heute auf demFelde in sorgfältig verdeckten cisternenähnlicheii Gruben (172a.tmblziinJer 41 s) auf.Die Felderträge sind in den nicht bewässerten GegendenSyriens heute nur mittelmässige. In clen Gebirgsgegenclen Judasrechnet man auf vier Jahre eine volle und drei geringe Ernten.Auf der fruchbaren Ebene Saron trägt Weizen heute im Durchsclinittdas aclitfache, Gerste das fiinfzehnfache; ähnlich in derJezreelebene. Im Hauran sollen ausnahmsweise die Weizenfelderseclzzig- bis achzigfältige Frucht tragen.3. Das beste Zeugniss dafiir, dass die Israeliten vollständigzum ansässigen Leben übergegangen sind, liegt clariil, dass sieschon friihe von den Kanaanitern ]V e i n s t o C k , 0 e 1 b a um undF ei g e anpflanzen gelernt haben. Dies ist überall das sichere


8 32.1 Viehzucht und Ackerbau. 211Zeichen einer höliereil Kulturstufe. Denn in ganz anderem Masseals der Bau der Feldfrüchte setzt die Pflege dieser Gewächse einsesshaftes Leben voraus. Hier handelt es sich nicht bloss umUnternehmungen auf die Dauer eines halben Jahres, wie sie dannund wann auch der Beduine an der Grenze des bewohnten Landesversuchen kann. Wer Oelbaum, Feige und Weinstock pflanzt,der muss sicher sein, dass er ocler doch seine Familie Jahre undJahrzehnte lang iin Besitz seines Eigentums bleibt, denn dannerst bringt ihm sein Garten den vollen Ertrag. Arisserdein istder Anbau dieser Friichte viel mühsamer. Der Bauer hat zupflügen, zu säen, zu ernten; weiter kann er nicht thun. Dagegenbeiin Gartenbau und namentlich bei den genannten Pflanzungenist iioch vieles andere nötig: da müssen Wasserreservoire angelegt~ ~ Kanäle n d gegraben werden, nin bei dem trockenen Klimadas Land zu wässern; mühsam muss der Boden dem Bergabliang,an dem jene Früchte arn besten gedeihen, abgewonnen und durchTerassenbau davor geschützt werden, dass die Winteiregen dasfruchtbare Erdreich nicht wegschwemmen; es gilt, das Land fleissigzu bearbeiten, von Steinen zu reinigen, durch Mauern undHecken vor wilde11 Tieren zu schützen, Keltern für Wein undOe1 im Felsen auszuhauen (vgl. z. B. Jes 5 1-5). So ist der WeiniindOlivengarten wegen des grossen Aufwands an Arbeitskraftund Zeit ein kostbares Eigentum; der Wert des Landes unddamit überhaiipt des Besitzes steigt dadurch, cler Wohlstandmehrt sich lind ebenso die Behaglichkeit des Lebens. Neue Genüssebieten nicht nur die neuen Früchte, sondern mehr noch diemechselvolle Arbeit selber. Sie macht des IhIenschen Geist erfinderisch,indem sie ihn in ganz anderen1 Masse anstrengt unddie Natur sorgfältig beobachten lehrt. Es liegt ein guter Sinndarin, venn die Griechen clie höhere materielle und geistige Kulturihres Landes von cler Einführung des Wein- und Olivenbauesherleiten. Umgekehrt hat die Feindschaft gegen die Kultur beiden Rekhabiten ihren Ausdruck darin gefunden, dass sie sichgrundsätzlich des Weingenusses enthielten.Olive, Feige und Weinstock erscheinen schon in der altenParabel des Jotham als die charakteristischen Pflanzeii+von Palästina;und in der Tat ist das Land wie liaiim ein anderes günstigfür ihren Anbau. So ist es denn auch ein stehendes Bild clesbehäbigen Friedens, dass ein jeder in fröhlicher Ruhe unter deinScliatten seines TVeiiistoclies und Peigenbaunies sitzt (I Reg 5 5)14*


212 Zweiter Teil. V. Die Berufsarten. [5 32-und in der inessianischen Zeit sollen die Berge von Most triefenund die Kelterer bis zur Saatzeit Trauben treten (Am 9 i3 Joel4 1s u. a.).Die Fortpflanzung des O e 1 b aum s geschieht durch Wildlinge,welche veredelt werden. Um den Stamm her werden häufigin etwa 1 rn Entfernung Wasserfanggräbeii angelegt. Alljährlichwird der Boden unter den Bäumen ein- oder zweimal umgepflügt.Aeltere Stämme werden mit Erdhügeln oder Mauern umgeben.Die Ernte findet im Oktober und November statt. Durchschnittlichliefert ein Baum nur alle zwei Jahre vollen Ertrag. Das Oe1bildet noch heute wie vor Alters einen Hauptexportgegenstand.Zur Gewinnung des Oels wurden die Oliven, noch ehe sie völligreif waren (die ausgereiften geben ein weniger gutes Oel), behutsamabgeschlagen (Ses 17 6 24 13 Dt 24 20). Das feinste Oe1 erhieltman, wenn man sie in einem Gefäss zerstiess, ohne sie starkzu pressen (zaljit kcitlritl~ Ex 27 zo 29 40 I Reg 5 25 U. a., SCILCI~PI~~rcc'nndn PS 92 ii). Der Hauptteil der Olivenernte wurde im Oelgartenselbst in Pelsenbeltern (s. U.) gekeltert, d. h. wie der Weinzertreten (Mi 6 15 JO 2 24; daher der Nanie Gethseiiiane, ,Oelkelter',für den Garten im Kidrontal). Solche Oelkeltern, clenTVeinkeltern ganz ähnlich, sind noch viele erhalten. Erst iiilTalmud werden Oelpressen und Oelniühlen erwähnt.Auch der Wein b er g wird 2-3 mal jährlich umgepflügt,bzw. wo an steilen Abhängen dies nicht möglich ist, mit der Hackebearbeitet. Dass das sorgfältige Beschneiden der Reben uncl dasAusbrechen der überflüssigen Schösslinge zu einem guten Ertragnötig ist, wussten schon die alten Israeliten (Jes 2 4 185 Mi 4 3u. a.). Wie noch heute liess man die Reben entweder ain Bodenhinranken (Jes 168 Ez 17 G) oder zog sie an Pfälilen und Bäumen.empor (Jes 7 23 PS 80 11). Die Bezeichnung des TVeiils als Traubenblutund seine Verwendung als Bild für Blut überhaupt cleutendarauf hin, dass vorzugsweise Rebsorten mit schwarzeil Trauben,die einen dunkelrotenwein lieferten, gezogen wurden. Die Traiibenfangen an einzelnen Orten, z. B. iin R6r iind am Tiberiassee,schon im Juni an zu reifen, die Zeit der eigentlichen Weinleseist aber* der September. Ueber das Fest der Lese s. 5 69. Diezur Bereitung des Weines dienenden Felsenkeltern (gmtll), derennoch viele aus der ältesten Zeit erhalten sind, bestanden aus zweiin den Boden des Felsens eingehauenen runden oder eckigenBecken ; das eine war zum Austreten der Trauben (yclth im en-


5 33.1 Die Handwerke. 213geren Sinn, auchpil?.dh), das andere zum Sammeln des Saftes bestimmtOekeblL). Das Pressbecken hatte bis zu 4m Durchmesser;durch eine tiefe, offene Rinne floss der Saft von da in das Saminelbecken,die Kufe, clie bis zu 1 m tief war. Die Trauben wurdenmeist getreten (cldi-ctkl~ z. E. Jes 63 z u. a.), ein Verfahren, dasauch clie alten Aegypter neben dem Auswringen der Trauben ineinem Schlauch und dem Pressen der Trauben in einer Art Sackhäufig anwandten.Die Gährung des Traubensaftes beginnt in den heissen Ländern,WO zur Zeit der Weinlese (September) noch eine bedeutendeWärme herrscht, sehr bald nach beendigter Kelterung. Der gekelterteWein wurde in Krüge (Jer 13 iz ff. n. a.) oder in Schläuche(Jos 9 4 13 Hi 32 19 Matth 9 17 u. a.) gefüllt. Dort liess man ihngähren und eine Zeit auf Hefen liegen, dann wurde er umgefüllt(Jer 48 11 Jes 25 6 ,HefenweineC u. a.); dadurch wurde er milder(Luc 5 39).5 33. Die Handwerke.1. Die Noiliadeil der syrischen Steppe kennen die berufsmässigeAusübung eines Handwerkes kaum. Was der Beduinebedarf, Kleider, Zeltdecken, einfache Geräte, das verfertigt jedesZelt für sich. Die einzigen Handwerker bei ihnen sind etwaHufschmiede fiir den Beschlag der Pferde und Sattler zur Herstellungdes Lederwerks. Ihre Beschäftigung wircl von vielenStämmen als unter der Würde eines freien Mannes stehend betrachtet.Auch im alten Israel hören wir nicht viel von eigentlichenHandwerkern. Flachs und JlTolle auf der noch jetzt in Palästinagebrauchten Hanclspindel zu verspinnen, das Garn zu Seilen zudrehen ur~d zu Zeug zu verweben, aus letzterem die schmucklosenKleider herzustellen war Sache der Hausfrauen (I Sam 2 19 u. a.).Der Mann verstand es, clas Pell der geschlachteten Tiere nichtnur zu Schläuchen zu verarbeiten, sondern auch zu Leder zugerben und Sandalen, Gürtel und Riemen daraus anzufertigen.Auch für die einfachen Holzgeräte, die er brauchte, reichteseine Geschicklichkeit aus und den Bau eines prinzitiven Steinhausesbrachte er mit Hilfe der Nachbarn notdürftig fertig. Alsberufsmässige Handwerker erscheinen nur der Schmied (chci~cisclound der Töpfer Cjbskr). Ihre Arbeit setzte nicht nur eine gewisseUebung, sondern namentlich besondere WerIrzeuge voraus.


2 14 Zweiter Teil. V. Die Berufsarten. [9 33.Der Nomade auf seinen fortwährenden Wanderungen kanndie zerbrechlichenErzeugnisse der T öp ferkuns t nicht brauchen.Für ihn sind taugliche Gefässe vor allem der lederne Schlauchoder ausgehöhlte Früchte und drgl. oder hölzerne Schalen;metallene Gefässe da, wo er deren durch Tauschhandel habhaftwerden kann. Diese Abneigung gegen Thonwaren scheint auchder sesshaft gewordene Israelite noch einige Zeit beibehalten ziihaben. Es ist vielleicht nicht zufällig, dass nur Eine alte Stelle(11 Sam 172s) solche erwähnt. Sicher hatten iibrigens die Kanaaniterdie einfachsten Handgriffe der Töpferlcunst von denPhöniciern gelernt. Die Hebräer eigneten sich dieselbe wenigstenssoweit an, dass sie die elementarsten Bediirfnisse selbst zubefriedigen im Stande waren. Daneben mögen allerdings cliePhönicier, die ferne Länder damit versorgten, auch iiii Iilnerndes Landes mit ihren Töpferwaren hausiren gegangen sein. Eistunter den späteren Königen scheint dieses Hanclwerlc einen Aufschwunggenommen zu haben. Gerne entlehnen die ProphetenBilder von der Töpferei: ,,Wie der Thon in der Hand des Töpfers,so seid ihr in meiner Hand, ihr vom Hause Israel" (Jer 18 G vgl.Jes 29 16 45 9 64 7). Ihnen und dem Volk sind die Vorgänge beiHerstellung eines Topfes ganz geläufig: sie kennen das Kneten desThons (chbmerg als erstes Geschäft, er wircl mit Füssen getreten(Jes 41 25). Zum Formen bedient man sich der Töpferscheibe('ob1~najL~ia Jer 18 3), die, wie der Name sagt, aus zwei Scheibenbestand, welche sich über einander bewegten. Sie wurden mit denPüssen in Gang gesetzt (Sir 38 32). Brennen iincl Glasiren derTöpfe ist jedenfalls schon frühe von den Phöniciern gelernt worden,wenn es auch erst spät ausdriicklicli erwähnt wird (Sir 38 34).Die Kunst, Metalle zu bearbeiten, mögen in bescheidenenGrenzen schon die noinadisirenden Israeliten liesessen haben. Inder Sage wird sie jedenfalls sehr hoch hinaufgeriickt und ihreErfindung dem Tubalkain, dem Sohne Lamechs zugeschrieben(Gen 4 22). Dass die Kanaaniter es darin veit gebracht hatten,ist schon erwähnt (8. 68); sie waren, wie es scheint, namentlichauch darin den Israeliten überlegen, dass sie mehr Eisen aiitvendeten;so hatten sie z. B. eisenbeschlagene Kriegswagen (Jdc119 U. a.). Die Israeliten dagegen gebrauchten nocli lange nachihrer Ansiedeluiig vorwiegencl das Efz (Bronce). Aus Bronce(nech~schetlz) waren z. B. clie Kiichengeräte, ebenso die Bewaffnung:Helm, Schild, Panzer, Beinschienen, Bogen und vielleicht


5 33.1 Die Handwerli-e. 215auch das Scliwert (I Sam 175ff. I1 Sam 22 35). Unter der vonclen Naclibarvölkern eroberten Kriegsbeute wird das Erz gleichhinter Gold und Silber genannt (I1 Sam 8 s 10). Ebenso warendie Geräte cles salomonischen Tempels aus Erz verfertigt (I Reg7 13 fl.). Dagegen hatte der Spiess cles Riesen Goliath von Gath eineeiserne Spitze; auch Messer, Schwerter, Aexte nnd drgl. mögenfrühe schon aus Eisen hergestellt worden sein, wenngleich dieserst im Dt ausdrücklich bezeugt ist (19 a 27 5; vgl. übrigens mitletzterer Stelle Ex 20 25).2. Immerhin dauerte es ziemlich lange, bis clie Israeliteneinige Geschicklichkeit in cler Bearbeitung von Erz und Eisengewonnen hatten. Es ist übertrieben, wenn es heisst, dass sichzur Zeit Sauls im ganzen Land kein Schmied befand, und desslialbjeder, der seine Pflugschar, seinen Karst, seine Axt oder seinenOchsenstachel schärfen lassen wollte, zu den Philistern gehenmusste (I Sam 13 io ff.). Allein die Tatsache, dass Israel nochlange hinter seinen Nachbarn in diesen Künsten zuriicl~stancl,wird dadurch bestätigt, dass Salomo die Tempelgeräte von einemtyrischen Künstler herstellen lassen musste. Die eigentliche Entwicklungder gewerblichen Tätigkeit scheint erst von seiner Zeitan begonnen zu haben. Noch ein anderer Punkt war hiebei inassgebend: auf dem Lande ist es natürlich lange, zum Teil bis heuteso geblieben, dass der Bauer seine Kleider, seine Zimmereinrichtung,seine einfachen Werkzeuge selbst anfertigte. Sobald jedochclie Israeliten in grösseren Ortschaften zusammenwohnten undnamentlich die kanaanitischen Städte sich ihnen öffneten, wurdeclie Sache anders. In den Städten herrscht die Arbeitsteilung,das ist in jedem Vollr und zu allen Zeiten so gewesen. Dortallein fanden, namentlich solange der Handel nur wenig ausgebildetwar, die einzelnen Handwerker ihren Lebensunterhaltcli~rch Anfertigung und Verkauf bestimmter Artikel. Es liegt derSage ein ganz richtiger Gedanke zu Grunde, wenn sie den Anfangcles Handwerkes mit dein Städteban in Verbincliing bringt undihn erst nach diesem ansetzt (Gen 4 17 ff.).In den Städten gieng also die Trennung der einzelnen Handwerkeznerst vor sich. chcit.&sch scheint ursprünglich im Unterschiedvon j&&r den, cler hartes Material durch Beliauen, Schneidenet~.bearbeitete, bezeichnet zu haben. Es ist von cl~drnscl~'6s (Holzarbeiter I1 Sani 5 ii) und c/zcii.nsch 'ebhe9.l (Steinarbeiter,der Häuser baiit, ibicl.) die Rede, lind von ihnen ~vircl cler Schmied


216 Zweiter Teil. V. Die Berufsarten. [§ 33.durch den Zusatz bccroel oder nec/u?scAeth unterscliieden. Es istja an sich ~vahrscheiiilich, class in alter Zeit die professionsinässigeilHandwerker nicht bloss e in bestimmtes Handwerk, sondernmehrere trieben, die später, als grössere Kzinstfertiglieit unclUebung verlangt wurde, auseinanderfielen.Was die einzelnen Handwerke in der späteren KönigszeitbetriBt, so hat vor allem die Metallbearbeitung, die Arbeitdes chdrdsch im engeren Sinn, Fortschritte gemacht. Zum Eisengussbrachten es die Israeliten nicht, aber sonst scheinen sie dasharte Metall ganz gewandt verarbeitet zu haben. Es werdeneherne Thüren mit eisernen Riegeln an den Häusern (Jes 45 2),eiserne Panzer (Hi 20 24), eiserne Ketten (PS 149 s), eiserne Aexteund andere Werlrzeuge (Dt 19 5 27 5) er~vähnt, lauter Gegenstände,die in früherer Zeit aus Erz gemacht wurden (vgl. auch8. 249 ff.).Von der Eisenarbeit hat sich als selbständiges Handwerklosgelöst die G o 1 d s C h in i e d e lr u n s t ($ih.&ph). Die vielen claherentlehnten Bilder der Prolihetenreden zeigen, dass das Vollrmit derselben vertraut war. Gold nnd Silber wurclen geschmolzeii,um sie zu läutern, dabei bediente man sich cles Laugensalzes (661.Jes 125).Zalilreiche Instrumente der Goldarbeiter werden genannt: neben Hammer und Ambos erscheinen Zange, Meissel,Grabstichel, Blasebalg, Schmelztiegel und Schinelzofen. DieKunst des Löthens war ihnen nicht freind (Jes 41 7), ebenso verstandensie die Metallarbeiten zu glätten und zu poliren. Ueberdie Goldblecharbeit s. S. 255. Dünne Faden, die aus dem Golclblechgeschnitten waren, wurden in kostbare Gewänder eingewoben(Ex 28 G).Was das Bauhandwerk betrifft, so haben sich bei dengrossen lcöniglichen Bauten allmählich ge\vancIte 3laurer [g6cZ&lei.),Steinmetzen (chos&b/&'ebhe?l) und Zimiizerleute (chdrasclh 'es)herausgebildet. Schmerlich werden sich diese beiden Handwerkeje getrennt haben. Der NT1. 2 8 x 7 ~ ist ~ nicht bloss Zimmerniann,sondern Bauhandwerker. Ebenso ist cler heutige arabische BauhandwerkerZimmermann, Steinhauer und Maurer in einer Person; er baut das ganze Haus vollständig fertig.Auch die Web e r e i ('oi-&g) wurde liaiiclwerlrsn~ässig betrieben,obwohl sie natürlich allezeit beiin niedrigen Volk Haus-industrie blieb und andererseits die feinen Gewebe vielfach ausder Fremde bezogen wurden (Prv 7 16): feine Leinwand aus


S 33.1 Die Handwerke. 217Aegypten, Daniast aus Damaslrus, anderes aus Babylonien, wodie Weberei hoch entwickelt war. Wenn die Webstühle derAegypter trotz den so hoch gepriesenen Leistungen ihrer TVebereiauf den Abbildungen sehr roh erscheinen, so müssen wirsie uns vollends bei den Israeliten recht einfach denken. Iin klassischenAltertuiil und in Aegypten waren hauptsäclilich senkrechtstehende Stühle, an denen stehend gearbeitet wurde, im Gebrauch.Heute sieht man im Orient meist wagrechte. Bei den Beduinenhat sich noch die älteste Form der Weberei erhalten: durch dieausgespannten Längsfaden wird der Querfaden mit den Fingerngeschoben, dann das Gewebe mit Holzstückchen zusammengedrängt.Der Fortschritt von da bis zur Verwendung desFig. 62. Aegyptische Weberei.Weberschiffchens ('ereg) war ein grosser. Seit wann die Israelitendieses kannten, wissen wir nicht, es mag znfällig sein, dasses nur Hi 7 6 erwähnt wird. Auch so noch war das Weben einerecht anstrengende Arbeit. Zu bemerken ist noch, dass nichtwie bei uns lange Stiicke Tuch gewoben und aus diesen dann dieKleider herausgeschnitten wurden. Die primitive 3Iocle der altenZeit gestattete, dass man das ganze Kleid an einem Stück wob.Die Webstühle waren in ihrer Grösse wie noch heute hiernach eingerichtet.Auf die einzelnen das Weben und den Webstuhl betreffendenKunstausdrücke kann hier nicht näher eingegangen wer-. den; die meisten derselben sind in ihrer Bedeutung ganz dunkel.


218 Zweiter Teil. V. Die Berufsarten. [B 34-Aiisser den besprochenen Handwerkern werden im A. T.für die spätere Zeit uncl in grösseren Städten noch erwähntWalker (IEbbh&_s I1 Reg 18 17)) Bäclier ('bphe/~ HOS 7 4 11. a.),Salbenbereiter (i.dk&cc.clz Ex 30 35) und Barbiere (yalldbh Ez 5 I),3. Im nachexilischen Judentum stand das Handwerk in hohenEhren. Während Römer und Griechen seinen Betrieb als Schandefür einen freien Mann ansahen, besagt ein jüdisches Sprichwort:„wenn jemand seinen Sohn kein Handwerk lernen lässt, ist esgerade so, wie wenn er ihn den Strassenraub lernen liesse". Unterclen Gelehrten des Talmud finden sich alle möglichen Handwerkervertreten : Schuster, Schneider, Bäclier, Töpfer,Walker, Teppichmacher,Baumeister etc. Einzelne Handwerke wurden allerdingsgering geachtet: Gerber, Walker, Bartscherer U. a.; wer ein solchesbetrieb, wurde für unfähig zur Bekleidung der hohenpriesterlichenWürde erklärt.4. Ueber Organisation der Handwerker in Ziinften erfahrenwir auch aus dieser späten Zeit nichts. Dagegen ist schon er-~vähnt, dass sie sich in den Städten in besonderen Strassen undBasaren zusammentaten (S. 132). Ein anderer Brauch, der sichheute noch findet, darf wohl ebenfalls in die alte Zeit zurückverlegtwerclen, das Ausüben des Handwerks im Uinheizielien.Sicht etwa bloss der Bauhandwerker, bei den? sich das von selbstversteht, arbeitet auswärts bei seinen Kunden, auch der Goldschmiedkommt mit seinen Werkzeugen ins Haus des Bestellersund verarbeitet vor dessen Augen das ihm übergebene Metall.Der Künstler in der Verfertigung der landwirtscliaftlichen Gerätezieht vor der Saatzeit von Dorf zu Dorf, reparirt, was beschndigtist, macht neu, was bestellt wird. Und wenn heutzutage die Bewohnereiner Ortschaft als besonders geschickt in einem Handwerkgelten und desshalls in der Sommerzeit das ganze Land durchziehen,ihre Dienste anbietend, so mag eine solche Lokalindnstriemanchmal in eine ziemlich frühe Zeit znriickreichen.g 34. Der Handel.HERZBELD, Handelsgeschichte der Juden des Altertums. Braiinschweig1879.1. Als die Israeliten sich ins Westjorclanlai~cl vorsclioben,war daselbst bereits Handel und Verkehr recht lebhaft entwickelt(s. S. 66ff.). In der vorlcöniglichen Zeit scheinen cliese Handelsbeziehungen,wenigstens was das Binnenland Palästina betrifft, '


9 34.1 Der Handel. 219etwas unterbrochen worden zu sein. Die Zustände waren auchnicht dazu angetan, grosse Handelsunternehmungen ins Leben zurufen. Die Israeliten mussten sich erst an das ansässige Lebengewöhnen und in die vorhandene Kultur einleben. Die Beteiligungam Seehandel verbot sich in ältester Zeit durch das Fehleneines Seehafens von selbst; die Kara~vanenstrassen des Landhandelsgiengen durch die Städte der Kanaaniter, die nur sehrlangsam sich den Israeliten öffneten. Dazu war es alte Sitte, dassjedes Haus seinen Bedarf an Kleiclern uncl Geräten selbst herstellte(s. S. 213). So beschränkte sich der Handel auf den notwendigstenAustausch mit den nächsten Nachbarn, vor alleinmit den Phöniciern. Diese brachten Gerätschaften, Schmuck unddrgl. und empfieiigen dafür den geringen Ueberschuss an Landesprodukten,namentlich Getreicle uncl Oel. Innerhalb des Landeswar besonders Salz ein Gegenstand, cler nur durch den Handelvom Toten Meer her bezogen werden lconnte. Auch dieser Kleiiihanclellag vollständig in den Händen der kanaanitischen Städtebzw. der kanaanitischen und phönicischen Krämer, die mit ihrenWaren das Land durchzogen. Daher die Bezeichnung der Händlerals sbc/&?*, d. h. ,Reisendet.2. Das änderte sich mit cler Königszeit, als der Prozess clerAssimilirung der Kanaaniter im grossen und ganzen vollencletuncl auch Israels Stellung nach Aussen clurch siegreiche Kiimpfegefestigt war. Mit der reicheren Kultur der Stäclte iibernahmIsrael auch den Hanclel derselben, es wurde selbst zum Kanaan(Hos 128). Salomo war cler erste, der sich amIVelthande1 beteiligte.Es wird von ihm erzählt, dass er in Esjon-Geber am RotenMeer sich Tarschisch-Schiffe bauen liess; Hiram von Tyrus stellteihm seine erfahrenen Seeleute zur Beiiiannnng. Gemeinsam betriebensie so die Schiffal~~t nach dem Goldlaiicl Ophir, das ain wahrscheinlichstenin Siiclarabien zu suchen ist. Alle drei Jahre kamendie Schiffe und brachten Gold, Silber, Elfenbein, Affen und Pfauen.So grossartig wie der Erzähler, der den Salomo dabei Gold inFülle gewinnen lässt, dürfen wir uns allerdings die Sache nichtvorstellen. Salomo hatte jedenfalls nicht besonclers viele fiir Südarabienwertvolle Produkte seines Landes zu exportiren, reichtecler Ueberschuss an Getreide und Oe1 doch nicht einmal hin, umdie Schulden bei Hirain zu zahlen (I Reg 9 26 10 ii 22).Es ist dies ein Ausdruck fiir die grösste Art von Seeschiffen, ganzanalog der modernen Bezeichnnng ,Ostindienfahrerl.


220 Zweiter Teil. V. Die Berufsarten. [D 34.Esjon-Geber und der Weg dorthin, die 'Araba und das GebirgeSeir, fielen bald wieder in die Hände der Edomiter unddamit hörteri die Ophirfahrten auf. Ein Versuch Josapliats, nachUnterwerfung cler Edomiter die Schiffahrt auf dem Roten Meerwieder aufzunehmen, missglückte gründlich ; die in Esjon-Gebergebauten Schiffe scheiterten, nachdem sie lsauin vom Stapel gelassenwaren (I Reg 22 esff.). Der Chronist, in vollstäiidiger Unkenntnis~über den Ausdruck ,Tarschisch-Schiffe1, weiss zu erzählen,dass Josaphat eine Expedition von Esjon-Geber nachTartessus in Spanien gesandt habe, und dass die Schiffe zur Strafedafür gescheitert seien, dass er den bösen König Ahasja von Israeldaran Teil nehmen liess (I1 Chr 20 35ff.). „Sein religiöser Pragmatismussteht liier auf der Höhe seiner geographischen Kenntnisse."Josalshat lehnte im Gegenteil eine Aufforderung des Ahaszu gemeinsamen Handelsfahrten törichter Weise ab (I Reg 22 50).Damit hatte cler Seehandel überhaupt ein Ende. Amasja gelangallerdings clie IViederunter~verfung von Edoni (I1 Reg 14 T), unclsein Nachfolger Azarja baute Elat an1 Roten Meer neu auf; vonneuen Handelsunternehmungen wircl jedoch nichts berichtet, lindkurz nachher verloren die Judäer das eclomitische Gebiet enclgiltigan die Syrer.Um so lebhafter hatte sich allinählich der Lanclhandel, derVerkehr mit Phönicien, Aegypten und Dainasbus entwickelt.Schon zu Salomos Zeit war die Verbiiidung der p h ö n i ci s C 11 e nStädte mit dem israelitischen Reich eine sehr enge: Tyruslieferte nicht nur das Cedernholz vom Libanon, soncleril auchZiinmerleute, Steinhauer und Erzgiesser für die Bauten Saloinos(I1 Sam 5 ii f. I Reg 5 15 ff.). Ans dein Segen Moses geht hervor,dass besonders die Stänime Issalrhar und Sebulon aus clieseniHandel als Vermittler der phönicischen Erzeugnisse an ihre Laiiclsleutereichen Gewinn zogen. Sie pflegten, wie es scheint, zii regelmässigenOpferfesten die Nachbarn zu versammeln uncl unterdem Schutze des Gottesfriedens dabei 3hi.lrt abzuhalten (Dt33 1s ff.). Ganz ebenso verbanden sich bei den alten Arabern initdem Hagg grosse Messen. Die Erzeugnisse pliönicischer Industrie:Purpur, Webereien, Kunstarbeiten etc., fanden von firül~erZeit an willige Käufer an den Israeliten ; dafür waren die PhönicierAbnehmer für die Landesprodukte Palästinas: Oel, TVeizeil,Honig, Balsain und dgl. (Ez 27 ieff. I Reg 5 25); auch mit Sklavenwurde viel gehandelt (Am 1 9). Auf der anclereii Seite war der


3 34.1 Der Handel. 221israelitische Staat als Hinterland den phönicischen Kaufherrenrecht unbequem. Soweit die Israeliten nicht selbst den Zwischenhandelbetrieben, erhoben sie von den nach Phönicien durchziehenclenKarawanen Zölle und Steuern (I Reg 1015) und hemmten soclen Strom der Völker nach Tyrus (Ez 26 2).Ueber die Handelsbeziehungen zu D a in a s 11 u s ist uns I Reg20 34 eine interessante Notiz erhalten, woraus hervorgeht, dassdie israelitischen Kaufleute in Damaskus ihre eigenen Strassen(Basare) und Quartiere hatten, in denen sie ungestört nach heimischemBrauch leben konnten, ebenso uingelrehrt die Syrer inSamarien. Dieselbe Sitte treffen wir überall bei den Phöniciern;vgl. auch die Faktoreien der Hansa. Auf alle Fälle setzt dies einenlebhaften Handelsverltehr mit Dainaskus voraus. Mit welchenGegenständen gehandelt wurcle, ist leider nicht angegeben, nur daseine erfahren wir, dass die feinen Stoffe (Dainast), mit clenen dieDivane der Reichen gepolstert waren, aus Damaskus kamen. Damaskuswird iibrigens nicht die einzige Stadt gewesen sein, wo israelitischeHändler ihre Basare hatten, vielleicht diiifen wir die NotizI1 Reg 166 auf eine solche jüdische Ansiedlung in Elat beziehen.Der Handel mit Aegyp ten war schon durch die engenverwandtschaftlichen Beziehungen Salomos zum ägyptischen Hofgegeben. Der König selbst betrieb den Handel mit Pferden alsRegal. Königliche Kaufleute holten in Aegypten grosse Ziigevon Wagen und Pferden; sie bezahlen den Wagen mit 600, dasPferd mit 150 Silbersekeln. Mit Gewinn wurde dann beides vomKönig an die Hetiter und Aramäer weiter verkauft. Auch dieVätersage gibt uns interessante Belege. Sie erwähnt reisendenlidianitische Krämer und ismaelitisclie Handelskarawanen, welchevom Ostjordanland mit Tragant, Balsam und Laudanum beladennach Aegypten ziehen (Gen 37 es es) ; sie lässt die Jakobsöhne vondeii Erzeugnissen des Landes (Balsam, Honig, Spezereien, Pistazienund Mandeln) ein Huldigungsgeschenl< für Joseph nachAegypten niitnehmen (Gen 42 43 ii); das sind hinreichende Zeugnissefür den zur Zeit des Verfassers nach Aegypten stattfindenclenExport.Trotz dieser ausgedehnten Handelsbeziehungen ist Israeldoch in der vorexilischen Zeit dnrchaus kein Handelsvolk. Imgrossen und ganzen erhalten wir den Eindruck, dass der Handelnicht als Erwerbszweig einer grossen Klasse des Volks betriebenwurde, wie von clen Phöniciern, sondern dass er sich innerhalb


222 Zweiter Teil. V. Die Berufsarteu. [$ 34.der Grenzen hielt, die durch das Bedürfiiiss des Landes, das niclitselbst die Anforderungen eines gegen früher gesteigerten Luxusbefriedigen konnte, ihn1 gesteckt waren. Er diente dazu, denIsraeliten, die im eigenen Land lreine nennenswerte Industriehatten, die industriellen Erzeugnisse der Nachbarvölber und eiiizelneim eigenen Land nicht vorhandenen Produkte (Gewürze,Spezereien und dgl.) zu verschaffen. Auch nocli für diese Zeit istes wahrscheinlich, dass der Hanclelsverlrehr grösstenteils in denHänclen anderer Völker, besonders der Phönicier, lag, und dasisraelitische Gebiet nur den Handelsmarlrt für sie bildete (I Reg20 34 Gen 37 25 ff.). Noch nach dem Exil treffen wir tyrische Kaufleutein Jerusaleni angesiedelt, welche dort die Waren ilirerHeimat feil hielten, zu111 grossen Aerger der gesetzestreuen Judensogar am Sabbat (Neh 103if. 1316--22).Der Name Kanaaniterkonnte in der Königszeit geradezu als Bezeichnung des Kaufmannsdienen (Hos 12 s Seph 1 ii Jes 23 s u. a.).3. Erst das Exil machte aus dem Ackerbauvolk ein Handelsvolk.Den Exulaiiten blieb zum Teil nichts anderes übrig, alssich auf den Handel zu legen. In noch späterer Zeit begannendann jene grossen Wanderungen der Juden nach Syrien, Kleiiiasien,Griechenland, Italien uncl vor allem Aegypten (hlexandrieii),die vielfach des Handels wegen unternommen wnrclen. Im Landeselbst suchte Sirnon der Malrlcabäer clen Handel zn heben, indemer Joppe zum jüdischen Seehafen machte (I Maklr 145) ; Herodesder Grosse baute grosse Hafenanlagen in Cäsarea (JOSE~HUS Bell.Jud. I 215 ff.). Doch kam dies wesentlich den fremden Kaufleutenzu gut. Eine gewisse Abneigung gegen das Meei scheinen diepalästinensischen ,Juden nie losgeworden zu sein ; ebenso war fiirsie das Gesetz vielfach ein Hinclerniss für den Handelsverlrehr mitden Heiden. Dass aber jüdischer Spekulationsgeist sich regte, wogünstige Gelegenheit vorhanden war, zeigt das Beispiel des Johannesvon Giscala, der den Zwischenhandel zwischen den Oel-producenten in Galiläa und den Händlern in C" asarea zu n~oiio-polisiren wusste (JOSEPIIES Vita 13 Bell. Jud. 11 21 3).4. Ueber die F o r m e n , in denen sich das Geschäft bewegte,erfahren wir leider so gut wie gar nichts (vgl. 5 47). Feilschenund inarlrten gehörte zu allen Zeiten so notwendig wie in1 heutigenOrient zuin Abschluss eines Handels. Die noch heute beliebteRedensart ,Nimm es umsonst' war auch in alter Zeit gängund gäbe als Aiitwort auf ein unannehmbares Angebot des Käu-


9 34.1 Der Handel. 223fers. Die vielen Gesetze gegen falsches Mass und Gewicht, Betrugund Wucher und nicht minder die beständigen Strafredender Propheten gegen die Ungerechtigkeit und Härte in Handelund Wandel machen ganz den Eindruck, als ob es nicht beson-.dem ehrlich zugegangen wäre. Die Kaufleute verstanden es rechtgut, günstige Gelegenheiten, die Not der Konsumenten und Produzentenrüclrsichtslos auszubeuten; iiamentlich der Getreidehandelscheint dazu Anlass gegeben zu haben (Am 8 5).T r an s p o r t m i t t e 1 und Verkehr iin Lande selbst inüssenwir uns recht bescheiden vorstellen. Wagen wurden wohl für dieBchlacht, nicht aber zuin Transport von Menschen und Wareiiverwendet. Auf rossebespannteni Wagen zu fahren, war in alterZeit das Vorrecht des Königs, es war eine Anmassung, wennlrönigliche Prinzen sich solche hielten (I1 Sam 15 I I Reg 15).Ziir Zeit Jeremias scheinen auch die obersten Beamten sich dieFreilieit genommen zu haben, auf Wagen durcli die Stadt ziifahren (Jer 1725).Für den Wagenverkehr von Ort zu Ort fehltees an Strassen. Abgesehen von der grossen Heerstrasse ari derKüste (s. X. 16) werden die ,lröniglichen Strassen', wie die Lanclstrassen,auf denen die Heerzüge und Randelsliarawanen sich bewegten,einst und jetzt genannt sind (Num 20 i~), sich von den heutigen,StrassenL wenig unterschieden haben; es waren nicht Kunststrassen,sondern breite, für die Karawanen bei dem gebirgigenCharakter des Landes oft schwer zu begehende Saumpfade. AlsTransporttiere für Waren wie als Reittiere für Melischen begegnenuns Esel, Maultier und Kamel, nicht aber das Pferd, das fürgewöhnlich nur im Krieg gebraucht wurde. Erst die Römer habenwie überall in ihren unterworfenen Provinzen, so auch in Palästina,den planmassigen Bau bequemer grosser Strassen begonnen,wovon noch manche Ueberreste beredtes Zeugniss ablegen.Fig. 63. Alter Kamelsattel.


224 Zweitey Teil. TI. Die Kunst. [§ 35.Kap. VI.Die IKunst.PERROT ET CHIPIEZ, Histoire de l'art dans l'antiquite. Tome IV, Sar-daigne-Syrie-Cappadoce, Paris 1887 ; Le temple de JCriisalem et la maisondu bois-Liban, Paris 1889.5 35. Die Baukunst.1. Gräber. Als Wohnstätten der Lebenden wurden dieHöhlen frühe aufgegeben ; als Wohnstätten für die Toten bliebensie durch alle Jahrhunderte im Gebrauch (vgl. S. 60). Derweiche Fels erleichterte die Bearbeitung. Hier wäre ein reichesFeld für Ausbildung cler Plastik, Ornainentilr und Malerei gewesen.Die ägyptischen Gräber zeigen, wie diese Sitte, den Totensolche Wohnungen zu bereiten, dein I


3 35.1 Baukunst. 225licli zu Tage : die hervorragende Rolle, welche die beliauene Pelswandspielt (s. S. 232). Man liebte es, die Qrabliöhlen an einernatürlichen Felswand anzubringen, bisweilen in einer fast uilz~igsngliclischeinencleii Höhe I. Wo man lreiile natiiiliche Felswanclhatte, schuf man Irüiistlich eine solche, indem maii von oben inclen Fels drang uncl einen rechtwii~kligen Ausschnitt herstellteoder kleine oder grössere unterirdisclie Kamillern mit senkrechtenWänden ausgrub. An diesen Wänden brachte man clie eigentlichenGr"b a er an.Das hebräische Grab zeigt in seiner A n 1 a ge nichts Originales,sondern ist bis auf Einzelheiten eine veischlecliterteNachbildung des phönicisclieii. Bei den erlialteileil Graber11nnterscheiclet man vier Arten: 1. 8 chi eb gräb er (k61?/2i7iQ:), viereckigeStollen voll ca. 1,8 m Länge, 0,45 ni Breite, 0,45 in Höhe,cler Liäi~ge nach in deii Felsen hineingehauen, iii welche clie Leichewagrecht hineingeschobeii wurcle. 2. S e n Ir gr ä b e r , wie unsereGigber in clen Boden cles Pelseiis bzw. cler Felskaii~ine~ geteaftiii~cl mit einem Stei~ideclrel verschlossen. 3. B aii lr g r ä b e r ,Steiiibänke an der Felswand etwa 0,60 m hoch, auf welche mandie Leichen legte, vielfach cler Breite nach in den Felseil eirigehauenund dann mit einer Wölbung oben versehen. 4. T r o g-g r ä b er , in die seiikrechte Felswand gehauene Tröge von derLäilge eines I


226 Zweiter Teil. Tri. Die Kunst. [$ 35.fassend; die heute erhaltenen siiicl vielfacli init eiiier Vorlialleund scliöneni Portal init Fries oder Giebel verziert. ZLI diesenGrabkammern stieg man auf kleinen Felseiitreppen hinab, wo sienicht iri der natürlichen Felswand aiif gleicher Höhe mit demebenen Boden eingebrochen mrareii. Schaclitgräber, wie dieselbenfür die ägyptischen Grabbauten charaliteristiscli siiicl, zn cleneiiinan nur durcli einen senlirechteii schriialen Schacht Zutritt erhielt,sind bis jetzt in Palästina keine gefunden worden. Doch istclie Möglichlieit ihrer Anwendung in alter Zeit clesslialb niclitausgeschlosse~i.Die letztgenannten Grabkomplcxe mit architelctonisclier Verzierungdes Portals gehören alle cler späteren Zeit an. Solche ausalter Zeit sind bis jetzt nocli nicht gefunden vord den. Siclier kanntejedoch sclioii die voresilisclie Zeit Grahaiilagen in grössereiiiStil, es wercleri z. B. Fainilienbegräbiiisse der Könige von Judaauf dem Teii~pelberg erwiiliiit (s. S. 164); iiur ~verclen wir unscliese als ziemlicli einfach und ohne viel oriianieiitalen Sclininclivorstellen miissen. Den ältesten nncl alle Zeit gewöhsilichstenTypns repiäseiltiren clie oben unter Ni. 2 genannten einfachenGrabliammern mit Scliiebgraberii, wie denn diese letzteren nacliden Resnltaten der heutigen E'uncle clie eigentlichen liebräischenGräber genannt \verden dürfen. Benlirecht zur Wand stehendnehmen sie am wenigsten Platz ein uncl erlauben die Unterbringungeiner grossen Zahl von Leichen in einer Mamsner. Auchwaren sie leicht zu verschliessen, sei es mit eiiier Steinplatte oderdurch eine Ceiilentwand. Wie weit clie ai~derei~ Graberarten(Bank-, Senk- und Troggrä'ner) in alte Zeit zuriiclireichen unclin welchein Uinfang sie im Gebraach waren, eiitzielit sich unsererKenntniss.Die Phönicier pflegten den Platz eines unterirclischen Grabesdurcli ein Steindeiilimal zu kennzeiclineil. Sehr schöne solclieGrabmale sincl erhalten. Bei den Israeliten findet sicli, abgeseheiivon clen Steinhaufen, die inan über einen1 Grab anfscliiittete(IISain 1817 s. Fig. 6 S.59), keine Spur von dieser Sitte I. Ebensosiiid sie erst in der hellenistischen Zeit zu oberirdisclieii Grabbautenfortgeschritten2, uncl aucli da scheinen cliese selten ge-Der nIalstein Absaloms im Königstal (I1 Sam 18 1s T) ist kein eigentlichesGralsdenßnial, sondern eine Irnltisclien ZwecIren dienende I\lai>cbe(vgl. 5 52).Die er1i:iltenen Grabinonnmente, besonders die iili Iiidrontal (das


5 36.1 Baukunst. 227meseii zu sein. Ueberdies sincl die erhaltenen AIonuinente dieserArt aus dem lebenden Fels gehauen und illre innere Anlage istganz dem unterirclisclien Grab analog. Eine Ausnahme scheintnur der sog. Monolitli von Siloa zu machen, der einstimmig vonden Archäologen iil vorexilische Zeit versetzt wird. Es ist eingrosser Felsblock von 6,10 m Länge, 5,60 ni Breite und etwa 4 mHöhe, aus dein lebeiiclen Felsen heratisgeliauen, mit dein er aufder Riicliseite ilochzusainineilhäiigt. DasGesims mit der Hohlliehleverrat ägyptischenEinfluss, dagegenist von griecliischemStil lieine Spiirzn sehen. Gerade beidiesein Derikmal wirdjedoch von PERROTuncl CIIIPIEZ (IV 353)cler ursprünglicheCharakter als Grabbestritten; die Grabliammerilinnen sollenerst später ausgebrochensein, unclFig. 64. Monolith von Siloa.das Ganze ursprüilglichzu anderen Zwecken, etwa als Platz fiir einen Altai (?) gedientliaben.2. Eimiial i111 Besitz einer gewissen Fertigkeit iin Aushauendes lebeildigeil Pelseii hatten die Israeliten Gelegenheit genug,dieselbe im Dienst der Lebeiiden zu ver~verteii und weiterzubilden.Das regenarme Klima iaachte, wie scholl erwähnt (s. S. 30f. 51ff.),eine Reihe voii Anlagen fiir die Wasserversorgungnötig : Brunneil, Cisteriieii, Teiclie, \Vasserleituiigeiisog. Absalornsgrab und clie Pyrainicle des Zacliarias) zeigen deutlicli denEinfluss griechisclier und spätägyptischer Kunst. Aucli bei den Phöniciernwaren oberirdisclie Grälscr eine Ausriahnie.Bei allen diesen IVasserbaiiten ist es ausserordentlicli schwer, ja uniuöglicli,clas Alter zu bestimmen, da sie der Natur der Sache nach vielfachenVeränderungen, Vergrössernngcn, Erneueriingen der Mauerbelrleidung etc.unterworfen wareil.10 X


228 Zweiter Teil. VI. Die Kunst. [D 30.a) Die Br u n n e 1 (&'&T) sind Irünstlich hergestellte Gruben,in denen sich das TQasser einer unterirclischen Quelle oder dasGrnndwasser sammelt, claher die Bezeichnung als ,Brunnen mitlebendigem Wasser' im Gegensatz zu den Cisternen mit ihremRegenwasser (Gen 26 in). Noch heute siricl sehr alte Bruniiengilt erhalten, z.R. der Brnnnen an1 Fusse des Garizim, der schonzu Jesu Zeit von der ,jüclisclien Tradition als Jnlrobsbruiinen bezeichnetwurde (Joh 4 i~), jetzt 23 iii tief mit einem D~irclimesservon 2'12 ni, eine ganz respelrtable Leistung fiir jene Zeit. DerSchaclit des Brunnens war meist gut ausgeinaueit, clie OeffiiungFig. 65. Brunne11 von Beerselsa.mit Steinlslatten zugecleckt, das in der Mitte aiisgeliauene Schöpflochmit einein grosseil Stein fest verschlosseil (Gen 29 3 ff., vgl.Ex 21 33). Um eine unbefugte Benützung cles Brunnens zu verhindern,wtirde wohl wie noch heute das ßr~~nnenlocli gnt mitErde überdeclct, so dass es für cleii Premclen schwer zu findenwar. Auch abseits von Ortschaften, namentlich aii den begangenenStrassen, wurden Brunnen gegraben iind bilcleteii dann clieilaturgemiisseri Stationen für Karawanen und Sanimelpunlrte fiirdie Horden (Gen 24 62 29 2 Num 21 16 ff. Dt 10 6 I1 Chr 26 10).Bei clen Brunnen (und Cisternen) befand sich meist ein steinernerTrog zum Tränken des Viehs (Gen 24 20 30 3s U. a.). Das Wasser


5 35.1 Baukunst. 229wurde vermittelst eines ledernen Eimers herauf gezogen (Ex 2 io i9Jes 40 15 Prv 20 5). Welche Bedeut~ing guten Brunnen zulram,zeigt so manche Stadtanlage, die nach dem Brunnen iliren Namentrug (s. S. 129), vgl. auch das Biunnenlied (Num 21 i7) und dieErzahlungeii der Patriarcliensage (Gen 21 z5ff. 26 i5ff. ii. a.).b) Die C ist er n e n (Ob19 dienten zuin Sainmeln des Regenwassers.Die ältesten Cisternen sind alle in den Felsen eingehauen,die der späteren Zeit inituiiter auch gemauert. Illre Forin istsehr verschieclen. rtunde Cisternen von der Form einer Flasche,unten weit, nach oben sich verengend und in einen schmalen Halsauslaufend, scheinen die ältesten zu sein. Andere gleichen grossenGemächern init plafonclartiger Decke, zu deren Stütze vielfachPelssäulen stehen gelassen wurden; auch Tonnengewölbe findensich. TViedei andere waren als offene Wasserbehälter ain Abhangcler Pelsen eingehauen. Mit Vorliebe wurden natürliclieHöhlungen beniitzt. lVähreiicl die ältesten Cisternen von mässigerGrösse sind, haben die Judeii schon in der Königszeit Gewölbevon beträchtlichein Umfang angelegt. Beriihmt sind die Cisternendes Tenipelplatzes, von denen manche in die Zeit cles snloinoiiischenBurgbaues hinaufreichen dürften. Die grösste undschönste derselben, ,das Meerc oder ,die Königscisteine' genannt,ist 13 m tief uncl hat einen Umfang von 224in. Wahrscheinlichist bei ihrem Ban eine natürliche Höhle benützt worden. DieTein~elcisterneil wurden neben dem Regenwasser auch nochcliirch die grosseii JITasserleitungen gespeist. Bei den grossenCisternen war ineist eine Felsentreppe an einer cler Seitea angebracht,doch wurde das Wasser durch das Schöpfloch heraufgezogen.- Eine Cisterne gehörte im Altertum, wie iioch heute,zu jedein Gehöft (vgl. I1 Sam 17 1s Prv 5 i5) und in einzelnenStädten, jedenfalls in Jerusalein, zu jedem besseren Haus. Aufder Mesainschrift (Z. 23) rühmt sich Mesa, dass nach seinemBefehl in cler Stadt @.chh jedes Haus seine eigene Cisterne habenmusste (vgl. S. 117).C) Die T e i c 1e (6e1.dkIzcih) sind kiinstliche grosse offeneWasserreservoire. Ihre Wande sind zuweilen in den Felsen gehauen,meist aber gemauert; cler Boden ist teils natürlicher Fels,teils ceinentirt. Mit Vorliebe wurden die Teiche in Talgründenund sonstigen Boclensenlrui~gen angelegt, nicht nur weil hier dasWasser leichter zu saiiinieln, sondern namentlich weil der Baueinfacher war. Man brauchte nur zwei starke Querinauern durch


230 Zweiter Teil. VI. Die Kunst. [§ 35-das Tal zu ziehen und den Zwisclieiiraum etmas abzugraben, soz. B. bei den ,Salonionischen Teichen6 (S. 54). Die Teichewurden durch Quellen, dnrch Regenwasser oder aus Wasserleitungengespeist. Sie sincl in grosser Anzahl über ganz l'alsstinaund Syrien verbreitet. Ihre Anlage reicht in ein sehr hohesAltertum, vielfach in clie vorisraelitische Zeit zuriick. Die Identifikationder vielen iin A. und N. T. genannten Teiche ist nurbei wenigen gelungen (vgl. S. 51ff.).cl) Vielfach stehen iin Zusammenhang mit diesen Teichenkleinere oder grössere TVa s s er 1 e i t u 11 g e n. Sicher der vorexilischenKönigszeit gehört an der Siloakaiial (S.53), ~ielleiclitauch das gewaltige System der iibrigen Jernsaleiner Wasserleitungen(vgl. S. 54f.). Die meisten der anderen Anlagen stainmenaus römischer Zeit. Die Römer haben iiberall auf eine rationelleWasserversorgung ganz besondere Mühe verwendet, nndclie jüdischen Fürsten jener Zeit, allen voran Herocles, habenihnen clarin nachgeeifert. So wurcle Caesarea durch zwei grosseLeitungen mit Wasser versehen. Die eine lram aus cleui 1 '/z Btuncleniiörcllich fliessenden iIk6/~ PB-Zei.40; dort zwang eine grosse Mauerdie Gewässer des Sumpflandes sich in den Plnss zu ergiessen,ein Tnnnel führte das Wasser zur Stadt. Der andere Aquäduktbrachte auf kolossalen, zum Teil noch erhaltenen Bogen clasIQasser einer Quelle etwa 4 Stunden weit herbei. Grossartig sincldie Anlagen, die der herodianischeii Resiclenz Jericlio das Quellwasserans clem Gebirge gaben; hier waren grosse Terraiiischmierigkeitenzu überwinden. -Die Leitungen waren gewölinlich oberirdisch.Sie bestaiiclen aus offenen Rinnen, die an der Oberflächedes Bodens hinliefen, entweder gemauert, ocler wo es gieilg, inden Felsen eingehauen. Täler uncl sonstige Vertieft~ngeii wurcleiidadurch umgangen, dass man auf Umwegen die Rinnen ihreinRande entlang legte, so bei den sog. ,salomonischeii' Leitungen(S. 55). Die römische Baukunst fiihrte dagegen clie Leitungenauf grossen brüclieiiartigen Aquädukten quer iiber clas tiefsteThal hinüber, so die Anlagen bei Caesarea, Jericlio ti. a. Nurbei einer der Jerusalenier Leitungen ist das Prinzip der Siphonröhrenbei der Ueberschreitung eines Tälchens aiigeweiidet ; diegeschlossene steinerne Röhre ist dadnrch hergestellt, dass grossein der Mitte diirchbohrte Quader wasseidicht neben einander gelegtwurden. Das Alter dieser Leitung ist jedoch ganz unbestimint(S. 55). Wir haben daher gar keine Aiilialtspunlite, wie frLihe


oder spät clie Israeliten clie Kenntniss cles hydranlisclien Gesetzescles Siphon hatten. Selteiler sincl unterirdische Kanäle (S. 53).Interessaiit ist zu beobachten, wie beini Siloalcanal im grossenuncl ganzen die horizoritale Lage recht gut festgehalten wurde.Zwischen Anfang iiiicl Encle ist nur ein Höheimnterschiecl voi~30 ciii. Ob clie alten Israeliten ein primitives Instrument besassen,~vomit sie die horizontale Lage bestimmeil konnteii ?Zusammeii iiiit den besprochenen Grabbauteil verraten dieseAnlagen einen anerkennenswerten Unternehmiiilgsgeist cler altenEebräer, der vor grossen Anstrengungen nicht zurücl~schreclcte.Nicht minder zeigen sie uns einen praktischen, aiifs Niitzliche gerichteteilSinii, ~vahreiicl allerdings auf Schönheit cler Forinendabei keine grosse Eücksiclit genonlineil ist, zum Teil freilichaiich nicht genoinineii werclen konnte.\Fig. 66. Alte AIaiierreste.3. I111 Ho C h b au lvareii es recht bescheidene Aufgaben,welche die althebräische Kniist sich stellte : kleine TVoliilhauseriincl einfache Schiitzinauern fiir clie Städte. Maii kann sagen, dasseine eigeiitliche Baulci~nst vor Davicl uncl Salomo von den Hebrnernnicht ausgeiibt worden ist. Denn clie alten TVolinungenwaren rneist E'elsliöhleil, jecleiifalls nur selteri freistehende Gebäude(S. 118). Die Stacltmauern wurden aus grossen rohenSteinblöcken aufgeschichtet. Noch heute finden sich Reste vonsogenannten Gyklopeilinaiiern: grosse Felsstücke, wie ohne jedeOrclnung anfeinander gelegt, clie Zm~ischenr5ume mit kleinenSteinen aiisgefiillt (s. Fig. 66). Und wenn Davicl und Salomo zuihren Baute11 pliönicische Ba~~handwerker l


232 Zweiter Teil. VI. Die Kunst. [S 35.liteii sich auf die Kunst freistehencle Häuser zu erricliten, iiocliiiicht oder nur wenig verstanclen. So begreift es sich, dass diegrossen, aus behauenen Steinen gebauten Paläste Davids uni1Salomos, obwohl sie mit den pliönicischen, ägyptischeil und assyrischenBauteil keinen Vergleich aushalteil, bei cleii Hebräernclie grösste Bewunderung erregten.Ebenso ist sclion oben (8. 115) davon clie Rede gewesen,dass die Naturbescliaffenlieit des Landes, der Afaiigel an Walcl,die Anwendung von Holzkonstruktioneii in grössereni Mass ausschloss.Hieraus, wie aus dein iiber die ältesteiiTTTohiiui~gen Gesagten,folgt, class der Periode des Steinbaues eine solche desHolzbaues niclit vorausgegangen sein kann. Dainit hängt eiiiwesentliches Merkinal der hebräischen Baukunst znsainiiieii.Die Charaliteristili , die RENAN von der phonicisclien Architekturgibt, trifft vollstänclig auf die liebriiische zu: „DasPrinzip der Architelrtur ist der belianeile Fels, ilicht wie inGriechenlailcl die Säule. Die Mauer vertritt die Stelle cles behauenenFelsen, ohne diesen Charakter ganz zu verlieren. " DieSäule ist in letzter Linie Nacliahmiing der Eolzstiitze in Wteiil.Ebenso erklärt sich hieraus die Vorliebe für cleii Quaderbau qbeim Holzfacli~verk konnte dieser lteine Verwendniig fincleii, uiilsomehraber kommt die Quaderinauer der Pels~vancl nahe: jeniassiger die Quader, desto grösser die Ael~iilichlieit. Man darfden Syrern und Phöniciern die Elire liöclister Vervollkonimnungder Quaderlionstruktioii beiiiiessen. Hiebei ist für clie liehräischeBaulruiist vielleiclit noch inelir als für die pliönicische bezeichiieiicldie Vorliebe für Rustica, Li. h. clieVermenclung von Qnadern, cliegeglättete Stoss- und Lagerfugeii liaben, wRhreiic1 clie Iiliieilseite~in die Angesichtsfläclie rau11 gelassen sind uiicl grobe Buclreliizeigen. Endlich ist als allgemeines, ebeiifalls init clem Eolzmangelzusammenhängendes Merkmal anzufiiliren, dass clie hebräisclieBaukunst sclioii frühe den Gewölbebau lieiint. Die Aegypterbauten in sehr alter Zeit niclit bloss unächte Gewölbe aus vorkragenclenSteinen, soilderii wirkliche Gewölbe ans Keilsteineil,und ebenso fincleii sich bei sehr alten Bauten cler Babylonier Spitzbogenaus Baclrsteineii. I)a von ihi~eii die Phöiiicier, die Lelirmeisterder Hebiner, schon im 10. Jahrhundert clns Prinzip clesGewölbes überkommen hatten l, so liegt kein Grund vor, den


5 35.1 Baulrunst . 233Scliiilerri diese Kenntniss abzusprechen. Als eiiien Beweis clafiirdarf man auch die Tatsache betrachten, dass die Decke deralten Grabkammern meist als Gewölbe ausgehauen ist; wäre denHebräern nur clas flache Ballienclach bekannt gewesen, so hättensie siclier dasselbe auch hier nachgebildet. Von cler S. 120 erwähntenMethode der Steindachting ist ohnedies nur ein kleinerSchritt zu den scheinbaren Gewölbeii mit vorlriagenden Steinen.Alle diese Merkinale sind iibrigens nicht der hebrnischen Baukunstallein, sondern ebenso der phönicischen eigen.Mit den davidisch-salomonischen Bauten beginnt clie Eilt-~~iclrlung cler Baukunst in Israel. Von Davicls Palast wissen mirnur die Tatsache seiner Herstellung durch phöiiicische Künstler(11 Sam 5 ii), die salomonisclie Burg ist überhaupt das einzigeBaiiwerli der voresilisclien Zeit, über das wir darch Nachrichtengenauer unterrichtet sind I.Die Darstellung der Topographie Jernsalems hat als Resultatergeben (5. 44), dass Davidsstadt, Zion und i!oria gleichbedeutendsincl, class also Tempel und Palast auf dem Osthügelzu suchen sind. Nach dem Baubericht bildeten sie ein zusammeiigeliörigesGanze. Die ,u'mfassungsmauei des grossen Vorhofs'ist deutlich als den ganzen Koniplex der Bauten uingebencl geclaclit,und innerhalb derselben liegen der ,innere Vorhof des Tein---I Ueber den Baubericht des ICönigsbiichs (I Reg 5-8) vgl. STADE inZATV' 1883111129-177.Der Verfasser des ursprünglichen Berichtes, deran zahlreichen Stellen intcrpolirt und überarbeitet worden ist, mag von derZeit Salomos immerhin um etwa 2 Jahrhunderte abstehen, er hat das, was erbeschreibt, offenbar selbst gesehen, rnit Ausnnhine der eigentlichen Wohnungender königlichen Familie. Die technischen Ausdrüclre sind vielfachrecht dunkel fiir iins, auch zeigt der Verfasser sich nocli sehr ~~ngewaiidtim Beschreiben, vgl. z. B. die Beschreibung cler lierube (Kap. 6 23-27). Einem~ertvolle Ergänzung findet dieser Bericht in vielen Stücken durch Ezcchiel.Sein Ten~pel ist allerdings zunächst ein Phantasiegebilde, allein es ist vonvorn herein wahrscheinlich, dass er, der den alten Tempel offe,nbar gutlrannte, sich in seiner Beschreibung im wesentlichen an diesen anschloss, jaer setzt die Belranntschaft sogar mit dem Detail desselben voraus. Die Veränderungen,die er anbringt, sind nicht allznschwer als solche lrenntlich. Siesind veranlasst durch sein Streben nach peinlicher Regelinassiglieit der Anlage(§ 55) und durch seine Absicht, die Wohnung des Fürsten vom Teinpel-berg zu entfernen (Ez 43 7-9). Infolge letzterer lrann er das Tempelarealungescheut vergrössern. Wo diese Motive nicht ins Spiel Irominen, darf dieUebereinstimmung niit dein alten Tempel vorausgesetzt werdeu, Seinerfreien Phantasie gehören also namentlich die Bestiinmungeniiber die Vorhöfeuncl die Nebengebäude in denselben an.


P-234 Zweiter Teil. VI. Die Kunst. [§ 35.pels' tincl der ,Vorhof der Säulenhalle des Palastes' (I Reg 7 iz).Ausserdem findet Ezechiel gerade darin eine Profaiiiruizg desHeiligtums? dass clie Könige Tliancl an Wancl mit Jahve wohnen(43 s). Jede genaue Bestimmung dariiber, wo auf dein Ostliiigeldie Burg lag, fehlt in clen Bauberichten. TVir sind daher ganz aufclie Untersuchung cler Terrainverhältnisse und cler etwa noch vorhandenenBanreste angevc' 'lesen.Glücklicherweise geben beide eil1 übereinstimmendes sicheresResultat. Die alte Gestalt cles Osthiigels ist heute zieinlich verändertdurch den Schutt, der gerade hier besonclers hoch liegt.Durch Ausgrabiiizgen ist aber der Lauf des Felsens unter demSchutt und damit die alte Form cles Hiigels 2iinreicheizcl sicliergestellt(vgl. Fig. 18.42). Der alte Osthiigel ist ein ausserorclentlichschmaler Ausläufer eines Hochplateaus, der sich erst von NTYnach SO zieht, dann umbiegt zu cler Richtung von NNO iiaclnSSTV. In derselben Richtung senkt sich der Hügel in Scrrassenlangsam, um dann an der Siidslsitze ziemlich steil abzufallen. Nocksteiler sind auf der ganzen Strecke die Abhänge nach Osten uilclWesten. Von clen drei Kuppen, in die er durch kleiile Q~~ertälergeschieden wircl (s. S. 43), hat allein die mittlere Terasse eineeinigerinassen ebene, jedenfalls leicht zu ebneizde Pläclie vonnennensmertei~l Umfang (ca. lOOm lang uncl40-50 m breit), derLage nach etwa in der Mitte des heutigen @wRnz esch-Sche?.ij'.Eben dies war der von cler Natur gegebene Platz für einen grösserenBaukomplex; iiberall sonst auf dem Osthiigel wären iin güllstigstenFall riesige Substrulitionen nötig gewesen, uin nur einekleine ebene Fläche herz~istellen. Und wenn nach cler UeberlieferungSaloino den Tempel auf cler Tenne Ornans baute (I1 Clir3 I vgl. niit 11 Sam 24 I), so stimmt clas gut hiezu. Gerade hiermag Ornails Senne zu suchen sein, denn für Tennen wird lieutenoch wie in alter Zeit ein solcher l~iftiger Platz auf der Höhe clesHiigels gewählt.Dieses Resultat wird noch genaner bestimmt clurcli eineUntersuchung der he~itigen Harambauteil. Freilich bei clen oberirdischenGebä~~deii dürfen vir von vorn herein nicht erwarten,irgendwelche Reste von nennenswertem Alter zu finden. AberVenn 11 Sam 24 erzählt wird, dass der Engel Jahves bei derTenne Ornans stand U. s. W., so will eben diese Engclersclieinung die Heiliglceitdes Platzes begründen. Dadurch wird die Angabe cler Chronilc, dassSalomo hier clen Tempel gebaut, bekräftigt.


schon der Unzstancl, dass der ganze Platz eine 1\feilge von sehralten Cisternen uncl Kanälen hat, zeigt, dass er friihe einen wichtigenBa~ikomples getragen haben muss. Ja clie Tatsache selbst, dassheute noch dieser Platz /~cwciln, cl. 11. ein heiliger Bezirk ist, beweistgenug. Es steht jedenfalls fest, dass im Umlrreis des heutigenHarain der Jupitertempel Hadrians sich befand; dieser ~vurcleauf der Stelle des herodiaiiischen Tempels errichtet, der selbstwieder genau den Platz des salomonischeil einnahm (Ezr 3 3 12).Bei der ~inverwüstlichen Znliigkeit, mit welcher im Orient heiligeStätten vom grauen Altertume an durch alle Religionswechselbis in die Gegenwart fortleben, hat es weiter einen hohen Giadvon ~~ahrscheinliclikeit, dass der heutige ideale Mittelpunlrt desGanzen, der allein den Charakter der Heiligkeit verleiht, von Anfangan ein besonders heiliger Punlrt gewesen ist. Es ist das derheilige Fels, iiber welcliem sich der ,Felseiidoilz' wölbt. In einerLänge von 17,7 m uncl einer Breite von 13,5 m erhebt sich dieFelskuppe 1,25-2 m über clem Boden. Illre Oberfläche isthöckerig uncl nicht horizontal l. Es spricht nun alles dafür, nichtsdagegen, dass diese Felsspitze den davidischen Altar uncl claiiiiauch den salomonischen Branclopferaltar getragen ? Noch beutesichtbare Spuren denten auf diese Bestiininung des Felsens hin:eine Rinne in demselben fiihrt in eine unter ihn1 befindliche Höhle,cliese steht mit einerin Verbindung. Am wahrscheinlichstensieht inan hierin eine Abflussrinne fiir clas Opferblut.Noch ursprünglicher diirfte diese Höhle als Cisterne gedienthaben.Der Tempel selber stand dann westlich vom Felsen, wo mitgeringer Mühe ein ebener Raum geschaffen werden konnte, dergtit a~isreichte, wenn wir uns auf der Riickseite cles Ten~pels cleriHof nicht allzugross cleiiken.Suchen wir von dieser Lage des Tempels aus den Umfangcles ganzes Baukomplexes zu bestimmen, so ist die äusserste Grenzejedenfalls gegeben in der heutigen Harainmauer. Der HaramEs ist daher unmöglich, die Tenne Ornans auf dieser Felslruppe ziisuchen.Der Versuch den Pelsen mit dem 'eB7zen sclzcctjcih, clem „Stein derGriindiing" zu identificieren, auf welchem nach der rabbinischen Traditiondie Bundeslade stand, ist durch die Dimensionen des Felsens iinmöglicli gemacht,da er viel zu gross ist, als dass das Allerheiligste ihn hatte einschliessenkönnen.


236 Zweiter Teil. VI. Die Xniist. [§ 30.bilclet eine im ganzen ebene, nicht genaii rechteckige Fläche von145,5 ha (grösste Breite 321 ni, grösste Länge 490 m); der Allstiegvon Südosten nach Norcl~vesteil beträgt noch jetzt 3 111. Unidiese Fläche zri gewinnen, waren gewaltige Arbeiten iiötig: in derNorclwestecke musste cler Fels um etwa 8 rn abgetragen werden,umgekehrt niusste in der Norclostecke der Boden um 38,lO merhöht werden (vgl. S. 43). Ebeiiso grossartige Snbstruktioiieiitragen den südlichen Teil (vgl. Fig. 1 S. 42). Sogar der Kan~iiides Hügels liegt hier bei clem dreifacheil Tor noch inehrere Fiissunter der heutigen Oberfläche. Von cla fällt er sehr rasch nachOsten und Westeil ab lind ist an der Süclosteclre 36,Sin (vgl.Fig. 67. Geränderte Rustica-Quader.Fig. 68), nahe cler Siidmestecke 33,15m unter der heutige11Har2moberfläche. Hier unter der Süclwesteclre läuft clas alteTyropöontal durch, so dass die Eclie genau genommen auf deiiiWesthügel steht. Auch clie höchste Stelle des Felsens unterder Ostwand liegt noch 201n tiefer als cler heilige Fels.Ueber die Frage, aus welcher Zeit diese heutigen fiIa~ierii stammeil,sind die Ansichten geteilt. '\Välirend die einen wenigstens clie Griindlageuderselben (mit Ausnahme der Südwest- und Nordosteclce) Saloiiio zusclireiben,betrachten andere sie als lierodianisch. Fiir die Entscheidung lroinintin Betracht 1) clas Material dcr Mauer, 2) der Bericht des Josephus.Der Stein, aus welchem die Blauer wie überl~aupt die Bauten Jernsalemsbestehen, ist Kreideltallr von weisslicher Farbe. Er ist beim Ausbrechenaus dein Felsen zienllich weich und härtet sich an der Liift. Ab-


Zu Seite 236Fig. 68. Die englischen Ausgrabungen au der Südostecke des hentigeil QarRm.


gesehen von den obersten modernen Steinlagern finden wir von unten nachoben gehend drei verschiedene Arten von Batisteinen : 1) geränderte Quadermit rauher unbehauener Aussenseite (Rusticaquader Pig. 67), 2) geränderteQuacler mit glatter Anssenseite (Fig. 69), 3) kleinere (doch imiuer noch ausehnlichgrosse) anf der Aussenseite behauene Steine. Die letzteren gehören nachziemlich sicheren Anzeichen der Zeit Justinians an. Die beiden ersteren Lagenstammen wahrscheinlicli aus einer ui~d derselben Bauperiode. Sie haben iinUnterschied von No. 3 gemeinsam 1) ihre auffallende Grösse : die unterstenSteinlagen sind bis zii 1,9 m hoch, clie einzelnen Steine bis zu 7 m lang (einersogar 12 m) ; 2) die Ränderung, ~velche darin besteht, dass der Steiniuet,~ 11111clie Aussenseite der Quader herum einen 0,l bis 0,3 n1 breiten eingesenktenRand fein aiismeisselte. Sie sind alle sehr sorgfältig rechteckig belia~ien undohne Mörtel so fest aneinandergefiigt, dass in die Fugen lrein Messer gestecktwerden liann. Nun zeichneten sich allerdings iiacli dem Baubericlit SalomosFig. 69. Geränderte glatte Quader.Bauten gerade durch die Grösse der Quader aus (I Reg 5 31 7 ~ff.), ganz entspreclicndder phönizischen Bausitte. Diese grossen Quader pflegte nianauch bei den Hebräern im Steinbruch zu bearbeiten (I Reg 6 7 s. Fig. 70).Grosse Substrulrtionen sind jedoch dadurch atisgeschlossen, dass der Berichterstatterdie Höhe der grossen Ausseiiii~auer auf nur 3 Lagen Qnader undeine Lage Ballten bestimmt, tviilirend er die von anssen gut sichtbaren impouirendenunteren Lagen hätte nicht unerwähnt lassen können. Der Laufainer solchen verhältnisniässig niederen Mauer weit unterhalb des Gipfelsx~äre höchst sonderbar, da innerhalb der Mauern das Terrain nicht ebcn,sondern sehr steil abschüssig gewesen wäre. Da die Sitte mit grossen Quadernzu bauen noch in viel späterer Zeit in Palästina geübt wnrde, ~indnanientlich Herodes zu seinen Bauten sie mit Vorliebe verwendete, stehtniclits dem entgegen, dass wir die untersten Schichten dem Herodes zuweisen.


238 Zweiter Teil. VI. Die ICunst. [D 35.Dies wird schliesslich gefordert clurcli den Bericht des JOSEPHUS(Ant. XV 380-430). Nacli ilim hat Herodes den Teilipelplatz um dasDoppelte vergrössert (Bell. Jud. I21 I), so dass der Umfang von 4 StadienAnt. XV 400) sich auf 6 Stadien erhöhte (Bell. Jnd. V, 5 2). Dabeiwurde die Breite (Ost-West) von 1 Stadium (Ant. XTT 400) beibehalten;dagegen wurde die Länge (Nord-Süd) verdoppelt, indem Herodes auf derSüdseite eine Mauer weiter südlicli von cler alten von Grund aus neu baute(Bell. Jud. I 21 i). Das kann nnr die heutige &Tauer sein, und wenn JOSEPHUSdie be~vundernswiirdige Grösse ihrer Steine betont (er redet iibertiiebenerWeise von 20 Ellen laugen und 12 Ellen holieu Steinen), so stimiiit das sehrgut dazu.Fig. 70. Alter Steinbrach bei Jerusalem.Wenn die heut,ige Ijiraininauer iiii Grosseii ancl Ganzen vonHeiodes stammt, so rliuss der Platz der salonionischen Burg bedeutendkleiner gewesen sein. Uncl da wir keine grösseien Substrulctionenvoraussetzeil dürfen, niüssen mir annehineii, dass sichdie gaiize Anlage möglichst an die Terraiiiverhältnisse anpasste.Dann aber kann der Palast etc. .cvecler westlich noch östlich noclinördlich vom Tempel gelegen haben, sondern nur siidöstlicli iilclerselbeii Riclitiing, wie sich der Hiigelrückeil hinzieht. Anfdeiizselben iiiögen sicli iii absteigenden Terrassen die einzelilenGebäude in cler sogleicli zii besprecheiiden Reilie gefolgt seiil.


-Lag der Palast südöstlich voin Tempel, so lag er etwasniedriger als dieser. Darin stimineii auch alle uns erhalteneil Notizeiiüberein: man geht voin Palast hiiiauf zum Teiiipel (Jer 2610)und vom Teinpelliinab zum Palast (I1 Reg 11 io Jer 22 i 36 eff.).Umgelrehrt briiigt Salon10 von der alten Davidsstaclt die Ladehinauf in sein Burglieiligtuii~ und clie Tochter des Pharao ziehthiiiaiif (I Reg 8 1) iii das neue Frauenliaus (I Reg 9 24); alsolag cler salomonische Palast Iiölier als die Davidsstadt, tiefer alsder Tempel, CI. 11.Cda cler Hügelrückenvon Siideiiilach Norden aiisteigt,inder Mittezmisclzen beicleii,siicllich vom Teiii-~el, iiörcllich voiider Davidsstaclt.Deli gaiizeiiBa~ilioii~ples iiinschlosseine Ring-Iiiauer, ,die grosseLgenannt (I Reg7 in). Innerhalbdieser äussereiiMauer waren zweije fiir sich bestehencle,mit MaueriiuinschlosseiieFig. 71. Sitiiationsplan cler Salomonischen Burg~~f~ ( ~ i 71 ~ No. .nach STADE.2 U. 3). Der eine I. ,Brosser Vorhof'. 2. ,Zweiter Vorhof'. 3. ,Vor-, , bezeichllet hof des Ternpcls'. 4. Libanonwaldhaas. 5. Säulen-Iialle. 6. Thronhalle. 7. ICönig.1. Palast. 8. ICönigl.als ,der zweite Frauenhaus. 9. Tempel. 10. Altar.Vorhof (bzw. Vor-Iiofsiliaiier) einwärts von der GericlitshalleL (I Reg 7 x, Fig. 71NO. 2), (1. 11. nördlich voll derselben; er iiinsciiliesst Palast lindFraiieiiliaiis cles Baloino. Dci zweite lieisst ,der (iimere)VorhofclesTeiiipels Jalives' (IEeg 7 12, Fig. 71 No. 3). Der von diesen beideiic~LC~S~I' bezeichnet znglcicli den ,Vorhof1 iind die ihn umgebende ,Vorhofsmauer'.


240 Zweiter Teil. VI. Die Icunst. [5 30.Höfen nicht eingeschlossene Rauin cler Burg heisst (wie seineMauer) der ,grosseL Hof (Pig. 71 No. 1). Dieser grosse Hof wircl,wie von vornherein wahrscheinlich ist, auf allen Seiten die beicleiainneren Höfe umschlossen haben, so class die äussere grosseMauer nirgends mit einer der inneren Mauern zusamii~enfiel.Umgekehrt hat es manches fiir sich, class die beiclen innerenHöfe, der cles Palastes uild cler des Tempels, nur clurcli einegeii~einsame Mauer getrennt waren, so dass cler König durcheine Tliiire von seinen] Palast aus clirelrt zum Heiligtum gelangenkonnte, ohne deil änssereii , jeclermanii zugänglicheil Vorhofclurclischreiten zu müssen. Hiefiir spricht aucli Ez 43 7ff., wornachnur eine Wand die Wohnung Jahves und den Palast derKönige Judas von einander trennte. Dagegen konnte der Teinpelhofnicht gut als ,innerstert Hof ganz innerhalb cles Palastl~ofesgelegen haben, da aiich das Volk einen freien Zntritt zum Tempeldirekt vom äusseren grossen Vorhof ans braiiclite. Jer 36 io ~irdder Tempelhof der ,oberet genaniit. Das diirfte niclit blosc deinPalasthof gegeiliiber gelten, cler südlich, also niedriger lag, sondernauch in1 Vergleich zum grosseii Vorliof, so class gegeniiberclieseni, der schon ain Abhang cles Hiigels sich hinzog, cler Teinpelhofeine höhere Terrasse bildete l.Den Haupteingang zur Burg haben wir uns natnrgeiliZss iinSüden zu denken. Vorausgesetzt, class cler Erzahler die Baulichkeitenin cler Ordnung nennt, in welcher sie clem voll der Stadther Kommenden entgegentraten, lag dem Eingang am nächstendas L i b an o 11 m a 1 d 11 a LI s. Seine Beschreibung (I Reg 7 2-5)ist so ungenau, dass es nicht möglicli ist, ein sicheres Bilcl von ihmzu entwerfen. Es ist 100 Ellen lang, 50 Ellen breit, 30 Ellenhoch. Seinen Nainen hat es daher, class der Oberstock auf45 Cedernsäulen ruht, die in drei Reihen zu je 15 stehen; Cecleriiballrenbilden die Architrave über diesen Säulen, mit Cederiiholzist der Oberstock eingedeckt. Darüber, ob diese Säulenreiheiialle im Innern cles Hauses stehen, oder ob die erste Reihe zugleichdie Vorderwand bildet, das Ganze also im Unterstock eine nachvorn offene Halle war, wird nichts gesagt. Der Vergleich mitWenn Ezechiels Tempel (Ez 41 nnd 43) niclit drei, sondern nurzwei Höfe hat, so entspricht dies dem Wunsch der Proplieten, clen königlichenPalast und die Staatsgebäride ganz vom Tempel zu entfernen. Dannreicht er natürlich mit einen1 inneren und einem äusseren Tenipelhof aus.


nordsyrischen Holzbauteii inacht clas erstere ~val~rscheinlicher.Im anderen Fall miisste inan wohl eine, in1 Text nicht erwälirite,das Gebäude cler ganzen Länge nach durchziehende Mauer anilehmen,cla sonst clie Entfernung der Säulenreiheri voll einanderfiir die Tragkraft der Cedernball~en eine zu grosse wäre. DerOberstoclr ist in Gemächer eingeteilt; wie viele es waren, wie siezii einander lagen, wo sie ihre Feilster und Tliiiren hatten, lasstcler Text vollständig in1 Dunkeln. In1 iibrigeii ist die Möglichlieiteiner völlig anderen Konstruktion, die sich eng an den iiordsyrischenPalasttypus anschliesst, fiir das Libaiionhaiis zuzugeben(s. S. 247 f.). Der grosse Saal zu ebener Erde mochte zu'Veisamrnlnngendienen; die Obergeinächer bildeten das Zeughaus Salonios,wie ein solches fiir die Burg ja nicht fehlen durfte (I Beg 10 icf.Jes 22 s 39 2).10 5 0'(I. 2o 70 tO 50 DO 10 8" 90 '?Eilen.5 i> 30 4- "I Ptr.3"Fig. 72. Libanonwaldhaus : Vorderansicht (nach STADE).Hinter dein Libaiionha~is, d. h. nördlich davon, steht eineSäulenhalle (I Reg 7 G), 50. Ellen lang, 30 Ellen breit, miteiner Vorhalle uncl einem Auftritt (ocler Scliutzclach?). Voncliesei wird unterschieclen clie T hionhalle (I Reg 7 7). Vonihr wird uns keinerlei Mttss angegeben, nur class ihre\Väilde vomFussbocleii bis zur Declie mit Cedernholz getäfert xvareii, wird erwähnt.Sie diente als Gerichts- und Audienzsaal, ~iCihrencl clieihr vorliegencle Halle wohl nur den Zugang zii ihr bildete.Hinter cler Gerichtshalle kam der Palast h o f mit deneigentlichen Privatgebäuclen. Von diesen ~vircl. uns nur sovielerzählt, class sowohl das Haus Salomos als das clei Tochter clesPharao, seiner Hauptfrau, im Stil der Gericlitshalle erbant waren.B enziiig ei , Hebi'~ischc Aicliaologie. 16


242 Z\.~-eite~ Teil. TI. Die ICunst. [Q 35..-...@;..@.-.@... .@.... ... .... .... . .@:--@:.-.-@:I:@:::@-.-.:@:::@::I:@:::@:::@:::.@.::::...:@:.@:@:.@:.@.-.:@:@.-.:@:@:@ :@:@.:-@:.@:@ :'D 5 0b-dC 30 60 40 '?Ellenl'3"7"c, 30 50 4 Mtl:Fig. 73. Libanonwaldliaus: Grundriss des Unterstoclrs, ofen (nacli STADE).:@-:@. :@:-:@ :@:.:@ :@.:.:@ :@ :.:@ :@. :-.:::--@:r@-.:.@.:@:.@:.:@ :@.:@ :@:.:@-.:r@:@ :@:. B..:::@ :::.::' @..:@.: ;@.Y:@..:.@:.:.:@-::::@.::::@::::@-:::.@::::@.:::-@::::@::::@::::@::::::.:10 5 o ia >o 14 60 80 o rao Glien.I,,,' !$0 5 o 10 70 30 10 so Mfr.IFig, 74. Libanonmaldhaus: Gi~unclriss des t~nterstoclrs, gescTilosse?z (uacli STADE).


a 35.1 Baukunst. 243Offenbar ist der Bericliterstattei. nieinals in das Innere das Palasthofesgekommen. Wir dürfen uns die Bauten nach Art andererorientalischer Paläste als einen ziemlich ausgedehnten Koinplexvon Flügeln mit Höfchen und Gärten deiilien.Was an allen diesen Konstruktionen auf clen ersten Blickals ausländisch sich aufweist, ist die ausgedelinteVerweilclung desHolzes, namentlich der Holzsäulen. Die Heiniat dieses Stilsdürfen mir nirgends anders suchen als in der Heimat des Holzes:im Libanon, iii Norclsyrien.51 , C ' ! ' ' , ' 'Fig. 70. Quersclinitt der Säulenhalle mit der Vorhalle und clem Anschlussan die Thronlialle (nach STADE).Anders der Stil des S emp els, der ein reiner Steinbau ist(doch vgl. 5. 247f.). Der Tempel zerfiel in den Haulstbau (das,Haus Gottes') und clen umgebenden Seitenbau. Der Rauptbauwar ein Steinbau von 60 Ellen Länge (Ost-West), 20 Ellen Breite(Norcl-Süd), 30 Ellen Höhe. Diese Zahlen gelten fiir die innereWeite; nach Ezechiels Angaben (41 5) dürfen mir die Dicke derAussenwände auf sechs Ellen annelinien. Der Tempel stand westlichvom Altar. Seiiien Eingang im Osten bildete eine Vorhallevon 20 Ellen Breite und 10 Ellen Tiefe. Die Angabe des Ezechiel(40 49)) dass man zur Vorhalle auf 10 Stnfen hinaufstieg, wirdohne weiteres auch für den salomonischen Bau gelten. Am Eingangcler Halle standen clie beiden Broncesäulen s. LI.16 *


244 Zweiter Teil. VI. Die Kunst. [D 35.Auf drei Seiten umgab dieses Hauptgebäude ein etwa halbso hoher Anbau. Die Dicke der Aussenwancl des Anbaiis gibtEzechiel auf fünf Ellen an. Der Anbau hatte drei Stoclr~verkeFig. 76. Grundriss des Tempels.von je fünf Ellen Hölle, jeder Stoclc war iii eine Reihe von Karnmerngeteilt, wie viele ist nicht gesagt. Bei Ezechiel (41 6 ) istleider der Test so verdorben, dass wir daraus lreine BuflrliirungFig. 77. Seitenansiclit des Tempels (Siiclseite).iiber clie innere Einrichtung des Seitenbaus erhalten. In1 lieroclianischenTempel waren es im ersten uncl zweiten Stock je 13,im dritten Stock 12, in1 ganzen also 38 Kammern, die demnach


3 35.1 Baukunst. 245sehr klein gcwesen sein inüsseii. Die innere Breite der Stocliwerlcenallm nach oben zu: der iiritere Stoclr war fünf, der mittleresechs, der obere siebe11 Ellen breit. Dies wurde claclurch erreicht,dass die Mauern sich nach oben in Absätzen verjüngten. Entwederwar dies nur bei cler Innenmauer, der eigentlichen Teinpelmauer,der Fall; dann nahm diese bei jedem Absatz um eine Ellein der Dicke ab, war also oben nur noch drei Ellen stark - so derBericht I Reg 6 G , der als Zweck angiebt, dass man auf dieseWeise die Deckballien habe auf clen Absätzen auflegen lcönnen,oline sie in die Tenipelmauer selbst eingreifen lassen zu müssen.Möglich wäre, dass 11iai1 dieselbe Ii~nst~ulition clann aiich beiFig. 78. Vordere Ansicht des Tempels.der Aiissenwai~d ~vieclerholte (wie Fig. 79, S. 246 angenoininenist); in diesem Fall brauchte inan auf jeder Seite nur l/z Elle einzurüclcen.Die iniiere Mauer wäre dann oben noch 4l/e Ellen, dieäussere Maiier iiocli 3I/s Ellen dick gewesen. Der Eingang zuiiiSeitenbau befancl sich auf cler Siidseite (I Reg 6 8). Treppenluclieii(oder Wendeltreppen?) führten von einem Stockwerk ins andere.Fenster dürfen als selbstverstäncllich ~rorausgesetzt werden. DieKammern dienten zum Aufbewahreil der Tenipelgeräte, WeihegabenU. dgl.; an TVohnräurne, etma cler Priester, zn clenlren verbietetihre Kleinheit.


246 Zveiter Teil. VI. Die ICunst. [Q 35.Der Seitenbau liatte einscliliesslich der Ballrenlagen z~~~ischenden einzelnen Stocbwerlrei~ und des Daclies eine Höhe von etwa17 Ellen oder mehr; demnach konnten die Fenster cles eigentlichenTempels nur iii iioch grösserer Höhe liegen. Ausserdemwaren die Fenster auf cler Aussenseite mit einem Holzgitter verwahrt(vgl. 8.119). Das Innere konnte so nur sehr mangelhaft erleuchtetsein. Der Innenraum war in zvei Teile geteilt: den grösserenVorderraun1und den kleineren Hinterrauin. Der Hinterraumstellte das eigentliche Wohi~geinach des Gottes, das Adyton (hebr.clehhii.) dar; er hatte kubische Gestalt: wie seine Breite uncl Länge5I I ~ . . I I ~ . ' ~ :GM+rFig. 79. Q~~erschnitt des Tempels (nach STADE).betrug anch seine Höhe 20 Ellen. Sie blieb uin 10 Ellen liiilterder Höhe des ganzen Hauses zurüclr. BIan muss also anneliineil,dass sich iiber den1 ,Allerlieiligsteii' (wie es später heisst) einleerer Raum befunden Iiat, da dasselbe schwerlich als eine Artniedrigerer Anbau des Heiligtnms gedaclit werden darf. 1)ocherfahren wir über dieses 10 Ellen hohe, 20 Ellen breite nncllange Obergemach gar nichts. Das Adyton war völlig dunkel(I Beg 8 izf.). Voin Vorderrauni trennte es nur eine dünne Wandaus Cedernholz; in derselben gestattete eine fiinfecliige Tliüre(s. Figur 79), deren Flügel aus Oelbaumliolz gefertigt waren,


den Zutritt. Die Gegenwart Gottes warcle symbolisirt durchdie heilige Lade, die hier vor allen profanen Blicken geborgenwar, ihr zur Seite standen zwei grosse Kerube aus Olivenliolz.(Ueber die E'orm der Ker-tibe s. 8. 268).Zu dem Vorderraum, cler 40 Ellen lang ist, fiihrt aus derVorhalle eine viereckige Tliüre, cleren Pfosten aus Oliven-, derenFliigel ans Cypressenholz gefertigt, ,waren. Jecler der Thürfliigelbestand aus zwei fiir sich drehbaren Blättern, so dass man, uiilins Heiligtum zu gellen, nicht die ganzen Tliürfliigel, sondern nurdie inneren Blätter zu öffnen brauchte. Ueber die Geräte desHeiligtums s. a.Beide Räume waren vollständig vertäfert: Cederilbretter bedecktendie Wäncle voi~i Fussboden bis zu den Balben cler Decke ;Cyprcssenbohleil bilcleten den Boden, so dass Ton Mauerwerlrund Stein nichts zu sehen war. Dass die Diehlen des Bodensund cler Wand init Goldblecli belegt und mit allerhancl Schnitzereienverziert gewesen seien, wird erst in einein späteren Einsch~iberzählt; noch Ezechiel weiss von dem Goldschmuck nichts,dagegen scheinen zu seiner Zeit die 'lTände mit Sc'hnitzereienversehen gewesen zu sein. Wir haben cliese dann irgencl einemspäteren König zuziischreiben.Das Dach des ganzen Baues wurde durch Ceclernbalken gebildet,verinntlich lag nach alter Sitte (vgl. S. 116ff.) ein Estricliaus Lehm dariiber. Jedenfalls war es flach und hatte clie üblicheArt von Geländer bzw. Zinne. Leicler erfahren wir nicht, wie esmöglich gemacht wurde, einen Raum von 20 Ellen Weite mitCedernbalken zu überspannen ; inan wird vielleicht annehmeniniissen, dass irgencl eine Hilfsbonstruktioii von den Seitenwänclenlier die Dachbalken stiitzte.Die gegebene Darstellung schliesst sich im Wesentlichen an STADE'SRclronstruktionsversuch an. PERROT 8~ CIIIPIEZ weichen in inanchein ab, lassenaber dabei der liünstlerischen Phantasie zu grossen Spielraum und verlierenden Boden genauer Beweisführung unter den E'üssen. Auf die Einzellieiteuilires Entwurfes kann hier nicht eingegangen werden. Dagegen ist der Rekonstruktionsversuchvon FRIEURICH kurz zu nennen, der ein vollständiganderes Gesammtbild bietet. Nach ihin ist I Reg 6 5 f. nicht von einem äusserenAnbau, sondern von einein hölzernen Gerüstbau iin Innern des SteinbausZLI verstellen, welcher clurcli seine Holzpfeiler den Raum in ein nfittel-Schiff von 10 Ellen Breite ~ind zwei Seitenschifie von je 5 Ellen Ereite teilt.Tempel und Palast Salomos, Innsbrucl~ 1887 ; Die vorderasiatischeHolztektonilr, Iiinsbrnck 1891.


248 Zweiter Teil. VI. Die Kunst. [$ 30.Letztere sind in 3 Stocl~werkei~ angelegt, das untere ist nach innen offen,also ein richtiges Seitenschiff, clie beiden oberen, nach innen iiiit Täfer~verkverschlossen, bilden Galerien bz~v. ICamniern. Alle Privat- und Staatsgebäudeder Burg (I Rag 7 1-8) zieht er in einen einzigen grosseu Bau, das ,Libanonwaldhaus'zusaniinen. Der Baustil desselben ist von dem waldreicheil Libanongebietnnd den Phöniziern entlehnt. Den charalrteristischen Hauptteildieser Palastanlage bildet dcr grosse durcli die ganze Hölle des Hausesreichende Saal (Thron- und Gerichtssaal) iin Mittelpunkt der Anlage, dessenDach von zahlreichen Holzsäulen getragen wird. Alle übrigen Raume, Serailund Hareiil, sind lediglicli als Annexe gedacht und durcli Thiiren mitdem Saal verbunden.FRIEDRICH koinmt durcli Verglcichung besonders der assyrischenBauten überliaupt zu einer ziemlich ab~veicliendeii Charalrteristik des pliönicisch-syrisulienBaustils und schreibt namentlich den1 Holzbau eine grosseRolle zu. Als iirspriinglicliste und einfachste Form des phönicisclien Palastesbetrachtet er ein Maueroblongun~, welclies in seinem Innern durcliIIolzlroiistraktionen derart ausgebaut war, dass durch die an den Wändenla~feuden Chllerieu Wohn- und Vorratsräiime geschaffen ~vurclen. DiesenTypus zeigt auch der Palast der Philister und Moabiter.Die Anwendung dieses Resnltats auf die salomonische Burg ist jedochmit clem Text des Baubericlits schon deswegen ganz unvereinbar, weil diesersichei von verscliicdenen Gebäuden redet.Dagegen wird als Möglichkeit zngegeben werden miissen, dass dasLibanonhaus als einzelnes Gebäiicle der Burg in dem nordsgrischen Palaststilerbaut war.Salonios Burg uild Tempel wurde von phönicischen Eanleutengebaut, aber es konnte dies doch eiiien schönen Anfang zur Entmiclrlungeiner hebräischen Baukiiizst bilden. Vielleicht diirfeiiwir fiir das Norclreich auch eine solche annehmen. Dass z. B.Jerobeam cl. Gr., wenn er sich Sainaria zur Hauptstadt ausbaute,sie nicht aiicli mit einen1 schönen Palast ausgescliinücbt habensollte, ist ziemlich un\~~ahrscheinlich. In Jeriisalem aber scheiiltSalomos Bnrg das erste und letzte Rau~verlr in grössereni Blassgeblieben zu sein (vgl. X. 45 f.). Die Trennung der Reiche hatteden Jndäern die beste Kraft genomiiien, das kleine Ländcheilhatte über wenig Mittel zu verfügen. Hatte doch sogar der,reichec Saloino clie Kosten seiner luxuriöseilBurg nicht aus seiiieiiiLand heraiispresseii köni~en, sonclerii clurcli Abtretung von20 israelitischen Städten iii GalilICa bezahlen miissen (I Reg91of.). Der Eedeiitung des Tempels musste es sehr zu statteilBominen, class ihn kein anderer Prachtbau in clen Schatteii stellenkonnte; eine eigentliche Baulmnst lionnte sich aber unter diesenhiinständen nicht ent~vicli-eln. So ist es auch nach clein Exil gebliebeil;der zweite Tempel stancl an Praclit hinter clem erstensehr zuriicli niicl auch er niirde mit Hilfe phöiiicischer Baumeister


§ 36.1 Plastilr nncl Kunstgewerbe. 249errichtet (Ezr 3 7). Erst mit dein Eindringen des Hellenisniuserwachte die Baulust. Aber es war ganz der griecliisch-römischeStil, der jetzt, namentlich bei den Bauten der Herodier, herrschte.Diese fallen also nicht in den Bereich unserer Aufgabe.Nach allerlern wird man sagen dürfen: eine Baukunst alseigentliche schöne Kunst hat es bei den Hebräern niclit gegeben;ihre Baukunst ist immer in den Grenzen einer bloss mechaiiisclieilKunst geblieben. Wo sie dieselben iiberschreitet, da sincl esfreincle, nicht-hebräische Kräfte, mit cleneii sie arbeitet.5 36. Plastik und Knnstgswerbe.1. Wenigstens ein Zweig der Plastilr liat sich im Zusaiizmeiihangmit cleil saloinoilischen Bauten zu einer gewissen Bliite entfaltet:die Met allarb eit (vgl. S. 214ff.j. Ein tyrischer KünstlerNanieiis Churain-Abi, der Sohn eines Tyrers und einer Danitiii I,verfertigte die für den Teinpel riot~vencligeii Gerate. In cler Jorclaiiebene,zwischen Subkoth uncl earethan, scl~lug er seine Werlcstattauf. Zuin Guss bediente er sich töi~e~ner Formen (I Reg 7 16).Unter seinen Leistuiigen werden zuerst genannt die beicleiiSäulen .j&l;hz^n nnd bo'as 2. Die Höhe des Säulenschafts wird auf18 Ellen, niit dein I


250 Zweiter Teil. VI. Die Kunst. [8 36.Bau standen (als Trägerder Oberschwelle, Fig. 78),sondern völlig freistehenduncl selbständig zu clenlreiisind, geht aus dein Vergleichiiiit anderen semitischenTeinpelanlngen deutlichhervor, bei denen zweiisolirte Stelen nicht fehlen(vgl. 5 63). Ebenso zeigtdieinteressanteDarstelluilgcles jüdischen Teinpels aufeiner Glasschale des 3. oder4.cliristlichen Jal~rhaiiderts(]Gig. S2; gef~indeii 1882 inRoi11) zwei freistellendeSäulen neben deniEingang.Als eine noch grössereLeistung darf der GUSS cleseherlle~~ iVeei-s betraclitetwerden. DasTVasserbeclrenhatte eineHöhe von 5 Ellen(ca. 2,5 m); eine Schnurvon 30 Ellen umspanntees, was einen D~ircliniesseivon ca. 9,55 Ellen (LIChr 4 2 : 10 Ellen) ergibt.Es war eine Haiicllsreitcliclr, sein Raiicl war wieein Becherrand, lilienartignach aussen uingebogen.Unterhalb cles Rancles wares von zwei Reihen Coloq~~intenumgeben, die beimGusse gleich lilitgegossenwaren. Also haheil mir die-Fig. 80. Teiilpelsäiile nach 8r.i~~. selben reliefartig, niclit wie10 5 0 1 'L 3t$0 50~u-.uL' i-3Mtr


9 36.1 Plastik und Kunstgewerbe. 251clen Schmuck der Sä1 ~lenkapitäle freihängend ZLI denken. Es fasste2000 hat/&, d. h.nach der niedrigstenBerechnungca. 400 hl. DasRecken ruhte anfbroncenen Rindern,clie in vierGruppen standen,je drei nach einerHimmelsrichtungblickend. Für allesWeitere sincl wirganz a~~f Vermutungenangewiesen.Ebenso erfahrenwir nicht,woher das TTTasserkam; es liegt nalie,an die Tempelquelle(8. 51 ff.)Fig. 81. ICapitil der Tempelsäulenach PERROT und CHIPIIEZ.bzw. an eine'lvasserleitungzu denken.Endlich sindvon grössereil Gerätennocli diefCch~.Occt-en Beckenzn nennen (überclenAltar vgl.5 53).Ein Vergleich desTextes mit clenuns von anderenalten Völk ~ern er-Irialtenen Gerätendieser Art (Fig. 84bis S7) ergibt, classdas Hauntstiickein grosses Ge- Fig. 82. Glasscliale mit Abbildung des Tempels.stell war, vier Ellen im Quadrat uncl drei Ellen hoch (Fig. 88 A).


252 Zweiter Teil. VI. Die Kunst. [$ 36.Aus I Reg 7 2sf. scheint hervorzugelien, dass dieses Gestell nichtaus massiven Platten, sondern aus Leisten bestand ; das entsprachauch den1 Zweck eines 1eichtenTrailsports an1 Isesteil (Fig. 58 a-e).,"O&L-fFig. 83. Ehernes Meer (uacli STADE).DieLeisten wareil mit Löwen, Rindern uiicl Keruben verziert, vielleichtauch mit Giiirlanclen (1 Reg 7 2s). Dieses Haiiptgestell ruhteauf vier Rädern, die ebenso wie illre Achseii a,us Broilce waren.IFig. 84. Aegyptisclie Amphora iriitStabgestell.Fig. 85. AssyrischesO~fergefliss.Ihre Höhe betrug 11/2 Ellen. Auf dem Hauptgestell befaiicl sichein zweites kleineres Gestell (f-h), clas bestinimt war, clie Becbeilzu tragen. Auch clieses war aus Leisten zusammengesetzt ~zncl\vahrscheinlicli irgenclmie init Figuren verziert. Auf seinen oberen


0 36.1 Plastik und Ennstgewerbe. 253Rahmen sassen die Becken unmittelbar auf. Ihr Durchmesserbetrug entsprechend der Grösse cles Hauptgestells 4 Ellen arnoberen Rand. In dieser Form sind die Fahrstühle nichts „als einekiiristlerische Unibilclung des hölzernen Leistengestells, auf welchemdie Amphora des Altertums, sofern sie nicht in clie Erdegesteckt wurde, ruhteu (vgl. Fig. 84). ,,Wie iiberall, so sclilossensich anch hier Plastik und Bronceguss an clie ihnen von der Töpferkiiilst,der ältesten Kunst der Menschheit, dargebotenen Folmenan. Aiis cliesemLeistengestel1 ist der Dreifuss, aiif welchelii antikeSchalen und Gefässe stehen, sind die Rroilcenntergestelle antikerBroncegeräte hervorgewachsen" (STADE).Fig. 86. Assyrischer Opfcrbeckenträger.Fig. 87. Altes Cnltusgcrätlie, beiPeccatel (in Blecklenburg) gefunden.Was die Metallarbeit im ldeinen, clie H e r s t e 11 LI n g V o 11V a s e n uri cl S C h al e n ~LIS Bronze, Silber und Gold, betrifft, soist cliese Industrie, wie kaiim eine anclere, das Monopol der Phöniciergewesen. Die Aegypter haben keine verfertigt, die Eiiphratlänclersind bei den einfachsten Porinen stehen geblieben. Wahrscheinlichhaben die hebraischen Metallarbeiter von Churam-Abiimmerhin so viel gelernt, dass sie einfachere Stücke selbst herstellenkonnten (vgl. aiich I1 Reg 16 10). Feinere Arbeit werdensie schwerlich geliefert haben. Auf alle Fälle bann es sich bloss umNachahmung cles phöiiicischen Stils gehandelt haben. Die Phönicierversorgten clainals die halbe Welt mit cliesen Geräten. Unter


254 Zweiter Teil. VI. Die Kunst. [W 36..-dem Tribut, den sie den Aegyptern zahlen, spielen Gold- und Silberschaleneine grosse Rolle. Für die phöilicische Kunst ist nichtsC0 (0 70 30 "0 $0 0 1W"'! ! ! ! ! :M!,Fig. 88. Fahrbares \TTasserbeclren (nach STADE).charalctei-istischer als dieseVasen iiiid Schalen. Ueber illre Detailornameiitiks. S. 266.


5 36.1 Plastik und Kunstgewerbe. 255Ganz dasselbe gilt auch von clen S C h nz u C k s a C h e iz : fiirdie Form sind mir vollständig auf die Reste phönicischer Kunstangewiesen. Die Ausführung bei den Israeliten wird ineist etwaseinfacher und weniger fein gerneseil sein. Einen guten Teil derGegenstände mag zu allen Zeiten der phönicische Handel gelieferthaben.Neben dem Bronceguss begegnet uns beim Tempelbau nocheine andere Art von Metallarbeit : das U e b erziehe ii mit M e-t all b 1 e c h. Sind auch clie Verse des Baubericlites, welche Boclen,Wände und Thüren des Teinpels mit Gold iiberzogen sein lassen,spätere Zusätze in majorem gloriam Salomos und des Tempels,so zeigen sie doch, dass die Xetallblechtecl~nili, welche im ganzenvorderen Orient eine wichtige Rolle spielte, auch bei den Israelitengeiibt wurde uncl dein Verfasser jener Zusätze als eine alteKunst galt. Noch einen anderen Beweis für ihr hohes Alter habenwir: cler Ephod, dieses uralte Gottesbild, bestancl wohl, wie seinName andeutet, aus eiiiein Kern von Holz, Ton oder iiiledlemMetall, iiber welchen ein Gold- oder Silberblech gezogen war.Derlei Gottesbilder mit metallenem Ueberzug heissen auch silq?wioder 'apltzcclcldh (Jes 30 22, vgl. die griechischen nspixpuoa unclntp~i.~-).(~pu.). Auch sonst wird diese Sitte vielfach bestätigt (I1 Reg18 16 Num 17 3 f. u. a.), die berühmten Stierbilder ~~o1-1 Dan iindBethel waren vielleicht ebenfalls init Goldblech iiberzogen (I Reg122s U. a.).2. Die S k u 1 p t LI i n S t e i ii wurde, wie es sclieint, von denalten Israeliten gar nicht geübt. Nirgends wird uns etwas davonberichtet, dass sie ihre grösseren Gebäiide rnit irgend welcherSteinornamentili geschmückt hätten, nirgends werden Statuenerwähnt. Auch die Steinsarl


256 Zweiter Teil. VI. Die Icnnst. [S 36.Metallblecharbeit setzt eine soIche voraus, da das mit dein Blechzu über1~leicle1~cle Holzweil< sclioil die Foriil des Ganzeil habeir:


9 36.1 Plastik und Kunstgewerbe. 267muss. Sodann scheinen die Teraphim wenigstens einen menschenähnlichenKopf gehabt zu haben (vgl. 5 52). Zu den hervorragendstenLeistungen dieser Kunst gehörten sicher die grossenKerube aus Holz vom wilden Oelbaum, die für das Allerheiligstedes salomoilischen Tempels angefertigt waren (S. 267). Endlichliebte man es in späterer Zeit, das Holzgetäfer einesRaumes, Thürpfosten u. s. w. mit Schnitzwerk zu verzieren.Zu Ezechiels Zeit war der Tempel damit reichlich versehen.Ebenso boten die Zimmermöbel, Divane, Tische, Stühle etc.Gelegenheit zu Verzierungen (vgl. die Beschreibung des salomonischenThrones I Beg 10 is-20). Doch hielt sich allesdas innerhalb der bescheidenen Grenzen cles Kunsthandwerkes.Der Grund hiefür liegt in der geistigen Anlage der Israelitenund in ihrer Religion. In der geistigen Anlage : das bisher Besprochenerechtfertigt schon zur Genüge die Behauptung, classihnen eigentliche lriinstlerische Anlage, schöpferische Kraft, bildendePhantasie, abgieng. In der Religion: es ist zweifellos, dassznr alten Gottesverehrung Gottesbilder fast unumgänglich notwendigwaren, aber sie trngen die rohesten Formen, und ebensosicher ist, class in späterer Zeit, als die technische Fertigkeit zuliünstlerischen Arbeiten vorhanden war, die Jahvereligion durchden Mund der Propheten einen erbitterten Kampf gegen alle bildlicheDarstellung der Gottheit mit solchein Erfolg fiihrte, dassnicht bloss die Darstellung Gottes, sondern sogar die von lebendenTVesen, von Mensch und Tier, in Verruf kam. Beideshängt zusammen: beim Qriechenvolk init seiner gewaltigen künstlerischschaffenden Kraft, seinem überströmenden Reichtum derPhantasie, wäre ein solches religiöses Verbot einfach unmöglicligewesen ; bei den seniitischen Völkern, denen ohnedies der Sinnfiir bildnerische Darstellungen abgieng, war es nicht allzuschwerbis in seine äussersten Konsequenzen durchzufülirei~. Der Isli%mnlit seiner fanatischen Feinclschaft gegen alle bildende Runst istBeweis genug.3. G 1 y p t i k ist Slrulptur im kleinsten Massstab ; wo dieseauf niedrigster Stufe stehen geblieben ist, dürfen wir von vornherein nicht erwarten, dass jene sich über das Niveau des Kunstlinndwerkeserhob, class sie überhaupt charaliteristische Züge der1.iebräischen Knnst uns zeigen könnte. Ist sie doch noch viel mehrals anderes nur Nachahmung phönicischer Vorbilder und selbstdiese sind nicht Original. Im Verkehr mit den Euphratlänclern,Ben zing er, 13ehräische Archdologie. 17


258 Zweiter Teil. VI. Die Kunst. C$ 36.wo es von Alters her Sitte war, über alle grösseren Geschäfteeinen förmlichen Vertrag abzuschliessen, der mit den1 Siegel derParteien versiegelt ~vnrcle, brauchten Phönicier uncl Norclsyrerzuerst die Siegel, von dort lernten sie clie Kunst, Siegel zustechen. Auch auf diesem Gebiet ist die phöilicische Kunstgeblieben was sie iiberhaupt war, eine elilektische, die es leichterund bequemer fand, zu entlehnen, als zu erfinclen (PERROT unclCHIPIEZ I11 629). Die phönicischen I


§ 36.1 Plastik und Kunstgewerbe. 259(Pig. 91), einen Kranz von Mohiilröpfen (oder Granatäpfeln?Fig. 92). Wieder andere sind mit Figuren verziert. Fig. 93zeigt einen Mann in betender Stellung, dessen Tracht an dieägyptische erinnert, auf der Rüclrseite zwei gefliigelte Kugeln,Fig. 91. Siegel aus Jerusalcm, ,dem Hananjahu ben'Alrliborl. Doppelte Grösse des Originals.15~nanjahu 'benAzarjahul.rein pliönicische Symbole. Auf Fig. 94 ist ein Stier (wohl StierbilclJahves), auf Fig. 95 sind zwei Steinböcke erkennbar (heiligeTiere der Anat ?). Geradezu heidnischen Charakter trageilFig. 93. Siegel des Scliebanja 'eblied 'Uzzija.zwei Siegel, die sich durch ihre Namen als hebräisch ausweiseil:Fig. 96 eine Gottheit, die aaf dem Kopf den Schmnclrder Hathor trBgt; Fig. 97 eine Gottheit mit zwei Paar Fliigelii,iii jeder Hancl eine Schlange haltend uncl dadurch an Horus er-17"


260 Zweiter Teil. VI. Die Kunst. G 36.innernd, zu ihren Püssen zwei sog. ,Osirisaugen


0 36.1 Plastik und Kunstgewerbe. 261sie, wie wir gesehen, als Fingerringe gearbeitet (vgl. S. 106);andernfalls hatten sie des bequemeren Gebrairchs wegen wenigstenseine ringförmige Fassung und wurden an einer Schnur getragen.~ i- phönici- eschen Siegel zeigen,dass die Forin der ägyptischenSkarabäen (Fig.99) sehr beliebt war,andere sind Skarabäoide(Fiq. 100), d. h.die Form cles Skarabäusist wenigstens imGroben beibehalten.Letzterer Art ist dasunter Fig. 97 abgebildeteSiegel. In wieweitdiese Skarabäenforin beiden hebräischen Siegeln Fig. 101. Siegelring aus Cypern.beibehalten wurde, entzieht sich unserer Kenntniss.4. K e r a mi k. Ueber das Töpferhandwerlr bei den Israelitens. S. 214. Ueber Form und Charakter der alten Thongefässesind wir glüclrlicher Weise besser unterrichtet, als bei den Metallarbeiten.Die englischen und deutschen Ausgrabungen in Jernsalemund vor allem die neuerdings gemachten Funde in Tell el-@zsi (wahrscheinlich das alte Lachisch), östlich von Gaza, habenFig. 102. Fig. 103. Fig. 104. Fig. 105.ein sehr reiches Material zu Tage gefördert l. Auf Grund desselbenglaubt der Entdecker, FLINDERS PETRIE, eine vollständigeGeschichte der Töpferei auf dein Boden von Palästina geben zukönnen. Namentlich will er mit grosser Bestimmtheit von derphönicischen Töpferei die Erzeugnisse der ältesten ,amoritischencTe11 el Hesy (Lachish) by WMFLINDERS PETRIE, London 1891.


'(~o~-LoT'3rd) q11j7q qos!q~.xome Jnj apqad aqo[aM Lq(an~a8-;ray uaurxoa JaqosryyaqqsJsy:, ,ra%yura uaSunp1rqqv a!p qoorx rriiuqlvqssap uaras s3 .aqiii zp~arrxs xa!y traqa3u~ saJaq.eu ula ssepsla 'uyas nz q~aqo!sa% %;uafi nz qoou arIosS alp quyaqos qooaarraqstl ~ua!pa3 ass#jaS~apaq arp uam~o,g asarp ;rnj ppq~o~slvSSGP (.~njop qq31.rds saqauq~ '~'n(901 '3rd) ualerps xap puvx uaS-rqslnk uaynyp uap i (901'nqoT -Br,g) uaptrgaq uaqrag uapraqjnv ag~xB-puq aS~q.rvuacldq yo's pus,~ .rap w uauap Iaq 'ulassnyosuaddequaTuueqaqrrn B~pugqs1~0~ ~SUOS arp i ( ~OT 'n 201 .%F&) apmM uayoqs-a3qqaaLriiz (mrnex 7.r~ ,rau;a ' ~ 1rraqilo~za30 ~ ruaura 7yrrr aqogg;raqoay ssep Lpusqsqua OS r13vu uraqosug malle ayoIaM 'ayo~grraqoaynvx ayp :us ,ra qq!S asayp .rnj a~~mqrraH ar~osy~syxaqyz.rzy:, slg.uapraqosaaqrrn ..rq~.A 000 [-0097: uarrqsr uap sne qsuni~~ajdo&


5 36.1 Plastik und Kunstgewerbe. 263Die alten phönicischen Thonmaren sind rauh und porös. DieFunde zeigen uns clie älteste Form der Thonlampe: eine offeneSchale, welche in eine Schnauze ansläuft (Fig. 110)) ein Typus,den im wesentlichen auch die griechische Lainpe beibehalten hat.Die Form der (cliinnen)Schalen (Fig. 111) ist mehrdie von Metallschalen alsvon Töpferwaren, ersteredürften demnach vielleichtals Vorbild gedient haben.Ebenso verraten die Krügeclen Einfluss cler Metallu~gie, wenigsteiis in cler einenfür die phönicische Keramikcharali-teristischenForm des batichigen I


Zweiter Teil. VI. Die Kunst.Fig. 118. Thonlrrug aus Jerusalem.Fig. 119. Thonkrug aus Jerusalem.


§ 36.1 Plastik und Kunstgewerbe. 265der Form etwas schwerfälliger vorstellen dürfen, zeigen die Fundein Jer~isalem. Ein roher Anfang von Verzierung zeigt sich beiFig. 120. BIoderne palästinensischeKrüge.Fig. 121. Vasenfragnlent aus Jerusalem.einigen von denselben in den Wülsten, welche um Bauch oderHals laufen (Pig. 118 U. 119). Bemerkenswert ist, dass die ForinPig. 122. Vasenfragmente ans Jerusalem. Fig. 123.bei den heutzutage in Palästina gebrauchten Krügen noch cliegleiche ist (Fig. 120).


266 Zweiter Teil. TI. Die ICniist. 19 36.Ziemlich friihzeitig, jedenfalls nocli iii voresilischer Zeit,cliiifte gleichfalls von Phöiiicien her die Sitte eingedrungen sein, dieKrüge etc. zu bemalen. Die Funde aus Jerusalein(Fig. 121-123)zeigen eine schöne sorgfnltige Ausführung. Ihrer ursprünglichenLage in den untersten Schuttschichten nach sind sie der Königszeitzuzuweisen. Dem gegenüber sehen die Funcle aus Te11 el-Nasi (Fig. 124 U. 125) wie sehr primitiveVersuche aus. Vielleichtsind jene phönicische Arbeit, diese einheimische Nachahiniing;übrigens ist sellsstverstäncllicli, dass in Jerusalem besser und feinergearbeitet wurde als in einem kleinen Laiidstädtchen. Die Ornainentesind hier wie dort rein geometrische (s. U.).5. Auf clie historischeAbhängigkeit derliebräischen Plastilz voiider phönicischeii istschon mehrfach hingewiesen~~~orden.Es bleibthier noch übrig einelinrze Charaliteristiliderselben zu geben. DaFig. 124.Darstellungen von Meii-Bemalteschell in Statuen sichThonscherbeausTe11 el-Has?.nicht finclen, koiilmt hiefiirnur die Orilainentikin Betracht. Geradebei clieser tritt so deut-Fiy. 123. Bemalte Thonlampe lich sonst nirgendsaus Te11 el-Hasi.der Charaliter der syrischenKunst zu Tage: der Mischstil. Es ist sehr bezeichnend fürden semitischen Geist, „dass man iiberall bei einer einfachen Nebeneinanderstelliiiigoder n'lischung stehen blieb, von einer wiililichenD~~rchd~ingnng aber nirgends clie Rede sein kaniiLL ((EM~PER).Charakteristisch ist vor allem das Vorwiegen cles geometrischenStils bei clen Ornanieiiten: parallele iiiid unter verschiedenenJVinlieln sich kreuzende Linien, welche Quadrate, Rhomben, Dreieckebilden, Zickzacklinien, Mäander und drgl., alles vereinigtzu einer Art Baiid um Hals und Bauch des Krugs. In ihrenUrsprüngen diirften diese Ornamente auf clie noch ältere Kunstiibnngcles Flechtens und Xticlrens zurüclcgehen, in cleren Techniksie ihre natürliche Begrüilduilg finden.


5 36.1 Plastik und Xunstge~verbe. 267Damit hat sich weiter die Verwendung von Tierfiguren verbunden: die grössereii phönicischen Vasen zeigen eine Einteiliingin verschiedene Felder diirch lineare Ornamente, die Felder sincldurch Tiergestalten ausgefiillt (namentlich Löwe, Stier nndHirsch). Auch menschliche Figuren finden sich; sogar ganzeJagdscenen sind clargestellt. Doch ist rlie Auswahl nicht zu gross,und gewisse Gruppen behreii in zieinlich stereotypen Formen sehroft wieder. Die Zeichnung ist bei den phönicischen Vasen baldniehr in ägyptischer, bald mehr in babylonischer Art gehalten.Auf hebräischem Gebiet haben wir wenigstens ein Beispiel hiefür:die Leisten der fahrbaren Becken im Tempel (s. 0.).Auch die Rlumenornanientik fehlt nicht : Rlumengemincle,Guirlandeii von Granatäpfeln und Koloquinten kommen beimTempelgeräte in Anwendung. Auch hier ist die Mischung erkenntlich: assyrischer Herkunft ist beispiels~veise das Palinblatt,clas in der konveiitionellen Foriil, die es bei den Phöniciein an-genommen, allerdings nicht mehr viel Aehnlichkeit n~it dem natiirlicheiiPalmblatt hat. Von Aegypten ist eiltlehnt die Lotosblnine.Beide haben wir auch auf hebräischem Boclen getroffen (s. Pig. 91und Ez 40 i6 26; Fig. 96).Auf dem Gebiet der religiösen Symb olilc herrscht clerägyptische Einfluss vor. Von den Aegyptern ist die Darstellungcles zeugeiiclen Sonnengottes unter clem Bild eines Stieres ziiden Pliönicierii und Kanaanitern geliominen, sogar Ba'alat undAstarte erhalten die Kuhhörner als Kopfschmuck. Von ihnenrhaben dann die Hebräer das Stierbild für ihreii Volksgott Jaliveübernommen, daher seine ausgiebige Verweiidung in der liebräischenKunst. Um an Einzelheiten nur noch das zu nennen, wasrins auf hebräischem Gebiet begegnet ist, so finclen wir denSkarabäus als Form der Siegel, die Uräussclilange, die geflügelteSonnenscheibe, den Lotos, die ,Osirisaugen(, ja geradezu ägyptischeGöttergestalten, Hathor und Horus, anf Siegeln und gewissauch anderswo. Die mannigfachen Veränderungen, welche sichdiese Symbole haben gefallen lassen müssen, zeigen deutlich, classdie ursprüngliche Bedeutung den syrischen Kiin~t~lern meist verlorengegangen war.Aus Babylonieri stammt wenigstens eilte i~iythologischeFigur: cier Kernb. Die Flügelwesen überhaupt sincl babylonischenUrsprungs und erst von da in die ägyptische Kunst eingedrungen.Wie sehr sie bei clen Hebräern beliebt .ciraren, zeigt


268 Zweiter Teil. VI. Die Kunst. [S 37.ihre Aufnahme in den Killt. In der Cella des saloil~onischeilTempels stehen als Repräsentanten der göttlichen Gegenwartzwei Kerube, aus dem Holz des wilden Oelbaums geschnitzt,10 Ellen hoch. Sie breiten ihre Flügel, die je 5 Ellen lang sind,aus und stehen so, dass die inneren Flügel sich berühren, dieäusseren bis an die Wand reichen. Man wird nicht zu weit gehen,wenn man diese Kerube als das beliebteste Ornainentstuclr derHebräer bezeichnet (vgl. I Reg 6 29 7 29 U. a.). Leider wissen wirausser dem in diesen Bemerkungen Gesagten gar nichts darüber,wie sich die Hebräer bzw. die Phönicier zur Zeit Saloinos dieselnythologischen Wesen vorgestellt haben. Sie sind wohl identischmit den Greifen und haben die Funlrtion, die Gottheit zu tragen(PS 1s ii), sie bedeiiten also ursprünglich die Wetterwolke (vgl.PS 104 3 Jes 19 1; Ez 124 erzeugt das Rauschen ihrer Flügel denDonner). Später kommt dazu die Aufgabe, clas Heiligtum zuschützen (Gen 3 24 U. a.). Ihre urspriingliche Gestalt cliirfte demnacheine Vogelgestalt gewesen sein. Fiir die geflügelten Stierbilderan den Eingängen der assyrischen Paläste will man dieBezeichnung als Kerub nachgewiesen haben (FRIEDB. DELITZSCII,Paradies 150ff.). Schliesslich gewannen sie nienschenähnliche Gestalt(Ez 15 ff.).9 31. Die Malerei.FRANZDELITZSCH, Iris. Farbenstudien und Blumenstücke, Leipzig 1888.1. Von allen Künsten ist die M al e r ei bei den Hebräernauf der niedrigsten Stufe stehen geblieben; wie schon bemerkt,fehlte den Hebräern überhaupt der Sinn für bildende Kunst, undüberdies fiel auch die Malerei unter das Verdammungsurteil vonSeiteil der Religion (S. 257). So finden wir sie im A. T. so gutwie gar nicht erwähnt. Wo von bildlichen Darstellungen anWänden etc. die Rede ist, handelt es sich entweder um reliefartigeSchnitzereien (so beiin Tempel S. 257), oder um Zeichnungen,die init scharfem Stift eingegraben waren (Ez 8 10); dievertieften Konturen mochten wohl mit einem Farbstoff ausgefülltwerden (Ez 23 14 „in die Wand eingezeichnete Männer, Bildervon Chaldäern mit Mennig gezeichnetu). Schon dies wird übrigensvon Ezechiel als eine ungehörige Nachahmung heidnischerSitten gerügt. Ausserdem finden wir noch Malereien auf Thongefässen.Dass diese nur aus ganz einfachen farbigen Linien be-


9 37.1 Die Malerei. 269standen, ist schon oben gesagt worclen (8. 266) ; überdies fragtes sich, ob die betreffenden Gefässe einheimisches Fabrikat oderimportirt waren.2. Für den F a r b e n sinn der Hebräer ist charakteristisch,dass sie grelle bunte Farben an ihren Gewändern liebten. Siehaben in diesem Stück den verdorbenen Geschmack der Kanaaniter,der den Aegyptern so anstössig war, rasch angenommen(8. 100) und beibehalten, wie die (nach unserem Geschmack unschöne)bunte Tracht des Hohepriesters (bei P) zeigt. Damitstimmt, dass ihr Farbensinn auch sonst sich nicht als besondersfein entwiclrelt erweist. Dies lässt sich namentlich aus den Farbennamenentnehmen. Soweit dieselben für uns überhaupt durchsichtigsind, machen wir die Wahrnehmung, dass sie hergenommensind 1) von Dingen, welchen die betreffene Farbe zulrommt, so z. 5.d&bJ~ci?z ,weisst von der Milch; jcir&[c ,griini von den BaumblätternI; vielleicht auch chzinz ,schwarz' vom Verbrannten. 2) Vondem Gegenstand, der die betreffende Farbe erzeugt, so z. B. dieBezeichnurigeri t6laCnth schcinß (,Glanzwurm') von der Karmesinschildlausund der Carmesinfarbe" tekli&letJa zugleich von derPurpuriiiuschel und vom Purpurblau, 'al:y&?tzd~z vom Buntfärbestoffund von der purpurroten Farbe 3. 3) Von den durch denfarbigen Gegenstand hervorgerufenen allgemeinen Vorstellungenwie hell, dunlrel, strahlend, glänzend etc.; such, glänzend (z. B.Dass daneben einzelne Farben auch durch direkten Vergleich mitGegenständen dieser Farbe bezeichnet werden, versteht sich von selbst; soz. B. ,wie Sapphir' = blau.Das Hochrot (Karmesin, Scharlach) wird von einem erbsengrossenInsekt, der Karmesinschildlaus (coccus ilicis, daher der Narne der Eiche, ander sie sich findet, quercus ilex coccifera), .liefert. Die Verfertigung dieserFarbe scheint in den Händen der Phönizier gewesen zu sein (I1 Chr 2 o),daher dieses Hochrot bei den Griechen und Römern


270 Zweiter Teil. VI. Die Kunst. [S 37.von der Haiit) ; .;dehAr, blendend (z. B. von der m~eisseil Wolleund von der ~veissen Eselin); chciir2zi:~, grell, glüheilcl (von clergrellroten Farbe); schdrzi, leuchtencl (vom Karinesinroth) ; schcichh,dunkel, überzogen ? (von cler schwarzen Farbe clei Haare);kddnr, schmutzig sein (von der Farbe der Trauerkleider) LI. a.Dass bei clen Bezeichiiungen der letzteren Kategorie ein ui~ddasselbe Wort verschiedene F~~beiinuancen ausdrücl~en kann, hatnichts Anffallencles. Dieselbe Beobaclitiing macheil wir aber aucl-ibei clen anderen Farbeniiamen. Auch sie umfassen meist melirereFarben, die wir ganz bestimmt scheiden. So z. B. Zd6hRn ,weissLwird auch fiir den gelblicheil Byssus uiicl deii bleicheil BIoncl ge-Fig. 126. Blurex tronculus.Fjg. 127. liI~irex br~cndaris.braucht; 'ciclom ,rotL vom Gelbbraun cler Linsen, von der brauileilHautfarbe Esaus wie von der Gesichtsfarbe Davicls; schdcl~6t~,schwarz' von1 Morgengrauen, von schwarzen Haaren und von derverbrannten Gesichtsfarbe; jdi-d. ,@in' vom blassen Angesichtund vom Gelbwerden des Korngemächses iind clrgl. Daraus erklärtsich die auffallencle Erscheinung, class für verschiedeneParbei~, wo wir es bestimmt erwarten würden, so namentlicl-i fiirgelb und blau, eigene Farbbezeichiznngen ganz fehlen ; sie wnrclerioffeilbar unter andere Farben subsuniirt. Daiiiit ist zu vergleichen,dass die heutigen Araber z. B. von griineii oclcr blauen Pferdenreden. Dies setzt voraus, dass die Hebräer unsere scharfen Faxbenunterschieclenicht kannten. Somit gilt unsere Bemerkung voll


5 38.1 Die ilIusil


272 Zweiter Teil. VI. Die Kunst. ~6 38.dächtniss Jahves bringen (Num 10 zff.), und die gesang- undmusilrkundigen Leviten bildeten eine grosse und wohlorganisirteZunft (I Chr 25 6 11 Chr 164ff. 25 iff.).Man sollte bei einem so sangliebenden Volk erwarten, dassdie Musik sich zu hoher Blüte entwickelt hätte. Allein man nlacliesich keine zu liolie Vorstellung. Musik nach unserem Geschinaclr\ver es jedenfalls nicht. Es fehlte vollständig die Harmonie, undauch die Melodien waren, wenn man von denen des heutigenOrients zurüclrschliessen darf, sehr eintönig. Dem heutigen Arabergeht das feinere Ohr für die Tonintervalle und Harmonien ab,daher ihm europäische Musik ein Gegenstand der Verachtung ist.Sein Gesang bewegt sich in unendlichen Wiederholungen einerkurzen, wenig Töne umfassenden Melodie, die iiiit naselnderStinime vorgetragen wird; die Melodie selbst steht vielfach nochauf der Uebergarigsstufe vom Sprechgesang zur reirien Melodie.Aller Gesang ist einstimmig, ebenso auch alle Instriimentalmusik,höchstens dass einmal ein Instrument den gleichen Ton als eineArt bestäncligen Basses wiederholt, oder die Al'eloclie in der Oktavebegleitet. Im wesentlichen liegt die Aufgabe der Instrumentenicht in der Führung der Melodie, sondern in cler Hervorhebungcles Rhythmus.Das Gesetz cler Trägheit wird auch auf diesem Gebiet sichgeltend gemacht haben und ein Rückschluss uni so eher erlaubtsein, als die spatere Synagogenmusik ebenfalls noch vielfach halbRecitativ, halb Melodie war. Auch die Art der hebräischen Musikinstrumente,deren Tonuinfang ein sehr geringer ist, lässt keineandere Verwendung derselben zu. Weiter aber als bis zu demSchliiss, dass clie hebräische Musik der modern arabischen nichtselir unähnlich gewesen sein werde, kommen wir nicht. Die wenigenmusiktecliilischen Ausdrücke des 8. T., die uns vielleichtAufschluss geben könnten ('nl 'alLi?nbl/z, in1 Sopran?; 'al hasehschem2?zilh;'al hcgyiltitlt; das häufige sein'), sind nicht mit Sicherheitzu erklären.2. An Musikinstrumenten hatten die Hebräer sowolilSaiten- als Blas- und Schlaginstr~~mente. Sie dienten im wesentlichenzur Begleitung des Gesanges, was noch mit den heutigenSitten übereinstimmt (vgl. clie Bezeichnungen als kel& sch2r (I1 Chr34 12). Sie sind nicht Originalgut der Hebräer, wie schon daraushervorgeht, dass die gebräuchlichsten, ki?znbi* und 'Qydbh, aufJubal als Erfinder znrückgefiihrt werden.


5 38.1 Die nl~~nsil~. 273a) Die S ai t e n i n s t r u m e n t e w~irden im ganzen Altertammit den Fingern oder mit einem Stäbchen aus Holz, Bein oderMetall (Plelitruin) gespielt ; Streichinstrnmeiite gab es nicht. DieSaiten (1izi1~1a1~i2) waren Darinsaiteii.Die an1 meisten gebranchten waren kilzndr und nebJ~el, beidesehr häufig nebeneinander erwiihnt. Ain vollistiimlichsten scheintcler JiZnnd~ gewesen zu sein,er ist das Instruineiit Davicls(I Sam L6 23). Leider enthältdas A. T. gar keinegenaneren Angaben iiber dieForm dieser beiclen Instru- Fig. 128. Dreisaitige Lyra auf einer Miinzeiiiente uiid ihrenUriterscliied,des Bar Kocliba.Avers: ynu (fiir T?Dli'dr).[ni]y~h$ 2~ ((2. jahrTVir erfahren nur, dass sie Revers: ~ K ~ W Si:n Gehen nes1,ielt werden der Befreiung Israels).V Llionnten, also lileiii und leichttragbar waren (I San1 10 5I1 Sam 6 5). Von den An-gaben späterer Scliriftstellerlbr(erstes Jahr der Befreiung Israels).passt. JOSEPHUS gibt den Eig. 130. Dreisaitige Kithara auf einerUnterschiecl zwischen /iilt- Niinze des Bar Kocliba.Avers: TlYbV. Revers: ~i'drll? 391~5fzfi?. ~ind ~zebhel clahiii an,(Befreiung von Jerusalem).dass ersterer, die xivopz, 10Saiten habe, 'die mit ciein Plektrum geschlageii werden, letzterer,die vkphr., 12 ,Töne' (~86yrot) habe und mit dem Finger gerührtwerde (Ant. V11 306). Aber auch JOSEPIIUS ist nur iiber dieVerhältnisse seiner Zeit unterrichtet. Aus I Sam 16 23 scheinthervorzugehen, dass aucli cler kilzlzfir mit den Fingern gespieltwnrde. Ebenso wenig helfen uns die Abbildungen a~if jüdischenB e u ziug er, Hebiiisclie Arohaologie. 18


2 74 Zweiter Teil. VI. Die Kunst. L8 38.Münzen, denn es ist keii~eswegs sicher, ja nicht einnial wahrscheiillich,dass wir hier acht national-jüdisclie Instrumente voruns haben. Die Embleme zeigen bald der griechischen Lyra,bald der Kitliara ähnliche Formen. So sind wir in letzter Liniedarauf angewiesen, die uns bekannten Foriizen assyrischer, äggptischerund arabischer Instrumente zuin Vergleich herbeizuzieheil.Von solchen kommen folgende in Betracht:1) Ein lauten- oder guitarrenähnliches Instrument der altenAegppter; dasselbe ist Jahrliunderte hindurch von den Arabernbeinahe ausschliesslich gebrauchtworden und noch heute sehr beliebt(Abbildung s. NIEBUEIR,Reisen I, Tafel 26 A B C). DieGleichsetzung des kirzizdr initdiesem 'Gcl der Araber ist einesehr alte (WETZSTEIN in DE-LI'ZSCH, Kommentar zu Jesaia2 A. 704). Es stellen ihr aberaiich verschiedene Bedenken in1Wege.2) Die ägyptische Leier,deren Gestalt und Spielart Fig.131 zeigt. Für ihre Identifiliationmit clem ltit8t2Or sprichtnamentlich der Umstand, dass sienicht ägyptischen, sondern se-initischen Ursprungs ist. DieFigur gehört einer Darstell~lngvon Tribut bringenden semiti-schen Beduinen aus Asien an (ausFig. 131. Leierspielender Beduine. der zeit der 12. ~ ~ - ~ ~ ~ t i ~ ) InAegypten selbst scheint die Leier erst in Gebrauch gekommen ZUsein in der Zeit, als Aegypten mit den Semiten in fortdauernderBerührung stand, also von der 18. Dynastie an. Voll da findet siesich in zahlreichen Abbildungen init wechselnden Formen. Ganzähnliche Instrumente hat man aucli in den Ruinen von Khorsabadabgebildet gefunden. Die griechische Kithara - so wird Kinnoibei den LXX wieclergegeben - könnte cler Forin nach als einegeschmackvollere Ausstattung dieser Leier betrachtet werden.3) Der moderne [CC~YL~IIL oder scc9rfir, eine Art Hackbrett,


9 38.1 Die ~ILI sili-. 275ein niedriger 1%iiglicher Kasten init flaclienz Boden und etwaslionvexer Resonxilzcleclre, über ~velclie die Saiten ausgespanritsiild. Diese merdeil clnrch Wirbel gestiiliilit uncl mit dein Pleli-Fig. 132. Assyrische blilsilrer.triim gesclzlageil ; der Ton ist stark uiid scharf. Das Iiistruiiientist sehr alt; wie eine Abbildung in dein Palast zu Kujundscl~ikzeigt (Pig. 132). Ilini könnte der ?zebht.I entsprochen haben,der von alten Qcmiihrsmännern dein Psalterium gleichgesetztFig. 133. Aeggl)tisclie Harfe.Eig. 134. Aegyptische Harfe.wird; dcr moderne vame snlstir ist eine Verkürzung aus cliesenlWort (vgl. Dan 3 T).4) Die Harfe, clas beliebteste Instrument der Aegypter, clasin zwei Grössen in1 Gebranch war: die lialbgrosse von 6 oder7 Saiten wurde iin Sitzen gespielt, die grosse mit bis zu 20 Baitei~18 *


276 Zweiter Teil. VI. Die ICunst. [§ 3%stehend. Auch in Asien war die Harfe im Gebrauch ; sie erscheintauf der Abbildung assyrischer nlusiker (Pig. 132) als tragbar,mit vielen Saiten. Die Möglichlieit, class der ~zehhel eine clerartigeHarfe war, muss offen gelassen werden.Zwischen diesen vier Instrumenten bleibt die Wald. Ueberdie blosse Möglichlieit hinaus zu einer sicheren Iclentifikationkommen wir nicht.Nur bei Daniel (3 5 7) wird neben kitham uncl pesan{&ri~~iloch die sahliekhci' als auslänclisches Instruinent genannt, classelbe,welches unter dem Namen oaprJGrq aus clem Orient auchzu den Griecheii und Römern geliomrnen ist. Sie ~vircl ge~~~öhiilichals ein viersaitiges, scharf klingendes Instruiiient von dreieckigerForm beschrieben.b) Unter den Blasinstruiiienteii stehen oben an dieF 1 ö t e n (cl~cilil), die im Altertum sehr beliebt waren. IVeiliiwir von der heutigen Sitte ausgel-ieii dürfen, so wurde die Flöteweniger zur Begleitung des Gesanges als zum Zusaiiimenspiel mitanderen Instrumenten verwendet. 111 cler arabischen Musik spieltsie eine grosse Rolle. Sie hat nur wenige Töne; die auf ihr geblasenenMeloclien sind claher sehr eintönig. Für die alte Zeitdürfen wir neben der einfachsten Forni vielleiclit verscliicd~neArten annehmen. Merkwürdig ist, dass sie in der Sempelniusikfehlt; dagegen wurde sie mit Vorliebe znin Tanz (Matth 11 17)und sonst bei festlichen Gelegenheiten gespielt (Jes 5 12 30 20).Daneben galt sie bei clen Jiiden wie bei aiicleren Völlrern als dasspezifische Klageinstrument, das bei cler Toteiililage nicht fehlenclurfte (JOSEPHUS BeIl. Jud. 111 9 6).Der selten erwähnte 'dgiilih (Gen 4 21 Hi 21 iz u. a.) wirdvon der Tradition als Sackpfeife (gU~~tpO?ljdl~ Dan 3 5 ) erliliirt,wie sich eine solche noch lieute bei den Arabern im Gebranclifindet. Möglich ist aber auch, dass wir claruiiter nur eine besondereArt von Flöte zu verstehen haben, vielleicht die Pansflöte(aUpq[), bestehend aus mehreren aneinander gereihten Rohrpfeifeii,die in alter und neiier Zeit das beliebteste Instrument der Hiiteilist.Aehnlicher Art wird wolil auch die nur Dan 3 5 genannte1dzasclw0.21&' gewesen sein.Kaum mehr eigentliche Musikinstrninente im strengsten Sinnsind Horn und T r o in11 e t C. Der sclt,Ophci~ ist, wie die wecliselndeBezeichnu~ip &er.e~z hcijdbhdl zeigt (Jos G 5 U. a.), ur-


8 38.1 Die Musik. 277sprünglicli ein Widderliorn; spiLter mag er auch aus Metall inHornform hergestellt worden sein. Wegen seines lauten Tonesdiente das Horn vor allem als Signalhorn im Krieg (Jdc 3 2.i U. 0.)oder in der Hand des Wächters (Am 3 6 u. 0.). Hörnerschallverkündet die Thronbesteigung eines neuen Königs (I1 Sam 15 ioI Reg 134 U. a.), den Anbruch des Neumondfestes und des Jobeljahres(Lev 23 24 25 9 U. a.). Mit anderen Instrumenten wurde es,wenigstens in alter Zeit, nicht zusammen gespielt (fiir die spätereZeit vgl. I Chr 152s);. dagegen fand es seine passende Verwendungbei allen lärmenden Gelegenheiten zurVerstärkung des Festjubels(I1 Sani 6 i5).Neben dein Horn steht die Trompete (chc~oser$lQ. Inalter Zeit wird sie nur selten genannt (Hos 5 s I1 Reg 11 14); dagegenist sis in späterer Zeit das Hauptinstrument der Priester,und das Trompetenblasen erscheint geradezu als ein Vorrechtderselben. Die Form der heiligenTrompeten beschreibt JOSEPHUS(Ant. I11 291) als gerade diinneiI!ietallröhre, fast eine Elle lang,init glockenformigem I\Iuridstück.Damit stimmen die Abbildungen Fig- 135. TroDi~eten auf einerMünze des Bar Xochha.auf Münzen und auf clein Titns-Avers: yiy [CD].bogen überein.Revers : h5~1-i[?] ßl"lhii (Befreic)Vonden Schlagin~t~ii- ung Jerusalems).nl e n t e n ist das T a m b ii r i n (ldph, arab. dzlf) das volkstümlicliste,das bei keiner Lustbarlceit fehlen durfte. Beim Reigentanzwar es geradezu unentbehrlich und wurde desshalb auchbeim religiösen Tanz verwendet; in der späteren Tempelrnusilifand es keinen Platz (I Sam 1.0 5 I1 Sam 6 5 Es 1520).Das übereinen Reif gespannte Fell wurde mit den Fingern geschlagen.Vorzugsweise finden wir es in Hanclen von Frauen (Jdc 11 34I Sam 18 G u. a.).Mit ihm meist verbunden erscheint die C y m b e 1 (sedseliin,ii2esiltrqiin). Die Cymbeln haben auch in die TempelniiisikA~~fnahme erhalten. JOSEPHUS (Ant. V11 128) beschreibt sieals grosse Metallplatten, die zusammengesclilagen wurden. Obauch die kleineren K a s t a g n e t t e n , Metalll


278 Zweiter Teil. VII. Die Schrift. [D 39.Cymbeln haben vorzugsweise die Aufgabe, den Rhythmus hervorznheben.Neben ihnen werden noch erwähnt die ~1~ena'ccn'2~iz (I1 Sam6 5) und die sclrcilischS?n (1 Sam 18 G), jene nach der Traditionden in Aegypten viel gebrauchten Sistren ähnlich, mit Ringenbeliangene Eiseiistäbe, welche beim Schütteln klingen; diese vonunsicherer Bedeutung, der Etymologie nach vielfach als Triangelerklärt.Kap. VII.Die Schrift.$j 39. Die Schriftformen.PHBERCER, Histoire de l'ecriture clans l'anticluite, Paris 1891. -BSTADE, Lehrbuch der hebräischen Grammatik, Leipzig 1879, 22-58. -Corpus Inscriptionum Semiticarum Pars I Inscriptiones Phoenicias continens(tom. I erschienen); Pars I1 Inscriptioiles Aramaicas continens (toin. IPasc. I erschienen). Paris 1881ff.1. Ursprung der Buchstabenschrift. Die lrlassischenAutoren sincl darin einig, dass es die Pliönicier waren,welche den Griechen die Buchstaben iiberlieferteii. Herodot berichtet,dass man desswegen die Schriftzüge @~~v:x^d~a genannthabe (V 58). Sicher ist: 1. dass die griechische uncl die hebräischeSchrift auf dieselbe Urschrift zurücligelien, 2. dass diese alteSchrift einen semitischen IJrsprung hatte, 3. dass sie eine reineBuchstabenschrift war. Das erste wird ailsse~- den Zengnissencler Klassiker clurch clie alte Form der griechischen Buchstabenund deren Warnen bewiesen. Dass sie von einem seinitischenVolk erfunden worden ist, geht aus cler Bezeichnung dereigentümlichen seaitischen Kehllaute, sowie aus dein Fehlen vonBuchstabenzeichen für die Volrale hervor. Dass sie eine reineBuchstabeilschrift ist, macht natürlich lteiiieswegs uninöglich,dass das Volk, clas sie erfand, vorher eine Zeichenschrift hatte.Im Gegenteil machen die Namen der Buchstaben (s. U.) es wahrscheinlich,dass sie aus einer Bilderschrift eritstandcn sind. DasAlphabet, diese „grossartigste Schöpfiing cles menschlicheii GeistesLLsetzt eine sehr hohe Kulturstufe uncl namentlich den längerenGebrauch einer Schrift voraus. Pralrtische Bediirfnissetvaren es jedenfalls, welche diese gewaltige Vereinfacliniig der


5 39.1 Die Sühriftformen. 279Schreibekunst und damit ihren mächtigen Fortschri.tt hervorriefen.Es liegt am nächsten, anzunehmen, dass ein lebliafterHandelsverlrehr eine derartige Yerkiirzung der umständlichenalteii Schrift, eine Art Kurrentschrift iiotwenclig machte. DieseErwägung würde im Einklang mit der klassischen Tradition aufPhönicien als clas Heimatland des Alphabets führen. AndereErscheinungen deiiten allerdings mehr auf ein Ackerbau undViehzucht treibendes Volk hin, so clie Namen 6&t11, rldleth, Zdtizeclu. a. (s. U.).Die Frage nach dem Alter des Alphabets darf naclidem Gesagten nicht zusaminengeworfen werden mit cler Fragenach dem Alter der Schreibkunst bei den Phöniciern und Kanaanitern.Die gewöhnliche Annahme geht dahin, dass um dasJahr 1500 v. Chr. die Buchstabenschrift bei den Phöniciern ziemlichallgemein verbreitet war, und dass in der Zeit zwischen den116. und 12. Jahrhundert, also jedenfalls vor der dorischen Wanderung,das Alphabet zu den Griechen kam. Diese Ansicht begegnetjedoch einigen Schwierigkeiten. EMEYER (GO 238) weistclaraiif hin, class die Griechen mf Cypern sich etwa im 11. Jahrhunderteiner vielleicht dem Hetitischeii entlehnten lioniplicirteriSilbenschrift bedienten, was kaum clenlcbar sei, wenn damalsschon die Phönicier ihr Alphabet verbreiteten. Ferner wissenwir aus den Thontafeln von Te11 el-Asnarna (s. U.), class um dasJahr 1400 V. Chi. im Gebiet von Palästina nncl Pliönicieii diebabylonische Keilschrift als eine Art internationaler Schrift iiiiGebrauch war, was ebenfalls sich nur schwer begreifen liesse,werin schon damals die seiiiitischen Buchstaben bekannt gewesenwären. Wir ~vercleii also mit cler Erfindung des Alphabets etwasweiter heruntergehen müssen. Eine untere Grenze liegt clarin,dass der Mesastein (9. Jahrhundert) uncl ebenso die älteste hebräischeLiteratur (jedenfalls erste Hälfte des 9. Jahrhunderts)einen längeren Gebrauch und weite Verbreitnng cler Schrift voraussetzen.Noch ganz clunkel uncl viel unistritten ist die Frage nachdein Verhältniss dieser alten Schrift zu anderen Schriftsy s t em e n. Dass es sich nicht um eine völlig freie Erfincliing,sondern um Umforinung bzw. ~~eiterent~~iclrlung einer älterenSchriftart handelt, ist allgeineiii ztigegeben. Aber wo ist die Vorlagezu suchen, aus welcher das phönicische Alphabet erwachsenist? Welcheii Umfang haben cliese Entlehnungen? In Betracht


280 Zweiter Teil. VII. Die Schrift. [§ 39.kommen die Schriften der Hetiter, der Babglonier und der Aegypter.Aus der Tradition der Alten lässt sicli niclits zur Entscheidungentnehmen, ihre Ansichten über den Ursprnng der pliönicischenSchrift waren geteilt. Während die einen auch die Ehrecler Erfindniig den Phöniciern zuschrieben I, nannten andere dieSyrer, Assyrer oder Aegypter" letzteres wird namentlich vonTacitus mit Bestimmtlieit behauptet 3. Alle drei Ansichten habenbis in clie neueste Zeit herein ihreVertreter gefunden; abei gegenjede erheben sich sehr scliwer wiegende Bedenken. Von dem heutigenStancl cler Wissenschaft aus muss die Frage als noch ungelöstund unlösbar bezeichnet werden. Vielleicht darf inan hoffen,dass die Entzifferung cler hetitischen Inschriften, wenn sie einrrialgelungen sein wird, auch hier einiges Licht verbreiten wird.Für den ägyptischen Ursprung des Alphabets ist schon OLS-HAUSEN eingetreten (Kieler philol. Stud. 1841, 4 ff.). Dabei kann es sich nuruin die Hieroglyphen oder um die hieratische Schrift, eine Art Cursivschrift,welche die Hieroglyphen für das Schreiben auf Papyrus ablrürzte, handeln.In der hieratischen Schrift hat E DE ROUGE die Formen des semitischen Alphabetsnachzuweisen gesiicht und damit die Ziistimmung vieler Gelehrtengefunden. Im Gegenteil dazu hat HALE~Y die Ableitung von 12-13 Biiclistabendirekt ans den Hieroglyphen vertreten. Wenn a~icli bei dem lebhaftenVerkehr zwischen Aegypten und Syrien eine solche Entlehnung ausAegypten viel Wahrscheinlichkeit hat, so scheint beiden Annahmen in1 Wegezu stehen die Fragwürdiglreit der behauptet~en Aelinlichlreit der Zeichen,cler Umstand, dass die ägyptische Sprache eine Reihe semitischer Lautenicht kannte, und endlich die Schwierigkeit, die Buchstabennanien von hieraus zu erlrlären. Man müsste z. B. annehmen, dass die Phönicier das vornBild des Fusses herstammende ägyptische Zeiclien ,Iitausl, das des Scliilfblattes,RindL genannt hätten, bloss weil die neuen Zeichen einem -Haus oderRind von Feriie ähnlich gesehen hätten.Um diesen Scliwieriglreiten zu entgehen, haben anclere Forscher (namentliclineuerdings HOIXI~L, Gesch. Babyloniens 50 E.) die a 1 t b a b gl o ni -sche Keilsclirift Iierbeigezogen. Durch die Auffindung der Tho ntafelnLUCAN, Pharsalia 111 320 ff.Phoenices primi, fainae si creditur, ausimansuram rudibus vocem signare figuris.PLINIUS, Nat. Rist. ed. SILLIG V11 192 literas semper arbitror Assyriisfuisse, sed alii apnd Aegyptios a Mercurio, ut Gellius, alii al~ud Syrosrepertas volunt.Annalen XI, 14 Primi per figuras animalium Aegyptii sensus mentisefingebant (ea antiquissima monimenta memoriae humanae impressa saxisceriiuntur) et litterarum semet ipsos inventores perhibent; inde Phoenices,qnia inari praepollebant, intulisse Graeciae gloriainque adeptos, tanquainsepererint, qnae acceperant.


3 39.1 Die Schriftformen. 281von Te11 el-Avzarnct hat diese Hypothese eine nicht zu verachtende Stützegewonnen. Diese nämlich enthalten unter anderem Briefe der kleinen ägyptischenVasallenbönige aus Palästina und Phönicien an den Grosskönigl.Sie sind abgefasst in assyrischer Sprache und in babylonischer Keilschriftgeschrieben. Dadnrch ist allerdings bewiesen, dass ca. 1400 V. Chr. in Palästinadie babylonische Schrift geschrieben wurde. Allein gegen die Ahleitungaus dieser spricht nicht nur, dass eine Aelinlichlreit der Zeichen blossgezwungen behauptet werden lrann, sondern namentlich der Umstand, dassdie babyloilische Schrift. von einer alphabetarischen Schrift viel weiter abstehtals die ägyptische, welche neben den Bildern für ganze Begriffe undden Zeichen für Silben schon in der friihesten Zeit Buchstaben hatte. InFolge des regen, friedlichen wie kriegerischen Verkehrs zu,isclien Syrien undAegypten musste die ägyptische Schrift den Phöniciern jedenfalls bekanntsein. Vollends dieHypothese$Io~\~~~~s, dass Beduinen der syrischenWüsteschon um das Jahr 2000 V. Chr. auf ihren Streifzügen die Inschriften derBabylonier bewundert und sich aus den Ideogrammen derselben die Buchstabenzeicheuzurecht gemacht hätten, entbehrt jeglicher Begründung.Was endlich die von EMEI'ER (GO 237) als Vermutung ausgesprocheneAbhängigkeit von der hetitischen Schrift anlangt, so lässt sich dieselbeweder beweisen noch widerlegen. Die hetitischen Inscliriften, zuerst in derGegend von HanG, dann neuerdings in weitem Umkreis bis nach Kleinasienund am Euphrat aufgefunden, sind uns erst seit 1872 bekannt. Sie sindin einer ganz merlrwürdigen, bis dahin unbelrannten Schrift, einer Art groberHieroglyphen, geschrieben. Die Zeichen sind durchweg in Relief gehauen;die Schrift läuft al>wechselnd von rechts nach links und uingelrehrt(Bustrophedon). Das mächtige Hetiterreich hat also seine ganz eigenartigeSchrift gehabt, die bis jetzt noch mit keinem der bekannten Schriftsystemein Zusammenhang gebracht werden lrann. An sich erscheint es als dasnatürlichste, dass ein auf syrischem Boden entstandenes Alpliabet von einerin Syrien herrschenden Bieroglyphenschrift hergenominen wäre. Da es abernoch immer nicht gelungen ist, diese hetitischen Inschriften zu entziffern,da es noch nicht einmal vollständig sicher ist, ob die Sprache dieser Inschrifteniiberhaupt zu den semitischen gehört, so lrommt man iiber nnbeweisbareVermutuugen nicht hinaus.Wenn aber auch eine direlite Entlehnung cler Buchstabenforinenaus dem Aegyptischen so wenig wie anderswoher nachzuweisenist, so bleibt es doch im höchsten Gracl wahrscheinlich,dass bei der Bildung der semitischen Schrift die ägyptische ihremPrinzip nach als Vorbild dieiite. Auch die Buchstaberi der Hieroglyphenschriftsind nach dem Prinzip der Akrophonie entstanden,d. h. jeder derselben verdankt seinen Lautwert dem Uinstand,dass der Name des von ihm abgebildeten Gegenstandesmit clem betreffeilclen Laut beginnt. Dasselbe Gesetz ist, wie esVgl. ZIMMERN, Palästina um das Jahr 1400 v. Chr. nach neuen Quellen.ZDPV 1890 XIII, 133-147.


282 Zweiter Teil. VII. Die Schrift. La 39-scheint, bei der Entstehung der Buclistaben des semitischen Alphabetsniassgebend gewesen : jeder Buclistabe wurde dargestelltcliirch das Bild eines Gegenstandes, dessen Name mit dem betreffendenKonsonanten begann.Es wird übrigens neuerdings (namentlich von BERGER, Hist. de l'kcr.126) bestritten, dass dieses akrophonische Princip bei der Bildung des Alphabetsmitgewirkt habe. Nan erklärt die Buchstabennamen als blosse,voces inemoriales'; ähnlich wie in unseren ABCbüchern suchte und fandinan zur leichteren Einprägung für sie solche Namen, die mit dem betreffendenLaut begannen und deren Gegenstand zugleich mit der Form desBuchstabens einige Aehnlichkeit aufzuweisen hatte. Ihre Form aber undihre Bedeutung - das ist die Hauptsache - standen schon vorher unabhängigdavon fest. Dies wirrde allerdings erklären, a7arnin bei manchenBuchstaben auch eine lebhafte Phantasie keine solche Aehnlielikeit inehrentdecken kann. Am deutlichsten erkennbar sind K, Ochsenlropf nlit Hörnernund Ohren; 1, ICamelslials; 1, Haclren; 5, Ochsensteclren; D, Auge; 7,Kopf im Profil; U, Zahn; 3, Kreuz (vgl. Spalte 1 und 2 der SchrifttabelleFig. 137). Interessant ist die Veränderung, welche die Namen des und 7in1 Aethiopischen erfahren haben. Da das Aethiopische f~ir ,Hand1 nichtjad, sondern 'ed hat, wurde als Buclistabenbezeichnung für ' jcc.nza?z ,dierechte Hand' eingesetzt. Ebeilso ist d n = ,Fisch' iin Aethiopischen nichtmehr vorhanden, statt dessen miirde als Name des 7 das Wort 1rctc7tascli,SchlangeG gewililt. In beideil Fillen clrüclrt sich iil cler Aeilderung deutlicliaus, dass die SUdsemiten von dein akroplionisclien Princip, d. h. davon, dassdie Buchsiabenformen mit der Benennung als ,IlandL und ,SchlangeL zusammenhäilgen,noch eine Ahnung hatten, als sie das Alphabet Ubernahmen.2. Jedenfalls sind die Namen cler Buchstaben sehr alt ;denn sie lauten bei Griechen, Hebräern und mit einigen Aus-nahmen (s. 0.) auch bei clen Aethiopiern gleich. Nameii wieyi~nel, jbcl, i.i?'scli, ai&n?, p&', schiik sind keine hebräischen Vormen.Daraus darf jecloch keineswegs auf den niclithebr5ischenbzw. nichtphönicischen Ursprung der Nanien geschlossen werden.Denn es ist nichts weniger als wahrscheinlicli, dass diese liebiaischellNanlen die Urform der alten Namen unverändert erlialteiihaben. Dies ~~rircl noch deutlich genug durch das griechischeAlphabet niit seinen Namen bezeugt: einzelnen derselben liegensicher andere semitische Foriiien zu Grunde als die im hebrnischnerhaltenen. Das griechische y&pp.a z. B. (aus y&pAa) weist aufgamal (statt ytnrel), das griechische P6 auf TO'SCI~ (statt i.&'sch)als Urform ziirück, vgl. auch TC statt I'&' U. R.Die hebräischen Namen der Buchstaben finden sich Thren 1-4 bciden LXX in griechischer Transkription, allerdings in verschiedenen Lesarten.In folgender Tabelle sind sie niit den griechischen Buchstabcnnamennnd ihrer wahrscheinlichen Bedeutung zusan~mengestellt (die alte Form derBuchstaben ist aus der beigegebenen Tabelle Fig. 137 zu ersehen).


9 39.1 Die Schriftformen. 2834: Hebr.Name nach den Griech. Name Bedeutung& LXX zu Threil l-41. g 2.Asy (2.1,p) Ochse2. 3 9*q8 ß7.r~ Haus3. 1 yspsh (ytph) ~{hppa (für yhp),~.) Kamel4. 1 OCL~E~.(;E),&, 811~) 56h~u. Shiire5. -I +j Gitterfenster (?)6. 1 0Du.u Fu.6 (später OL+[app~) Zeltpflock7. Cnrv (Cu.?) fi.rv. Schmuclir (?) Waffe (?)8. h $9 ($8) +V. Zaun (?)9. B rq8. $.?JTV.Schlaucli (?) Rad (?)3 -10. 9 iw8 !UJTO. Hand11. 2 %U.? xaii~u. Hohle Hand (?)12. 5, Au.p& (ARSO) )\Lp@u. Ochsenstecken13. D pqp Po Wasser (?)14. : ~ ouv V 5 Schlange15. $ wpq (cwp~, ca~p, GU,-{~) o"i{paStütze16. u.3~ 0 Auge17. D cpq ii: lPiunc118. X r~u.8.~ (ca8-q) iiil girieeh. Alph. ausgefall. Fischerhacken (?)19. j) zwcp ~.bxit~. Hinterkopf (?)20. 9 bq%~ (p.1~) fi 6 I C O ~ ~ ~21. 3 %usv (GEY) Zahn22. pl 9au cuu Iirenz.Die Zeiclien der im Griechischen nicht vorhandenen seinitischen Hanchlautewurden zur Bezeichniing derVokale E q o verwandt. Weiter ist bei denGriechen, die zwischenund W nicht unterschieden, der Name des ersteren(cypu.) an Stelle des letzteren getreten, während dieForm des 8 für das blieb.Was die Anordnung des Alphabets betrifft, so diirfte es vielleichtnicht zufällig sein, dass gerade die Buchstaben beisammen stehen(1-4, ö), welche nach Gegenstäriden, die zum Haus (Zelt) gehören, benanntsind. Vielleicht liegt hierin ein Fingerzeig fiir die Erklärung vonNo. 6, 7, 8, 9. Ebenso fallt die Zusaminenstellung von 9 und 3, von n und 3ins Ange; M 0 7 1 W sind alle nach dem Kopf und seinen Teilen benannt.Direkt ist uns diese Anordnung allerdings erst aus nachexilisclier Zeit überliefertin den akrostichischen Dichtungen (Thren 1-4, PS 9 und 10 23 3437 111 112 119 145 Prv 31 10-31). Allein ein hohes Alter derselben istdurch den sog. Athbasch (WZPIW) bewiesen. Dieser, eine Art Räthsel, bestehtdarin, dass man statt cler richtigen Hiichstaben eines Namens andereeinsetzt und zwar so, dass fiir den ersten Buchstaben des Alphabets derletzte, für den zweiten der vorletzte, für den dritten der drittletzte eintrittU. s. W. So steht Jer 25 se 73lfy fiir 523, Jer 51 i lßj) 3's für E'1733. Ausclern Zahlenwert der Buchstaben hei den Griechen (U = 1, = 10, p = 100etc.) geht sogar hervor, dass damals, als die Griechen das Alphabet erhielten,die Ordnung schon dieselbe war. Dagegen hat DILLA~ANN (Aethio-~ische Graminatilr 14 ff.) nachgewiesen, dass dass äthiopische Alphabet auszwei Reihen von je 11 B~ichstalieil bestand und dass clie 2. Hälfte (von 3 bis nvoranstand; vgl. hiezu die nicht üble Idee vonWo~~, dass das Wort elevzelztnvon 1 m n (5 D 3) herzuleiten sei, also unserem ABC entsprechen würde.


284 Zweiter Teil. VII. Die Schrift. [D 39.3. Die nrspriinglichste Form der Buchstaben wird unsdurch lreine Inschrift direkt überliefert. Doch darf nian mit zieinlicherSicherheit annehmen, dass die beideii frühesten Inschriftensich nicht weit von ihr entfernen. Die älteste clerselhen ist derilfesnstein, die Stele cles nioabitischen Königs RIesa, der in derersten Hälfte des 9. Jahrhunderts als Zeitgenosse von Aliab undJorain lebte (I1 Reg 3).Die Inschrift gibt eine Schilderung der Taten des Königs in Kriegund Frieden. Sie warde von dem deutschen Pastor KLEIN iiil Jahr 1868 inden Ruinen von DibGn gefunden. Leider gelang es nicht, sie unversehrtnach Europa zu bringeiz, die argwöliniscli. gemachten Beduinen zersprengtenden Stein. Die Brnclistüclie stehen im Louvre. Eiii vor Zerstijrnng desSteins genommener Ablrlatscli ermöglicht die Inschrift bis auf lrleine Lückenzii lesen, vgl. SIIEND und SOCIN, Die Inschrift des Icönigs Mesa von IToab,Freiburg 1886. - Die Form der Buchstaben auf dem Bfesastein wechseltsehr; es ist daher niclit immer möglich, einen Arclietypus anzugeben. Aufdie Herstellnng der Inschrift lässt diese Tatsaclie einen interessanten Schlussziehen: es waren offeillsar zwei Leute damit beschäftigt; erst inalte einSchreiber die Buchstaben, so wie er sie zu schreiben pflegte, ohne vielRüclrsicht auf den Steinhauer zu nehmen; dann wurden sie vom Steinmetz,der des Schreibens kaum kundig war, eingehauen.ri3~13 ~ 3 ~ IVYR 7 3 17a=ii 5~25?in? YR c2.i~ piaregis Sidonornm . . . . dedit Baitli-Libano, domino suo, . . . . aeris . . . .Fig. 136. Fragment einer altphönicisclien Inschrift aus Cgpern.Der Forin cler Buchstaben nach gehört entscliiederi ingleich frühe Zeit eine phönicische Inschrift aus Cypern,die sich auf einer Bronceschale befindet. Leider ist sie sehr lrurzund zudem nur in Bruchstüclreil erhalten (Fig. 136; vgl. CISpars I tom. I No. 5).Auf diesen beiden Iilschrifteii ans dem östlichen und westlichenGrenzgebiet der altsemitischen Schrift zeigen die Formeneine ganz merkwiirdige Uebereinstimm~ing nainentlich da, wo diespätere hebräische und phönicische Schrift Veränderungen aufweist,vgl. besonders die Buclistabeii .i 5 PI im Unterschied vonden Formen in Spalte 2 der Tabelle. Charalrteristiscli ist dieEinfachheit der Formen und ebenso das, dass überall noch scharfeeclrige Formen stelien, wo die spätere Zeit abgerundet hat. Dieoben ausgesprochene Verinutnilg, dass wir Bier den Urformensehr nahe gekommen sind, bestätigt sich noch durch eine weitere


Alphabete 81Ltereko semftiseltaea, Sehiraftartere.Zu Seite 284.Raschi-63n433rnVB733 D\h


D 39.1 Die Schriftformen. 28 5Wahrnehmung: während clie altgriechischen Buchstaben von denspäteren phönicischen (Spalte 2) oft bedeutend differiren, so dasseine direkte Ableitung aus diesen Pormen unmöglich ist, bietetdie Mesaschrift vielfach clie Verbindung zwischeil beiden eben so,dass sie als die Urforiii erscheint, aus welcher sicli die griecl-iischeund phönicisclie Form entwiclielt hat I.Sehen wir vori der Entwicklung dieses Alphabets bei denGriechen und Südseiniten als ausserlialb des Rahmens unsererAufgabe liegend ab, so lassen sich auf dein Boden von Syrieiiclrei verschiedene Schrifttypen unterscheiden, welche sich sehrbald aus den genieinsanien Urformen des Alphabets entwickelthaben: 1. die phöilicische, 2. die althebräische, 3. clie ararnäisclieSchrift.a) Die phönicis che Schrift findet sichin charaliteristischerAusprägung auf der Sarkopliaginschrift cles Eschmunazar,Königs von Sidon, ans der eisten HSilfte cles 4. Jalirhuiiderts,Fig. 139. Hebräisches Siegel: Fig.. 140. Hebräisches Siegel:7% ~ s iavayi y7333 33 1,~~;95vielleicht aber auch erst aus der Ptoleinäerzeit (vgl. Fig. 89S. 256). Hier ist die Ausbildung cler Schriftform, welche man als„klassisch pliönicische Schrift" bezeichnet hat, bereits vollendetund in den drei nächsten Jahrhunderten (400-100 v. Chr.) hatsie sich Baum mehr verändert. Die Formen (vgl. CIS pars Itom. I No. 3 und Spalte 2 der Schrifttafel) weicheii ganz merlilichvon denen des Mesasteins und der alten Inschrift aus Cypern ab,vgl. besoiiders clie Buchstaben 2 D ;, 0. Die Schrift ist namentlichviel mehr abgerundet, die Formen sind eleganter uncl regelmässiger,clie Buchstaben neigen sich etwas nach rcclits (rücliwärts):die Monumentalschrift nähert sicli der Cursivschrift.' Damit soll natiirlich nicht gesagt sein, dass jeder einzelne Buchstabedes Mesasteins unbedingt daranf Anspruch machen lrann, als Urform zu gelten.Anch diese Schrift hat schon eine längere Entwi~kluilg hinter sich, unddie eine oder andere Urform könnte sich z. B. in der Siloainschrift reinererhalten haben.


286 Zweiter Teil. VII. Die Schrift. [Ci 39,b) Die althebräische Schrift ist uns beliailnt aus clerSilo ains ehr ift (Fig. 138) und 20 bisher gefundei~eii Siegelsteiiien.Für letztere vgl. ausser den iieberi stehencleii Abhilcluiigennncl Sp. 4 der Schrifttafel auch clie Abbildungen 8. 258ff.Dio Siloahinscliril't befindet sich nahe dein südlichen Ausfluss desSiloalranals. Ist clie gewölinliche Verinutnng über die Herstcllnng diesesKanals (X. 5.1.) richtig, so gehört die Jnsclirift der Zeit des Kbnigs ITislria(Ende des 8. Jalirhuilclerts) an. Sie murde 1880 durch badende Knaben aufgefunden.Vgl. I


Zu Seite 286,Althebräische Inschrift aus dein Siloakanal,Uebersetzung.Die Dnrchbohrung. Und dies war der Hergang der Dilrclibohrung . . . . . . .die Haclren eines jeden gegen die dcs anderii; und als sie nocli drei Ellen . . . . .rief einer dem andern, denn es war ein Spalt (?) im Felsen zur rechten Hand. Und am Tageder Durchholirung hieben die Aushauenden einer gegen den andern Haclre auf Hacke;und es ergoss sichdas Wasser von dem Ausgarigspuulrt in den Teicli 1200 Ellen weit und 100Ellen war die Höhe des Felsen über den Aushauendeil.


5 39.1 Die Schriftformen. 287C) Dcr dritte der genannten Zweige der semitischen Schriftist das Ara m ä i s c h e. Welchen Anteil die Aramäer an der Erfindungdes Alphabetes und der Biichstabenschrift hatten, wissenwir nicht. Soviel aber steht fest, dass ihnen die Ehre zukommt,clie altseniitische Schrift in Asien verbreitet zu haben. In welcheinJlass dies schon in früher Zeit geschah, zeigen uns die Fundorteder aramäischen Inschriften: aus dem 9. und 8. Jahrhunderthaben wir solche aus Kleinasien und Assyrien, aus dem 6. und5. Jahrhundert, aus Arabien und Aegypten.Eine der ältesten aramiiischen Inschriften ist die des Panamu-Steins von Seindschirli (vgl. Mitteilungen a. d. Oriental. Saniinlungenin Berlin, Heft XI, 1893). Ferner stammen aus den18. Jahrh. kleinere Inschriften auf assyrischen Gewichten (CISpars TI tom. I No. 1-14), doppelsprachige Tabletten mit Aramäischund Keilschrift (ibid. No. 15ff.), aramäische Siegel U. a.(ibid. No. 73 ff.). Von da ab fehlen aus lreinem Jahrhundertarainäische Schriftdenkmale. Aus der mittleren Zeit des Aramäischen(6. Jahrli.) ist namentlich die berühmte Stele vonTeima in Arabien zu nennen (CIS 1. C. No. 113). Darnach istes uns möglich, die Entwicklung der aramäischen Schrift ziemlichgenau zu verfolgen. Die älteste Form derselben gleicht den1altsemitisclien Alphabet fast vollstänclig.Iin 6. Jahrhundertunterscheidet sich clie arainäische Schrift jedoch bereits cleutliclzvon jenem wie von der althebräischen lind phönicischen Schrift :die Hauptdifferenz liegt darin, dass die in jenen Alphabeten gesclilossenenBuchstaben 3 7 7 sogar Y nach oben geöffnet werden(vgl. Spalte 6 der Schrifttafel). Ansgangs des 5. Jalirhuiidertsverschwinden die archaistischen Reste vollencls ganz und die aramäischeSchrift ist in ihrer Eigenart so zieinlicli fertig. Vom4.-1. vorchristlichen Jahrhundert geht sie dann ganz allinählicliin clie von den Rabbinen kelholih r12e~z166ci' genannte & U a d r a t -s C h ri f t über, welche zur Zeit Christi in ganz Syrien allgemeinim Gebrauch war. Ihre weitere Entwicklung zum palinyrenischenund nabatäisclien Sclirifttypas, die beide aus der Quadratschriftentstanden sind, haben wir hier nicht inehr zu beschreiben.Diese Quaclratschrift ist nach der jüdischen Ueberlieferungvon Ezra aus dem Exil niitgebraclit uncl bei den Juden eingefülirtworden. Dein steht jedoch neben anderem namentlich clie Tatsacheentgegen, dass die Samaritaner um das Jahr 400 den Pentateuchnoch in den althebräischen Charalrtereii von den Juden


288 Zweiter Teil. VII. Die Schrift. [B 40.übernahinen. Die älteste jiiclisclie Inschrift mit spezifisch arain$iisclienSchriftzügen ist clie von ',dl*R& el-Ev/ii- (im Ostjorclanland)vielleicht aus dein Jahr 176, die leider nur 5 Buchst* d b enenthält. Die Anfänge des Ueberganges reichen sclitverlich vieliiber clas Jahr 300 hinaus (TYELLHAUSEN in BLEEICS Einleitungins A. T. 5. A. 581). Jedenfalls geschah derselbe nicht plötzlichuncl auf einmal, sondern langsam lind allmälilig. Mit deinVordringen cler araniäischen Sprache nach Siiclen in cler persischenZeit verband sich die Ausbreitung cler handlicheren uiiclbecyiiemeren aramäischen Schrift ganz naturgeinäss, „so jedoch,dass daneben die alten Scliriftziige hin und wieder noch einflossenund erst ganz allinahlig scliwanclenLL (SUDE, Hebr. Gramm. 28).Erst die Inschrift cles sog. Jali-obusgrabs iin Kidrontal aus dein1. Jahrhnnclert V. Chr. ist rein nran1äisch geschrieben. Wie beiden Miinzen mag auch bei den heiligen Schriften längere Zeit cliealte Schrift beibehalten worden sein und erst, als clie alten Buchstabenganz aus dem Verkehr verschwunden ~varen, irgend eininal,wie clie Tradition voraussetzt, eine förmliche Transskriptionstattgef~inden haben. Dies geschah jeclenfalls vor Christi Zeit,cleiin clie Erwähnung cles $3~2 als des kleinsten @nchstabeii inMatth. 5 1s setzt clie Qnadratschrift init kleinem j voraus.$j 40e Die Schreibekunst.Nach der heiligen Sage Ivaren selbstverständlich Mose unclseine Zeitgenossen im Besitz cler Schreibeli-unst. Belegstellenhiefür sind iiberfliissig. Dagegen sclieinen die Erzähler init Bewiisstseinund Absicht in der Patriarchenzeit von einer Belianntschaftmit der Schrift nicht zu reden; der Siegelring des Jucln(Gen 38 1s) setzt keineswegs eine Eingravierung cles Namens voraus.Wenn - worüber wir aber gar nichts Sicheres erfahren -clie Israeliten schon währencl ihres Noinaclenlebens in cler Wiisteirgeilcl welche Schrift hatten, so befancl sich diese jedenfalls aufder niedersten Stufe cler Entwiclilung, auf jener Stufe, wo es sichnicht um Silbenzeichen oder gar Buchstaben, sondern nur uniilinemotechnische Zeichen, um Eilclerschrift handelt, etwa wie heutzutageclie Beduinen ihre Zeichen (zuasn?) haben, die sie ilirenTieren einbrennen lind auf Felsen, oder wo sonst Gelegenheit ist,anbringen. Mit der Buchstabenschrift, wie überhaupt mit clerKultnr, sind die Israeliten erst bekannt ge~~~orclen, als sie in1 Westjorcla~llancl(vielleicht auch schon im Ostjorclanlancl) mit den Ka-


5 40.1 Die Schreibekunst. 289naanitern in nähere Berührung kamen. Bei diesen dürfen wir dieSchreibekunst schon in längerer, häufiger Uebung vorraussetzen.Am Hof der Cheta z. B. nahm der königliche Schreiber eiiiehohe Stellung ein; er begleitete clen König sogar in die Schlacht.Ebensogut hatten clie palästinensischen Qaufiirsten ihre Sclireiber ;eine lebhafte Korrespondenz zwischen Egypten einerseits, Babylonienund Syrien andererseits war in1 Gang.Wie rasch uncl wie allgemein sich das Schreiben bei den Hebräernverbreitete, entzieht sich unserer Beobachtung; dennStellen wie Jdc 8 14 beweisen nichts für die Richterzeit, sondernfür die Zeit cles Verfassers. Fiir cliese aber, cl. h. für clie Königszeit,ist dann allerclings vielfach bezeugt, dass das Schreiben eineziemlich bekannte Kunst war. Auch ain israelitischen Hof gehörteder Staatsschreiber (jOpl~Pr) zu den höchsten Beamten(I1 Sam 8 17 20 25 U. 0.). Bei Rechts- und Handelsgeschäften magschon frühe das Aufsetzen schriftlicher Urkunden iiblich gewordensein: Kaufbriefe und Scheiclungsurbnnden sind alt (Jer 32 10Dt 24 I); Anklageschriften werden allerdings erst später erwähnt(Bi 1326 31 35). Die Kenntniss des Schreibens und Lesens wirdbei den höheren königlichen Beamten, wie bei clen Vornehmenund Gebildeten vorausgesetzt (11 Sam 11 i4 I Reg 21 s I1 Reg 5 510 1 Jer 291 U. a.). Ja mehr noch: clie ältesten Schriftdenkmalecler hebräischen Literatur reichen jederifalls in die Mitte des9. Jal~rhunderts z~~rück. Dass man damals die alten heiligenSagen, welche man bisher mündlich überliefert hatte, nieclerzuschreibenbegann, weist darauf hin, dass die Kenntniss des Lesensgeworden war. Xo bedienen sich von Amos an diePropheten der Schrift, um ihren Ideen die weiteste Verbreitungim Volk zu sichern. Ein Elias und Elisa konnten das noch nicht;inzwischen haben sich clie Zeiten in diesem Stück geäi~dert. (Vgl.auch Jdc 8 14 Jes 10 i9). Itechtssatzürigeil wurden in grösseremUmfang jetzt schriftlich niedergelegt, woran allerdings Jesaia]reine Freude hat; er findet, dass das geschriebene Recht den clesLesens iinkundigen gemeinen Mann vom Recht ausscl~liesst (Jes10 1 Hos 8 12). Die grosse Masse cles Volkes blieb natürlich auclijetzt lloch des Lesens und Schreibens unkundig (Jes 10 i 29 iz),sie bediente sich im Bedarfsfall der Hilfe der gewandten berufsinässigenSchreiber, clie um ein billiges Geld in alter Zeit wienoch heute ihre Dienste in den Basaren Jedermann zur Verfiiguilgstellten (vgl. Jos~r11r;s 4nt. XVI 318; PS 43 2).B iiiger , Hebraisclie Arohiologie. 19


290 Zweiter Teil. VII. Die Schrift. r§ 40.2. Als SchreibwerIrzeuge wercleil im A. T. genannt: DerGriffel ('&J), der je nach den1 Material, auf dem geschriebenwurde, entweder von Eisen war ('&C ba~ael Jer 17 i Hi 19 24,auch cl1es.e.t genannt, zum Eingraviren auf Stein oder Metall),oder aus einem Rohr bestand, daher die LXX das Wort richtigmit xkhcrpos ~viedergeben; weiter das Schreibermesser (tn'l~r/ti~~~bp/~ertn~ Jer 36 zs), niit welchem die Rolirspitze zugeschnittenwurde, und die Tinte (cZY0 Jer 36 1s). Das ganze Schreih-Zeug, Tintenfass (heget/& I~aggGphe1.271~ Ez 9 2 LI. a.) und Schreibrohr,trug man im Gürtel bei sich, wie iioch jetzt im Orient(Ez 9 2).Was das Material betrifft, anf .cvelches geschrieben wurde,so sind in der ältesten Zeit, wie der Fund von Tell el-Aniarnazeigt, in Syrien wie in Babylonien Thontafeln im Gebrauch gewesen.Auch abgesehen von Insclirifteii auf Steindenlin~älernwurde noch in späterer Zeit auf Stein- oder Metalltafelnl geschrieben,was auf kommende Geschlechter überliefert werdensollte (z. B. Gesetze nnd dergl. Jes 8 1 30 s Hab 2 2). Für dentäglichen Gebrauch liam man jeclocli bald davon ab, Briefe unddergl. a~~f solche Tafeln zn schreiben. In der Königszeit schriebman bereits in ,BücherL(Ex 24 7 Jes 30 s u. ö.). Die LXX zuJer 36 iff. (griech. Text 43 iff.) reden von xapztov und X+T~C,denkeil also an eine Buchrolle aus Papier, wie sie von Egjptenzu den Griechen und Römern gekommen war. Es ist immerhinmöglich, dass das Papier schon frühe in Syrien Eingang gefundenhat, zumal da in Palästina selbst, z. B. am Hiilesee, in derEbene Genezaret und sonst, die Papyrusstaude nicht selten war.Allein aus dem 8. T. lässt sich der Gebrauch des Papiersnicht belegen (auch nicht aus Jer 3623)) und es ist mindestensebenso wahrscheinlich, dass man in alter Zeit auf gegIätteteSchaf- oder Ziegenhäute schrieb. HERODOS (V 58) berichtetdies von den alten Ioniern, KTESIAS (bei Dro~orz I1 32) von denPersern. Noch aus späterer Zeit (285 V. Chr.) erzählt JOSE-PHUS (Ant. XI1 89f.) von einer in Golclbuchstaben auf Tierhautgeschriebenen prächtigen Gesetzesrolle, ~velclie von JernsalemHi 19 24 wird wohl richtiger vom Aasgiessen der in den Stein gegrabenenBuchstaben mit Blei zu verstellen sein, dagegen dürfte mit gillcljon(Jes Si) eine Metalltafel gemeint sein. PLUSANIBS (IX 31 4) und PLINIUS(XI11 68) erwähnen Bleihfeln als bei den Griechen und Römern im Gebrauchbefindlicli.


3 40.1 Die Schreibelrunst. 291dem Ptolemäus Pliilaclelpl-ius iibersandt wurde ; sie zeichnete sichaus durch die Feinlieit des Leclers und clie Unsichtbarlreit clerFuge11 zwischen den zusainmengefügten Blättern. TVeim Plinius(XI1168) erzählt, clas Pergament sei in Pergamum erfunden mordei-i,weil Ptolemäus aus Eifersucht gegen die pergamenische Bibliothekdie Ansfulir von Papyrus eingestcllt habe, so lrailn es sichbei dieser ,Eifi~iclnng( des Pergaments nur um eine Verfeinerungdes Materials und eine weitere Verbreitung desselben unter denGriechen handeln.Die Bücher selbst liatten Rollei-iforin. Die beiclen Eildender Rolle (rn~gilldh Ez 2 9 U. a.) waren uin Stabe aiifgewiclrelt.Die Rollen waren nicht cler Quere nach fortlaufend beschrieben,sonderii der Länge nach in einzelne Seiten geteilt. &faii las so,dass man den Anfaiig cler Rolle rechts, das Ende linlis liatte;wenn eine Seite gelesen war, wickelte man von der Rolle linlrseine iieue Seite ab und clie gelesene Seite anf cler Rolle rechts auf.


292 Dritter Teil. I. Verfassung und Verwaltung. [§ 41.Dritter Teil.Staatsaltertümer.JDDIICHAELIS, Mosaisches Recht, 2. A., 6 Bde. Franlrfurt 1775. -JLSaaLsc~ü~z, Das mosaische Recht nebst den vervollständigenclen talmudisch-rabbinischenBestimmungen, 2. Aufl., Berlin 1853.Kap. I.Verfassiing und Verwaltung.5 41. Die Stammesverfassung.1. Das Wesen der Stammesverfassungl. Der Stammist die erweiterte Familie. Wenn aber die Tradition der heutigenBeduinen so gut wie die der alteii Hebräer den Stammvater zunennen weiss, von ~relchem alle Angehörigen des Stammes indirekter Linie abstammen, so ist dies eine blosse Fiktioi~; richtigist hieran nur soviel, dass in der Regel der Gedanke der gemeinsamenAbstammung das Band bildet, das den Stamm zusammenhält.Auf dein Wege des Wachstunls der Fainilien erweitert sichdie Familie zum Geschlecht, dieses zum Stamm. Allein manmuss sich vor der Vorstellung hüten, als ob clie natürlicheWill man das Wesen der israelitischen Stainmesverfassiing verstehen,so muss man von den Verfassungsformen moderner Xnlturstaatcn ganz absehen.Dagegen bieten die Verhältnisse der heutigen nomadisirenden Araberclie genaueste Parallele zu dem, was wir aus dein A. T. entnehmen können.Sind doch die Bedingungen, welche die Stammesverfassnng erzeugen undein Volk dauernd auf der Stufe derselben festlialten, - das nonladisirendeLeben, das Schweifen in der ungemessenen Wüste - heute dieselben wieeinstmals fiir die Ent5vicklung der altisraelitischen Verfassung.


5 41.1 Die Stammesverfassung. 293Vergrösserung der Familie durch Geburten und Heiraten dereinzige Weg zur Stamrnesbildung wäre. Vielmehr wirken immernoch andere Faktoren mit. Die IVorte Familie, Geschlecht,Stamm haben bei den Semiten ein viel weitere Bedeutung alsbei uns.Die erhaltenen Nachrichten geben uns wenigstens noch einzelneBeispiele von Bildung und Zusammensetziing der hebräischenStämme. Juda z. B. wurde zu einem eigenen Stamm dadurch,dass die jucl2iischen Geschlechter I, welche sich im Südencles Landes um Bethlehem herum niedergelassen hatten, sich miteiner Reihe von kanaanitischen Geschlechtern z~~sammenschlossen.Dies ist der Sinn der Erzählung, dass Juda sich von seinemVater trennte, in Adullam sich mit dem Kanaaniter Chirah verbündeteund die Tochter eines anderen Kanaaniters heiratete(Geil 38). In der Zeit Davicls gierig dann ein weiterer Staminocler Unterstainm, Kaleb mit der Hauptstadt Hebron, in Judanuf 2. Mit Recht niacht STAUE darauf anfmerlrsani, dass auch inder Davidsgeschichte sich schöne Anfänge von Stammesbildungzeigen: sowolil in [1'22N/t als in Iy@l~l,y haben sich um David eineMenge von Leuten der verschiedensten Herkunft mit Weib undKincl gesammelt, und leicht hätte sich daraus ein kleiner Stammbilden können, ~veiin nicht diese Entwicklung unterbrochen wordenwäre. Nimmt man dazu die Art und Weise, wie sich nochin später Zeit die keineswegs durch gemeinsailie Abstammungverwandten Priester zu einem Stamm Levi zusarnrnenschlossen,so zeigt sich ganz cleutlich, wie wenig die Abstammung das Massgebendeist.Vielmehr lelireii cliese Beispiele dasselbe wie die Geschichte 'der heutigen Beduinenstämme, dass sich die Geschlechter bildendurch Zuwaclis von ausseii: Kebsweiber, Sklaven, die auch alsFreigelassene iin Verband der Familie bleiben, Klienten, diesich unter den Schutz eines angesehenen Hauses stellen, Flüchtlinge,die ihren alten Stammverband verloren haben und bei eineinneiien Geschlecht Aufnahme suchen, durch Zusammenschlussmit anderen Familien und dergl. Selbständige Stamme entstehenAuch diese waren übrigens nicht rein israelitischen Blutes, sondernhatten die Keniter in sich aufgenommen (Jdc 116).Noch I Sam 30 14 wird der Stamm Ilaleb von Juda getrennt genannt;vgl. STADE, BVJ 12157 ff.


294 Dritter Teil. I. Verfassung undVerwaltung. r.5 41.dadurch, dass ein Geschlecht oder Unterstamm auf die eigeneKraft vertrauend sich vom Hauptstamm trennt, an andere Weideplätzezieht. Gelingt es ihm, sich zu behaupten, ohne dass es sichan andere Stämme anschliessen muss, kann es sich vergrösscriidadurcli, dass es andere Geschlechter an sich zieht, so bildet esmit der Zeit einen neuen Stamm, der sich einen neuen Nainenbeilegt. Die Sage schafft ihm bald einen neuen Stammvater, clenTräger des Namens, und der Zusammenhang mit dein altenStamm koinmt nur noch darin zuin Ausdruck, dass der neueHeros eponyinos in irgend welche verwandtschaftliche Beziehung(meist als Sohn) zuin Stammvater des alten Starnms gesetzt wird.Die Loslösung eines solchen Ablegers kann sehr verschiedeneGriinde haben : Zersprengung iin Krieg, Zwistigkeiten unter denGeschlechtern, Wanclerungen von Stämiiieil können eine Trennungzur Folge haben; mit einer gewissen Notwendigkeit trittsie ein, wo ein Stamm sehr starlr anwächst ocler über ein zugrosses Gebiet sich ausbreitet. Ein Beispiel haben wir bei Joseph,der sich in Ephrairn iiiid Manasse geteilt hat.Dabei sehen wir, wie der Bildung neiier Stämme immer auchder scheinbare ocler wirkliche Untergang alter entspricht. In deinangeführten Fall haben sich die Bestandteile des alten Josephsstaminesvollständig erhalten, sie haben sich nur iii zwei Stämmegetrennt und neue Namen angenommen; von dem alten Stammexistirt noch der Name: Joseph gilt als Vater von Ephrairn undManasse. Anders war es bei Simeon und Levi; hier sind clieStämme wirklich im Krieg aufgerieben worden; ihre Restekonnten nicht als eigene Stämme fortexistireil, soiidern musste11sich an andere anschliessen.Aus dein Gesagten ergibt sich, dass die Bezeichnung Stammund Geschlecht (Unterstamm) nur relativ ist und über die Grössenichts aussagt. Ein Stamm (z. B. Dan) kann noch unter clieStärke eines Geschlechts heruntersinken uncl dabei cloch, wenne1- selbständig bleibt, die Bezeichnung ,Stammc weiter führen; sowird Dan bald ein Stamm (schebl~et), bald ein Geschlecht (nzischpticllcili)genannt.Eine solche Stammverfassung muss beständig in starkemFluss begriffen sein. Schon aus diesem Grunde ergibt sich dieUnmöglichlreit der herl


8 41.1 Die Stammesverfassung. 295genealogische System, welches den Zusammenhang cler 12 Stämmedarstellt, ist folgendes :LeurRuben Simeon Levi Juda Issakhar Sebulon-Ilc~hel SiZpn Bill~aJoseph Beiijamin Gad Ascher Dan Naphtali,----PEphraiin ManasseSchonhierzeigt sich, dass diezwölfzahl nurmitzwang lierausgebrachtwerden kann. Entweder wircl Levi initgezählt, dannclarf Joseph niir als ~i?z Stamm gerechnet werden (so Gen 46 19f.49 zzff. Dt 33 isff. u. a.); oder aber wircl Levi übergangen, dannspaltet sich Joseph in Ephraim und Manasse lind zählt doppelt(Nu 1 zo ff. 2). Noch auffallendere Veränderungen in der Aufzähluilgfinden sich I Chr 27 laff. Die Verwirrung bei deiiUnterstämnien ist eine noch viel grössere I. Weiter berichten clieQuellen, dass z. B., wie schon erwähnt, Siiueon iind Levi sehr friihuntergegangen sind (Gen 49 ~ f.; schon im Deboraliecl fehlen sie) ;dass es einen Stamm .Joseph in historischer Zeit gar nicht mehrgegeben hat; dass auch Manasse sich in z~vei Hälften spaltete;class der Stamm I


296 Dritter Teil. I. Verfassung und Verwaltung. I3 *I*und schutzlos. Dalier die Ausschliessung aus den1 Stamin einenoch viel härtere Strafe ist, als die Verbannung aus dem Vaterlandbei den alteii Griechen. Uingekehrt aber gehört der Einzelnemit seiner ganzen Kraft dein Stamm; clas Stainmes~vohl istfiir ihn das Höcliste iincl in seinem Interesse opfert er ohne Beclenkensich selbst. Daller rührt die grosse Maclit cler Staininessitte(s. S. 320 f.), der siclz Jeder uizbediiigt unterwirft. Es begreiftsich leicht, wie ein solches kräftiges Gemeingefühl gefordert unclbefördert wird durch cleiz Zustand des Kriegs Aller gegen Alle.Dabei ist aber clie Freiheit des Einzelnen und jedenfalls derFamilie lreineswegs so eingeschränkt, wie inan nach dem Gesag-ten erwarten könnte. Familie uiid Geschlecht haben in alleninneren Angelegenheiten vollkonzmeiz freie Hand ; der Stammmischt sich in der Regel nicht darein. So hat namentlich clieFamilie ihre eigene Gerichtsbarkeit (s. 46). Ebenso kailiivon einer eigentliche11 Regierung cles Stainilies iliclzt die Redesein. An der Spitze liat zwar jedes Gesclilecht, jeder Stamm,jedes Lager der Beduineii seinen Schech; allein clessen Autoritätist eine rein n~oralische, sie reicht genau so weit als das Aizsehen,das er sich durch seine persönlichen Eigensclzaften erworbenhat. Er hat nicht zu befehlen, sciiderii zu raten; eiizeiuBefehl würde iinr mit Verachtung bcgegizet werden, seiiiein Ratpflegt man zu folgen. Sein Vorreclzt beschräillit sich darauf, cleiiStninin im Krieg zu füliren, Unterlzandlungeiz in Bezug auf Kriegund Frieden zu leiten, clen Ort für das Lager zu 1)estiinmeiz linddrgl. Aber auch hierin ist er sehr beschiäiikt: ein Schech kannweder Krieg erklären nocli Friedeii schliessen, das Lager wederaufschlagen noch abbrechen lassen, ohne die angeseheiisteii &Iännerdes Stanimes dabei befragt zu haben. Dieseiii arabiscilen,Divan der Scheche' entsl~reclien bei den alteii Hebräern die1;and jisrci'dl, iiach unserem Begriff der Adel des Stainines. Jaclie Freiheit der Einzelnen geht so weit, dass sie ohne weiteresclas Lager verlassen und sich einein anderen aiisclzliesseii köizrien;ebenso können sich ganze Geschlechter vom Stanlrri trennen. Soist es nicht bloss Phrase, wenn der Beduine sich riilimt, class erkeinen anderen Herrn als den Beherrscher iler Welt über sichan erkennt,Haben wir bei der Familie gesehen, dass sie iii letzter LiiiieKultgenossenschaft war, so müssen wir aucli cler Staiziinverfassung1i u 1 t i s C h e B e cl e ii t u n g zuschreiben. Ein religiöses


3 41.1 Die Stammesverfassung. 297Band kettete die einzelnen Geschlechter und Stämme an einander.Diese Vermutung vird durch einige Aideiitungen desA. T. selbst nahe gelegt. 111 cler Daviclsgeschichte wird erzählt,class David seine Ab~vesenheit von der königlicheil Tafel am Nenmondfestdainit entscl~iildigt, dass sei11 Geschlecht aii diesein Tageein jährliches Opferfest feiert, welchem anzuwohnen für ihn heiligePflicht ist. „Ihre Erläuterung erhält diese Entsch~ildigungclurch das Benehmen zweier Glieder der Gens Fabia, welche, umihren Gentilkult zu feiern, die Pflicht gegen das Vaterland liintaiisetzten:jenes Fabius, welcher die Reihen cler (las Kapitol belagerndenGallier diirchbricht, um auf den1 auf dem Quirinal befiiicllichenAltar seines Geschlechts zu opfern, uncl jenes FabiusCunctator, welcher iin zweiten pnnisclzen Krieg um der gleichenPflicht zu genügen, das Kommando seines Heers dein mit seinerZa~idertalrtilr unzufriedenen Magister equituni Minucius iiberlässtLL(STADE, GVJ 12403). Ebenso dürfte ein GeschlechterundStammeskult vorausgesetzt sein in der Frage, mit welcher dieDaniten den Leviten Micha zum Mitziehen bewegen wollen :willst du lieber Hauspriester eines einzelnen IAZaniies sein oderPriester eines Starnlnes (Jdc 18 i9) ? Eine Bestätigung findetdiese Vermutung in dein, was wir iiber die Gentes und *(ivq, dieK~irien und Phratrien der Röiner und Grieche11 wissen, welcheebenfalls K~tltusgenossenschaften waren. „Zur Gens gehörenalle diejenigen, welche sich um denselben Altar zur gleichen Verehrungderselben Götter versammelii", und zwar gilt der Kult derGentes uncl ebenso der der hebräischen Stämine clem Stainnivatei.STADE weist noch auf weitere Einzelheiten hin, welchesich am ungezwungensten als Spuren solchen Ahnenlrults derStämme erlrlären lassen : dass die Vererbung von einen1 Stainmin cleii anderen nicht statthaft ist, dass die Geschlechter Kriniiaalgerichtsbarlreithaben, class sich einzelne Geschlechter geiadezunach einein Gott benennen. Ob freilich letzteres aus deinNamen Gncl, der auch als Name der Glüclrsgöttiii vorlrommt,geschlossen werclen muss, scheint fraglich. Die Anschauung,dass dieser Ahnenliult der alten Israeliten wie der alten Semitenüberhaupt T o t e m i s m u s war, ist namentlich von ROBEq RTSOXSA~ITH und STADE verteidigt worcleil. Aus dem Umstand, dassviele hebräische wie a~tcli arabische Stämme clen Naineil vonTieren tragen, sich als „SÖhile dieses und dieses TieresLL bezeichnen,wird gesclilossen, dass sie ihre Herlrunft voll solchen Tieren


298 Dritter Teil. I. Verfassung und Verwaltung. [$ 41.(ocler Himinelsliörpern und drgl.) ableiteten und diese als Stammvaterverehrten (z. B. Lea, Rahel, Simeon, Kaleb u. a., vgl. beiden Arabern: Söhne cler Sonne, des Moiicles, des Löwen, desFuchses etc.). Diese Verehrnng des Totems entspräclie dannganz der Verehrung des Heros Eponymos bei den Griechen undRömern. Allein diese Bezeichnungen lassen sich mit NÖLDEITE(ZDMG XL 1886, 148ff.) doch auch anders erklären: so gutwie bei den Arabern dürften bei clen Hebräern die betr. Gentililainenauch als Individualnamen vorgekommen sein, und dieMöglichkeit ist niclit von der Hand zii weisen, dass einzelne Geschlechterwirlilich von den Mänilern abstammten, nach denensie sich nannten, uncl ganze Stämme den Namen eines hervorragendenFührers ocler des leitenden Geschlechtes annahmenuncl sich als dessen Söhne bezeichneten. Näher auf diese Frageeiilz~igehen, ist jedoch nicht clie Aufgabe dieses Buches.3. Die Auflösung der Stammesverfassung war einenotwendige Folge vom Aufgeben des Nomadenlebens. Als allerprimitivsteund uiivollliommenste Art staatlicher Gliederung findetsich die Stan~mesverfassung niir bei ,wilden' Völlierschafteii,clie einer höheren Kultur entbehren. Sie passt vorzüglich fiirclie TTiiste und fiir Nomadenvölker. Dort ist jeder festere staatlicheVerband eine Uninöglichlieit, wahrend diese locliere Zusanlmenfassungder Geschlechter, die ihnen die nötige Freiheitder Bewegung lasst und doch eine gewisse naturgemssse Einheitschafft, die Anforderungen uncl Bedürfnisse des Nomadenlebensbefriedigt. Denn in der Wüste gibt es lceiiie grosseil Aufgabenzii erfüllen, welche die Kraft eines ganzen Vollies erfordern. Woaber ein Volk sich in festen Wohnsitzen niederlässt, da ist diesein auf die Dauer unlialtbarer Zustand. Eine Auflösung im Sinneiner Zersplitterung des Stainmes in die einzelnen Geschlecliterist hier unvermeidlich, andererseits zwingt cler ~inverhältnissmässiggrosse Kraftverbrauch, melchen cler Mangel an straffer Einheitnach sich zieht, zum Zusaininenschluss.Dies lässt sich bei den Israeliten iin Zusammenhang initihrem Uebergang zum ansässigen Leben deutlich wahrnehineri.Allerdings nicht unmittelbar: clein Untergang einzelner Stäinmein clen Kampfen im Westjorclanland entsprach zunächst clie Heraxsbildungneuer Stämme (s. 0.). Allein hiebei m.urde jetzt einganz anderer Falctor, cler bei den Nomaden keine Rolle spielenkonnte, niassgebencl : der lokale Zusainmeiihang. Die Familien,


5 41.1 Die Stammesverfassung. 299die an einem Ort zusammen wohnten - israelitische wie kanaanitische-- schlossen sich zu einem Geschlecht zusainmen, verbundendurch die Gemeinsamkeit der Interessen. Neue Geschlechterentstanden bei der Niederlassung einer Familie aneinem Ort, und es ist nicht zufällig, dass so viele Orte den Nameneines Geschlechtes tragen. Damit war vor allem gegeben, dass(wie schon erwähnt) die alten wie die neu sicli bildenden Geschlechterwomöglich die ansässigen Lanaantischen Familien insich aufnahmen. Es war für die Ent~vicklung der israelitischenGeschlechter und Stämme vielfach geradezu siiie Lebensfrage,ob es ihnen gelang, solche kanaanitische Eleniente sich zu assiniilirenuiid sich selbst durch fremdes Blut zu verjiingen.Indem aber einzelne Geschlechter und Familien eines Stammessich an verschiedenen Orten niederlassen und mit der ansässigenBevölkerung sich verschinelzeii, verlieren sie nach undnach den Zusammenhang unter einander. Sie haben ihre eigenenLolralinteressen und gehen ihre eigenen Wege, wenig bel


300 Dritter Teil. I. Verfassung und Verwaltung. [s 41.haben. Sehr häufig ist in den alten Quellen die Rede von deii,Städten uncl ihren Dörfern', ocler von den ,Städten und ihrenTöchtern' (Nu 212532 3242 JOS 1711), ebenso noch in deil späteren&nellen (Jos 13 23 2s 15 '16-47 Jdc 11 26 U. a.); gelegentlicherhält auch deinentsprechend eine Stadt die Bezeichnung ,Mutterin Israel' (I1 Sani 20 19). Daraus ergibt sicli, class wie in derIraiiaanitischen so auch in der altisraelitischen Zeit sehr vielfachdie Dörfer von den Stgdten abhängig waren als zum Genzeindegebieteiner Stadt gehörig. Manchmal iliag dabei wohl an einzelneGehöfte iii cler Uiiigebung einer Stadt gedacht sein; beieigentlichen Dörfern erklärt es sich leicht daraus, class diese aufden Schutz cler Städte angewiesen waren I. Sonst mag sich wohlauf clem flachen Lande die patriarchalische Stammverfassung längererhalten habeil, - sicher jedenfalls in d e Gebieten, ~ ~ wo sichder Uebergang zum ansässigen Bauernleben sehr langsam unclspät vollzog, also iin Süden von Juda und iin Ostjorclanland. Esist interessant zu beobachten, wie die Stammesverfassung eigentlichnur noch im Fall der Xot sich wirlisam erweist: da ist es dasGeschlecht oder cler Stamm, an welches cler sicli wendet, dervom Feinde bedroht ist oder Rache zu nehineii hat (Jdc 6 34ff.).Es wäre aber ganz falsch, wollte man ans cler allmählichenAuflösung der patriarchalischen Stainmesverfassuilg scliliessen,class damit auch das Bewusstsein der Sta,mines- bzw. Geschleclitszusammengehöriglieitgeschwunden sei. Iin Gegenteil, einem dritten,stammesfremden gegenüber hat sich dasselbe immer lebeiicligerhalten, vielleicht sogar im Uebermass : die schweren innerenVerwickeliingen unter den ersten Möiligei? haben in letzter Linieihren Grund in der Rivalität der Stäinine. Dass ein Mann auseinem anderen Stamme über sie herrsche, wollten die mächtigenStämme Ephraiin und Juda nur sehr ungerne ertragen. Gegenclas heiljaminitisclie Haus Sauls hat sich Juda, gegen den JudäerDavid Ephraim iminer wiecler aufgelehnt.Was im Kleinen galt, war iin Grosseil noch weit mehr clerFall: vor Entstehung des Königtums fehlte ein starkes politiscliesBand, das die Stämme zusaminengehalten hatte. Wie schon oben(S. 71) erwähnt, fanden sie sich nur in cler geineinsamen VerehrungJahves zusaininen; von einem ,Volksbew~isstsein' Irani1Vgl. in Deutschland die Anlage fester Stäclte unter Heinrich I. alsZufliichtsorte für die Bewohner des flachen Landes.


[ii 41. Die Stammesverfassung. 301Fig. 141.


302 Dritter Teil. I. Verfassung und Verwaltung. [Ci 41-in cler ältesten Zeit keine Recle sein, erst in den unglüclilichenKämpfen mit den Philisiern ist dasselbe erwacht. Vorher giengeiidie politischen Interessei1 cler einzelnen Stiimme vielfach auseinancler.Gemeinsame grosse Not einigte melirere derselben fiirkurze Zeit und auch cla nur dann mit Erfolg, menii es gelang diereligiöse Begeisterung zu erwecken. Den ,Krieg JahvesL ZLI lbänlpfenwar heilige Pflicht aller Israelsöhne (Jdc 5 B), sonst abermochten sie untereinander selbst da uncl dort ungescheut in Fehcleliegen (Jdc 12 i ff.). Dementsprechend war ihr Anteil am Vollrsleben,soweit man überhanpt von einem solchen reclen lrann, einsehr verschiedener. Dies spiegelt sich schon in der genealogisclieilSage wieder, wenn clie einen als Söhne der Hauptfrauen,die anderen als Söhne der Nebenfrauen (Kebsen) ersclieinen tincldrgl. Wüssten wir, zu welcher Zeit diese Sage entstanden ist,so könnten wir daraus einen Einblick in die damalige11 Vediältnissegewinnen. Aus historischer Zeit wissen wir, class Ephraiinnncl Juda clie eigentlich leitenden Starnme JfTaren, die sich um clieHegemonie stritten, wahrend andere, wie die ostjorclanisclienStäinine Ruben, Gacl, Manasse oder im Westjordanlancl Naplitali,Issalrhar, Sebulon und besonders Ascher, sich sehr wenig anden nationalen Aufgaben beteiligten iincl zum Teil den Zusammenhanginit den übrigen Stämmen ganz verloren.4. Ihre S i t z e haben die Stämme sclion vor der Königszeitim Grossen und Ganzen da eingenommen, wo sie auch späterblieben, es war nur noch ihre Aufgabe dieselben zu erweitern unclabzurunden. Bedeutende Verschiebungen komnien nicht mehrvor. Die letzte grössere Ver&nder~~ng, von der uns berichtet ist,tvar die Wanclerung des Stammes Dan, der seine ursprünglichenSitze im Siidwesten an Kanaaniter verlor und sich im Nordenein neues Gebiet erobern musste (Jdc 134 18). Ueber die Grenzenuncl den Umfang der einzelnen Stammgebiete sincl wir nichtgenau orientirt; ihre ungefähre Verteilung über das Land ist ausdem beigegebenen Kärtchen (8. 301) ZLI ersehen.


42.1 Verfassung und Verwaltung der Königsz eit. 3035 42. Verfassung und Verwaltung der Kiinigszeit.1. Die Entstehungsgeschichte des Königtums zeigtuns besser als alles andere die Aufgabe des Königtums, seineMacht und dereil Grenzen. Die spätere jüclisclie Tradition,welcher die hergebrachte Geschichtsauffassung folgt, sah in der]Errichtung des Königtuins ein ilatioiiales Unglück. Es war einAbfall der Israeliten von Jahve und von der Gottesherrschaft,dass sie von Samuel einen König verlangten; sie stellten sich damitauf gleiche Stufe mit den Heicleii, wenn sie ebenso wie dieseeinen König haben wollten. Nach dieser Tradition war freilichschon vor dem Königtum eiil Volk cla und vor der IröniglicheuRegierung ein wohlgefügtes festgeordnetes Staatswesen, an desseilSpitze Jahve selber stand, der von seinem Heiligtum aus regiertebzw. durch seine Senclboten, die Richter, das Vollr regieren liess.Es ist schon mehrfach (s. S. 71 und (j 41) erwähnt worden,dass diese Vorstellung vo11 einein israelitischen Staat vor derKönigszeit eine ganz unhaltbare ist. Im Gegentheil war im Verlaufder Ansiedlung die Zerfahrenheit immer grösser gemorclen'(s. 8. 298), und in cleinselben Masse hatte das siegreiche Vorwärtsdriiigeneinem gewissen Rückschritt Platz gemacht. 111sbesondereist das lierliömmliche Bild der ,Richteri ganz falsch.Nicht Regenten desVolks im Frieden waren sie, sondern Helcleniin Krieg; wo die Gefahr vor der Thüre stand, da erhoben sicliaus dem Kreis des Stamrnadels tatkräftige Männer, getrieben vollreligiöser Begeisterung oder von kriegerischer Tatkraft, uin mitHilfe ihres Geschlechtes und Stammes Rettung zu schaffen. Jaes waren da und dort rein persönliche Angelegenheiten, odersolclie ihres Geschlechtes, welche diese kleinen Kriegszüge veranlassten(z. B. bei Gideon und Siinson). Solcher Helden inages in Israel viele gegeben haben; nicht von allen erzählt uns dieSage. Aber nur selten einten sie mehrere Stäinine, nie das ganzeVolk zu gemeinsamem Handeln (Jdc 5 icff.). Nach erfocliteneinSieg traten sie in der Regel wieder ganz zuriiclr. Wohl mögensie das im Kampf erworbene Ansehen auch im Frieden genossenhaben, aber von einer obrigkeitlichen Macht, die sie in ihren1Stamm besessen, kann keine Rede sein, noch viel weniger davon,dass sie eine festgeschlossene Reihe von Vollisregenten gebildethätten, bei welchen in ganz legaler Weise der Vorgänger deinNachfolger Ge~~alt und Herrschaft über Israel iibertrng.


3 04 DritteT Teil. I. Verfassung und Verwaltung. [B 42.Der Zerslslitterung ihrer Feinde hatten es die Israeliten zuverdanken, dass ihnen im Grossen und Ganzen die Aiisiedeluiigim TVestjordanlaild gelungen war. Dass die eigene Zersplitterungsie ohnmächtig machte gegenüber dein Andringen der Feinde,hatten sie im weiteieii Verlauf der Kämpfe zur Genüge in rechtbitterer Weise erfahren müssen. Wollten sie siegreich kämpfen,so bednrften sie eines engeren Zusamnienschlusses und vor allemeines ständigen Führers im Krieg. So wurde durch die äilssereNot der nationale Gedanke, dem der gemeinsame Gottesglaubefür sich allein nicht hatte zuin Sieg verhelfen können, neu gewecktund gekräftigt. Immer mächtiger wurde gegen das Ende der,Richterzeit' der allgemeine, Tenn auch vielleicht mehr unbewussteDrang im Volk nach Einheit und Ordnung.Es war bei der alten Stainmesverfassung der gewiesene Weg,dass die ersten tastenden Versuche einer engeren Zusammenfassunginnerhalb eines Stammes vor sich giengen und zunächst zurBildung eines Stamm es königtums führten. Der manassitischeHeld Gideon war, soweit wir sehen, der erste, dem es gelang,sich die Herrschaft über seinen Stamin zu sichern. Doch bestanddiese nur durch zwei Generationen hindurch. Ob sonst nochirgendwo ein solcher Versuch gemacht worden, wissen wir niclit.Der weitereVerlauf der Dinge zeigte bald, dass nicht das Stan~inesliönigtuin,sondern nur das Volks könig tum dem Volk das gebenkonnte, was es brauchte: Kraft zur Abwehr gegen die niit immergrösserer Uebermacht unaufhaltsam vordringenden Feinde, diePhilister. Diese hatten in der Feldschlacht bei Aphek die Israelitengründlich geschlagen, ihr Nationalheiligtuni und Feldzeichen,die Lade, erbeutet und über weite Gebiete in Israel ihre drücketicleHerrschaft ausgedehnt. Da war es der patriotische Seher Samuel,der dem benjalninitischen Edlen Satil es nahe legte, dass er derzum König über Israel bestimmte Mann sei; uncl als dann Sau1in der Schlacht gegen die Ammoniter sich als Retter des Volksbewälirt hatte, da hielt ilin das ganze Volk fest als seinen König~incl Führer und salbte ihn in Gilgal.2. Damit ist die Aufgabe des Königtums u11d seinwesentlicher Charakter deutlich gegeben: die bittere Not hattedasselbe heivorgeriifen, die Hilfe gegen die Feinde nach aussen.war es, was man vom König in erster Linie erwartete. „Der iiblicheZuruf an ihn lautete: Hosianna Hainmelelih, hilf o König!"Im Grund genommen war der König nichts aiideres als cler


9 42.1 Verfassung und Verwaltung der Eönigszeit. 305Heerführer im Krieg lind von jenen ,Richternt unterschied ersich in dieser Hinsicht znnächst nur in dein einen Stiicli, dassunter seinem Heerbann sich clas ganze Israel vereinigte, wenn eres zu den Waffen rief. Imineuhin lag schon clarin, dass die Geschlechter-uncl Familienoberhäupter clen König als ständigenFiihrer im Krieg nnerliennen mussten, ein nicht ZLI nntersc1i"t a zenclerFortschritt: clie Hauptmacht, welche cliese bisher besessenhatten, war clamit ein für allemal auf den König übergegangen,und cler völlige Verlnst ihrer alten Becleutung nur noch eine Frageder Zeit. Eine unmittelbare Folge des Königtums war die Errichtungeines stellenden Heeres (§ 48). Damit gab es auch sofortIrönigliche Feldherren, welche den Kriegsdienst als Lebensbernfergriffen. Natiirgemäss mochte namentlich im Anfang das Bestrebenvorhanden sein, um die Stämme bei giites TVillfälirigkeitZLI erhalten, ihren Eäuptern die alte Rang- und Würclestell~ingals Fiihrer im Krieg zu lassen. Mehr und mehr mussten aberdoch an ihre Stelle nene vom Könige ernannte Triippenführertreten. Es war nur natürlich, dass vor allem clie Angehörigen derköniglichen Familie auf cliese einflussreichsteil Stellen Ansprucherhoben; auf cler anderen Seite musste das Interesse des Königsselbst dahin gehen, auf diese wichtigen Posten treue, ihn1 zuverlässigergebene Diener zu stellen, clie vor allem mit den Interessenseines Hauses, nicht mit denen ailclerer Familien verkniipftwaren. So wurde David Sauls Schwiegersohn, zind Joab, Abner,Amasa waren nächsteVer~vanc1te des Königshauses. Auf alle Pmlleaber waren diese Heerführer Beamte des Königs, von cliesemnach seinem freienTVillen eingesetzt; auch die alten Geschlechtshäupternahmen jetzt ihre etwaige Fiihrerstellung nicht kraftihrer Tlrürde im Stamin, sondern kraft cles li-öniglichen Willensein. Nehmen wir noch dazu, dass die stäncligen Heerführer ihreWohnsitze in cler Residenz cles Königs, nicht in ihrer Heimathatten, so ergibt sich aus alle dem, wie schon cliese Uebertragungcler Wiircle eines obersten Felclherrn auf clen König eine sehrwesentliche Schwächung cler Selbständiglceit cler Stämme undGeschlechter bedeutete.3. Der wichtigste Fortschritt gegen früher bestand clarin,dass dem König auch nach beencligtern Felclzug das Regiment imFrieclen blieb nncl so - aber erst allinählich - eine georclrieteRegierung des Landes sich entwiclielte. Bei Saul sehen wirclavon allerdings noch so gut wie gar nichts. Wir erhalten imB enzing er, Hebiaiselie <strong>Archaologie</strong>. 20


306 Dritter Teil. I. Verfassung und Verwaltuiig. 42.Gegenteil den Eindruclr, als ob Saul ganz wie jene ,Richter' inFriedenszeiten zieiiilich zurüclrgetrete~i wäre. Er hat keine grosseResidenz, auf seinem väterliche11 Erbgut in Gibea bleibt er auchals König; er liat lreine Beamten, clie clas Volk regieren uiicl clasLand in seinem Namen verwalten, von solclien wäre uns sicher sogut wie von denen Davids iiiid Salomos berichtet. Aaclers wird clas,soweit wir aus unseren Berichten eiitneliineii li-öniieii, unter Daviclund Saloriio. Tin wesentlichen gieag freilich auch jetzt noch nnclspäter das Regieren in1 Richt en auf; schci~~ll&, ,der Richter', ist diealte BezeichniiiigdesKönigs (Jes 1G 5 Dt 17912 IIReg 165). Auchdieser Uebergang der Gerichtsbarlieit von den Geschlechtshäiipteriiauf den König hat sich langsam vollzogen (näheres s. 5 45), aber inseinen Gruncllagen war er init cler Errichtung des Königtiims gegeben.Es war f ~ jene r alte Zeit et~vas ganz Selbstverst51idliches,dass der König der oberste Richter var, hatte er clocli am meistenlIaclit, wer aber clie Macht hatte, der hatte zugleich auch clasGericht. Ein zweifaches ist clie Folge davon : einmal mnsste durchden Uebergailg der Gerichtsbarkeit auf deii ICöiiig noch mehr alsdurch seine Stellung als Heerfiihrer die Macht der alten s@n& derGeschlechter vermindert werden, wenn ihrem Gericht rlie ~viclitigerenSachen entzogen ~vnrdei~, uiid jeder iiber ihren Kopf hinweg,ja gegen ihren Urteilsspruch sich an clen König wenden konnte.Damit war dein letzten Rest von Staminverfassung, der Gerichtsbarkeitclei G;esclilechter, die sich allerdings noch bis über dieZeit cles Dt hinaus erhalteil liat, schliesslicli der Boclen entzogen.Sodnnn aber rrruclis, was diesen an Macht genominen wurde, denköniglichen Beamten zu. Aiicli sie erhielten eiiieii Teil dieserköniglicheil Jurisdiktion, auch ihre Verwaltui~gstätiglieit bestandwesentlich in1 Richten. Sie sprachen Recht iiii Namen cles Königs.Zum Vorteil cles Rechts scl-ilug dies freilich liei~~esmegs aus. Derstehenc1eVorwrirf der Propheten gegeii die liöiiigliclieii Beamten,die ,Zichtert schlechtreg, geht auf Bestechlichkeit iincl Parteilichkeit.4. Für das antike Denken war es meiterhiii etwas Selbstveistänclliches,dass der König sein Volk auch der Gottheit gegeiiübervertrat, niit anderen Worten, dass er der oberste Priest erwar. Nicht iiur haben Saul und David selbst geopfert (I Sani 1433ff.I1 Sani G 13 U. a.) - dazu bedurfte es in jener Zeit. wo jeder nacliBelieben opfern konnte, nicht cler priesterlichen Würde -, soiidernsie verrichteten eigentlich lxiesterliche Funktionen: ein Da-


9 42.1 Verfassung und Verwaltung der Königszeit. 307vid trug clen Epliod End, den linnenen Leibrock, das Amtsgewanclcler Priester; als Priester segneten David und Salon10 bei grosseiiPestversammlnngen das Volk (I Reg S 14 I1 Sam 6 1s). AlleKönige wurden bei ihrer Shronbesteigung gesalbt, cl. h. zu Priesterngeweiht. Wichtiger nocli ist die Stellung, welche die Priesterunter ihnen einnahmen. Irn Vergleicli mit dem, mas wir vonden alten Aegylstern und Babyloniern wissen, trat allerdings clerpriesterliche Charalrter der israelitischen Könige mehr zurück;selten iibten sie selbst priesterliche Funktionen aus, ineist bedientensie sich dazu ihrer Priester. Diese aber sind vollstäncligBeamte des Königs; sie werden regelmässig unter den anderenBeamten aufgezälilt (I1 Sam 20 23ff.); sie werden vom König naclifreiem Gutdünken ein- uncl abgesetzt (11 Sam 8 17 I Reg 2 zu LI. a.);von einein Gebnrtsvorrecht ist keine Rede (vgl. 5 58), vielmehrleiten auch sie ihre Amtsbefugiiiss zum priesterlichen Dienst voncler Ernennung d~~rcli clen König ab. Sie sind die vom König beauftragtenStellvertreter, die seine Opfer, die zugleich i~atü~licliauch fiir den Stast gelten, an der königlichen Kultusstätte darbriiigeii.Mit alle clein hängt zusammen, dass es fiir den Glanzeiner Irönigliclien Burg unerlässliches Erforderniss war, dass sieein Heiligtum enthielt. Es lag in cler Natur der khclie und wirdspäter zu besprechen sein, dass dieses lrönigliche Heiligtum mitseiner11 Glanz, mit dem es iiatnentlich seit Salomo ausgestattetwar, allnzählich alle anderen Kultnsstätten in clen Hintergruilcldrängte. Damit war nun auch auf clein Gebiet cles ICultus einkönigliclies Bearntentiim, liönigliche Priester im Unterschied vonclen Priestern der iibrigen Heiligtümer geschaffen. Welclie gewaltigenFolgen dies für die ganze Entwicklung der israelitisclieliReligion hatte, wird später näher zu besprechen sein.5. Nicht minder als die Stell~ing des Königs als obersterHeerfiihrer, Richter und Priester war auch die Erblichkeit clerKöni gs~viirde eigentlich mit dem Begriff des Königtums gegeben.Schon bei dem Ersten, dem es gelang, ein ,I


308 Dritter Teil. I. Verfassung und Verwaltung. [§ 42.wusste, als class sein Sohn Jonathan nacli ihm König werden sollte,und wenn der Stamm Jucla dem Ischbosclieth in Davicl einenGegenliönig aufstellte, so war das eben schon ein Abfall von clemeinmal gewählten Iiönigshaus. Nicht minder geherdeten sichAbsalom und Aclonia nacli einaiicler als Thronfolger (I1 Sam15 iff. I Xeg 15ff.). Dariiber war kein Zweifel, dass den SöhnenDavids die Nachfolge ihresVaters gehörte, und auch Salomo ~vurdeeinfach durch den Willen seines Vaters, oline dass die Zustinimungdes Volkes clazu eingeholt worden wäre, auf den Thron erhoben.Man wird also nicht sagen können, class das israelitisclieKönigtum eine TVahlmoiiarchie gewesen sei (KITTEL). Vielmehrwenn die Nordstämnie nach Saloiiios Tod zu Sicheili de~i Jerobeamwiihlten, so betätigten sie damit nicht ihr gutes Recht, clenKönig jedesmal frei zu wiihlen, sondern es war eine einfache Enipörnnggegen den legitimen Tlironfolger, und auch tveiterhin wares nur eine Folge der ungünstigen politischenVerhältnisse, nreiinim Nordreich eine Dynastie um die andere nach kurzei Begierunggewaltsam gestürzt wurde. Nie handelte es sich dabei darum,dass dasVolk das Recht gehabt oder in Anspruch geiioininenhätte, sich jeweils den König zu välilen. Dass die D~nastie Daviclsim ungestörten Besitz der Herrschaft blieb, hatte seinen Grundclarin, dass das Siidreich, weilnur aus einem Stamm Jucla bestehencl,von vornherein rascher ein fest konsolidirtes Staatswesen bildete.6.Ver.ivaltiing und Steiierii. Was wir sonst von Regierungim Iiinern missen, ist sehr weriig iincl dreht sich zumeist uiiaSteuererhebung. Wir werden wohl nicht felilgelieil, wenn wir denZweck derVolkszählung durch David (II Sain 24 iff.) eben darinerblicken, dnss durch sie clie Grundlage fiir eine geordnete Verteilungder Lasten, sowo111 der Steuern als des Kriegsdienstes, gcschaffenwerden sollte. Auch die Tätigkeit cler Statthalter, clieDavid über clie unterworfenen Gebiete setzte, cliirfte im weseiitliclrienin cler Eintreibung cler Tributleist-~ingen bestanclen Iiaben.Ausdrücklicli wird dies als Zweck cler salomonischen Kreiseinteilungangegeben (I Reg 4 7ff.). DasVerzeichniss der 13 KreiseIn der Aufzählung sind nur 12 Kreise genannt, dabei ist aber Judaausgelassen. Sehr ansprechencl ist die Vermutunq STADE'S (GVJ I2 305),dass die Zahl 12 dadurch veranlasst sei, dass der das Verzeichniss einschaItendeSchriftsteller, um Salomos glänzenden Hofhalt recht ins Lichtzu stellen, die Bedeutung dieser Statthalter dahin bestimmte, dass Jedervon ihnen je einen Monat lang fiir die königliche Tafel zu sorgen hatte.


5 42.1 Verfassung und Verwaltuug der Köuigszeit. 309zeigt, dass dabei vielfach die alte Stammeseinteililn ignorirtwurde. Offenbar gieiig clie Absicht des Königs dahin, letztereetwas zu verwischen. Iii wie weit dies gelungen ist, können wirnicht mehr beurteilen.Nach unseren Quellen scheint überhaul~t erst Salomo diesesals selbstverständlich angeseheiie Recht cles Königs, Steuerii zuerheben, im Grosseii ansgeübt niid in eiil festes System gebrachtzu haben. Von Sa~il und David ~vircl clies wenigstens nicht berichtetuncl jeclenfalls bei Saul, dessen Hofhalt auf seinem +äterlicheiiGut uns den Eindruck grösster Einfachheit inacht, lässt essich gut denken, dass fiir seine Bedürfnisse nebeii clen Erträgnissenseines Ackers uncl dein Anteil aii cler Kriegsbeute diefreiwilligen Gaben seiner TJntertanen, die Recht und Schntz beimKönig suchten oder sonst ihm liuldigencl naliteil, ausreichten.Auch die Beschwerde des Volkes bei Salomos Tocl macht denEindruck, als ob dem Volk ein solches Steuersysteiii etwas Uilgewohntesgewesen wäre. Uebrigeiis hören wir sonst aus vorexilischerZeit nicht viel von einer regelmässigen Steuer. Ezechielweist clein König ein Kronland an, ans clessen Erträgnisse11 dieBediirfnisse des Hofes befriedigt werden sollen (48 SI), und solcheKrongüter, clie der IKönig seinen Dienern als Lehen aiiweiseiilroilnte, gab es jedenfalls auch i111 alten Reich Israel lind Juda,(cf. 1 Sam 8 12). Doch könnte man immerhin versuclit sein, daraus,dass in cler nachexilischen Zeit cler Zehnte vollstiindig eingebiirgerterscheint, einen Riickschluss zu machen (vgl. auch I Sam8 14ff. 172s). Regal waren die ,Mahd des Königs' (hin 7 I), d. h.der erste Schnitt cles Futters, wohl init Riicksiclit auf clie voii ihn1zu anterhnltendeii Kriegsrosse (I Reg 18 5); ebenso, wie andereiiOrts erwähiit, ~venigstens unter Salomo ge.\visse Handelsartilrel(s. S. 2 19 f.). Die Qrimdsteuer sclieint in Paltistina uiibelrannt gewesenzn sein, „wie man aus dein Bericlit über ihre Einführuiigin Aeggpten clurch Joseph schliesseil darf". Auch eine Ver-~iiögensstener wurcle nicht regelmässig erhoben, sondern nur fürausserorclentliche Becliirfnisse (I1 Reg 23 35); dagegen zahlten cliecl~i~chreisencleii Karawanen einen Zoll (s. S. 221). Als Staatsschatzscheint ziigleich der Tempelschatz gedient zu haben, ~venigsteiisbetrachteten die jerasalemitischen IKönige jederzeit denselbenals zu ihrer volllroinmeii freieii Verfüguiig steliencl.7. Nicht viel besser siiicl wir über die königlicheii Beamtenunterrichtet. Sie trage11 alle, welcher Art ihre Dienstleistung


310 Dritter Teil. I. Verfassung und Ver~valtiiilg. [# 42.sein mag, den Titel SC~I'ZIIL. Ueber die Priester wird später nochzu reden sein. Als die höchsten Officiere begegnen uns cler Oberfeldherrdes Heers (sa?. 'al kol-itaq&!~h&% cler auch im Krieg,wenn der König nicht mit ins Feld zog, das Heer liommanclirte(I1 Sam 12 27 U. a.), uncl neben ihm der Befehlshaber der IcöiiiglichenLeibwache, der gi66d?.ii?z (s. 5 48). Beide Stellen warenilaturgeii~äss ausserordentlich einflussreich; bei cler Thronbesteigungeines Salomo und eines Joas nicht ininder als bei den vielenPalast- und Militärrevolutionen im Noidreich zeigte es sich deutlich,welche Macht der hatte, dem das Heer gehorchte. Unterden obersten Regierungsbeamten, wenn wir sie so nennen dürfen(s. U.), dürfte vielleicht clie höchste Stellung eingenoinnieil habender gr2~~zkir. Vielfach verstellt man allerdings darunter den,Reichshistoriographen', dessen Aufgabe es gewesen wäre, dieeinzelnen Ereignisse der Regierung des Königs niederzusclireiben.Dies wäre keine besonders einflussreiche Stellung gewesen;sowohl die Bedeutung des Titels (,der iii Erinnerung bringende')als auch namentlich die Verwendung dieses Beamten, soweit wirdavon etwas wissen (I1 Reg 18 1s 37 Jes 36 J sa I1 Chr 34 s),sprechen dafür, dass er ein wichtigeres Amt bekleidete. Manwird nicht fehl gehen, wenn man in ihn1 clen ersten Beamten sieht,dessen Aufgabe es war, die Geschäfte etc. vor den1 König ,in Erinnerungzu bringen', also eine Art oberster vortrageiicler Rat,der Grossvezier der heutigen orientalischen Staaten. Neben ihmstand der gbph&i., der Staatsschreibei, der clie Staatsschriften, dieICorrespondenz cles Königs mit seinen Beaniien und mit auswärtigenFürsten auszufertigen hatte. Weiter nennt die Liste derhohen davidischeii Beamten (I1 Sam 20 asff. 8 isff.) noch clenOberaufseher der Frohnen ('nsc/~er 'al l~aint~za~). Alle drei weidenmit den beiden höchsten Officieren uncl den Priestern in eineLinie gestellt. Aus späterer Zeit hören wir gelegentlich noch voneinem Palastvorsteher (ltdgtrl 'CIZ /~(166ajit/i Jes 36 3 22 22 ij), mitwelchem vielleiclit der gdlch&~a (,Verwaltert Jes 22 ij) identisch ist.Auch er hatte seine Stelle unter den ersten Staatsbeamten unddürfte wohl als eine Art Hausininister zu betrachten sein. Vielleichtgehörte zu cliesen höchsten Beamten auch der 'Ohh&sl hcci??melekh,cler ,Diener des Königs'. Dass dieser Titel in I1 Reg 22 12speziell einem einzelnen Beamten beigelegt wird, vrrälirencl cloclialle anderen an sich ebenfalls ,Knechte cles KönigsL sind, weistclaranf hin, dass es die Bezeichnung eines besonderen Aiiztes ist.


5 43.3 Verfassung uiid Verwaltung der liönigszeit. 31 1Dasselbe geht aus der Verwenclung dieses Titels auf einen1 alt-Iiebräischen Siegel hervor (s. Pig. 90 S. 258). Welclies Arnt aberdamit bezeichnet wircl, lässt sich nicht sicher sagen. STADE'SVermutung hat viel fiir sich, dass man vielleicht anf den oberstenEunuchen raten cliirfe, welcher Rn clen moclernen orientalischenHöfen einen hohen Rang bekleidet. Auffallencler~Veise wircl unsvon einem solchen nichts berichtet, während er cloch in einemHarem wie dem des Saloino nicht gefehlt haben liann (GVJ I2650).Von sonstigen Beamten, die einen untergeordneten Rangeinnehmen, sind die Präfekten (iiil:~ibh) der 13 Provinzen, dieSalomo einsetzte, schon genannt worden (S. 308). An eigentliclienHofbeamten fehlte es ilatiiilicli nicht. Es werclen genannt clerMundschenk (~rzaschhelz I Reg 10 5), der Aufseher iiber clie lröniglieheKleiclerkammer ('nscher'nl hccrn~t~eltcic/~d/~ I1 Reg 1022) unclandere Hofdiener. Die Chronik (I 27 ejff.) reclet von L2 Verwalterndes königlichen Schatzes unter Davicl (.stirP /zQ~.ekhdsc/t).Auch die ,Kämmererc(scirigin~) gehörten wohl z~i den Hofbeamten(I Reg 22 D I1 Reg 8 ü 9 32 LI. 0.). Der Ausdruck erscheint spnter(Esth 2 3 14 4 ef.) als Bezeichnung der Haremsanfseher an1 persischenHof. Das Nächstliegencle wäre, auch für die alte Zeit ansolche verschnittene Haremswächter zu denken; allein ancler~vIirts(I1 Reg 25 19) erscheint ein sdrig als iiber Kriegsleute gesetzt (soauch in Aegypteii Gen 37 36 39 I).Ini Uebrigeii entspricht es den noch ganz unent~~iclieltenstaatlichen Verliältnissen, class abgesehen von den genanntenobersten Ministern kein Unterschied in der Ver\\renclung der Eeamtengemacl~t ~vurcle. Von einer Trennung vonverwaltiing uiiclJustiz, selbst von einer solcheii zwischen militärischen uncl Ver-~valtungsbeainten ist Ireiiie Rede. Der Beamte des Königs, woein solcher im Land sich befancl, war nach Massgabe der ihm anvertrautenGewalt in einer Person Befehlshaber cles Xilitärs,Verwalter cles Bezirlis, Steuereintreiber und vor allem auchRicliter.Daniit war bei clen damaligen K~~ltiirzustänclen eine grosseMacht in die Hände dieser Beamten gelegt. Der Eindruclr, den~vir aus den Schilclerangen cler Propheteri von cliesein lröniglicheiiBeamtentum erhalten, ist kein guter. Es zeigt von Anfang andie Grundfehler, die das orientalische Beaintentum aller Zeitenchnrakterisiren: iiach oben willenloses TVerlizeug des Königs


312 Dritter Teil. T. Verfassung und Verwaltung. [S 42.(z. B. I Reg 12 loff. I1 Sani 11148.1, nach unten herrisch, rüclrsichtslos,grausaiil. An ihre Untergebenen nicht mehr dusch dieBande der Geschlechtsgenossei~schaft geknüpft, beuten sie diesefür ihr eigenes Interesse aus; sich zu bereichern ist vor allem ihrStreben, dazu missbrauchen sie ungescheut ihre Anitsge~~alt, besondersihre richterliche Macht. Bestechliclilreit unrl Parteiliclikeitkennzeichnet die hohen wie die niederen Beailzteiz; die eiiiflussreichen,mächtigen unter ihnen unterscheiden sicli von den IrleiilenBeamten nur dadurch, class sie iin grosseii Stil intriguailt und gewalttätigsind, vgl. z. B. einen Abner, Joab, Jehu u. a. Nichtzuin mindesten hat dieses durch das Königtiiiia geschaffene Beaintentumdazu beigetragen, dass in der Königszeit clie sozialeEinheit zerstört und jene unguten sozialenVerliältiiisse geschaffenwurclen, von clenen oben die IZede gewesen ist (8. 174).8. Kö iiig nn cl G es e t z. ALE alle dein ergibt sicli, dassdie Macht des Königs in1 alten Israel eine sehr heschräiikte war.„Im Inneren griff das Königtum ilicht tief ein; es war nicht vielmelir als das grösste Haus in Israel. Der Hof erweiterte sichzur Hauptstaclt, aber iiber die Hauptstadt hinaus iilaclite sicliclie Regierung nicht fiihlbar." Vor allem erhalten wir iiicht blossbei einem Saul, sondern noch in zieizilicli späterer Zeit den Einclsuclr,dass in vielen Beziehungen die Maclit des Königs iin Friedenganz wie die der alteil Stammeshäupter eine mehr persöiilichinoralische, als eine allltlicl~ gesetzliche war. Gewaltige Persönlichkeitenwie David, Saloino, Jerobeaiiz der Grosse durften sichvieles erlauben, lfras einein Rehaheain iiiid andereil übel bekam.Gesetz uncl Verfassung, worin clas Recht des Icönigs und desVolkes festgelegt geweseri wäre, gab es nicht l. So I_ioinilzt es,Das sogenaiinte ,Recht des ICönigs', clas nach dem jüngerenBericht Samuel vor der Wahl Sauls dem Volk vorhält (I Sam 8 ioff.),will nicht eine Rechtsurkunde sein, melclie die &Iaclrtbefugniss des ICönigsumschreibt, sondern ist der Ausdruck der späteren nicht sehr freuildliclieuOesinnuiig gegen das Königtum. Die faktische niaclit des Königtamswird so sehr als eine driicli-ende Last dargestellt, dass inan zu der Anscliauungkomiiit, als ob in Israel von Anfang an der vollendete orientalischeDespotisinus geherrscht hätte. Allein der ganzen Tendenz derErzählung gemäss ist das ganze Bild in übertriebeuer Weise grau in grau gemalt.Anders das sogenannte ,Königsgesetz' (Dt 17 16-20). Wie dasganze Dt förililiclies Reiclisgesetz zu sein beansprucht, so will auch clieseseine Art Verfassuugsurkunde sein, in welcller clie Reclite und Pfliclitendes Königs (wenigstens in einzelnen Hauptpunliten) festgestellt sind. Es


5 42.1 Verfassung und Verwaltung der ICönigszeit. 313dass uns in dei Art und Weise, wie das israelitische Reicliregiert wurde, eine wundersame Uischung von orientalischen1Despotismus und demokratischen Zügen entgegentritt. Ein Sau1kann die Priester von Nob niedermetzeln lassen, ein Davicl darfclas Weib des Uria für sich nehmen, ein Salomo inag clas Vollrbis aufs Blut aussaugen. Ueber Hab und Gut, iiber Leben undTod ihrer Untertaiieri scheine11 diese Könige mit grösster TVillkiirverfügt zu haben. Dass die Regierung Saloinos alle charalrteristischenZüge cles orientalischer1 Despotismus an sich tragt,ist schon niehrfacli erwiihnt worden, und wirklich inag vielfachdas Recht des Königs so weit gereicht haben als seine Rfacl-it.Und doch war auf der anderen Seite ihrer Willkür eine engeGrenze, eine feste Schranlre, die sie nicht iinmer ungestraft überschreitenkonnten, gezogen in cler Vollrssitte, in dem, was iiiiVolksbewusstsein als Recht iiiid Unrecht galt. Die öffentlicheMeinung war eine Macht, iiiit cler sogar ein Davicl uiicl Saloinoreclinen mussten, namentlicli wenn sie durch deii Mund LinerschroclcenerPropheten sich äusserte. Das Gefiihl ist in Israelstets lebendig geblieben? dass der König uni des Volkes willenuncl nicht das Volk um des Königs millen da sei: er sollte Israelhelfen, nicht es fiir sich ausnützen. Dass das Salomo vergessen,Frachte seine Painilie um clie IZerrschaft über den grössten Teildes Reichs. Wie stark clieses Bewusstsein fortlebte, zcigt nmschönsten das Beispiel Ahabs. Als ihm Nabot seinen Weinbergverweigert, bleibt dein I


3 14 Dritter Teil. I. Verfassung und Verwaltung. [$ 42.manclte, Iiostete seinem Haas den Thron." Neue Gesetze zu erlassen,lag gleichfalls nicht in der Macht des Königs. Ziiiiächstgab es iiberhaupt kein geschriebenes Staatsgesetz; was Sitte lindBrauch war, var Recht. Auf welche Weise aber später allgemeingiltige Verpflichtnngen zu Stande kamen, zeigt das Beispiel Josins.Damals schlossen der König und clie Aeltesten cles Volkeseinen sie gegenseitig bindenden Vertrag mit einander vor Jahve,clas neu aufgefundene ,Euch der Lehre' beiderseits als allgemeingiltiges Gesetzbuch anzuerkennen (I1 Reg 23 3).Wenn uns trotzclein die Reden der Propheten den Einclriickmachen, als ob zu ihren Zeiten in Israel eine tyrannische Willliürherrschaftgeführt worden sei, wie nur je in einem orientalischenStaat, so diirfte dies wesentlich auf Rechnung der böniglichenBeamten, nicht des Königs selber kommen. Von Altersher scheint es - was ja ganz natürlich war - Sitte geIveseil zusein, dass die ~vichtigsten Aeinter an die Geschlechtsliiiupter anclclrgl. Leute verliehen wurden, welche schoil vorher clurch Machtund Reichtiiin sich auszeichneten. Eben diesen Grosseil gegeiiiiberfehlte es aber dein König von Anfang an an der nötigenMacht. Ein David ninsste sich von den judäischen Ecllen denAmasa zum Oberfeldherrn aafclrängen lassen (SI Sam 19 U), unclauch clen folgeilden Königen scheint es nie ganz gelungen zu sein,clie Macht cles Adels, wenn man so sagen darf, zu brechen. Aachdie besten Könige, wie ein Hiskia und Josia, clie gewiss keineDespoten im schlimnien Sinn des Wortes waren, scheinen es cloclinicht fertig gebracht zu haben, das Volk gegen clie Schindereivon Seiten ihrer Beamten wirksaili za schützen.9. Zu allen Zeiten hat unter dem Möiiigtum die Kominunalv erwa ltnng eine grosse Selbständigkeit gehabt. Diekönigliche ,RegiernngL war zufrieden, wenn die Abgaben uiiclSteuern eingiengen; sonst mischte sie sich wohl ~veiiig in die Angelegeriheitender Gemeinden, höchstens dass der königliche Bean~teals Richter Appellationen gegen den Spruch der Gemeinclegerichteannahm. Die Gemeinclebehörden cler Königszeit sindclie gleichen wie friiher auch: clie zi.9~6 l~d'ir, die ,Aeltesten derStadt', clie allmählich an Stelle der Aeltesten der Stämme getretensind (s. S. 299; Dt 19 ra 21 zff. u. 0.). Sie haben auch incler Königszeit namentlich noch richterliche Funktionen behalten(Dt 22 15 E. s. 5 45). Wenn desshalb ausser ihnen auch nochbesondere Amtleute (schO.tei*in?) und Richter erwähnt ~verclen


5 43.1 Die nachexilisclie Verfassung. 315-(Dt 16 is 21 2), so wird dies nur so zu verstehen sein, dass dieRichter diejenigen cler Aeltesten sind, welche init der Reclitsprechiingbeauftragt sind, uncl die Amtleute die eigentlichenExecutivbeanzten unter den ,Aeltestenc. Näheres wissen miriibm diese Ortsbehörden nicht. Die Zahl ihrer Mitglieder entsprachnatiirlich der Zahl der angesehenen Geschleclzter iiiz Ort.Jclc 8 14 ist von 7 7 Aeltesten der kleinen Stadt Suklioth clie Rede.9 43. Die nachexilische Verfassung.SCH~RER, GJV I1 133-174.Aus der Monarchie der Davididen wurde nach cletn Exileine Monarchie des Hohepriesters. Diese Wandlung wnr mitcler ganzen nacliexilischet~ Enttviclilung u~ivermeicllich gegeben.Sie ist nicht nzit einein Schlag vor sich gegangen, wir könneniioch an der Hand unserer Q~iellen clie Zwischenstufen deutlicherliennen.1. Schon Ezechiel liennt in seinem Znknnftsbilcl keinenKönig inehr; nur clie Stellung eines Fürsteil, ,Vorstehersc (Izcisi')wird dem Davididen im neuen Reich zu Teil, und die Bef~~gnisseclesselbeil erfahren eine becleutende Einschränkung gegenüber clenalten lrönigliclien Rechten: clie Hauptaufgabe und das Hanptvorrechtcles 12&siY ist, dass er den Opferdiei~st aus seiner Kassezahlen darf. Die Art und Weise vollends, wie sich clie Zulrunftstränmeder Israeliten nach dem Exil verwirklichten, liessen keinenRaum für ein nationales KEiönigtum. Es war nur ein lrleineiBriichteil der Exulanten, welcher zurücliliehrte; ihre Zahl wirdauf 42360 freie Leute, dazu 7337 Knechte nncl Mägde uncl 245Sänger iitid Säingerinnen angegeben (Neh 7 (;G). Diese besetztenclas alte Stammland Juda, das Gebiet Benjamin ~incl einigeephraiinitische Städte. Es war lreine Nation und kein Staat,sonclern eine Religionsgemeinde, die hier erstand; clas zeigte sichschon darin, dass sich die Zuriickgeliehrten znnächst von clen iinLand wohnen Gebliebenen fernhielten und sich ihnen gegenübermit dein Ehrennamen cler g6ldh bezeichneten.Es ist begreiflich, class der Perserkönig zur Vieclerherstellungeines nationalen Königreichs clie Hancl nicht geboten hätte.Es begegnet uns aber auch nirgends ein Vers~ich clazn. Ruhigblieben die Juden unter persischer Oberhoheit. Ein persischerStatthalter (l,echdl~) war über sie gesetzt uizcl dieser selbst war


316 Dritter Teil. I. Verfassung und Verwaltuug. [$ 43.ein Untergebener des Satrapen cler mesteuphrateiisischen Provinz.Daneben aber blieb den Juden doch noch eine ausgedehnteFreiheit der S el b s t v er w al t uii g. Die gewöhnliche Vorstellunggeht, was diese nationale Behörde betrifft, dahin, dass derDavidide Sernbbabel als weltliches uncl der Hohepriester Josuaals geistliches Haupt clie Rück~vanderuiig geleitet und die neneGemeinde verwaltet hätten, Sernbbabel zugleich iii der Stelluiigeines persischen Statthalters. Allein diese Ansiclit ist in wesentlichenPunkten urnichtig. Von Anfang an war es ein persisclierBeamter, der ziim Stattlialter der Juden ernaiiiite Schescliba~~ar,welcher clie Uebersiecleluiig der Deportirten leitete l. Soclaiiiizählt die alte Liste der H-eiingel


$ 43.1 Die nachexilisclie Verfassung. 3 17(Ezr 6 7 ff.), stellt sie zur Rede (5 s E.); sie haben die Leitung clesTeinpelbaues in der Hancl (6 7 11). Nach diesen Stellen scheintes, als ob diese Aeltesten (ob es gerade immer 12 waren oclernicht, ist gleicligiltig) eine Art Kollegium bildeten, das durchgemeinsamen Beschluss die ihm ziilrommenden Angelegenheitenerledigte. Dazu würde stimmen, dass die sdri~12, worunter jedeiifallsauch diese Aeltesten mitzuverstehen sind, sich in Jerusalemnieclerliessen. Vielleicht sind damit auch clie in Neheinia öftergenannten -eg!g&?binz ,Obersteilc identisch.Was clie Icompetenz dieser Behörde anlangt, so scheint cliepersische Oberregierung den J~iden in Beziehuilg auf ihre inilerenAngelegenheiten ziemlich freie Hancl gelassen ZLI haben. Dasssie sich uni Staatsaktionen wie Tempel- uncl Maixerban kiimmerte,ist selbstverständlicli. Solist aber hören mir liaiiin etwas vonihrein Eingreifen. Bei Sernbbabel uild Nehemia ist es allerdiiigsfiir uns nicht möglich zu scheiden, was sie als persische Statthalter,was als Vertrauensmänner ihres Volkes getan haben. Imganzen mag wolil ein ähnliches Verhiiltniss bestanden haben, wiespäter unter den Römern: cler persische Statthalter wircl sichdaranf beschränkt haben, im allgemeinen die Angelegenheitenzu überwaclien uncl besonders für richtige Bezahlung des Tributszu sorgen. Die Freiheit cles Knltus, die den Juden zugestandenwar, verlangte notwendig eine eigene Verwaltung der inneren biirgerlichenAngelegenheiten, iiainentlicli auch cler Rechtsprechung.Gericht und Polizei finden mir noch zur Zeit Ezras in der Handcler nationalen Obrigkeit.Uebrigens ist aucli die Macht dieses Aeltestenkollegiuiiiseiilgeschränlit. Die wichtigsten Angelegenheiten werden, wie manaus cler Geschichte Ezras sieht, der V o llr s v er s a m nll u n g vorgelegt(Ezr 107 LI. a.). Die Form, in welcher ein allgemein giltigesGesetz zu Stande kommt, ist auch jetzt noch die, dass die,OberstenL niit der ganzen Gemeinde einen Bnnd vor Jaliveschliessen, ein Gesetz anerkennen zu wollen (Neh 10).Ausserdein treten wieder die alten Ort sb e hör den in Kraft,wie sie schon vor dem Exil gewesen waren; jene Aeltesten derOrtschaften bzw. der Geschlechter (s. o. Ezr 10 14 Jdc 8 14 u. 0.).In ihren Händen liegt wieder wie in alter Zeit namentlich clieGerichtsbarkeit. Das Kollegiuni der ,Aeltesten von Jucla' in Jerusalemmag diesen gegeniiber eine gewisse Oberbehöide gebildethaben.


318 Dritter Teil. I. Verfassung uncl Ver\valt.uug. [fi 43.Bei alle dein zeigen sicli doch schon voll Anfang an die Ansätze,aus denen die spätere geistliche Monarchie herausgewachsenist. Erscheinen bei der Rüclilrehr Serubbabel und Josna nurals die Ersten iinter Gleichbereclitigten, so treffen wir beim Beginndes Tenipelbaues bereits die Institution eines Hohepriesteisund clen Josua in dieser Stellung. In Serubbabel aber, dem Vertreterdes davidischen Geschlechts, erblickte man mehr Lind melirden ~iiessianischen König. In den Schriften cler zeitgenössischeilPropheten tritt er bereits stark in den Vordergrund. Was ihmdieses Uebergewicht iiber seine Genossen gegebeii, war liebenseiner davidischen Abstainmang seine Wiirde als persischer Btattlialter,die ihn1 clie Leitung der Gemeinde in die Hancl gab. BezeichnenderWeise tritt aber auch jetzt noch cler I-IohepriesteiJosua hinter dem Zukunftslrönig als cler zweite zurücli (ZachG 9 ff. U. a.).2. Der Verlauf der Dinge war ein anderer, als das Volli ~iiiclseine Propheten gelioflt. Serubbabel bestieg den Thron der Davididei~nicht, uiicl die persische Regier~ing, welche ~volil von denTrä~imen, die sicli an die Person des Serubbabel aiigeliiiüpft,Kuncle erhalten hatte, hütete sich, zum zweiten Mal einen Davididenzum Statthalter zu inacheii. Von selbst riickte dainitdie Person des Ho 11 e p r i e s t e r s in die erste Stelle ein. Noclizu Nehemias Zeit hatte allerdings der Hohepriester lecliglicli eineEhrenstellung in der Gemeinde; faktisch iiiicl rechtlich lag dieMacht uncl die Leitung der politischeii Angelegenheiten iii denHänden der meItlichen Obriglreit lind des Statthalters. ZuinSieg hat dein Holiepriestertum clas von Ezra aus Eabylonien mitgebrachteGesetz verholfen, welches die VerhUtnisse der ileuenGemeinde in abschliessender Weise regelte. In diesem, deinsogenannten Priesterlcodex, ~vircl cler Gemeinde eine eigentlicheVerfassung gegeben : an cler Spitze cler ganzen Gemeinde stehtals ~veltliches lind geistliches Ha~ipt der Hohepriester, aaf ilii1sind alle Befugnisse des Köiiigs, soweit sie nicht niit dem Geistdes Gesetzes iiberhaupt unverträglich sind, iibergegangen. Nichteinmal ein Piirst in cler besclieideneii Stelluiig, die ihm Ezechie!zuweist, liat neben dein Hohepriester Platz. An Rang weit unterdieseln stehen die ,Fürsten', die Vorsteher der zwölf Stämme,d. h. in TVirlilichlreit die Vorsteher, ~velclie bisher die Verwaltnngin Härideii gehabt hatten. Als eine Art geistlichen Adels Liingebenden Hohepriester clie zahlieiclieii Priestergeschlechter,


3 43.1 Die nachexilisclie Verfassung. 319deren Vorrang vor allen anderen angesehenen Familien sich darindeutlicli ausdrückt, dass sie, wie überhaupt alle Tempeldienervon1 persiscl-ien König Steuerfreiheit erhalten hatten (Ezr 7 ni).Die Durchfiihr~ing dieses iieuen Gesetzes scheint nicht ohneSchwieriglteiten gewesen zu sein, wie aus den umfasseilclen Vollmachten,welche der König den1 Ezra gibt (Ezr 7 inff.), zu schliessenist. Die Stimmung in der Gemeinde selbst war offenbar einegeteilte. Schliesslich gelang es ihin aber doch init Hilfe desNeheinia, der als persischer Statthalter nach Palästina kam; imJahr 444 schloss clie ganze Gemeinde einen feierlich besch~vorenenVertrag, alle Gebote dieses Gesetzes zu halten ; cler Vertragwurde schriftlich aufgesetzt, versiegelt und von Nehemia undden heltesten in1 Nainen ihrer Geschlechter unterschrieben. Damithatte die Geineiiicle ein enclgiltiges Staatsgr~ind~esetz, dascliese seine Bedeutung bis auf den heutigen Tag behalten hat.Wie lange es freilich brauchte, bis sich clieses Gesetz wirklicheinlebte, bis der Hohepriester faktisch der Eegent des Vollresw~irde, vermögen wir nicht zu sagen, da die Scliicksale cler jüclischenGeineinde in dem Jahrhundert zwischen Nehemia nildAlesander für uns in ziei~iliches D~lilkcl gehüllt sind.3. In cler g r i e c 1i s C h e n Z e i t treEen wir die Verfassungschon so ausgebildet, wie sie bis zuin Uiitergang dann gebliebenist.a) Das Oberhaiipt cles staatlichen Geineinwesens war derH oliep ries t er, jedenfalls bis auf die herodianische Herrschafthernnter. Sowolil die Hohepriester der vormalclcabäischen Zcit,als clie hasnionäischen waren zugleicli Fürsten. Ihre Maclit ist aufder einen Seite eingeschränkt durch die griechisch-röinisclle Oberherrschaftund durch das neben ihnen stehende Syneclrium, aufder anderen Seite aber gefestigt durch das Prinzip cler Lebeiislänglichlteitund Erblichkeit. Seine höchste Stufe erreichte dasHohepriestertum unter den Hasmonäern. Nach deren Sturz~vurde allerdings die Lebenslängliclikeit uncl Erblichkeit wiederaufgehoben; Herodes wie die Römer setzten nach freiein Q~itdünkenHohepriester ein uiicl ab. In~iner aber ist der Hohepriesteran der Spitze des Syneclriurns, also an cler Spitze derpolitischen Geineinde geblieben. Ueberdies behielten auch dieabgesetzten Hohepriester nicht nur ihren Titel, sondern aucheine ganz bedeutende Macht (vgl. Joh 18 13 E.). Die wenigen bevorzugtenE'amilieii, aus clenen die Hohepriester stets genoininen


320 Dritter Teil. 11. Recht und Gericht. [D 44.wurden, bildeten eine sehr einflussreiche Aristokratie, die an clerSpitze cler Regierung stand.b) Ein geschichtlicher Zusammenhang cles grossen S y n e -clriuins init jenem Kollegium der ,Aeltesten Judas' nach derRückkehr aus dein Exil ist immerhin nicht unmöglich. Nachweisenlasst sich eine eigentliche jüclische Gerusia als organisirteBehörde erst in der griechischen Zeit. Wie schon die BezeichnungGerusia zeigt ', war sie nicht eine deinokratische, sonderneine aristokratische Körperschaft. An ihrer Spitze stanclen clieerblichen Hohepriester. Was ihre Kompetenz anbelangt, sohaben die jeweiligen Herren cles Lancles alle den Juclen in clerinneren Verwaltung des Landes grosse Freiheit gelassen, sobaldnur die Steuern regelmsissig gezahlt und ihre Oberhoheit anerkanntwurde.C) Die eiilzeliien Geineinclen llaberr iinmer noch ihre altenO r t s b eh ö r cl e 11 (Fou),-Q), bestehend aus clen Aeltesten (cf. Luc7 3). Diese übten wie früher ihre richterlichen Punktionen aus.In den grösseren Staclten mögen allerdings claneben besonclereGerichte bestanden haben. Die Mitgliederzahl cler Ortsbehörclenbetrug nach den Angaben cles JOSEP~IUS (Ant. IV 214 Bell. Jucl.11 20 a) mindestens sieben; an grösseren Orteii scheinen sie aus23 Mitgliedern bestancleil zu haben. - Die Unterordnung lileinererDörfer uncl Stadte unter die grösseren findet sich, wie aufgriechischem Gebiet, so auch hier wohl nnter griechischem Einfluss(doch vgl. S. 299ff.). Des Näheren kann aber clarauf wie aufdie Einteilung cles Lancles in Ver~~raltungsbezirke hier nicht eingegangenwerclen (vgl. SCEIURER GJV I1 V 32 ff.).Kap. 11.Becht iiiacl Gericht.g 44. Ursprung und Chara,kter des israelitischen Bechts.1. Der Ursprting des Rechts liegt in cler Sitte. DasRecht cler Nomadenstiimilze ist nichts aiicleres als die Stammessitte.Aus dem, was wir iiber die Stammesverfassung gesehen,begreift sich, wie die Herrschaft der Stammessitte eine viel mächtigereist als clie der Vollilssitte. Als Familientradition iibt sieDer Ausdruclr Synedrium begegnet uns zum ersten Male in derZeit des Herocles (Jos~~aüs Ant. XIV 168).


44.1 Vrsprung nnd Charakter des israelitischen Rechts. 321eiiien ausserorclentliclien Zwaiig aus auf die Glieder des Geschlechts.Von cler Volkssittr sich zn eliianzipiren, ist heute iiiclitschn~er und war schon im Altertum nicht unmöglicli, schliesst auchnoch nicht von cleil Volksgenosse11 aus. Dagegen ist es fast 1111-denli-bar, dass sich ein &Ianii von cler Sitte seines Stammes losii~acht,solange er noch dein Stamm angeliört; solche Emanzipationwäre gleichbedeutend mit dein Austritt aus dein Fainilienverband.G~obeVe~letziing dcr Stammessitte zieht die Ausstoss~iiig nach sich,inacht recht- nnd schutzlos. Umgekehrt ist mit dem Uebertritt ineinen anderen Stainm der vo!lstänclige Wechsel cler Sitte, auchcler religiöseil, notn-enclig gegeben. Der Gruncl uncl aiidererseitseine Folge clieser strengen Herrschaft cler Sitte ist, dass sie eiiiheitlichuiicl geschlossen ist, das ganze Leben bis a~if Kleiriigkejtenliiiiaus regelt und clein Individuum so gut wie gar keine Freilieitlässt. Sie be~viikt, „class das Empfinden, Denken und Handelncler dem gleichen SStaiiini angehörenden Menschen in einer Weisegleichfiirinig ist, welche modernen Kulturrizenschen i~ubeg~eiflichistu (STADE GVJ l2 401).Eine zweite selbständige Quelle des hebriiisclien Rechts liegtclnriii, class die Hebräer neben clen rechtsprechencleii GesclilechtsiiiidStammesliä~~ptern (8. 327f.) wie alle alten Völl


322 Dritter Teil. 11. Recht und Gericht. [B 44.Aus dieseln Ursprung des Rechts erklärt sich auch sein U infang,nainentlich die fiir unsere moderne Aiiscliauung auffglligeTatsache, dass alle Vergehen gegen die Religion uncl deii Kultzugleich als Verletzung cles Rechts gelten. Die Vereliruilg desStainmesgottes bildet eberi einen Teil - und iiiclit deii uiiwesentlichsten-- der Staminessitte.2. Die alles beherrschende Gruii cllage cler gaii zenReclitsanscliauung auf dieser Stufe ist das Prinzip derWieclervergeltung. ,,Aiige um Auge; Zahn uni ZahnLL. DieRache ist Gesetz, der Hass clie treibende Kraft. Wilcleii Völkeriaist die Raclisucht clas berechtigtste uncl heiligste Gefiihl: wer sichnicht rächt, ist ehrlos.Das ltanii bei cler Stainmesverfassi~ng iiiclit anders sein.Den11 von staatlicheii Organen, von cleilen der Einzcliie seinRecht bekoniint (iin Gericht), ist iliclit die Rede; es ist vielmehrdem Einzelnen, bzw. cler Familie überlasseil, selbst ihrRecht zu verfolgeii. Stiehlt einer, so mag der Bestohleiie seheii,wie er sich vom Dieb schadlos liält; wird einer ermordet, so ist esSache cler E'amilie, Raclie z~i nehmeii.Das reine jus talionis macht alle Rändel ewig. Es ist einsehr grosser, aber schwer zu niachender Fortschritt, nrenii anStelle der reinen Vergeltung durcli die sich rächeiicle Selbstliilfeclie Komp ensati on clurcli Geld etc. tritt. Damit ist der wichtigsteAnfang für die Ersetzung der Piivatrache durch öffeiltliclieStrafe gegeben; eine Kompensation ltann sich auf clic Dauer clerRegelung durch clie allgeineiiie Sitte nicht entziehen, uncl so ergibtsich clie Heransbildung bestimmter Masse fiir diese Gegenwerte(vgl. Ex 21 22). TVas den Uebergang von cler Talion zur Kompeiisationerleichtert, ist das, dass nebeii der Rachsi~clit iin &feiisclieiidie Habsucht hergeht: ein mir zugefiigter Schaden wird dad~ircllniclit ersetzt, dass ich meine llache kühle uiid den Schnldigeiiebenfalls scliäclige. Da wo die Habsucht, das Vorlangen nacliSchadenersatz stärker ist, als die Rachsucl~t, wircl die Kompensationdnrcli Gelcl und clrgl. der einfaclieii Raclie vorgezogenwerden.Eine dritte Stiife bilclet dann das eigentliche Strafreclit, fiirwelches charaltteristisch ist, class die Gesellschaft clie Rache demEinzelnen abnimmt. Die Raclie wird so zur Strafe, es ist dasgemeinsame Iiiteresse, welches sie regelt. Die Sitte und spnter dasgeschriebene Gesetz bestiininten clie Strafart und das Strafnlass,


§ 44.1 Ursprung lind Charakter des israelitischen Rechts. 323die Autorität der Gesellschaft unterstützt clen Geschädigten beider Ei-lai~gung seines Reclits. Auf weiter entwickelter Stufe sindes clie Leiter cler Gesellschaft, die Behörden, welche clie Durchfiilirungdei* Strafe in die Hnarl nehmen. Dieser Gang lässt sichauch beim hebräischen Reclit deutlich verfolgen.3. Auch fiir die Rechtsentwicklung war natürlich clie Ansiedltiiigim Westjordanland von einscl-ineicleiider Bedeutung.Sachlich brachte sie eine ausserordentliche Erm ei t erun gdurch clie izeuen Lebensa~~fgaben. Es sei nur daran erinnert, wiedas Privateigentum eigentlich erst beim ansässigen Leben seinenvollen Wert gewinnt. Hab und Gut cles Bediiinen findet auf deinRüclrei~ eines Kameels Platz uiicl ist ein recht iinsicherer Besitz.Anders der Bauer: für ihn ist eine gewisse Sicherheitdes Besitzes unerlässliche Bedirignng. Der nomadisirende Bediiinekeniit ferner keine sozialeil Unterschiede (8. 173). DasBauern- und Städteleben dagegen brachte eine grössere Verschiedenheitcler Einzelnen an Anseilen ~ind Geltung. Arni unclReich wird zn Hoch iincl Niedrig, iincl schon frühe - nicht erst alsdie sozialen Gegensätze sich zu jener bedenklichen Schroffheitgesteigert, clie clen Weheruf der Propheten herausforderte - hatsich der Gesetzgeber vor neue Aufgaben gestellt gesehen. Dasser sie erkannt ~iiicl zu lösen versucht hat, zeigt schon das Eiinclesbnchniit seinen Ordi~ungeil über gerechte iind inilde Behandlungder Armen uncl Fremden etc. Ueberall aber in cleil iiberliefertenliebraischen Rechtssatzungen sind die Verhältiiisse und Beclürfliissedes ansiissigen Lebens vorausgesetzt, ein cleutliches Zeichen,dass sich cliese Rechtsgewohnheiten erst auf dem Boden des Westjordanlanclesausgebildet haben, natiirlich unter starliem Einflussder alten kanaailitischen Rechtssitten.Aber mehr, cler Uebergang zum ansässigen Leben machtenicht nur clie Erweiterung cles bestehendeil, sondern aiicli dieFestlegung cles so erweiterten Xechtes, die Ausbilduilg eines g e -schrieb enen Rechtes notwendig. Wenn die spätere Zeit diePeriode der sog. Richter als eine gesetzlose charakterisirte (Jdc176), so war das allerdings von ihrem Standpunkt aus geurteilt,cler ohne König und geschriebenes Gesetz sich kein Recht clenlienkonnte. Aber es liegt clocli etwas Wahres zu Grund. Wohl hildetesich beim Zusaininenschluss der Stäinine zuin Volk eine gewissegemeinsailie Volkssitte lieraus (I1 Sain 13 iz ff.), aber clerZwang, mit dem die Stainiiiessitte den Einzelnen helierrsclit, löste


324 Dritter Teil. 11. Reclit und Gericht. [$ 44.sich in demselben Mass auf, wie die Stammesverfassung selbst zerfiel(S. 299). Mit cler iäunllichen Isolirung cler Einzelnen narauch ihre Freiheit von der Sitte gegeben; eine gewisse Reclitsuiisicherlieit,eine zügellose Uiigebunclenheit inaclite sich fiihlbar,cler nur ein neues Recht für das ganze Vollr, ein Gesetz abhelfenIioiinte. Der israelitische Staat brachte ein solches dadurcli, dasser ein eiiilieitliclies liönigliclies Gericht scliiif.4. Das Bteste liodifizirte Recht cler Hebräer ist uns erhalteniin sogen. Bundesbuch (Ex 20 za-23 i9) '. Es verrät noch sehrdeutlich seiiieii Ursprung im Ge~volinheiisreclit bez~v. in der Toralicler Priester. Es untersclieidet sicli ganz ~vesentlicli von cleni, ~vasinan Jnristenreclit neiliieil könnte, d. 11. von clein Recllt modernerKulturstaaten. Es sincl durcliaus nicht grossc Reclrtsgr~indiätzedarin ausgesprochen, es ist keine Darstellung einer abstrakten12eclitsordnung zuin Zweck der Anmeiicluilg auf den eiiize!nen Fall,sondern eine Zusamn~enstelluilg einzelner Reclitsei~tsclieicle. &lallsieht ihr die Entstehiing gut an: entweder hat sich d~irch öftereWiederliolnng äiinlicher Fälle eine Bechtspraxis gebilclet, oderein einzelner Fall ist clurcli eine Torali Gottes entscliieden n orden,womit ehcnfalls eine feste Norm gegeben war.Darxas erklärt sie11 der Umfang dessen, ~vas in den Bereiclidieser Rechtsordiiung fällt. Es sind Fälle, wie sie bei Aclierbauund Viehz~icht iin täglichen Leben vorkoinineil: es haildelt sichum clie Reclitsverliältriisse der Sklaven, uni Scliäclignngeii an Leibunclleben in1 Streit oder clnrch Falirlässigkeit, um 8cliädiguiigeiicles Eigeiitams, sei es Tocliter oder Slrlave, Vieli oder Felclfruclit.Ueberall zeigt sich noch das Prinzip der Talion herrschei~cl.- ~Das B~indesbucli in seiner jetzigen Form ist verscliiedenfach iiberarbeitetund in1 Einzelnen verwirrt. STADE (GVJ I2 634ff.) verlegt; esin die 2. Hälfte der Regiernng des llianasse (1. Hiilfte cles 7. Jahrhuizderts),was viel Bestechendes hat. Jedenfalls ist es dann nicht der erste Vcrsuclleiner Niederschrift einzelner'Rcchts- und ISultiissatzungeii. Sobald ein königlichesGericht bestand, i~ncl im Namen des Königs Reclit gesprochen wurde,waren in königl. Verordnungen uiid dergl. die ersten Anfänge eines schriftlichfixierten Rechts gegeben. Man bemerlie übrigens schon hier diefolgenscliwere Tatsaclie, dass cliese Gesetzsainii~lung ilire Autorit,iit daranfgründet, dass clie Bestimmungen von n'lose lierrühreil. Ai1 Stelle cles AltersundGewohnlieitsrechts tritt hier die Persönliclilieit, der Gesetzgeber alsAatoritiitsgrund. Dass aber niclit einer der ICönige, sondern &lose alsGesetzgeber erscheint, liat seinen Grund in dein riclitigen Gefiihl, dass dashier niedergelegte Ge~~~ohnheitsreclit in die Aufäuge des ansässigen Lebens,,z. T. vielleicht n«ch weiter zurückreicht.


8 44.1 Ursprung und Cliaraliter cles israelitisclien Rechts. 325Handel gibt es iioch keinen, wenigstens braucht man lreine Gesetzedafür (anders schon iin Dt). Daneben findcii sich andereSatznngen, deren Znsainnienstellnng mit den genannten für unserinoclernes Deiilrcn etwas höchst Befremdliches hat: Satzungenreligiöser Art, clie Gottesverehrung betreffeiicl, allgemeine sittlicheVorschriften der humanen Behandlung von armen Witwe11uncl Fremdeil. Ilire Aufnahme iii die Gesetzsammlnng verstehtsich leicht, weiin inan claran festhält, class es sich eben ilnr uiiiKodifikation cles Gewolinheitsrechts liandelt. Die Sitte aberschliesst bei cleil alteiiVölkern vor allein dieVerehrung der Vollrsgottlieitiii sich, Frönimigkeit und Sitte fallen nicht wie bei unsrnodeirien Meiischeii weit auseinaiidei; wer es an der Verehrungcler Gottheit in alter hergebrachter Weise fehlen lBsst, cler versäanzteine grosse Pflicht gegen seinen Stamm, seinVolk. Uebrigenswird doch zwischeil jns niicl fas geschieclen: bei den miscl'lpdflnt(die Orclnung von Sitte iincl Recht) ist die Form cler Verordnung(Bedingungssätze in cler 3. Person) eine ancleie als beiden Vorschriften über Religion und Kultus, den clebhdl~itiz (1112-perativsätze).5. Vollstäiidig auf dem Bunclesbuch fusst das Denter on o-miuin. Die Frage, .wie weit dasselbe ältere Gesetzsaninilungenvoraussetzt, sei es, dass es dieselbe11 in sich tlufgenomrnen oderbekämpft hat, gehört in clie AT1. Einleitung. Znr allgenieineiiCharakteristilr des Dt ist hier nur clarauf hinzuweisen, dass es imStoff wie in der Forni sich zieiiilich eng an das Bunclesbuch anschliesst,so dass es geradezu als eine Erweiterung desselben erscheint.Es werden die gleichen Naterien in beicleii abgehandelt,die Scheidung in cl~z/&~~'e*~iz und miscllp,d.tfm entspricht der clesBundesbiichs, a~icli die Anorclnung scheint eine ziemlich analogegewesen zu sein. Freilich ist durch clie mehrfachen Ueberarbeitungendie für ein abgeschlossenes Gesetz vorauszusetzende uncliiocli nachweisbare systeinatische Orcliiurig stark gestört worcleil.Wie das Bundesbuch, will das Dt zunnchst eine Kodifikation cleralten liultischeii und rechtlichen Sitte seiii, daneben aber will esdoch auch ein Neues bringen. Auf dem Gebiet cler B~iltischen Sittewill es die Grundlagen fiir eine d~irchgreifende Reform bieten;auf clem des Rechts und der biirgerlichen Sitte vird alles untereinen neuen Gesiclitspnnlit gestellt: unter deii der einzigartigenBeziehung Gottes zu seiilein Volk. Nicht was von Alters herRecht und Sitte war, gibt die Norm ab fiir Recht iincl Unrecht,


326 Dritter Teil. 11. Recht und Gericht. [S 44.sonclern die Porclerung cler Heiligkeit desVolks ist das oberstePrinzip.Dabei iniisste natürlich manches an Sitten fallen, was bisheruna~lstössig war, und der Rest einen anderen Charalrter gewinnen.Hiezu stimmt sehr gut, dass wir auch hier wieder eine Pteihe vonVerordnungen finden, die iiach unserem Urteil in einen1 Rechtsgesetzeigentlich keine Stelle haben, sonclern clern Sittengesetz angehören:clie humanitäre11 Verordnungen sozialer Art, Fürsorgefür die Arinesi und Dienenden, IVittwen uncl\ITaisen, Leviten undFremden (S. 175). Mit Recht liat man cliesei~ hun~aneii Zug derGesetzgebung als cliarakteristiscli für clas Dt hervorgehobeil, auchin der eigei-itlichen Rechtspraxis zeigt sich dieser Geist vielfachinilderncl.6. Anderer Art ist das sogen. Priestergesetz (P), ~1.11. dieGesetzsaminluiigeii, welclie in cler priesterlichen Schicht des Peiltateuchsvereinigt sincl. Der Form nacli ist P eigenbünilich, classes eine Verbindung von Gesetzgebung und Geschiclite ist, einelegislative Schrift iil historischer Form uncl init l-iistorischei Substruktion.Iilhaltlich will P nur ein Kultusgesetz gehen, RechtsundSittengesetz werden grunclsätzlich bei Seite gelassen; clieganze heiligeVerfassung der Gemeiiicle setzt clurchaus clie Staatsordnung,das biirgerliche Recht, voraus. Nur ausnal~ins~veisewird auf Fragen aus dem Gebiet des eigeiltliclien Rechts Rücksichtgenomiiien, und auch da ist es durchaus nicht auf das profalleRecht in letzter Linie abgesehen, vielmelir merdeil dieseDinge blos soweit beigezogen, als sie mit der Hierokratie von Pzusammenhängen. Sie werden also zuni giösstei-i Teil iii clenSakraldtertiimern zu besprechen sein. Leider sincl wir clariibersehr sclilecht unterrichtet, welches geltencle Recht P in1 Einzelnenvoraiissetzt.Eine besondere Qesetzsanin~lang iniierhalli cler Priestersclirift bildetdas sogen. ,EIeiliglreitsgesetz' (Lev 17-26 nebst einigen anderen zerstreuteilVerordnungen). Auch diesc Gesetzgebung Fescliliftigt sich vorwiegend mitdem Kultus: Priester, Opfer, Feste, levitische Reinlieit stellen im Mittelpunkt.Dadnrcli wird clas Corpus dem Priestergesetz ziigewiesen. Auf cleranderen Seite zeigt das Hciliglioitsgesetz aber doch ailcli eine merlimürdigegeistige Verwandschaft mit dem Deuteronoiliiriiii, nicht bloss dadurch, classes - was sonst in P fehlt - eine Reilie sittlicher und rechtlicher C+eboteaufgenommen hat, die z. T. sogar an das Bnndesbiich erinnern, sonclernnanientlicli durch den Geist niilder Hiimanität, der cliese Gesetzgebungwie das Deuterononiiux~ clarchwaltet (vgl. besonders 1Ca11. 19). Auch derzeitlichen Entstehuug iiach gehört das Heiligkeitsgesetz in die 1\4itte zwischenDenteronomium uncl das übrige Pricstergesetz hinein.


5 46.1 Die Gerichtsbarkeit. 327Wenn nun im Folgenden die einzelnen Reclitssatzuiigen nacliihrein Iiilialt zusammengestellt werden, so ist im Voraus zn benierlrei~,dass nian clarauf verzichten muss, ein vollständiges Systeincles hebräischen Rechts zu geben. Dazu ist das erhaltene Materialviel zu lückenhaft. Vor allem aber ist zu betoiieii, dass auf dasalte hebräische Recht das römisch-moderne Reclitssystem insbesonderemit seiner strengen Scheidung zwischen Strafrecht unclPrivatrecht nicht iibertragbar ist, wofiir die Betrachtnng des Diebstahlsim hebräischen Recht den schlagendsten Beleg gibt.g 45. Die Gerichtsbarkeit.1. Die Gericlitsverfassung. Es ist schon ernriilint worden,class von Alters her die Gerichtsbarkeit bei der Familie lag :den Mörder strafte clie Paiiiilie cles Ermordeten, vom Dieb verschafftesie sich selber irgend welchen Ersatz, über seine Kinderiibte der Vater das Strafrecht ohne Einschränlruiig aus (Gen 38 24vgl. Dt 22 13 B.).Beiin Zusammentritt einzelner Familien zuni Stamin musstesich diese Gerichtsbarlreit der Familie verschiedene Eiiiscliräillruiigengefallen lassen. Ein Teil clerselben gieng auf das Geschlecht,cleil Stamm iiber, welche sie dann durch die Geschlechts- iinclSt,zimmältesten ausübten. Uiibedenlrlich dürfen wir von den Verhältnissender heutigen Beduinen hier znriiclcschliesseri. Die Autoritäteines Schechs ist eine rein moralische (S. 296). Entsteht eiiiStreit zwischrn zwei Lenten, so versucht der Schech die Sache beizulegen.Oft lrolnmen clie Parteien dahin iibereiii, sicli bei seinemAusspriich zu beruhigen; wollen sie das aber nicht, so hat er garkeine Nacht, seinen Spr~icli durclizusetzen. Aiich cler mächtigsteSchech kann nicht die geringste Strafe Eber den Aermsten clesStamms verhängen, oline sicli der Rache des Betreffenden undseiner Familie auszusetzen. Interessant ist, dass daneben sehrviele Stäriiine einen [cd~li, Richter, haben. Zu solchen werdenNäniier gewählt, clie sicli durch scharfes Urteil, Gerechtigkeitsliebeuncl Erfahrung in den Gewohnheiten cles Stammes auszeichnen.In cler Regel bleibt das Amt eines I@%i in cler Familie. Vorihn bringt inan schwierigere Fälle, aber aiicli sein Urteil ist nichtrechtsverbindlich, es gibt keine Vollzugsbehörde. Kommt endlicheiii Fall vor, welchen auch der kliigste 15ii.i nicht zu lösen vermag,so bleibt als letzte Aiiskunft das Gottesurteil (vgl. BURGICAI~DT,Bemerlrungen 93 ff.).


328 Dritter Teil. 11. Recht riucl Gericht. [# 43.Aelinlicli haben wir uns clie Verliältnisse bei cl~n alten Hebräernzu cleiikeii. Die Einsetzung von Riclitern wird iri derUeberlieferung auf Rfose zurücligefiihrt (Ex 18 is ff aus E). DieserIiabe auf Jetliros Rath vertrauenswürdige uneigenniitzige M" annerzu Häuptern iiber das Volk uncl zu Vorgesetzten iiber je 1000,100 uncl 50 bestellt, welche die einfachereil Sacheil entscheicleilsollten, währencl Mose sich die scli~vierigeren Fiilli: vorbehielt.Eine Variante zu clieser Erzählung redet von 70 T~ornehiiisteiiunter clemVolli- (Nnm 11 i~f. vgl. Ex 24 i). Tm Dt (115 ff.) werdensie als ,Stan~inesliäupter( bezeicliiiet. Die Erinner~iiig gelzt ganzrichtig clahin, (lass seit uralter Zeit clie Rechtspiechung in denHärideil der Gesclileclits- und Starninesl~äupte~ war; eine besondereEinsetzung dieser Einrichtung durch Mose war freilich überflüssig,cla dies vor ihm bei den eiiizeln~n Stämmen auch nichtanders gewesen sein wird. Dagegen trifft die Uebeilieferniig clariiiwieder das Rechte, dass die ~viclitigereii Sachen, cl. 11. solclie, fiiiwelche clie Weisheit clieser Männer niclit ausreiclite, vor Dlose,d. h. vor die Gottheit Iminen. Als Priester, auf Grnad göttlicherOffenbarung spracli Mose Reclit, die Lente Itaiiien LI iliin,uni die Gottheit ZLI befragen, ~~iid er brachte clie Sacheii vor Gott(Ex 18 15 10 f.). ES ist schon beinerlit wc~rdeil, wie sicli darin auchder Zustand einer späteren Zeit wiederspiegelt. Neben cler Gerichtsbarkeitder Gesclilechter gieng allezeit clie Gottes cliircli cleiiPriester hcr.Mit der Aiisieclliing war von selbst gegeben, dass die I-läupterder Geschlechter und Geineinden allinälilicli den Charakter einerObrigkeit gewannen, clie als von Jahve eingesetzt galt iiiicl iinn~erinehr mit clenl Aiisprucli auf gesetzliclie Aiitorität anftrat. Dieunbegrenzte Freiheit cles Einzelnen im Komadenleben musste vorallem ari diesein Punlit eine Einschränkung erleiclen. Die Lolialgemeindeliatte ein Interesse claran, den Ricliterspruch ihrerHäupter auch dnrcligefiuhrt zu selieii; wer sicli ihm riiclit beugenwollte, dem blieb nichts anderes übrig, als clie Geilieinde zu verlassen.Ebenso brachte es die Ansiedlung mit sich, dass allniäliliclieine Art von öffentlichem Recht sicli entwickelte. An1 cleutliclistenkann inan das bei der Bestraf~ing des Rllorcls verfolgen.Hier iiiusste es diese Obrigkeit sclion friihe als illre Aufgabe erkennen,clie Sichei~iiig des Lebens dad~ircli zu gemälirleisten, classsie die Bestraf~~ng des Mörders selbst in die Haiicl nahm, womitallniählich clie Blutraclie verdrängt wiirde. Mit cliesen Modifi-


9 45.1 Die Gericlitsbarkeit. 329kationen erhielt sich clie auf die Stammesvcrfassung gegriincleteGerichtsbarkeit auch unter den1 Königtum bis zum Exil hin inihrer Bedeiitung. Die Erzählung der klugen Prau aus Thckoa(2 Sam 14 i ff) setzt voraus, dass das Geschlecht die Kriiniiialgerichtsbarkeitnoch in Hiinclen hat (vgl. T'. 7); das Dt benill alsrichterliche Behörde die n;e&C?22112 jecler Ortschaft (16 1s); ihnenmeist es die Rechtsprechung sowohl im Fainilienrecht (25 7 ff) silsim Strafrecht (19 1% 21 2 ff. iu E. 22 ij ff.) zu. Ebenso ist die Vollziehiingdes Urteils Sache der AIäniier der betreffenden Stadt,zum Zeichen, dass das Gericht im Namen der Gesnmintheit gesprochenhat (Dt 177). Niir bei der Blutrache iiberlasst auch dasDt clie TTollstreckuiig den1 Bluträcher (19 1s). Mit Recht aber istfiir clas Dt der Ansclrncli „in allen deinen Ortschaften" gleichbedeutendmit cleiii anderen „Stainm für Stamm, Geschlecht fürGeschlecht" (16 1s); denn es deckt sich bei der eigentiimlichenArt cler Entstehung der Stäinme nncl Geschlecliter im Westiorclaillaiicldie Zugehörigkeit zu einer Lokalgemeinde und dieZugehöriglieit zu einein bestinznlteii Geschlecl~t so ziemlicll(S. 299).Bei dem oben (S. 300) besprochenen Verh5ltniss der Abhängigkeit,in .cvelcliem meiiigsteils teilweise clas flache Land undclie Dörfer zu den grössereil Stäclten als i\/Ietropolen stehen, istes nicht unwahrscheii~lich, dass sich auch die Gerichtsbarkeit einerStaclt über ihre 6citz0tlt aasclelinte.Selbstverständlich nlachte clas K ö n i g t u 111 auch auf cliesemGebiet seine Ansprüclie geltend. Der König war cleroberste Richter schlechtweg. Seine Regierungstätiglieit bestandim ~~~esentlichen iin Richten (8. 306). Die Würde eines obersteilRichters, ~velche die spätere Gescliichtsbetrachtung den sogeil.,Richtern' cler vorköiiiglichen Zeit beilegte (I Sam 7 15 LI. a.), istiiiclits anderes als ein Reflex des liöiiiglichen Richteraints. Dieangeführte Geschichte von dem Weib aus Thelcoa zeigt, wie beides,das königliche Gericht iincl die Stammgericlitsbarlieit, nebeneinanderbestehen lronnte. Der Köilig bildete eine Art 0 b erins t an z, an welche sich wenden konnte, wer nlit clem Sprnclides Stammgerichts nicht zufrieden war. Ebenso gieng man iilschwierigen Fragen (Dt 17 $1 I Reg 3 IG ff.) und auch sonst vielfach(I1 Sam 15 %) sofort an den IKöiiig als erste uricl einzige 111-stanz. Von dieseln Recht cles Königs, die oberste Gerichtsbarkeitanszuiiben, übertrug sich claii11 ein Teil auch auf seine Beamten


330 Dritter Teil 11. Recht iincl Gericht. [$ 45.(X. 306). Leider liabeii wir lreiiie Andeiitnng, wie sicli iin einzelnenclie Gerichtsharlieit cler liöniglichen Beamten zu der clerGeschlecliter verhielt, ob uncl wie etwa die Kompetenz beidergegeneinander abgegrenzt mr.Dentlich erlieniibar ist im Dt der Versuch, die Gerichtsbarkeitder Geschlechter zu bescliränkeii niicl clurcli clie des Icönigsuncl cler Priester zu ersetzen. Namentlich clie letztere mircl fiirschwierige Fälle dringeiicl empfohlen (17 s ff.) uiicl auch sonst gernneben die der Richter gestellt (19 17). Die Autorität beicler isteine absolute. Wer auf deii Sprnch der Priester oder ,des Richtersin Jerusalein' nicht hören will, der soll sterben (19 12).Anf Josaphat fiilirt cler Chronist dieErrichtung eines oberstenGerichtshofs in Jerusalein uncl die Bcstellung von Berufsricliterilin den einzelnen Stäclten zuiiick (I1 Chi 194-11).An sich niclitiinrnöglich wird clie Sache dacliirch allerdings nicht gerade walirscheinlich,dass in diesein Obergericht der Holiel3riester als Vorsitzenderin allen Angelegenheiten des geistlichen Rechts, cler,Fiirst von1 Haus Jucla' als Vorsitzender iil allen weltliclieii A11-gelegenheiten fungiren sollen. Nocli weniger ist eine Znsaninienstellnngmit ,dein Richter' des Dt (17 9) inöglicli.Ezechiel uncl P greifen ancli hier völlig timgestaltend ein. DieHierokratie von P dulrlct keinen König neben sicli; auch bei Ezechielist cler König eine recht schattenhafte Gestalt von zienilichzweckloser Existenz. Das Gericht iin Znlinnftsstaztt des Ezechielfiillt ganz den Priestern zii (4424). Dass ebenso nacli P die Rechtsprechungnicht von cler weltlichen Obrigkeit, sondern voll denPriestern besorgt wird, sieht nian aus der naiven Vorstellung clerChronik, class schon David 6000 Leviten zu IZichterii ernannt habe(I 23 26 29). Doch wercleil Ezr 7 25 10 14 Xicliter erwälint, clienicht den Priestern, soiiclern cleii ae[c&?zZ?lz cler Städte eiltnoininensind.2. Das Gerichtsverfahren. Das Gerichtsverfahren warzii allen Zeiten sehr einfach. Aiii öffeiitlichem Platz (Jclc 4 5) unterclein Tlioi der Stadt, wo sonst BZarlrt gehalten wurde, sassen dieRichter zu Gericht (Dt 21 19 ii. a.). In Jerusaleiii liatte Xaloinoeine eigene Gerichtslialle fiir sein königliches Gericht erbaut(s. S. 241). Dort erscliieiien Kläger uiicl Beklagter uncl brachtenihre Sache vor (Dt 17 5 2120 231). Eine staatliche Aiililagebeliördegleich iinserem Staatsaiirvalt oder die Verfolgung eiiies Vergehensvon seiteii der Gemeincle gab es in alter Zeit nicht. Der Eelei-


5 46.1 Das Strafrecht. 33 1cligte oder Geschädigte iiiusste imiiier selber klagen, wenn er Genugtuunguncl Entscliäclig~~ng haben wollte; zog er aber den Wegcler Privatabmachung vor iincl verzichtete auf Erhebung einerKlage, so war die Sache abgemacht uiicl Nieiiiand hatte ein Interessedaran, die Angelegenheit vor Gericlit zu ziehen. Wo lieiilKlager ist, ist kein Richter.Alles wurde miincllich verhandelt. Das Hauptbeweisniittelwaren Zeugen; nur cler Vater, der seinen ungeratenen Solin zumTode führte, bedurfte deren lieine (Dt 21 isff.). Sonst aber wurdevom Gesetz stets das übereinstiinmencle Zeugniss snindestenszweier Personen strenge gefordert (Dt 17 G vgl.Matth 18 16). AufAussage eiries Zeugen allein sollte unter keinen Umstänclen einVerbrechen als erwiesen angenommen, namei~tlich kein Todesurteilgefällt werden (Dt 17 G 1915 Nuin 35 30). Nach Jos~~rrus(Arit IV 219) waren Fraiien uncl Slilaveii nicht fä,liig zur Zeugnissablegung;das AT enthält diese Bestimmung nicht, es ist aber ansich nicht unmöglich, dass sie der alten Sitte entsprach. Ebensolässt sich nicht aussnachen, ob cler Zeisgnisszwang, der beiP (Lev5 I) ganz allgemein ausgesprochen wird, alte Sitte war. DemRichter ist genaue Prüfung des Zeugnisses zur Pflicht gemacht(Dt 19 is), und strenge Strafe bedroht den, der falsclies Zeugnissablegt: ihn soll das Gleiche treflen, was er iiber seinen Volksgenossenzu bringen gedachte (Dt 19 isff.). Beiin Todesurteilsollen insbesondere die Ze~~geii die ersten sein, welche beiinVollzugHand anlegen (Dt 177). Dass trotz alle clem falsches Zeiignissnicht zu den Seltenheiten gehörte, zeigt derProzess desNabot(I Reg 21) und die stets wiederkehrende Klage cler Propheten.'Wo Zeugen cler Sachlage nach nicht vorlianden sein konnten,wurde dem Beklagten der Reinigungseid zugeschoben (Ex 22 (i-11).In besonders sch~vierigeil Fällen erwartete inan in alter Zeit rollder Gottheit die Offenbarung des ~cliuldigen (Ex 22 s). Auf das..Urteil folgte sogleich die Vollstrecliung vor den Augen des Ricliters(Dt 25 2).g 46. Das Strafrecht.1. Das her r s chen cl e Prin z ip im hebräischen Strafrechtist das jus talioiiis : „Auge uin Auge, Zahn tim Zahn, Wunde umTVuszdeU (Ex 21 28 S. S. 322). Wie weit freilich die ächte Tadionstreng durchgeführt wurde, entzieht sich unserer Kerintniss; esdiirfte das, namentlish wo es einmal ein Gericht gab, seine grossen


333 Dritter Teil. 11. Recht and Gericlit. [§ 46.Schwieriglieiten gehabt haben. Doch finclet sich noch heute beiden Becluinen bisweilen clie buchstäbliclie Vergeltuilg (SEETZEW,ReiseiiIII 373). Auch niuss man sich stets vergegenwiirtigen, dassdieser Rechtsgr~inclsatz nicht die richterliche Bestrafung, sonderndie Privatrache in1 Aiige hat: der Geschädigte hat ohne ~veiteresclas Recht, dem Täter ebenso zu tun, wie er ihm getan hat. Selbstverstäncllichhat er aber auch das Reclit, irgend melclie anclereAbmachung mit clein Täter zn treffen iiiicl sicli durcli Geld oclerGeldeswert entschadigeii zn lassen (vgl. das Z~völftafelgesetz: siinembruin ruit iii cuni co paicit talio esto). Es handelt sich ebeniiiimer um private Streitigkeiten; wo lceiii Kläger ist, cla ist aucliBein Richter. Das alte Gesetz schieibt einen solchen Vergleicligeraclezii vor fiir (las weite G ebiet der I


5 46.1 Das Strafrecht. 333rächer des Mörders nicht liabliaft werden, so hält er sich an seineFamilie. So noch heute bei den Berluineii. Erst clas Dt liebtdiese Reclitsgewohnlieit auf (24 16).3. Was die vom Gesetz verhängteil Strafarten anlai~gt, soIroii?rnt als offizielle Todesstrafe nur die Steinigung zur Aiimeiiclui~g'. Erschwert wurcle die Toclesstrafe nach dein priesterlichenGesetz uiicl wohl auch nach alter Sitte in einzelnen Fällen clurchclas Verbreniien des Leicliiiams2 (Lev 20 14 219). Der urspriingliclieSinn ist cler, dass cladurch dem Hingerichteten die 7vVohltntcler geordneten Beercliguilg entzogen wurde (I1 Sani 21 sf.). Nichtbegraben zu werden galt aber als die furclitbnrste Schaiicle uiiclzog fiir das Leben iin Hades sclz~ve~e Folgeii nacli sich (9. 164). DasDt iililderte auch hiei clurch clie VorschriR, dass cler anfgeliäi~gteLeichnnni noch vor Sonilenuntergang begraben werden müsse(21 azf.), woinit eigentlich clie Becleutniig diesei Strafe anfgeliobeiiwar. Ueber den Vollzug der Steinigung erfahren mir aus den1alten Testament nichts Näheres; nur so viel erhellt, dass der Gericlitsplntzausserlinlb der Stadt war (Lev 24 14 Nuin 15 se I Reg21 ioff. U. a,). Die Zeugen warfen der1 ersten Stein auf den Veri~rteilten(Dt 17 7). Die rabbinische Eeschreibiiilg cles Verfahrens(S.TVIXER, Artilrcl Steinigung) entspricht jedeilfalls nicht den eiiifxcheiiVerhältnissen der alten Zeit.Ebensowenig Wert fiir clie alte Zeit haben die rabbinischeilAngaben iiber die weitereil Todesarten durcli Eingiesseii von geschinolzeneinBlei in den Mund, durch Erclrosselii, durch Enthaupten.Die Rreuzigni~g, „ cr~~delissiinum cleterriiiiuinc~iie suppliciumL1(CICERO Veri. 5 ei) ist erst durch die Röiiier in Palästiiiaeingeführt \\~ordeii; sie cliirfte bekaiintlicli iiber römische Biirgeriiiclit verhangt werden.Die Priigels trafe findet sich erst iin Dt ausclriicklich vorgesclirieben.Sie wiid aiigeordiiet fiir den eiiizelnen Pali, dass eiiiMann seine Frau verleumdet, sie sei nicht als Jungfrau in die Ehegekommen (Dt 22 13-19). Ihre vielfache sonstige Anwendung wirdaber vorausgesetzt (Dt 26 1-3). Leider felilt die Angabe darüber,In Fällen, wie I1 San1 1 is I1 Reg 10 7 z~ Jcr 26 23 Num 25 s Ex 1913 LI. a., wo vom Niederliaiicn iuit dem Schwert ~ind clergl. die Rede ist,liaildelt es sich nicht iinx clie Vollzichung einer vom Gericht verhängtenStrafe, ebensowenig da, WO der Blnträcher seine Raclic ausiilut.Aus Gen 38 ne ist zii entnelimen, dass die alte Sitte clas Verbrenneuals Todesstrafe für Unz~iclitsvergehen liannte.


334 Dritter Teil. 11. Recht und Gericht. [# 46.in welchen Fällen der Richter auf Prügelstrafe erkennen lroiiiitebzm. musste. Dt 25 1-3 wird zugleich :~ucli die Exelrution beschrieben:der Richter soll den Schiildigen hinlegen uncl ihm i11seiner Gegenwart eine seinein Vergeheil angemessene Anzahl vonHieben geben lassen. Als Bilaxim~iili wircl die Zahl von 40 Hiebenbestimmt niit der merlrwiirdigen Motivirung, class weitere Schlägeclen Volksgenossen entehren wiirden. Man inag cliese fiir unserGefiihl unverständliche Vorstellung vielleicht so erklären, dass dasEntwürdigende erst in cler TTillkürlichkeit einer unbegrenzte11Strafe oder in der Uiimenschlicl?keit eiiier höliereii Anzahl vonSchlägen, die leicht tötlicli sein konnte, geseliei~ ~~r~irde. Die späterenGesetzaiisleger liaben clie Zahl auf 40 weniger 1 festgesetzt(I1 Kor 11 24 JOSEPTIUS Ant. IV 235 248), wohl nin ein Uebersclireitenbei etwaiger Verzälilung zu verl~iiten, vielleicht auch, weilInan damals statt cles Stoclres eine aus cliei Rienien bestellendeGeissel (a?tkoc) anwendete und damit 13 Hiebe gab.Die Ge lcl s t r a f e 11, die clas Gesetz kennt, siiicl ein Ersatzfiir den Geschädigten und dürfen also niclit hieher gezogen werden.Dagegen werclen I1 Reg 12 ii Bussen ('2scliBin- und cliattath-Gelder) erwähnt, welche an clie Priester entrichtet .cviircleil; iiiwelchem Betrag uncl fiir melclie Vergehen, erfahren wir niclit. ZiiinTeil betrafen sie wohl kultische Verfehlungen: die Siincl- iindSchulclopfer declren sich ilirein iirspriinglichen Wesen nach mitdiesen Bussen.Bei dieseil Strafe11 fällt vor allen1 das F eh1 en der F r e i-he i t s s t raf e n auf. Von Gefängiliss als einer eigeneil Strafartweiss weder clas alte Gewohnheitsrecht noch das Gesetz etwas.Höclistens lrönnte man eine Art Freiheitsstrafe darin sehen, classder Totschläger clie Asilstadt nicht verlassen darf; allein die Asilhaft~vircl nicht unter diesen Gesichtspunkt gestellt. Eine ähnlicheMassregel s. I Reg 2 36. Das alte Gewohnheitsrecht verrgt auclihierin seinen Ursprung aus cler Nomaclensitte. Dagegen wird uiisnielirfach in den historischen Büchern von Block uncl Halseisenerzählt, mit welchen die Könige iingeliorsaine Diener und wiclerspenstigePropheten zu zIihmen versuchen (Jer 20 z ii. o. XI Clir16 io 18 2s). Als gesetzliche voin Richter zu verliängende Strafeerscheint Gefäiigniss jedeilfalls in nachexiliscl~e~ Zeit (Ezr 7 26).Nicht minder auffalleild für unser 1ieutigesRechtsbewusstseiiiist, dass das hebräische Recht lieiiie eilt elirencle Strafe Ireiint.A~isdrüclrlicli wird bei der Prügelstrafe aiisgesclilosseii, dass sie


Ci 46.1 Das Strafrecht. 335entehrend sein soll. Der alte Jude wie der heiitige Orientalehaben eiiien ganz anderen Ehrbegriff als wir. Morcl nncl Totschlag,Ra~xb uiicl Diebstahl, Ehebrucli uncl Unzucht, Lüge uiidVerrat und noch viel Sclilimmeres siilcl alles keine Dinge, clie clerEhre des AIaiines viel scliaden, auch nicht wenn sie entcleckt unclbestraft werden. Das Hebräische hat, so wenig wie das Arabische,ein TVort für Ehre in unserem Sinn. Vas an Stelle clieses Begriffstritt, der lnsclr~.if cler Araber, ist etwas rein Aeasserliches :die Verweigerung der geringsten Ehrenbezeug~~ng ~iiicl Köflichkcit,a~if die ein Mann Ansprucli hat oder zu haben glaubt, ist eiiieschwere Verletziing seiner ,Ehre'.Iin Vergleich mit clein :tnderer orientalisclier Völlier ~virclInan im Ganzen das 1iebrKische Strafrecht als milde bezeichnenmüssen. Schinden und Pfählen, Rösten und Zerstiickeln, Blendenund Verstümmelii, alle die Teufeleieii, iii denen ganz besondersclie Assyrer treffliche Meister waren, kainen wohl im Krieg vor -die Grausamkeit cler alten Hebrker lässt nichts zu wiinsclieii iihrig(s. LI.) -, aber der Rechtsprecliuilg nTareii sie freind. Ebensowenig~veiss das Gesetz etwas von Folter U. drgl. Auf der ai~derenSeite aber finclet dieses Lob doch sehr seiiie Grenzen, wenn mirclas hebräische Strafrecht mit uriseren inoderrieii Rechtsanschauungeiimesseii. Sogar das sonst clnrcli inilde Hiimanität ausgezeichnetedeuteroiioinisclie Gesetz zeigt eine ganz exorbitanteStrenge : es fordert den Tocl unerbittlich für Ehebruch wie fiir denMorcl und Götzendienst (22 zoff ) ; der widerspenstige Soliii musssterben (21 1s-21 vgl. Ex 21 15 17), und nicht ininder der deinRichterspruch sich widersetzende Israelite (Dt 17 12). Ebensoliart und ungerecht ist die erst durch das Dt aufgehobene Sitte,die Kinder für die Schuld der Väter büsseri zu lassen (s. 0.).4. Im Einzelnen sind die uns erhaltenen Strafbestiminungeiisehr liiclrenhaft. Was die Verbrechen gegen clas Leheii betrifft,so galt füi* die alte Zeit die Blutrache als eiiie heilige Pflicht.Es wurde als Gottesnorm zu allen Zeiten betrachtet: „WerMensclienblut vergiesst, cless Bltit soll wiecler vergossen werdenLL(Gen 95f.). Zur Blutrache verpflichtet ist der nächste Verwandtedes Getöteten, der g6'& l~aclclilw; der Blutrache verfallen ist heutewie iii aller Zeit nicht nur cler Mörcler selbst, sondern seine ganzeFainilie. Priiizil~iell wird das Reclit der Blutrache auch iin Ge-setz überall aiierlranilt (Dt 19 1-13 Nuin35 16-21). Doch erscheintsie schon Geil 4 als „eil1 Institut des TViistenlebeii~(~, lind begreif-


336 Dritter Teil. 11. Recht uqcl Gericht. P2 46-liclierweise brachte es der Uebergang zu geordiieteii Zustiiilcleni11it sich, dass die Obrigkeit, sobalcl eine solche da war, die Blutrachein ihre Hand zu nehilien suchte und dainit zur Todesstrafeumwanclelte (I1 San1 144ff.). Mit welchein Erfolg in vorexilischerZeit, missen wir nicht; es sclieii~t, dass es nie ganz gelang, sie anszurottenDie wirksaniste Eescliriiiili~ing der Bliitrache lag deriii, dasszwisclieii Morcl und Totschlag bz~v. Tötung ohne Absicht oderSchuld geschieden wurde. Genauer unterscheidet das Biindesbuch,ob einer aus Absicht den ailderen getötet, hinterlistigerWeise in offenbarer Freveltat, oder ob ohne reinen Vorsatz Gottes eben durch ihn so gefiigt hatte (Ex 21 inff.) Ebenso erkeiiiitdas Rundesbuch in gewissen Grenzeil clns Recht der Not~vehr an:wer bei Naclit in der Verteidigung seiiies Eigentnms den Dieberschlägt, ist scliuldlos, nur wenn clie Soiiiie scholl dabei geschienen,erwächst eine Blntschulcl daraus (Ex 22 I f.)? Aehiiliclidefiiiirt (las Dt clen Totschlag dahin: wenn einer einen anderenunversehens und ohne dass er ihm vorher Feind war tötet, z. B,wenn zwei mit einander in clen Wald gehen, und beim Molzhaueiifiillrt dem eiile~i das Eisen von der Axt uiid trifft cleii anderen.Iford dagegen ist, veiiil einer dein Nächsten aus Hass nufla~iertund ihn überfiillt (Dt 19 1-13). Es soll also namentlich der vorhandeneHass als Beweis fiir die Absichtlicl~lieit cler Tat gelten.Genauer uncl zugleich etwas anders gibt das Priestergesetz clieMerlimale des Mords an: nicht bloss, wo Hass und Feindschaftoder hinterlistiges Auflauerii erwiesen ist, wird Mord aiigenomnien,sonclern nach da, TVO einer mittelst eines zn tötlicherVermuiidunggeeigneten Instruments clen andem schlägt, uncl dieser an deiiFolgeii stirbt. Aus der Gefiihilichkeit cler Vaffe wird auf Absiclitgeschlossen (Nuin 35 IG ff.).Beim Mord ist in allen Gesetzen der Blutraclie freier Laufgelassen, bzw. die Todesstrafe angeordnet uncl zwar mit der ausdrüclilichenBestimmung, dass eine Auslösung diirch ein Bnssgeldnicht statthaft sein soll (Ex 2114). Der Totschläger dagegengeniesst die Wohltat des A silrechts. Als Asil galt in alter ZeitDie Obriglrcit sagte: d&?zekhcC. be~6'schel;hk, d. h. clu bist selbst dieUrsache cleines Todes (I Reg 2 37 I1 Sam 1 16 U. ö.), uncl clcin Blut fordertkeine Rache. (SIIEXD 142).Ein besonclerer Fall von fahrlässiger Tötung liegt vor Es 21 29uncl wird mit Goldhusse abgemacht.


5 46.1 . Das Strafrecht. 337jedes Heiligtum (Es 21 U). Die Aufhebung der iili Land herumzerstreuten Heiligtüiner durch das Dt machte die Einrichturig besolidererAsilstäclte nötig, deren das Dt clrei für Jiicla verlangt1(19 J). In älterer Zeit war clas AsilrecEit der Heiligtüiiler natiirlichein unbeschränktes, solange keine Behörcle da war, welche dieFrage ob Mord oder Totschlag uiltersucheri konnte. DasPriestergesetzbestirrimt dann ansdrüclrlich, was das Bnildesbuch uiicl dasDt vornussetzeii, dass clie Gemeiiicle (s. 0.) zwischeii T~tsclilä~eilind Bluträcher entscheiden soll. Bis zu ihrem Spruch soll dieFreistaclt jedem offen stehen. Lautet das Erkenntniss auf Morcl,so muss clie Stadtbeliörde den Mörder ohne Sclzonniig clem Bluträclierausliefern. (Num 35 iif. n4ff. Dt 19118.). Eine Verjälirnilgcles Totschlags bzw. eine allgemeine Ainilestie dafiir trat in naclzexilischerZeit eiii, menri der Hohepriester starb (N~iin 35 saj, vorlierkonnte nach clem Priestergesetz auch beiin Totschläger lreiileAuslösung stattfinden ; sobald der Asilfliichtige das Gebiet derFreistaclt verliess, war er dem Bluträcher verfallen (Nuni 1631f).5. Ueber die Talion bei Körperverletzungen s. 8. 331.Das Gesetz selbst will sie offenbar nur da durcl~gefiili~t misse;^,wo es sich um vorsätzliclie (mit Vorbedacht verübte) Körpervciletziiiighandelt. Denn das Bnnclesbuch bestimmt (Ex 21 io), dassbei Terletzuiigen iii cler Hitze cles Streits der Täter dein Verletztennur die Heilungslrosteii erstatten uncl ihn für die Zeit desKranlrseins entschäcligeii soll; offenbar nnter der Voraussetzung,dass bei einer Schlagerei beide Teile Schuld haben. Eineilanderen Einzelfall, der mit Geld abgemacht werden kann, s.EX 21 23.6. Was ~lie?~ergelieii gegen die sittlichlreit anlangt, sosind die Verbote cler Blutscliailcle etc. weiter unten zn besprecheil(S. 343f.). Mit Toclesstrafe weiden im spätereil Gesetz belegt: dieHeirat mit dein Weibe cles Vaters, niit der Schwiegertochter, mit&i'utter und Tochter gleichzeitig, mit cler leiblichen uncl der Halbschwester(Lev 20 iofl.), mähreilcl für aiidere verboteiie Verbinclungeiinur mit cler göttlichen Rache, niit I


338 Dritter Teil. 11. Recht und Gericht. r0 46.mit der Nenstruirenden (s. S. 344), auf Knabenschancle, aufScliancle mit dein Vieh (S~domite~ei) von seiten des Mannes wiecles Weibes (Lev2O isff., letzteres auch schon Ex 22 18). Ueber denEhebruch vgl. 8. 145. Der beleidigte Ehrmanii hatte zii allenZeiten das Recht, clie untreue Prau zu töten und am Verführersich zu rächen. Das Dt ver!aiigt liategorisch aus religiösen Grüilclenclie Todesstrafe f~ir beicle Teile. Nur wenn eine Verge~vdtiguiigcler Frau bzw. derVerlobten vorausgesetzt merdeii konnte -- unddies sollte cler Fall sein, wenn die Tat aaf freiein Feld stattfaild,~vobei angenomiilen ~v~ircle, dass die Frau um Hilfe rief - gieng derweibliche Seil frei aus (Dt 22 2jf.). Dagegen fiel die Verfüliriingeines noch niclit verlobten Mäclcheiis als Eigeiiturilsbescliädigung,verübt an der Familie des Mädcheils, unter das Privatreclit nndwurde als solche gebüsst (Ex 22 isf. Dt 22 ssf. s. S. 139). Dassder Vater bz~v. das Ha-tipt der Familie nach cler alten Sitte insolchein Fall strenges Gericht üben lconilte, zeigt Gen 38. IinBiii~desbucli sclieiilt Derartiges ansgeschlossen. Nur bei clerPriestertocliter soll nach P die Prostitution init dem Tod bestraftwerden (Lev 219).Einen anderen Einzelfall von SittlichBeitsvergehen,cler merlrwiirdigerweise clurch Abhauen cler HailcZ gestraftwird, S. Dt 25 iif.7. Aus welchein Grund die Vorgehen gegen die Religionim weitesteil Urnfang in das Gebiet des biirgerliclieii Gesetzesgehören, ist oben (8. 322) besprochen worden. Götzeil-Opfer niicl Zauberei sind sclion iin Euiidesbuch mit der Todesstrafebelegt (Ex 22 17 io). Nai~ientlich in diesem Punkt ist clns Dtausse:ordeiitlich rigoros: sclion tlie Verftilirung zur Verehrnngfremder Götter ist ein todesmiircliges Verbrechen, bei clem keineSchonung geübt werden soll (Dt 13 7-18). Vollends dein Pricstergesetzist jede absichtliche Uebertretiing irgend einer Kultusorclnuiig,z. B. Entheiliguiig des Sabbats (Ex 31 14), Uslterlasseilder Beschneiduiig (Gen 17 i~), Vergehen gegen die rituelle11Reii~i~keitsrorscl~riften (Lev 7 20) U. drgl. so gut wie Gotteslasterurig,welche Ausrottung aus clem Volk nach sich zieht(Lev 24 16) l.Auf Grund dieser Stelle galt es den Rabbinen als ein todeswürdigesVerbreclien, den Gottesnailicu Jahve auszusprechen, weshalb frühe sclioildie hebräischen Suden dafür 'CLd67z(li oder 'e161bi~n, lasen, die Alexandrinerx6ping iibersetzteu.


5 47.1 Privatrecht. 339g 47. Privatrecht.il . Pei.snnenrecht.1. Im Allgeiileinen. Entsprechend der ganzen antikenAilscliauung ist aiir das erwachsene freie Glied des VolBs imVollbesitz des Rechts. Es wird dies zwar in keiner der Gesetzessammlungenausclriicklich betont, ist aber selbstverständliche Voranssetzuiig.Der iiicht ermachsei~e Sohn, die unverheiratete Tochterstehen vollständig unter der Gewalt des Vaters, ebenso dieverheiratete Prau iind der Sklave. Auch bei clem stammesfremdeilJlaiiii versteht sich von selbst, dass er nur gediilclet ist. Wennin cler späteren Zeit das 20. Lebensjahr als Altersgrenze fürWaffei~fähigkeit ui~d Müncligkeit genannt wircl (Num 13Lev27 yff.), so wircl man daraus wohl auch fiir clie ältere Zeit eineiiRüclrschluss machen dürfen, wobei allerdings zu beachten ist, dassbei cler patriarchalischei~ Staiiimesverfass~ing die Selbständigkeitauch cler erwachsenen Söhne eine nur relative ist. Die Fraiieizscheinen in1 Grosseii uncl Ganzen als verinögeilsrechtlicli Uiimündigebehandelt worden zu sein, wenigstens haben sie abgesehenvon den Leibsllavinnen lrein Eigentum, iiber das sie frei verfügenl


340 Dritter Teil. 11. Reckt und Gericht. [5 47-nicht aber auf jeden Heiden ohne .weiteres, wie das inoderneJndentum gerne glauben machen möchte. Dieser Q&T stancl unterdem Schutz des Stammesgottes, er genoss bei clen Hebraerii zmarnicht clie vollen Rechte des Stainmesangehörigen, abei doch einenim Vergleich mit anderen Völkern hohen Rechtsschutz. SeineStellung wurde namentlich dadurch eirie günstige, dass ihin undseiner Familie der Anscliluss an den Stamm uncl die die Aufnahmesehr erleichtert wurde, sie galt offenbar in alter Zeit alsdas Wünschenswerte (vgl. S. 299); später wurde dies freilich ,211-ders (vgl. Dt 23 3ff.). So verlangte es von Alters lier die Sitte,dass man den g&r nicht gewalttiitig behandelte uncl vor allem ihinclen unparteiischen Reclitsschutz vor Gericht nicht entzog : „ihrmisset ja, inahnt das Gesetz, wie es einem Fremden z~i Mute ist"(Ex 22 20 23 9). Das Dt wiederholt in den verschiedensten Formelldie Aufforderung, Freinde uiicl Leviten, Wittweil uncl Waisenmenschlicli zu behandeln, milcltatig gegen sie zu sein (Dt 14 za24 14 19ff.), sie an der allgeineinen Festfreude teilnehmen zu lassen(16 iiff.), ihr Eecht nicht zu beugen (24 17). Eben weil clerFremde als solcher niedi*igei- steht, bedarf er doppelt der Liebe(Dt 10 19 26 118.). Bei alledeni aber bleibt cler gkr niicl vollenclsder ~mkhi-t aucli fiir das Dt ein Mensch zweiter Klasse (vgl. Dt1421). Selbstverständlich ist dabei, dass der gk?. sich in gewissemSinn der Religion seiner Schutzherren anbequemt (Ex 23 12 20 ioDt 16 ii ff. 26 il ff. 31 iz). Unter dieser Voraiissetzung ist sogardavon clie Rede, class er in clen Buiicl Jahves mit seinem Volkaufgenoinmen ist (Dt 29 iof. Jos 8 33 35; ~g1. dagegen Neh 9 2).Docli verlangt clie alte Zeit auch hierin von ihm wenig (Dt 1421).Viel weiter geht das Priestergesetz mit seinen Forclerungen anden ger: es wircl ihm auferlegt, den Götzendienst, den Genussvon Blut und Zerrissenem, iiberhaupt alles was als Greuel clenIsraeliten verunreinigt, zu ineiclen (Lcv 17 s ioff. isf. vgl. dagegenDt 142i Lev 182s). Er soll nicht nur den Sabbat halten uncldarf die Erntefeste mitfeiern, soiiclerii er inuss aucli init den Israelitena,m Versöhiiungstag faste11 (Lev 16 m), darf in der Passahwochekein gesäuertes Erot essen (Ex 12 io, das Fest selber kaiiner nicht begehen, wenn er nicht beschnitten ist), er iiiiiss alIeUebertretungen des Gesetzes siihnen gerade wie die Israeliten(Num 1514 26 29) uncl überhaupt deii Namen Jahves heilig halten(Lev 24 is), - alles das im Interesse Israels, damit innerhalb clesVolkes keine Siinde sei. Dafür allerdings geniesst er rechtlich clen


3 47.1 Privatrecht. 341weitgehendsten Schutz : clie Gleichheit voi Gericht wird ihm ausdrücklichzugesichert (Lev 24 sz Nuin 35 15, vgl. Ez 47 22), einwesentlicher Fortschritt gegenüber dein blosseri Appell an dieHuilianität in den alten Gesetzen. Worin er nocli hinter den1Eingeborei~en zurüclrsteht, ist vor allem das, dass er von1 eigeiitlichenGottesdieiist ausgeschlossen ist, z. B. von1 Passali (Ex1247f ), uild ebenso das Recht des Konnubiuii~s nicht hat(Ezr 9 if.iiff. 10 aff.). Beides erwirbt er sich erst daclurch, dass er clenAkt der Beschneiclung an sich vollziehen, d. h. sich iii clie Gemeindeaufnehmen lässt (Ex 1247f. Num 9 14 Gen 34 i&). Dass derr/&r trotz allem lreineswegs als ebenbürtig betrachtet wird, zeigtdie Vorschrift, dass der g&r einen israelitischeii Sklaven eigeritlichilicht halten soll. Wenn je ein israelitischer Mann in dieZwangslage lsoinmt, sich einem g&r zn veikaufen, so clarf dieseriliii nicht als Sklaven behandeln, soi~dern soll ihn als freien Lohnarbeiterbetrachten, und jederzeit behalten die Ver~vandteii clesVerlraufteii das Reclit, ihn auszulöseii (Lev 25 47ff.).B. Elderecht.Als Ergebnisse der in 5 20 gegebenen Darstellung lrönnenwir hier folgeiicle Sätze voraiistellen :1. Die Ehe ist eine reine Privatangelegenlieit, ail welclierGemeinde und Staat keinerlei direlites Interesse liabeii. Sie bedeutetclen Uebergaiig der Frau aus ihrer Familie in die desBlannes.2. Eiii Uiiterscliied zwischen legitimer Ehe iliid i!legitimerin1 Sinn des griechiscli-römisclien Gesetzes existirt nicht. Desshalbkann auch die Giltiglreit cler Ehe nicht voi1 irgencl r~elchenForinelil abhängig geinaclit werden.3. Die Frau ist rechtlich betrachtet das Eigeiltuin des Mannes,der sie dwcli Kauf erworben hat.4. Dei Mann lrann die eigene Ehe nicht brechen, Ehebruchmit der Frau eines anderen ist Eigentuinsverletzung. Die Praukann nur clie eigene Ehe brechen.5. Der Mann kann beliebig viele Frauen uncl Nebenfrauenhaben.G. Dem ILanil allein stellt das Recht zu, die Ehe aufzulösen.Dass über alle diese P~inlite wenig oder keine ailsdrückliclienGesetzbestiiiiiiiuiigen sich fiiideil, hat seinen Grund darin,


342 Dritter Teil. 11. Recht und Gericht.--[S 47-class sie ganz allgeiiiein durch clie Sitte anerkannt waren, nncl dassdie Ehe als reine Privatsachc keinerlei gesetzliche Regelung bedurfte.Die wenigen vorhandenen Gesetze betreffend die Elle beziehensich auf die Ehehindernisse, den Spezinlfall der Leviratseheund die Ehescheidung.1. Die Ehehindernisse. Das Bunclesbiicli entliält lieiiiedie Freiheit zur Eingeliuilg der Ehe beschränkeiide~iVo~schriften.Das D eu t er on ominin verbietet: a) clie Verschwägerungmit heidnischen T'ölliern, b) die Elle mit naheii Blutsverwandten.a) Als Beweggrund des Verbots der Verscli~\rägeriiiigmit den Kanaanitern (Dt 7 iff.) uncl anderen heicliiisclienVölkern (23 cff.) wird die drohende Gefahr angegeben, class cliekanaanitischen Weiber ihre israelitisclien RIänner zu ihreinGötzendienst verführen könnten l. Mit dieser Forclerung tritt dasDt in bewussten Gegensatz zu der bisher lierrsclieiiclen Sitte.Ganz allgemein wircl von dem späteren Erzähler (Jdc 3 sf.) dieSüncle Israels in der llichterzeit darin gefunden, dass sie clieProbe nicht bestanden, welche Jahve ihnen iii dein Fortbestnnclder Kanaaniter auferlegte, sondern sich init ihnen verschwägerten.Eine Reilie von einzelnen Beispielen zeigen uns, class bis in cliespätere Königszeit herein das Koniiubi~im mit den Lanileseingeborenenetwas ganz Unverfängliches und Selbstverstäncllicheswar. R~ith ist eine RIoabitiii (Ruth 1 zf.), Siinson freit einphilistäisches Weib (Jclc 14 iff. 16: cff.), cler grosse Küiistler Churam-Abiist der Sohn einer Israelitin uncl eines Tyriers (IReg 714)~Uria der Hetiter hat eine Israelitin zur Frau (I1 Sam 11 J), umvon Davids und Salomos Weibern ganz zu geschweigen (11 Sain3 3 I Reg 11 i vgl. auch I Clir 2 17 I Reg 1631). Eridlich verrätdas Dt selbst den Abstancl der bisherigen Praxis iind öffentlichenMeinung von seinen Pordernngen darin, dass es ohne weiteresgestattet, kriegsgefangene fremde Weiber LI Nebenfrauen zunehineii (21 ioff.). In dem i\iiass, wie in der sptiteren Königszeitallinählich an Stelle cles freunclschaftliclieii Verhältnisses zwischenIsraeliten und Kanaanitern der grimmige Hass trat, mögen i~atürlichauch Bedenken gegen das Konnubium laut gewordeii sein,sicherlich aber waren diese zuiiächst iiicht religiöser, sondern sozialerArt. Vielleicht darf man schon iil Gen 34 einen AusclruckDieselbe Bestimmung in Ex 34 isf gehört ebenfalls der deuteronoinistischenErv~eiteriing cles alten Dekalogs an.


5 47.1 Privatrecht. 343clerselben sehen. Heim Dt hängt clas Verbot ziisaminen iiiit den1Platzgreifen einer gewissen partiliularistischen Engherzigkeit.Welchem Umstand die Ecloiniter uncl Aegypter ihre Ausnalimestelliingverdanken (23 sf.), ist uns nicht mehr durchsiclitig. -Dass die Durchfiihrung der Dt'schen E'orclernngen auf grosseiiTiderstand stiess und zunäclist nicht gelang, beweist die Tatsache,dass nach dein Exil clie Zurückgekehrten, die Priestervorari, ohne Skrupel sich fremde Frauen nahmen, und Ezra erstnach liartem Kampf ihre Entferniing dnrchsetzen koiirite (Ezr 9und 10).b) Von Ehen mit nahen Verwandten ~verdeiim Dt ausdrücklichrerboten: Die Ehe mit clem Weib cles Vaters (23 i27 20)) mit der Ganz- oder Halbschwester (27 22)) mit der Sclimiegermutter(27 23). Aucli hierin haben wir weniger den Ausdruckcler damals herrschenclen Sitte als vielmehr eine Poleinili gegendieselbe zu sehen. Als Blutschande verwarf clie altisiaelitisclieSitte, soweit wir sehen, die Ehe cles Vaters init der eigenenTochter, clie nach Gen 19 soff. in Moab und Aiiimon vorgekommenzn sein scheint; ebenso wurde cleinentsprechend wohl dieElle des Sohns mit cler leiblichen Mutter vei~irteilt. Dagegenwar die Elle mit der Prau cles Vaters (die nicht clie eigeneMutter war) in alter Zeit nicht anstösssig, giengen doch dieWeiber (bes. Kebsweiber) wie jeder andere Besitz auf clen Erbeniiber (s. X. 365). Wicht iniizder war die Elle mit der Scliwesterbzw. Halbschwester iiblich (s. U.). Womit das Verbot der Eheinit der Scli\viegei.iliutter zusanimenhängt, entzieht sich iiilsererBeobachtung. Auch hier ist es clem Gesetz nicht gelungen, clieMaclit cler Sitte zu brechen: zu Ezechiels Zeit scheiiit clie Blntschandemit clem Weib cles Vaters wie mit cler Scliwiegertocliterund Schwester hänfig vorgekomilien zu sein (Ez 22 iof.).Das priesterliche Gesetz begreift unter clen Elntsverwandten,mit denen die geschlechtliche Verbiriclnng verboten ist:I) clie Mutter wie iiberhaupt clas Weib des Vaters, 2) die Sch~vesteruncl Halbschwester, 3) die Enlielin, 4) clie Tante von v5terlicheruncl miitterliclier Seite, 5) clas Weib cles Olieims von väterlicherSeite, 6) clie Sch~\~iegerrnnt,ter, 7) die S~htviege~tochter,8) das Weib des Bruders, 9) verboten ist auch clie Elle mit zweiSchwestern zugleich (Lev 186-18vgl. 20 iiff.). Es felilt auffallenderWeise clas Verbot der Ehe mit der Tocliter; erlaubt ist dagegenclie Verbindung zwiscliei~ Oheim und Nichte, mit cleni ver-


344 Dritt,er Teil. 11. Reclit und Gericlit. [$ 47.wittweten Weib cles Oheims mütterlicherseits, und die von Ge-~~isterliinderii. Ini Qrossen und Ganzen entsprechen diese Vorschriftendem, was die vorislainische Sitte der Araber forderteund Muhammed zumGesetz erhob. Aucli römische und griecliisclieSitte verwarf die Ehe mit Mutter, Tochter, Schwester und Tante(vgl. DILLM~IXE z. Lev 18).Das Gesetz selber bezeichnet diese Ehen als lianaariitischeGräuel (Lev 18 3 z4ff.) und gibt sich als Eealitioii der äclit israelitischenSitte dagegen. Allein mit Unrecht. Denn wollte manancli die Vererbung der Weiber von clen Kanaanitern iibernomniensein lassen, so müssen doch die vielen Verwandtenehen, dieuns in der Patriarchensage erzählt werden, als fiir clie echt israelitisclieSitte charakteristisch gelten. Der Vetter Iiatte interallen Freiern den Vorzug (s. S. 141). Jakob liatte zwei Schwesterngleichzeitig zu Frauen, Abraham liatte seine eigene Halbschwesterzur Ehe, und noch zu Davids Zeit galt in des I


9 47.1 Privatreclit. 345hancleln". Volleiicls bei der Leviratselie ist kein Grund einzusehen,warum sie aus inoralisclien Gründen hätte abgeschafft werclensollen. Dagegen diente die Leviratsehe ursprünglicli religiösenZwecken (vgl. S. 13.6); vielleicht dürften ähnliche Motiveauch für die ÜbYigeiiVerwandtenehen in Betracht gekommen sein.2. Die Le~i~atselie. Es ist schon oben (8. 134f.) davondie Rede gewesen, wie die Furcht vor Kinclei-losigkeit ziir Leviratseheführte. Ganz iin Einklang mit der uralten Sitte1 hestimmtdas Dt (25 sff.), dass der überlebencle Bruder clie Wittwedes liinderlos Verstorbenen ehelichen inuss. Der erste Sohn ausdieser Ehe soll dein verstorbenen Bruder zugerechnet werden, sodass clessen Name und Erbe besteheil bleibt. In der alten Sitteerstreclcte sicli jedoch cliese Verpflichtung nocli weiter als blossauf den Bruder. Dass der Vater des Toten unter Uinstäiideneinzutreten uncl seine Schwiegertochter zu heiraten hatte, gehtaus Gen 38 (vgl. besonders V. 26) deutlicli hervor. Die ganze Entwicklungdes Buches Ruth bernlit darauf, dass überhaupt dernächste erbberechtigte Agnate zugleich die Verpflichtung znrReimt cler TVittwe hatte.Neben der Einschränliung der Verpfliclit~~ng auf clen Bruderfindet sich aber iin Dt iloch eine andere Absch~vachung. Die Geschiclitevon Juda uncl Taniar lehrt, dass clie alte Sitte es nichtgestattete, dass einer sich iinter irgend welcliem Vorwancl derSchwagerehe entzog, wenigstens der Schwager und Scli~viegervaternicht. 1st der Erzähler der Ruthgescliichte gut unterrichtet- die ganze Sache erscheint iin Buch als eine niclit ganzrichtig verstandene Antiquität -, so wäre es den entfernterstehenden Agnaten schon in alter Zeit frei gestanden, unter Verzichtanf das Erbe der Pflicht zur Ehe sicli zu entschlagen. DiescFreiheit gibt das Dt auch dein Bruder des Verstorbeiieil. Er hatohne weiteres das Recht zu sagen: „ich habe keine Lust, dieWittwe zu nehmenLL. Gibt er diese Erklärung vor der zustäncligenReliörde ab, „so soll seine Scli~vägerin in Gegenwart derVornehmsten cler Staclt ihm den Schuh voii seinem Fuss ab~iehen,ihm ins Angesicht spuclren, uizcl sl~rechen: So soll es jeclein ergehen,der die Familie seines Bruders nicht fortpflanzen will, unclseine Familie soll fortan in Israel Barfiisserfamilie heissenLL.Ueber die Bedeutung dieser Cereinonie s. S. 348.Auch bei den Arabern ist die Schwagerelie allgemein iiblicli.


346 Dritter Teil. 11. Recht und Gericht. 15 47Eine weitere Ab~cli\~ächung ist die Folge einer unten näherzu besprechenden Aendernng des Erbrechts. Noch clas Dt hatl~ei der Leviratselie sicher solche 'Falle iin Auge, wo der Verstorbenelreinen Sohn hinterliesu; die Prage, ob Töchter vorlianclensind, lram gar nicht in Betracht, da diese doch nicht erbberechtigtwaren und clie Familie nicht fortpflanzen konnten. Sobaldnun (Num 27 4 P) in Erinanglung von Söhnen die Töchterein Erbrecht erhielten, war die iiotwendige Folge, dass clieSchwageiehe auf solche Fälle beschränkt ~vurcle, wo der Verstorbeneüberhaupt keine Ifincle?- liinterlassen hatte. Denn dieWittwe ZLI heiraten, wenn das Erbe cler Tochter zufiel, liattelreinen Sinn; dann kam das Erbe ja doch nicht an den erstenSohn aus der Leviratsehe. Der alte Brauch wirkt aber auch hiernach, wenn wenigstens daran festgehalteil vird, dass clie Erbtochterlreinen Staininesfreiliden heiraten darf.Zeigt sich schon hierin eine Auflösung cler alten Sitte, sowird in P die Schwagerehe geradezu als Blutschande verboten(Lev 18 16 20 21). Iin Buch Enth erscheint sie clem entsprechendals eine in grauer Vorzeit geiibte Sitte. Dass clie Polemik von Psich nicht aus lnoralischen Griinden erklären lässt, sondern nurdaraus, dass hinter cler Schwagerehe irgend welche Familiensuperstitioiisteclite, ist schon bemerkt worden (S. 344). Wen11iiberhaupt, so hat P jedenfalls nicht auf clie Dauer gesiegt, dieuralte Vollrssitte war mächtiger, als das geschriebene Gesetz (vgl.Matth 22 24).3. In Betreff der E hescheidnng enthält nur clas Dt bestimmteVorschriften. I111 Einlrlang mit cler alten Sitte ~vircl dieScheidung ganz in das Belieben des Mannes gestellt; derselbe hatdas Eecht, sich von seiner Frau zu scheiden, „nTenn er etwasTViderwärtiges an ihr entcleclrt". Er ist gehalten, ihr einen Sclieidebriefauszustellen (s&p/~ei. kerilhdth vgl. Jes 50 i Jer 3 s), eineSitte, die in ein ziemlich hohes Alter hinaufreichen diirfte.Dabei ist jedoch die Tendenz des Dt unverkennbar, clieScheidnng etwas zu erschweren. Ob man hiefiir den Ausclrnclr'~rzoalh cld6hcir anführen darf, ist sehr fraglich l. Dagegen ver-Zur Zeit Christus stritt man sich beliauntlicli über die Bedeutung desAnsdrncks. Die strengere Schule des Schammai verstand ihn von unkenscherAuffiihrung und schainlosem Betragen der Frau, die milclere Scliule desHillel, welcher die Rabbinen folgten, erklärten ihn als „etwas Abscheulichesoder sonst irgend eine anclere Sache".


5 47.1 Privatrecht. 347bietet das Dt clie Zuriicknahme cler geschieclenen Frau in dieEhe, wenn dieselbe inzwischen einen anderen Mann geheiratetliatte und von diesen1 clarch Tod oder Scheidung frei gewordenwar (ebenso Jer 3 I). Dass dies nicht cler alten Sitte entsprach,wird man aus Hos 3 3 schliessen dürfen (cf. I1 Sam 3 i4ff.). Diealtarabische Sitte gestattete die JViederverlieiratung, uacl clerKoran n~acht geradezii zur Bedingung, dass clie geschiedeneFrau nur dann zurückgenommen werden clarf, wenn sie inzwischeiiclas Weib eines andern geworden ist. Die gleiche Teildenz verrät sich, wenn in zwei andern Fällen das Dt die Scheidungiiberhaupt verbietet: 1) wenn ein Mann seine Frau fälschlicherWeise beschuldigt hat, class sie nicht als Jungfrau in dieEhe getreten sei (22 1s ig), 2) wenn ein Mann eine von ihn1 geschwächteJungfrau heiraten muss (22 nsf.). Letzteres steht indirektem Widerspruch mit der alten Sitte, die nicht einmal clieHeirat unter allen Umstanclen verlangte. - Dass sich im späterenVerlaufeine Riclitiing ausbildete, welche clie Elle überhauptfiir unauflöslicli hielt, zeigt Mal 2 10-16.Dass clie Grunclbestimili~xngen iiber Eigentum u. s. W. felilen,kann nicht wundern. Die vorhandenen Gesetze beziehen sich aufclie Disposition iiber das @igentuni, auf das Schulclwescn, aufrlie Haftpflicht. Nanientlich bei letzterem ~viicl sich zeigen, wieZivil- und Stiafrecht vollständig in einander iibergehen.I. Kauf- und Verliauf bewegten sich im alten Israel inclen einfachsten Formen uncl clie komplizirten Fragen, die dasgrosse Gebiet cles Irrtuins und cler Uebervorteilung im weitestenSinn, sowie cleil Rücktritt von1 Kauf betreffen, bestancleil fiir clasalte Recht nur in verschwindendein Masse. Das Gesetz beschränktsich auf eine allgemeine Vorschrift iiber rechtes Gewichtuncl Mass. Israel war eben noch lrein Handelsvollr.Gewisse Förmlichkeiten waren beim Kauf uncl Verlranf wiclitigerGegenstande, nailientlicli von Grundbesitz, schon friihe erforderlich.Das einfachste und älteste war, clen Kanf vor Zeugenzu vollziehen, d. h. das I


348 Dritter Teil. 11. Recht uiid Gericlit. [S 47.einen? doppelteii Exeinplar ausgefertigt m~ordcii zu sein, eineinversiegelten uncl einem offenen; sie wird eiileiii dritten AIailil zurAufbem~ahrung gegeben (vgl. jedoch STADE ZAW 1385 176ff.).Zeugen und Siegel diirfen nicht fehlen, sie sind bei jeder Urlrilndedie Hauptsache. Dass clies zu Jeremias Zeit schoii das gewöhnlichewar, wenigstens beim Kauf von Gruiidstüclren, geht ausJer 32 44 hervor.Eine eigeiitiimliche alte Sitte ist uris sclioii oben bei Besprechungder Leviratsehe begegnet. PS 60 10 (cf. 108 9) wird fiirdie Besitzergreifung das Eilcl gebraiicht, ,,den Schuh aiif etwaswerfenu. Dein entsprach der Akt des Schi~hausziehens, der liacliRutli 4 7 iii alter Zeit bei jedeiil Haiidel vorgenommen wurde. DerVerkäufer gab seinen Schuh dem Käufer zum Zeichen desVerzichtsauf das Kaufobjelct. Da es sich bei der Ablehniiiig cler Leviratsehemeseiitlich aucli uni Verzicht aiif den Besitz des Erbgutes handelte,so fand nach dern Dt dieser syiiibolische Akt auch hier seineiiPlatz. In wie weit die Angabe über den regelrnässigen Tollzagdieser Ceremonie richtig ist, entzieht sich unserer Kontrolle; derVerfasser des Buchs Ruth Ireniit sie iiur als eine Antiquität.2. Für die freie Verfiigung iiber clas Eigentum lag eirieSchranke in der Pietät, die der Solin seinen Vorfahren scliuldete.Namentlich nlit Grund und Boden fühlte sich der Einzelne so engverwachsen, als nur je ein rechter Bauer. Der väterliche Aclrerwar heilig, lag doch vielfach dariri cler Vater begraben, zii den1sich Söhiie und Enlrel einst beigesellen wollten. „Bewahre inicliJahve davor, dass ich das Erbe ineiner Väter dir abtreten sollte",sagte Nabot zu Ahab (I Reg 21 3).Hieraus erkläreil sich die gesetzliclieii Bestimmungen überdas Recht der Auslösniig, das deili freien Kauf uncl Verkauf beschräiilrendentgegentrat. Eine gesetzliclie Bestimmung diesesRechts findet sich allerdings erst iil P (Lev 25 241, claliiii gehend,dass für einen verarmten israeliteil, der seineii Grundbesitz verkaufenmuss, cler nächste Verwanclte clas Einlösuiigsreclit liabeiisoll. Dass aber auch sclioii die alte Sitte dem (erbberechtigten?)Verwandten ein solches Vorkaufs- und TITieclereinlösungsrechtgab, zeigt Jer 32 sff. Ob auch der Eigeiltüiaer selbst dieses Riiclrlraufsreclitin alter Zeit besass, wie es P anordnet (Lev 25 B),lraiin fraglich ersclieiiien; die Anorclniing liängt in P aufs Engstemit dem Halljahr zusaiiiinen. Dieses Einlösnngsreclit ist beiGrundstücken iiiicl Häusern auf cleili Land zeitlich


ebeilso nach P bei allem Eigeiituin der Leviten, dagegen erlischtes bei den Häusern iii ummauerteii Stgdteil nach Verlauf einesJahres, wo dann das Haus endgiltiges Eigentum des neuen Besitzerswird (Lev 25 30). Auch dies dürfte (natiirlich mit Ausnahmecler Bestimmung über die Leviteiihiiuser) der alten Sitteentsprochen haben. Neu und frei erfuncleii ist bei P nur die theologischeMotiviruiig dieser Sitte, die darin liegt, dass nach Palles Land überhaupt nicht Privateigentum cler Israeliten, son-(lern Gottes Eigentum ist, so class die Israeliten nur die Nutzniessersind, clie „Fremdlinge uncl Beisassen", die auf GottesBoden wohnen (Lev 25 23 U. a.).Ebenso gehört nur der Theorie von P an die ohne alle Rücksichtauf Wirldichlceit uncl Möglichlieit durchgeführte konseqnenteAnsbildung dieses Satzes clurch die Bestiinmung, dass jeder verkaufteGrundbesitz (mit Ausnahme der Häuser in der Stadt) indein alle 50 Jahre zu feiernden Halljahr (s. U. Ej 71) wiecler anseinen alten ursprünglichen Eigentiimer zuriiclifnllen soll, tinclzwar ohne Entschädigung (Lev 25 i3ff.). Damit wird überhaul~tjecler Kauf zu einem blossen nlietvertrag auf höchstens 50 J~hre.3. Schuldwesen. Aiich auf dein Gebiet cles Schiild- uriclKreditr~~esens zeigen die gesetzlichen Eestiminnngen bis iri dienachexilische Zeit herein eine ausserorclentliche Einfachheit derVerhältnisse, clie damit zusammenhängt, dass clie Hebräer Iordein Exil Bein Hanclelsvolk waren, sondern Ackerbau nilcl Viehzuchttrieben lind von eigentlichen Kreditgeschäfteil offenbarwenig verstanden (vgl. X. 218ff.). Noch das Dt kann es sich nichtanders (lenken, als class Scliulclverhältnisse unter den Israelitenin cler Armut Einzelner illre11 Grund haben. Von einem nlit clenlHandel not.uvenc1ig zusainmenhängenclen Kreditsystem .uveiss esnichts. Dies inuss man im Auge behalten, um clie alten Gesetzeüber das Schuldwesen zii verstehen, die sich auf die Kreditverhältnissedes Hanclels gar nicht anwenden lassen, bei denendie Tendenz ganz deutlich die ist, den armen Schulclner vor harterBedrüclcung durch den Schiildherrn zu schützen.Das Bundesbuch zeigt, dass das alte Gewohnheitsrechtdahin gieng, dass der Gläubiger sich dnrcli ein Pfand Sicherheitzu nehmen suchte. In cliescm Fall verlangte die Sitte,dass er das Obergetvand des Armen nicht länger als bis Sonnen-~inte~gang behielt, war cloch der Mantel bei Nacht seine einzigeDecke (Ex 22 25). Ausserclem verbot es clie gute Sitte, vom Yollis-


350 Dritter Teil. 11. Reclit und Gericht. L$ 47.genossen TVnclierzins zu nehmen : leider aber wird clabei nichtangegeben, von welcher Grenze an der Zins als ~vucherisch galt(Ex 23 21) l. Endlich gehört in unser Kapitel die schon erwähnteBestimmung, dass der Schuldner, der gezwungen war, zur Decliungseiner Schulcl sich mit seiner Familie cleni Gläubiger zu verliaufeii,in1 7. Jalir mit den Seinen ohne Lösegeld freigelassenwercleii sollte; iii letztei. Linie becleiitete clas iiichts anderes, alsden Erlass der ltestscliuld.Dass diese Eestiininnngen ihren Zwecli nicht erreichten,zeigen die Klagen der Propheteri, clie einstiininig die Reicher]schelten megen ihrer Härte gegen den armeil Schaldiier. Ganz iiiihrem Geist verschärft daher das Deuteroiiomiuin clie Bestimmungenüber das Schuldwesen. Das Verbot der Pfändung desMantels wircl in sehr zweckinässiger Weise auf den Notlibeclarf,cl. h. auf alle zum Leben driilgeiicl notweridigen Dinge ausgeclehilt :weder die Hanclniiihle cles Arineii, noch die Kleider cler Wittwedürfen gepfänclet werden, clas liiesse das Leben selbst zuinPfande nehmen (Dt 24 6 13 17). Ueberhaupt soll der Gläubigernicht das Recht haben, selbst das Haus des Schulcliiers zu betretennnd das Pfand zu ~välilen, soilclern er soll vor dem Hauswarten und elas Pfand aiinehnien, welches ihm der Schiildilergeben will (ibicl.).Das Verbot cles TQnchers wird ausgedehiit zum Verbot clesZinsnehmeiis überhaupt. Dem Volksgeriossen gegenüber sindWncher uiid Zins identisch (Ilt 23 2of. cf. Ez 18 ijff.). Ausclriicklichwirr1 jedoch hinzugesetzt, dass dieses Gesetz nur auf dieVolksgenossen beschränbt ist, dein Freiiideii gegeiiiiber ist Zinsiieliinenerlaubt.Endlich wird das Gesetz über Freilassung cler Schuldslilavenerweitert zum Gebot des Erlasses jeden Darlehens iin 7. Jahr2.Der Gesetzgeber kann sich freilich nicht ganz verbergen, dass erdamit eigentlich aus übel arger macht; streng durchgefiihrt' Der jetzige Text enthält hinter dem Vcrbot des Wuchers den Zusatz„ihr sollt keinen Zins ihm auferlegen", offenbar eine spätere Glosse in1 Geistcles Dt, das Zins und TVucher gleichsetzt (s. U) TVELLHAUSEN, Koii~pos. (1.Hexat. 92.Das Gebot clarauf zn beschränlren, dass nur gefordert werde, mansolle im 7. Jahr die Scliuld nicht eintreiben, also ihre Riiclrzahlung um einJalir verzögern (DILL~IANN), wird durch Dt 15 0 uuiliöglich geillacht. hTocliweniger kann es sich bloss um den Zins handeln, da. ja das Dt überha~q~tjeclen Zins verbietet.


9 47.1 Privatrecht. 361musste ein solches Gesetz jeden1 Borgen, iiberhaiipt jecleil~ Geldgeschäftein rasches Ende niachen. Desshalb appellirt er an dieBrnderliebe und Mildthstiglreit seiner Lanclsleute : „hüte dicli,dass nicht in cleinem Herzen ein iiiclitswürdiger Gedaiilre aufsteige: das Jahr cles Erlasses ist nahe! nnd du nicht einen missgiinstigenBlick auf deinen Brucler werfest iincl ihm desshalb iliclitsleihest! Vielmehr sollst du ihm geben und zwar unverdrossenenSinnes" (Dt 15 i-11). An clen Trost: „es wircl lreiiie Armen unterdir geben, Jahve wird dich segnen, so dass du ~ielen Völlreriileihen wirst, aber nichts zu entlehnen brauclist" (V. 4-13)) glaul~tfreilich der Gesetzgeber selber iiicht recht (vgl. V. ii). Auchvon cler Wohltat dieses Gesetzes sincl die Fremcleii aiisgesclilossen.Zu allen cliesen Forderungen cles Dt vgl. Ez 18 5ff. Der Erfolgwurde vornelimlich dadnrcli gehindert, dass clie Bestiinmuiigeiiauf die realen Verhiiltnisse gar Ireine Riiclrsicht nehinen iincldarum vielfach ganz und~irclifiilirbar sincl (vgl. Jer 34 ~ff.). DieJuclen haben später denn auch prächtig verstanclen, diese Gesetzezu umgehen. Dem beriiliniten Hillel wird die Erfindung des sog.Prosbnls zugescliriebeii, d. h. ein in Gegenwart cler Ricliter ausgestellterVorbelialt, cler es dein Gläubiger gestattete, ein Darlehenzu jeder Zeit ohne Riiclrsiclit auf das Erlassjahr eiilzufordern.Ebenso wenig durchführbar waren iin Grossen uncl Ganzendie Bestiinmungen des Priest erges etzes. Das Verbot desZinsnehmens wird aufrecht erhalten (Lev 25 35-37). Der Verkaufdes Schuldners in die Sklaverei wircl auch hier gestattet, dochdurch die Vorsclirift gemildert, dass sein Herr ihn als freienLohnarbeiter behandeln soll. Die Freilassung wird jetzt niclitmehr auf das 7. Jahr der Slrlaverei festgesetzt, sondern dein ganzenScheilia von P entsprecliend auf das Halljahr, das alle 50 Jaliregefeiert wird. Da ausserdem in clemselben Jahr aller verkaufteGrundbesitz an die Familie, zu deren Erbgut er gehört, zurüclrfallensoll, so wäre clem Uebel abgeholfen, class der Preigelasseiieganz mittellos dasteht. Auf der anderen Seite wird natürliclidurcli die Verscliiebung a~if das 50. Jahr fiir viele die ganze Bestimm~~ngillusoriscli. Auch dieses Gesetz ist übrigens auf dieDauer nicht zur Durchführung gelangt.Bürg schaft lrennt clas Gesetz nicht. Die Proverbien verraten,class init dieser Einriclitung schon scliliinme Erfalirungen


352 Dritter Teil. 11. Recht und Gericht. [9 47.gemacht worden sind, sie warnen eindringlich und miederholt jecleinWeisen davor, Biirge zu werden (6 iff. 22 27).4. Haftung uncl Ersatzpfliclit fiir Eigeiitunisbescliädigungen.Als oberster Satz gilt bei den Bestisnniungencles Bundesbuchs, dass nur der zu Haftung bzw. Ersatz verpflichtetist, dessenTerscliuldung (vorsätzlich oder iinvorsätzlich)nachweisbar oder vorauszusetzen ist. Solche Verschuldung liegtvor oclcr wird angenommen:1) Bei absichtliclier Scliädigung, vor allein beim Diebstahl.Wenn man die Begriffe Privatrecht und Strafreclit auf dasliebräische Recht anwenden will, so fällt der Diebstahl unter dasPrivatrecht ; denn er begriindet bloss einen Ersatzansprucli fiirden Bestohlenen, zieht aber keinerlei kriminelle Strafe nach sicli.Es wirlresi hier die alten Nomadengewohnlieiten nach, nTo Diebstahliincl Raub ein Hailpterwerbszweig ist. Nur insofern kannman sagen, dass der voiii Dieb zu zahlende Ersatz clocli auch einenStrafcheraliter trug, als schon das alte Gewohnheitsrecht es nichtbei der einfachen Rückgabe bzw. Wiedererstattung cles Gestolilenenbewenden liess, sondern dem Dieb noch obendrein eineBusse auferlegte, die dem Bestohlenen zufiel. Interessant ist, denUnterscliied zu beobachten, dass bei Geld uiid Kostbarlieiten clerDieb das Doppelte des Wertes zu zahlen hat, bei Tieren clas Fünffache(bei Rinclern), bz\v.Vierfaclie (bei Schafen). Nur wenn dasgestohlene Tier noch unverselirt sicli fand und dem Eigentiimwzurückgegeben weiden konnte, musste sich dieser init der Daranfgabeeines zweiten Tiers begnügen (Ex 21 3.i-22 3 23 6). Unterdenselben Gesichtspunlrt falt clie Untrene an anvertrautem Gnt.- Handelt es sich um Abhanclenlromnieil irgend eiiies Gegenstandes,wobei cler Dieb nicht auf frischer Tat ertappt ocler initSicherheit zu ermitteln ist, so soll bei einer zwischen zwei Israelitenschwebenden Klage derjenige, den Gott (durchs Los) alsden Schuldigen bezeiclinet, cleni aildern clas Doppelte des Wertsentrichten (Ex 22 s).2) Als Verschuldung galt weiter grobe Fahrlässigkeit.Das Gesetz zählt folgencle Fälle auf, in welchem diese als crwiesenbetrachtet oder voraiisgesetzt wird:a) Wenn einer seine Cisterne offen stehen lässt, und das Tiereiiies anderen fgllt hinein, so ist der Besitzer des Brunnens schuldig,das beschädigte Tier zn ersetzen, darf dasselbe aber clailnbehalten (Ex 21 33).


§ 47.1 ~rivatrecht. 353b) Wenn einer ein stössiges Rincl hat ~iiicl dasselbe niclitsorgfältig hiitet, so hat er fiir den Schaclen aufziikommeii, clen esanrichtet (Ex 21 32 36).c) Wenn einer sein Vieh frei laufen lässt, nild dieses auf deiiiFeld eines anderen Schaden stiftet, haftet der Eigentiiiner desVielis mit clein Ertrag seines Acliers clafür (Ex 22 4).cl) Wenn Feuer auslcommt auf dein Feld, ist cler, welcherclas Feuer angeziinclet hat, fiir allen Schaclen haftbar (Ex 22 3).e) Weiiii einein Hirten das von anderen anvertraute Viehgestolileii wird, ist er als scliulclig zu betrachten; es mircl vorausgesetzt,class er dasselbe niaiigelhaft bewacht hat (Ex 22 11;aiiclers, menn es von ~vilclen Tieren zerrissen ~ilircl, s. U.).f) Weiin einer ein StüclrVieh entlehnt hat, nncl clieses Schadenleidet, vorausgesetzt, dass cler Eigentüiiier cles Tiers nichtclahei ist; auch in diesem Fall wird mailgeliicle Sorgfalt ailgeiiomnien(Ex 22 13).Umgekehrt entsteht da keine Ersatzl?fliclit, TVO eine Versch~ilclungdem mittelbaren ocler unmittelbaren Urheber einerSchäcligniig nicht iiac2igewiesen werdeii lcanii. So z. B. menn jeinanclesRincl das eines anderen totstösst, vorausgesetzt, dass clasRiiicl niclit als stössig belraniit war (s. 0.). Der Billigkeit eiitsprechendsoll daiin cler Verlust von beiclen geineirisam getragenmerelen, clas lebende Rind sollen sie verkaufeii uncl den Erlös,sowie das tote Riiicl unter sich teilen (Ex 21 35). Dieser Grundsatzvon der Schuld als Voraussetzung fiir clie Ersatzpflicht wirclauch da durchgeführt, TVO es sicli um anvertrautes Gut hanrlelt:x>enn IKostbailieiten uncl Geld, clie eineiii Mann zuni Aufbevahrenübergeben sind, diesem gestohlen ~vercleii, so hat er BeinenErsatz zu leisten, falls er dnrch einen Eid erweist, class er sichiiiclit claian vergriffen hat (Ex 22 af.). Ebenso geht der Hirtefrei aus, cler clen Beweis beibringen kann ocler eicllicli versichert,class ein ihm übergebenes Stüclr Vieh von wilden Tieren geraubtworclen ist (Ex 22 of. 1%). Selbst derjenige, unter clessen Haiiclein zuin Gebrauch entlehntes Tier zu Schacleii koinmt, ist niclitersatzpflichtig, wenn cler Eigentiimer des Tiers zugegen geveseilist (Ex 22 13 f,).Das Dt enthält keine iiäheren Gesetzesbestiminungen übercleii in Frage stehenclen Gegenstand. Was in1 Priestergesetz gelegentlichliieriiber angeordnet mircl, stiiilmt mit clein alten Rechtiiberein. Wer irgend etwas Anvertrautes veruntreut, oder Ge-B eilziiig er, <strong>Hebraische</strong> Aicliaologie. 23


3 54 Dritter Teil. 11. Recht und Gericht.--[S 47.stohleiies uncl Geftiiiclenes ableugnet, oder etwas gestolileii hat,der kommt, mrenn er freiwillig cleii Diebstalil etc. eingesteht, sehrmilde clavoii : er iiluss das Veriiiltreute wieder ersetzen aiicl alsBusse cles \Verts daraiiflegeii (Lev 24 is 21 5 20-21).Das Erbrecht cler Israeliten weist ausserorclentlich viel Aehnliclilieitmit den1 cler alten Grieclien und Itömer auf. Geineinsaiiiist ihilen cler Gruiiclzug, dass iiur die Agiiateii erbberechtigt sind.Dies erlrlärt sich aus der geiizeinsamen religiöseil Ailscliauung,aus ~velcher diese Ordnung heransge~vaclisen ist, iiiicl clie sclioiiinehrfach er~välint wurde: class nämlich clie Agiiateii allein deiiKnlt des Verstorbenen fortznsetzeil im Stande siiicl I. Auch hiergehört clas scliriftlich fixirte Reclit einer sp2itereil Stiife der Entwiclrlungan, ~velclie iibrigeiis noch clie alte Gemoliilheit erlreiiiibardurchscheiiieii lässt.Das alte Gewohnheitsreclit schlos? clie Töcliter von der Erbschaftaus. Unter den Söhnen wurde das Erbe so geteilt, dasscler Erstgeboreile den clol?pelten Aiiteil erhielt. Als Erstgeboreiiergalt der erste Sohn des Vaters, nicht der Ntitter, CS gab alsoancli da, TVO ein RIanii nielirere Prauen hatte, iiur einen Erstgeborene~~.Dieses Vorrecht der Erstgeburt vTar uilabhäilgig ro11dein \Villen des Vaters, es lram aber vor, dass cler Vater demältesten Sol~il clas Erstgeburtsrecht entzog uncl es dem jüilgereilJiieblii~gssohil zumanclte (vgl. Gen 49 3 22-26 21 I ff. I IZeg 1 ii --U);es sclieiilt namentlicIi die Lieblingsfrau clies häufig fiir ihren äItesteilSolin clurchgesetzt ZLI haben. Allein die Sitte billigte solchewilllrürliclie Bevorzugung niclit, und das spätere Reclit, hieriil deralte11 Sitte treu, verbot sie geraclezu (Dt 21 15-17). Als Gegenleistunglag den~ Erstgeborenen wohl ob, die noch ~~iiverlieirateteiiweiblicher1 Glieder cler Familie iii seinein Maus zu uiiterlialt~i~,war er doch nach dein Tod des Vaters clas Oberhaupt cler Paniilie.Leider missen wir ilicllts clariiber , ob aiicli cler Grnnclbesitzgeteilt wurde oder uiigeteilt an den Erstgeboreneil fiel, derdailil seine Rriider irgeildwie abzufindeil hatte.Bei deii Söhiien cler Kebsmeiber ist soviel sicher, dass sieSTADE weist mit Recht clarauf hin, wie dies auch iil clcr Sl~raclie sie11zeigt, -welclie für die Verwandten des IIannes, fiir Onlrel, Tante und Vettereigene Atisdrücke hat: clicl, didc(l& uncl bei^ clid; mähreilcl die Begriffe avuuciilusuncl matertera umsclirieben ~~~erclen i~iüssen.'


eiil Erbreclit hatteil (Gen 21 11); ob aber clas gleiche init deii vollbiirtigenBiihiieil, lraiiii bezweifelt ~\iercleri, docli liaben wir darüberlieine Nachricht. Es scheint, dass in cliecer Beziehung viel vondem guten Willen des Vaters und der Brüder abliieng, nncl dasssich Bei11 festes Gewolinheitsrecht lierausbildete. Durch Acloptionerhielten sie jecleilfalls das volle Erbrecht (Gen 30 3 cf. 5023).Die Prau als Eigentuin cles Afailnes lioniite ilicht erbeii, vielinehrliaben sich Spuren clavon erlialteii, dass urspriinglicli die hiiiterlasseilenFraueii wie jedes anclcre Eigentum aii den Erben fielen,eine Sitte, die sich bei clen Arabern bis auf Mu.aminec1 erllalteilhat (vgl. I1 San1 16 zif. 1 Reg 2 laff. ; vielleicht ist aucli Geil49 3f. 35 ea init ST-ADE durch cliese Sitte zu erliläreil).Beiin kinderlos Trerstorbenen erbte der nächste Agnat; ihmfiel init Uebernalime cles Erbes zugleicli clie Pflicht zu, die 'CYittwedes Verstorbeneii z~i elielichen (vgl. S. 345). Solist lrelirte dielrinderlose TTTittwe iiacli dem Tod ihres Mannes in clas väterliclieHaus znriiclr, uni von (la eventuell ~viecler verheiratet zu w~rclen(Geil 38 ii Lev 22 13 Rutli 1 sff.).Nur in Betreff des Erbrechts der Töcliter meist das spute~ch~iftlicli fixirte Gesetz eine Aeiideruiig auf, iiidein es iliiieii flirdeii Fall, class keiile Söhiie vorhniiden sind, clie Binterlasseiiscliaftcles Vaters zuspriclit l. Der ausdrücliliche Zweck dabeiist der, zu verhindern, clnss „der Name eines Mannes aus seinemGeschlecht verschwiiicleLL (Num 27 4). Zugleich wird aber cliesenErbtöcliteilii aiiferlegt, class sie rlar einen Mann aus dein Staiiiinilires Vaters lieiratcil sollen, damit nicht cler Besitz clurcli Heirataii eine gaiiz fremde Familie fällt (Nuin 36 1-12). STAUE (GVJ I2391) macht mit Recht darauf aufmerlrsam, dass hierin ein Koinpromissinit der älteren Anschauuiig vorliegen cliirfte, nach welchereigentlich der nächste Verwandte des Vaters erben sollte,ganz ähnlich, wie in1 alten Athen, wo der erbende Agnat cliePfliclit übernahin, die Tochter entweder selbst zu heiraten, oderstanclesgemäss anszustatten. Für clen Fall, dass auch lreine erbfiihigeTochter vorliandeii ist, bestiniint dasselbe Gesetz entsprechenclder alten Sitte, class niclit clie Angehörigen der Frau,soilderii dis Verwandten cles Maiiries erbeii sollen: znnäclist derBrucler, in zweiter Linie der Vaterbrucler, daiin cler nächste Agnat(Num 27 5-11).Aucli jetzt noch erschien es als eine ausrial~msweise Begiinstigiing,wenn clie Töchter nlit deu Söhnen erbten (Hi 48 15).


356 Dritter Teil. 111. Das Kriegswesen. [S 48.Kap. 111.Das IHriegswesein.$j 48. Das Heer und seine Bewaffnung.I. IKriegführung uncl Bewaffnung der Beduinen ist sehreinfach: auf flüchtigem Ross oder schiielleiii Kamel, clie langeLanze in der Hand, stürmt clie Schaar heran,überfällt cleii ahnui~gslosenFeind, raubt was zu rauben ist, und entflieht niit der Benteebenso rasch ~viecler, wie sie gekoinmen. Nicht anders gescliaheaaucli die erstell kriegerischeil Eiiifiille der Israelite~i iiis bebauteLancl. Soweit iiberhanpt voii einer gewaltsamen Eroberiing clieRede sein kann (8. 76f.), handelt es sich jedenfalls nicht iiingrosse Schlachten, sonclern um Streifzuge uiicl clie claran sich anschliessenclenGefechte. Kriegspflichtig ~vai jeclei, cler liriegstüchtigwar. Ans den späteren Gesetz, worriacli die Israelitenvoin 20. Jahr an als waffenfähig galten (Nuin 12f. 26 2), clarfvielleicht gescl~lossen ~vercleii, class in alter Zeit die Aufnahineder Jünglinge unter die vollberechtigteii Krieger cles Stammesim 20. Jahr stattfand. Aucli iin Verlauf der Ansiedlung ist esnocli lange so geblieben. Einen Beutezug zu machen oder eiiieiiUeberfall abzuwehren, scharten sicli clie XIäiiner der Naclibarschaft,des Gesclilechts tim den tapfersten aus ihrer Mitte. Wardie Gefahr gross nnd der Feiiid übermächtig, so riefen eilendeBoten die befreundeten und benachbarten Gesclilecliter zu Hilfe.War der Feind gesclilagen, so kehrte jecler mit seinem Beuteanteilwiecler nach Hause zuriick. An grosse Kriegsheere dar1man nicht cleiiken. Gicleoii sammelt 300 Mann iiin sicli zir seiiirinZug gegen die Midjai~iter, der Stamm Dan zählt 600 Krieger ;nur in einem Kampf sind grössere Mengen vereinigt, in derSchlacht gegen Sisera, aucli da aber sincl clie Zahleri nocli rechtbescheidene: der maffeiifäliigeii Ilänner in Israel sincl ea imganzen 40000, uncl diese haben lange nicht alle ain Kampf teilgenommen(Jdc 5 s).2. Einen holien Grad von Ausbildung hatte das Kriegsmesenbei den alten Lan~lesbewol-ine~ii erreiclit. Bewaffnung iinclKriegführiing stainmt von den Hetitern in Nordsyrieii, clie eiii~t~ohlorganisirtes Heer hatten. Die gläiizenclste uiicl angesehensteTruppengattung bilcleten clie Streitwagen, fiir clie Israeliten cler


8 48.1 Das Heer und seine Bewaffnung. 357Gegenstand grössten Schreckens (Jdc 119 U. 0.). Nach hetitisclien~Vorbilcl staiiclen drei Personell (in Aegypten nur zwei) aaf jeden1Wagen : cler Rosselenlier, cler eigentliche Käinpfer nnd der Schildträger,der beicle deckte. Aucli Reiterei liatteii die Philister(I Sam 13 6). Uiiter dem Fussvolk trugen die Schwerbewaffneteiieinen riinclen Helm aiis Bronce, eine11 Schuppen- oder Kettenpanzer,broncene Beiiischierien, Schwert, Wnrfspiess ui~d grosseLanze; wie clie lioiiierischei~ Griechen hatte jeder seinen Waffenui~dSchildträger (I Sam 17 eff.). Die Leichtbewaffneten warenBogenschiitzen iincl Sclile~iclerei. Den Kern des Heeres bildetendie stehencleil Truppen, die Leibwachen cler Fürsten. In wohlgeordneterSclilachteiireilie zogen sie ins Feld, ihr Lager verschanztensie. AII fester1 Städten und Burgei~, die ebenfallsnacli dem ISluster cler i~ordsyrischenangelegt wareil, fehlte es nicht.3. Im Ican~pf mit diesen Peindenhaben die Israeliten gelernt.Der grösste Fortschritt, den dieKöi~igszeit auf diesem Gebiet 'brachte, war die Errichtniig einesstehenden Heeres. Der Heerbanndes Volks, wie er sich friiheriin einzelnen Fall z~1saiiimeiigef~i11-den hatte, iiiochte nrolil fiir jeneIileiiien Reibereien mit deil Kanaaniter~~genügeii, - deii nenen liriege-Fig. 143. Assyrisciier Krieger.riscliei~ Aufgaben der Königszeit warer iiic t gewachsen ; gegeniiber der1 grosseil, ~~~ol~lgescliulteiiHeeren 1 der Plililistei versagte er. Es scheint, dass schon Sau1clen Aiifdng zu cler Eiricht~ing eines stel~enclen Heeres gemachthat, weiiigstens mircl in glaub~vürdiger Weise berichtet, dass er nachclein Ammoniterlirieg 3000 Manii unter Waffen behalten habe(I Saiiz 132). Wie ermiilii~t (s. X. 3051, war es nicht das unwichtigsteReclit des nenei~ Königs, die Fülirer und Hauptleute iin Heer zuernennen. Die tapfersten Helden iin ganzen Volli zog San1 insolcher Stellung aii seinen Hof, so David iincl wo er sonst eine11lrriegstüchtigen Mann sah (I Sain 14 52). Selbstverständlich hieltcler König sich bewaffnete Trabanten und eine Leibwache. DieStelle eines Obersten cler Leibwaclie Sauls sclieiiit David bekleidetzu haben (I Sam 22 14).


358 Dritter Teil. 111. Das Kriegswesen. [9 48-Den Kern des clavidischeii Heeres bilcleteii jene verwegenenund verzweifelten Gesellen, die sich in Adullam riin ihn gesammeltnnd mit ihm in cler Wüste, in .etil%h uncl in Sil~lag sich lierningetriebenhatten, etwa 600 an der Zahl (I Sain 23 13). DieseLeibwache trRgt clen Nainen gibhd~ii~i, ,die Helden', eine a~iclereBezeichnung fiir dieselben ist ke).&thi und pel&th% (I Reg I s, vgl.mit V. 3s). Die gewöliiiliclie, jedoch lieines~vegs sichere ErklRruiigdieses Namens geht dahin, class clie Leibwache JJavids zu eineingrossen Teil aus Philistern und Kretern (5. 63 f.) bestanden halleunc1 daher vom Volk so genannt worden sei. Saclilich ist iiiiiiierhinsehr wahrscheinlicli, class sich eine derartige Truppe znrnTeil aus frenlden Abenteurern ziiicl Kriegern reliriitirtr. Auchsonst hatte David philistnische Söldiler in seiiieni Dienst. Eswircl ein Gathiter Itliai erwähnt, der niit einer Truppe von600 Laildslenten in Davicls Dienste getreten war (I1 Sain 15 19).Der Führer der clavidischeii Ileibmache war Benaja Ben ,Tehojada.So wertvoll eine derartige Schar von 600 eiltsclilosseiienMännern für den König sein mocl~te, so genügte sie doch riiclitfiir clie grossen Kriege. Z~inächst wurde liiefiir in1 einzelnen Fa11durch 8endbotei1, Feuerzeichen U. dgl. der gesaininte HeerhaniiIsraels aufgeboten. Doch Ivareii der Oberfelclherr desVolkslieeiles(unter David Joab) uncl wohl aucli noch weitere Piihrer schon inPrieclenszeiten vorn König ernannt. Es begreift sich, class beideii fortrrahrenclen Kriegen Davicls, iiailientlicli bei clen Angriffskriegen,die in freindein Lancl geführt w~irclen, wobei clas Heeroft n~ehrere Jahre nach eiiia~lder vom Priil~jalir bis zu111 Splltherbstim Felde lag, dies fiir clas Volk a~~sserordentlicli clriicl~e~~clwerden mnsste. Auch hraiichte man zu cliesen Feldzügen lteiiieswegsimnier clas ganze Volksheer. Es scheiiit, class schon Davideine gleichinassige Verteilnng cler Rriegslasten auf alle Stämmeversncht hat, weiiigstens cliirfte die Zählung cler waffenfähigenManner, die er durch seine Offiziere vornehineri liess, wesentlicliderartigen militärischeii Zwecken gedient haheii (11 Sarn 24 II Chr 21 2). Auf welche Weise eine gleicliil~ässige Aushebuiigzunl Mriegsdieiist \virlilicli durchgefulirt wurde, erfahren wir freilichgar nicht. Die Cliroilili lässt clen Davicl sein Heer in zwölfArineeborps von je 24 000 Nann einteilen, von denen jedes eine11Monat in1 Jahre Dienst tat, eine Nachricht, clie aiich abgesehenvon clen iibertriebenen Zalilen wenig glanbliaft erscheint (I Clir27 iff.).


8 48.1 Das Heer und seine Bewaffnnng. 359Auf Saloino fiilireil unsere Qiiellen die Einrichtung einerReiterei uncl der Kriegswagen zuriick (I Reg 5 6 10 26). DieZahlenaiigabeii (40 000 Paar Wagenpferde und 12 000 ReitpfercleI Reg 5 6) sincl allerclings in der gewöhnlichen Weise iibertrieben,aber an der Saclie selber zu zweifeln, liegt kein Grund vor. Wiein Nordsyrien staildeil aiicli bei den Hebräern je drei Soldatenauf dem Wagen, daher clie Bezeichnung cler Wageiiliämpfer alssch8lisch (I Reg 9 22 U. 0.). Damit war iiher clie Leibwachehinaus ein ziemlicli grosses stehendes Heer geschaffen, clas in verschiedenenGarnisonstädteii iintergebracht worden sein soll (I Reg9 19 10 26). Von da ab bildeten Reiterei und Streitwagen einer1wichtigen Bestaiiclteil cles israelitischen Heeres (I Reg 16 9 I1 Reg8 21 13 7 Jes 2 7 LI. a.); wiewohl in clem gebirgigen Land ol-ineStrassen ihr Gebrancli mehr auf die Ebenen beschränlit gewesensein vird.Ueber die sonstige Oiganisatioi1 des Heeres missen wirnur soviel, dass es in Ha~ifen vo11 50, 100 iincl 1000 eingeteiltwar, deren jecler seinen eigenen E'iihrer hatte (I Sam S ie 11 San1181 I1 Reg 19 11 4 u. a.). Mit alledem bilcle.te sich ein Stanclvon Berufssoldateii heraus. Welches Ansehen diese genossen,kann mall darnach bemessen, class iiächst clem König cler Feldliaiiptinannclie wichtigste Person iin Reicli war. Die Prophetensind mit dieser Entwicklung natürlich nicht znfrieclen. Sie liabenan clen IKriegs\vagen uncl Rossen, iiberhaupt an dem ausgebilcletenIKriegsmeseii keine Freude; es sincl clas weltliche hIacliti?iittel, dienur clazu fiihreii, dass clas Volli übermiitig wird und der HilleJahves entbehren zu liönnen ineint (vgl. z. B. Jes 2 7 Dt 17 i~ LI. a.).Die Bewaffnung \\rar die gleiche wie die cler alten Laiiclesbe~~~ohner;neu war gegenüber von friiher der ausgeclehiite Gebrauchdes Bogens.4. Das spätere Gesetz enthält iiber das I


360 Dritter Teil. 111. Das Kriegswesen. [$ 49.schon erwähnt, jeder junge Mann vom 20. Jahr an bei der Volkszählungals kriegstiichtig iil die Musterrolleii a~ifgenoinineii werden(Num 12f. 26 2). Die Leviten sind vom Icriegsdienst natürlichbefreit (Num 2 33). Ueber clas Piiiicip, nach welcliein beicler Ausliebuiig verfahren werden soll, rerorcliiet das Gesetz nichts.5. 49. Festungen.1. Ein wichtiger Fortschritt iiii Kriegsweseii cler Israeliteiixvar damit gegeben, dass man arifieiig einzelne Städte, besoiidersdie Metropolen $3. 300) zu befestigen, d. 11. eigentliche Festungen(lizi6h.rir) zu bauen. Die Kanaaniter hatteil ilir Laiicl durch zalilreicheFestungen uncl Burgeii geschützt, die mit iliren hohenMauern auf die tlPöl111e cler TViiste einen ge-\valtigen Einclrucli derUniibermiiidlichkeit machten (cf. z. B. Num 132s).Uiicl mirl~licligelang es cleii Israeliteii iin Anfang sehr selten, eine feste Stacltcler Kanaaniter zu gewinnen. Sie sieclelten sicli zniiäclist auf deinoffenen Lande a11 und erbauten dort mit cler Zeit ihre iiieistoffenen Ortschaften. 111 Kriegsnöten blieb niclits anderes iibrig,als sicli in die TVälcler uiicl Höhlen ZLI fliicliten (I Sam 13 G). Incler Königszeit mnrde das anders : die lianaaiiitisclieii Festungen(z. B. Jebus) fielen allmahlicli in die Hiiiide cler Israeliteii, uncliiachdem maii den Wert solcher Festniigen lieiiiien gelernt hatte,fing Inan auch an selber solche nach dem Illuster cler alten lranaariitischeiiBurgen zn bauen. Vor allein war Jerusalein selbst einehervorragencl starlre Festung mit seiner beinahe ii~ieiriiieli~nbareiiAkropolis, der ,Davidstadt' (s. S. 44). Saloilio legte eine Reilievoii Festungen an: Chabor und Megidclo an deii Strassen vonNorden, G;ezer, clas untere Betli Choron, Ba'alatli gegen Westeil,Tamar an der Strasse von Südeii, lauter strategisch sehr wichtigePniikte (I Reg 9 i5). Weiin man der Clironik glaiibeii darf (11 Chr11 sff.), sicherte Rehaheam seine Greiize gegen Süden uild Westendurch nicht weniger als 15 Pestungeii. Jerobeaiii clagegeii be-festigte Sichem und Pnuel (I Reg 12 2:). Ba'sclia versuclite inRaiiia eine Festung anzulegen, um roll da Jernsalein beständigin Schach ZLI halten. König Asn von Jucla gelang jedocli illreZerstöruiig, noch ehe sie vollendet; niit dein ?\Iaterial erbaute erznr Sicherung der Nordgrenze die Festungen Geblia' uncl Mispali(I Reg 15 11;-22). Als sehr starlre Festung liat sich clann späterdas von Oiiiri gegründete Sainaria in cler dreijälirigeri Belager~nlgdurch die Assyrer erprobt (I1 Reg 175).Später liaben iiainent-


5 49.1 Festungen. 361lich die Malclrabäer (12 35 3s u. a.) und Heroclier viele Burgen uiiclFestungen gebaut, unter cleiieii besonders Eeth .Cr (etwas iiörcllichvon Hehron) in den Malrkabäerlrriegen, Jotapata (iin Norclen),Berodiuin (der sog. Frankenberg siiclöstlich von Bethleheni),Masada (am Westufer cles Toten Meeres) und Machärus (in1 Ostendes Toden Meeres) in1 grossen jüdischen Krieg eine bedeutendeRolle spieltcn.2. Die Befestigung der alten Städte bestand vor allem ineiner ringsum laufenden Mauer. Wie wir an den Maueriestenvon Jerusalem sehen, waren diese Stacltinauern aus möglichstgrossen TVerlrstüclren aufgeschichtet, in alter Zeit häufig ohneMörtel ocIer sonstige Bindemittel (Fig. 66 X. 231). Vor derselbenwar vielfach ein Graben (ch&l I1 Sam 20 15) ausgehobenocler der Felsabhang iiiöglichst steil abgeschnitten. In aiigemesseilenZwischeiiräuinen uncl namentlicli an den Eclren warenjedenfalls bei starlren Festiingen grosse Thürine eingefügt,niäclitige, völlig massive Wiirfel aus grossen Quadern. Thiiriiieund IIauerii waren niit Zinnen (schenziisclibtl~ Jes 54 12 oclerpi~znbtll Seph 1 iu) gekrönt, hinter welchen die Verteidiger geschiitzt.cITaren. Die Dicke der Mauer gestattete nicht nur dieAiifstellung von Trulspen oben (Neli 12 31ff.)) sondern auch vonKatapulten, welclie Steine andPfeile schleuclerteii, was zuin erstenl\iIal von Usia berichtet ist (I1 Chr 26 15). Die Mauertliore, mitstarken hölzernen E'lügeltliiiren (Jdc 16 3) und ehernen odereisernen lliegelil (I Reg 4 13 Jes 45 2 U. a.) verschlossen, ~vareiinicht bloss Pforten, sondern zieinlich geräumige Gebäulichkeiteii(daher I1 Sani 18 24 zwischen clen ,beiden Thoren') init l-iohenThiirmen, von denen aus der Späher die Umgegencl überschauenkonnte (I1 Sam 18 niff.), uncl rnit einem Obergemach T-erselieii(11 Sani 19 I). Sie waren molil schon frühe wie heute lioch iinTVinkel angelegt. Ge~vöhnlich hatten die Städte nur ein Tlior(Gen 34 20), clas am Abend geschlossen wurde (Jos 2 5).Es sclieiiit, dass die voii clen ägyptischen Denlrniälerii bezeugtealte syrische Sitte, in oder bei jeder festen Stadt eine ganzbesonders befestigte Gitadelle anzulegen, auch von den IIebräeriiaiigenoininen wurde; Jeriisalem ist uns als eine ,Burgt aus alterZeit belrannt, denn als eine solche clarf nian wohl clie Davidsstadtiin engeren Sinn auf dein steilen Ostl~ügel bezeichnen, vielleichtauch das Millo (vgl. S. 45), ebenso werden Thiirine, CI. 11. Citadellenals Mittelpunkt cler Befestigungen von Sichern tincl Tebes


363 Dritter Teil. 111. Das Kriegswesen. [D 50-erwähnt (Jclc 9 46f. 51). Auch sonst lehnten sich clie hebräische11Festiingsbauten wie clie noch älteren paläctinensischen Bnrgenentschieden an den nordsjrischen Typus an, ~vährend sie clenägyptischen Backsteinbauten viel weniger iilinlich sehen.3. 111 der Belagerung solcller Festungen blieben die Israelitenziemlich ungeiibt. Sie hatten zunachst lrein anderes Mittel,als die Stadt niit dem Heer einzuscliliesseii uricl etwa a~~cli initeinem Wal1 zu umgeben, iiin sie ansz~ilinngern. Gelang es, einerStadt clcis Fasser abznschneiden, so war sie damit gewoiinen.Vorsichtiger Weise liiitete man sich vor einen1 clirekten Aiistnrmgegen die nlauern. ,,\lTaru~n seicl ihr so nahe aii die Mauernherangeriicld? Wusstet ihr nicht, dass von den ISlaueri~ herabgeschossenwird?" soll Davicl clein Joab vorge\\~orfeii haben (LIISaiil11 22ff.). Höchstens versuchte inan, unter irgeilcl welchein Schutzdachniittelst eines Dainmes an die Mauer herai~zukomii~eii, sieirgenclwie zu nntergraben uiicl zuin Fall zu bringen (I1 Sain 20 13I1 Reg 19 32). Belager~~ngsthiirme, Sturniböcke LI. clgl. (Ez 4 2U. a.) lernten, wie es scheiiit, clie Israeliten erst in clen Assyrerbriegeiikeilrien; solche selber zu verwenden, liatteii sie aberkauiiz mehr Gelegenheit bis anf die Malilrabäerzeit,8 50. Die Kriegfuhrung.Was wir iiber die Kriegfiihrang wissen, lässt sich claliinznsainmenfassen, class sie ZLI allen Zeiten recht roh war. DasDt verordiiet, dass vor der Schlacht cler Priester cleii SolclatenMut zusprechen solle, - auch ein Zeiclieil seiner Zeit; die altenIsraeliteil hatten dies ~vahrlicli nicht nötig. Dagegen pflegte manclas Oralrel zu befragen (Jdc 20 27f. I Sain 14 ~7 23 zff. 28 I Reg22 aff. LI. a.), a~icli etwa zu opfern (I San1 7 sff. 139ff.).In alterZeit durfte das kriegerische Palladiuin, clie Lade Sahves, beigiösseren Kriegsziigen nicht fehlen (I Sam 4'1ff. cf. I1 San1 5 21).i\lIaii zog im Friilijahr zu Felde, iun vor Biibruch cles Wiilterswieder lieiinzuliehren (I1 Sam 11 i u. a.), woclnrcli sich die Kriege,nainentlich die Belagerungen fester Städte, in clie Länge zogeil.Das Heer in geordneter Schla~ht~eilie anfznstellen, hatteil clieIsraeliteil balcl von ihren Gegnern gelernt. Wo es angieag, legteman dein Feind einen Einterhalt, iiberfiel illn unvermutet, ningiengseine Schlachtlinie, suchte ihn von verscliiedencii Seiten zngleicli zufassen, - sonst aber bestailcl clie ganze Feldherrnknnst berühmterEeerfiihrer in persönlicher Tapferkeit uilcl Gemaiidtlieit (Jdc 7 ie


9 50.1 Die ICriegführiing. 3631 Sani 1 I 11 15 5 I1 Sani 5 23 18 2). Mit lallte111 Kriegsgesclirei(ler?iiRh) stiiizte sich clie Sclilachtreihe auf cleii Feincl. Das Gefechtbestaiid in Einzelliämpfen , wobei clie Gewaiicltheit undTapferlreit cler Einzelnen zur Geltung Irani. - Das Lager war alsWagenburg befestigt (?1iacgdl I Sain 1720 U. a.). In clemselbeii bliebcler Tross unter Bewachung eines Teils cler AIailiiscliaft zuriicli(I Sain 1722 30 21). Recht iiaiv sind clie Forderungen cles Dt inBetreff cler Reinhaltung des Lagers auch vor den1 Feincl(23 ioff.).Das Verfahren gegen clie gefangenen Feinde lässt an Gratisanilieitnichts zu wiiiischen iibrig. Der Krieg war ein KriegJalives, der selbst als jahve ~elihd'bth, als „Gott cler HeerscharenIsraelsll, niit clem Neeihanii auszog. Sein Volk nannte sich dnrniiijisi-d.61 d. 11. 'E1 streitet; inan ,lieiligtec einen Krieg, d. 11. manriistete sich auf clenselben, wie auf eine liultisclie Feier durcli Abstinenz(vgl. I1 Sam 119-13).Daraus erliliirt sich clie barbarischeSitte cles Eaiins (chei.e71z). Jahve ~vircl vielfach die ganzeBeute geweiht. Das ist cler Dank fiir Jahves Nilfe, aber eben dariiiwirkt sich auch der Zorn Jalives gegen seine Feinde aus (vgl.I Sani 28 is). Die Vollstreckung des Bailns besteht dariii, classalles, was lebt, nieclergeliauen, clie Stadt dein Erclboclen gleicligemachtwircl. Dieselbe Sitte fiilclet sich bezeichnender Weisez. B. bei den Moabitern mieder, vgl. Zeile 11 und 12 cler AIesainsclirift:„icli brachte alle Leute der Stadt uni zur Augenweiclefiir Kamosch und MoabL6. Wie grausam es auch sonst, wo essich iiicht uin den c/~ei.enz liaiidelte, zugieng, zeigt I1 Reg 8 12:„die festen Städte wirst dii in Erancl steckeii, illre jungen IIRlännermit dem Schwert umbringen, ihre Kinder zerschmettern, und illreSchwangereil aufschlitzenu. So ist eiii AIeiialieni gegen israelitischeStädte in1 Biiigerl~ieg verfahren (I1 Reg 15 16 vgl. JclcS 16 LI. 0.). Sogar das sonst so milde Dt will bei eroberten Stäclteiiilur Weiber LIIIC~ Tiincler verschont d. L. ZLI Sklaven gemacht visseii,uiicl wenn es verlangt, dass bei der Belagerung einer Stadt clieFrachtbäume nicht nnnötig uingeliauen werden sollen, so zeigtclies cleutlicli, was Kriegsbrancli war (Dt 20 108.). Was an Näniiernund Weibern iiicht iiieclergemetzelt wurde, liaii? in die Slrlaverei.Die Gefangenen iiilcl clie solistige Beute wurden iinter clieSoldaten verteilt, wobei a~isdriiclilicli erzählt wird, class es vollDavicl her stehender Brauch gewesen sei, dass auch clie beiniGepäck znrückbleibei~clei~ ihren Anteil erliielteii (I Sam 30 24).


364 Vierter Teil. I. Der Ort des Gottesclienstes. [Ci 51.Vierter Teil.BÄHR, Sj~inbolili des ii~osaischen Cultils. 2 Ede. Heiclelberg 1837--3839(Hd. I in 2. Aufl. 1874). - S~IEND, Alttestamentliclie Religioilsgescliiclite.Freibnrg 1893. - VELLE~~USEN,Prolegomena z~ir Gescliiclite Israels (I. Gescliicliledes Kultus). 3. Ausg. 1886. - WRSarr.r~, The Religion of theSeniites, Edinbnrgli 1889; - ders., ICinsliip ancl marriage in earlg Arallia,Cambridge 1880. - IVELLHAUSEN, Reste arabisclien Heideiithuines, Sliizzeliund Vorarbeiten 111, Berliu 1887. - NOELDEI~, ZDMG 1886, 148fY. 1887,707 ff.Der Ort des d;lottesdieiistes.5 51, Die ältesten 8tammesheiligtürner der Benne Jisrii'el vorder Ansiedlung.1. Religioil und Kultus der Israeliten gehen auf eine gemeinsameursemitische Religions- uilcl Knltusform zuriick. Die Haiiptzügeclerselben körinen wir allerclings nur indirekt erscliliesseil.Die Vergleicliung cler verscl-iiecleiieii seinitisclien Knlte ergibt gewissegenieiiisame Merkmale, clie wir als urseinitiscli ansehendiirfeil. Al11 meisten Dienste leistet uns liiebei die altarabischeReligion nnd ihr K~ilt (cf. X. 7). Wir kennen dieselbe freilichnur aus der Periode ihres Nieclergailgs und auch da niir aus spärlichenResten der Literatur. Allein diese genügen, uiil uns z~izeigen, dass mir hier eine sehr primitive Gestalt der seniitisclienReligion vor uns haben. Vor alleiri - uild das macht den grosseiiUnteischiecl von der assyrisch-babyloiliscliel~ und der phönicisclz-Iranaanitischeri Religion aus - leriien mir hier die semitisclieReligion nicht als Religion eines Kiilturvoll~es, soiideiii als Reli-


1 Die ältesten Stan~meslieiligtiiiiier vor der Ansiedlung. 365gion von 1Joinaclen kennen. Sclioii dies spricht clafür, dass cliealtarabische Religion von allen uns bekannten semitischen Religionender ursemitischeil Religion am nächsten kommt. Zudemsiilil die Beduinen cles inneren Arabiens von freinden Völkernlranm beeinflusst worcleii, und ihre Enttvickl~iiig ist anf religiösemGebiet vielleicht noch mehr als auf anderen eine ausserordentliclilangsame uncl derartige gewesen, dass von clem urspriingliclleiiCharal~ter nichts wesentliclies verändert oder verwischt wordenist. Jedeilfalls als Kultiis von Nomaden steht dieser ICult demcler noniadisirencleii Israeliten sehr nahe, wie eine weitgehende,in Eiiizelheiten sich erstrecbencle Uebereinstimniung beweist.Was den Ort des Gottesclienstes anlangt, so geht dieallgeiiieine semitische Anschanuilg, wie übrigens auch clie allerancleren Religionen, urslsriinglich dahin, dass der Gott an cleinHeiligtuni, wo er verehrt wird, seinen '1Vo lin s i t z hat.Welcher Art clie Gottheit, welche ein Geschleclit oder Stammverehrt, ~irsprünglicli auch gewesen sein mag1 - sobalcl sie zueiner bestimmten Geineinscliaft in Beziehiiilg tritt, muss sie iiider Mitte oder in cler Nähe dieser Gemeinschaft ihre TVolinniighaben; clie Verehrer und Diener des Gottes miissen mit ihm ver-Irehren können. Zunächst suchte und fancl inan die Gottheit inirgend welchen Gegenständen cler Natur, clie clem Menschen inseiner Umgebung besonders auffielen: hohe Berge, eigentümlicheFelsen, prächtige Bäunie, liebliche Qnellen. Weiterhin suchtenian selbst solche Gegenstäncle zu schaffen, die der Gottheit alsWohnsitz dienen konnten ; man ahmte Stein uncl Baum nach incler Steinsäule und dem Holzpfahl. Indem inan diese aufrichtete,lud man den Gott ein, hier bei seinen Dienern sich nieder zixlassen, und die Gottheit nahm diesem TViinsche entsprechencl.TVolinuiig in den betreffenden Gegenstäncleii. Das gleiche giltauch vom Gottesbilcl. Irgend eines clieser Stiiclre gehörte notwendigzu einem altsemitischen Heiligtum. Dass auch die Ic~~ltorteder nornadisirenden Israeliteii clerart waren, wird dadurchzur Genüge bewiesen, dass noch auf dem Boden Kanaans dieisraelitischen Kultusstätten dieselben Merknlale und Einiicli-Es liegt aiisserhalb des Rahmens dieses Buches, auf clie Frage nahereinzugehen, was Jahve urspriinglicli bedeutete, und iiberliaupt clen Ursprungcles Jalivismus eingehender zu erörtern. Nnr soweit können die hierauf beziiglichenFiagen gestreift werclen, als ans den zu besprecl~euclen Einrichtungensich Rücksclilüsse machen lassen.


366 Vierter Teil. I. Der Ort des Gottesdieilstes. [$ 51.tnngen aufweisen. Im einzelnen ist uns iiber die ältesten H.eiligtiimercler Israeliten begreiflicher Weise wenig iiberliefeit; nurvon znreien ihrer wiclitigsteri Heiligtuiiier, denen daneriicl einehohe Bedeutiing blieb, erhalten mir genaueie Kuncle: von eiileiiiheiligen Berg, den sie als Gottessitz verelirten, den1 Sinai iiilclvon heiligen St'einen, die sie als ~~randeriides Heiligtuni mit siclilier~~iiifiihrteii, der Lade Jabves.2. Als Wolinuiig Jalives galt deii Israeliten schon iii cleralten Zeit der Sii1ai1. Dort erschien Jahve zuin erstenilial deinMose (Ex 3 [E] uncl 6 [P]); dort erfolgte clie gruncllege~lcleOffenbarung nach E uncl P, nänilicli die Offeiibar~iiig des Jahvenaniens.Dem Pharao gegenüber konnte darum das Verlangender Israeliten fortzuziehen damit motivirt werden, dass sie in derTViiste (ain Siilai) Jallve ein Pest feiern sollteri (Ex 5 i ff.). Ua-1-ail nimnit anch der Pliarao lreinen Anstoss. Iliin ist nacli clerIUeiriung des Erzählers der Gedanke nichts neues, dass eben dortcler Gott der Hebräer seinen Sitz Iiat, iincl inan ihm clesshalb nurdort opfern kann. Es folgt clie ganze Siriaigesetzgebung, clie Begriincliingcler Tlieokratie. Sollte 11acl1 allein Vorhergegangenenganz znfällig sein, dass cler Sinai zuin Xcliauplatz cler Offeilbaruiigvon Jahve gewählt wird? Anch später iioch spielte der Siiiai dieselbeRolle als Gottesberg. Nach der alteil Vorstellung warJalive zur Strafe fiir den Götzendienst des Volkes mit dein goldenenKalb auf clein Sinai geblieben (Ex 33 ~ff.). Von dort lierkani er über clns Gebirge Seir eiiilierschreitend zu seinem Volknach I$acles Bariiea (Dt 33 n) ~iiiclroinrnt er noch immer seineinVolli zu Hilfe nacli Kanaan (,Tclc 5 4). Ja Elias n~usste, uni eineTlieoplianie zu erlialten, ziirn Horeb wallfahrten: dort war clerwahre Sitz Jahves (I Reg 19 sff.) 2.Sinai und Horeb sind nicht zwei verschiedene Berge, die man schoiloft als verschiedene Spitzen eines grösseren Gebirgszuges erkennen zu müsseilgemeint hat, sondern zwei verschiedene Mameir fiir einen uncl denselbenBerg bei den verschiedenen Berichterstattern : J und P sagen Siriai, E und Dsagen Horeb, beiclc denken sich natiirlich scliliesslicli deilselben Berg darunter.Man darf aber iiberliaupt lreinen bestimmten Berg auf der Sinaihalbinselsuchen.Gauz cleutlicli liegt in dieser TTallfahrt eine Polamilr gegen die,nioderne6 Denkweise zur Zeit des Elia, dass Jahve in Kanaan wohne. Denndiese selber ist eigentlich schon ein Stiiclr Synkretismus und Iierausgewachseuaus der Gleichstellung Jalives mit Ba'al (s. U.). Dem gegenüljer wircl clie alteAnschauung wieder als zu Reclit bestehend erlilärt, -- freilich ohne dass dieserRepristinationsvcrsiich gelungen wäre.


5 51.1 Die ältesten Stainnleslleiligtii~~~er vor der Ansiedlung. 367Nach allen diesen Stellen kann inaii sich der Anerlieiinungnicht entzieheil, class der Berg Sinai in der altenVollis~rorstelluiigals der Wohilsitz Gottes iin eigentlichsten Siiiiie des Wortes gedachtist. Und dieseVorstellung wird ~veiiigstens als clichterisclieEinlileidiing fiir den Geclanlien der Jaliveoffeiibarnng noch bcnütztin PS 68 s und Hab 3 3.Dass nun ein Volk seinen Gott ausserhalb seines Landeslolialisirt, ist ganz undenlibar l. Auf dem Siilai konnte nur clerGott solclier 8täinine wohilen, welche in seiner Nälie, auf clerSinaihalbinsel, zelteteil. So werden \vir von hier aus zu dein Riiclischlassgezwungen, dass ein Teil cler Ben6 Jisra'bl, geracle derStamin oder die StSimme, die den übrigen die Religion des Jaliremitgeteilt haben, vor Mose am Binai gewohnt haben. Die Ueberlieferungmiss davon freilich nichts; es war nach ihr iiur eiii Teilder Midianiter, die beim Sinai sich clen Israeliten anschlossen.Will inan aber nicht ailnehnien, dass schon vorher Israel am Sinaiverlielirt und das Neiligtuin Jethros verehrt liat, so inuss manden Jahvedienst vor1 den Miclianitern (Kenitern) ableiten (soSTADE GVJ I? 131 f.). Dass jedeiifalls bis zii einein geivisseilGrad die israelitische Religionsübutlg daher stammt, deiitet dieSage selber an, wenn sie den Mose ziim Scliwiegersohri des Jetliroiilacht, die Uebung rler Torah von ilirn deiii Mose iiberliefert sei11lässt (Ex 18) iind die Beschneidung auf ~ipporali, die Tochterdes Jethro, zurüclrfüiirt (Ex 4 24ff.).3. Ein zweites uraltes Heiligtiim, das die Israeliten aus derSteppe initbrachten, ist die Lade Jahves 2. Für das Verstänclnissihrer Bedeutung in der alteil Zeit bietet einen festen Ausgangspunlitdie Tatsache, class die heilige Lade in cleii Sainuelisbüchern~viederholt in engsten? Zusammenhang mit dein Natneiljahce se6hri'blli erscheint. Neben dem Iriirzereii Naineii ,LadeJahvesC3 wird sie geradezu bezeiclinet als ,Lade Jalives derDie Erlrlärung, dass der Sinai als der höchste clen Jsraeliten bekannteBerg fiir den Gottessitz gewählt worden sei, scheitert schon daran, dass sonstder Herinon im Norden des Landes als der höchste Berg in der Anschauungder Israeliten erscheint.Ueber die Lade Jahvcs vgl. SEYRIKR, Der ATl. Sprachgebraucli iiiBetreff des Nailiens der sog Bundeslade: ZA?T 1891 XI 114ff.; KAUTZSCH,Artiliel Zebaoth in HERZOG RE XVII 432ff'.Der Name Bl~~ttleslacie erscl-ieint erst sehr spät und ist in I Saili 4 3ff.nachträglich eingeschoben, wie abgesehen von dein Zeugniss der TJXX scliondaraus hervorgeht, dass seilst die BB. Sam imnier nur (29 iiial) die Bezeichnung'cir6n allein ohne clen Zusatz Oe? it1~ haben.


368 Vierter Teil. I. Der Ort des Gottesdienstes. [§ 51.Heerscharen, cler iiber clen Kerubeii thront' (I Sam 4 4) oderals ,Lade, iibei welcher cler Name Jahves cler Heerscharei~, cleriiber den Keruben thront l, genannt wird' (11 Sam 6 2), d. h. clieiii engster Beziehting zu Jalive cler Heer~cha~eil steht. In Silo,wo die Lade sich befindet, wird Jahve der Heerscharen verehrt(I Sam 1 3 11). Von dort in schwerer Not ins Kriegslager gebracht,wird sie von cleil Israeliten als Retterin mit lauten1 Jubeleiiipfangen, von den Feinden mit Schreclcen betrachtet: „derGott der Hebräer ist zu ihnen ins Lager gelromnien" (I Sam4 5ff.). Aas alle dem geht unwiderleglich liervor, dass zn jenerZeit die Lade als die Repräsentation des Jalive der Heerscliareiigalt, ~1i1c1 zwar nicht bloss als ein Synibol desselben, sondern sieschloss das numen praesens selber ein (vgl. I Sain 5 U. 6 11 Sam 6).Die gleiche Bezieli~ing auf Jahve als clen Kriegsgott der Israelitenbliclrt in J ~nld E clurch, obwohl hier sclion clie Vorstellnngvoii clen Gesetztafelii in cler Lade die lierrschende ist. Weiindie Lade sich in Bewegung setzt, spricht bSose: „Mache dich auf,Jahve, damit cleiiie Feinde zerstieben uncl cleineTVidersac1ier vordir fliehenu ; und wenn sie clen Lagerplatz erreicht, spriclit er:„Kehre .cviecler, Jalive, zu clen &lyriailen Israels !lL (Num 10 dsff.).Die Frage, was die Lade iirspriinglich bedeutete, mirclvor1 cler Tradition im Anschlnss an die übereinstimineiicleiz Berichteclcs Pentateuch dahin beantwortet, class in der Lacle clieGesetztafeln liegen, clie Mose ain Siiiai von Jahve beliommenhabe. Gezimmert als Behälter für diese Tafeln ist sie kraftdieses Inhalts zu einem Syinbol cler Gegeiirrrart Jahves geworderi.Abgesehen davon, dass die Ladc nach dem Volksglaubeii nichtblosses Symbol cler Gegenwart Jalives ist, sonclerii die Gottheitselbst in sich birgt, ist die Theorie von den Gesetztafeln leichtals eine spätere Unideatung erkeniitlicli. Gesetztafelii hermetischin eine Lade einzuschliessen liricl diese uiiiiahbar irr1 Heiligtuina~ifz~istellen, ist das denkbar zweclcwidrigste. Vernünftiger Weisestellt man sonst solche Gesetztafeln öffentlich im Gotteshaus aus,Aiigeiisclieinlich hat überhaupt niemand gesehen, was in der Lacleliegt. Es wäre clocli sonst gaiiz uilclenlilsar, dass der Iillialt dieserGesetztafeln bei ,J (Ex 34) und bei E (Ex 20) so clurchai~s ver-Auch cler Relativsatz ,,welcher über deil Keruben tliront", diirftcverhältnissniässig jung sein, ila soweit wir sehen, clie Israeliten diese gefliigeltenWesen erst in ICanaan und zwar von Norclsyrien resp. Babylonienlier überlrommen haben.


# 51.1 Die ältesten Stanime~heili~tiimer vor der Ansiedlung. 369scliieden überliefert wird. Es ist eine gar zu d~~rcl-isiclitige Hari~ionistik,wenn cler Redaktor die Vereinigung dadurcli herstellt,dass er clie ersten Tafeln zerschlagen und dann neue anfertigenlässt mit dem augenscheinlich älteren Dekalog. Also niclit dieLade verdankt clen Gesetztafeln ihre Existenz, sonclern uingelielirt ;init anderen TVorteii: die Lacle genoss schon lange vorher eineVerehrung, ehe man claraiif kam, in ilir Gesetztafeln zu suchen.Nirgends in den angeführten Erzäl~lringen cler EB. Sam ist daraufaiigespielt, dass clie Lacle Tafeln enthalte; das wiircle auchgar nicht p:i,ssen zu der Vorstelliing, dass Jalive selber iii uncl beider Lacle ist. Vollericls was clie Gesetztafeln mit clem Jahve clerHeerschareii zii tun haben sollten, ist rein nicht einziiselien. Gesetztafelnbedeuten nicht die persönliche Anwesenheit cles Qesetzgebers.Diese Auffass~iilg der Lade inuss also noch jünger seinals die lietreffei-iclen Berichte in clen BB. Sarn. Die Traditionvoii den Gesetztafeln kaiiii sich allerdings nicht aus nichts gebildethaben; wir mercleil vieliiiellr daraus schliessen müssen,dass clie Lacle schon in cler ältesten Zeit Steine oder einen Steinenthielt. Eine Lade hat olineclies immer niir Zweck und Sinn alsGeliäiise für etwas, das sie verbirgt; eine leere Holzliiste kannnicht wie ein Holzklotz ein Heiligtum sein. Da die Lade als clieGottheit iri sich schliessencl betrachtet murcle, so n~iissen clie darinenthaltenen Steine als ,Haus der Gottheit' angesehen wordenseiii, mit anderen Worten, wir liaben hier einen Rest von BetischismusAber auch clieVorstellui~g, dass Jahve cler Heerscliaren dasNuinen cler Lade ist, kann nicht clie ursprünglicl~e gewesen sein.Jedenfalls passt clie Lacle gar nicht zuin Kultus cles Jnlive vomSinai. Der Jahve, der aiif clem Sinai wohnt uncl dort bleibt, unddas Nuinen, (las in cler Lade .cvolinend mit dein Vollr überall hinzieht,schliessen eiriander aus, können jedenfalls iirspriingliclinicllt identisch gewesen seiii. Es ist sehr interessant zu sehen,:tuf melcheTVeise schon die alte Tradition, welche den Gegensatzoffenbar fühlte, beides zu vereinigen suchte. Nach E (Ex 33 zff.)ist das Volk darüber betriilst, dass Jahve nicht selber mit ihinziehen, sondern den mal'&?ilt mitschiclcen ~vill. Zuni Ersatz fiiiAucli andere Völker verehren ein Heiligtum in Forni einer Lade;na~nentlich irn Mysteriendienst der vorderasiatisclieu Völlier z. B. spielendie aiurar poor~r.v.i eine grosse Rolle; ininier aber gilt die Lade als ,Gotteshaus',sie entliält einen Fetisch oder ein Gottesbild.E eiiziiiger, Hebraiscbe Arcliiologie. 34


370 Vierter Teil. I. Der Ort des Gottesdienstes. [$ 51.die persöriliche Begleitung gibt ihm Jalive clie Lacle mit. Dassdies der ursprüngliche Sinn der Erzälilnng ist, geht daraus hervor,dass im Folgenden (Num 10 33fi. E) clie Lade ganz die Rolleeiner Führerin auf dem Wiistenzug spielt. Aiif diese Weise hatclie Lade eiaen scheinbar ganz vorziiglichen Platz in1 JahveBultgefunden; aber dies ist deiitlich auf Kosten ihrer Bedeutung geschehen:jetzt ist sie niclit mehr, wie in den BB. Sam, dasHeiligtum, das clie Gottheit selber einschliesst, soiiclerii nur dieStellvertreterin Jahves.Gehört die Lacle ursprünglich nicht ziir Religion cles Jahvevom Sinai, so ist sie auch nicht dem Stainm eigen gewesen, welcherden anderen diese Religion gab. Sie 7~ar also das Heiligtuineines anderen Staniines, der beim Zusainnientritt mit cleiiiibrigeii Bestandteilen des Vollies die Rellgion cles Jahve ~~oiiiSinai ebeiifalls annahin, aber sein altes Heiligtuin beibehielt,weil er es irgencl~vie in Einklang iiiit der neueil Religion zu setzeilwiisste. Ja claiaus, dass sich der Knlt cler Lade eine so liervorragendeStelluiig im Gesamnltkult zu verschaffen gew~~sst hat,lässt sich schliessen, dass der Stamm, clein sie ursprünglich angehörte,auch politiscli fiir clas Ganze von grosser Becleutung war.Ein kleiner Stainm, der sicli anschliessen rollte, sah sich einfachin die Lage versetzt, seine alte Gottheit anfzugeben und den geineinsameilKult ariz~iiiehmen. Dies stiniint damit überein, dassvon ganz anderen Beobaclitiingen aus sich walirscheiiilich macheillässt, class die Lacle ursprünglicli das Palladiuin des StaniniesJoseph war (TVELLHAUSEK, STADE ii. a.); in1 Gebiet von Josepli,in Silo, stand spiiter die Lade.4. Zu der Lacle mag das heilige Zelt gehört haben, vondein die allen Quellen (Ex 33 7ff. ans JE) erziilileii. Dass dasselbenicht nlit der Stiftshiitte bei P iclentiscli ist, ergibt eiii einfacherVergleich voll Ex 33 7ff. mit 25-27 35-40. Bei JEschlägt Mose ausserhalb des Lagers ein ganz gemöhnliclies Zeltals ,Offenbarungszelt< auf, wo Jahve ihm erscheint ~ind Oralielerteilt. Sein Diener Josua bewacht dasselbe, bestiiiidig in dessenInnerem verweilend. Ein solches Zelt hat nur Sinn, wenn esetwas beherbergt; zu einem Oraliel gehört iiacli alter Anscliauuilgeiii Gottesbild oder dergleichen (s. S. 382). Ebenso niuss irgendetwas für Josua zu bewaclien und zu bedienen gewesen sein. Esliegt am näclisten, daraii zu deiilien, dass eben die Lade in diesemZelt ihr Obdacli gefiinden. Sicheres lässt sicli liieriiber satürlich


4 52.1 Die altisraelitisclien Heiligtümer auf dein Boden Kanaans. 371nicht sagen; die Möglichkeit niiiss zugegeben werden, dass etwasnnderes, vielleiclit ein '6phbrl oder sonst ein Gottesbild dariiistand. Das Sclimeigeii des jetzigen Bericlites erklärt sich leichtniis dein Widersprucli, iii dein clie ursprüilgliche Erzähliiilg zuder von P stand.52. Die altisraelitischen Heiligtümer auf dem Boden Kanaans.BAUDISSIN, Heilige Ge~vässer, Bäiiine und Höhen bei den Semiten:Studien zur seinitisclien Religionsgeschichte I1 1878.1. Nach der Festsetzung im Westjordaiiland ist die alteVorstellung vom Sinai als clerWohnung Jahves diirch clie aiidereverclrängt worden, mornach Kanaaii clas ,Ba~is Jalives( ist.Dies lroniite natiirlicli erst geschehen, nachdem die Israelitensclion längere Zeit dort gewohnt hatten; zunächst galt ihnenKanaaii als das Land cles Ba'd. ?Vie das schliesslich zu einerIdentifiliatioii voll Ba'al uncl Jahve füliren niusste, bei welcherclie Fuiilitioneii Ea'als, clie iiii wesentlichen in der Spende derFriichte des Landes bestanden, auf Jalive übertragen ~vnrden,ist hier nicht näher darzulegen. Nur die Tatsache selbst niilssfestgestellt werden, da von ihr aus allein sich richtig verstehenlässt, class soii7olil clie Heiligtüiner cler Kanaaniter init ihrerganzen Ausrüst~ing, als aucli andere wesentliclie Stiiclie derRultusühuiig voll den Israeliten eiiifach übernommen wordensind. Rückte Jahve in die Stelle von Ba'al ein, so war es ganzselistverstäncllich, class er auch ebeiiso und an den gleiche11Orten, wie dieser verelirt ~verclen musste (Dt 12 30). Es ist eineuiigescliichtliche Betrachtung, wenn clas Dt und clie sp"t a er eilSchriftsteller dies als ,Abfall von Jahve', als eine förmliche Vertauschungdes Jahvedienstes mit dem Bacalsdienst darstellen.Die Gefahr war freilicli vorhanden; aber wenn der fromme Israelitauf clen lianaanitischen Höhen opferte, so war er sich dabei bewusst,dass er Jahve diente, und glaubte, seinen alten Volksgottso ain besten zu ehren. Denn nach Irürzerer oder längerer Uebergangszeitwar friihe schon, jedenfalls zur Zeit eines Anios undEIosea, die Vorstellung fest eingewurzelt, dass Jahve iiicht nur inder Lade inmitten cles Vollres weile oder in besonderen Fällenpersönlich vom Sinai herlromiiie, soiidern dass er ~~rirklicli derHerr des Landes Kanaan war. Das Laiicl vrar seiii Eigeiitnm(I Sam 26 19), seiii EI-laas (Hos 8 I 9 ij), wie es vorher das clesBa'al gewesen urar. TVer ausserhalb cles Laiicles weilte, cler nar24'


372 Vierter Teil. I. Der Ort des Gottesdienstes. [$ 51.claniit fern voiil Angesichte Jahves, der Iroiiiite eben daruili Jaliveauch nicht nielir dieilen, denn Kanaan war seine TVoliiinng unclsein Heiligtum (I San? 26 zo Ex 1517 Gen 4 11).2. Dabei gab es übrigens zahlreiche heilige Stätteii iiiiLande. Keine Ortschaft lionate ohne eineii Opferplatz besteliei~,war doch der Pleischgenuss aufs engste aii clas Opfern geliniipft.Uncl wenn auch zum Opfern in1 Notfall ein iinprovisirter Altargenügte, so war jedenfalls die Zahl der eigentlichen Heiligtüiiiercl~~rch nichts eingeschränkt (vgl. Es 20 248.). Dass maii solcheHeiligtümer nur an Oiteii errichtete, wo Jahve seinen Kamenehren lassen wollte, war selbstverstäi~dlich iiiid hiess iiiclits weiter,als class inan alle Stätten, wo man ,Jalive verehrte, als von ihinselbst gewählte betrachtete. Das iiiiisste man; blieb es doch auchjetzt noch Gr~~ndvoraussetzung fiir ein Heiligtum, dass cs JTTohnuilgJalives war. JaEive wohnte iii clen Heiligtümern des Landes,urid zwar der ganze Jahve in jedem Heiligtum. Eiiieil Himinel,getrennt voll der Erde, dei Jahves eigeiitliclie TVohiiuilg wäre,Iranilte die alte Zeit nicht. Natürlich war das niclit im Siiln einerphilosophischen Lehre von cler Allgegenwart des ei?zpf~ Jallve gemeint.Es war ein bestimmter Jalive, cler an jedem Ort weilte.Das Numeil von Bethel (Gen 35 ij mrar ein aricleres als der ,'Aldes Scliauens' vom Brunnen Lachairoi (Geil 16 i3), cler '&I 'iXri~izvoll Beerseba (Gen 21 33) ein anclerer als der Heilsjalive vollOphra (Jdc 6 24). Dem eiitsprechencl stancleil sich auch clie verschiedenenHeiligiiimer an Ansehen uiicl Becieiitnng keineswegsgleich: der 'E1 von Eethel war beriihmter als cler Jahvevom Bruiinen Lachairoi iincl als clic Gottheit von inanclieiiikleinen Heiligtum. Dass die Gegeiiwnrt des Jahve cler Heerscharenan die heilige Lade gekiiüpft war, ist schon erwähnt(8. 367). Ganz deutlicli tritt uns diese TTorstellung iiocli in vielspäterer Zeit beim Teinpel von Jerusalein entgegen. Dass dortJalive seit der Einweihung durch Salomo (I Reg 8 10) bis zurZerstörung der Staclt ~volinte, war auch fiir clie Propheten selhstverständlich.Weil Jahve pe~sönlich und ganz am Heiligtumgegenwärtig war, liiess es von clen~, der Opfer brachte oder Oralielbefragte, „er sucht Jahve" oder „er sieht das Antlitz Jahvesu,Wie das spätere ent~iiclieltere theologische Denkei~ die Aiistösse,clie hierin lagen, zu heben versuclite, \vircl ~veiter unten ZLI besprechensein. Allerdings .waren cliese gross genug; eine solcheVervielfältigung des Jahve stand iin schroffstenWidersl,ruch mit


69.1 Die altisraelitisclien Heiligtiimer auf dem Bodeil Kanaans. 373cler Religion des einen Jalive vom Sinai. Sie erklärt sicli auchnur aus der Verschinelzuiig Jahves init Ba'al. Der Ba'al, clerfriilier an diesen Stätten verehrt worden war, war ein Loknlgottgewesen, ihn liat der Vollisgott von seinen Kultstätten verdräiigt,ist aber eben damit Gefalir gelaufen, iniTol1isbewusstseii in eineMenge von Lolialgottheiteii auseinander zu fallen.3. „Auf cleil Berggipfeln schlachten sie ihr Opfer nncl aufden Hügeln verbreiiiien sie's, unter Eiclien, Pappeln uncl Terebinthen- ihr Schatten ist ja so lieblich!" So schildern die Propheten(Hos 4 13) die Kultusstätten cles Vollies. Und allerdiilgsfällt so ziemlich der ganze alte Kultus Israels unter den in spätererZeit so verpönten Begriff cles ,Hölienliultns'. Man kann geradezusagen, class jede halbwegs ansehnliche Ortschaft scholl beiden Kanaanitern ~111~1 ebenso clanii bei den Israeliteii ihre ,Höhe',illre bd?iidl~ hatte. Ain Hügelabliang auf halber Hölle sicli liinstreclieild,unten ain Fuss die Quelle, über sich auf dein Gipfelclie Opferstätte - clas war clie gemöhiiliche Lage cler palästineiisischenOrtschaften z~i aller Zeit. Ohne Anstancl nahmen dieIsraeliten diese Opfei-stätten für sich und ihren Jahvekult in Besclilag;noch ein Ariios gebrauclit das Wort bdixdli als allgemeineBezeichnung fiir Heiligthuili oline jede üble Nebenbedeutung (7 9).Der Gottesmanii Samnel segnete das Opfer, das auf der Bamalivon Raniali dargebracht wurcle (I Sain 9 iz E.) ; Saloino, der LieblingJnhves, feierte seinen Regierniigsantritt init grossartigenOpfern auf der berühmteil grossen Bamah von Gibeoil, Jaliveselbst erschien dort und segnete ih11 (I Reg 3 sff.).Dieser Eergkultns ist iliclit specifisch semitisch; Griechenuni1 Römer, Perser iiiicl Inder iiilcl viele anderen Völker l-iabensich mit Vorliebe Hügel ~ind Anhöhen zu Opferstätten ausgesuclit.Ueberall findet sicli die naheliegende Anschauung, dass hoheBerge clie Sitze cler Götter sind. Dass die Israeliten diesen Glaiibei1nicht erst von den Kanaanitern überkoinineii liaben, hat unsdie Tereliruiig des Siiiai gezeigt. Auch bei den alten Arabernlassen sicli Spnreii davon nachweisen (BAUDISSIN, Studieil I1 251).Ganz besonders reich an liciligeii Bergen war jeclocli Palästina.Peer uiicl Nebo, Herinon Lind I


374 Vierter Teil. I. Der Ort des Gottesdienstes. [B '9.aus urteilend, die Aramäer mit Eecht von den Israeliten sagen:ihre Götter sind Eerggötter (I Reg 20 23).4. Nicht inincler verbreitet unter den Völkern ist cler Bau in-Iriilt us. Auf semitischem Gebict sind es insbesondere die immergriinenBänme, welche clie Verehrung geniessen: Terebinthe,immergrüne Eiche, Cypresse. Das ständige Beiwort der Kultusbänniebei clen Propheten ist ,die grünen'. Auch bei den Arabernspielte der Baumlrult eine grosse Rolle. Einzelne heilige Eäumebegegnen uns bei iliiieii allerdings weniger häufig, wohl aberheilige Haine, die nichts anderes sind, als eine Mehrheit von IieiligenBäumen. Wohl alle Kultusstätten waren von eiiieni solchengeweihten Bezirk, einem Temenos, umgeben, und oft haftete derCharakter der Heiligkeit ursprünglich an clem Hain. Die Verehrungheiliger Bäume haben also clie Israeliten nicht, wie dasDt (12 2) meint, erst von clen Kanaanitern gelernt, v7ohl aberhaben sie die von jenen verehrten einzelnen heiligen BRuine alssolche übernommen. Die Eiche an Joseplis (Trab bei Sicliem(Jclc 9 37 Gen 12 G 354 Jos 24 ZG), die Terebinthe, bzm. der Terebinthenhainldes Mainre bei Hebron (Gen 13 18 14 13 18 4), clieTamarislie von Beerseba (Gen 21 33), der Klagebaum beiin Grabder Debora (Gcn 35 8 Jclc 4 5) reichen alle in vorisraelitische Zeitzurück.Diese Stätten sind zugleich Kiiltusstätten, und wenn clerEngel Jahves den1 Gicleon unter der Terebinthe von Ophra erscheint,so soll damit eben ihr heiliger Charakter erlrlärt werden.Die Sichen~iteii rufen den Abinielech unter cler Terebinthe vonSichern zum König aus (Jclc 9 G); unter cler Palme der Debo~ahält clie Richterin ihr Geiiclit über Israel (Jclc 4 5); unter deinGranatbauni auf cler Höhe bei Gibea sitzt Sau1 von seinen Beamtenumgeben zu Gericht (I Sam 14222 6); iinter cler Tamarislievon Jabesch werden die Gebeine Sauls uncl seiner Söhne bestattet(I Sam 31 13) - alles das zeigt den kultischen Charakter dieserBäume. Erst von Dt ~incl Jerernia an ~ircl der Ausdruck< ,untergrünen Bä~iinen opfern' gleichbedeutend mit: ,Götzendienst treiben'(Dt 12 z Jer 2 20 u. o. Ez 6 13 u. 0.).Die Vorstelluilg, welche dieser Verehruiig zu Grunde liegt,Venn der niasoretische Text mit Ansnaliine von Gen 18 4 überallvon den Terebinthen Bfamres im Plural redet, während die LXX nureinen Bauin kennen, so beruht cliese tendenziöse Benderung auf deinBestreben, dein Baiim den Charakter singulärer Heiligkeit zu nelimen.


8 52.1 Die altisraclitischen Heiligtiiiner auf dem Boden Ilailaans. 37 5~--ist bei clen Israeliten wie bei anderen Völliern die: der Ba~im istSitz eines göttlichen Numeiis l. Mit cler Erklä,r~ing, dass dieBäume nur Zeichen, Bilder einer Gottheit seien, reicht man nichtaus, da diese Anschauung immer erst sekundär ist. Auch übtenclie alten Hebräer das Wahrsagen aus dein Fliistern der Bäuine:das Rauschen der Bakhasträucher ist für David das Zeichen,class Jahve in den Streit ausgezogen ist (I1 Sam 5 za), die TerebintheZLI Sicheln trägt den Nanlen ,OrakelbaumL'&lbn nib~.elt,(Gen 12 6) ocler auch ,Ba~im der Zauberer' 'klblz ~ize'cilzen$rn (Jclc9 37).Wie tief eingewurzelt bei allen Semiten diese Baumverehrung ist, siehtinan am best,en daraus, class auch der Isl2ni sie nicht hat austilgen liöniien.Noch heute gibt es besoilders in Syrien zahlreiche heilige Bäume, an deneneine Menge bonter Fetzen hangen, clie der Gläubige zum Dank für Erfüll~ingeiner Bitte dort angebracht hat. Genau so gehörte es zuin Begriff des heiligen13aums der Araber, dass er Dhkt Alzvkt, ,Aufhängeba~imL ist (WELLHAUSENSlrizzen 111 101). Die wenigen schönen Haiile, welche in Palkstina nocliexistiren, verdanken ihre Erhaltung ineist nur dem Umstand, dass sie alsheilige Haine gelten. Zweifellos sind vielfach auch die Orte nocli die gleichen,clie Heiligthümer haben in Palästina ein merkwürdig zähes Leben: dieAbrahainseiche von Hebron wurde nach HIERONY~?IUS von der frommen Helenaum cles heidnische11 Kults willen, den das Volk mit ihr trieb, umgehauen, -heute stellt wieder auf dem gleichen Fleclr eine nene Abrahainseiche, clie vonChristen, Juden und iNuliammedanern wie vor Alters verehrt wird.5. „Die Araber verehren den SteinLL, sagt KLEMENS voizBlexandrien. „Der Stein ist das ilot~vendige und das ain meiste11charaliteristische Zeichen der arabischen Kultusstätte. Er istinehr als Altar, er repräseiitirt die Gottheit, uiicl zwar jede beliebigemännliche oder weibliche Gottheit, nicht iinr eine einzige,bestimmte, iclentischeLL (TJTELLHAUSEN, Skizzen I11 98). Mai1 istversiicht, diese Worte auf clen altisraelitischen Knlt zu übertragen.Welche Rolle cla die Steine spiel.en, zeigt clie heilige Ladeznr Geniige. Abgesehen von den Steinsäulen, die weiter untenzu besprechen sein werden, ist ganz Palästina voll voii heiligenFelsen. Das berühmteste Beispiel ist der heilige Fels bei derSTADE (GVJ 12465) meint, „es ist unmöglich, in'tl67~ (plur 'i3tv~) einiioillen unitatis zu '01 Gott, Geist, in 'el6l.t ein Adjelrtiv von '$1 zu verkennen".Dies mag dahingestellt bleiben, zufällig ist die Gleichheit cler \\Torte jeclcnfallsnicht, um so ~veniger, als 'elCch und 'ili??~ offenbar nicht nur (oder iiberhauptnicht?) Namen einer bestimmten Bauiligattunq sind, sondern dcilheiligen Baum als solchen bezeichnen. So wird die Palme der Debora 'ctll6?zgenannt (Gen 38 sff.), und zwischen 'ilcih und 'all6lz, 'tlUlz und 'allb~z scheintebenfalls nicht streng geschieden morden zu sein.


376 Vierter Teil. I. Der Ort des Gottesdienstes. [$52.Tenne Oriians aiif clein Zion, der, wie er~v5ilint, cleii Altar dessalomonischen Tempels trug und als Nittelpunlct des Felsenclomsnoch heute sich cler giössten Verehrung erfreut. Die Steine vonBethel, Eetlischeniesch, Sichein, Oplira waren in alter Zeit nichtminder berühmte Kultusorte (Gen 28 3dc G iiff. I San1 G i4 Jos24 26). Natürlich war ihre Heiligkeit nicht israelitischeil, sondernlcanaanitischeil Ursprungs.DieVorstellung ist clie gleiche, wie bei clen heiligen Bäuil~eii:die Gottheit wohnt im Stein. Das lässt mit aller wiiilschenswertenDeutlichlceit clie Erziihlnng von Jakobs Traum (Qeii 28)erkennen. „Fiirwalir, Jahve ist aii diesen1 Ort, und ich ivnsste esnicht", sagt er beim Erwaclien. „Nicht Jalive findet clen Jalrobin Bethel, sondern Jalcob findet hier den Jalive". Er salbt deiiStein, d. h. er opfert iliiii, denn das iin Steine wolineiicle Nunienhat seinen Tra~iin veranlasst. Dieser Glanbe an beseelte, d. h.von einem Gott bewohnte Steine ist iiber die ganze Eide verbreitet;von Palästina aus ist er mitsamnit dein Worte 661h'lSZ,griecli. baitylion, Iat. baetnlus, zu den Grieclieil und Röniern ge-Irominen. Dass der Stein zugleich als Altar dient, darf claraiinicht irre machen; das Opfer, das auf iliiii dargebracht wircl, gilteben dein Nuinen cles Steines, hiiafig fiilden sich LI~I den heiligenStein her noch besondere Opfersteine, Altäre. Dass inan clie lieiligenSteine init der Gottheit selbst verivechselte, mag vorgelcoiiimensein; clas ursprüngliclie ist das wenigstei~s bei deii Semitennicht. Das beweist schon cler Umstand, dass eine AIelirlieit vonSteinen, die einer Gottheit heilig sind, bei einander stellen kann.ebenso wie eine Mel~rlieit von Baurnen (\TELIJHA~SEX, SkizzenI1 32). Anf welche Weise inan später diese mit clein Kult clesJahve vom Sinai ganz unvereinbaren Steine unscli~dlich zu machengesucht hat, -\\iircl weiter ~~riteii zu besprechen sein.6. Seltener sincl die Spuren von heiligen Qnelleil. DasHeiligtum von Beerseba verdankt, wie cler Name sagt, einer solchenseinen Ursprung. Bei der Quelle Rogel (8. 42) halt Acloiijaseinen Opferschmaus (I Reg 19); Salomo wircl an cler Giclionquelle(8. 63) gesalbt; diese beiclen sind oiYeiibar altheiligeKultusstätten Jerusalems vor dem Teinpelba~~. Die Qiielle rollKades Barnea trägt den Nainen '&n?~zischpd$,,Quelle cles Rechtsprechens',weil clort clas Oralcel Jalives clie t6rAh erteilte (Geil147). Die Quellen '$11 Schemescli zwischen ,Terusaleiil und Jericho(Jos 15 7 u. a.) und Lachairoi in der Steppe (Geil 16 14) sind


S 58.1 Die altisraelitischen Heiligtümer auf dem Boden Kanaans. 377gleichfalls Neiligtiiiner, uncl es ist wohl lr~uin zufällig, dass dasberiihmte Heiligtuin von Dan gerade an der Quelle des Jordanliegt (S. 22).Auch sonst inögen noch in manchein heiligen Hain heiligeQ~iellen sich bcf~inclen haben, ohile dass sie uns ausclrüclrlich alssolche begegnen. Fiir clen arabischen Teinenos versteht es siclieigentlich von selbst, dass er eine Quelle enthdten miiss. Geberhaiiptdarf Inan sich die Sache nicht so vorstellen, als ob diesegenannten Heiligtümer, Höhen, Biiume, Steine, Quellen immergetrennt jedes für sich bestanden hätten. Meist waren inehrerederselben bei einander, Haine und Quellen, heilige Bäume aufHöhen, heilige Felsen bei Quellen oder auf Bergen, so dass esnatürlich nicht immer möglich ist zu sagen, worin der Ursprungcles Heiligtuins liegt.7. Von den Gräbern als Kultusstätten ist schon die Eedegewesen (vgl. S. 164f.). Dabei kann es sich natürlich nur uin denKultiis der Ahnen hancleln, auf den hier nicht näher eingegangenwerden lrailn.8. Aus dem Gesagten ergibt sicli, class T enlpel im altisraelitischenKult lreine grosse Rolle spielen konnten. Sie waren fiirgewöhnlich überflüssig; geopfert wurde im Freien, clie Naturmale,welche als Sitz der Gottheit galten, Bäume, Quellen, Felsen undclrgl. brauchten Ireiil Obdach', nur in einem Fall war ein Hausnötig: da wo ein Gottesbild war (s. LI.). Abgesellen davon, classein solches wertvoll uncl ein Gegenstancl der Begierde für anclerewar, den der Eigentiinier wohl tat sorgfältig zu ben~acheii (Jdc17 uncl 18), verlangte es schon der einfache Ansta~lcl, dass malldie Gottheit in clieseill Fall unter Dach Lind Fach brachte. Dazugeniigte aber ein einfaches Haus ocler ein besonderer Eauin in1T'Vohnhaus (Jdc 17). Dei111 ein solcher ,Teinpel' sollte ja nichtVersammlungsort für die Geineinde, sondern Wohnort fiir dasGottesbild sein. Schon friili und nicht bloss bei den Israelitentreffen mir clie Ailscliauung, class clie Gottheit am liebsten imDunlrel wohnt. Wie wenig nlan claran dachte, der Gottheit ((1. Ii.Die Lade machte begreifliclicrTVeise eine Aiisnalinie, denn hier handeltees sich uin ein transportables Heiligtum, clas mit dem Stamm wanderte.Dagegen ist die Kacba in Melrlra kein Gottesliaus, kein Obdach für cleuscliwarzen Stein oder ein Gottesbilcl; der hcilige Stein ist von aasscn sichtbarin die Mauer eingelassen, sie ist nur eine Erweiteriing cles Steine.: (WELLsausEs,Sliizzen I11 69).


378 Vierter Teil. I. Der Ort des Gottesdienstes. [Ej 52.clem Bild) eine grosse Halle ZLI errichten, zeigt der Umstand,dass auch im salomonischen Tempel wie bei den Tempeln andererVöllrer cler eigentliche IVohnrauni des Gottes, das ,Allerheiligste',ein ganz enger unschöner finsterer Raum war.Dementsprecliend treffen wir Tempel nur da, wo ein 'dphdclsteht: im Gehöft des Ephraimiten Micha wohl eine einfacheHiitte, in Dan und in Ophra ein schöneres Heiligtuni. Eingrösserer Tempel mit zahlreicher Priesterschaft befand sich beiclem berühmten Oral


9 52.1 Die altisraelitischen Heiligtümer auf dem Boclen Kanaans. 3 79Erst später wurde heiliger Stein und Altar getrennt. Manerrichtete (vielleiclit als man anfieng, ausser cleiii Blut auch vomFleisch der Gottheit zu geben, CI. h. zu verbrennen) neben deinheiligen Stein und Baurn eigene Altäre (WELLII~~USEN, SkizzenIII SY), sei es aus Erde oder aus Steinen. Den TJrsprung desAltars im heiligeil Stein sieht man aber noch ganz deutlich dariii,(lass die Altarsteine nicht behaiien ~verclen düifeii. Eisen iiberdem heiligen Stein geschwuiigeii würde ihn eiitheiligeii, d. 11. dasin ihm wohnende Numen vertreiben. Diesen urspriinglichen Si1111cler Sitte hat cler Gesetzgeber freilich nicht mehr verstanden; beiihm ist das Altargesetz Polemik gegen den im Kultus eiiireissendenLuxus. Und in der Tat ist die Einfachheit der alten Kultus-Stätte nicht zufällig, sonclern in1 Wesen cles Kultiis- uncl Gottesglaubensbegründet. Dalier auch das Verbot der grossen Altäre,zu denen man auf Stufeii hinaufsteigen muss. Die Bezieliung aufden salomonischen Altar, der in allen Stücken clas Gegenteil vonclem war, was clie alte Sitte und cler ächte Jahveliult verlangte, istcleutlich genug. Ein ächter israelitischer Altar .war es, wenn Sau1iiacli der Philisterschlaclit einen Felsblock lierwälzen liess, clainitdas Kriegsvollc clarauf das Bliit der gesclilachteten Tiere ausgiesse(I Sam 14 33f.).Eine Verziernng scheint allerdings schon frühzeitig ain Altarangebracht worden zu sein: clie ,HörnerL, CI. 11. hornartige Aufsätzean den vier Eclien des Steins. Sie erscheinen als das heiligsteam Altar: das Blut der Opfer wird ~venigstens nach clem späterenRitual an sie gestrichen, der Flüchtling, der das Asylrecht desGottes in Anspruch nimmt, umklainmert sie (vgl. Am 3 14). Siehängen vielleicht mit cler Darstellung der Gottheit in Stiergestaltzusammen. Nach cleln Altargesetz zu schliessen scheineil sie vonaus~värts entlehnt zu sein, vas jeclenfalls voin Stierbilcl~~~al~rsclieinlichist (s. U.).10. Heilige Steinsäule und heiliger Pfahl sind aus clenIieiligen Steinen iind Bäumen entstanden. Nicht iiberall an heiligerStätte waren von Natur solche vorhanden; sie schienen aber frühschon so uiientbehrlich für eine Kultusstätte, dass man sie, wosie fehlten, clnrcli Säule und Pfahl zu ersetzen suchte. Man luddamit clie Gottheit ein, sich hier niederzulassen. Dass die Massecles Volks noch in späterer Zeit mit dieser Vorstellung Ernst geinachthat, zeigt der Spott des Propheten, der seine Iiandsleuteverhöhnt als solche, „die zum Holze sagen, mein Vater bist du


380 Vierter Teil. I. Der Ort des C+ottesdienstes. [B 52.uncl zum Stein, du hast niicli geboreniL. Man liüsste clie Eilclerund streichelte sie wohl, um in inöglichst innige Beriihrung mitder Gottheit zn kominen (Hos 13 z I Reg 19 18, vgl. (las 2.iiisseiides ,schwarzen Steins' TJT~~~~aus~x, Slrizzeil I11 105).Die Steins änl e (?~mqq&fi/~ci/Q liat zunächst keine bcstimniteForm; ein einfacher Steinblock wircl, wie er ist, als Gegeilstanrlder Verehru~~g aufgestellt (Jos 4 3ff. is ff.). Bei deil Pliöiiicieriihat sicli allerdings im Lauf der Zeit eine bestimmte Form herausgebildet(Fig. 143). Die Aniial-iiiieliegt ilalie, (lass in spätererZeit clie i~~aelitisclien ISIas-?eben dieser i~achgebildet murclen.111 Griechenland liat daniiveiter der Stein Kopf und Phal-Ins erhalten nncl ist so zur Herinege\~ordeil; die israelitische Rlassebeliat diese Entwiclrluiig zuinGottesbilcl niclit dnrchgemaclit.Obwohl cleni tTaliveclieiis trollstänclig freind, haben clie Biasbebeildocl-i iin israelitisclien Kultgrosse Verbreitung gefundeii.Sogar bei der Bundesschliessuilgaiii Sinai soll AIose Altar iinclzwölf liasbeben errichtet liaheil(Ex 24 4), ebenso Josna bei derErileuerung des Bundes (JOS24 elff.). Noch Hosea uncl Jesajabetrachteii sie als unentbehrliclifür eine Kultusstätte (Hos 3 4 JesFig 143. -phönicische lllCLSBefijL,yl. 19 10). Erst Dt erbietet sie(I 2 3).Das Gegenstiick zur Massebe ist der heilige Pfahl fc~sch&-~iiltJ, deii man alsErsatz für den fehleiicleri natürlichenBaumnebei~dem Altar in deil Roden schlug1. Ueber die Porin cler Ascliere erfahrenwir nichts. Bei deii Griechen ~vurde sie ebenfalls durch AiifügungvonI


5 52.1 Die aitisraelitiscllen Heiligtümer auf dem Boden ICanaans. 381zn einen1 Gottesbilcl. Bei den Hebräern wurcle sie wohl wie derlieilige Bauin mit Lappen gesclimiickt, mit Gaben beliängt iiricl vielleichtauch wie bei der1 alten Arabern init Il(leicler11 lind Sclin~uclrausstaffirt. Ilire Bedentiing fiir cleil Kult war die gleichewie die deri\;Iassebe. Das Dt und Ezecliiel verurteileil sie als kanaanitisclienGötzendienst, daruni liat sie aber clocll Jalirl-ianderte lang ruhiglieben clem Altar Jahves gestaiiclen: zu Sainaria gab es eine beriiliinteAscliere (11 Reg 13 F), iiiid ebensou~enig fehlte sie iinTem~el zu Jerusalem, wo erst Josia sie beseitigte (I1 Reg 18421 7 23 G).11, Sillcl aiichMa,ssebeund Aschere bei clen Israelitennicht zii Gottesbilderiigeworcleii, so hat esiiil althebräischen ICult ansolclien clocli nicht gefehlt.Xach de,r richtigen Tra-clitioii der Araber siilclQottesbilder in ihrein ICultiiicllts Urspriingliches, son-(lern von auswärts gekoiniiieii,wie auch clie Aus-driiclre clafür beweisen(~EI~LHAUSEX, Sliizzeii I1199). Mai niuss demnachaiich bei den Israeliten dieFrage 0f!kn lasseil, ob sie Zu Fig. 144. Heilige Pfilile auf einer CippeMoses Zeit schon Bilclerans ICarthago.liatten. Dass eine spätereiliischauuiig, uni clas Bilclerverbot wirIrsanier zu machen, scholldie alten Israeliten in der Wüste Bilclerclienst treiben lässt, beweistiiiclit viel, uilcl dass die Patriarchen Bilcler haben, könnteaus der Gegenwart cles 'Verfassers zuriickgetragen sein. Siclier ist,(lass in cler ,Ricliterzeit' Gottesbilder iiicht bloss ohne Anstandverehrt wurden, soiiderii als ganz besonders wertvoll (weil selten ?)galten (Jclc 17 und 18). In alter Zeit seltener, scheinen sie sichinit z~inehmencleiii Luxus vermehrt ZLI haben.Sehr beliebt war clie Darstellung Jahves unter dem Bilcl desStiers. So schmiickte z. B. ein Stierbild clie grossen ReichsheiIigtiimerzn Dan und Bethel. Dies sclieiiit nichts original Hebräiscl~es


382 Vierter Teil. I. Der Ort des Gottesdienstes. [S 52.zu sein; die Nomaden der Wüste ziichten lreine Stiere uncl ~vählensie desslialb auch niclit zum Gottesbilcl. An Eiitlehnung aus deiiiägyptischen Apisliult wird nicht zu clenben sein, sondern malirscheinlichan eirie solche von den Kanaanitern. Den Phönicieriiwar clie Kuh Symbol der Astarte, der Stier Symbol cles Ba'al.Die Erziihlung vom goldenen Kalb lässt cleutlicl~ clie Absichtdurchblicken, die Verehrung des Stiers lächerlicli zu machen.Dagegen wäre es falsch, mit dein Dt und anderen späteren Schriftstelleriiim Stierdienst einen Götzenkult, d. h. die Verehrung eii~esanderen Gottes als Jahve zu sehen. Die Israeliten erblickte11 inden Hörnern cles Stiers die gewaltige sieggebeiide Kraft Jalivcs,nicht vie clie Kanaaniter die Fruchtbarkeit (Nun1 23 22 24 s?).Unter den Gussbilderii, die cler erste Dekalog (Ex 34 17) verbietet,diirfteii auch diese Stierbilder init gemeint sein, wenigstens sindalle, von denen wir hören, aus Metall gegossen.Fast noch hiiufiger war das Gottesbilcl, das als '&]?hhcl bezeichnetwircl. Es erscheint als cler eigeiitliclie liultiscbe Gegenstandin den beriihinten Heiligtiimern von Daii (Jdc 17 iincl 18),Ophra (Jdc 8 27), Nob (I Sam 2110 23 G). Es stellte iiatürlich aucliden Jalive clar. Ueber seine Form wissen wir nichts; aus cler Bezeichnung'&phhcl(,Ueberzugt ,Kleidi)' lässt sich schliessen, dasses einen Kern aus 1301~) Thon oder geringein Metall und dariibereinen oft recht wertvollen (Jdc 8 27 174f.) Mantel aus Golcl oderSilber hatte (cf. Jes 30 22). Beine besondere Bedeutung liegtdarin, dass niit ihm das heilige Los in unzertrennlicher Verbindungstand. 3fan befragte Gott inittelst des Ephocl (I Sani 14 1s23 9 30 7, vgl. S. 407). Desslialb war die Eehandluiig des EplioclSache des Berufspriesters; jedenfalls brauchte cler Epliocl eiiieiiDiener und in cler Regel aucli ein Hans (s. 0.).Neben dem Ephod haben in den Heiligtümern die tet.r(/~lzi?slPlatz (Jdc 175 Hos 3 4); noch häufiger aber siiicl sie in1 Privatbesitz:Rahe1 stiehlt beim Wegzug ihres Vaters Terapliim (GenDas Amtslrleid der Priester heisst merkwürdiger Weise ebenfalls> *ep7~6d; genauer zur Unterscheidung von jenem '2~171Od bcccl, ,das lilineneEpliodl (I Sam 2 1s U. a.). Niclit übel ist die Vermutung von SMEND (41),dass man vielleicht urspriinglich das Gottesbild in einen '2j77t6cl bacl kleidetevgl. das Umhängen von Kleidern und Schwertern bei den alten Arabern(WELLHIUSER, Skizzen 111 99). Der Ausdruclr ~ OSC' 'ij97tOd (rgl. I Sain 22 1s)als Bezeichnung des Priesters, der später auf clen linnenen Kittel l~ezogentviirde, meinte urspriiuglicli nicllts auderes als den Träger cles Gottesbildes(I Sam 143 LXX).


8 53.1 Der salomonische Tempel. 3833119); im Hause Davicls befindet sich ein solcher (I Sain 19 13),von clern wir zugleich erfahren, class er i~ienschenähnliche Gestalt,wenigstens eine11 menschenähnlichen Kopf hatte, clenn Miclidkann ihn an Davids Stelle ins Bett legen und so die Boten Saulstäuschen. Die Bedeutung des Terapliim war eine andere als diedes Epliod. EI- scheint ursprünglich clen Hausgott dargestellt zuhaben. Durch welche Umdeutung er clann Aufnahine in clie Jahveheiligtümergefilnden, ist uns dunkel. Der Erzähler von Gen35 2 4 scheint die Teraphim von den Aramäern herzuleiten (vgl.auch 31 19 ~off'.).Wenn neben Epliod nncl Seraphim noch yoel und 772ct3-g&/iltAh genannt und von den ersteren, wie es scheint, unterschiedenwerden (Jclc 17 ef.), so dürfte es sich fragen, ob diese vonclen bisher besprochenen Bildern ~virlrlich verschieden oder nureine allgeineiiiere Bezeichnung dafür sind. 1r2r~3&lc/r&/i war demNamen nach ein gegossenes Bild, derart waren z. B. clie Stierbilder(s. o.), pese1 dagegen ein Bild von Holz oder Stein (Jes45 eo Dt 7 5 12 5). Uebrigens bezeichnet letzteres jedenfalls auchdas Gottcsbilcl schlechtliin (Ex 20 4 Jes 40 19 42 8). Wenn clergltere Dekalog nur clie Gnssbilder, nicht aber anch die Schilitzbilclei,das I?-,-eZ, verbietet (Ex 34 17; oder ist hier ?i~cmg&Ii/i/~dJ~ alsAllgemeinbezeichnung für Gottesbild zu fassen?), so clürfte dasvielleicht darin seinen Grund haben, class die Cussbilcler jedenfallsjüngeren Datums, erst in Kanaan eingefiihrt sind, also eineillegitime Neueruilg gegeniiber den alten Bildern.Endlich wird uns noch von einein ganz eigenartigen Gottesbildim Tenlpel berichtet, das seinesgleichen an den anderenheiligen Stätten nicht gehabt zu haben scheint : iin Tempel wurdebis auf Hislria cler eh ern eil S chlang e (?zeclhzucht&uJ geräuchert%(I1 Reg 184).Ueber ihre Bedeutung lässt sich gar nichts sagen;trotz der Erziihlung Num 21, welche sie auf Mose zurückführt,ist sie natürlich der Jahvereligion fremd und erst später eingedrungen.53. Der salomonische Tempel,I. Der alte lranaanitische und israelitische Kultus kenntGotteshäuser und Teinpel nur aii den Oralrelstätten init Gottesbild.Das glänzende Heiligtum Salomos erscheint von hier ausnicht als et~vas genuin Israelitisches, sondern als Nachahmung derBitten fremder Völker. Die Ueberlieferung stellt es freilich anders


384 Vierter Teil. I. Der Ort des Gottesdienstes. 15 03.dar: schon Davicl bescliloss, Jahve ein prächtiges Haus zu bauen,aber Jahve gestattete es nicht. Nicht David soll Jalive ein Hausbauen, sondern Jahve mird iliin sein Haus bauen, das feste Königtuincler Davidiclen (I1 Ha111 7). Die Erziihlung ist sehr jiirig; esbegreift sich, wie eiii Spaterer darari Anstoss nehmen niusste, dassDavid sich selbst einen grossen Palast errichtete, die Lacle Jalivesaber unter dem Zelte ~volinen liess. Iri TVirlclichlreit hat Daviclnicht daran geclacht, einen Tempel zu bauen. Das Eecliirfniss,ein glänzendes Heiligtuin in seiner Burg zu haben, fühlte er nicht;vielleicht liatte er gar keinen Platz clafiir, vielleicht war er auchüberhaupt der alten Ansiclit, dass fiir clie Lade Jahves ilirein Ursprunguncl ihrer Bedeutung nach ein Zelt von Teppichen das Angemessenesei. Selbst in der Rede Nathans Iiat cliese ächt prophetisclieAnsiclit ihren Ausdruclir gefunclen: „liat Jahve je eineil1der Richter Israels gesagt, wariiiii bauet ihr mir kein Cedernliaus?unter Zeltdeclren wohnte Jalive voin Auszug an bis aiif diesenTagu (I1 Sam 7 ef.).Die Motive, die Saloino zuni Teinpelbai~ be~rrogeil, sind selirdurchsiclitig. Es war niclit, wie die Tradition will, seine Absicht,den Israeliten ein Centrallieiligtuin zu geben, zu dessen Gunsteiialle anderen Heiligtümer anfgehobcii werden sollteii; es wareniiberliaupt nicht religiösc Motive, sondern rein politisclie. Erbaute sicli einen nenen Palast, weil seiner Prachtliebe der alteclaviclische nicht genügte; er baute an Stelle des einfachen Zelteseiii prkhtiges Cedernhaiis fiir die Lacle, weil seine Burg ~incl seinHeiligtuin an Pracht nicht hiiiter deiieii der benachbarten Fürstenzuriiclcstehen sollte. Der Lanne eines stolzen uncl pruiiksiichtigenDespoten verdankte wie die Burg so der Tempel seinen Urspriiiig.Grosse Teile des Volks, vor allen1 die Propheten uncl dieBürger des Norclreichs sind lange Zeit dieser Neuerung inisstrauischgegenübergestanden. Jenes pilgerte scharenweise lieberzu clen uralten Heiligtümern der Vnter, nacli Beerseba, Gilgal,Bethel, Dan. Diese verstanden sich wohl dazu, im Dt clen Seinpelals das kleinere Uebel gegenüber den vielen Höhen anz~e~ltenaeii,lräinpften aber auch nachher nocli gegen die übertriebene Verehrungdesselben (z. B. Jer 7) und stellten ihn im Griincl ihresHerzens a~if eine Stufe mit den anderen Heiligtümern, nlit Silo,mit Samaria (Jer 7 12 Mi 15). Wie scharf in älterer Zeit geradedie, welche clie Torah Gottes hatten, den Luxiis des königlichenHeiligtums als den1 Wesen des Jahvedienstes ~~iclersprecliend


5 63.1 Der salomonische Tempel. 385verurteilten, zeigt das Altargesetz des Bundesbuches. Wer überdem Altarstein ein Eisen schwingt, entheiligt ihn, uncl wer aufStufen zu ihm hinaufsteigt, entweiht ihn, - wie konnte da derAltar des Tempels, der nach dem Muster heidnischer Altärehoch gebaut und mit Erz iiberlcleidet war, ein Heiligtum Jahvessein? (vgl. I1 Reg 16 ioff.).Nach alle dem darf man im salomonischenTempel keine Symbolisirungdes alten ächten Jahveglaubens suchen.Immerhin entfernt sich die ganze Anlagenicht von dein Grundtypus dessemitischen Heiligtums : er ist nichtVersammlungsort für die Gemeinde zugemeinsamem Gottesdienst, sondernWohnung der Gottheit. Daher ist dasWesentlichste des Ganzen die kleineCella (clebhir), wo in gelieimnissvollemDunkel die Gottheit selbst thront;davor dann eine grössere Halle, demAudienzsaal der menschlichen IKönigevergleichbar, wo die Gottheit die Hulcligiingenihrer Diener entgegennimmt ;endlich vor dem Gebaude der freiePlatz, wo die Gemeinde sich zum Opferin andiichtiger Stille um den Altar versammelnkonnte. Die Orientirnng des:omTempels von Ost nach West mag von -- -ider Nachahmung eines Sonnentempels Fig. 3 45. Tempel des Bmonherrühren, vielleicht aber auch ganz:i ize$??g!$li 2:':;einfach aus den Ranmverhältnissen des ~p,l„? B ~ ,f. C H„„~,I,Tempelbergs sich erklären (S. 234ff.). D 1Iapelle des Amog,E I&-pelle der Mut, 3' KapelleJedenfalls ist sie für einen Jahvetempel des Chans. Neben letzterenetwas ganz unwesentliches '. Für die Seitenräume.technisihen Einzelheiten vgl. S. 239 ff.Auffallender Weise zeigt der Grundriss weniger Aehnliclibeitmit der spezifisch phönicischen Tempelanlage (~gl. PIETSCE-MANN 200f.) als mit der ägyptischen. Letztere (vgl. Fig. 145) hatAuf die verschiedenen Deutungen der Symbolik der ganzen Anlage,der Zahlen und blasse des Banes etc. einzugehen, lohnt sich der Mühe nicht;vgl. BAEHR 1V137-269.B e nzi II g e r, Hebräische Arfiliäologie. 25


386 Vierter Teil. I. Der Ort des Gottesclienstes. [g 53.namentlich clie Dreiteilurig. Durch eiiien oder inehrere cler sog.Pylonen, gewaltige von Thiirmen flankirte Thore (A), betritt manden grossen Hof (B), den ein nach aussen geschlossener Säuleilgangrings umgibt. Ai1 denselben schliesst sich. ein von Säuleiigetragener Riesensaal, das Hypostyl, an (C). Hof und Hypostylsind die Orte, ~vo clie Feste gefeiert nnd die Opfer clargebracht.werclen, aber der Gott wohnt nicht hier. Eine kleine, völlig lichtloseKapelle (D) hinter dem Hypostyl ist sein Sitz, dort wird dasGottesbild verwahrt. In clen Kapellen nebenan (E und F) hauseiiin der Regel seine Gattin und sein Sohn (ERJIANN 380).Wenn clas spätere Gesetz bei P dem Vorhof das ,Heiligei uncl,Allerheiligstec als fiir den Laien unnahbare Orte gegeniiberstellt,so inag ein verschiedener Grad von Heiligkeit immerhin der Bedeutungcler Raume entsprecheil. Ebenso ~vircl cler IKöiiig seinHeiligtum nicht ohne weiteres Jeclerinanil aus dein Volk zuganglicligeniacht liaben. Aber davon, dass der eigentliche Tempelprii~cipiell fiir die Laien verschlossen ist, weiss die alte Zeitiiiclits. Nicht iiur ein Josua und Samuel, die beide Dieiler clesIdols sind, bleiben Tag uncl Naclit unmittelbar bei cler Lade(Ex 33 ii I Sam 3 iff), soilderii a~icli eine Haiina hat freieil Zutrittins Innere cles Tempels voil Silo, uin ,vor ,JahveC zu beten(L Sam 1 e), und Davicl betritt ruhig nlit dein Priester das Heiligtumvon Nob (I Sain 21 vgl. V. 8). Dass sich jedenfalls der Köiiigclas Recht nicht neliinen liess, nach seinein Willen sein Heiligtuinzu betreten, diirfte clie Wahrheit an der Ailelidote vom Raucliopferdes Azarja sein (I1 Chr 26 icff.).2. Was die Auss tattuiig dieser königlicheil Kultusstättebetrifft, so ist clas eigeiltliclie Heiligtum clie Lade Jahves, welchein den Hinterrauin zu stehen komint. Ihre Bedentung erfiihrtjeclocli eine gewisse Aender~ing. Die alte Anscliauuilg gieng dahiii,dass inan die Gottheit in der Lacle wohnend dachte. Jetzt bekomintdie Lade zwei der neuen, von auswärts in Israel eingeclrungenenSymbole der Gottheit, zwei Kerub e, beigesellt.Unter ilireii Flügeln wird sie aufgestellt; cliese selbst aber sindnun die eigentlichen Zeichen der göttlichen Gegenwart Jahvethront über den Keruben (PS 18 ii vgl. S. 268). Daliei erhält derDaneben sind sie allerdings, wie es sclieirit, zugleicli als Wächter desHeiligtuins gedacht (vgl. Gen 3 z.i Ez 28 16). Aucli die Grcifen hatten cliesedoppelte Fu nlrtion (vgl. ICos~zns, De Clierirbini: Tlieolog. Tijclsclirift 187-1.445 ff.) .


9 53.1 Der salomonische Tempel. 387Name ,Jahve der Herr clcr Heerscharen' jetzt den Zusatz ,der iiberclen Kertiben thront' (S. 357f.). Dass diese Kerube auf der Ladeselbst angebracht waren, wird durch die Behauptung von P niclitbewiesen; in den alten Stellen ist nirgends davon die Rede. Dem-~iacli erscheint (las Debhir als eine Erweiterung cler Lade, geradeso wie die Ka'ba eine Erweiterui~g des schwarzen Steins ist (8.377).Ob auch die broncene Schlange (S. 383) in1 Allerheiligstenaufgestellt wurde, ~~lisseii wir nicht.ImVorclerrauin vor der Thüre c1esDebhir stancl der Schaubro ttiscli, ein aus Cedernholz angefertigter Altar(1 Reg 6 20). Erist iin Baubeiiclit nicht näher beschrieben; nach Ezechiel war erdrei Ellen hoch und zwei Ellen lang und breit und trug die clemAltar znlromniendeii liöineraitigeii Eckstücke (4121). Auf ihin ~vurdendie sog. Schaubrote (vgl.S. 432) aufgelegt. Dass clerclnrilrle Tempelrauin L e LI cli -ter uncl Lampen beclnrfte, istselbstverständlich. Die alteSitte, in deiilVolinhäusern ununterbrochenLicht zu brennen(S.l24),maclitdies auchfürdas Heiligtuin wahrscheinlich ;iiacli I Sam 3 3 sclieiilt es allerdings11~1~ fiir die Nacht iinTVohnraum des Gottes iiblichgewesen zu sein. Der jetzige Fig. 146. Assyrischer Opfertisch.Bericht iiber die Anfertigungvon 10 golcle7be?l Leuchtern clurch Salorno ist jüngerer Einschub(I Reg 7 49). Iininerhin liegt clie Vermutung nahe, dass Salomo10 e/~ei.rzeLeucliter clurcli Churam-Abi giessen liess, die analog den10 TVasserbecken aufgestellt tvurdeii. Dass sie in I1 Reg 25 ~ ef.fehlen, könnte Zufall sein (vgl. Jer 52 19, ein Vers, der übrigens aufGrund von Ex 25 29 interpolirt ist; STADE, ZAW 1883 I11 173 f.).Die beiden Säulen jdlcllt?~ und Oo'a;z: am Eingang der Vorhalle(S. 249 f.) sincl nichts anderes alsVerfeinerungen der gewöhnlichbei clen Heiligtiiirierii aufgestellteil Magseben (s. 0.). In clenBa'alstempeln fehlten solche Säulen einzeln oder paarweise nicht ;das Mellcart-Heiligtnm in Tyrus z. B. hatte zwei lrostbare Stelen.In1 salomonischen Tempel sind sie offenbar clen Bacalssäulen nachgebildet.25"


388 Vierter Teil. I. Der Ort des Gottesdienstes. [B 53-Dasselbe gilt von dem Altar im Vorhof. Wenn der Bauberichtin seiner jetzigen Gestalt von der Herstellung des ehernenAltars durch Churam-Abi nichts erzählt, so bann das seinen Grundnur darin haben, dass der Bericht absichtlich verstümiiielt ist, weilnach der Ansicht der Späteren längst ein Altar, näinlich der vonder Stiftshütte, vorhanden war. Die Chronili hat die Erzählung vomGuss des Altars noch erhalten (I1 Chr 4 I), iincl der Ueberarbeiterdes Bauberichts im Königsbuch selbst hat vergessen, die Erwähnungdes ehernen Altars in I Reg 8 64 und I1 Reg 16 ioff. zustreichen. Nach der Chronik war er 20 Ellen lang, 20 Ellen breit


9 54.1 Die Centralisation des Kultus. 389und 10 Ellen liocli; auf cler Ostseite führten Stufen zu ihm empor(Ez 43 17). Trotz seines den Alten so anstössigen Luxus (5. 379)war er doch dem König Ahas nicht schön genug. Vielmehr gefielihin der Altar, den er bei Gelegenheit seines Huldigungsbesuchesin Damaslrus sah, besser, und kurzer Hand gab er Befehl,nach dessen Modell einen neuen Altar zu fertigen und denalten auf die Seite zu stellen, - ein interessantes Beispiel, wiefrei die Könige in ihrem Privatheiligtum schalteten (I1 Reg16 ioff.).Auch das eherne Meer und die 10 Fahrstühle rnit denWasserbeclcen (8.251 ff.) werden wohlihre Vorbilder in den Baalstempelngehabt haben. Nach der Chronik hatte beides keineweitere Bedeutung, als den Priestern zuin Waschen zu dienen(I1 Chr 4 6 vgl. Ex 30 19). Allein zu diesem Zweclr waren Meerund Becken möglichst unbequem konstruirt. Man wird nicht fehlgehen in der Annahme, dass sie irgend welche symbolische Bedeutunghatten, die aus guten Gründen später ignorirt wurde;welche, ist allercli~lgs nicht mit Sicherheit zu sagen. KOSTERS(Theol. Tijdschrift 1879 445ff.) hat es als höchst wahrscheinlicher wiesen, dass das eherne Meer die unterirdische Wasserfluth(tehbm), die Falirstülile init den TVasserbecken die Wolken bedeuteten.Die Wasser der Tiefe und die Wasser der Wolken sinddie beiden Quellen cles Regens für das Land (Gen 49 25). TQahrscheinlichsind auch diese Syinbole nicht erst von den Israelitenerfunden, sondern schon in lcanaanitischen Bacalstempeln gestanden.5 54. Die Centralisation des Kultus.Die ächten alten Israeliten haben daran vielfach Anstoss genommen,dass Salomo so manche fremde Kultuseiririchtung il~seinen Tempel herübernahm. Den späteren Geschlechtern, diedas nicht mehr wussten, galt der Teml~elbau als die herrlichsteTat, die seiner Regierung ewigen Glanz verlieh. In dem chronologischenSystem der Späteren bildete dies Ereigniss eine Hauptepoche;in der Kultusgeschichte datirten sie von da an den Anfangeines neuen Abschnittes: vorher war kein Haus dem NanienJahves erbaut, desshalb durfte das Volk noch auf den Höhenopfern; jetzt war die längst verheissene Stätte gegeben, da Jahveseinen Namen wohnen lassen wollte, von nun an war jeder Gottesdienstan anderer Stätte Götzendienst (I Reg 3 2 Dt 12 ioff.).


390 Vierter Teil. I. Der Ort des Gottesdienstes. [a 54.Lange Jahrliunderte liat es gebraucht, bis es daliin geliomineiiwar. Zunächst bestanden clie alten Heiligtiimer neben dem salomonischenTeinpel ruhig weiter, und keinein BIenschen fiel esein, um des lröniglichen Heiligtums willen clie Höllen und Altäreabzuschaffen. Vollends für das Nordreich, in welchem das eigentlichepolitische und religiöse Leben pulsirte, war der jeiusaleinitischeTeinpel keineswegs eine besonders ausgezeichnete Kultusstätte; im Gegenteil hatten sie ihre eigenen königlichen Heiligtümerzu Bethel uncl Dan unrl in den lröniglichen Itesiclenzen,nvelche nicht ininder glänzende Mittelpunltte cles I


5 54.1 Die Centralisation cles Kultus. 3'3 1Köiiig seine Opfei, die zugleicli für den Staat galten, dort beteiligte»sich ain königlichen Kult clie Diener des Königs, die liolienBeainten, dort stancl das grosse Heiligtuiii der Vorväter, die Lade.Die Priester des Tempels waren zugleich lrönigliche Beanite vonhohen1 Rang iinter clen Ersten des Reichs, mit denen sich diePriester cler anderen Gotteshäiiser an Macht und Ansehen nichtinessen konnten; ilir Oraliel befragte der König, ihre Torah hatteEinfl~iss auf die Geschicke cles ganzen Reiclis. So war es keinWunder, dass allrniihlich auch das Volk, von der Praclit der ncueiiKultusstätte angelockt, vorzog, bei den Iröniglicheii PriesternTorah zu holen; volleiicls als Samaria fiel, und Jerusaleiii sowuiiclerbar gerettet ~vurcle, stieg clas Ansehen des Tempels gewaltig.Jetzt stancl er ohne gleichen da in ganz Israel. Jaliveselbst liatte sich gegen jene alten israelitischen Heiligtiimer undfiir den Zion erklärt. Zu Jereniias Zeit war es geraclezu Glaubenssatzgeworclen, dass cler Berg, clarauf Jahve wolint, iinzerstörbarsei (Jer 7 4 ff.).Dazu kam nocli ein Weiteres. Wie sehr clie LolralisiiungJahves aii cleii verscliiecleneri Heiligtüinern init der äcliten Jnlivereligiori,cler Verellrnng cles einen Vollisgottes Jahve, iin Widerspriichstand, wnrcle früh erkannt. i\iI,zn suchte clie Heiligtiimermit cler Einzigkeit Jallves in Einlrlang zu bringen, inclein manihre Bedeutung absch~~ächte. Die Sagen über die Entstehungder Knltusstiitten gehen alle darauf hinaus, dass clie Heiligkeiteines Orts von einer einmaligen Ersclieinuiig, nicht von einem beständigenWohnen Jalives claselbst abgeleitet wird. An den uralten,schon clen Kanaanitern elirwürcligen Heiligtümern ist Jahveden Erzvätern des Volks erschienen: in Sichem uncl Hebron clemAbraham (Gen 12 G 18 iff.), in Beerseba clein Isali (Gen 26 24)) inBethel dem Jaliob (Gen 28), ain Brunnen Lachakoi cler Hagar(Gen 16). Ueberall, wo clie Patriarchen Jalive sahen, errichtetensie einen Altar, uncl noch illre Naclilioinmen dienen Gott ancleinselben Ort in frommer Erinner~ing an diese Geschichteii.Der TTrsprung cler jüiigereii Heiligtümer (z. B. Oplira Jdc 6 iiff.)war derselbe. Sogar die Heiliglreit cles Zion wiircle auf eine Tlieophaniezurüclrgeführt (Gen 22 11 Sain 24)) ob117ohl es gerade beiihn1 unanstössiger Glaube blieb, dass hier Jahve allezeit seinenWohnsitz habe.Inclesseii scheint bei cleilz Vollr cliese Theorie cleii alten Glaubeniiiclit verdrängt zu liaben, iiiicl so treffen wir uni die Zeit des


392 Vierter Teil. I. Der Ort des Gottesdienstes. 15 54,Dt Priester und Propheten geeinigt in dem Bestreben, die Kultusstätteniin Lande hin und her alle abzuschaffen und den Kultusauf die Hauptstaclt zu beschränken. Bei der1 Propheten war ariStelle der Polemik gegen jeden Kultus die piaktisch leichterdurchführbare Forclerung der Reform desselben getreten. DieEinheit der Kultusstätte erschien ihnen als Konsequenz der EiiilieitJahves. Gab es nur ein Heiligturn, so war auch eher zuhoffen, dass der Kultus dort sich so umgestalten liess, dass erihren Vorstellungen vom Wesen der Jahvereligion mehr entsprach.Welches Interesse die Priester Jerusalems an der Centralisatioiihatten, liegt auf der Hand. Es braucht keineswegs eine niedereSelbstsucht gewesen zu sein, die sie trieb. Es war ihr aufrichtigerGlaube, dass das uralte ächt israelitische Heiligtum der Ladegegenüber den anderen ~irsprünglich kai~aanitischen Heiligtümerndas allein anbetungswürdige sei. So kani das Dt zu Stande mitseiner Grundforclerung cler Einzigkeit des Opferorts (Dt 12). Im18. ,Jahr des Josia (621 V. Chr.) wnrde das ,Buch der Lehre< imTempel gefunden, und der König, beraten von seinen Priesternund der Prophetin Hulda, säumte nicht es zum Reichsgesetzzu erheben und mit aller Energie durchzuführen l. Mit eiiieinStreich fielen alle die zahlreichen Bamoth und Altäre, die grünenBäunie und Haine (11 Reg 23). Wie unausrottbar tief aber dieKultussitte eingewurzelt war, sieht man daraus, dass nach JosiasTod wieder alles sich zuin alten wandte. Das Gesetz war freilichda uncl bestand zu Recht, aber es durchzufüliren gelang denPriestern und Propheten nicht.Die Geschichte kam ilineii zu Hilfe. Der zwei Generationenliinclurch dauernde Aufenthalt iin fremden Lande brachte zugleichdie Loslösung von der ererbten Kultussitte, soweit diese aii denBoden Kanaans geknüpft war. „Die neue Generation hatte keinnatürliches, sondern nur noch ein künstliches Verhältniss zu clerVorzeit". Es braucht keine weitere Erklärung, dass die neueReligionsgeineinde, welche aus dein Exil zuriiclrliehrte, uin nunmehrin unsträflicher, Gott wohlgefälliger Weise Jnhve zu dienen,Schon Hisliia soll den Versuch gemacht haben, die Höhen abzuschaffen(TI Reg 184). Allein dagegen erheben sich schwerwiegende Bedenken(WELLHAGSEN, Proleg. 26). Jedenfalls ist dieser Versuch ganz spiirlosverlaufen. Dagegen ist historiscli, dass Hiskia in Gemässlieit der Forderungendes Jesaja den i.z~chscsclztri~z. aus dem Tempel und überhaupt die Bilderaus dem Gottesdienst entfernte.


§ 55.1 Die nachexilische Theorie vom Heiligtum. 393die alten Bamoth und Altäre nicht wieder aufrichtete, sondernsich streng an Gottes Gesetz im Dt hielten. Für sie war es selbstverständlich,dass der eine Gott auch nur einen Tempel habenkann. So braucht denn auch der Priesterlcodex (abgesehen vondem älteren Heiligkeitsgesetz Lev 17 iff.) darüber keine ausdrücklichenGebote mehr zu geben. Er setzt die Einheit der Kultusstätteeinfach als unanfechtbar gegeben voraus.3 55. Die nachexilische Theorie vom Heiligtum.Die nachexilische Theorie voin Heiligt~iin, seinein Wesen undseinem Charakter hat in zwei Phantasiebilclern eines idealen Heiligtumsihren Ausdruck gefunclen : in Ezechiels Tempelvision undin cler Stiftshütte des Priesterkodex.1. Der Teiizpel Ezechiels (Ez 40-43) ist eine Mischungvon Phantasie und TVirlilichkeit (s. S. 233). Die ganze Tempelanlagezeichnet sich durch clie strenge Syinmetrie, welche sie beherrscht,aus. Das Gr~inclinass ist die Längeneinheit von 50 Ellen,wie sich am cleutlichsten zeigt, wenn man durch Hilfslinien denPlan in kleine Quadrate von 50 Ellen Seitenlänge einteilt (s. Fig.148). Das Verhiiltniss von Länge und Breite bei clen einzelnenBaiiten ist mit Vorliebe clas von 2 : 1. Die Thorhallen haben allesechs eine Länge von 50, eine Breite von 25 Ellen, das Teiizpelgebäucleeine solche von 100, resp. 50 Ellen; der den Altar umgebendeRauin wird auf 100 Ellen iin Quadrat berechnet etc.Die grosse prinzipielle Aenclerung der Anlage gegenüber cleiizsalon~onischen Tempel besteht darin, class Ezechiel den Tempelvollständig isolirt. Nach Zerstörung der alten Burgbanten aufdein Tempelberg hat er für seinen Tempel clie ganze Oberflächedes Gottesbergs zur freien Verfügung und vircl durch keine Rücksichtauf den Raiiin an clar strengen Durchführung seines Ideals,cler vollständigen Scheidung von Heilig und Profan, gehindert.Dasselbe fordert vor allem, dass der ganze Tempelbezirk als hochheiligfrei bleibt von weltlichen Bauten: kein königliches oderstaatliches Gebäude darf sich in der Nähe des Tempels befinden.Weiter aber muss ebenso die Berührung des profanen Volkes mitdem Heiligtum beiin Gottesclieilst verhütet werden. Diesen Zweclcerreicht er durch Anlage zweier Vorhöfe (während der vorexilischeTempel nur einen solchen hatte), von denen der innere den Priesternreservirt bleibt.


394 Vierter Teil. I. Der Ort des Gottesdienstes. [$ 55.-Deinnach gestaltet sicli die Anlage folgenclermassen: clasganze Tempelareal ist ein Qnaclrat von 500 Ellen Seitenlange,eingeschlossen clurch eine Mauer von 6 Ellen Höhe und Dicke.NordOstSüdI ! ! I Io 25 50 100 150 zoo 150 300 350 400 450 5i0 &~~enPig. 148. Griiildriss des Ezechielischen Tempels.Ringsuin gehört noch ein Streifen von 50 Ellen Breite zuin lieiligenBezirk und darf auch von den Priestern niclit bebaut werden.Drei grosse (50 : 25 Ellen) Thorgebäude (A) mit Nischen iincl einer


8 55.1 Die nachexilische Theorie vom Heiligtum. 395Vorhalle (a) führen in der Mitte cler N.-S.- lind 0.-Seite in clenäusseren Vorhof (B), cler in einer Breite von 150 Ellen den innerenim N., S. und 0. umgibt. Der Mauer entlang ist ein 50 Ellenbreiter Streifen gepflastert, aiif diesem stellen 30 Hallen (1-30)fiir das Volk, als Speiseränme etc. gedacht (vgl. Ezr 10 GNeli 134 ff.). Die vier Ecken des Hofs sind durch Zäune abgetrenntund dienen als Küchen (D). Vom äiisseren Vorhoffiiliren clrei den oben genannten genau entsprechencle Thorgebäncle(E) in den inneren Hof (P), der alles Heilige in sichvereinigt. Das östliche Thor hat in seiner Vorhalle vier Tischezum Schlacliten der Süncl- uncl Schnldopfer (S), iin Freien nebcncler Vorhalle 4 (ocler 8 ?) solche fiir die Friedens- uncl Branclopfer(H). An das Norcl- ~incl Siidthor angebaut sincl Hallen (J),in clenen sich clie diensttuenden Priester aufhalten, auf der V.-S.- und N.-Seite dem Tempelgebäude gegenüber solche (K), inclenen die Schuld- und Sündopfer aiifbewal-irt und verzehrt werden.Genaii in cler Mitte des quadratischen Rauins vor clem Eingangdes Heiligtums (a b C cl) steht clei Brandopferaltar (L). I111Uebrigen sincl die Geräte des ezechielischeil Tempels dieselbenwie die des salomoi~ischen.Anfalle weiteren Einzelheitei~ braucht hier nicht weiter eingegangenzu werden, da cler Plan ja nie verwirklicht wurde.2. Aus demselben Grunde hat aucli bei der Stiftshüttevon P die Archäologie kein grosses Interesse an clerri Detail clerK~nst~iiktion (Ex 25-27 35-40).a) Die ,TVohnung6 finischkdiz) wircl ansclriiclrlicli als einZelt ('6heZ) bezeichnet. Dieses wird clann des näheren beschriebenals ein Oblongum, dessen TVäilde aus Bohlen von 10 EllenHöhe so zusalnmengesetzt sind, dass clie Längsseiten je von 20,die Riicliwancl von 8 Brettern gebildet werden. Die Bretter sindje ll/a Ellen breit (Ex 26 16f.). Demnach hat die Hinterwanclausseii eine Länge von mindestens 12 Ellen. Da nun der Verfassersich das Allerheiligste als einen Kubus von 10 Ellen (innengemessen) clenlrt, so berechnet sich die Dicke der Ballien auf1 Elle. Es liegt auf cler Hand, dass es eine reine Filition ist iinclnoch dazu eine recht ungeschiclite, ein solches Bauwerk aus Balkenvon Ca. 50 cm Dicke uncl ca. 75 cm Breite ein ,ZeltL zunennen. Ein Beduinenzelt, dessen Wäncle aus Teppiclien bestehen,clie iiber ein paar dünne Stangen gehängt werden (s. S. lllff.),hat fiir einen derartigen Bau niinmermelir die Vorlage gebildet.


396 Vierter Teil. I. Der Ort des Gottesdienstes. [D 55.Vielmehr sieht man es der Konstruktion auf den ersten Blick an,dass sie nichts anderes ist, als ein tragbar gemachtes massivesHaus. Daran ändert es nichts, dass der Verfasser das Dach derWohnung aus Teppichen bestehen lässt, deren vier auf eiiiander39CirPaeobrng2eE.P mCi0 fl3:o "2Irwgzs.P P,PwiT25 V)ao 0"0 0ctsP.r'eFct"g.0wh2sCi m oE W5 P,:,GOP T5Eüber dieses Holzhaus gehängt sind. Irn iibrigeii ist die Vorstellungeines Zeltes korrekt festgehalten: die eigentliche Declre wirdwie bei einem richtigen Zelt mittelst Seilen an Zeltpflöcken, diein die Erde gerammt werden, befestigt; statt cler Thüren dienen0


55.1 Die nachexilische Theorie vom Heiligtum. 397wie beim Zelt Teppichvorhänge sowohl beim Eingang ins Allerheiligsteals bei clem ins Heilige. Die Scheidung dieser beidenRäume bietet gegeniiber den1 salomonischen Tempel nichts Besonderes.b) Der Vo r h o f umgibt clie Wohnung auf allen vier Seiten.Er ist ein unbedeckter Raum von 100 Ellen Länge und 50 EllenBreite. Lange Vorhänge aus gezwirntem Byssus, an Pfosten befestigt,schliessen ihn von den1 übrigen Lager ab. Der Eingangist auf der Ostseite, wie denn auch die Wohnung nach Ostenorientirt ist. Die nähere Anordnung mag man sich etwa nachPig. 149 denken.C) Die G er ä t e der Stiftshiitte zeigen gegenüber denen dessalomonischen Tempels diejenigen Veränderungen, welche derCharakter der Stiftshütte als eines Wanderheiligtums notwendiginit sich brachte. Die Lade war an sich schon ein tragbaresHeiligttim; clie Kerube werden in der Stiftshütte nicht neben derLade aufgestellt, sondern auf dem Declrel der Lade selbst in vielkleineren Dimensionen angebracht (Ex 25 10 ff.) ; cler Grund istcl~irchsichtig genug. Der Schaubrottisch, ebenfalls etwas verkleinert,wird durch Tragstangen tragbar gemaclit (Ex 25 23 ff.).Statt cler 10 Leuchter, clie iin saloinoniachen Heiligtuin jedenfallsspäter standen (s. S. 387), wird pralctischer Weise bloss eineinziger, dieser aber mit 7 Armen angefertigt (Ex 253ig. s. S. 401).Ausserdem erhält das Heilige (wenigstens in den jüngeren Schichtenvon P) ein weiteres Geräte von hoher Heiligkeit, den goldenenRäucheraltar (Ex 30 i ff. s. S. 401f.). Eine ganz merkwürdigeUmgestaltung erhalt der Brandopferaltar des Vorhofs : erwircl (abgesehen von der Verkleinerung : 5 Ellen im Quadrat) ausAkazienholz mit einem Kupferüberzug hergestellt, eine Konstruktion,die sinnlos genannt werden müsste, wenn nicht ihrSinn ganz deutlich durchbliclren würde: der saloinonische Altarsoll bleiben was er ist, ein eherner Altar, aber er muss tragbargemacht werden.d) Der Nachweis, dass wir es bei clieser Beschreibung derStiftshütte nicht mit geschichtlicher Wirklichkeit, sondern mitf r e i er P h a n t a s i e zu tun haben, gehört in seinen Einzelheitennicht in clieses Buch. Doch mag wenigstens darauf hingewiesen--I In den meisten Abweichungen stimmen die Geräte der Stiftshüttemit denen des zweiten Tempels überein (S. 401f.). Dieser letztere hat sichalso hierin genau nach den Angaben des Gesetzes gerichtet.


398 Vierter Teil. I. Der Ort des Gottesdienstes. [D 55.werden, dass zu cler Uninöglichkeit, sich die Errichtung einessolchen prächtigen Heiligtuins in der Wüste durch ein unkultivirtesNoinaclenvollr vorzustellen, noch die grosse Ungena~iiglreitdes Berichts selber kommt. Der Erzähler zeigt in den Eiiizelheiteiider Konstruktion Unklarheiten, ja geradezu fehlerhafteBerechnungen, clie sich bei Beschreibung uncl Ausmessung eineswirlrlich existirenden Gebäudes nicht erklären liessen. Ueberdieskennen weder die alten Quellen des Pentateuclis (JE), noch cliealten Erzäliler der Samuelis- uncl Königsbiicher eine solche Stiftshütte(vgl. ~ELLHAUSEN, Proleg. 408.).3. Die Grunclzüge der in diesen beideii Konstrulrtionen zuTage tretenden Anschauungen vom Heiligtuni sind folgendeI: das eigentliclie Heiligtum, die Wohnung des Gottes (jetztdas ,Allerl~eiligste' genannt), ist vollständig unnahbar. Nicht einmalclie Priester dürfen es betreten. Nur dem Hohepriester, undauch diesem bloss ein~ttal iin Jahr und unter ganz besonderenCereinoiiien, ist es gestattet, vor clie Lade Jahves zu treten (sobei P Lev 16). Auch das Heilige wird den profanen Israelitenverschlossen; ja sogar das alte Recht des Israeliten, selber an1Altar Jahves sein Opfer zu schlacliten, wircl jetzt aufgehoben,clas Vollr wird aus dem eigentlichen Vorhof, in dem der Altarsteht, hinausgewiesen und auf den äusseren Vorhof beschränkt.Um den ganzen Abstand dieser Betrachtungsweise von cleralten Sitte zu messen, erinnere man sich daran, wie ein Jos~iaund Samuel, obgleich nicht priesterlicher Ablrunft, bei Tagund bei Nacht in1 ,Allerheiligsten~ ihres Gotteshauses, d. h. inunmittelbarer Nähe der Lacle weilen. Mit der Eirischliessungder letzteren im clebhir. des salomonischeil Teillpels inag allerdingsdiese Entwicklung ihrer immer inehr sich steigerndenUrinahbarlreit begonnen haben. Nach dem Exil ist die allerstrengsteScheidung des Heiligen vom Profanen dasoberste Prinzip. Hatten vorher clie Propheten so vielfach überEntweihung des Heiligtums, freilich in ganz anderem Sinne,zu klagen gehabt, so soll jetzt eine solche Entheiligung ganz uninöglichgemacht werden. Mit dem heiligen Wohnsitz JahvesAuch hier lohnt es sich der 31ühe nicht, aiif die verschiedenen Erklärungender syinbolischen und typisclien Bedeutung der Stiftsliütte undihrer Geräte einzugehen. Zu welchen Geschniaclrlosiglieiten diese Deuteleiführt, kann nian bei BAEHR (Symbolilr I) nnd KEIL (Archäologie 103-132)nachsehen.


D 56.1 Dcr nachexilische Tempel. 399sollen nur Persoileii von zweifelloser Heiligkeit (d. h. die Priester)in Berührung lcoinil~eii.Charakteristisch ist auch die Lage cles Heiligtums iniiiitteiides Volkes. Bei Ezecliiel, der eine völlige geographische Neugestaltungfür clie messianische Zukunft erwartet, bildet derTempel so eigentlich den Mittelpunkt des Lancles, ganzähnlich, wie er bei P den des Lagers bildet, uiil clen herum sicherst clie Priester, dann die Leviten, dann die übrigen St" aininegrulipiren.So ist das Heiligttun in schönen conceritrischen Kreisen angelegt,die nach aussen an Heiligkeit abnehmen: Allerheiligstes,Heiliges, Vorhof der Priester, Vorhof des Vollces (letztere Unterscheidungiiur bei Ezechiel). Dies setzt sich fort bei der Gruppiruiigcles Vollres tim das Heiligtum: bei Ezechiel fällt das ganzeLand rings uin den Tempel in breitein Strich den Priestern unclLeviten zu, erst ausserhalb dieses Kreises lrommen die BürgerJerusalems; bei P bildet die Stiftshiitte das Centrnill des Lagers,um welches her ein innerstei Kreis, die Aaronideri, dann einmittlerer Kreis, die Leviten, endlich der äusserste Kreis, dieweltlichen Stämine sich lagern, „eine rnathematisclie Darstell~~ngcler Theokratie in der Wüste."In bemerkenswerter Weise kommt so die Trennung vonKlerus und Laien auf der einen und clie von Priestern und Levitenauf der anderen Seite zu scharfein Ausdrucl< Der StufenfolgeAllerheiligstes, Heiliges, Vorhof entspricht genau die hierarchischeLeiter Hohepriester, Priester, Leviten; dem Hollepriesterliegt der Dienst im Allerheiligsten ob, den gemeinenPriestern der Dienst im Heiligen und am Altar cles Vorhofs,die (nicht priesterlichen) Leviten besorgen als Diener und Gehilfender Priester die übrigen Geschäfte.g 56. Der nachexilische Tempel.1. Der Tempel Serubbabels. Nach dem Chroiiisteil(Ezr 3) war die erste Sorge der Heimgekehrten, den Kult wieclereinzurichten. Zu dem Ende bauten Serubbabel und Josua denBrandopferaltar an der alten Stelle wieder auf (Ezr 3 3), und voin1. Tag des 7. Monats an wurde der regelmässige Opferdienstwieder ausgeübt. Ist dieser Bericht auch in Einzelheiten wenigzuverlässig, so darf doch die Hauptsache, clie Errichtung desAltars gleich i~ach der Heimkunft, als etwas selbstverstäiiclliches


400 Vierter Teil. I. Der Ort des Gottesdienstes. [o 56.betrachtet werden. Olme Altar kein Opfer, ohne Opfer keinGottesdienst.Weiter erzählt der Chronist (Ezr 3 sff.)), dass Serubbabelund Josua im 2. Monat des 2. Jahres nach der Riickkehr feierlichden Grundstein zuin neuen Tempel legten und den Bau begannen,dass aber die Drohungen der vom Bau ausgeschlossenenMischbevöll


5 56.1 Der nachexilische Tempel. 401Als Alesandei Jani~äus einmal beiin Laubhiittenfest etwas gegenclie Opferordnung versah, warf ihn das Vollc mit Palmzweigenuncl Citronen. In Folge dessen Kess er um clen Priestervorhofheruin eine Iiölzerne Umfriedigung ziehen, so dass von jetzt abdieser heilige Ort fiir die Lnien nicht mehr zugänglich war (JOSE-PHUS, Ant. XI11 372).Sonst erfahren wir noch, dass der Tempel Zellen hatte, ~voilin einem Anbau wie dersaloiiioriische (Ezr 8 29 U.a.), vielleicht auch in clenVorhöfen (I Malclc 4 3s).JOSEPI-IUS redet auch vonSäulenhallen, die den Teinpelrings nmgebeii haben(Ant. XI 108). In sp"t a ererZeit führte eine Briickevon dem Westliiigel überclas Tgropöon zuiil Tempelhinüber (JOSEPHUS , Ant.XIV 58).Von den Tempelgerätenfehlte das Heiligste, dieLade. Das Allerheiligstewar ganz leer, an Stelleder Lade wurde ein SteinFig. 150. Siebenuriniger Leuchter.gelegt, auf clen der Hohepriesteram grossen Versöhnungstag die Räucherpfanne stellte(JOSEPI-IUS, Bell. J1id.V 5 6; n!fisclina tr. joma 5 2 'e6hen schn[jBRgenannt). Im Heiligen stand wie im alten Tempel ein Schaubrottisch;dagegen an Stelle der 10 Lenchter nur ein einziger golclei~ermit 7 Armen, den Antiochus wegnahm (I Malclr 123). Der RlalckabäerJudas liess einen neuen herstellen. Dasselbe Schiclisalhatte cler goldene Riiucheraltar. Da,ss ein solcher überhaupt iinHeiligtum stand, wai. eine ziemlich späte Neiierung I. Dei AltarP---Der salomonische Tempel hatte keinen Räucheraltar. In1 Bauberiolit,ist er erst in cler Schlussübersicht von späterer Hand nachgetragen (I Reg7 48). Ebenso ist er in der Beschreibung der Stiftshiitte ganz am Schluss anselir umpassender Stelle eingefiigt (Ex 30 iff.). Noch im Ritual des grossenVersöhnungstages (Lev 17) fehlt er. Auch sonst räuchern die Priester überallarif ihren Pfannen. Der Eranclopferaltar erscheint als der alleinige Altarlind heisst immer schlechtweg ,der Altar'. Noch Ezecliiel spricht nur vonB 11 z iug e r , Hehräisclie Xrcliäoiogie. 26


402 TTierter Teil. I. Der Ort des Gottesdienstes. [5 66.des Vorhofs ist im zweiten Teinpel streng nach cleii Vorschriftendes Gesetzes gebaut: aus Steinen und mit einem scliiefeil Aufgang(I Mal& 4 44ff.). Endlich trifft auch daiin die Beschreibung clerStiftshütte auf cleil zweiten Tempel zu, dass dieser nur ei~zWasserbecken hat (vgl. Sir 50 3; was diese Stelle besagen will,ist allerdings ganz dunkel).einer11 altarähnlicheil Tisch im Heiligturn und bezeiclinet den Dienst derPriester im Heiligen als den Dienst am Tisch (Ez 41 21 f. 44 16). Auch spiiternoch dauert das Sch~vanken der Angaben fort: I~EI(ATAEUS von Alsclera lienntnur zwei goldene Geräte in1 Heiligen, den pwp.6; iind den Leuchter (JOSEPHUSc. Ap. I 22), cler Verfasser von I1 BTalilr 2 5 ebenso nur den Räncheraltar


~5 56.1 Der nacliexilische Tempel. 403Von Antioclius Epiphailes wurde der Tempel gründlicli geplündertund entweiht. NachTViedereroberung der Stadt liess ihndann Judas RiIaklrabäus repariren, einen neuen Altar und neue Gerätefür das Heilige herstellen und weihte ihn neu ein (I Malilr l a ~ff.4 43ff.). Zugleich befestigte er das Heiligtum durch hohe Nauernund starke Türme (I Makli: 4 GO), so dass cler Tempel von da anrecht eigentlich als clie feste Burg von Jerusalem gelten Iroiinte.2. Der Tempel CI es Her o d e s. Dem baulustigen uiidpraclitliebenden Herocles war cler alte Tempel nicht mehr schöngenug. Er begann iiii 18. Jahre seiner Regierung (20-19 v. Clir.)den Uinbau. Erst kurz vor seiner Zerstörung, zur Zeit des Albiiius(62-64 n. Chr.), wurde der Bau ganz vollendet. Ueber dieAusdehnung des herodianischen Tempels und die grossartigenSubstrulitionen s. S. 236 f. Den Umfassiingsmanern entlang liefenauf allen vier Seiten prächtige Säulenhallen. Ain grossartigsteiiwar clie auf der Siidseite befindliche dreischiffige Halle, getragenvon vier Reihen mächtiger korinthischer Säulen. Hier nun warendie beiden Vorhöfe streng von einander geschieden. Der äussere,etwas tiefer liegende, war noch nicht ,heiliger Raum' im eigentlichenSinn, er war auch den Heiden zugänglich. Der innereVorhof tim das Tempelgebäucle her war vollständig abgeschlossenund von festen Mauer11 umgeben. Auf 45 Stufen stieg man vonclem ä~isseren Hof zu ihm hinauf. Eine steinerne Brustwehr liefunterhalb dieser Stufen herum; an ihr waren Warnungstafelnangebracht, welche allen Nichtjuden ein weiteres Vorschreitenaufs strengste untersagten (s. Fig. 152). Der innere Vorhof wardann wieder durch eine Quermauer, die von Nord nach Siid lief,in zwei Hälften geteilt. Der östliche Rauin bildete den sogenannten,Vorhof der Frauen', weil er auch den israelitischen Weibern zugänglichwar. Die TVestliälfte, die noch etwas höher lag, cl~irftenur von den Männern betreten werden. Genauer auf die Einzelheitencles Raues, der im Wesentlichen in griechischem Stil errichtetwar, einzugehen, ist hier nicht der Ort. Die Geschichteder Erbauung und clie eingehende Beschreibung s. bei JOSEPHUS,Ant. XV 380 ff. Bell. J~id. I 21 i V 5. Vgl. SPIESS, Das Jerusalemcles Josephus, 1881 46-94.und den Leuchter, woinit die Darstellung auf dem Titusbogen (Fig. 151) übereinstimmt.Nimmt man noch dazu, dass nicht einmal in Ex 30 G eine lrlareAngabe über den Ort, wo dieser Altar stehen soll, vorhanden ist, so ergibtsich daraus, wie jung diese TTerclopplung des Altartisches ist.26 *


404 Vierter Teil. I. Der Ort des Gottesdienstes. [§ 56.Fig. 152. Warnungstafel aus dem heroclianischen Tempel.Umschrift.MHOENAAAAOI'ENI-I EICH0PETEXOAIENTOXTOTiIEPITOIEPONTPT


Ej 57.1 Der Ursprung des hebräischen Priestertums. 40 5Kap. 11.Die Priester.BAUDISSI~\., Die Gescliichte des hlttestamentlichcn Priestertums. Leipzig1889.§ 57. Der Ursprung des hebräischen Priestertums.1. Für die voriliosaisclie Zeit kennt P weder einzelne Priesternoch einen Priesterstaiicl, denn er kennt auch kein vorinosaischesOpfer (s. X. 431f.); Prieste,r und Opfer aber geliören fiir ihn zusainiiien,der Beriif des Priesters geht ihm auf in cler Darbringnngdes Opfers cler Geineincle. Auch J und E wissen von keineiiivormosaischen Priestertnilz, aber der Gr~incl ist ein anderer : geopfert~vircl in cler Pat'riarchenzeit oft uncl viel, aber inan branchtzuin Opfer keinen Priester, weil das Sache jecles Einzelnen ist,. DieMotivirnng bei JE ist die naturgeinässere. Die Tatsache istaber beicle Male clie gleiche : erst von Mose an gibt es eigeiitliclieBerufsprieste,r uncl einen Priesterstand. Sie darf ~170111 aiigeinerktwerden. Ob liieriil vielleicht eine schwaclie Erinnerung claransteckt, class ein priesterliclies Aint eigentlich iiicht zu cler ursprünglichenGestalt des Jahveknlts gehört hat, sonclern erst inKaiiaan liiilzugelioiiirnen ist 3In Jclc, San1 uiicl Reg wiirde inan vergeblicli clen wohlorgailisirteilKlerus von P suchen. Ja mehr nocli: wo in den Erzähliingeilein Priester hanclelncl auftritt, erscheint er eigentlicli alsein Luxusstiick, so gut wie ein Tempel ein solches ist. Iii Jclctritt iiberliaupt lieine Persoii auf, die das Opfern als Beruf betreibt,auch cler Levite Jdc 17 uncl 18 nicht (s. LI.). Gicleon unclManoah bringen selber illre Opfcr dar uiicl verinisseil einen Priesternicht im geringsten. Niclit aiiclers iiocl1 in späterer Zeit: clieLente von Gethscliemesch geniren sich niclit im ininclesten, selberdie Kühe, clie c1enTVagen mit cler Buncleslacle gebracht, aaf den1heiligen Stein zu opfern, und erst, wie sie daiilit fertig sind, konimen(in einem wenig geschiclrten Einschub) clie Leviten, um hintenclreiilihre Scliuldiglieit zu tun (I Sam 6 14 f.). Wie clas Biindesbliches als Ordnung formulirt : „einen Altar aus Ercle sollst duinir ii?achen und clarauf deine Schafe und Rinder opfernLL (Ex20 24 ff.), so hat die alte Zeit es clnrch~veg gellalten. Wer will,der schlachtet uncl opfert (1 Saiii 1434ff.); der Elshraimit Sainuel,der Benjaiiiinit Saul, der Judäer David opfern eigeiihänclig, ohne


40 6 Vierter Teil. 11. Die Priester. TB 57.dass ihnen daraus ein Vorn~tirf erwächst (I San1 7 o 1433 f. 15 22II Sam 6 i3f. 18). Ja auch wo ein Teii?pel niit Priestern ist,schlachtet cler Israelit sein Opfer selber (I Sam 2 13).Unser Resultat ist zunächst ein negatives : der Ursprung desPriestertums liegt jecleiifalls nicht in dem Eecliirfniss nach eineinOpferer, der die Opfer anderer Gott nahe bringt. Es mag inspäterer Zeit cler Ha~~ptberuf des Priesters clarin bestanden haben,- in der alten Zeit ist er nicht der gewerbsm%ssige Opferer,er ist Opferer niclit mehr und nicht weniger als jeder hebräischeHausvater.2. Das Amt eines Priesters besteht vielmehr ursprüiiglicli inetwas ganz anclereilz. Vielleicht am lelirreichsten ist hiefiir Jclc17 uncl 18 : ein reicher Ephraimit, Micl~a, hat ein Gottesliaus.Von gestohlenem Geld verfertigt er ein El)liod, einen seiner Söhnestellt er als Priester (hb/$t?iz) an. Sein frommes Werk zu kröiieii,ergreift er clie Gelegenheit, wie ein ~vanclerncler Levit, JonathanBen Gerschoii Ben Moscheh, bei ihm einspriclit, und dingt clieseilum zehn Sekel jährlich nebst Kleidung und Uiiterlialt. Er ist iiberzeugt,dass er clamit clen reicheil Segen Gottes fiir sich uncl seinHaiis verdient hat. Danitische Kundschafter kominen nun beidiesem Gotteshaus vorbei uncl lasseii durch clen PriesterlevitenElohim befragen. Das Oralrel lügt nicht; zum Dank clafür nehmensie nachher Priester samint Gottesbilcl mit fort iincl griiiiclenclamit ihr Staininesheiligt~~m Dan. Soviel ist sicher : einen Priesterbrauchte AIicha, weil er ein 66th 'el(ihi//a hatte, CI. h. ein Hans niiteinem Idol, sei es Gottesbild oder Fetisch, lieineilfalls eine Opferstätte.Des Priesters Aufgabe ist es, in erster Linie cles Gottesbildeszu warten, in zweiter Linie des Orakels zu walten.Ein Gottesbilcl 11. clgl. fordert gebieterisch eine11 JViirter iii~clJVä C h t e r, cler es beclient und behütet, niclit bloss vor Profaiiiriing,sondern auch vor Diebstahl. So treffen wir überallPriester, wo sich ein Gotteshaus mit einem Iclol findet. Zu Siloim Gotteslians sincl Eli iincl seine Söhne Priester; clem holien Ansehendes dortigen Idols, der Bundeslade, entspricht die aiigeseheneStellung seiner Wärter. Wie die Lade nach KirjathJecariin Irommt, wird ihr sogleich ein Wächter geheiligt (I Sain7 1). Der Ephocl in Nob hat eine zahlreiche Priesterschaft (I Sain21 10). Selbstverstäncllicli zieht init clem Gottesbild ein DienerZL~ Feld (I Sam 141s 23 9). Dieses Bedienen des Gotteshausesuncl -bilcles wircl init dein Ausclruck sch&~.t?l/~ und schc(?i~a?. be-


5 57.1 Der Ursprung des hebräischen Priestertiims. 40 7zeichnet, clalier diese Worte zum technischen Terininus fiir denDienst der Priester geworden und dies geblieben sincl, auch alsderselbe schon langst zum Opferclienst geworden war l.Das Gottesbilcl zu bewachen lind zu bedienen war jederiiiannim Stand, daher es vollständig in1 Belieben des Eigentiimersstancl, men er clamit beauftragen wollte. Der Aiisclruck ,die Hancljemands füllen', der bis in clie späteste Zeit für die Ordinationcler Priester beibehalten worden ist, bedeutet urspriinglicli niclitsanderes als ein Fiillen der Halid mit Geld; clas Priesteramt waralso ein bezahltes Amt (Jclc 17 10; vgl. JVELLII~IISEB, Proleg.154 f.). Es scheint clas natürliche uncl gewölinliche gewesen ZUsein, dass der Besitzer selbst oder ein Sohn clie EIut iibernalim;ein Berufspriester war eine Seltenheit. Seinen1 Ursprung nachwar also der Priester cler Pfleger eines Fetischs oder Bildes; schollclas verlieh eine gewisse Wiirde: er war der vertraute Diener desGottes, der mit ihm in täglicher Berührung stand, ein 'isch'eldhz"i?z.3. Anders steht es mit der Handhabiing cles Oraliels.Uralt ist natiirlich aach bei clen Hebräern der Glaube, dass clieLieblinge der Gottheit die Gabe haben, den Willen derselben inbesonderer Weise zu erkennen, über Verborgenes Aiifschlnss ZL~geben. Diese Fiihigkeit begegnet uiis in einer doppelten Form :auf der einen Seite stehen die H e 1 l s eh er , Männer, clie von clerGottheit der Ehre gewiirdigt werdeii, dass in einzelne11 Momentenoder imnier (die Besessenen) cler Gott sie ergreift, aus ihnenredet lind handelt. In cliesem Zustand haben sie die Gabe desvisionären Wellsehens. Auf cler anclern Seite gibt es 0 rak elmänn er im engeren Sinne des Wortes, welche es verstehen, iiiwachem normalem Zustand durch irgend welche Mittel clie Gottheitzii befragen. Die heiligen Mnnner anderer Völker verfiigeniiber eine Reihe solcher Mittel: Opferschaii, Vogelflug uild cliehunderterlei Arten von Zeichencleuterei. Bei clen alten Israelitentreffen wir, abgesehen von dem, was als Zauberei später fiir illegitimerlilärt wurcle , nur e i n legitimes Orakelinittel : clas Losop-nkel.Es ist schon darauf hingewiesen ~vo~den (S. 382), wiedieses in engster Verbindung init den1 Ephocl erscheint. „Bringclen Ephocl heru, sagen Davicl uncl Sau1 zum Orakelmann, demBewahrer desselben, wenn sie ein Orakel wollen (I Sam 14 1s 23 930 7). Genauer erfahren wir (I Sam 14 ai), dass clas Orakel aussche~it7~ absolut vom Priester, mit Objelrt (Wohnung etc.) vom Leviten;schcimav fast ausschliesslich vom letzteren.


408 Vierter Teil. 11. Die Priester, [D 57.zwei Losen bestand, von denen das eine 'zi7.21~2, das andere ~ ZL?I~IIZ~?I~hiess. Ihre Gestalt und Bedeutung scheint allgemein bekanntgewesen zu sein. Gewöliiilich bedeuteten die Lose Ja uiid Kein:clie Anwend~ing war oft sehr kon~plizirt und zeitraubend (I Sain1419)) wenn man clurcli eine Reihe voll Fragen die verschiedenenMöglichkeiten ausschliessen musste, wie dies I San1 10 20 ff. sehraiischaulicli dargestellt ist. Docli lassen sich die Lose auch initjecler beliebigen Frage oder Sache gleiclisetzeii (I Sam 1441).DieseKniist, dem Ephod Oraliel abzugewiniien, ist nun natürlich nichtjeclermaniis Sache. Sie scheint von jeher ein C4elieimniss 'uestiinmterLeute (der Leviten; vgl. Jdc 17 7 Dt 33 s) gemesen zu sein.Es begreift sich leicht, dass maii Gottesmäniier beider Artmit Vorliebe zur Pflege eines Fetischs ocler Gottesbilcles beizog,waren sie clocli vori cler Gottheit selbst als ihre Lieblinge gekennzeichnet.Dafür, dass ein Hellseher zugleich Priester war,lässt sich nur das eine Beispiel des Samuel anführen. Wenn beiE (Ex 33 7 ff.) Mose im Orakelzelt die Offenbarungen Jalivesempfängt, so erscheint bei E dieses Reden Gottes niit Nose geradeals etwas, was nicht alleii Priestern, soiidern nur ihm alleinzu Seil rvircl nnd seine Ansliahniestellung begründet. Ueberallsonst begegnen uns Orakelinänner im engeren Sinn cles Wortesals Priester eines Ephod (vgl. clie angefiihrteii Stellen). Ob dieseauch die Fähiglieit des Hellsehens besasseii, köniieil wir niclitniit Sicherheit entscheiden ; doch spricht der Umstand, dass sienie davon Gebrauch machten, nicht dafiir. Urrigekehrt ist es ebenso.cvahrscheiiilich, dass man nicht bloss solche Oralcelinänner mitVorliebe zu Priestern nahm, sonderri dass alle Diener des Qottesbilclessich cliese Kenntniss leicht erwarben, mit anderii TVorteii :es wircl nicht jeder Priester, der das Losoraliel warf, erst ein,Mann Gottes' gewesen und dann als solclier Priester gewordensein, sonclern jeder, cler Priester eines Bildes war, wircl siclischliesslich einfach das Recht uncl die Fähigkeit, Oraliel zu erteileil,beigelegt haben. So begreift sich, dass iiocli iiii Dt iinterden Aufgaben cles Levitenpriesters oben an das geiiannt wird,dass er demVoll< das Oraliel .Jahves gibt (Dt 33 s ff.) *.Sehr viel ansprecliendes hat c ~~~~~~~u~u~I~~~~ELLHAusE'J's,dass auchdas Wort tO~67~ (die Priester liaben dem Vollr die Torali Gottes zu erteilenDt 33 10) letzllich auf dieses Losorakel zurlicligehe, dass rlas Verbum hiezaursprüriglicli das Werfen der Iiospfeile bedeute (vsl. I Sam 31 3 und dasPfeilorakel cler Araber).


3 57.1 Der Ursprung des hebriiischeu Priestertuins. 40 94. Mit cliesei- Aufgabe des Priestertums hängt ein andereszusamnien, was einen nicht uiiwesentliclien Zug in seiner Charalrteristikbildet: sclioii in ältester Zeit war es bei den Israelitenerblich. Es ist leicht verständlicli, class der Sohn vom Vatermit dem Besitz des Gottesbildes auch clie Hut clesselbeii iibernahmund von ihn1 in clie Kunst cles Oralrelgebens eingeweihtwurde. Der Levit Jonathan, der vielleicht schon durch seinenNamen ,LevitL als Nitglied einer solchen Priesterfamilie bezeichnetwerden soll, vererbte sein Priestertuni zu Dan auf seine Nachkommen(Jdc 18 30); zu Elis Lebzeiten noch übernahineil seineSöhne das Amt vom Vater (I Sani 2 11 ff.). Das Geschlecht Aliinielechs,das in1 erblichen Besitz der Priesterwiircle am Heiligtumzu Nob war (I Sam 22 11)) leitete seine Herkunft ebenfalls von derbekannten Priesterfamilie cler Eliden ab (I Sam 14 3). Dochinachen wir dabei die Bemerkung, class clas Priestertum keineswegsexklusiv mr: ein Saniuel wurde ~ on Eli zugelassen uiid clieKönige vollends inachten zu Priestern, wen sie wollten (I1 Sam2026 I Reg 12,3i). Es kann uns aber nicht TVunder nehmen, wennwir schon frühe den1 Bestreben begegnen, auch cla, wo ein Geschlechtsfreinderunter die Priesterschaft eines Heiligtums liereiiigekommennrar, doch die Fiktion einer clurcli Abstaminuiigzusammengehörigen Piiesterfamilie festz~~halten. Die 86 Priesterzu Nob (die Zahl mag übertrieben sein, das macht aber hier niclitsaus) gehörten sicher niclit alle zurVerwandtschaft cles Ahiiilelecliund doch liiesseri sie einfach clas ,Gesclileclit' desselben. Iin kleinenist das hier derselbe Prozess, cler iin grossen später zu cler Herausbilcluiigeines ganzen priesterlichen Stainilies (Levi) gefiihrt hat.In Wahrheit iiiag cler Ursprilng mancher Priesterschaft aiif lianaanitischePriesterfainilien zuriicligeheii, clie sich bei Uebernalinieder Baiiioth iii den Jaliveliult iiii Besitz ihres Anites zu erhaltengemrusst haben.5. Als einzige A u s z e i c 1 11 ii ii g tragen die Priester in alterZeit den linnen en Leibrock, '&11hbcl6acl(vgl. S. 382). Auchwo bei einer grösseren Priesterschaft eiiief* als das Oberliaupterscheint, tragen docli alle gleicheriilassen dieses Kleid (I Sani22 1s 2 1s). Es ist so sehr Aintskleicl, class z. B. auch Dauid, TVOer als Priester amtet, den Ephocl anlegt (I1 Saiii 614 vgl. S. 307).I Sam 2 2s l~eisst es geradezu, Gott habe die Elideri erwälilt, dasssie vor ihm den liniieneii Rock tragen.6. In ausserordeotlich interessanter Weise wird das alles bestätigt


410 Vierter Teil. 11. Die Priester. L5 58.durch die auffallenden Parallelen bei den alten Arabern. Das Amtcles Priesters ist bei ihnen die Bewachung des Gotteshauses; wo an derKultusstätte nichts zu bewachen ist, gibt es auch keinen Priester, fiir Darbringongdes Opfers auf einem einfachen Stein ist er entbehrlich. Dagagenhat er das heilige Los in Verwahrung, besorgt das Losen und empfangtdafür seine Belohnung. Das Amt ist in erblichein Besitz gewisser Familien,die z. T. sogar stainmesfremcl sind.Auffallend ist nun, dass das arabische 762hi9z. nicht den Priester, sondernden Seher becleutet. STADE (GVJ 1-71) schliesst daraus, dass das altisraelitischePriestertum aus dein auf exstat,ischenl Zustand begründetenSehertum durch Niederlassung einzelner Seher an fester Orakelstiitte entstandensei. Wir haben oben gesehen, dass es allerdings ziemliche Wahrscheinlichlreitfür sich hat, dass zu Priestern mit Vorliebe Oral


§ 58.1 Die Entmicklnng des Priestertums in der Königszeit. 41 1gehorsame Diener cles Königs, der mit voller Freiheit wie iiberclas Heiligtuin so iiber die Diener desselben verfiigte und anstellte,wen er wollte. David machte neben Abjathar den Saclol~ iincl Irnzu Priestern und betraute iibeidies seine Söhne mit dieser Wiirde.Saloino scheute sich nicht, clen alten Abjathar, der noch dazii. deraltangesehenen Priesterfamilie der Eliden angehörte, wegen seinerpolitischen Un~triebe zu entsetzen. Ohne Wiclerrede lrarn Urindem Befelil des Ahas nach und liess einen neuen Altar für clasHeiligtum nach dein IJIuster des Altars von Daniaslrus anfertigen(I1 Reg 16 io ff.).Auch iin königlichen Dienst wurde das Priesteiamt sehr balderblich, und so konnte sich rasch der Begriff eines 1 e g i t i m er],weil erblichen Priestertums bilden. An Abjathnrs Stelletrat als Hauptpriester des Tempels eadok und alle Nachrichtenstimmen darin überein, dass sein Haus bis zum Exil im Besitz clerPriesterwürde blieb. eado15 erscheint als der ,zuverlässige Priesteri,dern Jahve ein daueincles Haus baut, dass er allezeit vor dem GesalbtenJahves aus- uncl eingehen soll (I San1 2 27-36 vgl. I Reg2 27). Aber das Gefülil clavoii, dass die Legitimität in cler Erblichkeitbegründet ist, ist so starlr, dass eigentlich das Haus Sado1;sals illegitim erscheint, weil es sein Priesteraint nicht durch Vererbungvon den Eliden empfangen hat; clas Vaterhaus cles Eli istfiir clie deuteronomistische Betrachtung (I Sam 227ff.) das einzigerechtniässige Priestergeschlecht, clas Jahve selbst in Aeggpteiisich erwählt, dem er sogar zugescliworen hat, class seine Angehörigenfiir immer in dieser Würde bleiben sollen. Dass einfremcles Geschlecht von Emporkömmlingen diese alte Painilie:ms ihrem rechtmässigen Besitz verdrängte, dass die Könige eswagten, clen Eliclen das von Gott erteilte Privilegiuni zu entreisseri,ist in den Augen des Erzählers eine solche Ungeheuerlichlreit,class sie notwendig durch ein besoncleres EingreifenGottes gerechtfertigtwerden muss. Um den Frevel moralisch unanstössig zumachen, lässt er schon zu Elis Lebzeiten einen Propheten mitcler Weissagung des Untergangs seines Hauses als einer wohlverdientenStrafe auftreten.Ganz iihnlicli lagen dieVerhältnisse iin Norclreich: königlichwaren clie bedeutendsten Heiligtümer und ihre Priesterschaft(Ain 7 lo K), als königliche Diener und Vertraute teilten diePriester clie Schiclisale cles königlichen Hauses (I1 Reg 10 ii vgl.1 Reg 45), das Recht cles Königs als Priester anzustellen, wen er


412 Vierter Teil. 11. Die Priester. [S 58.--wollte, war unbezweifelt (I Reg 1231 13 33). Tatsächlic1i treffenwir auch hier (wenigstens in Dan) clas Priestertum erblich (Jclc1830).2. Iin Laufe cler Zeit wurde nun clieAiifgabe desPriesterseine andere. Das Bewachen und Bedieilen des Heiligtums undIdols fiel an diesen Heiligtiimern mit zahlreicher Dienerschaft derletzteren zu. Schon Eli in Silo hatte clns Anzt eines Aedituus clenljuiigeil Sainuel iibertrageii. Ebenso hatte nach JMose den Josuaals Wärter des heiligen Zeltes neben sich (Ex 33 11).Das ~riesterliche Losoraliel ist zwar lceiiieswegs ganz ausgestorben,wie die Erwähnung des Ephod bei den Prophetenzeigt (Hos 3 4 Jes 30 22); noch iili Dt gelten die Urim und Tuininiinals die walireii Iiisigiiien cles Priesterstaiides. Allein wenn inder ganzen Zeit von Salonio an nirgends mehr vom BefragenJahves durchs Los die Rede ist, so wird inan daraus schliessendürfen, dass es gegeniiber dem iinrner mehr aufkonlrnenden Prophetentuinziirüclitrat. Hat doch P, wenn er die Urim uilrl Tnmmimin die Aiiitstracht des Hohepriesters aufnimmt, keine rechteVorstell~ing inelir davon, ~vozu diese hochheiligeil Dinge eigentlichzu beiliitzeii sind (vgl. auch Ezr 2 u3 Neh 7 G). Jedeiifalls hatsich die ,T o Y a h' cler Priester (vgl. S. 408) im Grossen und Gaiizeiivon diesen Mitteln losgemacht. Sie selbst bleibt in der neueilForm das bezeichnende Merlrmal fiir den Priester. Diese bewahrenuild hüten die Torah, leliien Jaliob die Rechte uncl Israel die'Weisungen Jahves (Dt 33 ~f.). Es war ein gäng und gäbes Wort :„die Torah wird deii Priestern iiiclit abhanden liomineii, noch derRat denweisen, iioch die Offenbarung den Propheten" (Jer 181s);und bei deiil Fluch, der über clas Volk komiilen wird, ist nichtdas geringste, dass solches aufhören wird (Ez 7 26 Sliren 2 9).„Die Torah der Priester gleicht eii~er stätig fortlaufenden, clie derPropheten einer interinittirenden QuelleLL (WELLIIAUSEN, Proleg.416). Dass clie Priester für Geld diese 'l'orah erteilen, iliachtilinen der Prophet, der keinen Lohn für seine Verlründigungnimmt, zuni scliwcrenTorwurf (Mi 3 ii), 1vas deutlich zeigt, dasses sich uin eine cleii Priestern gehörige, durch Tradition überlroniiileneTorah liandelt. Inhaltlich scheint sie in erster Linierechtlichen Charakter gehabt zu haben (Ex 18 15 ff. Hab 14, inwelcher Stelle vielleicht geradezu clie Entsclieiclung des Orakelsgenieint ist, vgl. auch S. 321). Mit der fortschreitenden Ausbildungdes biirgerlicheii Reclits trat da:lil ilaturgemiiss in der


# 58.1 Die Entwiclrlnng des Priestertums in der Königszeit. 41 3priesterlichen Torah clie moralische Unterweisiing in cleii Vorclergruncl(Hos 4 1-3 vgl. niit 6); übrigens hält noch das Dt clieFiktion vom Richteramt der Priester fest (17 s ff.).Mit dieser Aufgabe blieb clen Priestern der Charakter von,Gottesmännern'. Sie traten init Uebernalinie des Amts in einbesonders nahes Verhältniss zur Gottheit, iii deren alleinigenDienst. Sie widmeten sich gleichsam der Gottheit zum Eigentum(T: Sain 128)) traten in gewissen1 Sinn aus den natiirlichenVerhiiltnissender Familie heraus : „deine Tummim uncl Urim geliörenclem, der von Vater uncl Mutter sprach, ich habe sie nicht gesehen,der seine Brüder nicht anerkannte und ~ o seinen n Kindern nichtsmissen wolltel"Dt 33 9). Um so leichter konnte sicli von hieraus ein geschlossener Stand bilden.Zu dieser Aufgabe ltam iin Lauf der Zeit noch eine anclere:das Opfer des Vollcs auf clen Altar Jahves zu bringen. Beiclestehen schon im Segen Moses (Dt 33 io) als ltoorclinirt nebeneinander,und in der denteronomistisch gefkrbten Stelle I Sam22s wird es geradezu als Hauptaufgabe cler Eliclen bezeichnet, dasssie zu Gottes Altar hinaufsteigen, die Opfer zu verbrennen: „ichhabe deiner Familie alle Feueropfer der Israeliten überniesenbL.Auch clies ist eine begreifliche Folge cler beginnenden Centralisirungdes Kults in den königlichen Heiligtümern. Es ist schonerwähnt worden (S. 307), dass die israelitischen Könige in derRegel ihre Opfer durch ihre Diener, die Priester darbringenliessen. Dass an den liöniglichen Heiligtümern nicht jedermannaus dein Volk nach Belieben schalten Lind walten und seineOpfer auf dem königlichen Altar verbrennen durfte, wie undwann er wollte, war einfach Sache der Ordnung. 'Was aber an dengrossen Heiligtümern zu Jerusalerri, Dan, Bethel LI. a. Sitte war,das werden bald auch die kleinen nachgeahmt haben. Je mehrsich vollends ein Opferritual entwiclcelte , clesto unentbehrlicherwurde der Priester als Opferer.3. 7Vo an einem grösseren Heiligtuni eine inehrköpfigePriesterschaft sich befancl, wie z. B. in Silo, in Nob, in Jeriisaleni,da war es ~elbstve~stäncllicl-i, class es einen 0 berpiies ter,Vorsteher, ocler wie man ihn nennen vill, gab, der clie Oberaiifsiclitiiber das Gotteshaiis und clie Gescliäfte führte. vollendsan1 Teinpel in Jerusalenl nliissteil sehr bald Ranguiiterschieclezwischen den Priestern sich gcltencl machen, den11 cler grossartigeDienst dort verlangte eine geregelte Geschäftsverteil~~ng.


414 TTierter Teil. 11. Die Priester. [§ 58.Es werclen in cler späteren Königszeit genannt : cl e r Priesterschlechtweg (I1 Reg 23 4) ocler der Oberpriester (koh&?z hd-ro'scliI1 Reg 25 is), die vornehmsten Priester überhaupt Czi$n& hakkdlraninzI1 Reg 19 2 Jer 19 I), und ihnen gegeniiber die Priesterzweiten Rangs (I1 Reg 23 4 falls die Lesart richtig ist); von einzelnenAeintern werden erwähnt ausser dein Oberpriester : clerzweite Priester (/s~/A&~L ?lzisc/t?ze/~ I1 IZeg 25 is), der Oberaufseherim Tempel Jahves nncl clie Scliwelleiihiiter (11 Reg 23 4 25 isj.4. Uizter cliesen Umständen musste die Priesterschaft iminerinehr an Zahl wie an Amelien gewinnen. Welch ansserordentlichenEinfluss die Priester als die geistigen Leiter cles Volkesauch in Öffentlichen Angelegenheiten hakten, gellt aus ihrer obeilerwäl~nten Stellung als Vertraute der Könige hervor. (Vgl. z. B.Jojadas Verhalten II Reg 114-20).Auch die Strafreden clesHosea (vgl. z. B. 4 4ff.) zeigen deutlich, welch hohen Beruf erclen Priestern zuschreibt. In demselben Masse schlossen sie sichauch iininer fester zii einem Priest eis t an d zusammen. Iizwelcliem Grade sich in der späteren Königszeit cler Priesterstandkonsolidirt hatte, zeigt deutlicher als alles andere der Unistailcl,class in cler Vorstellung des Vollres der Stand bereits zu eiiieineigenen heiligen Stamin Levi geworclen ist, der neben die übrigeilStämme des Volks als gleichberechtigt, ja als bevorzugt sichstellen darf.Es ist hier der Ort, die bisher zuriickgeschobene Frage nachdem Namen Levit zu erörtern. Die Bezeichnung Levit findetsich in den geschichtlichen Biichern nur in einer zweifellos vorexilischenErziihlnng (Jdc 17 uncl 18) '. Der Jonathan, clen Michain seiner Hauskapelle anstellt, wird ein Levit genannt. Dies kannentweder auf seine Abstammung von Gerson, dem Sohne Moses,oder auf sein Amt als berufsinässiger Priester und Orakelmanilgehen. Im ersteren Fall wäre Levit ein Gentilnanie nnd würdevoraussetzen, class Mose zum Geschlecht bzw. Stamin Levi gehörte,was nicht iinmöglich ist; das letztere wird nahegelegt durchdie Beobachtung, dass sich Micha ganz besonders glüclrliclischätzt, einen Leviten ZLZ gewinnen (Jdc 17 i3). Dies lässt sich nurso erklären, dass der Name Levit ihn als Berufslsriester bezeicli-I Sain 6 15 I1 Sam 15 2% sind die Leviten ein späterer Einscliiib;ebenso der Halbvers I Reg 8 rb; I Reg 12 31 gehört dein Dt'scheu Bearbeiterdes Buclis an.


§ 58.1 Die Eiitwicklung des Priestertuilis iu der Königszeit. 41 5net, der es -verstellt, mit einem Epliocl umzugehen uilcl das Oralielzu handhaben. Doch scliliessen die beiden h1öglichlreiteii einandernicht aus; es hat iii keiner TVeise etwas unwahrscheinliches,dass das Amt eines Priesters uni1 Oralrelmannes sich in der Fainiliedes Mose fortpflanzte. Es ist selir leicht verständlich undfindet sich auch bei nndereii Religionen wieder, class cler Stiftereines neuen Kultes das Priestertaiiz auf seine Faniilie vererbt.Davon, dass faktisch auch im alten Israel cliese Anschauung inGeltung war, finden sich noch ~veitere Spuren. TVELT~IIACSEK(Proleg. 143) hat ~valirsclzeinlicli gemaclit, dass nicht nur clie Priesterin Dan, sondern aiich clie beriihinte Priesterfainilie des Eliin Silo sich von Mose ableitete (vgl. I Sam 227, wo als Enipfhiigercler Offenbarung Jahves an clas Vaterhaus Elis molil Mose geclaclitist), Dieses Beiniiheii setzt die Annahme einer Vererbung clerWiircle in dem Geschlecht Moses voraus. Die Theorie von P,wornacli clas Priestertum Jahves nicht Mose, sondern seinemBruder Aaroil zukam, ist deutlich als eine späte nncl abnormezu erkennen. 111 Ex 33 7-ii (E) ist Mose der Herr des Heiligtumsiiiicl Josua sein Diener; hier ist cleutlich Mose als clereigentliche Orakelpriester des Volks und Josua, nicht die Aaroniden,als sein Nachfolger geclacht; fiir Aeroil als Priester bleibtdaneben kein Platz. Bei J kann inan sich sogar fragen, ob dieseSchrift überhaupt ursprüiiglich etwas von Aaron weiss.Für clie Annahme, class Levit urspriinglich Geschlechtsbezeichnungwar und als solche dann zuiu Amtsnainen wurde, indeinalle berufsmässigen Priester sich von clemselbeii Geschleclitableiteten, sprechen i~och weitere Gründe. Einerseits ist es nichtmöglich, den Sprachgebrauch Levit = Berufspriester aus cler Apellativbecleutungcler Wurzel in überzeugender Weise abzuleiten ;andererseits ist geschichtlich nachweisbar, dass der Naiiie Leriin cler Vorzeit einmal wirklicher Staininname war. Als dritterSohn Jakobs von der Lea wird Levi genannt; im Segen Jakobs(Gen 49 5-7) ist uns eine ausserorclentlich interessante Notizüber clas Schiclrsal des Stamms in vorgeschichtlicher Zeit erhalten.Simeon uncl Levi erscheinen hier in engster Verbindung,sie haben gemeinsam eine sch~vere Frevelthat (vielleicht die Gen 34erzählte) begangen, zur Strafe dafür hat sie auch geineinsain clasVerderben getroffen: die Kanaaniter haben an ihnen blutigeRache genoinmeii, die Eruderstämine habeii sie in1 Stich gelassen,so siilcl sie in ihrer Sonclerexistenz uiitergegangen uncl leben ilur


41 6 Vierter Teil. 11. Die Priester. [B Pj8,noch in der Zerstreu~ing unter den übrigen Stäinnieii weiter.Nun liegt auf cler Hand, class dieser Levi cles Jakobssegens seinemganzen Charaliter nach ein vollkommen anderer ist, als derheilige Stainm des Priesterkodex. Der Levi der Genesis gibtseinem Bruder Siiiieon nichts nach an Grausamkeit uncl Blntcliirst.Nirgeiicls findet sich eine Hincleiitung auf den priesterlichenBeruf Levis; dass cler Staiiim iili ganzen Lancl lieruni zerstreutwird, ist iiic2it eine Belolinung für seine Priesterclienstesondern eine Strafe, Irein Segen soiiderii ein Fluch. Eben damitist aber ~lucli sicher, dass clieser Lcvi der Genesis als Stainm~virlilicli existirt hat, class er nicht bloss ein Reflex cler Kaste ist,welche sich ani Ende der Königszeit unter diesem Naineii zusaiiimengeschlossen hat.Es ~väre nun ein höchst inerkwiirdiges Zusamineiitreffcn,wenn diese Uebereinstininiiing der Naiiien, Levi der dritte Sohncles Jakob und Levi der Berufspriester, eine rein zufillige wäre,namentlich da eine befriedigende Erklärung der Wortbedeutuiigbei letzterem riicht möglicli ist. Man wird clesshalb immer wiederversnclit sein, die Leviteilpriester in irgend welche Bezieliiiilg zudem nntergegangenen Stamrn zu setzen, etwa in cler Weise, classman annimmt, dass seine Reste zum Priestertiiin übergegangenseien. So am bestiinintesteii STAUE : ,,ein ITmstancl verhinclerte,class die Leviten völlig unter den anderen Stämmen verschwanden,es war das seine Vergangenheit. Deni Stamm Levi hatteMose, der Stifter der Religion Israels uncl sein erster Priester, angehört,~ind noch war die Erinnerung daran lebendig. Von Leviwar besonders zu erwarten, dass er der heiligen Gebräuche,namentlich cles Oral


$ 58.1 Die Entwicllrl~ing des Priestertums in der Rönigszeit. 417sclion frühe liebten, sich von Bfose herzuleiten, und class daherclie Bezeichnung Levit fiir den Priester üblich wurde.Wie dem auch sein mag, die Herausbildung einer Priesterkasteund dann der Vorstellung von einem Stamm ist ganz guterklärlich, auch wenn Levi nur Berufsbezeichnung war. Sobalddie Würde an einzelnen Heiligtümern erblich wurcle, und einzelnePriestergeschlechter hervorragenden Einfluss gewannen, ergab essich sehr einfach, class clie ancleren Priesterfamilien ihr Ansehendadurch zu heben suchten, dass sie sich mit jenen clurch clie Fiktioneiner gemeinsamen Abstammung in Verbincliing setzten. Inclemselben Masse, wie die Priesterschaft sicli zu einem geschlossenenStancle bonsolidirte, musste sich der ganzen hebräischenAnschauungsweise gemäss der Gedanke nahelegen, dem Stanclesbewusstseindurch clie Theorie von der Stanlmverwandtschafteine feste Griindlage und einen äusseren Ausclrzick zu verleihen.Die interessante Parallele cler Eene Rekhab zeigt, wie leicht sichfiir die Denkweise jener Zeit dieser Uebergang vorn Stand zumStamm vollzog. Dass sich diese Vorstelluiig ziemlich frühe bildete,beweist der Umstand, dass sie bei E sclion vorliegt. Ex 32%(clie Stelle gehört iibrigens einer seknndiiren Schicht von E an)gibt, wie E es gern tut, die theol


418 Vierter Teil. 11. Die Priester. 18 59.schen der Vorstellung cles Dt und cler von P aus - sind es alleGlieder des Stammes gleichilz&ssig, clenen die Priesterwürde zul


5 59.1 DieReforrndesPriestertums durchd. Deuteronomiumu, Ezechiel. 4.19die Tempelpriesterschaft finden, die Mehrzahl blieb in ausdrüclrlichemWiderspruch mit dem Gesetz vom Tempeldienst ausgeschlossen(P1 Reg 23 9). In welch üble Lage sie dadurch versetztwurden, zeigt I Sain 2 36: die bittereNot zwang sie, um izurleben zu können, sich bedingungslos deii Sadokiten zn unterwerfenund mit dem geringsten Dienst ain Heiligtum vorlieb zunehmen.2. „Der Logilr der Tatsachen hängt Ezechiel einen moralischenMantel umtL. Zu den für die Geschichte des Priestertnrnslehrreichsten Stellen gehört E ze c hiels Schilderung dieser Vorgänge(Ez 44 6-16): ,,SO spricht Jalive: jetzt ists genug init eurenGräueln allen, ilir vom Haus Israel, dass ihr Freinde unbeschnittenenHerzens unc1 unbeschnittenen Fleisches habt mein Heiligtumhetreten lassen - kein Fremder soll niein Heiligtum betreten,- sonclern clie Leviten, welche sich von mir entfernt haben, alsIsrael fern von mir seinen Götzen nachirrte, die sollen ihreSchulcl biissen: sie sollen in meinem Heiligtum Dienste tun alsWachen an clen Toren des Tempels und als Diener ain Tempel,sie sollen die Branclopfer und Sclilachtopfer für das Volk schlaclitenund zum Dienst der Leute bereit stehen. Feil sie ihnen eiiistzu Dienst gewesen sind vor iliren Götzen, darum sollen sie jetztihre Verschuldung büssen. Sie diiifen sich mir nicht nahen, ummir Priesterdienste zu tun und sicli allen meinen Heiligtümern,den liocliheiligeii zu nahen. Sie sollen ihre Schmach und ihreGreuel büssen. - Aber die Levitenpiiester, die Söhne Sadoks,die cles Dienstes an meinem Heiligtum ~varteten, als die Israelitenvon niir abirrten, die sollen mir nahen, mich zu bedienen,und sollen vor mir stellen, mir Fett und Blut darzubringen; siesollen in mein Heiligtum eintreten und meinem Tische nahen,niich zu bedienen und sollen meines Dienstes wahrnehinenLL. Dasist unzmeicleutig geredet: bis dahin haben die Leriteii das vollePriesterrecht an clen Höhen, d. 11. an den ausser-jerusalemischenHeiligtiiniern ausgeiibt. Und zwar ist dies ihr gutes Recht gewesen,und wenn das ihnen jetzt genommen wird, so ist das eineStrafe, die sie verdient haben: sie werclen degradirt zu niedeienTempelclienern, Torwächtern und clgl., sie treten an die Stelleder alten Teinpelsklaven. Diejenigen Leviten aber, die vorherschon ain Teiiipel Priester waren, die Sadokiten, bleiben in dieserihrer TVürcle zum ,Lohnc clafüi, dass sie den Dienst des Heiligturnsbetvahrt haben. So ist iiiiierhalb cles Priesterstandes der27"


420 Vierter Teil. 11. Die Priester. [D 59.Unterschied zwischen vollberechtigten Glied ein und ihren Dienern,zwischen ,PriesterriC und ,LevitenL entstanden, so ist auch dasWort ,Levitt, in alter Zeit der Ehrenname für den Berufspriester,zur Bezeichnung einer niedrigeil, nicht vollberechtigten Kaste geworden.3. Eine interessante Bestätigung für das Gesagte bieten dieAngaben in Ezra und Nehemia über die Zalil cler zurÜclrkehrenclenLeviten, worauf WELLHAUSEN (Proleg. 149) aufmerksammacht. Bei P (Num 3) erscheinen sie in einer Stärke von 22000Mann, der Chronist nach seinem Geschmacli legt noch etwasdarauf und zählt unter David 38000 Leviten (I Chr 23 3), bei derRückliehr aus dem Exil kamen mit Serubbabel und Josua vierPriestergeschlechter 4289 Köpfe stark zurück (Ezr 2 36-39), mitEzra dann noch zwei weitere Geschlechter, deren Zahl nicht angegebenwird (Ezr 8 2). Dagegen waren es von Leviten das eisteMal nur 74 (Ezr 2 40), clas zweite Mal sogar bloss halb soviel, unclauch bei diesen bedurfte es der dringendsten iihhnungen Ezras,um sie überliaupt zum Mitgehen zu bewegen. (Ezr 8 15-20). Mitdem Massstab von P gemessen sind diese Zahlenverliältnisse iinbegreiflich,dagegen werden sie sehr gut verständlich, wenn dieLeviten die degradirten Höhenpriester waren. Solcher gab esiiberhaupt keine Zehntausende, und dass diese sich sehr besannen,ob sie zurückkehreii wollteil, ist in Ailbetracht des Loses,das ihrer in Jerusalem wartete, kein TViiricler.Das ib1issverhältniss in der Zahl wusste irian später sehr geschicktauszugleichen, indein man die Sänger und Torwächter, dienoch Ezr 2 41-55 von den Leviteii uilterschieclen \vercleii, einfachzu Leviten machte. So rechnet der Chronist selber bei der Aufzählungder Leviten Davids die Sänger uncl Torhüter (je 4000)zu den Geschlechtern Gerson, Kahat niid Merari (I Clir 23 5 f.).Ein Grund zur Unterscheidung lag auch liaum inehr vor, iiacliclemdie Leviten ganz auf deren Rangst~ife degradirt waren. Eswar nur die geradlinige TVeiterentwicliluilg von hier aus, wenn esclen Sängern später zu gering war, Leviten z~i sein; sie baten cleiiKönig Agrippa 11.) ihnen vom Sj~neclrium die Erlaubniss zuinTragen des weisseii Priestergewandes zii erwirken.


8 60.1 Die Hierarchie des Priesterl


422 Vierter Teil. 11. Die Priester. [s 60.ein (Niim 3 39-51). Dementsprechencl werclen bei der IVeilze dieLeviten als ein TVebeopfer des Volkes behanclelt (s. S. 4.59) : siewerden gereinigt, die Israeliten stemmen die Häilcle auf sie, sogardie Zeremonie des ,TVebensL, d. h. cles scheinbaren TVerfeiia in clieAltarflamme wird in syiiibolischer Form an ihnen vollzogen. Dannwerclen sie clein Priester ausgeliefert (Nuin 8). Nirgeiicls fincletsich eine Spur von einer Prärogative, die ihnen älinlich wie Aaronuncl seiner Familie zukonimen würde.2. Wie in den Leviten eine breite Basis, so liaben clie Aaroniclenin cleiii Hohepriester eine Spitze beboninzen. Dass essclion iii alter Zeit an clen grossen Heiligtiiizierii einen Oberpriestergab, ist oben angeführt morclen (s. S. 413). Aber nicht bloss clerName ,Hohepriestert (haJEkbh&n hrtggCi(1OZ) fehlt in der vorexilischenZeit (die Stellen I1 Sam 15 27 I1 Reg 12 ii 22 4 234 sind interpolirt),sondern clie Saclie selbst, das Anit in dieser Foriii ~iiiclBedeutung ist erst von P geschaffen (vgl. S. 318 f.). Be?. Priesterin cler vorexilischen Zeit ist, was clas priesterliclie Reclit anbelangt,nur primus inter pares; der Hohepriester bei P ist der einzigevollberechtigte Priester. Nicht iinziitreffencl hat inan seiiieStellung mit cler cles römisclien siimnius episcopas verglichen : erallein clarf zu Gott ins Allerheiligste nahen, er allein trägt clenEphocl niit den TJrim uncl Tiiiiiinim, er allein garantirt clnrch seinePerson die TVolilgefälligkeit cler Opfer vor Jahve, incleiii alleetwaigen Verstösse bei deren Darbringung von iliin getragen, cl. 11.durch seiiie Heiligkeit ausgegliclzen werclen (Nnni 181). Ja iziehrnoch: er ist das Oberhaupt des Volks ocler besser cler Gemeincle.Nur wenn man den völlig veränderten Charaliter cler ganzeil äiis-Seren Verhältnisse jener Zeit ins Auge fasst, kann man seine Stellungreclit verstelieii. Das Verhältniss von geistliclier uncl nreltlicherMacht ist jetzt gerade ~mgecl~elit: war vorher cler Königunninschränkter Herr in seinem Heiligtum ~incl der Priester seinDiener, so schaltet uncl waltet jetzt cler Hohepriester mit absoluterTolliiiaclit aiif cleni Gebiet des Kultus. Ja nach P hat eriiberlianpt clie ganze Lieitiing cles Volkes in der Hand. Lehrreichist die Stellung, die der Piirst in dem Ziikunftsstaat des Ezechieleiniiiniiiit : noch existirt ein Piirst uncl muss clesshalb irgeiid~vieeingegliedert .werden. Aber (las Heiligttun ist seiner &laclztsphlireentzogen, clas finclet seinen charalderistisclien Aiisdruck clarin,class er seinen Palast nicht mehr neben den1 Tempel baiien clarf.Seine Bedeutung fiir clie Theokratie geht so gut wie ganz auf iii


5 60.1 Die Hierarchie des Priesterlrodex. 423dem Vorrecht, dass er die Kosten cles Kultus zalilen darf; das istsein königlicher Beruf (Ez 45 13-17).Bei P hat iiberliaupt kein weltlicher Fürst inelir neben clemHohepriester Platz. Der Holiepriester ist zugleich auch clas weltlicheOberl~aapt der Geineiiicle, soweit sie ein solches braucht.Auf ihn geht nach Moses Tod die Führ~ing cles Volkes iiber: ergibt den Befehl, Josiia führt ilin aus (Num 27 21). TVenil sich der,gesalbte Priester' vergeht, so koinint eine Schulcl aufs ganze Volkund muss dementsprechend gcsühilt werden. Wenn sich ein,Staininesfürst' verfehlt, so ist das Privatsache, die clasVollc weiterniclits angeht (Lev 4 3 isf nef.). Der Hohepi-iester tragt clie Naniender zwölf Stämme auf clen Steinen cler Schulterbliitter seines Gewanclesuiicl auf deii Eclelsteineri des Amtsschilcls eingraviert -das alles bezeichnet ihn so de~itlich als möglich als den eigentlichenRepräsentanten cles Volkes, dem religiöse und weltliche Angelegenheitenauf Schulter lind Heiz gelegt sind (Ex 28 3-12 39 8-1'1).Ja er hat königliche Insignien: er ~l~ircl gesalbt) er tragt denPurpur ui~d clie Tiara; königliche Ehren werden ihm zu teil: wenncler Hohepriester stirbt, tritt für clen flüclitigeil Todschläger dieAmnestie ein (Niiiii 35 28). Wie weit dieser Theorie voii P dieWirklichkeit eiitsproclien hat, ist schon oben (S.318f.) dargelegtworclen.1. Allgemeiner Begriff des Priestertiinis. - Esliegt iii cler geraden Liiiie cler geschilderten Erit\vicklung, wennbei P der Priester eigentlich ganz als Opferer dasteht. Von seinerAufgabe, clie Torali Gottes zu verwalten, redet nur Lev 10 io:„Ilir sollt unterscheiden zwischen dem Reinen und Unreinen unclsollt die Israeliten diese Satzungen lehrenLL. Der Begriff derpriesterlichen Torah ist hier wesentlich eingeschräiikt: sie ist geclachtds eine Unter~veisung cles Volkes über knltisclie Dinge, überdas Ceremonialgesetz, soweit dasselbe das Volk etwas angelit, vorallein also über Rein und Unrein. Damit tritt naturgeinäss dieErteilung cler Torah überhaupt in clen Hintergrnncl, das wiclitigsteStück am Priesteramtmircl die Ausübung cles Kultus, welcheclen Laien ganz aus der Hancl genommen ist. Wie gescliichtlichmit der Ausbildung eiiles Opferrituals etc. ein Opfwer nötig wurde,wird weiter unteii zu besprechen sein. In P wird dieser Eiltwicklung,deren Resultat wie immer iii die mosaische Zeit zuriiclr-


~ -424 Vierter Teil. 11. Die Priester. [5 60.--datirt , ist, ein religiöses Motiv untergelegt. Die Aufgabe derPriester wird (Nuin 16 5) dahin bestiinint, class sie allein heiligseien und Gott nahen diirfen. Die theologische Begründung diesesSatzes ist noch gut erkennbar: das ganze Volls soll ein heiligesVolk von Priestern sein (Ex 19 G), jeder hat als Israelite in derTheorie das priesterliche Recht, Gott zu nahen. Pralstisch jedocliist das nicht clurchführbar, weil der gewöhnliche Israelit den erforderlicheriGrad von Reiniglseit sich nicht be~valireii ksnn. Desshalbhat Gott clen nahen Verkehr mit ihm deii Laien untersagt.TVeiin ein Fremder d. h. Kiclitaaronide sich dein Heiligtiim naht,so soll er sterben (Num 18 7 3 10). Dafür wählt Gott nach freiemGutdünlsen sich eine Familie aus, welche berufsmassig das clenlVolk zukoi~in~encle Recht des Gottnahens ausübt uncl ebenso berufsinässigdie cleni Volk zukommeilde Pflicht cles Reinseinserfiillt.Die Priester siilcl hienacli ganz eigentlich als die Vermittlerzwischen Gott iind dem TTolk gedacht. Ihre Aufgabe ist einedoppelte: auf cler einen Seite verhinclern sie das uiibef~~gte Nahender Leute zum Heiligtuin, schützen also dieses vor Profanatioil.Auf der anderen Seite, uilcl clas ist cler praktisch wichtigere Teilihres Amtes, lialsen sieihrerseits clieIsraeliteilGott nahe zu bringe,n,indem sie die Opfer derselben vor Gott bringen.RITSCHL hat (Reclitfertigung und Versöhnung I1 104 C.) clie Tliese aufgestellt,dass dic ganze Einrichtung eines besoncleren Kultuspersonals ansich die Wirlrung der Iicip~~u~~n7~, d. h. der schützenden Bedecliung vorGottes Zorn Iiabe; alle Kultusverrichtungen der Leviten wie der Priesterdienen dazu, die Israeliten vor der lebenverniclitenden Wirkung der göttlichenGegenwart zu schützen. Allein in den beiden Stellen, auf die er sichberufb (I Chr G 34 Num 8 i ~) wird clas 7;cyper nur als ein einzelner Teil ihrerDienstleistung bezeichnet. Das Fernlialten der Israeliten voiii Heiligtumliann man lreineufalls als eine ,Bedeckung6 derselben bezeichnen, vielmehrist der Haiiptzweck cler, das Heiligtum vor jeglicher Beriilirung mit Unheiligemzii schützen. Die concentrischen Kreise des K~ltuspe~sonals mitabnehmender Heiliglteit, die dem ganz entsprechende Lagerordnung, wobeider heilige Stainm der Leviten das Gotteshaus als eine Scliutzmnuer umgibt(Wum 2), die Ver~~~endung der Leviten auch zu den geringsten Diensten an1Heiligen zeigen diese Tendenz des ganzen deutlich. Alles das aber ist keine,XapparahC fiir das Vollr; clen Leviten konimt genau genommen die Fähigkeit,sühnende' Ilandlungen zu verrichten gar niclit zu. Was aber die zweite,wichtigere Seite des priesterliclien Anites betrifft, clie A~ifgabe, das Opferder Gemeindeglieder Gott nahe zu bringen, so ist richtig, dass eine ,Siiline'durch Opfer ohne Priester nioht vollzogen werden lrann, weil ohne sie überhauptkein Opfer möglich ist. Allein nach Lev 17 ii ist das Opferblut, niclitdie Handlung des Priesters, clasjenige, was Süliili~ng schafft. RITSCHL'S


9 60.1 Die Hierarchie des Priesterlrodex. 42 5Satz, dass die priesterlichen Handluilgen vorwiegend die Bedecliung, dasOpfer aber das Nahebringen des BIenschen zu Gott bewirke, wird also geradeumzudrehen sein: die priesterlichen Handlungen haben vorwiegendden Vert, den Menschen und seine Gabe Gott nahe zu bringen, das Opfer,gemäss der in ihn1 liegenden Siihnlrraft (darüber s. X. 441f.) bewirkt dieKapparah.2. Die speziellen Dienstleistungen entsprechen demoben dargestellten Rangverhältniss der drei Klassen.a) Die Leviten als vom Polk an Aaron geschenlcte Dieiier(~ethit22rii) haben die niederen Dienstleistungen an cler ?Toliiluiigund an den Geräten zu besorgen (Num 3 7-9 18 2-6) : das AufuiiclAbschlagen und das Tiansportiren des Zeltes, das Bewaclienund Verscliliessen der Wohnung, das Reinigen des Hauses unclder Geräte, das Zubereiten der Schaubrote u. clgl. Speziell beimChronisten, der sehr viel Wert darauf legt, wird ihiieii als einHauptamt die Besorgung der Tempeliiiusilc übertragen; er lässtden Davicl niclit weniger als 4000 Leviten dazu bestimmen unclgibt genau an, welche Instrumente clie einzelnen Geschlechterspielten (I Chr 23 5 25 i ff.). Solist fallen ihneil beim Gottesclienstnur Rancllangei.gesc1iäfte zu, sie haben den Priestern beiin Scl~lnclitenuncl Enthäuten cler Opfertiere zu helfen etc. Zu den Geräteildes inneren Heiligtums uncl zum Altar dürfen sie bei Todesstrafeiiicht nahen (Nnm 183). Zu diesen Diensten sincl sie nach Nuin4 3 U. a. von1 30.-50. Lebensjahr, nach Num 824 vom 25.-35.Jahrverpflichtet ; auch in diesen1 Stücli ist also die Tradition nichteinheitlich.DieLeviten zerfalleniii drei Geschlecliter : Gersoiliteii, Kallatiten,Merariten. Diese Einteilung lireuzt sich mit der Unterscheidungvon drei grossen Gruppen dein Dienste nach: Levitenfür den Tempelclienst im Allgemeinen, Sänger, Torhüter (I Clir23 3-5). Für die erste Gruppe uncl die Sänger gibt schon clerGlironist ein Verzeichniss von je 24 ,Qaterhänsern' (I Chr 23 G-24,vgl. BEBTI-IEAU Z. d. Stelle; I Chr 25). Darnach wird inan annehmendürfen, dass die in ilachbiblischer Zeit bezeugte Einteilungin 24 Klassen, die den 24 Priesterklasseii entspracheil,in die Zeit des Chronisten hinaufreicht. An der Spitze cler ein-zelnen Abteilungen standenVoisteher (sdrinz oder rd'sch2?1~ I Chr154-12 I1 Chr 35 9 U. a.).Bei der Weihe werclen clie Leviten mit Entsündig~ingswasserbesprengt. Die Haare werden ihnen aiii ganzen Leib geschorenund die Kleider gewaschen; clanii ~vird clie Cereiiioilie des Webeiis


42 6 Vierter Teil. 11. Die Priester. La 60-mit ihnen vorgenommen(s. 5.422)) und ziimTVeiheopfer zwei Stiere,einer als Siindopfer, der andere als Brandopfer, dargebracht.b) Die Priest er sch aft zerfiel seit der Zeit des Chronistenin 24 Klassen mit ihren Vorstehern (I Chr 24 I-is). Bis auf Ezrawerden allerdings nur vier Geschlechter erwähnt (Ezr 2 36-39);diese scheinen sich in 22 Abteilungen geteilt zu haben (Neh 1212-21). Es sind aber offenbar in der Organisation der Priesterschaftmehrfache wichtige Veränderungen vorgenoi~lmen worden,clie wir im Einzelnen nicht inelir verfolgen können. Jede derHauptabteilungen zerfiel wiecler in Unterabteilungen, die ebenfallsihre Vorsteher hatten. Jede Klasse hatte iinmer eine WocheDienst, cler Wechsel fand an1 Sabbat statt. An Ansehen und Einflussstanden sich clie verschiedenen Abteilungen nicht gleich; vorallem hatte diejenige, aus cleren Mitte die Hohepriester hervorgiengen,die erste der 24Klassen, einen Vorrang (Jos~~r~us,Vita 1,vgl. SCHUERER GJV I1 186).Das Amt cler Priester wircl bezeichnet als „der Dienst beiden Geräten des Heiligtuins und am Altaru (Num 183)) sie hattendie eigentlichen Kultusliancllungen, cl. h. die Opfer zu vollziehen.Dazu kam als wichtige Aufgabe später die Verwaltung des Teinpelverinögens.Auf die Einzelheiten dieses Dienstes ancl die verschiedenenAeinter, die sich iin Lauf der Zeit heraiisbildeten, kannhier nicht näher eingegangen werden (vgl. die ansführliclie Darstellungbei S~HUERER GJV I1 209-243).Der Dienst imHeiligeii machte die Priester zn einem heiligenStancl, von clem in besonderem Masse Heiligkeit, d. 11. ki~ltischeReinheit verlangt wurde. Ueber das Alter, in welchem ihr Dienstbeginnen sollte, wird iin Gesetz nichts bestimmt, die rabbinischeTradition verlangt 20 Jahre. Körperliche Malrellosigkeit war unerlässlicheBedingung; doch behielt auch cler durch einen Körperfelilervom eigentlichen Dienst Ausgesclilossene seinen Anteil anden Einkünften. Eine öffentliche Dirne ocler eine entweihte Jungfrauoder eine geschiedene Frau durfte ein Priester nicht heiraten,nur eine reine Jungfrau ocler eine TVittwe aus israelitischem Geschlecht.Vor jeder Verunreinigiing durch Essen von Gefallenen1etc. oder durch Reriihrung von Leichen (ausgenommen clie clernächsten Angehörigen: Vater, I!utter, Sohn, Tochter, Bruder,unverheiratete Schwester) hatte er sich sorgfältig zu hüten, ebensowaren ihm Kahlscheeren cles Hauptes, Abschneiden cler Bartecken,Tätowiren als Zeichen der Trauer verboteil (Lev 21)-


8 60.1 Die Hierarchie des Priesterkodex. 42 7Pür denDienst heiligte denPriester einfeierlicherEin\veiliun gsakt,bestehend iii einem Reinigungsbad, der Bekleidung niit denheiligen Gewänclern (s. U.) und einer Reihe von Opfern, mit cleneiizum Teil besondere Ceremonien, wie das Bestreichen mit Bliit,verbunden waren (Ex 29 Lev 8). Der Sinn dieser Ceremonien,clie zum Teil auf altem Brauch beruhen mögen, ist iin grossenund ganzen klar: die körperliche Reinigung syinbolisirt clie levitischeReinheit, das Bestreiclien mit Blut ist uralter Ritns beieinem Bundesschluss. Dass die zu verbrennenden Opferteile znerstdem Neugeweihten auf clie Hände gelegt werden, deutet ihreIrüiiftigen priesterlichen Rechte und Pflichten an. Die Salbungwird iin Kern von P nur dem Hohepriester zu teil (Ex 29 4-9 29Lev 4 3 5 16 6 13 15 8 12 U. a.), in clen selrnndären Stücken jedochallen Priestern (Ex 28 41 30 22ff. 40 15 Lev 7 36 10 7 Num 3 3).Vor Antritt des Dienstes inussten sich die Priester jedesmalHände und Fiisse waschen (Es 30 17-21 40 30-32). Während ihrerDienstzeit durften sie Ireiiien Wein oder berauschencles Getränketrinken (Lev 10 sff.).Im Dienst trugen diePriester eine besondereKleiclung, welclieaus folgenden Stüclren bestand : 1) kurze, nur Hüfte nncl Scheiikelbedeckende Reinlcleicler (rnikh~zhslne) aus feiner ureisser I~einwand(Byssus); 2) dariiber die Kuttoneth aus Byssus, bis auf die Fiissereichend, mit engen Aermeln; 3) ein Gürtel ans Byssus, iler mit eingewebtenfarbigen Blumen (JOSEPIIUS, Ant. I11 154) das einzigeBunte an der Kleidung war; 4) clie nz~gb&'&/z, eine turbanartigeMiitze. Die meisse Kleidung ist Syinbol der kultischeil Reinheit.C) Das Charakteristisclie an der Stelliing des Ho hepries t e r s ist clie Vereinigung von geistlicher und weltlicherTVürcle (s. 8.422 f.). Als höchster Kultusbeamter mar ernatürlichjederzeit berechtigt, zu opfern. Verpflichtet war er dazu nur einmaliin Jahr, am grossen Versöhnungstag, T\.O er das Siindopferder Gemeinde darbrachte, und vor allem clas Blut desselben insAllerheiligste sprengte. Dieses zn betreten war sein ausschliesslichesVorrecht. Das Gesetz spricht auch davon, class er allein dasLosorakel befragen soll, weiss aber nicht inehr recht zii sagen, waseigentlich darunter zu verstehen ist (Num 2721). Fiir sich selbersollte er täglich ein Speisopfer darbringen, bzw. darbringen lassen,clenn es genügte, wenn er die Kosten desselben bestritt (Lev 6 izffJOSEPHES, Ant.1112 57). Nach JOSEPIIUS pflegte cler Holiepriesteriiur an den Festen und Sabbaten selbst zu fungiren.


428 Vierter Teil. 11. Die Priester. [D 61.Geiiiäss seiner einzigartigen Heiligkeit .cviirde eine ganz besondereReinheit von ihiii verlangt: er durfte nur eine reine Jiingfrauheiraten, lceine Witwe (Lev 21 isff.) ; es war ihm unbeclingtverboten, sich einer Leiche zu nahen, auch nicht der von Vater undMutter; alle Trauergebräuche, sogar clas Auflösen des Haars iiilcldas Zerreissen cler Igleider veruiireiiiigten ihn (Lex1 21 ioff.).Aeusserer Ausdruck seiner Tliiircle war das Prachtge~~aiid,das er bei seinen priesterlichen Funktionen trug, abgesehen von1Versöhnungstag, an welchem er einfache misse Kleicler hatte. Zudiesern Ornat, der über der gewöhnlichen Priestertracht getragenwurde, gehörten : 1) ein Mecil von violetter Purpurfarbe, ohneAermel, mit einer Oeffnnng in der Mitte fiir den Kopf (das Kleiclwar also geschlossen uiid murcle iibergestürzt). Der untere Saumwar init Granatäpfeln und Glöckchen besetzt ; letztere sind ursprünglichnichts anderes als Ainulete, clurch welche die Däinonen,die das Heiligt~~m bemachen, ersclireckt und verjagt werden sollten.Dariiber koinint 2) cler Epliod, aus Golclfiiden, Purpur, Karmesinund Byssus gewobeii; die nähere Beschreibung seiner Forin istnicht recht deutlich. Auf dcii Schultern waren je ein Schohamstein(Onyx?) angebracht, auf welchen die Naineii von je sechsStäminen eingravirt staiideii. 3) Ueber dem Ephod vorn auf derBrust hieng an golclcnen Kettchen cler Brustschild (choscheiz)mit 12 Edelsteinen besetzt. Im Brustscliild wurden clie Uri~n undT~iminim geborgen, die jetzt wie eine Art Zanberschiiiuck desHohepriesters ersclieineii. 4) Die E'orin seiner Kopfbecleclcunglässt sich nicht geilauer bestimmen, der Ausdruck ~~ii.s~zephetidweist auf einen turbanartigcn Kopfbund hin (S. 105). An clein-selber, war vorn über der Stirn ein Goldblech (Diaclern) mit derInscl~rift kbdescl~ lejnhceh, „heilig dem Jahve" befestigt.9 61, Anhang: Die Gottgeweihten,Keben den eigentlichen Gottesmäiinern, den Priestern unclPropheten, kannte der Jahvelrult noch andere Foriiieil des Qottge~veilitseins:Hieroclulie aiid Nasiräat.I. Die fiir die semitisclieii Naturreligioiien bezeiclineiiclsteArt von Hierodulie ist clie Ausiibnng cler Cnzuclit imDienst CI er Gottheit. 8iIänner uncl Franeil weihten sich aufdiese Weise der Gottheit zu eigen; sie ivurcleii als Oadescheii bezeichnet.Rlit Sicherheit lässt sjcli sagen, dass diese Sitte, insbesondereclie damit verbundene widernatiirliclie Uazncht, clen israe-


§ BI.] Anhang: Die Gottgeweihten. 42 9Iitischeii Nonladen fremd war; ebenso aber aucl~, dass sie init somanchen anderen Stiicken des Ba'alsliultns in clen Jalivedienstherüberkam uncl clort ziemliche Verbreitung fancl. Tamar verkleidetsich in die Tracht einer Kadesche, um ihren SchwiegervaterJuda zu iiberlisten (Gen 38 izff.); Asa und Josaphat treibendie ,Geweihten' aus dein Land und aus dem Tempel (I Reg 15 1222 47 vgl. 1424); Ainos und Hosen eifern mit Eritriistung gegensolche Entheiligung des Heiligtums (Am 2 7 Hos 4 4 i3f. vgl. dasobscöne Wortspiel Ez 20 29) ; das Dt muss den israelitischen Männernund Frauen ansdriicklich verbieten, Hurenlohn und Hundegeld,d. 11. cleri Verdienst solcher Unzucht clem Heiligtuin zu~veiheil (Dt 23 isf.) - das alles beweist, dass schon frühe solcheUnzucht als dem Geist der ächten Jahvereligion widersprechenclerlrarint wurde, aber ebenso dass sie an den Jahveheiligtiimernstark im Schwailge gieng. Von Phönicien aus verbreitete sich clieSitte clann auch nach Griechenland und Italien.2. Unanstössig wai fiir den Jahvedienst eine andere Forinder Hierodulie, dass nämlich Jahve an seinen Heiligtümern so gutwie ein Privatinann zn bestimnltenDienstleistungen seine Sl-1 avenhatte. Dafür, dass Israeliten sich in dieser Weise clem Heiligtuingelobt hätten, haben wir nur das Beispiel des Sainnel, der vonseiner Mutter dem Jahve geschenkt wird (I Sam 1 ii 2s) ; durchden Zusatz, dass Samuel sein Haupthaar nicht scheeren uncl keinenWein trinken soll, wird er zum Nasiräer gemacht, was wohl kaiimclem ~~rspriinglichen Sinn der Erzählung entsprochen haben diirfte.Vorwiegend scheinen Kriegsgefangene clem Heiligtum geschenktworcleil zu sein. So wird von Josua erziihlt, dass er die Gibeonitenals Holzhauer und Wasseiträger dem Heiligtum zugewieseil habe(Jos 9 m), was sachlich richtig sein dürfte, nur dass niclit Josua,sondern Saloino oder ein späterer dieseVerfügung traf (I1 Cl1 r 8 7)Ebenso kann sich Ezechiels Vorwurf, dass Heiden den Dienst ain.Tempel versehen haben, nur auf solche clei~i Teinpel übergebeneGefangene beziehen (Ez 44 s). Es sind clie ~aethinz"m, die bei derRiickliehr aus cleni Exil zusammen mit den „Familien der KnechteSalomos" eine Art ,HelotenkasteC bildeten (Ezr 2 asff.).3. Eine dritte Art von Gottgeweihten waren clie Nas ir äer(1zez4,%hz, d. h. ,GeweihteL), die sich nicht als Sklaven auf Lebenszeitdem Heiligtum weihten, sonclerii durch ein Geliibde besondererEnthaltsamkeit der Gottheit dienten. Das hohe Alter derSitte wird dadurch belegt, dass clie Sage den Simson zu einem


430 Vierter Teil. TI. Die Priester. [S 61.Nasiräer macht. Das Geliibcle gieng clahin, dass der Geweihtesich cles 'Weins und aller Produkte des TYeinstocks, sowie iiberhauptalles dessen, was als ,unreinc durch die alte Sitte verbotenwar, enthielt und das Haar nicht scheeren durfte (Jdc 134 7 14).Ersteres wird von Simson zwar nicht ausdrücklich erwähiit, verstehtsicli aber von selbst (vgl. Jdc 137).Es dürfte darauf zuriickgehen,dass der Wein von Haus aus dein Jahve zuwicler war; erwar das bezeichnenclste Merkmal der kanaanitischen Kultur, vgl.das S. 176 über die Relrhabiten Gesagte, deren Gelübde dieschärfste Form des Nasiräats bildete. Noch in später Zeit ist esden Priestern verboten, während ihres Dienstes Wein zu trinken(Lev 10 sff.); beim ächten Jahvekrilt sollte der Wein eigentlichkeine Verwendung finden (Hos 3 i 4 ii), Ezechiel nennt ihn nichtunter den Opfergaben, was nicht zufällig sein dürfte. Vgl. dazudie Feindschaft gegen clen Wein bei den alten Arabern schon vorMuhammed (WRSMITH, Propliets 388); auch bei anderen Religionenfindet sie sich (vgl. DILLIIANN ZU Lev 10 s). Das langeHaar der Nasiräer war das eigentliche Zeichen, dass sie unterclem Geliibde standen: „Die Weihe Gottes ist auf ihrem Haupt(Num 6 7 vgl. Jer 7 29). Worin diese Sitte ihren Ursprung hatte,wissen wir nicht; die Deutung aus den Trauergebräuchen auf„skrupulöses Fernhalten von Ahnenbult" (STADE) ist sehr unsicher.Der gleiche Zusammenhang zwischen Haar und Gelübdefindet sich auch bei den alten Arabern : der Pilger lässt sein Haarsolange wachsen, bis sein Gelübde eingelöst ist, dann tritt er durchdie Haarschur aus dem geweihten wieder in den gewölinlichenStandzurück (WELLHAGSEN, Skizzen 111 117).Simson und Samuel werden schon vor ihrer Geburt zumNasiräer gelobt; kinderlose Prauen suchten auf dieseln Wege vonJahve Kindersegen zu erlangen. Für die Mutter galt es clann, biszur Geburt des Kindes die gleiche Entlialtung von Weinstock nnclallem Unreinen zu üben (Jdc 134).Daneben kam es jedenfallsauch vor und dürfte vielleicht (las Ursprünglichere gewesen sein,dass junge Leute selbst für Lebenszeit das Gelübcle iibernahmen.Das hohe Ansehen, das diese Geweihten genossen, geht aus ihrerZiisammenstellung mit den Propheten hervor (Am 2 iif). TVenndas spätere Gesetz das Nasiraatsgelübcle auch den Frauen gestattetund als die Regel aiisielit, dass es nur auf eine bestimmteZeit abgelegt wird (Num 6), so ist dies jedenfalls nicht urspriinglich;das Nasiräat war von Alters her naturgemass lebeiislänglicli


5 62.1 Das Opfer im altisraelitischen Kultus. 431uncl eine Sache der Männer. Durcli diese Aenderung hat aberauch sein Wert verloren: in alter Zeit war es Jahve, cler sichwie clie Propheten so die Nasiräer erweckte (Am 2 11); diesewaren Gottesmänner, Vorbilder des ächt israelitischen, Jahvewohlgefälligen Lebens uncl dariiin von hoher Bedeutung für dasganze Vollr. Im Gesetz ist das Nasiräat ZLI einer privatenuebuilgder Askese herabgesunlren, woiiiit sich der Einzelne ein Verclieilstvor Jahve erwirbt; es ist eine gottesdienstliche Handluiig, wie somanche andere a.~ich.Der besondere Charakter der Weihe kommt darin zum Ausdruck,dass der Nasiräer sich wie der Priester uncl noch ängstlichervor jeder Verunreinigung zu hüten hat. Er darf nicht indie Nähe einer Leiche Irominen, selbst nicht beim Tod seinernächsten Angehörigen. Wird er unversehens durch die Nähe einesToten verunreinigt, so ist sein Geliibde ungiltig, er muss durchein besonderes Reinigungsopfer (zwei Taubeil als Siind- unclBrandopfer, ein einjähriges Lamm als Schuldopfer s. U.) sich Jahvewieder von Neuein weihen. Ist die Zeit seines Gelübdes uni, sohat er ein Opfer zu bringen und sein geweihtes Haar in clasOpferfeuer zu werfen. Der Opfercharakter der Haarschur tritthier ganz deutlich zn tage (vgl. S. 167 und WELT~LAUSEN, Skizzen11 117 ff.).Kap. 111.Die Opfer.KURTZ, Der ATliche Opferkultus. Mitau 1862. - Rr~~ar, Ueber dasSchuldopfer : Theol. Studien und Kritiken 1854; ders., Der Begriff der Sühneim AT, ebendas. 1877. - RINCIC, Ueber das Schuldopfer, ebendas. 1855. -ORELLI, Einige ATliche Prämissen zur NTlichen Versöhniingslehre: Z. f.Christl. Wissenschaft und Cliristl. Leben, 1884. - SCHMOLLER, Das Wesender Sühne in der ATlichen Opfertora: Theol. Studien und Kritiken 1891.8 62. Das Opfer im altisraelitischen Kultus.1. Ursprung des Opfers. „Abel wurde ein Hirte ~1nc1Kai11 ein Schäfer. Und es gescliah einiizal, da brachte Kaiiivon den Feldfrüchten Jahve eine Gabe dar und Abel brachtegleichfalls ein Opfer von den Erstlingen seiner Herde" (Gen.4 2ff.). Dass schon die ersten Menschen geopfert, erscheint alsetwas Selbstverständliches; der Melisch ehrt seinen Gott dadurch,dass er ihm ein Geschenk gibt von clein, was ihin selbst mertvollist. Das ist ebenso natürlich, wie es künstlich ist, das Opfer


432 Vierter Teil. 111. Die Opfer. 62.in Israel erst diirch Mose eingeführt sein zu lassen. Dies tutP: er lrennt kein Opfer in vormosaischer Zeit, er beseitigt stillschweigendden ganzen Kultus der frolnn-ien Vorväter, ja erscheidet, um das zu eriliöglichen, Schlachtung und Opfer undlässt jene von Noah an clen Menschen erlaubt sein. Die alteKultussage schaut es anders an. Nach ilir gibt es beim Opfernkein Geheimniss, das erst durch wunderbare Offenbar~ing knndgetanwerden müsste. TVie man Opfer darbringt, das wissendie Patriarchen sclion, das weiss sogar cler Heide: der AramäerBileam versteht so gut wie die Israeliten dein Jahve ein wohlgefälligesOpfer zu bringen. Und schliesslich ist überhaupt dasIEe des Opfers sehr iiebensächlich. Die Hauptsache ist, dassman das Opfer Jahve bringt und nicht eiiiein fremden Gott,class man es mit wirklicher Ehrfurcht opfert, CI. 11. dass nlanJahve nicht das Schlecliteste, sondern das Beste gibt (Gen. 42 ff.);die Gabe muss einen Wert haben, der Mensch muss siclis et~vaskosten lassen.2. Im Uebrigen war der In halt des Opfers gleichgiltig ;Nahrungsmittel waren die näcl-istliegenden Gaben: diese sinclcler Gottheit wie clem Menschen stets angenehm. So kamenauf den ,Tisch Gottes-rot, Wein, Oe1 und das Fleisch derzahmen Tiere. Das Brot, clie getvöhnliche Kost, wnrcle sehrviel geopfert, in Verbindung iiiit anderen Speisen wie fiir sichallein (Am 4 5). Scholl frühe war es an den HeiligtümernSitte, regeln~ässige ,Schaubrote~arzubringeil. In bestimmtenZwischenräiimen wurden sie vor dem Angesicht der Gottheitaufgelegt und fielen dann clen Priestern zii (I Sam 21 7). Indieser Form hat sich das selbständige Brotopfer bis in diespiiteste Zeit erhalten. Man opferte das Brot, so wie man esnss, also für gewöhnlich gesäuert (I Sam 103, Am 4 5 )) aberebeiisogiit auch ungesäuert, in den gleichen Pälleii, in denenman selber ungesäuertes Brot ass: wenn es galt, mögliclistrasch frische Brotlciichen zu backen I, so etwa bei den Erstlingshrotenvom neuen Getreide (vgl. Jdc 6 19 I Sam 124). In clerErnte brachte inan wohl auch geröstete Sangen dar (Lev 2 i4vgl. S. 87); rohes Mehl ass man nicht, opferte es also auchDie Mazzen ("IILCCSS~~~L) sind, wie ans Gen 18 6 19 3 Ex 12 31 U. a. deiitliclihervorgeht, nichts anderes, als in der Eile gebackene Brote, clie ausdiesem Grund nicht gesänert werden, vgl. jedoch auch S. 86.


8 62.1 Das Opfer im altisraelit~ischcn Kultus. 433ilicht (I Sam 124 wird clas Mehl wo111 am Heiligtum zu Mazzeilverbacken worcleii sein).Neben dem Brot erscheinen TV e i n uncl 0 e 1, clie Haupterzeagnissedes Landes, auf Gottes Tisch. Im Unterschiecl vomspiiteren Gesetz kannte clie alte Zeit clas selbstänclige Oelopfei(Mi 6 7) : man bestrich die heiligen Steine gern mit Oe1 (Gen 281s).Auch. die Sitte, heilige Persorien iincl Geräte zu salben, dürfteaus den Oelopfern entstanden sein. Die Weinlibation spieltenicht die grosse Rolle, wie in1 alten Griechenland. Als selbstäiicligesOpfer wird sie nirgencls erwähnt, dagegen fehlte siebeim Opfermahl nicht (I Sam 124).Die Wasserlibation istfür das Altertum durch I Sani 7 G I1 Sam 23 16 bezeiigt. Dasspätere Gesetz kennt sie nicht mehr. Doch hat sie sich naclider Traditioii des Talinucl in cler nachexilisclien Feier cles Lanbhiittenfestesbehauptet.Das Tier o p f e r war besonders wertvoll, weil selten, nurbei festlicher Gelegenheit ~vurcle eiil Tier cler Herde geschlachtet.Sonst bestand kein wesentlicher Unterschied zwisclien blutigenund unblutigen Opfern. Es scheint alte Sitte gewesen zu sein,nnr Haustiere, nicht auch von der Jagclbeute zu opfern. Dassdies nicht urspriinglich war, sieht mall darsil, class aucli vondem erlegten TVilcl das Blut ziir Erde gescliiittet werden inusste,was ursprünglich nur clen Sinn haben konnte, class man es fürdie Gottheit ausgoss. Ob die Sitte, clas Wilcl nicht zu opfern,damit z~~samrnei~liing, dass es als Eigentum Gottes galt, mähreiiclnur von1 Eigentum cles I\/lenschen geopfert werden sollte,erscheint fi-aglich.Es entspricht cler lrinrllichen Naivität des Altertums, dassinan vorzugsweise essbare Gegenstände opferte. Es haben sichaber Spilren erhalten, dass aucli andere Erzeugnisse des Landesauf den Altar kamen. Unter den Abgaben an die Priester, cliezweifellos zuerst Opfer für Jahve wareil, wird auch Wolle undFlachs genannt (Hos 27 Dt 184). - Das alte, echt israelitischeOpfer ist natürlich das Tieropfer; die Früchte cles Felclesdarzubringen, haben die Israeliten von den Icanaailiterngelerilt.Auch das Me 11 s ch en o p f er lernten sie wohl erst in Kanaankennen. Der Cherem war eiil solches Menschenopfer im Grossen(I Sain 153 ff. 33 S. S. 363). Wenn Jephta gelobte, in1 Fall desSieges Jahve das zu opfern, nras ihm zuerst aus seinem HausB enzing er, Hebiaische Aichaologie. 28


434 Vierter Teil. 111. Die Opfer. [§ 62.entgegenlroiiiine, so erwartete er jedenfalls nicht, dass diesein Schaf oder ein Hund sein werde (Jclc 11 31) ; uricl m7ennDavid den Gibeoiiiten sieben Sauliclen aiislieferte, dass sie dieselbenvor Jahve aufhingen, so wird nian dieser Procecl~ir denCharalrter eines Opfers kaum absprechen lrönneii (I1 Sain 21 9ff).Solches geschah allerclings niii in Zeiten grosser Not (vgl. I1 Reg3 27)) und war etwas ganz Exorbitantes. Sonst machten die Israelitenclen Gräuel des Kinderopfers, wie er bei den Kanaaniternin1 Schvang war, nicht mit. Dass Jahve das Kiilderopfer nichtwill, soll die Erzählung Gen. 22 zeigen; clamit bev-eist sie zugleich,dass es docli in einzelnen Gegenden geübt wurde. Erstin späterer Zeit, unter Manasse, begann clie Vorstelliiilg einzudringen,dass man Jahve als AIelech mit Kindeiopfern zu verehrenhabe (11 Reg 21 G vgl. Mi G 7).3. Die Form , in der das Opfer dargebracht wurde, warsehr einfach. Mit dem Oe1 bestrich man den heiligen Stein (Geil28 M), clen Weil1 goss man vor Jahve zur Erde (I Sam 7 (;), dasBrot stellte man im Heiligt~im auf (I Sam 21 58.). Schlachteteman ein Tier, so liess man das Blut desselben auf den AltarJahves, CI. h. auf den heiligen Stein, auslaufen (I Sain 14 32 E.).Die alten Araber lceiinen keine andere Weise zu opfern; rolleinem Altar als Herd, vom Verbrennen einiger Stüclre des Opfersist lreine Rede (WELLHAUSEN, Skizzen 111 113).Es ist schon eine Verfeinerung der Opfervorstellung, wenn aiiStelle dieses Ritus das F e u e r o p f e r tritt. Die urspriiilglicheVorstellung war die, dass die Gottheit clie hingestellte Gabeselbst verzehre, ganz wie man in demselben Glauben noch späterdie Opferspeisen auf ein Grab legte. Das Verbrennen ist einefeinere Art der Applikation; fiir ein geistiges 'Weseil ist derGeruch, „die am wenigsten niaterielle Form des Geniessensu,clie allein angemessene. Daher wircl clas Opfer als „ein liebliclleiGerucliu ( r&~h 1zich6cwIO fiir Gott bezeichnet; das Verbrennenist ein „in Ranch aufgellen lassenLL (kc~.tl&~). S~puren cles ältestenBrauches haben sich erhalten in cler Form cles Totenopfers (s.o.),in den Schaubroten und namentlich beim blutigen Opfer. DerRitus des Sprengens bezw. Acsschiittens cles Blutes Iiat allezeiteine hervorragende Bedeutung behalten, anders liesse es sichnicht erldären, wie er später gerade zu den1 wesentlichsteri Alctdes Tieropfers wurde. Sonst aber war clas hebräische Ol3fer inalter liistorisclier Zeit gewöhnlich ein Feueropfer. Was maii dem


9 62.1 Das Opfer im altisraelitischen ICultus. 43 5Jahve schenken wollte, verbrannte man auf dem Altar, das Brotso gut wie das Fleisch (Am 4 5). Und zwar iibergab man dieFleischstüclre nicht roh, sondern zubereitet, gekocht der Flainine(Jdc 6 19 I Sam 2 laff.). Nach der Grösse des Anteils, den Jahveerhielt, unterschied inan zwei Arten von Tieropfern 'blrih nndceohnch (bzw. schelein, zebhcccl~ schelrinzinz). Der Unterschiedwar niir ein quantitativer, lrein qualitativer. 'Oldh bezeichneteeigentlich nichts anderes, als den auf den Altar kommendenTeil des Tieres. Als Ausdruck fiir eine bestimmte Opferart istC A rol(d~ dasjenige Opfer, bei ~velchem das ganze Tier verbranntwurde, clal-ier clie ursprüngliche und genauere Bezeichnung dieserOpfer als kiilil, d. h. holocanstum (I Sain 7 9 Dt 33 10). Beiin%e6hacl~ dagegen wnrde nur ein Teil der Altarflamme übergeben,iegelmLssig, wie es scheint, clas Fett (I Sam 2 15). Dass von1Fleisch etwas iii Rauch anfgieng, war nicht notwendig uncl magbei kleineren Opfern manchiilal iinterblieben sein. Jedenfalls warder Anteil Jahves - und dazu gehörte natürlich auch das, wasden Priestern zufiel - durch kein allgemeines Gesetz geregelt.Das mag zum Teil iin Belieben des Opfernden gelegen habenoder an den grösseren Opferstätten durch lokale Tradition geordnetgewesen sein. Selbstverständlich war, dass Jahve vombesten Stück erhielt. Ob sich zehlzcrch und schelern irgendwiedurch clie Grösse der Gabe an Jalive unterschieden haben, istllicht zu sagen, clie scheldnztlrk erscheinen als feierlichere Opfergegeiiiiber dein aebhach. Bei diesem Verhältniss von se6hachund "cildh erklärt es sich, dass ersteres das Gewöhnliche, letzteresdie Ausnahme war. Wo schlechtweg von Opfern die Redeist, haben wir immer an zebhnch zu denken (vgl. I Sam 2 izff.).Die 'dlcill wird nicht hiufig erwähnt; meist handelt es sich dabeiuiii mythische Opfer. Für gewölinlich erscheineil neben einer'blih noch zebhcCcl~ln7, begreiflicher Weise, denn wo man inehrereTiere schlachtete, da entfiel auf den Anteil der Gottheitein ganzes Tier. Der Wüide des Königs und der Giösseseines Hofhalts entsprach es, dass in seinem Heiligtum häufiger,wenn auch in alter Zeit nicht wie später alltäglich, Jahve eil1Ganzopfer verbrannt wurde.('lharalrteristisch für clas zebhnch ist,, dass sich mit dein gewöhnlichenOpfer immer ein 0 p f er nl ahl verband. Man schlachteteja bei festlicher Gelegenheit, um selbst Fleisch zu essen; dass, dabei Gott das Blut und etwas vom Fleisch gegeben wurde, machte


436 Vierter Teil. 111. Die Opfer. [D 62-clas Schlachten zuin Opfer, das Festmahl zuin Opferinahl. NurWO man aus ganz besonderen Gründen eine '&%/L allein verbrannte,fiel dieses Mahl weg. Sonst war Opfern soviel als Essenund Trinken vor Jahve (Dt 121s u. o. Ex 32 G Jclc 9 27 I1 Sam15 iif. Am 2 s LI. a.); auf der 6dn~dh staild neben den1 Altardie Hütte zur Unterlrunft für die Speisenden (I Sam 9 22 Jer 35 2).Dabei ist eine selbstverstäridlich einzuhaltencle Regel, dass,wer Gott nahen will, „heiligu, d. h. kul ti s cli rein sein muss.Dazu gehörte zunächst die l~örperliche Reinheit: inan legte frischgewascl~ene schöne Kleider und Scl~muclii an (Ex 112 f. Hos 2 15 ;der Schmuckhat in alterZeit meist religiöseBedeutung als Anlulet).Was man sonst etwa noch darunter verstand, sieht inan beispielsweiseaus T Sam 21 aff. Die Teilnehmer an1 Opfermahl „heiligtenLcsich vorher, d. 11. sie nahmen clie nötigen Lustrationen vor(I kbin 165 Ex 19 10 14).Besonclere Cereinonieii scheinen sich ausserclem schon frühebei bestimmten Opferarten aiisgebilclet zu haben, so bei den Reiniguilgsopferil(s. U.), uncl namentlich bei dem Opfer, das einenVertrag besiegelte (Gen 15 s ff. Ex 24 ziff.) I.4. B e cl e u t u n g des 0 p f er s. A6px $EOU< X E L ~ . ~ 66p' , d60iousP./.o!hfjas. Wie man vor dem König nicht init leeren Händenerscheint (Jdc 3 17ff. I Sam 10 27 I Reg 6 I), so bringt inan auchGott, wenn man sein Angesicht suclit, ein Geschenli- um ihmzu hulcligen (Mal 1 s), ihn gnädig zu stimmen, eine Bitte zuunterstützen (Gen 28 ~off.)~. Das Opfer ist eine Gabe an Gott,daher seine allgeineine Bezeiclinung als mit~c/lcih (Geil 4 38.I Sam 2 17 U. a.; bei P &016&12). Eine besondere Belelii-ungiiber die Bedeutung des Opfers ist clesshalb tiiinötig uncl wirdauch im A. T. nicht gegeben. 1111 Einzelnen ergab sich derZweck aus der Situation. Anlässe zu111 Opfern bot das LebenGen 15 s gehen die Bui~desschliessenden zwischen zerlegten Tierenhindurch. Darin mag vielleicht eine syinbolisclie Andeutung liegen, dass esdein Biindesbriichigen gehen soll wie diesen Tieren. Ex 24 eff. wird dieHälfte des Bluts auf den Altar geschiittet, mit der anderen das Volk besprengtund so eine Blutsgemeinschaft hergestellt. Anderweitig erscheintiibrigens das blose gemeinsame Ollfermahl als Bekräftigung des Vertrags[Gen 31 54).Interessant ist, wie hiemit völlig übereinstiinmt clie Anffassiing desOpfers bei den alten Griechen als Tribut iind schuldiger Ehrengabe an dieGottheit, von welcher der n1cnsch abhängig ist (NAEGELSG.ICII, HomerischeTheologie 186).


8 62.1 Das Opfer im altisraelitischen Kultus. 437in Hülle und Fülle, bald fröhliche balcl traurige: wenn Kor11uncl Obst, Wein iind Oe1 geerntet waren, so brachte inanGott den schuldigen Dank, huldigte ihm als dein Geber allerguten Gabe ~mcl erflehte seinen weiteren Segen; mal1 heiligtemit dem Anbruch zugleich die ganze Ernte (Hos 9 4). Velinein Kind entwöhnt, eine Hochzeit gefeiert, ein geachteter Gastgeehrt werden sollte, so vereinigte ein froher Schmaus mit Opferdie Hausgenossen (Geil 21 s U. a.); schloss man einen Vertrag,so musste ein Opfer ilin besiegeln (Gen 31 54 U. a.); wer einwichtiges Unternehmen vorhatte, bat Gott im Opfer uin seinenBeistand; vor der Felclschlacht wurde mittelst Opfers das Oralielhefragt und Jahve um Hilfe angegangen (I Sarn 13 sf.). Iilsbesonclerekleiclete sich diese Bitte um Jahves Hilfe gerne ein indie Form eines Geliibdes : „Wenn Jahve mit nlir sein wird, sowill ich ihm dies und jenes opfernu (Gen 28 zoff. Jdc 1130).Sachlich machte es aber keinen Uiiterscliied, ob ein Opfer freiwilligerDaiili ocler Jahve angelobt war. Weitaus clie meistenOpfer mögen solche Dailli- uncl Bittopfer gewesen sein. Wenigereillpfahl es sich, wenn Jahve grollte, seinen1 Zorn mit Opfernzu bcgegnen. Man versuchte dies wohl aiich, namentlich durchVermittlung des Priesters (I Sam 3 14 26 19); iil solchen FRllenwar es unpasseilcl, mit Jalive selbst zu Tische ZLI sitzen, uncl manverbrannte lieber das ganze Opfer als '61&h. Aber das Geratenstewar clocli, die Aufinerksamlieit cles ziirnenden Jahve nicht nochbesonclers auf sich zu lenlien, sondern still seineil Zorn übersich ergehen zu lassen. Erst wenn cler Zorn sich ausgewirlit undgelegt hatte, war es die rechte Zeit, mit Opfern zu nahen undvolle Verzeihung zu erflehen (I1 San1 24 i5 ff.).Die alte Vorstellung gieng nun dahin, dass Jahve das Fleischesse und Blut und Wein trinke. Daher heisst das Opfer „dieSpeise Jahves" (so noch Lev 3 ii). Man wählte iiiit Vorliebezum Opfer das, was dem Menschen zur Nahrung cliente: Brot,Fleisch, TVeiii, Oel. Als Gaben, welche die Gottheit selbst denMenschen verliehen, mussten sie ihr um so willkommener sein.Man brachte sie auch iri der gleiclieri Foriil dar, iii melclierder Mensch sie genoss: (las Korn zu Brot verbacken, clie Olivenals Oel, das Fleisch gekocht. Das Opfer blieb immer ein Mahlfür clie Gottheit; cliese findet sich in1 Heiligtum ein, uiil dasMahl zu verzeliren (Jdc 6 21 cf Nun1 23). Damit verband sich sogleichder weitere Begriff der Tischgem einscliaft des Opfern-


438 Vierter Teil. 111. Die Opfer. [B 63-clen mit Gott. Der Israelite bereitete cler Gottheit ein Mahl;er setzte sich dann aucli selber an deii Tisch iincl genoss vonclen Speisen der Gottheit. Diese war der Wirth, der Opferndeder Gast. Es ist allgemein semitische Anschauung, class ein gemeinsamesMahl zwischen cleii Teilnehmern eine Bundesgeiiieinschaftstiftet. So stellte auch das Opfer z~visclieil der Gottheitund den Gästen und zwischen den Gästen untereinander eineKommunion her. Auch clie alten Araber hatten das Opfermahlin der Becle~itniig eiiies Mediums saliraler Genieiiischaft zwischender Gottheit und ihren Gästen (WELI,I-IAUSEN, SliizzenIII 119 f.).Daher cliirfte clas schelenb den Nameii haben. Wenn die Propbeteildas Opfern als Fleischessen verspotten (Hos 8 i3 Jer 7 ai),so zeigt clas nur, class das Volk anders davon hielt; es liandeltesich für clen Volksgla~ibeii uni reale Verhindiing init der Gottheit.Deutlich sieht man hierin, dass jedes Opfer ursprünglichStamm- oder Familienopfer war. Familie iiiicl Gesclilecht sirlcldie ältesten Salcralgemeinschaften. Kein Prernder darf dein Opfermahlanwohnen, sondern nur, wer zur jkdhdl, zur gottesdienstliclienGemeinde gehört.So waren die alten Opfer fröhliche Feste, bei cleneii sichcler alte Israelite seiner Gemeinschaft mit Jalive freute. Siehatten nichts von cleiii düsteren Zug, den das s.i~ätei Opfer ansich trägt. Kein Siihnebeclürfriiss triibte ihre Heiterkeit, vieliiielirwar jecler der göttlichen Gnacle ge~viss uiicl froh. „Sich freuen,essen und trinken vor JahveLL ist noch iin Dt Bezeichnung fiirdas Opfer, Uiid dass es dabei inaiichmal z~i recht a~isgelasseneiirZechen kam, zeigt der Verdacht Elis gegen Hanna (I Sn 114vgl. Am 2 s). „Alle Tische siiicl voll Gespeis nncl Unflats" sagtJesaia (28 s) vom Tempel in Jerusalein.$j 63. Die Umgestaltunig des Qpferwesens unter dem Einflussder Gentralisation des Kultus.Eiii doppeltes war clie Folge cler Centralisatioii des K~~ltusfiir das Opfer: 1) formell die Ausbilclung eiiies li~mplizi~ten Ritualsmit entsprechender \VertschSCtzung desselben ; 2) ninterielldie Abstreifung des individuellen Charakters iincl clie Verleihungeines allgeineiiien, abstrakt gottesclieiistliclien Cliarnlrters.1. So lange jeder Israelite bei allen Gelegeiiheiten sein Opferdarbrachte, wo uiicl wie er wollte, an eineiii grösseren Heiligtummit Priestern oder auf einem in~p~ovisirteii Altar, konnte sich


5 63.1 Die Umgestaltung cles Opferwesens. 439kein einheitliches Ritual aiisbilclen. Abgesehen von dem Ausgiessencles Blutes und dem Verbrennen der Gabe mochte esein Jeder halten, \vie er wollte. Ebenso natürlich aber war es,class, sobald es grössere Heiligtümer init ständiger Priesterschaftgab, clort eine bestimmte Praxis sich entwickelte, z. B. beim Tieropferin Betreff der Art uncl Weise der Darbringung des Fleischesoder in Betreff der IKenge dessen, was an Jahve abzugeben war;von diesen Gaben miissten ja zngleich auch clie Priester leben.Weiterhin versteht es sich als eine Sache der Ordnung sehr leicht,dass n. B. an dein grossen königlichen Heiligtum nicht jederselber opfern durfte, soilderii die Priester ihm clieses Gescliäftabnahmen. Wohl oder iibel niiisste sich der Laie in solcheSchinäleriing seiner Rechte finden, wenn er clort opfern wollte.Er tat es ohne grossen Zwang, hatte er cloch clafiir clie Garantie,dass sein Opfer, von1 Priester clargebracht, Jahve sicher ~volilgefälligwar. Mit der Ausbilclui~g eines iiber das einfachste IiiilausgehendenRituals ist unmittelbar gegeben, class auf cliesesCereinoniell ein entsprechender Wert gelegt nircl. Um der Artuncl Weise millen, wie in Jerusalem clie Opfer dargebracht \TTurclen,erschienen sie clort mehr als anderswo Gott angeilehin. Magclas auch ziiniiclist nur Volksglaube gewesen sein, - die PriesterJverclen sich gehiitet haben, ihn zu zerstören, lramen solche Anschauungencloch ilirem Heiligtum, also dem rechten Gottesclienstzii gut.Die einzelnen Stufen, welche dieser Process dnrchgeniachthat, können 7) ir nicht n~ ehr J-erfolgen. Das Resultat desselbenliegt uns in P vor. Dort erscheint als das weseiltlichste ain Opferdie legitime Porin, clie Technik; seine Opfergesetze gehen in Vorschriftciiüber das TVann, 71ro uncl Wie cles Opfers auf. „%Ianlrönnte meinen, aucli nTenii ein Opfer einem anderen Gott dargebrachtwiircle, wiircle e$ durch cleii legitimen Ritus an sichgleichsain jalivistisch von Natur sein". Diese Borm ist so weniggleicligiltig, dass sie sogar clen Hauptinhalt cler Siriaioffenbaruilgausmacht. Dariii liat sich Jalivcs Gnade vor dlem gezeigt, classer sei11 Volk iin recliten Gottesclienst unterwies. Auch clas liatseine historischen Griincle. War der ganze bisherige Gottesclienstnacli dem Urteil Gottes in der Gescliichte selbst als siindig erwiesen,so musste man nach dein Exil auf heisere Weise Gott ziiclieiieii s~iclien. Die Propheten liatten freilich bei ihrer Polemikein anderes im Auge : sittliclier 'TVandel vor Jahvc war für sie clas


440 Vierter Teil. 111. Die Opfer. [§ 63. -einzig Wiclitige. Aber was lag näher, als dass, wer es gnt nlitdem Volke meinte, sein Augenmerk daneben auch auf clie aussereiiFormen cles Gottesdienstes richtete? Ezecliiel ist vorangegangen,(las Priestergesetz nachgefolgt. Eeicle Iiaiicleln unter clein Gesichtspunkt:dieses sollt ihr tun ~mcl jenes nicht lassen. SollIsrael fernerhin wirklich ein heiliges Volk sein, so lrann aiicli dasKleinste in seinem Leben, das Ae~sse~liclie an seineiii Kultusnicht gleichgiltig sein.2. Schon in dieser Wertschätzung des Cereinoiiiells liegteine materielle Verändernng. Nicht mehr wie friiher als Gabedurch seinen Inhalt, auch nicht als Aii~drnclr einer iniiereii Stimmungist jetzt das Opfer Gott wohlgefi&llig , sondern als gottesdienstlicheHandlung, die genau so und nicht aiiclers verrichtetwird, wie Jahve es durch den Priester befiehlt.Noch wichtiger ist ein Anderes: das alte Opfer war aufsengste mit den 'IQecliselfallen cles Lebens verbunden, diese gabenihm seine Bedeutung. Eben daiiiit hing der Opferdieiist am Lolral,ein Orts~vechsel iiiusste auch eine Aenderuilg cles Charakters mitsich bringen. Durfte der Israelite nicht mehr zu Eaase opfern,musste er erst clie Reise nach Jeriisaleiil machen, so war dieverbindungrles Gottesclienstes init dein Leben zerschnitten. In seinerHeimat feierte er seine Familien- und Geineindefeste, iii Jernsalembrachte er seine Opfer dar. Jene, die E'cste, verloren ihregottesdienstliche Weihe, dieses, das Opfer, seinen individtielleilCharalrter. Wenn der Israelite znm Opferii nach Jer~~saleni zog,war es dort eine rein gottesdienstliche Handl~~ng, clie er verrichtete;nichts von weltlicher Freude war mehr dabei, das ~ileltlicheFest wurde vorher oder nachher zu Hause gefeiert. DieOpfer wurden natiirlich aucli seltener; zum Heiligtum pilgerteman in alter Zeit etwa einmal im Jalir (I Sam 1). Jetzt warendies die einzigen Opfergelegenheiteii. Schwerlich gieng der frommeIsraelite bei jedem lrleineii Anlass, bei den1 er friiher geopfert,nach Jerusalem liinauf. Den feierlichen Dank fiir das ganze Jahrsparte er sich zu der einenWallfahrt auf, wo er da,nit, um Jahvenicht zu kurz kommen zri lassen, ein ganzes Tier a~if den Altarbestimmte, statt wie in alter Zeit sich selbst als Jahves Gast initzu Tische zu setzen. Was liatte es auch für JQert, in Jerusaleinein Opferinahl zu halten? Seine Familie, seine Verwandten unclGefreundeten, alle die zu Ha~ise die kleiile Saliralgemeinde gel~ildethatten, waren ja doch nicht dabei. Umgelrelirt liatte er seinen


8 63.1 Die Umgestaltung des Opferwesens. 44 1Jahve nicht mehr für sich allein, er war nur ein verscliwinclendesGlied der grossen, ilim sonst fremden Gemeinde. So fiel mit derCentralisation allmählich das Opfermahl. Wie viel damit von deralten Bedeutung des Opfers schwand, lässt sich aus dem oben(S. 437f.) Gesagten ermessen. Nirgends kann inan clen ganzen Abstandder alten uncl cler neuen Betrachtung der Opfer besser ersehen,als wenn mall die alte Opfermahlzeit init ilirer Gruiidideeder Coinmunion vergleicht init dem Opfer, das der Priester täglichfiir die Gemeinde darbringt: so sehr ist bei diesem die Anmesenheitder Gemeinde Nebensache, dass das ganze Opfer, auch ohnedass eiil Meiiscli dabei ist, lecliglich dadurch perfekt wird, dass derPriester es legitimer Weise verrichtet.An Stelle der speziellen Anlässe, welche dem Opfer die iiiclividuelleF&rbn~ggegebeii,trittjetzt ein allgemeiner AnlassundZweckbei allen Opfern: clie Sünde uncl ihre Siihne, sei es dass dasOpfer geradezu fiir bestimmte Sündeii als siihnendes Opfer dargebrachtoder dass es in1 allgemeinen auf die siinclige Unreinheitbezogen wird. Auf einer Uebergangsstufe steht noch Ezechiel. Erhat schon die durchgängige Beziehung cler Opfer auf die Süncle(45 15 fY ), aber noch keine ausgesprochene Theorie dariiber.Jedenfalls teilt er noch nicht clie Theorie von P, dass clie Siihnlrraftcles Opfers iiil Blut liege (Lev 1711). Denn alle, auch dieunblutigen Opfer sind ihm so ziemlich gleichwertig, während beiP eben iii Folge dieser Anschauung die unblutigen Opfer ganz iiiden Hintergrund gedrängt sincl. Diese Siihne durch das Blut istiin übrigen bei P als eiii lllgsterium behanclelt, iiber das keinweiterer Aufscliluss gegeben wird ; es ist einfach göttliches Gebot,Anordnung der göttlichen Gnade. Die Frage, wie diese mysteriöseKraft cles Blutes zu erklären ist, ob, wie die traditionelle Auffassungwill, clabei an eine Stellvertretniig zu denken ist, gehörtin die alttestamentliche Religionsgescliiclite; hier sei zu ihrerBeantwortung nur soviel iin Voraus bemerkt, dass alle einzelnenVorschriften über das Opfer bei P nicht über die Bedeutung desOpfers als einer Gabe an Gott liina~~afiihren, ~vährencl clie alteIclee der Kornmuiiioii, wenn nicht ganz verschwindet, doch starlrzurücktritt.Die These RITSCHL'S (Rechtfertigung und Versölinung I1 68ff. 184ff.),dass sich die ,Kapparah1 beim Opfer nicht auf die menschliche Siinde, sondernauf die lrreatiirliche Schwachlieit, die nicht als Siinde betrachtet werdendürfe, beziehe, bedarf eigentlich kaum der Widerleg~ing. Einem christliclienDogmatiker steht es natürlich frei, was er nntci Sünde verstehen will; das


442 Vierter Teil. 111. Die Opfer. [8 64-ändert aber an der Tatsache nichts, dass das Priestergesetz nun einmal dasGebiet der kultischen (levitisclien) Unreinheit (s. S. 484ff.) unter den Begriffder Sünde befasst. Des Näheren kann hier auf die der Opferordnung zaGrunde liegende eigentümliche jüdische Auffassung der Sünde niclit eingegangeilwerden (vgl. STADE, C4VJ 12507ff., SYEND 319ff.). Der Gedankeder Bedeckung der menschlichen Schwaclilieit gegeniiber Gottes Najestätist dern liebräischen Opfer aller Zeiten ganz fremd. Nirgends ist die Rededavon, dass der Opfernde durch sein Opfer Schutz vor der lcbenvernichtendengöttlichen Heiliglreit sucht.Der termirius teclinicus fiir die Opfersiihne, 7~i2jpe?-, darf nicht aus derursprünglicheil Wortbedeutnng, die vielleicht ,bedeclrenL gewesen sein mag,erklärt werden. Bei P ist das Wort schon vollständig technischer Ausdruclrfür dieVollziehung cler Sühne geworden und wahrscheinlich als deuonlinativvon 7~6pTze~ zu erklären (vgl. WELLIIAUSEN, Geschichte Israels I 66).Ein weiterer Ausdruclc dieser Unlwancllung cles Opfercharaktersist darin zu sehen, class dieprivatopfer gegenüber den offiziellenGeineindeo pfern stark zuriicl~t~eten. Tag für Tag werden 111orgeiisund abends je zwei einjährige Läminer als Brandopfer (tRn~irl)von cler Geiileincle dargebracht. Solcl-ie regelinässigen, tveilil auchnicht geracle täglichen Opfer mögen iin I~öniglichen Teinpel sehrfriihe dargebracht worden sein. Schon fiir clie Zeit cles Ahaz wirdeine 'dl&/~ ds Morgen-, eine niiizehdli als Abendolsfer bezeugt(I1 Reg 16 15). Allein die Bedeutung cler Privatopfei w~~rcle cladurchkeineswegs abgeschtvächt. Erst bei P ~vircl clas Tamiclilicht nur inhaltlich gesteigert zu einer doppelten 'Blcih, ~vozunoch ein cloppeltes tägliches Speiseopfer der Priester lcomint, soncleriles nimmt iiberhaupt die beherrschende Stellung im Kultusein (vgl. Dan 8 ii-13 LI. a.). Das wesentlichste Stiick cles Knltnsist also von jedem besonderen Anlass, namentlich von der Freimilliglceitder Einzelnen ganz ui-iabhäiigig; cler Opfercliei-ist geschiehti-iicht inehr von cleii Einzelilen, soildern voll cler ganzenGeiileinde, welche auf dem Weg der Steuer clie Mittel dazu aiifbringt.Iin spiitereii Jii~leiituin ist vollends aus cler Opfergabedes Einzelneil (koi.ßci?z] eine Gelclabgabe als Beitrag zn cleiiIKosten des allgeineiiien Gottesdienstes geworden (Marc 7 ii12 42 ff.).$64. Die Opfergesetagebung bei P: I, Die Opferarten und ihreBedeutung.Bei P ist clas ganze Opfermeseii in ein scliöiles Schen1,z gebracht.Auf der einen Seite werden nni~inelir verschiedene Opferarteninit eigener Becleiitiing säiiberlich gegen einander abgegrenzt,


0 64.1 Die Opfergesetzgebiing bei P : Die Opferarten. 443auf cler anderen Seite bis ins Einzelnste gehende Vorschriften iiberMaterial und Ritual dieser Opferarten gegeben.Was die Gliederuiig cler Opfer betrifft, so herrschte iilalter Zeit eine iinenclliche ISIannigfaltigbeit sowolil rücksichtlichdes Gegenstancles cler Gabe als auch des Zweckes. Allein Wertund Bedeutung des Opfers war von clcm Inlialt der Gabe unabhängig,und eine bestimmte 'TVirkuixg nTar nicht an ein bestimmtesOpfer gekniipft. Letzteres nxusste sofort eintreten, sobalcl mallanf die Aeusserlichkeiten, das I\Iaterial und das Ritual Wert ZLIlegen begann. Aus der Verschiedenheit der Riten entstanden zunächstverschiedene Opferarten; es war nur natürlich, dass malldann auch in cler Bedeutung zn unterscheiden, jeder Opferarteine spezielle 'TVirkuiig beizulegen suchte. Aus cleni S. 441 Gesagtenerlrlärt es sich, waruni eine TJntersclieiclring, die in alterZeit nur eine nebeiisäcliliclie Rolle spielen Ironnte, niiil bei P inden V~~ciergr~ind trat: die Ui~terscheidung von blntigen und unbliitigeiiOpfern.1. Die Wein- uiicl Wasserlibationen (~legeli./~,Gnssopfer),die schon in alter Zeit lieine grosse Rolle spielten, sind als selbständigeOpfer ganz verschwunden. Wasserspenden kennt dasGesetz iiberhaupt nicht mehr (vgl. 8. 433), Weinspenclen fincleiisich nur iioch als Zugabe zu Tieropfern in bestiminten Fiilleix;Ezechiel schloss sie iiberhaupt aus. Dasselbe gilt voin Oelopfer,von dem sich übrigens in cler Salbiing der Priester und der heiligcnGeräte (Lev 8) ein unverstandener Rest erhdten hat.2. Das vegetabilische Speisopfer (min~hdl~~ liat sicherhalten als Genieincleopfer in cleii Schaubroten uncl in der täglichenMinchah der Priester. Die Schaubrote, z~völf an der Zahl,aus Peininelil gebacken, ~\~erden jeden Sabbat auf dem Sclianbrot-tiscli vor Jahve neu aufgelegt; dazu koniiiit reiner JVeihrauch.Die alten Brote fallen den Priestern zu, welche sie als ,Hochheiliges(an heiliger Stätte verzehren solleil (Lev 24 5 E.). DasSpeisopfer cler Priester wird jeden Morgen und Abeiicl init Oe1Beachtenswert ist die Terminologie bci P : Allgemeinbezeichnungdes Opfers wird &o~,biilz (früher 1izinc7tcih); nii~zc7~ci7z wird Bezeichnung einereinzelnen Opferart, xebhnch Allgemeinbezeiclin~~ng für alle blutigen Opfer,dagegen sc7beleiib und '6167~ Bezeichnungen zweier in cler Bedeiitung verscliiedeneiOpferarten.


444 Vierter Teil. 111. Die Opfer. [D 64.durchmengt ,in Brocken' (also wohl irgeiiclwie zubereitet) alsGanzopfer verbrannt (Lev 6 12 ff.). Das Privatspeisopfer wird inverschiedenen Forinen zugelassen (Lev 2). Prinzipiell als selbständigesOpfer anerkannt l, scheint es doch selten gewesen zusein; meist ist es Zugabe zu schelevz und 'dlcil~(Nuin 15 1-i~Lev 7 iiff.).Dieses Zuriicbtreten cler Mincliah hängt niit der Bühiietheorievon P zusammen. Ezechiel, der schon die Sühne als Zmleck clesOpferinstituts ansieht, schreibt koiisequei~terTTTeise aacli der Miiichahdie Wirkung der Kapparah zu (45 isff.). Dasselbe sollte manauch bei P erwarten, allein weder clirekt noch iildirekt wird hierdein Speisopfer sühneiide Kraft zuerkannt 2. Diese auffallende Inkonsequenzerklärt sich nur daraus, dass bei P als oberster Satzgilt: ohne Blut lieine Süline. Dem muss sich cler andere Gedanke,der bei Ezechiel im Vordergrund stellt, class alle Opfer dein Zweckcler Sühne dienen, uaterordnen. Die Konsequeilz der Vereinigungbeider Sätze wäre die vollständige Unterdriickung der selbständigenMinchah gewesen. Diese ist bei cler früheren Bedentniig der Miiichanicht inöglich; darum stellt P sie möglichst zuriick, so dass sieganz den Eindruck eines liistorisc2ieri Ueberbleibsels inacht, initdem P iii seinem Opferscherna i~icl-it viel anztifangen weiss.Daraus erklärt sich auch, dass P darüber nichts zu sagenweiss, in welcheii Fällen eine Mincliali selbstäiidig dargebrachtwerden soll, abgeselieil vom t&fnicl der Priester. Seine individuelleBedeutung hat das Speisopfer ganz, noch vollstäiidiger alsdas Schelem verloren (s. U.).3. Das IVeihraucliopfer (&q%r.et/z) ist der alten Zeitganz unbekannt. Es wird zuin ersten Mal von Jeremia erwähnt(6 20) uiid zwar als etwas selteiies, claher kostbares, aber auchals etwas unnötiges. Das Stillsc2iweigen der älteren Litteraturkann nicht Zufall sein; man wird also ailnelimeil inüssen, dass es' Lev 2 (dem Kern von P angehörig) hat unstreitig das selbstäncligeSpeisopfer des Privatmanncs im Auge. Die einzigen Fille, wo sonst eineselbständige lIincha11 im Gesetz erwihnt ist, sind Xnm 5 ij beim Eiferopferund Lev 5 iif. 11eim Sündopfer als Surrogat f~ir ein Tieropfer.Das Sündopfer ans Semmelinehl, das dein Aermsten als Surrogat fürein Paar Ta~iben gestattet wird (Lev 5 ii), ist ganz deutlich eine Ausnahine,welche als solche die Regel bcstätigt, dass das Speisopfer nicht siihnenkann. In den anderen Fällen (Ex 29 33 Lev 14 10-32 9 7) ist clie AIinchahimmer nur Beigabe zu einein blutigen Opfer iincl iiimmt als solclie an clerWirkung des ganzen Opfers Teil.


64.1 Die Opfergesetzgebung bei P: Die Opferarten. 44 5auch nicht lange vor Jeremia eingeführt wurde, vielleicht auseinem feiner entwickelten fremden Kult. Jedenfalls hängt seinAufkommen mit der Ausdehnung des Randelsverkehrs in derspäteren Königszeit und dem Eindringen eines gesteigerten Luxuszusammen. Bei P ist es ein ausserordentlich heiliges und wichtigesOpfer. Nicht nur darf Weihrauch bei keiner Mincliah fehlen,sonclern er wird (zunächst allerdings nur selten) als selbständigesOpfer verbrannt. Am grossen Versöhnungstag ist es das Rauchopfer, welches dem Hohepriester den Eintritt ins Allerheiligsteermöglicht (Lev 16 12 f. vgl. Num 17 ii f.). Der heilige TVeihraucli,nach besonderem Rezept angefertigt, darf von niemand für denPrivatgebrauch nachgemacht werden ; ihn zu verbrennen, ist einVorrecht cler höchste11 Priester: dass die Korachiten sich aninassenzu räuchern, bringt ihnen clen Untergang (Num 16);Aarons Söhne sterben um eines ungehörigen Rauchopfers willen(Lev 10 i f.). Wie häufig schliesslich dieses Opfer wurcle, ersiehtinan daraus, dass in den jiingsten Schichten von P ein eigenerRanchopferaltar erscheint (s. S. 401 f.).1. Das Schelem, von Haus aus ein fröhliches Opfeifest,zu dem der düstere Ernst der Sündensühne schleclit passt, mussschon bei Ezechiel der allgemeinen Regel sich fügen und sühnendenCharakter annehmen (45 isff.). Bei P wird ihm direkt nirgericls(namentlich nicht Lev 3j diese Bedeutung beigelegt; dennauch P gelingt es nicht, das Schelem ganz von seinen Wurzeln,mit denen es an den Ereignissen des menschlichen Lebens haftet,loszureissen. Dass es sich doch noch in einer gewissen Bedeutungerhalten hat, verdankt es nicht bloss der Stellung, die es frühereiiigenoinmen, sonclern ganz besonders dem Umstand, dass es ineiner wichtigen Beziehung mit den Sühnopfern übereinstimmt: esist ein blutiges Opfer. Indeni Lev 17 ii dem Blut, wo es immerauf clen Altar kommt, sühnende Kraft zugeschrieben wird, istdamit wenigstens indirekt auch dein Schelem diese Bedeutungbeigelegt. Aber als Opfer, dem sich nur nebenher die Sühne anhängenlässt, hat es kein eigentliches Existenzrecht in P, mussjedenfalls hinter den anderen zurückstehen. In sehr vielen Fällen,wo die alte Sitte ein Mahlopfer vorschrieb, hat P daraus einfacheAbgaben an die Priester gemacht, z. B. bei den Erstgeburten undclen Erstlingen (s. 5 66).


446 Vierter Teil. 111. Die Opfer. [8 64.Iin einzelnen lrennt P drei Arten des Schelem: t6clcih. ~zedev, ?teclcibldi~(Lev 7 128.). necler ist das bei irgend einein Anlass, ineist für den Fall derErhörung einer Bitte, Gott gelobte Opfer, ~aedciblz&h das freiwillige Opfer,das ohne solches Versprechen aus freiem Antrieb dargebracht wird. lJTiesich aber davon die t6clcih, das ,UankopferL, unterscheiclet und warum letzteremein höherer Grad von Heiligkeit zukommt, ist nicht recht einzusehen; dennjene haben gleicherniassen den Sinn eines Dankopfers. Es scheint, dass dieZweiteilung in 17ecTer und nedcibhci7~72, die ältere war: Lev 22 17-25 und Num15 1-16 (Heiliglteitsgesetz) werden diese als zwei Unterarten nicht bloss clesSchelem, sondern auch des Brandopfers unterschieden, was entschieden dassacl~lich und historisch riclicigere ist. An letzterer Stelle ist die t6dGh garnicht erwähnt, an ersterer ist sie an ganz unpassendein Ort (V. mf.) nacligetragen,aber nicht mit ihrem ganzen Ritual, sondern nur mit einer Einzelbestimmung.Hier ist nur zweierlei inöglich: entweder ist eine vom Verfasservorher vergessene Einzellieit des Rituals hier noch von ihm nachgetragen,dann gebraucht er t&d&7% als allgeiueinen Ausdruck f~ir neder. undnedcibkklz zusammen; oder t6dclh bezeichnet eine besondere Opferart, dannkann clcm ganzen Zusammenhang nach (wie auch derVergleich init nun^ 15 3zeigt) diese Vorsclirift nur von spiiterer EIailcl zur Ausgleicl~un~ nlit Lev7 15 nachgetragen sein.Demgemäss ist die Bedeutung des Schelem als selbstst%iidigenOpfers bei P die: in erster Linie steht allerdings noch (wasauch früher eine Hauptsache war) cler Charakter als Daiikopfer,das der Israelit aus freiem Herzen, ocler weil er es vorher gelobthat, Jahve darbringt, sei es aus irgend einem besonderen Anlassoder als Ausfluss allgemeiner Danlresstiinmiing '. Aber cliese Eecleutnngist doch schoii recht abgeblasst und erscheint mehr alseine historische Reininiscenz. Das Schelem ist eine gottesdieiistliclieHandluiig geworden, die man ohne jeden besonderen Aiilassvollziehen kann. Das ist clas Richtige an cler I-iergebrachteiiDeutung als ,HeilsopferL, das sich auf die Pöiclerung des Heilsim allgemeinen beziehe. Als solche gottesdienstliche Handlniigclient auch sie dem einen Hauptzweclre des ganzen Gottesdienstesbei P: der Siindeiisühiie.2. Das Brandopfer ist auch jetzt noch gegenüber dem Schelernein Ganzopfer. Dazu konimt insofern eiii TTriterschied in der-Dass es bei P (wie in alter Zeit sehr häufig) auch als Bittopfer dargebrachtwurde, ist dnrch Lev 7 iiff. ausgesclilossen, und nichts rechtfertigt,dass Inan im Gegensatz zu dieser Stelle den Kamen sclbelenz so deutet, dassdarin ein Bittopfer enthalten sein müsse (KEIL). P erwähilt überhauptnirgends ein Bittopfer; statt solche darzubringen, scheint es ganz allgemeineSitte geworden zu sein, zur Unterstützung einer Bitte Jalive ein Opfer nurzu geloben. Wer Jahve um etwas bitten wollte, konnte nicht iniiner vorhernacli Jerusalem reisen.


0 64.1 Die Opfergesetzgebiin bei P: Die Opferarteil. 447Becleutuiig, als das Rrandolsfer viel leichter den allgemeine11gottesdienstlichen Charakter uncl clie Beziehung auf clie Süiideangenommen hat. Von den eigentlichen Sühnopfern im engstenSinn nnterscheiclet es sich dadurch, dass es nicht wie cliese fiireinen speziellen Fall zur Erlangung der Vergebung für eine einzelneSünde vorgeschrieben ist. Es wird überhaupt gar nichtsdarüher hestirilmt, in welchen Fällen ein Brandopfer iin Unterschiedvon anderen Opfern darzubringen ist. Diese auffallendeTatsache, die wir auch bei Minchah uncl Schelem gefunden haben,erkliirt sich claraiis, dass es selbst für clns Priestergesetz nichtmöglich war, bei allen den Anlässen, bei denen der alte lsraelitefreiwillig geopfert hatte, nunmehr ein Opfer statutarisch zu erlangen.Dass im Uebrigeil P bestrebt war, an Stelle des sc/~elemtnnlichst häufig eine 'ciM/~ zu setzen, zeigt sich clariil, dass er nichtnur Grass- und Kleinvieh, sondern auch Tauben zulässt (Lev114ff.), wodurch es sogar fiir den Arn~en möglich wurde, eiizBrandopfer zu bringen, wälirend dies friiher Sache reicher Leutegewesen war. Seine eigentliche Bedeutung hat das Branclopferals das tägliche Opfer der Gemeinde (till~zid) gefunden, das, bestehendin zwei jiihrigeil Lämmern, jeden Morgen und jecleil Abenclverbrannt wird und so die Grundlage des ganzen Gottcsclienstesbildet (s. S. 442).3.TTeitaus an erster Stelle steheil die eigentlichen Siihnopfer,das Siindopfer uncl das Schuldopfer. Die alte Zeitkannte diese Opferarten überhaupt nicht (vgl. X. 437). Sie fehlengerade da, wo ihre Aufzählung uilerlässlich erscheint (I Sain 314,und Dt 12). Ja selbst (las Heiliglreitsgesetz weiss noch nichts vollihneii, sondern begreift clie Opfer insgesammt unter 'BZdh und%ebltach(Lev 17 5 22 1s). Es vermeidet sogar da, wo eine Busseentrichtet wird, und später 1' ein Schulclopfer verlangt, den Ansdruck'ilscilcim (22 14). Dagegen wurden für gewisse Vergellen,wahrscheinlich kultischer Art, Geldbussen an die Priester bezahlt,welche einen wesentlichen Teil der Einnahmen dieser letzterer1bildeten (I1 Reg 12 17). Die goldenen Miiuse und Pestbeulen,welche die Philister bei Zurückgabe der Lade Jahve verehren,werclen als 'dschdn~ bezeichnet, d. h. als Sühiigeschenke; niit einerbestimmten Opferart, die 'dschilnz genannt worden wäre, liabeasie selbstverständlich nichts zu tun. Erst Ezechiel redet voll'dschd~rz und chnm'th als Opfern (40 39 42 13 44 zo 46 20, vgl. dazudie nähere Bestimmung des Süilclopfers 45 ief.). Mai1 wird wohl


448 Vierter Teil. 111. Die Opfer. TB 64-annehmen dürfen, class ihre Entstehung nicht lange vor Ezechielfällt. Dass sie aus den Biissgeldern hervorgegangen sind, wircldadurch erwiesen, dass sie allezeit den Charakter als heilige Strafabgabenbewahrt haben. Nicht Jahve, sondern deii Priesternfällt der Hauptanteil zu: sie bleiben auch jetzt noch eine Haupteinnahmequellederselben (Ez 44 29 Lev 7 7) ; der Naclidruclr liegtauf Schlachtung iincl Bl~itsprengung, nicht aiif der Darbringungdes Fleisclies, nur das Fett wird verbrannt. Ja für das Schulrlopferwird sogar ein ganz bestimmter Wert festgesetzt (Lev5 15f. 25).Was die Unterscheidung der Gebiete der beiden Opferbetrifft, so herrscht in dem Gesetz selber und desshalb auch beiclen meisten Auslegern grosseVerwirrung. Lev 5 1-13 17-19 sindzunächst als späte Stellen, welche die beiden Opfer geradezu verwechseln,auszusclieiden (s. U.). Im Kern von P (Lev 5 14-1620-26) werden dievergehen, die ein Schuld o p f er nötig machen,cliaralrterisirt als rna'al, d. h. als Eingriff in das Eigentum einesanderen. Einen ma'ccl Gott gegeniiber begeht, wer sich an demvergreift, was Jahve geheiligt ist; wir dürfen wohl zur Erläiiterungdes Begriffs Stellen wie Jer 2 3 „wer unbefugt heiliges isst,der wird 'cischdm l1 und Lev 22 16, wo ebenfalls das Essen desheiligen dem betreffenden ccc~Oj~ 'asc//~r/&h a~ifläclt, herbeiziehen.Der Möglichkeiten waren viele (Erstlinge, Zehnten etc.), wo derIsraelite absichtlieh oder unabsichtlich Gott uncl das Heiligtumbetrügen konnte. Ein ?rlacnl gegen Menschen besteht z. B. clarin,dass einer ein anvertrautes Gut ableugnet, duicli Raub und Eipressungsich Gut gewonnen hat, einen Fund verheimlicht. Darauserklärt sich auch, dass in einem jüngeren Zusatz beim Beischlafmit der unfreien Kebse eines anderen ein Schuldopfer gefordertwird (Lev 19 zi ff.); dieser wircl nicht als Ehebruch, sondernals Eigentumsschädigung angesehen (vgl. S. 139). Eine solcheVeruntreuiiiig wird zugleich als ein ma'al Gott gegenüber ai~fgefasst(Lev 5 21). In allen Fällen offenbart sich der ganze Charalrterdes Aschain in der Bestimmung, dass der Schuldige daswiderrechtlich Angeeignete zurückerstatten uncl noch ein Fünftelcles Betrags darauf legen soll; der Schuldopferwidder muss überdiesden Wert von mindestens zwei Sekeln haben.Viel uinfassender ist das Gebiet des Sünd~pfe~s. Einsolches ist nach cler älteren Opfervorschrift von P zu bringen,„wen11 ihr euch unvorsätzlicli vergeht und irgend eines dieser


B 64.1 Die Opfergesetzgebung bei P : Die Opferarten. 449Gebote, die Jahve Mose aufgetragen hat, zu befolgen untei.lassetu(Num 15 22ff.). Damit stimmt sachlich ganz iiberein die vonjiingerer Hand gegebene Vorschrift Lev 4 zff. Es läge nahe, zunächstnur an kultische Vergehen zu denken, allein diese Einschränlrungist nirgends angedeutet. Die Theorie von P gehtentschieden dahin, dass jecle Verfehlung gegen ein göttliches Gebot,such die gerichtlich bestraften Vergehen, ein Sündopfer fordern(ausgeüomnien die speziellen Fälle des Schul~lo~~fers). Inder Praxis wtii-de dies nicht geübt, die Strafe an sich schon liattenach hebräischer Vorstellung sühnende Wirkung. Dagegen begreiftes sich leiclit, dass ausser den clurch bestimmte Vergehenveranlassten Siindopfern solche regelinässig an cleii Pesten, besonclersam Versöhnungstag, fiir die ganze Gemeinde dargebracht~viirclen in Anbetracht cles allgemeinen Ziistandes der Siindeniinreinheit.Von hier aus versteht sich auch das Siindopfer bei der Weihe der Friester(Lev 8 Ex 29); bei dem ersten Opfer Barons dürfte die Darbringungeines Sündopfers lediglich darin ihren Grund haben, dass der Opferdienstein möglichst vollständiger sein soll (Lev 9). Das Siindopfer bei den schwererenlevitischen Verunreinigungen (Lev 12 G Num 6 s. U.) gehört schoneiner jüngeren Stnfe cler Entwiclilnng an.Die Gesetzesnovelle Lev 51-13 enthält in v. i und 4ff. zwei spezielleFälle von Gesetzesübertretung, die durch freiwilliges Bekenntniss zu siihnbarenwerden. Lev 5 2f. ist ein Nachtrag zu den levitischenT7erunreinigungen,wornach leichte Unreinheit, wenn die Reinigungscererilonie unterbleibt, zuschwerer wird und ein Sündopfer verlangt. Beicle Falle stimmen zu derRegel. Dass aber derVerfasser der Novelle den Unterschied von Sünd- undSchuldopfer nur dnnliel ahnt, zeigt die Anwendung des Ausclrnclres „er sollsein 'hsclahnz für seine Sünde Jahve bringen" (V. ~f), der im älteren Schuld-opfergesetz als terminus technicus fiir clas Scliuldopfer erscheint (vgl. Lev5 25). Vollends die Novelle Lev 5 17-19 überträgt auf das Schnldopfer einfachdie Bestimmungen des Sünclopfers ; denn die Bet,oniing der Unwissenheitbildet nicht, wie man vielfach erlrlärt hat, einen Unterschied von der Siindopfervorschrift,ist vielmehr nur eine Umschreibung der in jener oft wiederkehrendenFormel bischegdgkh.Aus dieser Verwischung des Unterschiedes der beiden Opfer, die niclitan den Anfang, sondern an das Ende der Entwicklung der Opfergesetzgebunggehört - Ezechiel setzt den Unterschied als ganz bekannt voraus -, erklärtsich das Schrildopfer beim Nasiräer und Aussätzigen, wo man gemäss Lev12 6 11. a. ein Siindopfer erwarten sollte. Dass es sich bei der Veriinreinigungeines Nasiräers (Nrim 6 sff.) um eine Schmälerung des Anspruchs,welchen Jalive hat, handelte, ist eine unmögliche Erkläriing. Die Hinzufügungeines Schuldopfers zu dem vorausgegangcnen Siinclopfer hin (diegewiss nicht ~irsprünglich ist) hat ihren Grund einfach in dem Bedürfnissder Steigerung der Reinigungsceremonie, wie sich eine solche SteigerungB e 11 z in g e r , Hebräische Archäologie. 29


450 Vierter Teil. 111. Die Opfer. [D 65.der Opfer auch sonst noch vielfach geltend gemacht hat. Ein zweites Sündopferlronnte nlan zum ersten nicht gnt fügen, also nahm man ein Schuldopfer,was leicht ging, nachdem seine eigentliche Bedeutung ziemlich abgeblasstwa,r. Ebenso wenig kann es sich bei der Reinigung voin Aussatz(Lev 14 vgl. V. iz, ziff.) uni einen nza'nl, begangen an Gott oder der Gemeindedurch Unfihiglteit zur Erfüllung der gottesdienstlicheii Pflichten handeln;denn dann müsste jede Unreinigkeit als ein solcher aufgefasst und mit einemSchuldopfer gesiihnt werden. Der Ritus ist ein ganz elgentüi~ilicher: dieWebeceremonie wird vollzogen (S. 459), die Blutmanipulation ist gar nicliterwähnt, dagegen wird der Opfernde mit dem Blut des Sündopfers bestrichen.Wahrscheiillich hat die alte Ritte eine solche Bestreichung mitBlut und Oe1 als Symbol der Wiederaufnahme und neuen Weihe zur Theolrratie(nicht als Reinigung, denn diese wird durch die Waschungen vollzogen)gelrannt; das Opferfleisch war der Lohn für den Priester. Nach derAufnahme brachte dann cler Gereinigte sein Opfer dar. Daraus hat derUeberarbeiter ein Schuldopfer gemacht, nicht ein Sündopfer, wie nach Lev12 6 U. a. zu erwarten wäre, weil das Ritual zu dem Wesen des Sündopfersmit seiner Blutdarbringung noch weniger als zum Scliuldopfer passte, undweil ilim bei cler Verallgemeinerung des Schuldopfers das Verständiiiss fürdeu alten Sinn des Schuldopfers verloren gegangen war. - Endlich beiinSchuldopfer, welches die Priester, die fremde Weiber genommen hatten,nach Ezr 10 iof. brachten, kann man mit dem besten Willen keinen nza'ctlentcleclren, sondern nur eine Uebertretung eines göttlichen Gebotes, welcheeigentlich mit einem Sündopfer zu sühnen wäre.§ 65. Die Opfergesetegebung bei P: 11. Das Opfermaterial.A. Drts z~fzhktige Opfei..1. Als eigentliches Gussopfer bleibt bei P iiur noch dasWeinopf er; die TVasserlibatioiien fallen gaiiz weg. 1\4it Olivenöl~~~erdeii die Getreide- und Mehlopfer begossen, auch die Brotbuchenmüssen mit Oe1 zubereitet sein.2. Das Getreide wird in verschiedenen Poriiien geopfert :als geröstete Aehren (Lev 2 14) tnit Oel; als Feininelil mit Oel;oder in irgend einer Weise zu Kuchen verarbeitet. Von letzterenwerden mehrere Arten unterschieden: im Ofen gebackene Kuchen,auf der Platte Geröstetes, in der Pfanne Zubereitetes; letzteres~valirscheinlich in Oe1 gesottene Kuchen (Lev 2 eff.). Zu jeclemSpeisopfer muss Weihrauch kommen, ebenso darf nichts ohnedas ,Salz cles Bundesc gebacken sein.DieVerfeinerung des Materials ist unverkennbar. Stattdes früher üblichen gewöhnliclien Mehls (fietliach Jclc 6 19 1 Sam124) darf jetzt nur noch feines Weissmehl (sol~th) verwendetwerden. In der alten Zeit kommt letzteres beim Opfer nie Tor.


9 65.1 Die Opfergesetzgebung bei P: Das Opfermaterial. 45 1Dass dies lcein Zufall ist, sieht man daraus, dass die LXX I Sam124 clas ~~ngesetzliclie [cemach in sbleth verbessern. Unter denselbenGesichtspunlit fällt, dass nur ungesäuertes Brot geopfertwerden darf. Das war sclin~erlich alte Sitte (vgl. Lev 7 13 Am 4 5s. S. 432). Der Gottheit wird jetzt nicht nielir in derselbenTVeisewie clen Nenschen das Mahl zubereitet; dieVorstellung, dass dieOpfergabe eine Speise für die Gottlieit ist, entspricht der fortgesclirittenenErlcenntniss nicht mehr. Desshalb wird auch dasgebackene Brot, das man in alter Zeit opferte (Jdc 6 19 I Sam1 2s Am 4 5), bei P vielfach clurch Mehl ersetzt.3. Wie der TVeihraiicli als Opfermittel bevorzugt wircl, istschon besprochen (S. 444). Auch diese Erscheinungist alsVerfeinerungcles Opfers unter den1 gleichen Gesichtspunkt zu verstehen.B. Das blz~lige Opfer1. Allgemeine Bestimmiliigen. Opferbare Tiere sindRindvieh, Kleinvieh, von1 Geflügel Turteltauben und junge Tauben.Letztere können begreiflicher Weise nur als Garizopfer verbraiilitwerden, sind also immer 'blril~. Ihre Zulassung beimSüiidopfer ist eine Ausnahme zn Gunsteii der Armen, welche dieeigentlich geforclerten Opfertiere, Schaf oder Ziege, nicht erschwingenkönnen (Lev 5 7 12 8). Von Rindvieh und Kleinviehsincl so~vohl männliche als weibliche Tiere opferbar; verlangt wirclnur, dass die Tiere mindestens acht Tage alt sind (Lev 22 21)) wasder alten Sitte entsprach (Ex 21 29). Dasselbe gilt wahrscheinlicliauch von dem Verbot, ein Tier iiicht zusammen mit clen Jungenan einem Tag zu opfern (Lev 22 2s vgl. Ex 34 zej. Selbstverständlichdarf den Tieren kein Makel anhaften, sie dürfen iiicht blindsein, kein gebrochenes Glied, keine Wunde, lcein Geschwur, keineKräze etc., auch nicht zu lange oder zu kurze Glieder haben (Lev22 azff.), ebenso wenig liastrirt sein (Lev 22 zaff.). Nur für das,freiwillige OpferC (necl&hhrih S. 446) war ein Tier mit zu langenoder zu lrurzen Gliedern zulässig. Dass unreine, nicht essbareTiere a~isgeschlossei~ waren, begreift sich von selbst. WarumWilcl nncl Fische nicht opferbar waren, ist fiir uns nicht mehrdurchsichtig (vgl. S. 443). Auch hier ist derselbe Fortschritt wiebeiin Speisopfer zu bemerken, dass nämlich das Opferfleisch nichtmehr znbereitet (geliocht), sondern roh der Altarflainme übergebenwircl. Das hängt allerdings auch daniit zusammen, dassinan iiiehr und mehr das E'leiscli gebraten und nicht gelioclit ass.29 *


452 Vierter Teil. 111. Die Opfer. [§ 66.2. ImEinzelnenist beimSchelemdie\Val~lzwischeiiGrossundKleinvieh, männlich oder weiblich, dem Opfernden freigegeben(Lev 3); immer aber sollte eine Minchah dabei sein (Lev 7 iiff.).Das zu jedem Tier gehörende Mass von Peininehl, Oe1 und Weinist genau festgesetzt (Num 163ff.).Zuin Br an d op fer sollteii nur männliche Tiere geiloiiimenwerden; die Wahl war freigegeben, auch Tauben waren erlaubt(Lev 1 iff.). Dass auch das Brandopfer stets von einer Minchahbegleitet war, wird wenigstens für die ältere priesterliche Praxisdurch Num 153ff. (Heiliglreitsgesetz? vgl. V. ni) bezeugt. In demausführlichen jüngeren Rrandopferrit~ial (Lev 1) fehlt auffallenderWeise jede Bestiminung darüber.Mit Sicherheit lässt sich bei deii Sünclopfern eine Verschiedenheitinnerhalb von P selbst nachweisen. Nurii 15 zzff.(wohl clem Kern von P zugehörig) verordnet fiir das Siindopferdes Privatmannes eine einjährige Ziege, fiir das der Geineincleeinen Ziegenbock (ausserdem in Verbindung clainit einen jungenStier init Minchah als Brandopfer). Ebenso ~vircl Lev 9 3ff. alsSündopfer für die Gemeinde ein Boclr dargebracht. Das Süiidopferder Priester besteht bei der gleichen Gelegenheit aus einemjungen Rind (V. 2). In den1 Gesetz Lev 4 (sekundär) bleibt für diePriester das junge Rind; dem Privatmann wird clie Wahl gegebenzwischen einer Ziege und einem Schaflamin, für die Gemeiilclewird statt des Boclres ein junges Rind gefordert, und ein Bock alsOpfer des Fürsten festgesetzt. Dass der Bock als Gemeindeopferdas ältere war, zeigt das ganz junge Ritual des Versöhnuiigstages,das noch den Bock als Geineinclesünclopfer beibehalten hat und,tim das Opfer zu steigern, einen zweiteii Boclr hinzufügt.Das Sc huldo p f er endlich besteht in einem fehllosen TViclclerim Feit von mindestens zwei Sekeln heiligen Gewichts. SüiidundSchuldopfer scheinen ohne Miiichah dargebracht ~~rordeiezu sein.$j 66. Die Opfergesetzgebung bei P: 111, Das Bpferritual.1. Das Ritual des Sp eisopfers ist sehr einfach und bedarflreiner weiteren Erklärung. Bei der selbständigen Mincliah nahmder Priester einen Teil von Mehl, Oel, Backwerk, Aehreii undverbrannte ihn sammt dem ganzen Weihrauch auf dem Altar.Das iibrige fiel dem amtirenden Priester zu, musste aber von ilimiingesäuert an heiliger Stätte (iinVorhof der Stiftshiitte) verzehrt


5 66.1 Die Opfergesetzgebung bei P: Das Ritual. 453werden (Lev 2 G 7ff. 7 sf. 10 izf. Niiin 5 25f.). Selb~tver~täncllichwar clas Tan~id des Priesters ein Ganzopfer (Lev 6 16). Von derMinchah, die das Schelem begleitete, kam nichts auf den Altar.Ein Teil wurde als ,HebeL Jahve dargebracht und dann clem Priesterübergeben? der Rest beim Opfermahl verzehrt (Lev 7 iiff.).Als Beigabe zuin Brandopfer wurde clie Minchah wohl auch wiedieses selbst ganz verbrannt; allerdings findet sich darüber keineVorschrift (s. 0.). Geber clie Bedeutung des Verbrennens alsApplikation an Gott s. S. 434.2. Was clie Tier opfer betrifft, so ist das Herzubringen desTieres zum Eingang der Stiftsliiitte, verbunden mit der Präsentationdesselben vor dein Priester und der Prüfung der vorschriftsmässigenBeschaffenheit clurch cliesen, kein eigentliches Stück derOpferhandlung. Diese beginnt vielmehr mit der Hand auf1 e g u a g.Dieselbe hat bei allen Privatopfern zu geschehen (Lev 14 3 2 4 4,zufällig ist ihre Nicliterwiihnnng beim Schuldopfer 7 1-7; dassbeim Geflügelopfer das Atifsteminen cler E'anst unterblieb, begreiftsich leicht), ebenso beini Gemeindesündopfer (Lev 4 15 vgl.I1 Chr 29 23) iincl den1 Boclr für 'Azazel am Versöhnungsfest.Vollzogen wird sie clurch den Opfernden oder dessen Stellvertreter,der dem Tier die rechte Hancl aufstemmt. Von dem Aussprecheneiner Opferformel ist nichts gesagt (nur Lev 16 21 istein Siindenbekenntniss vorgeschrieben); doch hat es grossewahrscheinliclikeit,dass diese Handlung nicht stiimm vollzogen wurde.Ebenso wenig erhalten wir iiber clie Bedeutung einen Aufschl~iss.Von Siindeniinputation (so die meisten jüdischen Erklärer, unterden neneren DELITZSCH, KEIL U. a.), von Bestellung des Tiereszum Stellvertreter (Kuiz~z u. a.), oder von Uebertragung clerGefiihle, die den Opfernden erfiilleri (OEIILER u. a.) kann schondesshalb lreine Rede sein, weil die Hanclanflegung bei allen blutigenOpfern, a~ich beiin Schelein, vorgenommen wird. Wie soll inansich iibrigens die Uebertragung von Gefühlen auf ein Tier vorstellen?Auf Dt 34 9 (Handauflegiliig beim Uebergang desFiihreramts von Mose auf Josua) darf man sich nicht berufen;wenn in anderen Fällen die Zeugen die Hand auf das Haupt desSchuldigen legen (Lev 24 14 Sus sa), ocler wenn der Segnendedurch Handauflegung die Zuwendung des göttlichen Segens symbolischdarstellt (Gen 48 i~ff.), so muss inan iiberhaupt auf eineeinheitliche Deutung verzichten. Die genannten Erlrlärungengehen alle davon aus, dass iin blutigen Opfer die Idee der Stell-


454 Vierter Teil. 111. Die Opfer. L$ 66.vertretung die Hauptsache sei, und suchen dieselbe desshalb inder Handaufleguiig versinnbildliclit, weil sie in lreiilein der anderenOpferalrte recht Platz fiiideii kann. Allein diese Toraussetz~iiigist unbeweisbar; nirgencls findet sich bei P clie Ancleutuilg einessolchen Gedankens, vielmehr bleibt die Gruilcliclee des Opfersauch bei P wie in alter Zeit die der Gabe aii Gott. Am nieistenWahrscheinlichlreit hat daher die Deutung der Cereinonie als einersymbolischen Darstellung des Besitzrechtes, das der Opfernde aiiclas Tier hat. Der Opfernde erklärt durch clie Handaiiflegung:dieses Tier ist mein Eigentum, und ich gebe es ab als [coibcln.Als einer solchen ideellen Vollziehung des ganzen Opfers kaiinder Handauflegung auch sühnende TVirlriiilg beigelegt verden(Lev 14 S. U.). Iii alter Zeit wird nirgericls etwas davoii berichtet,dass sie eine notwendige Erforderniss fiir clie Giltiglieit des Opfersbildete (inan denlie z. B. an die Wekatoinben, clie Salomo opferte,an die Opfer I Sam 14 52ff.). Vielleicht erklärt sich der Zusatzlelicypkr aber auch nur aus der Notwendigkeit, cliese Handlungals etwas neues besonders einzuschärfeii.3. Der Schlachtung eine symbolische Becleutnng ziiziischreiben(wie dies vielfach gescliiel~t), liegt lieiii zwingeilderGrund vor. Sie ist das selbstverständliclie Mittel, das frischeBlut des Tieres zu erhalten. Das zeigen clie rabbinischeii Bestimmungenüber clas Schlacht~ingsverfahren, welche auf möglichstschnelle und vollständige Gewinnung des Bliites abzielen (ebensoLev 115). Keinenfalls kann iii der Schlachtnng der Gedankeeiner stellvertretenden Todeserclulduiig ausgedrückt sein; clenii1) der Opfernde schlachtet selbst das Tier, clie Vollzielinng derTodesstrafe iniisste notwendig deili Priester z~ilioinmeil, 2) clieSchlachtung liat gar nicht clie Bedeutung einer rite vollzogenenTötiing, wie dies schon der Ausdruclr schdchu~ beweist, 3) clerSchlachtungsakt spielt eine so nebensächliche Rolle (eine direlrteBeziehung zum Opferzweck, cler Ermir1:ung cler Sühne, wird ihrnirgends zugeschrieben), dass es uninöglicli ist, in ihr den Höhepunktdes ganzen Opfers zu suchen. Dass clie Schlachtung aufcler Nordseite des Altars stattfindeil soll (Lev 1 ii 6 1s 7 z),braucht keine besoiiclere Aiisdeutung (vgl. Ez 40 39ff.).4. Der Schlachtung folgt die Rlutsprengung. Es istschon bemerkt worden, class beim alten Opfer clas Ausscliiittendes Blutes der wesentlichste Akt war. Auch bei P lroninit ihmdiese Stellung wieder zu. Je mehr man seit Lev 17 ii clie Siihii-


0 66.1 Die Opfergesetzgebung bei P: Das Ritual. 455kraft des Opfers vorzugsweise (oder allein) dem Blut zuschrieb,clesto mehr musste das Blutritual in den Mittelpunkt treten. Ihn1lroinn~t vor allem die Wirliung des kapp&?. ZU. Wenn danebenclie Erlangung der Kapparah auch von anderen Opferhandl~ingenabhängig gemacht wird (voin Verbrennen der Altarstüclie Lev4 ze 31 35, vom Verzehren des Siindopfe'fleisches durch die PriesterLev 10 17 uricl von clei Haridauflegniig Lev 1 s), so liegt liieriileine gewisse Inkonsequenz von P, die zum Teil wenigstens alsConcession an die alte Opferpraxis zu erl~lären sein dürfte.Das Gesagte findet seine-~esktigung in einer doppelten Wahrnehmung.Einerseits ist die Bliitmanipulation bei den verschiedenen Opfern eine verschiedene.Bei den Heils-, Brand- und Schnldopfern, also gerade bei denOpfern, welchen clie Beziehung auf die Sühne ursprünglich nicht eignet, beiclenen sie jedenfalls nicht so intensiv ist, wie beim Sündopfer ', sprengt derPriester das Blut ganz einfach aus dem Beclren ringsum an den Altar (Lev 1511. a.; ähnlich war die alte Sitte). Beim Siindopfer drückt sich die Intensitätder Sühne gerade in der Steigerung cles Blutritus aus; wenigstens wird beiclen grossen Siindopfern des Hohepriesters und des Vollres (Ex 29 10-14 Lev9 8-11, dein Kern von P angehörig) das Opferblut an dic Hörner des Brandopferaltarsgestrichen. Dasselbe darf vielleicht anchfiir die gewöhnliclien Sündo~ferangenomiiien werden. Allerdings weiss Num 15 zzff. (clie Zugehöriglreitdieses Stückes zum Kern von P ist aber fraglich) nichts von einem besonderenRitual des Sündopfers. Andererseits hat in P selbst das Bl~itritual eineEntwiclrlung durchgemacht,: im Kern von P hat das grosse Gemeinde- nndPriestersündopfer nur die Ceremonie des Blutstreichens an die Hörner desAltars (s. 0.). Das sekuudire, jedenfalls überarbeitete Sündopfergesetz Lev 4gibt auch den Siindopfern niederen Grades, denen des Fiirsten und des einzelnenGemeindegliedes, dieses Ritual; bei den Sündopfern mit höhererHeiligkeit, denen cles Hohepriesters und cler Gemeinde, tritt einesteigernngein zur siebenmaligen Blutsprengung vor Jalive beim inneren Vorhang undBestreichung der Altarhörner des Räucheraltars. Endlich das sehr jungeRitual des Versöhnungstages schreibt vor, class ausser der Bcsprengung clesBrandopferaltars urid des ganzen Heiligen, welche zur Ensündigung darStiftshütte dienen soll, vom Blut der fiir das Volk uncl fiir clen Hohep~iestergeschlachteten Tiere ins Allerheiligste gebracht und siebenmal auf die Deckplatteder Lade uncl vor dieselbe gesprengt werden soll. Diese Steigerungkorrespondirt genau mit der steigenden Hochschätznng des Blntmysteriumsin clen verschiedenen Schichten von P; sie zeigt, dass die Theorie von derBlutsühne erst nach und nach in P selber zur Herrschaft, gelangt ist.Der Sinn der ganzen Ceremonie kann kein anderer sein, alsdie Applicatioii des Bliites ari Gott. Dieses Nahebringen steigertsich bis zur höchsten Annäherung am grossen Versöhnungstag.Uncl zwar handelt es sich, wie Lev 1711 nncl das Verfahren beimAncli das 'cisc7~2m 11at nur schwer clen Charakter eines Siihnopfersangenoinmen (s. S. 448).


45 6 Vierter Teil. 111. Die Opfer. CS 66.Taubenopfer zeigen (s. S, 454), tim das Nahebringeil cler ?zepliesch,des Tierlebens. Die Vorstell~tiig, dass das frische dalupfeiicle Blutdie Seele in sich eilthalte, teilen clie Hebräer init vielen altenVölkern (z. B. mit den hoinerisclieii Orieclren). Alle Deiitungeiiauf den stellvertretencleii Tod, dass etwa das Blut die gäilzliclieVernichtung des Lebens Gott zeigen solle, sind clalier iininöglich,uin ganz zu geschweigen von der Erlrlärniig als syii~bolisclie Darstellungder Versetznng cler Seele in das Reich der sündenvergebendenGnade (KEIL).5. Auch der letzte Opferakt, das TTerfahreii mit clem013 f er fleis eh, zeigt einen Unterschied bei cleii verschiedeileilOpferarten. TVähreiid beiin Schelein das Fett1 verbraiiiit, dasiibrige Fleisch zur Opferinahlzeit verweizclet ~vircl, beim Brandopferdas ganze Tier auf den Altar kommt, werden heiin Schuldopferund den Sündopfern niederen Gracles clieselbeii Fettstiicke,~vie beim Sclielei-n verbrannt, das iibrige Fleiscli von cleil Priesteriian heiliger Stätte verzehrt. Bei den Sündopfern höheren Gracleswird dieses Fleisch samnit Fell tiiid Eingeweideil an eiilein reinenOrt ausserhalb des Lagers verbrannt.Dass es sich beim Verbrennen der Altarstüclte wie in alterZeit um die Application der Gabe an Jahve hailclelt, zeigt schonder Ausdruclr I~ifi.tß?., ,in Rauch aufgelieii las sei^‘^. Ueber die Becleutimgder Opferinablzeit und ihre Entleerung ail Iiilialt vgl.S. 440f. Das Esseii des Siind- und Schuldopferileisclies durch diePriester ist jedenfalls lceiize Opferinalilzeit wie die beim Scheleni.Eine besondere syiiibolische Bedeutung clieseilz Akt zuzuschreiben,liegt kein Grund vor.Schuld- und Sündopfer sind ilirein Ursprnng nach Strafgebühren,die ausdrücklich zuin Unterhalt cler Priester bestiil~iilt sind (I1 Reg 13 19Lev 7 7). Bei cler Unir~-andlung in Opfer sollte cliese Einnalirnequelle denPriestern niclit entzogen werden, desslialb war es sacligeiiläss, dass dieselbennun statt des Gcldes das Fleisch erhielten. Eine besondere Cereinonie, die fürdas Opfer von Bedeutung gewesen märe, wird bei diesem Essen niclit vollzosen.Dass man bei den Sündopfern höheren Grades das Fleisch ausserlialbdes Heiligtums verbrannte, d. 11. vernichtete, erklärt sich zur Genüge darans,' Bei Rind und Ziege das Fett, das die Eingeweide bedeckt, undalles Fett an den Eingeweiden, die beiden Sieren samint dein Fett an ihnen,das Fett an den Lenden und das Anhängsel an der Leber. Dazu lionlmt heiinSchaf nocli der Fettschwanz (Lev 3 3f. sf. 14f. 5 sf.).Als Probe, \velche Abgeschmaclrtheiten clie Deutungswut liervorbringt,sei die schöne Theorie vom Hbllenbraten, Jahve zuin lieblichen Geriich,dem Sünder zur quälenden Strafe noch nach clem Tocl, genannt.


D 67.1 Die Abgaben. 45 7dass das Opfer, welches des Priesters 8iinde siihnen soll, nicht diesem selbstzum grössten Teil zufallen kann. Das trifft auch bei den Opfern für dieSündenunreinheit des ganzen Vollres zu. Ganz unllaltbar ist die Erkläxing,dass es sich beiin Essen und Verbrennen dieses Fleisches urn eine Auswirkungdes göttlichen Zornes handle (RIEHX). Warum sollte denn, wenn einmaldie Uebertragung der Sündenunreinheit auf das Tier angenommentvird, bloss dieser Teil des Fleisches damit behaftet sein, der andereaber, der auf den Altar kommt, nncl die Seele des Tieres nicht? Aus derBezeiclixung des Fleiscl~es als ,hochheilig' folgt keineswegs der Charalrterdesselben als ckerewz. Auch die Minchal~ ist ,hochheiligL(Lev 6 7f.). DieVerbrennung ausserhalb des Lagers erlilärt sich genügend aus der Unnallbarkeitdes Hochlieiligen. Wäre sie ein integrirender Bestandtheil derOpferhandlung, so wlirde sie gewiss innerhalb des Heiligen vollzogen. Schondiese Ortsbestimmung zeigt ganz deutlich, dass es sich lediglich um einWegschaffen handelt.Damit soll jedoch nicht geleugnet werden, dass im Lauf der Zeit, inden späteren Schichten von P daraus eine Opferceremonie gemacht wordenist. Der Gedanke an ein, inan möchte beinahe sagen handwerltsmässigesEssen des Fleisches als zur Amtspflicht der Priester gehörig, macht eiiienetwas sonderbaren Eindruck auf uns. Ob er nicht auch den Priestern alsetwas Entwürdigendes erschien? IIusste noch Ezechiel das alleinige Rechtder Priester auf dieses Fleisch verteidigen (44 zo), so scheint mit der Zeit(offenbar durcli diese Umwandlung in eine Opferceremonie) dieses Recht zueiner lästigen Pfliclit geworden zu sein, der sie sich unter irgend einemVorwandzu entziehen sucht,en. Es gelang ihnen nicht. Was sie dagegen vorbringen,wird als unrichtig erwiesen uild es bleibt dabei, dass sie dasFleisch verzehren iriüssen an heiliger St,ätte, sonst ist das Opfer ungiltig.Man wird wohl berechtigt sein, in Lev 10 16 eine solche Belcämpfung clesTliiderstandes der Priester zu finden.Waruin das Essen des Fleisclies eine Aufnahme in das Cereinonialdes Opfers gefunden hat, clarüber können mir nur Vermutungenaufstellen. Das näclistliegende ist die Erlrlärung, dasses als eine Acceptation vor1 Seiten Gottes angesehen wurde,welche zur Bestätignng diente, class clas Opfer seinen Sülinzweclrwirklich erreicht hat. ,,Gott würde nicht seine Diene,r zur Teilnaliiiiean einein solchen Mahl gerufen haben, wenii nicht dievöllige Vergessuiig der Sünde eingetreten w%eU (so schoii PHILO,OEEILER U. a.).Ueber die Ceremoiiie cles TVe b e n s s. u. S. 459.5 67. Die Abgaben.Die Abgabeil ans Heiligtum waren ursprüilglich alle eigentlicheOpfer. Eiil Teil hat den Opfercliarakter allezeit behalten,andere habeii ihn verloren. CharaBteristisch ist die Steigerungim Laufe der Zeit : was in alter Zeit eiri freiwilliges Geschenlr an


458 Vierter Teil. 111. Die Opfer. I§ 67.den Priester aus Anlass eines Opfers war, ist bei P zur gesetzinässigenAbgabe eines bestimmten Opferteils geworden; was inalter Zeit gesetzlich gefordertes Opfer war, ist bei P des Opfercliaraktersentkleidet zur reinen Abgabe an clas Heiligtum, cl. 11.clie Priester geworden.1. Gesetzlich bestimmte Abgaben an clie Priester kannte cliealte Zeit überhaupt nicht. Der Eigentiimer eines Heiligtums,cler einen Priester anstellte, rniisste diesem freilich seinen Lohnzahlen, nach Uebereinliunft ,die Hand füllen' (vgl. T.VELLHAUSEB,Proleg. 154 f.). Zweifellos waren auch den Icönigliclien Priesternals Beamten vom König irgend welche Einkiinfte iiberviesen;leider ist uns clarüber keine Nachriclit erhalten. Dazu kamen dieGefälle ihres Priesterclienstes. Wer clurchclenPriesterdas Orakel befragte, zahlte dem Priester wohl so gut wie clernSeher in tihnlichem Fall seinen Lohn (I Sam 9 7f.), uncl wer amHeiligtum opferte und den Opferschmaus abhielt, lucl dazu denPriester ein. Allein clas war sein freier Wille, moralischer, nichtgesetzliclier Zwang. Vollends einen Teil cles Fleisches anzusprechenhatte der Priester gar kein Recht, wiewohl es gleichfallsfrüh Sitte gewesen zu sein scheint, ihm fiir seine et7waigen Diensteeinen solchen zu geben. Elis Söhne in Silo verlangen eine Abgabean Fleisch, sie nehmen sich's sogar mit Gewalt, statt zufriedenzu sein mit dein, was man ihnen etwa freiwillig gab;aber sie sind eben böse Buben, die das Recht und die Pflichteines Priesters dem Volli gegenüber nicht achten und den ganzenPriesterstand uncl das Heiligtum auf diese Weise in Misskreditbringen.Dass an den grossen Heiligtümern, namentlich in Jerusaleni,sich allmählich auch hier eine feste Praxis herausbilclete, wornachclen Priestern ein bestimmter Anteil an clen Opfern z~ikanl, hatalle Wahrscheinlichlceit. Vielleicht liegt der Verordi~ung des Dteben die jerilsalemitisclze Praxis zu Grunde. Jecleilfalls kann esnicht Wunder nehmen, dass das Dt die Opfergefiille, iiber die dasBunclesbuch noch nichts bestimmt, geregelt hat. Das Verbot,anclerswo als in Jerusalem zu opfern, musste eine starke Vermindernngcler Opfer zur Folge haben; sollten clie vielen Priesterdurch clen Verlust ihrer Bamoth und Altäre nicht brotlos werden,sondern ihren Unterhalt alle ans den Einkünften cles Tempels erhalten,so ist es begreiflich, class dort clie Abgabe11 von den Opferngesetzlich bestimmt, vielleicht auch erhöht wurden. Das Recht


5 67.1 Die Abgaben. 459der Priester gegenüber dem Volk, das im Tempel opferte, gieilgjetzt dahin, dass ihnen das Vorderbein, die beiden I


460 Vierter Teil. 111. Die Opfer. [s 67.gebildet zu sein. Wenn bei dem Eifersuchtsspeisopfer (Num 5 se) und beidem Schuldopfer zur Reinignng des Aussätzigen ebenfalls der Priester dasOpfer webt (Lev 14issr), so scheint namentlicli in den1 letzteren Fall, wo dieCeremonie mit dem ganzen Lamm und init dem Oe1 vollzogen wird, der ursprünglicheSinn derselben nicht mehr verstanden zu sein. Schliesslichwerden die Ausdrüclre ,Hebe' uncl ,WebeL geradezu vertauscht, und letzterervon Dingen gebraucht, wo von einer Vornahme der entspreclienden Ceremoniekeine Rede sein lrann (Ex 36 6 vgl. mit 38 24), sie sind beide zu Allgemeinbezeichnnilgenfür ein Weihegeschenlr geworden.2. Regelinässige Opfer, die schon durch clas alte Gesetzgefordert ~vurclen, waren diejenigen, welche an clen grosseilFesten dargebracht wurden : das Opfer der Erstgeburt des Viehesund der Erstlinge der Ernte.Das Opfer der männlicheri Er s t g e b u r t cl e s Vieh e s erscheintals uralte Sitte: schon Abel bringt Jahve von den Erstgeburtenseines Kleinviehes eine Gabe (Gen 4 e); das Passah istseinem Ursprung nach nichts anderes, als clie Opferung. de,r Erstgeburten(s. S. 470). Das Bundesbuch (Ex 22 zn) verlangt, dassvon Rind und Schaf die Erstgeburt Jahve gegeben ~verclen soll,ebenso clas Dt (15 igff.). Die Erstgeburt vom Menschen ist auszulösen,ebenso die von dem nicht opferbaren Esel (Ex 3420).Was dailiit gemeint war, zeigt eben das Dt, das die Forderungwieclerholt mit clem Zusatz : an der Stiitte, die Jahve erwählt hat,musst cl~i Erstgeburt von Rincl und Schaf Jahr für Jalir nlit deinerFamilie vor Jahve verzehren, nur wenn sie schlimmen Blalrel liabell,inusst clu sie an deinem TVohilort essen (Dt 15 igff.). Eshandelte sich also bei dieser ,Abgabei um nichts anderes als u111ein Opfer mit Opferlliahl, wobei der Priester wie sonst seinenAnteil erhielt.Dem entsprechend gehörten Jahve auch die E r s t 1 i ii g eder Peldfriichte, von Korn, Most und Oe1 (Ex 22 2s 3426).Das Mass dieser Gabe ist clem freien Willen überlassen, clie Bestimmungauf den zehnten Teil des Ertrages findet sich bei JEnoch nicht. Das Dt nennt in Parallele init der Erstgeburt clenZ e h n t e n des Feldes ; er soll vor Jahve am Heiligtum verzehrtwerden. Ist cler Weg nach Jeriisalein zu weit, uin den Zehilteiiin natura darzubringen, „so mache ihn zu Geld, begieb dich znmHeiligtum uncl kaufe für clas Geld, morilach es dich irgencl liistet,Rinder und Schafe, Weil1 und starkes Getränke uncl was cleinHerz begehrt; clas iss daselbst vor Jahve und sei fröhlich mitsammtdeiner Familie" (Dt 14 22ff.). In jedem dritten Jahr abersoll cler gesammte Zehnte nicht am Heiligtuin geopfert, cl. h. ver-


5 67.1 Die Abgaben. 46 1zehrt, sondern den Armen und Bedürftigen, wozu bei Dt namentlichauch die Leviten gehören, zu Hause gegeben werden (142zff.).Der Zehnte findet sicli schon Am 4 4; neu bei Dt ist die Verwendungim dritten Jahr für die Arnien und Leviten im Zusammenliangmit seinen1 hiimanen Sinn und niit der Centralisntioiides Kultus I.Bei P werden alle diese alten Festopfer ihres Opfercharalrtersentbleidet und in nüchterne Steuern verwanclelt, welche dasVolk an die Priester zu zahlen hat. Es koiiimt zwar bei den Erstgeburtennoch das Blut an clen Altar und das Fett wird verbrannt,alles Uebrige aber gehört den Priestern allein. %relclieSteigerung schon hierin liegt, sieht man aiii deutlichsten daran,dass das Passah daneben bleibt, die Erstgeburtsopfer also eigentlichzweimal dargebracht werden (Num 18 iz ff. Lev 27 26 ff., vgl.Neh 10 38). AUS der deuteronomischeii r&'scl~ith wird der jährlicheZehnte. Dieser fällt an die Leviten, die davon ihrerseitsdas ,Bestet, wiederum den Zehnten aii den Hohepriester abzuliefernhaben (Num 18 asff.). Daneben ist aber die r&'schitlz dochnoch an die Priester abzuliefern (Nuin 18 iz), abermals eine Verdoppelnng.Ausser diesen Erstlingen von Kelter uncl Tennewerden obendrein auch noch die bik.kUr.z^in, nach WELLHAUSEN'Ssehr wahrscheinlicher Erlrlärung die am frühesten reifen, rohenFrüchte gefordert (Nnm 18 i3; ganz dementsprechend hat auchclas spätere Judentum zwischen 6ilcJc4ri1n und r&'schith uiiterscliieclenund beicles gezahlt Neh 10 36 38). Damit aber nicht genug;neben der Erstgeburtsabgabe wird in der Novelle Lev 27 32iinn auch noch der Zehnte auf clas Vieh ausgedehnt, eine Steigerung,die noch Num 18 ganz unbekannt und sachlich einfach un-1 Die Bestimmungen des Dt über Erstlinge und Zehnten sind übrigenskeineswegs einheitlich. 18 4 wird festgesetzt, dass die Priester auf das Bestevon Getreide, 81ost und Oel, sowie von der Schur das Schafe Anspruchhaben, wovon die ältere Verordnung 14 zzff. nichts weiss. Auch im Vergleichzu 18 3 nimmt sich dieses Verlangen aus wie eine jüngere Novelle,welche die gesteigerten Ansprüche der Priester, die auch sonst mit denihnen in Dt zugewiesenen Einkünften nicht zufrieden waren, zum Ausdruckbringt. Sachlich in der Mitte steht 26 zff., wo die in den beiden erstenJahren zu leistende Abgabe an Gott nicht als ,ZehnterL, sondern als ,ErstlingeLbezeichnet wird, eine interessante Verschiedenheit cles Sprachgebrauchs.Von diesen soll ein kleiner Teil dem Priester an heiliger Stätte überreichtwerden, der sie dann vor Jahves Altar stellt. Jedes drit:e Jahr aber soll(wie 14 zzff.) der ,Zehntei den Leviten, Waisen, Wittwen und Fremden ausgeliefertwerden. Auch diese Verordnung ist jiinger als 14 zzff.


462 Vierter Teil. 111. Die Opfer. [§ 68-durchführbar ist. Man sieht, wohin die ganze Entwickluiig gieng.IJm die praktische Möglichl


5 68.1 Anhang: Gebet iind Fasten. 463höherem Grad der Pall, als beim modernen. Vollends der frommeIsraelite fühlte sich in allem seinen Tun beobachtet und geleitetvon Jahve. Von ihm kam dem Ackersmann die Frucht des Felclesuncl dein Jäger der gute Fang (Gen 27 20) ; er gab den Kindersegenund verhängte Unfruchtbarkeit (Gen 30 2 I Sam 1 5 U. 0.) ;er rettete aus grosser Gefahr (I Sain 23 10 ff.), aber betörte auchden, den er ins Verderben rennen lassen wollte (I Reg 12 15); erstiftete Feiilclscliaft unter den Menschen (I Sam 26 19) und fiigtees so, dass im Streit einer den anderen totschlug (Ex 21 13). Ebendesshalb wandte man sich auch in allen Fällen an ihn, bat ilin umseine Hilfe, wo die eigene Kraft nicht ausreichte, bat ihn namentlichum seinen Rat durchs Orakel, wo inan niit der eigenen Klugheitzu Ende war. Vor allein kräftig und wirbsain war natürlichdas Gebet seiner Lieblinge, der Gottesmänner. Einem Abrahamund BIose kann Jahve nichts abschlagen; man schätzte sich deshalbglücklich, ihre Fürbitte zu erhalten (Ex 32 31f. Num 24 isff.).Vor Allem beim Opfer war das Gebet unentbehrlich. Erhieltclas Opfer in der alten Zeit seine spezielle Bedeutung durchden einzelnen Anlass, so gehörte das Gebet als Auslegung dazu(Gen 12 8 26 25 Dt 26 3 ff. I Reg 8 zz ff. U. a.). Zum allerwenigstenwird ein Segen zum Opfer gesprochen (I Sam 9 13). In einemPall ist uns noch das BIuster eines liturgischen Gebets erhalten:die Danksagung, welche bei der Darbringung der Erstlinge gesprochenwurde (Dt 26 5 ff.). Bei P ist nur für das Sündopfer amVersöhnungstag ein Gebet, enthaltend ein Sündenbelrenntniss,ausclrücklich vorgeschrieben (Lev 1621). Dass trotzdem clas Gebetim Teinpelkult nicht fehlte, beweist schon der Umstand, dass esim späteren Judentum geradezu an Stelle des Opfers getreten ist.Die Rabbinen geben sehr detaillirte Vorschriften über clasäussere Verhalten beirn Beten. Vor allem gehören nachIhnen die tephillin dazu, Pergamentstreifen mit Sprüchen Beschrieben,die in ein Kästchen gelegt und beim Beten auf clerStirn und am linken Arm befestigt werden, in buchstäblicherAuslegung von Ex 13 9 16. Die alte Sitte kannte keine derartigenGebräuche. Man betete zu Hause oder iin Heiligtum, im stillenObergemach der Wohnung wie in freier Oeffentlichlceit. AlsWol-instätte der Gottheit ist aber natürlich der Kultusort derangemessenste Platz für clas Gebet (Ex 9 29 I Sam 1 eu). SeineEhrfurcht bezeugte man cler Gottheit wie dem liochgestellteiiMenschen dadurch, dass man sich vollständig zu Boclen warf


464 Vierter Teil. IV. Die Feste. r§ 69-(Gen 182 24 2~ 82 Nun1 22 3i 1 Sam 119 Neh 8 6 u. o. s. S. 172).Doch sprach man wohl, nachdem man so die Gottheit durch dieProsternation begrüsst, seine Bitte oder seinen Danlr knieendaus (I Reg 8 54); man betete aber auch stehend, woinit sichgleichfalls die Prosternation zu Anfang und zu Ende verbundenhaben mag (I Sani 19), ebenso die Geberclen des Häncleaiisbreitensoder -erhebens (Ex 9 29 Jes 115 Ex 1711). Die Sitte,sich beim Gebet in der Richt~ing nach den1 Heiligtum zu wenden,gehört einer späteren Zeit an (I1 Chr 6 34 Dan 6 U), ebensadas regelmässige dreimalige Gebet am Tag: zur Zeit cles Morgenopfersum die dritte Stunde, um Mittag und zur Zeit cles Abendopfersum die neunte Stunde (Dan 6 10). Grosser Schmerz unciheftige Gefühlserregung äusserte sich anch beim Gebet in denselbenGesten wie sonst (Tragen des Sak, Schlagen an die Brustund dgl.).2. Als Ausdruclr der Trauer ist uns das F n s t e SI schonoben begegnet (s. S. 165). Als religiöse Handlung gehört es ineine Linie mit clen sonstigen Abstinenzen, z. B. beiin Nasiräer.Solche Enthaltung von Geiiüssen diente wie das Opfer zur Verstärkungeiner Bitte an die Gottheit. Man dachte Gottes Mitleiddamit zu erregen, dass man sich auf diese Weise selbst clemiitigte(I1 Sam 12 16). An Freudentagen, Sabbaten, Neumonden,Festen fastete mall natiirlich nicht, wohl aber in Trauer iiberschwere Unglücksfälle, bei Ausbrüchen des göttlichen Zornes(I Sam 31 13 I1 Sam 12 16 1 Reg 21 27 U. a.), zur Abweiidungdrohenden Unglücks und in Busse Eber begangene Siinden (I Sam7 G Ezr 10 G Lev 16 29 ff. LI. a.). Ueber regelmässige Fasttage vgl.S. 477.I< ap. IV.Die Feste.$j 69. Die altisraelitischen Feste.A. Die Monclfesle.1. Lunare Feste sind Neumond und Sabbat. Beide gehörenzusammen und verd den in gleicher Weise gefeiert (I1 Reg 423 Jes1 13 Am 8 5 EZ 46 3 s. S. 201f.). Der Ne iinl on cl ist jedenfallsseit uralter Zeit schon von den nomadisirenilen Israeliten gefeiertworden. Auch in geschichtlicher Zeit nahm er noch eine wich-


o 69.1 Die altisraelitischen Feste. 465tige Stellung unter den Pesten ein. Am Neuinond pflegte Sau1seinen Hof zum Opfermahl zu versammeln (I Sam 20 4 ff.); einenNeumond pflegten auch die Geschlechter für ihre Opfer zu wählen(ibicl.). Bei clen alten Propheten zählte er mit unter die grossenFeste auf einer Stufe mit den drei Wallfahrtsfesten (Am 8 5 Jes1 13 HOS 2 13).Von hier aus erscheint es sehr auffallend, dass weder JEnoch Dt in ihren Gesetzen cleii Neumond erwähnen. Man kannsich dem Eindruclr niclit verschliessen, class dieses Ignoriren einabsichtliches ist. Dann wird man wohl daran cleiilien müssen,class wie bei den Kannanitern und anderen Völkern, so auch beiclen Hebräern an das Neumondfest sich leicht allerlei heidnischerAberglaube ansetzte. Vielleicht hat bei der Verclrängung dasallmähliche A~ifkominen des Sabbats (s. U.) mitgem~irlrt, welcher,sobald er einmal selbständig alle acht Tage gefeiert wurde, mit demNeuinond in Konflikt Irominen musste. Das Wiederaufleben desNeumonds bei Ezechiel und P, welch letzterer ihn, dem Opferrittin1nach zu schliessen, sogar über den Sabbat stellt, cliirftedann damit zusammenhängen, dass sich alle übrigen Peste nachdem Neumond richteten, dessen Beobachtung also von Wichtigkeitwurde (Num 10 io 28 iiff.). Doch steht auf der anderenSeite der Neumond hinter dem Sabbat zurück, sofern er niclitwie dieser und die hohen Feste durch Enthaltung von der Arbeitgeheiligt wurde (s. U.).2. Schwieriger ist die Frage nach dein Alter des S ab b a t s.Dass die Hebräer schon als Nomaden eine solche Vierteilung desMonats kannten iii~cl den 7., 14.) 21.) 28. Tag des Monats irgendwiedurch Opfer feierten, ist nicht unmöglich. Ebensogut inöglichist aber auch, dass der Sabbat von den Babyloniern stammt.Jedenfalls in der Porn~, in welcher er schon frühe in cler Geschichteerscheint, als Ruhetag, ist er nicbt alt. Das Hirtenlebengestattet keinen solchen Ruhetag, wohl aber braucht ihn ein ackerbautreibeildesVollr, clessen angestrengte Werlrtagsarbeit einesolche Unterbrechung wolil duldet. Die regelmässige Feier alsRuhetag diirfte von den Kanaanitern übernommen sein; Hosearechnet ihn zu den Bacalstageil (2 13 ff.). Doch ist das R~~hen ainSabbat anfänglich keineswegs Selbstzweclr, sondern die eiilfaclieKonsecpenz cler Pestfeier. Sabbat und Neumond sind die Opfertage;am Sabbat werden z. B. clie Schaubrote aufgelegt. Es istselbstverstäridlich, dass an den Tagen froher Opfermahlzeiten cleiB enzing er, Hebraisclie Archiologie. 30


466 Vierter Teil. IV. Die Feste. [D 69.Feldarbeit ruht (Am 8 5 I1 Reg 4 23 Jes 113 Ez 46 i ff.). Wieder Neumond ist der Sabbat ein Tag cler Freude uncl des Pestjubels(Hos 2 13). Man kann auch allerhand vornehnien, ITOZLI manunter der Werlctagsarbeit lieine Zeit findet, z. B. eine grössereReise, wofür am Werktag Knecht und Esel ilicht abkoiliinenkönnen (I1 Reg 4 23).Doch zeigt sich schon frühe eine Tendenz, bei der Sabbatfeierdie Ruhe gegenüber dem Opferdienst in den Vordergruilcltreten zu lassen. Dies erklärt sich aus der Regelmässiglieit, mitwelcher der Sabbat die Arbeit unterbricht. Der altere Dekalogliat zwar walirscheinlich die Ruhevorschrift ursprünglich nichtgehabt, clagegen setzt die alte Sitte cler E'reilassnng des hebräischeilSklaven im siebenten Jahr uncl die Preisgabe der Erilte im siebentenJahr doch wohl den Sabbat selbst iiiid zwar nlit seiner huinanitärenBedeutuilg voraus. Diese letztere IVendung (Ex 23 12 Dt 5 13)ist eine israelitische Uizideutung. Eine Wohltat fiir Knechte unclMägde, für Ochs und Esel ist der Sabbat, ihnen soll ein Eiholuiigstaggegönnt werden; das Gesetz an die Herren verlangtweniger, dass sie selbst ruhen, als dass sie ihre Diener ruhenlassen. So ist auch hier noch die Sabbatrahe eiii Fest, ein Vergiiügen,ilicht eine gottesclienstliche Haiidlung. Ansätze zu letztererAuffassung liegen schon iiil jüngeren Dekalog vor (Ex 20).Dort ist die Motiviruiig des Sabbatgebotes aus der Schöpf~~ngsgeschichte(V. 11) wahrscheinlich später eingetragen, noch clasDt liennt sie nicht, allein die geforderte Heiligiiiig des Sabbatswird doch vor allem in der Ruhe von der Arbeit gefiiilden (vgl.Am 8 5).1. Nach dem Kreislauf des Jahres richten sich die dreigrosseil Peste ?n~k..~~Otlt,, k&@ und '&iph I. Bei den beideii letzterenlrann über IJ I- s p r u 11 g und B e d e u t u n g kein Zweifelsein : sie sind Ernte f e s t e. Die Gesetzgebung des älteren Delialogsbestimmt: „das Wochenfest (sch&UlizllOtlLj) sollst du mirlialten, das Pest der Erstlinge der Weizenernte uncl das Fest clesDas Fest der Schafschur, das in alter Zeit, wie bei einein Hirtenvollrbegreiflich, eine grosse Rolle spielte (I Sam 25 2 I1 Sam 13 aa), tritt iin Znsanimenhangniit der fortschreitenden Annahme des Aclrcrbaues immer melirzurück. Es wird schon in den alten Festgesetzgebuugen uiclit inehr alsoffizielles Fest erwähnt.


lj 69.1 Die altisraelitisclien Feste. 46 7Einherbstens bei cler Wende des JahresLL (Ex 34 22; damit übereinsti~nmencl23 16). Jenes bezeichnet das Ende der Getreideernte(sch&hhzl'dlh und k&@ sind nur zwei verschiedene Namenfür dieselbe Sache), dieses den Abschluss der Wein- und Olivenleseund damit den Abschluss der ganzen Jahresernte.Etwas anderer Art scheint zunächst das Massothfest zu sein.Dieses wird schon im alten Gesetz (Ex 34 1s) geschichtlich motivirt: „Das Fest der ungesäuerten Brote sollst du halten zur Zeitdes Monats Abib, clenii im Monat Abib bist du aus AegyptenweggezogenLL. Ziigleich wird irn Ritual das Schwergewicht aufdie Darbringung der Erstgeburt des Vielies gelegt. So scheintclas Pest eigeiitlicli nicht zu den Erntefesten zu passen. Alleindieser Widerspruch löst sich clurch die Wahrnehmung, dass clasFrühlingsfest einen z~viespältigen Charaliter zeigt. Deutlich veriätsich das in dem doppelten Ritus: auf cler einen Seite wird dieErstgebnrt der Herde dargebracht, auf cler aiideren Seite wirdclas Pest cladurcli gefeiert, dass man sieben Tage lang nlassfith isst~iiid wohl auch opfert. Diese beiden Riten haben lediglich nichtsmit einander gemein; ersteres geht auf die Viehz~icht, letzteres,das Essen der Massoth, kann sich nur auf den Ackerbau beziehen.Diese Beziehung wird als die ursprüngliche für das i\/Ia.sotlifestbestätigt durch die Art uncl TVeise, wie das Dt clas Wochenfestin zeitliche Abhängigkeit vomOsterfest setzt: sieben3Vochen nachdem Massothfest soll Pfingsten gefeiert werden, das wird sofortnäher erläutert durch clen Zusatz sieben Wochen ,nach dein Anhubcler Sichel in der Saat' (Dt 169f.).Dass diese Recliiiungder frühen Sitte entstammt, zeigt der alte Name sch&bhzc'ot/~fiir Pfingsten, der sich eben hieraus erklärt (Jer 5 24 Ex 34 22).Also ist das Marsothfest nichts anderes als der Anfang cler Ernte,„tvenn man zum ersten Mal die Sicliel an die Halme legt". Mitder Gerste beginnt, mit dem Weizen scliliesst der Getreideschilitt;es ist eine grosse siebenwöchige Freiidenzeit, die von diesen beiclenFesten eingerahmt wird. Von dieser Bedeutung der Massothliat sich noch im Heiliglreitsgesetz eine Spur erhalten: der Rituscles Festes besteht dort in der Darbringnng einer Gerstengarbe,eiitsprechencl der Darbringung der neuen Weizenbrote am \Vochenfeste(Lev 23 9ff.). Gerstengarbe und Ma.r;oth haben den gleichenSinn: es sind die Aparchen voin neuen Getreide, iiur in verschiedenerForm. Man nahm sich nicht lange Zeit clas neue Mehl zusäuern, soncleril inachte daraus rasch clie ungesäuerten E'laclen.30,


46 8 Vierter Teil. IV. Die Feste. [g 69.Die Darbringung der rohen Aehren gehört in die oben besprocheneKategorie der Verfeinerung des Opfermaterials. Doch inag mauvon Anfang an auch geröstetes Getreide daneben gegessen nndgeopfert haben, wie dies in der (P angehörigen) Erzahlung vomersten Passah im Westjordanland geschieht (Jos 5 11).Bei JE uncl Dt stehen alle drei Peste als gleichberechtigtund gleich wichtig nebeneinander, fiir alle wird das Erscheinenam Heiligtum gefordert. In cler Praxis dürfte dies anders gewesensein. Wenigstens ist uns in den Gescliichtsbücliern nurdas Herbstfest bezeugt. Die kanaanitischen Biirger von Sichenlfeierten sclion ihr Herbstfest (l~iZl~llz*m Jclc 9 27); ebenso murclein den Weinbergen von Silo Jahve jeden Herbst ein Pest gefeiert,wobei clie jungen Mädchen fröhliche Reigentänze aufführten (Jdc21 19 ff.). Zu demselben pilgerte man noch in späterer Zeit:Elkaiia pflegte Jahr um Jahr seine Erstlingsgaben bei dieserGelegenheit vor Jahve zu verzehren (I Sam 1 1 ff.). Nach Errichtungdes Tempels wurde dort um die gleiche Zeit, irii achten Monatdes Jahres, ,das FestL gefeiert (I Reg 12 32 6 SS; I Reg 8 2 stimmtallerdings in der Uonatsangabe damit nicht übwein), und Jerobeamsoll in Nachahmiing des Jerusnlemer Festes ein solchesauch in Bethel eingeführt haben. Das Herbstfest war das wiclitigste,weil das abscliliessende Fest, das Danlifest für den gesammtenErnteertrag. Dass es aber nicht clas einzige war, dassdaneben auch die Feste im Frühjahr schon ziemlich bald bestanden,bezengt ausser clem Gesetz auch Jesaia (9 2 29 1); bei ihn?bildet das Herbstfest den Abschluss eines ganzen Kreislaufs vonFesten. Vielleicht mögen, wie TVELT~IIAUSEN vermutet, jeneanderen Peste in kleineren lolialen Kreisen begangen vordensein, zu Hause, nicht an den grösseren Heiligtümern. Nochiin Dt hat das Laubhiittenfest darin einen Vorrang vor denandereil, dass es von Anfang bis zu Ende sieben Tage lang inJerusalein gefeiert ~vird, während an Ostern nur der erste Tag inJerusaleni verbracht, im Uebrigen das Fest zu Hause begangenwird (Dt 16).Als Erntedankfeste trugen alle einen heiteren Charakter.,Du sollst dich freuen vor Jahve' wiederliolt das Dt iiiinier wieder.Tänze und Umzüge bildeten, wie schon der Name chdg sagt, einenwichtigen Teil bei ihrer Feier (vgl. Jclc 21 igff. 9 27 I Sam 1).Von1 Ertrag seines Ackers nncl Veinberges brachte jeder nachfreiem Gutdiiriben das Beste dar, an Tieropfern fehlte es wohl


8 69.1 Die altisraelitischen Feste. 469auch nicht. Zum fröhlichen Opfermahl vereinigten sich die Sa-Irralgeiiossenschaften, die Familien uncl Geschlechter (I Sain 1).Ein wesentlicher Unterschied von der späteren Feier liegt darin,dass nicht eine grosse einheitliche Festgemeinde ihre Festopferclarbrachte, sondern die einzelnen Opfergenossenschaften. Desshalbdarf aber doch der Vert dieser Feste für die religiöse undnationale Entwickliiilg des Volkes hoch angeschlagen werden.TVei~n so an einem und demselben Heiligtum die Pilger von Nahiincl Pein von den verschiedenen Stämmen sich zusammenfanden,in gemeinsamer Festfreude und gemeinsamein Danlr gegen Jahve,so musste das Gefühl der Zusammengehörigkeit, clas ja in Israelwesentlich auf den1 Grunde der gemeinsamen Gottesverehrungruhte, immer miecler neu gekräftigt werden. Ein Lancl war es,das allen den Ertrag gegeben, eMz Jahve war es, der dem Landseine Friichtbailreit verliehen, das musste den Einzelnen dabeiiinmer wieder krSiftig zuin Bewusstsein lrori~men. Und nichtanders als bei den altarabisclien Festen mag sich auch in Israelan diese Feste Verkehr und Handel angeschlossen haben (Dt33 18 ff. s. S. 220 ~ gl. TVELLI-IAUSEN, Slrizzen 111 80 ff.).Diese Erntefeste sind ans Land Kanaaii geknüpft. Nirgendszeigt sich so deutlich wie hier die Nat~rg~undlage der altisraelitischenReligion und cles Kultus. Nicht geschichtliche HeilstatenJahves sind es, worauf Kultus und Feste beruhen, sondern dieGaben des Laiides, welche Gaben Jahves sind. Es leuchtet ein,dass diese Feste nicht in der Wüste bei einem Nomadenvollc entstandensein können, sondern nur iiii Lancle selbst, mit anclerenWorten, dass sie urspriinglich kanaailitisclie Feste waren, einStiick des kanaanitischen Bacalskiiltus bildeten und von da durchdie Israeliten iibernoinmen und auf Jalive iibertragen wurden.An sich siiicl ja die Forinen dieser Pestfeiern weder heidnischnoch israelitisch, das eine ocler andere werden sie durcli die Beziehungauf eine bestimmte Gottheit. Den Kanaanitern war Ba'alder Herr des Landes und die Früchte waren sein Geschenk, -so zalilten sie ihm clen schuldigen Tribut davon; die Israelitenbekannten Jtlhve als ihren Gott, dem sie das Land und wasdarinnen war verdankten, - also feierten sie dem Jahve dieseFeste. Vom Herbstfest ~vird übrigeiis ausdrüclrlich bezeugt, dasses schon kanaanitische Sitte war (s. 0.).2. Anders steht clie Sache mit demjenigen Fest, das, wieschon erwähnt, in historischer Zeit neben cletn n1ag:othfest den


470 Vierter Teil. IV. Die Feste. [o 69.anderen Bestandteil des Osterfestes ausmachte, clem P a s s ali l.Sachlich ist dieser Teil nichts anderes, als die Dar b r i n -g un g d e r Er s t g e b u r t der Herde. Jahve gehört alle Erstgeburt(Ex 34 ig), das ist ein uralter Satz. Was für ein Bauernvolkdas Opfer des Abhubs der Ernte, clas war für clie Hirtendie Gabe der Erstlinge des Viehes: cler einfache Dank für clenSegen, den die Gottheit in der Herde verlielien. Erst selrundärist von hier aus die Forderung auf die menschliche Erstgeburtausgedehnt worden; diese soll gelöst werden (Ex 34 20). Nichtaber ist umgekehrt die Forderung cler ineilschlichen Erstgeburtdas Ursprüngliche und das Passah ein Aequivalent clafiir.Schon hieraus ergibt sich, dass das Passah ancleren Ursprungs ist, als die Erntefeste. Die Kanaaniter haben esschwerlich gekannt ; wohl aber ist es ein uraltes israelitiscliesPest, das die Israeliten aus der Wüste mitgebracht haben. Einerichtige Erinnerung daran zeigt sich in der alten Ueberlieferungbei JE, welche nicht das Passah durch den Auszug, sondern umgekehrtden Auszug durch clas Passah veranlasst sein lasst : dieIsraeliten nehmen zum Vorwand, dass sie Jahve ein Fest an1 Sinaifeiern sollen; „weil der Pharao nicht gestattet, dass sie Jahve clieihm zulioniineriden Erstlinge darbringen, niinint Jahve selbst sichzum Ersatz die Erstgeburt der Menschen von den Aegyptern".ImlVestjordanlancl ist dann das Passah mit den1 bei clen Kanaaniterngefeierten Pest cles Ernteanfangs zu einem einzigen verschinolzen.Das war leicht möglich, weil beide Feste ungefähr indieselbe Zeit fielen, und weil die Bedeutung beicler als Dankfestewesentlich dieselbe war. Nach clem jetzigeil Bericht sieht es aus,als ob mit der Uinwandlung in ein historisches Fest das Mar8othfestden Anfang gemacht hätte (Ex 12 34 JE) ; beim Passah findenwir diesen Versuch erst im Dt (Ex 131-16 Dt 161-8). Alleinder umgelrehrte Gang hat die TVahrscheinlichlreit für sich : dasPassah musste bei der oben erwähnten Ueberlieferung von Altersher an den Auszug erinnern, beiin Maqqotlifest war die Deutungauf die ungesäuerten Brote cles Auszugs doch etwas künstlich;sie war die Folge clavon, class beicle Feste zusarnmeiigefallen' Der Nanie 21esac7a lconlmt allerdings erst im Dt vor, da Ex 34 z; dieBezeichnung als pesac7~ später eingetragen sein dürfte; (vgl. 23 is, auch 34 1skennt den Namen nicht). Was er bedeutet, ist nicht klar ; er wird übrigenstrotzdem alt sein.


5 70.1 Die Umn7andlung der alt,israelitischen Feste.--471waren und daher auch beim Ma~~otlifest eine Beziehung auf denAnsziig zii suchen nahe gelegt wurde.Sicher alt ist auch der eigentümliche Ritus cl e s Pas s a 1:an1 Vorabend des Massothfestes muss das Erstgeburtsopfer vonKleinvieh oder Grossvieh geschlachtet uncl sogleich währendder Nacht verzehrt werden (Dt 16 sff.). Nichts davon darf bisziiin anderen Morgen übrig bleiben (Ex 34 85 23 ia Dt 16 4 ff.).A-nch in dein kleinen Zug, dass das Fleisch noch nach clein Dt(16 7) gekocht gegessen werden soll, verrät sich die alte Herkunftdes Brauches (s. 0.). Das Blut mircl mit einem Ysopbüschel andie Pfosten uncl Oberschwelle der Thüre gestrichen 3, auch dies,obwohl erst sehr spät erwähnt (Ex 12 ziff.), ein sicher alterBrauch. Vielleicht hatte cler Ritus die Bedeutung einer Lustration(vgl. Lev 14 i ff.).5 '70. Die Umwandlung der altisraelitisohen Peste unter demEinfluss der Gerntralisation des Kultus.1. In ganz gleicher Weise wie beim Opfer musste auch beiclen Festen sich der Einfluss der Centralisation des Kultus geltendmaclien. Hier wie dort lag es nicht ili cler Absicht des Gesetzgebers,aus dem Alten etwas wesentlicli Nenes zu machen.Mit seiner Vorschrift, alle Feste in Jernsalem zu feiern, meinteer nur eine F o r ni ä n d er ii n g zu verlangen, die clas Wesen uildclen Charakter cler Feste unangetastet liess. Abgesehen davonunterscheidet sich seine Festgesetzgebung wenig von der altenPraxis. Der Zusammenhang mit den1 Aclierbau und damit derDie Feier am Abend zeigt, dass das Passah ursprünglich ein Mondfestwar. Es wurde also in ältester Zeit wohl ain Prühliugsneumond oderan1 Frühlingsvollmond begangen; fiir letzteres liönnte die spätere Datirnngauf den 14. Nisan geltend gemacht werden.Das Passahlninm ist für ein Fest der Erstgeburtsopfer nicht nrsprünglich;noch das Dt weiss nichts davon. Man opferte vom Gross- undKleinvieh die Erstgebnrt selber, vTns natiirlicli die Freiheit eines Tausche.;nicht ausschloss. Solcher Austausch fand (jedenfalls später, wie früh wissenwir nicht) bei den nicht opferbaren Tieren statt. Nachdem bei P aus demErstgeburtsopfer eine Abgabe an die Priester geworden war und das Passahseinen Opfereharalrter überhaupt verloren hatte, gieng es leicht, dasselbehinsichtlich der Opfergabe zu uniformiren. An Stelle cler Freiwilligkeit tratwie iiberall bei P die gesetzliche Vorschrift.Dass das Dt diesen Ritus niclit kennt, erklärt sich daraus, dass beiihm das Passah nicht zu Hause, sondern als Opfer in Jerusalem geschlachtetwerden muss.


472 Vierter Teil. IV. Die Feste. [D 70.heitere Charakter der Peste bleibt vollständig gewahrt, nur beimOsterfest findet sich wie schon vorher die Beziehung auf cleilAiiszug. Die Festfeier besteht in nichts anderem als in Opferdarbring~ingvon den Erstlingen der Feldfriichte. Desshalb wirdauch an der alten nllgemeinen Festsetz~iiig der Festzeiten nichtsgeändert, obgleich die Centralisatioii das eigentlich verlangenwürde. Ostern soll im Abib, im Erntemonat gefeiert werden,wenn man zuerst die Sichel an clie Halme legt; sieben Wochennachher Pfingsten; das Hüttenfest, wenn der Ertrag von Kelterlind Tenne eingeheimst ist. Nur darin geht das Dt weiter, dasses Ostern und Laubhiitten auf eine Woche, Pfingsten anf einenTag normirt. Auch darin liegt noch keine sachliche Verschieden-Iieit, dass Dt ariclere Namen gebraucht: neben ??zc~gjOf/& hat esdie Bezeichnnng pesccch, für das Hwbstfest gebraucht es die Benennungg~lilcbth,Hiittenfest'. Letztere erlrlärt sich ain einfachstenaiis der noch heute geübten Sitte, beiin Einheimseil von Weiiiund Oliven in den TVeiiibergen und Oliveilgärten unter solchenLaubdächern zu wohnen.2. Auch bei den Festen zeigte es sich, dass fiii ihren Grundcharaliterdie Lolralität der Festfeier nicht gleichgiltig war. DieVerlegung der Feier nach Jerusalem hatte die gleiche Wirkui~gwie beiin Opfer: clie Loslösung der Feste von ihrer natiirlichenGrundlage nnd damit die Verwischung ihrer iirsprünglichenBedeutung. Auch clie Feste verloren ihren individuellenAnlass und wurden zu rein gottesdienstlichen Uebungen. Es warnicht dasselbe, ob nian zu Hause irn engen Kreis der Saliralgenossenschaftbei Beginn uncl Ende cler Ernte ein Fest feierteiincl die Erstlinge vor Jaiive verzelirte, oder ob cler Hausvaterdie schulclige Abgabe in Gelrl oder in natura init nach Jerusaleinnahm, um sie dort im Tempel abzuliefern. Nur in einzelnenRiten bliclit der alte Sinn der Feste noch clurch, so in der Darbringungder Gerstengarbe an Ostern, cler TVeizenbrote an Pfiiigsten,in den La-~ibhiitten ain Herbstfeste. Diese Denatiiralisiriingder Feste zeigt sich aii verschiedenen Punkten ganz deutlich:a) Die für die einzelnen Feste charakteristische Opferiing derErstlinge fällt weg; sie wird verwandelt in eine einfache Abgabean die Priester. An ihre Stelle tritt bei allen Pesteiz gleiclimässigein gesteigerter 0 p f er dien s t : Brandopfer und Sündopfer inewigem Einerlei. Diese siiicl für jeden Festtag genau vorgeschrieben;etwaige freiwillige Gaben sind nicht ausgeschlossen, aber


D 71.1 Die Festgesetzgebung bei P. 473Nebensache; die eigentliche Festfeier ist eine gesetzlich geregelteLeistung der Gemeinde.b) Die Feier an dem einen Heiligtum i~zacht scliliesslich einegenaue Da tir ung nach Monatstageii nötig. Die Ernte bindetsich natnrgemäss in den einzelnen liliinatisch so sehr verschiedenenLandstrichen nicht an den Mond und ein einheitliches Datum.Werden die Feste datirt, SO ist das ein Zeichen, dass ihr urspriinglicherAnlass verblasst ist.C) Verlieren die Peste ihre alte Eedeutung, so niüssen sieeine neue erhalten. Dies geschieht durch eine lrünstliche g e -schiclitliche Motivirung: aiisser cleri Massoth erhält auchdas Laubhiittenfest eine solche, und beiin Passahfest wircl sie inganz merkwürdiger Weise gesteigert (s. U.). „Die Geschichte istnicht wie die Ernte ein Erlebniss der einzelnen Hauslialtungen,sondern vielmehr ein Erlebniss des Vollres iin Ganzen.lcd) Werden die Erntedanlzfeste zu solchen Erinnerungstagenan Epochen cler Heilsgeschichte und zn gottesdienstlichenUebungen, so ist dainit ilir fröhlicher Charalrter cleni entspreclieiidenErnst gewichen nnd nichts ist natiirlicher, als dass die später(bei P) herrschende Allgenieinstimmung, das Siindenbewusstsein,auch in ihnen seinen Ausdruck findet. Mit clein FalIen des altenOl~fer~nahls und cler alten Branche schwindet die alte Stiinmüng;gehäufte Sün deiisühn e durch Brandopfer ~ind Sündopfer gibtallem einen düsteren Ernst. Die Volksfeste werclen zu Busstagen,clie Sabbate sind nicht inehr um cler Menschen willenda, sondern die IIensclien .tim der Sabbate willen.e) Haben die Feste lreine individuelle Bedeutung mehr, sindsie rein asketische Leistungen, so steht nichts iin Weg, beliebigviele neuen Feste in den Cyklus aufzunehmen ; ja es inussteclas Beclürfniss darnach entstehen. TVie beim Opfer eigene Siihiiopferaufkamen, weil clie alten Opferarten gegen die Sühnideesich spröde verhielten, so konnte es auch hier iliclit gelingen, iiidiesen alten fröhlichen Festen mit ihrem Jubel den Sühngedaiikeilrein zur Ausprägung zu bringen. TVas lag näher, als dem Festkreisedas spezielle Sühnfest, das ihm fehlte, einzuschalten?§ 71. Die Festgesetzgebung bei P.Das Res~~ltat cler geschilderten Entm~iclrlung lasst sich beiden einzelnen Bestiininungen von P deutlich zeigen.1. Dass von cleii lunaren Festen clas hIoiidfes t wiecler auf-


474 Vierter Teil. IV. Die Feste. [§ 71.kam, ist schon erwähnt worden (S. 465). Beiin Sabbat wird clieRuhe aus einer Erholung von der Arbeit zur Untätigkeit schlechtwegund damit aus einein Genuss zu einer aslcetischen Leistung(Es 16 218. 35 3 Num 15 32ff.). Diese Umwandlung ist mehr alsbloss eine quantitative Steigerung cler schon vorher üblichen Ruhe.Das Opfer der Enthaltsamkeit von aller Arbeit wird gefordertnicht aus Rücksicht auf den Menschen, sondern weil es Gott beliebthat, am siebenten Tag von seiner Schöpferarbeit auszuruhen. DieAenderuiig hat sich im Exil vollzogen. ,41s Opfertag musste clerSabbat in1 Heidenlande aufhören, damit blieb die Ruhe die einzigmögliche Art, ihn zu feiern; mit clem ganzen Opferlrult fielen dleanderen Feste, dadurch stieg cler Sabbat an Bedeutung; nebender Beschneidung war er clas einzige Stück cles Gottesdienstes,das den Juden noch blieb; so ~vurcle er mit jener geradezu zninSymbol des Judentums, zum ,Zeichen cles Buncles' (Ex 31 13 vgl.Weh 10 ieff.). Die Sabbatfeier des späteren Juclentiiins hat sichin der gleichen Richtung weiter entwickelt.2. Mit dein Sabbat hängt das Sabbatjahr zusamiiien. BeiJE (Ex 212 23 iof.) wird die Freilassung cles Sklaven im siebentenJahr der Knechtschaft verlangt und ebenso je nach sieben Jahrendas Brachliegenlassen des Ackers und die Preisgabe der Erntefiir clie Bediirftigen. Das siebente Jahr ist hier ein relativer Terinin;ebenso noch im Dt (15 iff.) bei der Freilassung cles Sklaven.Dagegen kommt es als fester Termin in Betracht fiir clen Erlassjeclen Darlehens (s. S. 350). Von einer Brache cles Ackers iinsiebenten Jahr weiss das Dt nichts. Bei P ~vircl dies gesteigertzu einem Sabbatjahr, clas wie der Wochensabbat je im siebentenJahr durch vollstänclige Ruhe des Landes zu feiern ist. Es darfweder gesät noch geerntet werden (Lev 25 1-7 vgl. Dt 31 9-13 P).Eine abermalige Steigeriing bildet clas Halljahr (sclte~znthhc!jj0~5h&l): nach Ablauf von siebenmal sieben Jahren soll an110. Tag cles siebenten Monates des 49. Jahres (also nach alterRechnung am Neujahr des 50. Jahres s. S. 200) mit Posaunenschalldas ,FreijahrC angelcündigt verden. Wie am Sabbatjahrsoll das Land rnhen, und ausserdem alles in der vorangehendenPeriode veräusserte Grundeigentum wieder an seinen alten Herrnoder dessen Erben zurüclrfallen (Lev 25 sff. vgl. 27 i7ff.). Dasswir es hier mit einer lecliglich theoretischen, praktisch ganz iindurchführbarenConsecluenzmacherei aus der Sabbaticlee zu tunhaben, zeigt die einfache ErwRgung, dass bei einem solchen Hall-


D 71.1 Die Festgesetzgebung bei P. 473jahr drei Jahre nach einander nichts geerntet werden könnte, im49. Jahr als im Sabbatjahr, iin 50. und 51. Jahr, weil in denbeiden Jahren vorher nichts gesät worden ist. Diese Unmöglichkeitsieht übrigens der Verfasser selber ein (Lev 25 2.2).3. Unter den alten Jahresfesten hat Ostern die clurchgreifendsteUmgestaltung erfahren. Das Passah (Ex 12) ist fiirP nicht bloss Nachklang einer göttlichen Heilstat, sondern selbsteine solche: es wird schon vor clem Auszug eingesetzt, damitJahve die Erstgeburt Israels verschone, nicht w e i 1 er sie verschonte.„Die Sitte wircl nicht bloss geschichtlich motivirt, sondernin ihrem Anfang selbst zu einem geschichtlichen Faktumverdichtet uncl durch ihren eigenen Anfang begriindet; derSchatten, cleii sonst nur ein anderweitiges historisches Ereignisswirft, wircl hier verkörpert und wirft sich selber", bemerkt TVELL-HAUSEN. Daraus ergibt sich, dass der Opfercharalrter des Passahlainmesfallen inuss; clas erste Passah kann für P kein Opfer sein,denn es war ja kein Heiligtun? da, und der Ritus verlangt, dass clasPassah ein hä~~sliches Fest bleibt. Es soll nämlich ein fehlerloseseinjähriges Lamm (man bemerke die Uniformirung gegenüber cleralten Sitte!) ain Abencl des 14. des ersten Monates in jeclem Hausgeschlaclitet werclen. Vom Blut wird an die Thürpfosten und dieOberschwelle cles Hauses gestrichen, clas Fleisch soll, unzerstüclrtals Ganzes am Feuer gebraten (nicht gekocht), in der Nacht vonden Hausgenossen gegessen werclen. Was etwa iibrigt bleibt, istzu verbrennen1. Die alte Becleutuiig als Opfer der Erstgeburt istganz verschwnnden, die Erstgeburt inuss neben clem Passahlaininals Abgabe an clie Priester gebracht werclen, eigentlich eineverdoppelungder Leistnng.Von dem Charakter des Ivias 6 o thfes tes als Erntefest hatsich noch eine kleine 8pnr erhalteil in den IS.llag$oth selber und inder Darbiingung der (7;-erstengarbe am Tag nacli clem Sabbat2Ezechiel (45 ziff.) weiss noch nichts vom Passahlamm, sondern verordneteinen Sündopferfarren zum Hauptopfer.Ueber die verschiedenen Erklärungen dieses Ausdruckes vgl. DILLaramz. d. St. Die traditionelle Auslegung geht daliin, dass unter clem Sabbatder erste Tag des Massothfestes, der durcli Festversammlung gefeiertwnrde, gemeint sei, also der 15. Nisan, der Tag nach dem Passah. Jos 5 ioff.spricht jedoch dafür, dass P unter dem Sabbat das Passahfest versteht.Lev 23 ist übrigens nicht einheitlich, zur älteren Festperikope gehörenv. 9-14. Nian möchte vermuten, dass in dem jetzt weggefallenen Anfang derselbender Anfang cles Osterfestes anf den ersten Sabbat nach Beginn derErnte festgelegt wurde.


476 Vierter Teil. IV. Die Feste. [D 71.(Lev 23 9ff.). Das Schwergewicht der Feier des Magsothfestes fälltaber auf die grossen Opfer: neben dem Tamid täglich zwei Farren,ein Widder, sieben einjährige Lämmer je mit der dazn gehörigenMinchah als Brandopfer, ein Bock als Sündopfer (Nun1 28 icff.;Lev 23 kennt cliese giosseri Opfer noch nicht). Der erste uiiclsiebente Tag des Magsothfestes sind ausgezeichnet clurch Ruheiind durch grosse Festversaminlung atn Heiligtum. Das ganzeFest dauert also, da in diese sieben Tage der Tag des Passahnicht eingerechnet ist, acht Tage: vom 14. bis 21. Nisan je eiiischliesslich.Hierin liegt eine Steigerung gegeniiber Dt. Dortwird das Passah als erster Tag des ganzen Festes gezälilt, undihn1 folgen nur noch sechs Tage (Dt 16 4).4. Pfingsten ist ziemlich als nebensächliches Fest behandelt.Es fehlt ihin auch jetzt noch clie historische AIotivirung, erst dasspätere Judentnni hat es auf die Gesetzgebung am Sinai bezogen.Das Fest dauert nur einen Tag. Die Opfer sind die gleichen wiean Ostern, auch hier kennt Lev 23 statt deren nur die Darbringungvor1 zwei einjährigen Läininern neben dem Erstlingsopferder zwei Webebrote aus neuem Getreide, die hier - einRest der alten Sitte, cler die ursprüngliche Bedeutung verrät -mit Sauerteig gebacken werden. Festversaiiiinluilg und Ruhe vonder Werktagsarbeit heiligen den Tag.5. Das Laubhüttenfest wird auf den 15. Tag des siebentenMonates festgelegt. Der schon in1 Dt ihm gegebene Name -zlk.k.dtl~hat die geschichtliche Umdeutung erleichtert; die ,Laubhüttencwerden jetzt als Erinnerung daran aufgefasst, dass Israel in derWüste unter Hütten wohnen musste. Die Dauer wird auch beidieseln Pest, das ganz in ,Jerusaleni begangen wird, von siebenTagen (Dt 16 1s Lev 23 39ff.) auf acht Tage erhöht (Mum 29 35).An Opfern werden in den ersten sieben Tagen dargebracht jeein Ziegenboclc zum Sütidopfer, zwei Widder, 14 eii~jährigeLätnmer und in absteigender Linie 13-7 Earreri zum Biandopfer;am achten Tag ein Ziegenbock als Sündopfer, ein Farren,eiii Widder, sieben Lämmer als Brandopfer (Num 29 12ff.). Vonden Aparchen der Ernte ist gar nicht mehr die Rede.6. Zwischen Pfingsten und Laubhiitten hat P zwei ganz neneFesttage von ganz andersartigem Charakter eingeschoben: Neujahrund Versöhnungstag. Das kirchliche Neujahrsfest wirdain ersten des siebenteil Monates, also ain erstell Herbstneumondgefeiert. Ueber den alten Jahresanfang im Herbst und das


8 71.1 Die Festgesetzgebung bei P. 477spätere bürgerliche Neujahr irn Frühling s. S. 199f. Lev 25 9wird der 10. des siebenten Monates als Neujahr betrachtet; nachdemeinmal lrirchliches und bürgerliches Neujahr sich getrennt,Ironnte das kirchliche gut auf den 10. Alonatstag fallen. AuchEzechiel erhält seine Vision des neuen Jerusalem gerade am Keujahrstage,am 10. des Monates', d. h. wohl auch des siebentenMonates (40 i vgl. SNEND Z. d. St.). Darnach wurde im Exil andiesem Tage der Jahresanfang kirchlich gefeiert. Später wurdeaus irgend welchen uns nicht mehr durchsichtigen Gründen derVersöhnungstag auf dieses Datum gelegt und das Neujahrsfestauf den ersten des siebenten Monates verschoben (Lev 23 23ff.Num 29 iff.). Das Fest wird mit Posaunenblasen gefeiert, daherder Name jOnz tei.Uc&h. Ausser dem gewöhnlichen Neuinondopferwerden ein Farren, ein Widder und sieben Lämmer nebst der dazugehörigen Minchah als Brandopfer, ein Ziegenbock als Sündopferdargebracht. Die Werktagsarbeit ist verboten.7. Das Gesetz iiber clenVer s ö hnung s t ag in seiner jetzigenForm (Lev 16) gehört zu den jüngsten Novellen. Der Kern vonP enthielt (wie ich ZAW IX 1889 65ff. genauer nachgewiesen)ausser einer Verordnung über die Bedingungen, unter welchender Hohepriester das Allerheiligste betreten darf, eine ganz kurzeAnordnung einer regelmässigen Entsiindigung des Heiligtumsund des Volkes, vollzogen gedacht nach dem alten SündopfergesetzNuin 1524ff., ausserdem verbunden mit li'asten und Sabbatruhe.Schon Ezechiel liat zwei derartige Sühntage ain ersteiiTage des ersten und siebenten Monates (45 laff.). Nach Zacharja(7 5) wurden im Exil zwei jährliche Busstage mit Fasten im fünftenund siebenten Monate gehalten (nach 8 19 ausserdem noch zweiim vierten uncl zehnten Monate). Dieselben diirften sich auf geschichtlicheUnglückstage bezogen haben. Noch Neh 8 und 9~vi~d erzählt, wie bei derVorlesung des Gesetzes gemäss der Anweisungdesselben am ersteii des siebenten Monates ein Freudenfest(Neujahr) und am 15. Tage das Laubhiittenfest gefeiert wordensei, von einem Versöhnungsfest am 10. entsprechend Lev 16wird in der genauen und gerade für Liturgisches interessirten Erzälilungnichts berichtet; dagegen wird am 24. des siebenten Monatesein Generalbusstag abgehalten, aber ohne das Ritual vonLev 16. Dieses konnte also in Ezras Gesetzbuch unmöglich enthaltensein. Nicht einmal in den jungen Festperikopen Lev 23 26ff.und Num 29 7ff. wircl das merlrwürdige Ritnal irgenclwie an-


478 Vierter Teil. V. Die lrultische Reinheit. [§ 72.gedeutet; dort bescliränlrt sich die Feier am 10. cles siebentenMonates auf Pasten, Ruhen und auf die gewöhnlichen Festopfer.Das Ritual in Lev 16 ist zwiespältig. Ueber die gesteigerteBlutmanipulation vgl. S. 455. Ganz eigenartig uiid ohne Paralleleim Gesetz ist, dass einer der zwei Süiidopferböcke ,für 'as&'sdl(ausgelost lind mit einem Siindenbekenntniss in die TVüste gejagtwird. Unter 'Azazel lrann man sich nicht gut etwas anderes alseinen gefährlichen Dämon vorstellen, dein man die Siinde clesVollres und das daraus erwachsende Unheil auf den Hals schiclrte.Diese Vorstellung aber liegt auf dem Weg, der später zurn Teufelführte. Dann lrann man die Cerenlonie nicht als eine uralte demJahvelrult notdiirftig assimilirte erkliiren; denn wenn 'aa$'z&lunter den von clen lsraeliten allerdings sehr gefürcliteten FeldundWüstenteufeln eine solche Rolle spielte uncl seine Verehrungso zäh irnVolke haftete, dass er allein der Aufnnlime in den Kultgewürdigt wurde, so inusste er doch auch sollst, nan~entlicli Lev 17,wo clas Opfer uiicl die Verehrung dieser Däinonen verboteil mircl,genannt sein. Woher freilich dieses Stück des Rituals stamilzt,ist bis jetzt noch unerklärt. Der Versöhnungstag selbst aber -und clas ist bezeichnend für den ganzen Charalrter des nachesilischenKultus - ist rasch an die Spitze aller Feste als clas Heiligstevon allen getreten. „Es ist als ob die Stimmung des Exilsauch nach der Befreiung, wenigstens während der ersten Jahrliunderteim Judentum stehen geblieben wäre; als ob man sichnicht bloss momentan, wie in früherer Zeit bei einem besonderenAnlass, sondern unanfhörlich unter dem bleiernen Drucli. clerSünde und cles Zornes gefühlt hätte.('Kap. V.Die kulltische Reiailieit.5 72. Die altisraelitischenVorstellungen von Rein und Unrein.1. Wie bei allen alten Religionen unterliegt aucli in der altisraelitischenclerVerlrehr des Mensclien mit cler Gottheit im Kultusgewissen Schranken. Nicht in jeden1 Zustand kann cler MenschGott nahen, nur der lr~zltiscli ,Reinec ist dazu befugt, der ,U11reine' ist davon :tiisgeschlosseil. Für die Bedeutung dieser Begriffekultisch rein uncl unrein ist ausserordentlicli lehrreich dieAnwendung derselben auf alles fremde Land uiicl auf jeden frem-


5 72.1 Die altisraelitischen TTorstellungen von Rein und Unrein. 479den Kult. Für den Israeliten bescliränlite sicli die kultisclieVerehrungJahves auf den Boden Palästinas. Andere Länder hattenanclere Herren, aus clein Erbteil Jahves vertrieben musste manfremden Göttern diencn (I Sam 26 i9), wie inan auch ihrerWillkür preisgegeben war (I1 Reg 3 27). Nur etwa claiin warJahvekult iii~ fremden Land möglich, wenn man von lranaanitischerErde iiiitnalim und auf solcher den Altar errichtete, clanilstand er auf Jalives Grund und Boden, nicht auf dem andererGottheiten (I1 Reg 5 i7). Als Land Jahves war Palästina das,heilige Land', als Wohiisitz anderer Götter war jedes fremdeLand ,unreinc: wer dort starb, starb auf unreiner Erde (Am 7 11Ez 413); die Speisen, die inan dort genoss, waren unrein (Hos 9 3f.).Der Unbesclinittene ist unrein, denn er trägt nicht das VolksundKultuszeiclien Israels und Jalives, sonder11 das eines andereiiStammes und Gottes. Der Grunclgedanke cles Begriffes ,unreiniist also ein rein religiöser, was namentlich STADE init Recht betonthat (GVJ I 481 ff.). Unrein für den Jahveknlt ist clas ganzeGebiet, das andereii Göttern zugehört.Demgemäss ist der Dienst fremder Götter, speziell Zaiiberei~~iid clrgl. die Unreinigkeit kat' exoclien. Das Verbot wird ausdrücklichclaniit inotivirt, dass Jahve heilig sei (Lev 20 7). DieHeiligkeit Jahves besteht darin, dass er iiicht duldet, dassIsrael im heiligen Lande mit dämonischen Mächten und anderenGöttern sich einlässt. Wer das tut, der ist unheilig, unrein, nridverunreinigt clas ganze Lancl (Jer 2 7 23). In dem gleichen Zusammenhangnnd mit derselben Begründung werden aber auch bestimmteTrauergebräuche (Haarschur, Tätowiren) verboten, beidenen dieBeziehung auf fremdenKnlt ebenfalls zutrifft (s. S. 166f.).Und wenn dann die Speiseverbote mit den genannten auf eineLinie gestellt werden (Lev 19 ze Dt 14), so wird schon hierausklar, dass bei ihnen allen ganz in demselben Sinn von rein unclunrein die Rede ist.2. Gewisse Zustände, in denen sich der Mensch zu Zeitenfindet, schlossen den alten Israeliten vom Kultus aus. Um zuverstehen, was das für ihn bedentete, muss man sich vergegenwärtigen,class ihn1 dainit nicht bloss die Hilfe seines Gottes,sondern auch der Verkehr mit seiiienVolksgenossen abgeschnittenwar. Konnte cloch solche Unreinigkeit unter Umstäiiclen ansteclrendwirken; uncl auch wo clies bei geringerer Unreinheitnicht angenoinineii wurde, war doch der Unreine vom Opfern~ahl


480 Vierter Teil. V. Die lrultische Reinheit. 72.und damit von allen festlichen Gelegenheiten ausgesperrt. Desshalbbereitete man sicli auf jedes Pest und Opfer sorgfältig vor,Inan reinigte oder ,heiligte' I) sich (Ex 19 ioff. I Sain 20 zu 16 5).,HeiligkeitL und ,sich heiligen' sind nun rein negative Begriffe;sie meinen nichts anderes als die Freiheit und das sich Freimachenvon dler Art Unreinheit, die Abstinenz von allein Verunreinigenden.Hiezu gehört in erster Linie Icörperliche Reinheit.Wer schmutzig ist, kann selbstverständlicli vor Gottes Angesichtso wenig treten, als vor das des Königs oder eines Mächtigen.Das Kriegslager Israels, das wegen Jahves Gegenwartals heiliger Ort giIt, wird nach dem Dt durch jeck Vernnreinigringentheiligt (Dt 23 ioff.). Desshalb n~uscli man sich zur Vorbereitungauf die Begegriung mit der Gottheit (Gen 35 z Ex30 17ff.); man wusch auch seine Kleider (Ex 19 ioff.) oder ~vecliseltedieselben, was den gleichen Wert hatte (Gen 35 2; vgl.für die arabische Sitte WELLHAUSEN, Skizzen I11 52 106).3. Es wird nun aber noch eine Reihe anderer phgsisclier Zuständeals ,unreinL betrachtet. In sehr hohem Gracl komiiit dieseEigenschaft dem Leichnam zu. Diese Anschauung reicht bei clenIsraeliten nicht über die Jahvereligion zurücl


§ 73.3 Die altisraelitischen Vorstellungen von Rein uncl Unrein. 481Das Primäre ist die Anschauung, dass um den Leichnam clieSeele des Verstorbenen als mächtiger Dämon schwebt, und erstselrundär ist hieraus das Grauen vor demselben entstanden. Aberes ist das Grauen vor dein Hochheiligen, Ueberinenschlichen;darum verehrt man den Gestorbenen kultisch. Dies ist auch beiclen alten Israeliten urspriinglich so gewesen. Die Verehrung clesTot,en schliesst aber die gleichzeitige Betrachtung desselbeii alsunrein aus. Unrein ist der Tote dann aber für jede andere Religion,welche seinen Kult nicht teilt; für clen Ja,hvedienst mussbei der strengen Verpönung des Totenkults überhaupt jederiinrein sein, der mit diesem Gebiet der Dämonen in Berülirunggekommen ist. Die Unreinerklärung des Leiclinams ist der energischeProtest der Jalivereligion gegen den Totenl~ult, die denkbarschärfste Verurteilung desselben. Je Zngstlicher und empfiiidlicheriin Lauf der Zeit clie Jahvereligion gegen alle Spuren diesesKultus wurde, desto mehr steigerte sich diese Forderung derFeriihaltung von allem was zu ilim gehörte (s. U.).4. Weiter galt als verunreinigend der A ii s s atz.Der Aussatz (sa~cc'cctih) scheint unter den Israeliten ziemlich verbreitetgewesen zu sein. Die Erreger der Hranlrheit sind Bakterien, welche denender Tuberkulose sehr ähnlich sincl. Bis jetzt ist weder ihre lrünstliche Züchtungnoch die Uebertragung auf Tiere gelungen, ebensowenig aber die Heilungder ICranl


482 Vierter Teil. V. Die kultische Reinlipit. [S 72.Der Aussatz selbst verläuft sehr langsam; wenn iiicht, was allerdingsmeist der Fall ist, hinzutretende andere Krankheiten (Ruhr, Anszehriingetc.) dem Leidenden bälder ein Ende bereiten, lrommt es vor,dass solche Unglückliche 20 Jahre und länger mit der Krankheit leben.Der Aussatz ist nicht ansteclrend, aber vererbt sicli niit Sicherheit aufdie Nachkoinmen. Ihn auszurotten könnte nur gelingen, wenn es möglichwäre, die Aussätzigen vollständig zu coiisigniren und ihre Heiratenunter einander zu verhindern. Neuerdings treten übrigens JerusalenlerAerzte dafür ein, dass der anästlietische Aussatz wenigstens in seiner erste11Periode heilbar sci.Der religiöse Grund, warum cliese Kraiil


5 78.1 Die altisraelitischen Vorstellungen von Rein und Unrein. 483flnss uiicl Schutz bestiilimter Dämonen stehend gedacht siild (vgl.SIIEXD 828f.). Von hier ans versteht sich, warum gerade geschlechtlicheVergehen, Blutschande, Knaben- und Tierschaildein besonderer Weise Land iind Volk verunreinigen (s. S. 342 f).6. Endlich waren den alten Israeliten verschiedene Speisenverboten mit cler Motivirnng, dass der Genuss verunreinige.Oben an stellt clas Blut. Bei P wird clas Blutverbot damit begründet,dass das Blut Jahve gehöre, weil das Leben des Tieresiin Blnte sei. Der Gedanke ist vielleiclit der, dass das Leben desTieres von Jahve lion~ine uncl clesshalb ihm zurückgegeben werdenmüsse. Diese Ansclinui~ng ist natürlich nicht ~irsprünglich. Nichtweil das Blut Jahve zuliam, wurde es nicht genossen, sondernweil man sich scheute, clas Blut zu geniessen, brachte man esJahve clar. Man scheute sich aber, Blut zu geniesseil, weil esTrSiger der Seele, cles Lebens war. Eben desslialb ass man anclikein Aas lind kein von wilcleli Tieren Zerissenes, denn hier wardas Blut, clie Seele nicht orclentlich entfernt. Des weiteren verstehtsich von hier aus, ~vesshalb Raubtiere unrein waren. Obinan dagegen bei der Entlialtiirig von den Fettstücken, die auf denAltar liamen, anf die Anschauung, dass clie Seele im Nierenfettihren Sitz habe, zuriicl


484 Vierter Teil. V. Die kultische Reinheit. [S 73.animistischen Religionen das betreffende Tier als Totem betrachtetwird, oder dass es einer Gottheit heilig ist, eine Aiischauung,die in letzter Linie gleichfalls auf Totemismus zuriickgehendürfte. Dasjenige Tier, in welchem ein Geschlecht seinenAhnen erblickte, wurde von den Angehörigen des Geschlechts nichtgegessen, während man umgekehrt das Totem feindlicher Geschlechtergerne zum Opfermahl nahm. Da wir nun aiich bei clenIsraeliten Spuren gefunden haben, welche auf Ahnenkult unclTotemisinus zurückweisen, liegt es am nächsten, die Speiseverboteclarauf zuriickzuführen. Damit soll natürlich nicht gesagt sein,dass dies den Israeliten in historischer Zeit noch bewnsst war.Dass sich solche alten Gewohnheiten auch nach Aiinahiiie desJahvekults forterliielten, hat nichts Auffalleiicles; die Sitte blieb,ihre Bedeutung verscliwand. Speziell der Genuss des Sch~veinefleisclieswird von Jesaia (65 4 66 17) mit götzendieiierischeii Mysterienkultenin Beziehung gebracht. Das Schwein spielte auch sonstin der Mythologie anderer Völker (z. B. bei den Aegypterii) eineRolle als dämonisches Tier. Die Gewohnheit, clen Hüftnerv derOpfertiere nicht zu essen, wird von der Sage ebenfalls religiösmotivirt: dem Erzvater Jakob wurde bei seine111 Ringlrampf mitGott die Hiifte verrenkt (Gen 32 33). Die grosse Zahl der verbotenenTiere dürfte sich daraus erklären, dass bei dem Ziisaminenschlussder Stämme zuin Volk die Speisegewohnheiterader einzelnen Geschlechter auf die Gesammtheit sich übertrugen(STADE GVJ' 12485).g '63. Das System von Dt und P.In ihren Wurzeln ist die Unterscheidung von rein uiicl unreinso alt als die Jahvereligion, vielleicht noch älter; JE lieniiermden Unterschied von reinen nnd unreinen Tieren, clas Altargesetzsetzt die Unreinigkeit des Geschlechtslebens voraus etc.1. Mit der fortschreitenden Entwicklung des I


5 73.1 Das Systern von Dt und P. 485die äussere Reinheit des Lagers so gut wie die Enthaltung vonZauberei, die Vermeidung sittlicher Unreinheit (wie Mord undBlutschande) so gut wie die Beobachtung der Speisegesetze(Dt 14).Eine Folge davon ist clie inhaltliche Erweiterung derForderungen. Dem Dt gelten bereits die Trauergebräuche alsverunreinigend, was der alten Sitte sicher nicht entspricht. Amschönsten lässt sich das bei den Speisegesetzen verfolgen. DieDt 14 eff. aufgezahlten unreinen Tiere sincl schwerlich alle vonAlters her als unrein betrachtet worden. Die Erweiterung hängthier mit der Systematisirung zusammen. Eine allgemeine Regelwird jetzt aufgestellt: unter denVierfüsslern dürfsn nur diejenigengegessen werden, welche beide Klauen ganz durchgespaltenliabeil und zugleich wiederlrauen. Darnach ist ausgeschlossen :Kamel, Hase, Klippdachs, Schwein. Von den Wassertieren sindalle unrein, welche keine Flossen iincl Schuppen haben. Bei denVögeln werden keine allgemeinen RiIerlrmale aufgestellt, unreinsind nach dem oben Gesagten namentlich die Raubvögel. Die geflügeltenkleinen Tiere sind alle unrein ; damit ist namentlich dasEssen der Heuschreclren verboten, das bei den nomadisirenclenArabern nicht selten ist und später in P wieder gestattet wird.Die Kriechtiere werden bei Dt gar nicht erwghnt ; das Aas zuessen wird nur den Israeliten untersagt, den Fremden aber erlaubt.Mit dieser Klassificirung geht der uisprüngliche Sinn verloren.Die Hervorl-iebung der allgemeinen Merkmale bei denVierfüsslern uncl Wassertieren inacht beinahe den Eindruck, alssollte jetzt in diesen Merlrmalen der Grund für die Unreinheitgesucht werden. Ein rationaler Gi-~ind ist das freilich nicht; inletzter Linie wird damit wie bei P eben auf den göttlichen Willenreburrirt. Weil Gott es so angeordnet hat, desshalb sind dieseTiere unrein, damit Punktum; nach einem weiteren Grund hatniemand zu fragen.Damit dass cler alte Sinn schwindet, wird Platz geschaffenfür eine neue Deutung. Man wird schon bei Dt sagen dürfen,dass bis zu einem gewissen Gracl die Reinigkeitsgesetze wenigstenszum Teil einen symbolischen Charakter haben, d. h. dass die geforderteäussere rituale Reinigkeit auf die sittliche Reinheit hindeutet.So haben namentlich die Gebote betreffencl das geschlechtlicheVerhalten, die Polemik gegen Ehebruch, Blutschande, Un-


486 Vierter Seil. V. Die koltisclie Reinheit. [D 73.zuclit aller Art, docli nicht allein die Fernhalt~~ng von derBerührung mit den unziichtigen fremden Kulten zum Zweck, -wer weiss, ob dem Gesetzgeber in jeden1 einzelnen Fall dieseBeziehung zum heidnischen Kult überhaupt noch klar vor Augcnstancl. Es lag ihm zugleich auch am Herzen, der nach seinemUrteil eingerissenen sittlichen Verwilderung zu steuern.2. Eben dies, dass clie äussere Reinigkeit vielfach Syiiibolder sittlichen Reinheit wird, gilt iii noch höherem Grade vonEzechiel und P. Bei Ez e chiel versteht man clie Bedeutnng derForderungen kultischer Heiligkeit, die ja bis ins Einzelnste gehen,nur clann richtig, wenn inan hinzunimmt, class die Voraussetzungfür seinen Gottesstaat die ist, dass das Vollc von Jahve bekehrtund ein nener Bund geschlossen worden ist. Die mit dein Gottesgeistbegabte iieue Gemeinde wird nie mehr durch sittliche UnreinheitJahve Veranlassung geben, seinen heiligen Ort zu verlassen.Eben diese sittliche Reinlieit soll sich nun aber anch iiieiner solchen cereinoniellen Heiligkeitserweisuiig äusseilich darstellen.3. Der Priesterkodex ist in der von Dt begoilneneii Richtungweiter geschritten. Die Wertschatznng cler kultischen Reinheitist hier auf die denlcbar höchste Stufe gesteigert, so sehr,dass man mit Recht geradezu diesen ,levitischenL Charaliter seinerTheokratie als das für P am meisten cliarakteristischc bezeichnethat. Die Absicht von P ist die, dein Einzelnen eine Ordnung ziigeben, welche anch sein iiatiirliches Leben regelt und ihin sodazu verhilft, die zur Teilnahme am Kult nötige Reinheit seinesäusseren Menschen zu erreichen und zu bewahren.Daraus folgt auf der anderen Seite eine sorgftiltige Ausbildiingund TVeitereiitwicklung aller hierauf bezügliclien Gesetze.Sehen wir ab von kleineren Abweichungen (wie z. B. dieoben genannte in Betreff der Heuschrecken) so zeigt sich einFortschritt bei P gegenüber Dt in einem dreifachen:a) Materiell werden die Forderungen bis an clie Grenzedes Möglichen gesteigert. Charalrteristisch hiefür sind zweiBeispiele. Während das Dt tincl das iirspriingliche Heiliglieitsgesetz(Lev 11 1-23) nur das Essen der unreinen Tiere verbietet,wird in der sekundären Ueberarbeitnng (V. 24-40) auch clie Beriihrungderselben als verunreinigend untersagt. Aehnlich ist esbei der Unreinheit des inenschlichen Leichnanis. Num 31 19 ~virclverordnet, dass alle, welche im Kainpf mit den 3Iiclianiterii Men-


9 73.1 Das System von Dt und P. 487schen getötet uncl Erschlagene berührt haben, sieben Tage langunrein sein uncl clas Lager meiden sollen; 1iernacl-i sollen sie sich,ihre Kleider und Waffen waschen und entsiiniligeil. Es liegt aufder Hand, dass das bei einem so liriegerischeil Volk, wie die altenIsraeliten es waren, nicht ursprüngliche Sitte sein kann. Nirgendsist sonst etwas davon die Rede, dass der Krieger, cler iii derSclllacht einen Feincl tötet, uniein wird; im Gegenteil, der Kriegist ein ,heiliger Krieg1, direlit von dcr Sclilacht weg ist clas Kriegsvollirein genug um zu opfern (I Sam 1432ff.; S. S. 363). NachNum 19 iiff. verunreinigt sodann nicht nur die Berührung einerLeiche, sondern sclion das Betreten eines Trauerhauses, ja sogarclie Berühriing eines Grabes. Auch hievon wusste die alte Zeitmit ihren1 Toteiiliiilt nichts, mari legte die Gräber vielniehr geradeniit Vorliebe in cler Nähe cler Wohnilng an, ja Judas Königehatten ihre Gr~~ftneben clem Tenipel a ~ lieiligem ~ f Gr~ind undBoclen (Ez 43 7).b) Damit hängt zusaminen clie liasuis tische Ausbildungder Gesetze. Man braucht nur Lev 1129-40(vgl. auch Num18 i'iff.) zu lesen, um der1 Geist, in welchem sich clie Gesetzeseiitwicl~lungbewegt, kennen zu lernen. Da wird ganz geriau unterschieclen:Quellen uncl Cisternen, in welche ein Aas von einem derui~~einen Tierchen fällt, werclen dadurch niclit verunreinigt, ~vohlaber Backtopf, Kochhercl uiicl alle Gefässe; trockene Saaten unclSpeisen bleiben rein, nicht aber Sämereien uiicl Speisen, an welcheWasser gescliüttet wird. Man kann sich des Einclrucks niclitervehren, dass in dieser Kasuistik cler Versuch vorliegt, zwischeiiclen rigorosen Forclerungen eines rein logisch konsequeiit clurchgefiihrtenGesetzes und clen Bediirfuissen cles praktischen Lebens,welche jenen entgegenstehen, zii vermitteln.C) Enrllich hat sich bei P ein ganzes Sys t ein von Lustratio n en herausgebildet. Je höher die Anforderungen in Beziehungauf Reinheit sind, desto häufiger sind natiirlich clie PäIIe wissentlicherund unwissentlicher Verunreinigung, desto dringencler dasBediirfniss, fiii jede Verunreinigung sogleich das eiltsprechendeReinigungsmittel zu haben. Solche Lustrationen hat natürlichauch clie alte Zeit gekannt; inanche von den unter clem sonstigenRit~ial von P sich recht sonderbar ausnehmendeil Reinigungsceremonienmögen ein höheres Alter haben. Inz Grosseii undGanzen aber hören mir von besonderen Beinigungsgebräucheilaus alter Zeit niclit viel. Wascliuiigen vor cler Teilnallme an?Kultus mögen die Hauptrolle gespielt haben.


488 Vierter Teil. V. Die kultisclie Reinheit. [g 73.An1 leichtesten gellt die Reinigimg des clurch einen ToteiiVerunreinigten. Eine rotfarbigef ehlerfreir Kuh, die iioch keinJoch getragen, soll geopfert, von ihrem Blut sieben Mal gegendie Vorderseite cler Stiftshütte gesprengt, das ganze Tier initCedernholz, Ysop lind Carmesin verbrannt werclen; mit der Aschewird dann das Reinigungswasser hergestellt, -womit der Unreineam dritten und siebenten Tag besprengt mircl (Nuin 19). Die Blutbesprengung~haralrte~isirt den Akt als Opfer. Sonst müssenwir auf die Deutung des Rituals iiii einzelnen verzichten und unsdaiiiit begnügen, zu sageii, dass die Todesunreinheit als eine gesteigertegilt, die nicht clurch einfaches Wasser, sondern nur clurclieine Art Lauge gehoben werclen liann. Vie alt clieser Ritus ist,wissen wir nicht; ausserhalb cles Gesetzes (vgl. auch Num 3121 ff.)finden wir denselben nirgends in Anwendung.Bei clen geschlechtlichen Verunreinigungen unterscheidet Pzwei Klassen: clie leichteren, die weniger ab sieben Tage dauern,werden durch einfaches TTasclien uiicl Baden entfernt, die schwereren(s. z. B. S. 149f.) clnrcli Rei~iigungsopfe~, bestehend ausSiind- und Biandopfern.Am komplizirtesten ist die Reinigung bei den1 vom AussatzGenesenen (Lev 14); sie zeigt, wie schwer diese Unreinheit war.Die Reinigung verläuft in zwei Abschnitteil. Zuililchst handeltes sich um clie Wiederaufnahme des aus deinLager, aus der menscliliehenGesellschaft Ausgeschlossenen in die Gemeinde. Von zweireinen Vögeln schlachtet cler Priester den einen, lässt das Blutin ein irdenes Gefäss voll Wasser, das aus einer Quelle oder eineinBach geschöpft sein muss, auslaufen, legt Cecleriil~olz, Carinesiniind Ysop dazu und besprengt init cler l\iischung clen zu Reinigendensieben Mal; den anderen Vogel lässt er frei fliegen. Der Genesenemuss dann seine Kleider waschen, sein 13aar abscherenund sich baden. Er darf iiuri ins Lager Irommen, muss aber iloclisieben Tage ausserhalb seines Zeltes leben und dann die Waschungenund die Haarschur wieclerholen. Den zweiten Akt bildendie am achten Tag darzubringenden Opfer, mit welchen seineAufnahme in die Theokratie uncl den Kult stattfindet : ein Laininwird als Schuldopfer geschlachtet (über clen Ritiis des ,Hebeiis's. S. 459); mit dem Blut und Oe1 wird sowohl clas Heiligtnin alsauch Ohr, Hand und Puss cles zu Reinigenden bestrichen. Dannwird ein weibliches Lamm als Siiiidopfer und ein zweites niäiliilichesSchaf als Brandopfer (mit dein dazugehörigen Speisopfer)


5 73.1 Das System von Dt und P. 489dargebracht. Ueber die Häufung der Opfer vgl. S. 450 ; sie istgegenüber den alten Gebräuchen jedenfalls eine Steigerung.Sonst dürften clie Ceremonien z. T. alt sein; schon bei P scheintihr Sinn nicht mehr recht verstanden, weshalb sie für uns iineinzelnen nicht sicher zu denten sind. Die Ingredienzien desReinigurigswassers sind dieselben wie bei der Reiiiigi~ng des durcheinen Leichnam Verunreinigten; das Bestreichen mit Opferbliitund Oe1 könnte ein alter Lustrationsritus sein ocler aber auchals Symbol des Bundesschlusses die TViederaufnahine in den Kultdarstellen.


490 Stellenregister.Stellenregister.Gen 2 111.3 111. 2~ 268. 386.4 335. I 151. if. 150.2ff. 431.432. sff.436.4 460. i4 124. 372. i 7124. 128. i~ff. 111.124. 215. 20 111. 2i276. 22 214. ze 151.7 ii 198.10 11. 61. I 61. 9 204.ie 63. ziff. 61.11 3 118. 9 128.12 6 374. 375. 6f. 391.s 463.13 6 f. 73. iS 374.14 z 130. 5 60. 130. 7376. 13 374. 23 105.15 eff. 135. 162. sff.Gen 22 391. 434. 2 45.6 94. i0 94.23 164. 2 65. 7-99 347.io 132. ii 172. 15 189.10 190.24 iff. 162. zff. 140.4 142. o 112. 7 112.ii 203. iz 137. 14 93.ia ff. 141. is 172.20 228. 22 107. 26 464.3iff. 73. 33 171.~107.soff. 140. 148. 52 464.es 139. 5s 140. 59 142.143. 149. CO 134. G2228. 0.1 172. 05 143. 67140.2525 152. zo151. 27204.20 93. mff. 90.26 97. isff.229. is 228.24 391. 25 463. 34 f.en 33 3 172.4 171. e 172.G 10 172. ir 114. 129.is 189. 190.34 154. 155. 157. 410.i ff. 141. 4 140. i 2 139.140. i4 341. zo 361.25ff. 74.35 i 372. 2 108. 480.2 ff. 383. 4 374. 7 149.s 374. sff. 375. ieff.150. 181. i7 148. is151. 21 125. 129.37 3 98. is 189. zs 148.25 221. 25 ff. 222. 28221. 30 311.38 345. 293. 5 130. G140. ii 355. iaff. 429.isff. 135. is 106.258.21 148. 333. 2s 148.zsff. 150.436 1 140. 141. 39 i 311.16 391. z 134. 4 134 1 27 140. 3 ff.204. rff. 89.1 40 ii 94. no 169.rff. 145. sff. 144.674. 1 9 37. isf. 144. 20 463. 41 i4 110. 45 153.is 372. 14 376. U 150. 2s 31. 36 151. m 31. 1 42 221.20 142.17 154. 155. 14 338.io 150. zz ff. 153. is 57. 378. 433. 434.171.374. 6 8. 92. 93.183. 7 89. 93. 171. a88. io 171.19 25. i 172. z 108.171. zf. 132. 3 83.mff. 154.18 iff. 391. 2 172. 464.2ff. 73. 3 172. 4 108.19 130. zoff. 436.437.28 57.29 2 ff. 228. io 141. ii171. is 160. io 142.zo 139. 22 143. 33 140.24 142. 2; 143. 27 139.zg 142. siff. 150. 32ff.151.eff. 170. 22 128. soff.343. 37f. 150.20 12 142. io 189.21 iff. 354. 6 151.7 149.s 149. 169. 437. io134.135.148.11355.150. 28%. 207. 3s 228.49 142.31 19 383. 27 171. 271.soff. 383. 34 114. 34ff.15 94. 21 140. 25ff. 57. ssff. 206. 40 29.229. 347. 33 33. 372.374.54 436, 437.32 2s 153. 20 70. 33 484.43 ii 91. 172. 221. zs171. 3i 170.46 4 163. isf. 295.47 31 123.48 7 181. isff. 453.49 3 354. 5-7 415. 7f.295. i4f. 78. zsff. 295.354. 2: 389.50 iff. 163. $3 149. 355.26 163.Ex 1 is 148. io 149.20149. i~ff. 141. 16229.19 229. zi 150. 171.3 366. a 105. s 90.4 zaff. 367. 25 157. zsff.154.155. 27 171.5 iff. 366.6 366.9 zo 463. 464.11 zf. 436. e 85.


Stellenregister.Es 12 137. 475. z 200. e2~3. ii 101. 106. i~340. ioff. 85. zi ff.471. 34 85. 99. 470.39 85. 47f. 341.43 154.13 I-IG 470. 4 201. sff.137. 3 158.168.14 24 203.15 W 372. 20 169. 271.277. 25 321.16 I6 182. 27ff. 474. 3191. 92. ne 182.17 ii 464.18 367. 7 171. isff. 328.isff. 412. io 321. 328.191,424 ioff. 480. io108.436.13 333. 14 i 436.20 368. 4 383. io 340 ii466. zaff. 372. 405.24 324. 378. 2; 215.21 iK 160. 2 474. 28.175. 7ff. 148. 160.162. 7 160 aff. 163.18 463.14 336. 337. 15148. 16 160. 17 148.335. 1s 332. io 337.zoff. 161. 22 337. 24331. ZG 161. 29 336.32 139. 353. 33 228.352. 34 332. 35f. 383.340.466.16 199. 467.18 85.471. 19 89.324.24 i 328. 4 3808. 48.436. 7 290.25-27 370. 395f.25 ioff. 397 23ff. 397.28 387. siff. 397.26 3 112. sf. 395.27 20 212.28 i ff. 421. 3-12 423.4 105. G 216. ii 106.41 427.Ex 29 427. 449. 2 92.4-9427. 9 105. 10-144r>5.2i 459. 29427. 33444.40 183. 212.30 I ff. 397. 401. G 403.ltff. 462. I: 189.192.i~ff. 480. i7-2i 427.io 389. zzff. 109.427.35 109. 218.31 in 474. ia 338.322 107. 6271. 436. sif.463.33iff. 366. eff. 369. 7ff.370. 408. 7-ii 415.ii 386. 412.34 368. i5f. 342. 17382.383. is 467. 470. i9f.470. 20 460. zz 199.467. 25 470. 471 SC36 6 460.37 zctf. 160.38 za 460. 25 188.39 s-14 423. 28 106.40 15 427. 30-32 427.Lev 1 I ff. 452. 4 453. 454.455.5455. ii 453. i 4f.447. ia 453.2 92. 94. 444.453. i-793. rtY. 450. 5 86. il83. 1391. 14432. 450.3 445. 451. 2 453. af.456. of. 456. ii 437.423. 3 ff. 427. 4 453.13f.423.16483. ic487.22 f. 423. 26 455. 3i455. 35 455.5 i 331. 1-13 448. 449.zff. 449. 7 431. sf.456. 11 92. 11 f. 444.14-16 448. 15f. 448.i7-19 448. 449. 20-24334. 21 448. 25 448.449.6 7f. 457. 7ff. 453. izff.427. 444. 13 ff. 427.14 93 10 453. 13 453.21 89.7 1-7 453. z 434. 7 448.456. s 469. 9f. 453.iif.453.iiff.444 446.482. 12 93. 12ff. 446,,ev 7 13 451. 15 446. 20338. 30-40 459. 34489. 30 427.8 427. 443.449. 12427.27 439.9 449. sff. 452. 7 444.8-ii 455 Zl 439.10 if. 445. 7 427. s ff.427.430. 996. 10423.i2f. 453. 12 ff. 459. I4489. i~ 457. ir 455.11 1-23 486. isf. 39. 2240. 91 24-40 486. ZQ-40 487. 30 40.12 150. 3 154. o 449.450. s 451.13 47 E. 103.14 450. 488. 4ff. 471.io 182. 10-32 444. 12460.24440.33-53119.41f. 11815 2 E. 482.16 398. 401. 477. izf.445. 21 453. 463. 2s310. 2ofF. 444.17 478. iff. 393. s 340.447 ioff. 340. 11 424.441. 445. 450. 15f.340. eci 326.18 344.3 344.6-18 343.io 346. s4fT. 344. ze340.19 19 38. 209. ziff. 448.06 479. 27 165. 2s 111.166. es 172. 35f. 183.36 191.20 7 479. o 148. ii ff.343. 14 333. si 346.21 426. 5 166. sf. 166.o 333. 338. ioif. 428.isff. 428.22 13355. 14447. ifi448.17-25446. 13447 22ff.481. 2i 451. zs 451.23 475. 476. off 476.ii 459. 13 182. 183.180.1487 17 182.459.23f. 477. 24 200. 277.ZG E, 477. soff. 476. 43114.24 3 ff. 443. 14333. 453.15 338. IG 340. 18 21354. iof. 332. zz 341.23 1-7 474. sff. 474. 9127. 200. 277. 477.


492 Stellenregister.Lev 25 13 ff. 331. 22 475.23 349. 24 348. 27348. 30 349. 31 127.35-37 351. 39 160. 4727 3 tf. 339. 1.1 ff. 474.zaff. 461. 32 461.29 z5 189. 192.Nuin12f. 356.3339.4636.2 421. 424.3 420. 421. 3 427. 7-9425. Q 421. 10 424. 39-51 422. 47 189. 192.4 3 425.5 11-30 146. 15 92. 444.25f. 453. 460.6 430. 449. 3 96. 7430.9ff. 449. 20 459.8 19 421. 424. 24 425.9 14 341.10 zff. 272 io 465. 32ff.368. 33ff. 370.11 4f. 91. 5 90. 205. s84. 92. IZ 158. ief.328.12 io 482. 24 337. 2s 68.13 i~ 153. 2s 360.15 1-16 444.446. 3 446.3ff. 462. 4 182. 14 2620 340. azff. 449. ss183. sif. 337. ssff.474. 36 333.16 431. 445. 5 424. o421.17 3f. 255. ii 445.18 461. i 422.2-0 425.B 425. 426. 7 424. izff.461. 18 461. 14ff. 487.io 91. ezf. 421. zsff.461.19488. ii ff. 487. ia 164.20 17 97. 223. 19 97.21383. iaff. 228.17229.20 24. 22 97.22 21 37. 31 464.Niaiii 29 i 200. iff. 477./ ia ff. 476 35 476.1 33 46 130. 49 129.34 4 129. 4ff. 16. Q 129.35 iiff. 337.15 341. ie-21 335. 16 ff. 336. zaff.337. 30 331. eoff. 332.31 332.36 1-12 355.Dt 1 4130. 15 ff. 328.2 io ff. 60. iz 60.nt 21 i ff. 332. z ff. 314.315. 339. ioff. 163.342. 15-17 145. 354.17 148. 1s 137. isff.331. 1s-si 148. 335.19 132.330. ioff. 329.so 330. 22ff. 333.22 sf. 338. s 121. 9 209.13 347. i3ff. 143.146.327. 13-19 333. 16 ff.314. io 347. zoff. 335.21 145. 146. zzf. 145.23 141.23 ff. 139. as f.141. 338. 29 139.23 i 343. 2 339. 3 fi.340. s f. 343. io f.350. ioff. 363. 480.3 s 137. ii 123.1~ 206.4 ~ ff. 158. 10 158. 41 ff.337.5 12 ff. 161. 13 466.6 7 158. 9 122. ioff 68. ia 161. is f. 429. 20ii 97. zoff. 158. 175.7 i ff. 342. 5 383.8 s 35.10 6 228. ls 340.11 iof.32. 14 31. 10108.12 447. 392. z 374. 357. 380. 383. ioff.389. 15 39. is 161.436. 19 417. 30 371.137-1s 338.14 485. 479. i 110. i ff.166. 4K 485. 5 39.21 339. 340. 22ff. 460.461. ZQ 340.15 iff.474. a 175. 3 339.9 350. ~ f. 351. 16 160.1s 161. isff. 460. 22f.471. 476. 7 471. of.467. ii 161. iiff. 340.17 5 330. 6 331. 7 329.331. 333. s ff. 330.413. 9 329.330. 14-20312. 16 359. 17 144.18 i 417. 3 459. 461.23 437. 22 383. 4 433. 461. B-s 418. 58.I 24 i 289. 1-4 146. G85. 6 l3 W 350. 12 f.99. 14 19 ff. 340. IG333. 17 340. 20 212.26 i 330. 1-3 333.334.2 331. sff. 345. 7 fi.329. ii f. 338. 1s f'.190. 191.26 z 94. z ff. 461. 3 ff.463. 58. 446. ii E.340. 11 165. 167.274 118. 5 215. 216.20 343. 22 343. 03343.28 40 109.29 o 96. iof. 340.31 9-13 474. iz 340.32 14 88.33 z 366. s 407. sff.408. s-ii 417. Q f.412. Q 423. io 413.435. is ff. 295. is ff.220. 469.34 9 453.35 14 183.Jos 2 5 361. e 120.4 sff. 380. igff. 380. 2024 s 382. is ff. 463. I 19 326. I-in 335. 336. / 5 2if. 154. 167. Q 128.25 s 333.26 z 356. 24 130. SI 36.59 344.27 4 346. 365.5-11 355.ai 423. 427.28 4 96. 5 182. iiff. 465.iaff. 476.3 337. 5 215. 216. Q337. iz 314. 329.330. is 331. ie ff.332.17 330. isff. 331.IQ 332.20 313. iff. 359. ioff.363.


130. 139. ieff. 142.23 129. 25 129. 130.33 22. 129. 34 129 37129. 41 130. 44 130.49-47 300. GO 1%.16 3 130. 6 130. io 129.17 ii 300. ie 69.18 zi 129.19 2 129. 5 129. ic 130.24 26 374.376. 2eff. 380.32 190.Jdc 1 7 124. i z ff. 142. 13139. IG 293. io 214.357. 31 302. 35 129.2 5 128.3 i 69. 5f.342. i7ff. 436.soff. 121. 27 277. 31208.4 aff. 144. 5 330. 374.17 11 1. i7ff. 144.170.io 88. 94. 114.5 4 366. s 36. 356. i~271. reff. 303. 2% 302.2s 119. no 100.6 2 60. 114. iiff. 376.391. io 89. 183. 433.435.450.451.21437.24 372. 32 153. 34ff.300.7 8 111. 13 84. 16 363.io 203. 22 129.8 14 289.299. 315. 317.16 363. 24ff. 107. 2599. ZG 102. 107. 27382. 30 144.9 299. 2 144. 6 45. 374.1395.27169.436 468.37 374. 375, 47 45. 53SR.10 4 37.11 ae 300. 30437. 3i 169.434. 33 129. 34 277.40 169.12 1 ff. 302. 14 37.Stellenregister. 493Jdc 14 142. iff. 141.342.2140. 3 141.142. s 90.ii 143. iz 102. 143.izf 101. izK 170.15 i 112.4 39. sff. 114.16 3 361. rff. 342. GE.144. i3 110. 2i 85. 2320 27f. 362.21 io 169. igff. 468. 21271.Saiia 1 169. 440. 468.469. iff. 468. z 144.3 368. 5 170. 463.sff. 134. ~ f 134. , ~ff.145. 9 95. 386. 464.ii 368. i3 95. 170. 14438. 15 96. io 464. 20150.151. 21 ff.149. 24149. 432. 433. 450.451. ze 463. 2s 413.2 iiff. 409. izff. 435. 1894.406. 1494. irf. 93.15 89. 435. i7 436. is382.409. io 100.213.27415. 27-36411.27ff.411. 2s 409. 413.3 iff. 386. 3 387. 14437.5ff. 368. 21 150.5 368. z ff. 67.6 368. 14 376. i4f. 405.I; 414. 13 127.7 i406. ~433,434.464.sff. 362. 9 406. 433.8 313. 5 69. 7-io79.10 ff.312.12359.1393.109.zo 69.9 169. eff. 162. 7f. 458.s 172. 190. 193. ii141. izff.373. 13 463.22 436. 23 93. 24 170.25 120. 121.I Sairi 103432.5271.273.277. zoff. 408. 27436.11 5 173. ii 203. 363.12 i7 ff. 30.13 z 357. 5 69. G 114.360. sf.437. off.362.ioff. 215. 21 208.14 z 374. 3 382. 409. i4208. is382.406.407.io 408. zjff. 91. 27 90.32 89. 32ff. 434. 434.487. 33f. 379. 406,33 ff. 306. 34 fl. 405.37 363. 41 407. 408.52 357.15 3ff. 433. 5 363. 6111. za 406. 27 100.33 433.16 5 436. 480. is 271.20 89. 23 271. 273.17 rff. 357. 5ff. 215. 1787. 1588. 172. 20363.22 363. 25 139. sif.204. 34E. 38. 206.18 4 100. e 169. 271.277. 278. 208. 141.z~f. 139. 27 156.19 269. i3383. i3ff 123.20 4 ff.465. 5 124.6169.25 123. ze 480. 2~137.aof-F. 307. 41 172.21 378. 386. 4fY. 436.sff. 434. 6482. 7 432.io 99. 382. 406.22 G 374. o 153.11409.ir 357. is 382. 409.23 sff. 362. G 153. 382.o 382. 406. 407. 13171. i4 E. 144. 162.is87. 90. 183. 23 172.25 151. 36 170.26 iiff. 94. is 172. 1s371. 437. 463. 479.


8IISaiii 144. 2 165.1; 333.IG 336. 21 100.2 i8 39. 3G 419.3 3 342 14 139 14ff 347.20169.31165. sif. 164.36 160.4 4 149. G 121.5 cff. 44. g 40. ii 215.233. iif. 220. 13 144.ia 152. zi 362. 23 363.375.6 368. 169. % 368. F, 33.271. 273. 277. 276.13 306. is8. 406. ia409. 16 277. is 307.19 92.7 384. of. 384.8 8 130. 210. 10 215.ia 349. 14%. 349. iefl'.310. i7 153. 289.347.9 iff. 162.104f. 110.11 i 362. 2 120. 3 342.13 170. 14 289. ieff.312. mff. 362.12 IG 464.20109. sl 160.25 158. 27 310.13 cff. 92. s 93. iaff.323. 13 142. 344. isf.99. 165. 23 130. 460.29 38.14 iff. 329. z 109. eff.2G 110. 30 17310 1 223. I ff. 308. 2132. 329. io 277. iif.436. is 358. 21 414.27 422. 30 100. 165.16 i 90. iff. 162. o 38.2lf. 335. 22 120.171s 120. 229. io 84. 25349. ZR 87. 90. 214.ZQ 90. 88.18 i 359. z 363. 0 38. ia190. 17 226. is 41. isf.226 24 361.iri 300. 23ff. 307. 310.26 289. 409.21 332. of. 333. 9%. 434.22 35 215.23 io 433.24 234.332.391. i 234.358. iff. 348. 9 36.15%. 437. 18 44.2 10 45. 13ff. 355. ?G307. 27 411. 31 16437 336. 39f. 161.3 i 79. z 389. 4E. 373.168. 329. 21 149.45 411. 7ff. 308. 13361.5 i 436. z 94. 3 37. 39.89. 90. 204. 4 92. 6211. 5-8 233. o 33.34. 359. 15ff. 220. 20115. sa 30. 212. 2".31 237.B i 201. 4 119. 5f. 247.G 24,5. 7 237. s 245.15 122. is 122. 20 122. 1387. 23-27 233. 29122. 268. 31 121 34 1119. 37f. 201. 38 201.468.7 i-s 248.2-5 240. 2ff.121. 6 241. 7 241. 8239. 98. 118. 237. ia239. i3E. 94. 215.249. 14 342 16-22249. 20 183. zsf. 253.20 202. 268. 3s 183.186 309. zs 167.43ff. 30.19 sff. 366. 13 102. 1s380.20 23 374. 31 103. 104.34 221. 228. 39 190.21 331. 3 348. s 289.ioff. 333. 27 103. 464.22 eff. 362. 9 311. io132. 30 122. 126. 47429. 48ff. 220. 50220.H1 Reg 1 s 97.102. 103.9 359.2 S 97. 102. 13 97.3 284. i5 271. 27 434.I 479.4 I 160. io 121. 123. 231 466.469. 29 101.106.191. 39 90. 42 84.5 108. 5 102. 289. io108. 17 479. 19 181. 2i482.6 26 182. 30 103.7 i 132. 183. io 183.8 G 19 32 311. 12 363. 13172. 2i 309.40 94. 246. &G 129. 48 9 i 101. io 164. zo 332.401. 50 94. 119. 1 30 110.8 169. i 239. 2 201.1~10 i 158. 289. 5 158. r'468. .A 414. io 372. iz 333. ii 411. isff 176.246. ii 307. onK 463. 22 102. 26 333.5.5 469. 03 37. 6.r 388. ' 11 2 149. 4 309. 4-209 iol: 248.11 36. ie 360. 1 , 414. 14 277. i9 239.IG 142. iof. 79. 19 ' 12 ii 422. is 190.17334.447. 156. 459. ni 45.136 381. 7 210. 359.359. 22 3.59. 24 45.239. ZG 220.10 5 100 io 109. ii 220.16 221. iof. 241. 17188. 18-20 257. 22220. 26 369. 27 121.28f. 79.11 I 342. i-3 144. ii-13304. 27 45.12 ioff. 312. i5 463. ic111. zcff. 390. 2s 355.31 409. 412. 414. 3s468. 33 412. 35 360.nuf. 334.13 20 124. zn 164.14 sr 429. pzf. 79.' 14 7 220. 13 46.15 ia 363.16 3 41. F 221. io 203.ioff. 380. 388. 389.411. 16 442. 17 122.132.17 5 360. o 131. o 126.127.181 381. 383. 392. s125. io 255 i7 51.218. is 37 314.I 19 2 414.209-11 80. 20 46. 52.I 54.


I Reg 22 4 422.23 392 3 314. 4 41.414. 422. G 381. 9419. 459. 13 43. 34153. 36 309.24 14-16 56. i 7 153.23 sff. 46. iz i7 249. 14387. 414.Jes 1s 90. 13 464. 465.466. I; 464. 22 95. zaJes 39 2 241.40 ia 184. ij 229. 1s383.41 7 216. 25 214.42 a 102. 8 383.45 z 216. 361. 9 214. zo383.46 G 190.47 i 165. 2 85. 101.102Jer 33 ia 207.34s 166. 8 175. sff. 161.351.35 176. z 436.0-10 112.36 iff. 209. off. 239.io 240. 18 290. 22 121.124. Zr, 290. 30 29.37 zi 132.41 5 165. s 91. 210.43 9 118.3 16-z-l 107. 16-25 174.1s-s3 102. is 102.107.zo 105. 21 107. 23 101.102. 105. 2i 103.110.26 165.5 1-5 211. s 174. i o 181.183. iif. 170. 174.271. iz 276. 02 95. 27105.48 ii 213. an 130. su166. 37 165. 38 120.49 19 23. 34.52 17 23 249. is 387.61 129.Ez 1 aff. 268. 24 268.2 9 291.3 ia 129.4s 362. 7 101. o 84. 11ia 88. 90. zo 110. 2288. 23 212. I J2621%. 7 479, no 374.8 i 290. o 54. ip 45. is167. 23 16.9 z 209. 468. Q 118.121.10 i 289. iz 45. io 289.12 3 97.14 i5 16415 2 165,3 120.16516 s 212.17 G 212.18 5 212.19 i 268 ig 380.20 z 103 3 103,22 i 120. s 241 9 51. ii52. 12 165 is 310. is103 ze 120 23 111.23 s 222. io 271.24 s 271 i3 21225 G 95 21328 i 170. s 438. 24 20926ff 20829 i 468. 4 167.1s 28930 s 290. 22 255. 382.412 29 169 276.32 G 97 ii 103.33 9 21. i2 118 16435 z 21. G I0236 2 51. 133. 3 22 310.311.38 12 111.2s 479.3 i 347. s 346, 32 132.4 30 102. 110.5 22 31. 467.6 io 157. zo 80. 444.7 384. 4ff. 339. iz 381.is 92 zi 438. zo 430.34 143.9 IG 271.13 i?ff. 213 22 102. zo102.14 3 165.16 4 164. G 165.7f. 165.166. 9 143. ie 205.171 290 1s 132. 25 22318 3 214. G 214. is 412.19 i 414.20 z 334.22 i 239. ia 121. 122.24 106.23 s 63. s 93.24 z 94.25 i 199. io 124. 143.26283.26 io 239. 23 164. 333.29 i 289. IG 214.31 40 50.32 z 121. 7ff. 347. sff348. ef. 190. io 289.44 348.6 13 374.7 is 103. 110. zo 412.8 i 316. io 268.9 2 290.10 2ff. 341.13 ioff. 118.16 3 92.4 149. o 109. io10.5. 40 145.17 E 212.18 5 351. laff. 330.19 s 204.20 20 429.29 iof. 343.22 165. 23 105.26 z 221.277102.16102. i6ff.221.i7 91. 22 109. 24 102.28 16 386.29 4 205. s 164.31 is 157.32 10-32 157. 23 164. 27163.38 ii 127.40-43 393. i 200. 477.sff. 181. a 180. io lti267. 19 447. 39%. 454.4s 243. 249.41 240. 5 243. G 244. s181. 21 387. 402.


49 6 Stellenregister.-Jer 42 240. 13 447.43 7 487. 7ff. 240. 7-0233. 13 180. 17 389.44 6-18 419. s 429. IG402. 20 110. 2s 447.448. 457. 459.45 iff. 176.7176.1i183.iz 188. 13 183. 185.13-17423. 14183.185.izff. 441. 444. 445.lsff.477.1of.447.21 ff.475.46 I ff. 466. 3 464. 14183. 16 177. 20 447.47 10 129. 11 92. 22 341.Mos 1151.4ff. 1160.2 7 433. 13 466. isff. 465.15 436.3 I 92. 430. 2 139. 183.3 347.4380.382.412.4 1-3 413. 4 429. eff.414. 11 430. 13 373.13f. 429.5 s 277.6 3 31. I7 4 93. 218. 5 95.8 I 371. 12 289. i3 438.9 4 165.167.437.15 371.10 ii 209.12 s 219. 222. sf. 174.13 2 380.3 119.14 G 31.Joel 1 4 40.2 23 31. 24 212.4 2 41. 1s 212. 21 45.Ani 1 3 210. 9 221. 12 782 I 118. 164. 6 105. 7344. 429. s 436.438.11 431. iif. 430.3 G 277.12 79.123. 124.14 379. 15 121. 122.4 I 206. 2 205. 4 461. :432. 435. 451.7 1309. 9 373. ioff. 411.14 34. 17 476. 479.8 5 183. 223.464. 465.466. G 105. 10 110.9 7 64. 1s 212.Jon 2 G 105.Mi 1 5 384. 16 165.2 s 101.Mi 3 11 412.4 2 45. 3 212.5 G 31.6 7 433. 434. 15 109.212Hab 1 4412.2 2 290.3 3 367.Zeph 11163. 222. 16 361.2 9 92.Hag 1 i 201. ~f. 400. 4122.2 i 201.Zaoll 1 I 201. 7 201.5 ~ff. 183.6 sff. 318.7 i 201. 5 477.8 io 477.113 23.12 10-i5 166.134 103.Rial 18436.2 10-10 347.PS 4 s 209.9 283.10283.16 io 11.1811 268. 386.80 ii 212. 14 38.92 11 109. 212.104 3 268. is 95.108 10 348.111 283.112 283.119 283.125 z 43.133 z 109.145 283.149 s 216.150 s 277.Prv 17f. 158. 21 132.5 15 120. 229.6 I ff. 352.Prv 8 3 132.9 3 170. 5 95.10 i7 158.12 27 204.13 14 158.16 11 790. 24 91.27 22 84. Si 88.29 17 158.30 33 88.31 i 157.10-31283.1584.Miob 1 3 37.4 169.20 100.2 8 165. 481. 12 100.3 iz 149.4 21 111. 113.6 G 91.7 G 217.10 io 88.13 zc 289.16 15 103.19 25 290.20 24 216.21 12 276.22 7 97.27 ia 102.31 32 171. 35 289.32 io 213.40 26 205. 3i 205.41 is 204.42 11 190. 14 110.15 355,Cant 14f. 112. iz 109.2 i 21.9 39.3 4 112. io 124.4 I 102. s 38.5 10 11. 15 121.7 G 21. 12. 127.8 z 95.Riitli 1 2 f. 342. sff, 355.20 151.24 171. 1487. 96.17 183,3 3. 108. 7 210.4 I 132. 7 348. 11 132.iif. 143.Thren 1-4 283.2 o 412.


Esth 2 3 14 311.4 4f. 311.Dan 1 7 153.3 5 376. 7 275.4sff. 11. 26 120.6 iof. 464.8 11-33 442.Ezr I s 316.2 2 316. 36-30 420. 426.40 420.41-5~420.43 ff.429. 58 429. 03 412. G446. 69 194.3 99.3 399. 7 249. SE.400.4 ii 91.5 zff. 316. 9E. 317.6 zff. 400. 7 317.14 317.o 92. 15 201. 400.7 izff. 319. 22 92. zb 330.26 334.8 2 420. 15-zo 420. zo401.9 if. 341. 3 100. s 111.10 G 395.464. 7 317.14317. 330. isf. 450.45. 52.5 i5 195. is 94.7 2 47. 4 46. 7 316. 65412. 6G 46. 315. 70-72194.8 477. i 132. 3 132. G464. io 120. 132.9 47'7. 2 344.10317.14 474. sif. 22233 193.195.3~ff. 461.3s 461.11 so 129. 3e 132.12 12-21 426. siff. 361.134 ff. 395. ia 94. 10-22222. .I Cl~r 2 17 342. 34ff. 162.4 14 132.6 34 424.8 17 130.9 31 86.11 s 45.12 40 90.147 162.15 4-12 425. 28 277.18 8 130.Stellenregister. 49 7I Chr 21 z 358.23 3 420. 3-5 425. 5425. s f. 420. 6-24425.24 1-18 426.25 425. iff.425. 6 271.27 i ff. 358. io ff. 295.26 127. 26 ff. 311. 32158.29 2 121. 7 83. 194.1% Chr 2 6 269. isff. 249.3 i 45. 234. 3 180.4 1 388. 2 280. a 389.6 34 464.8 7f. 429.9 10 188.I1 5 ff. 360.13 a 91.164130.4ff.271.14166.19 4-11 330.20 2 130. 33ff. 220.21 io 166.25 iff. 271.26 9 46. 50. io 125.206.228. ie 361. ioff.386.28 16 109.29 23 453.32 4 53. ef. 46. G 132.33 14 46.34 s 310. 12 272.35 9 425. 13 89. 94.Tob 4 18 165.7 sf. 169. ieff. 143.8 eof. 143.11 ioff. 143.Sir 29 2s 97.30 is E. 166.32 ;ff. 271.38 32 214. 34 214.39 31 97.50 3 402.B lakk 1 isf. 155. 23 401.mff. 403. 33 47.2 3i 47.4 38 401. 3sfj: 400. 43ff.403. 4rif. 402. 60 48.403.7 12 47.12 37 41.14 5 222. 36 47.15 G 196.I1 BPnkB 2 5 402.4iz 47. 27 47.I1 Makk 5 G 47. 12 56.7 28 149.15 39 95.Sus 34 453.Dlt 3 4 40.91.103.4 eo 208.7 io 40 z4ff. 116.5 iff 205 a 213.6 ziff. 177.22 3 1591 Kor 5 7 85B eil ziilg er, Bebiäisclie Arcliäologie. 32


498 Sacliregister.Sachregister.Aaronidon 416. 421.Abenclopfer 443f.447.Ab erglaub eimgesetzlichenICultus 428. Inder lrnltischeii Reinheit344. 482f. sieheauch Alinenliult.Abgaben ans Heiligtumin alter Zeit un-bekannt 458. O~fergefälleiin Dt 458j. beiP 459f.'Abh6lIb~ech6lOh129.Abjathar, Priester411.Absalomsgrab 227.Ackerbau 32. 207ff.Ad e 1, hebr. Stanimesadel296.309.314.Kanaanitischer299.Adler 39.Adoption 134. 395.'Aclschl~n 26.Ag r ip p a, Münzprägung197.Agrippias 131.Aegypten, Einflussagypt~sche~ Kultur 66.78. 267. Beriihrungenmit Aegypten in herKönigszeit 78. Handelinit Syrien 79. 180.221. 280. 289. Konnubiummit den Aegyptern343. Aegypt.Beschneidung 157 fGräber 224.226. Haartracht110. Kleidung100. Masse 179. !Mnsilrinstruinente174.Schrift 280f. Teinpel385. Weberei 217.TlTohnuug 122.Ahnenliultus s. Totenlrultus.4jjalon 130.Alraba 17. 25.Akh6r 128.Alrlc% 131.Akra 47.Akrophonie 281. 282.Alexander Jannäus,Münzprägang 197.klexandreion 126.Aelia Capitolinal31.kllerheiligstes 255.246. 378. 3858. 395.397 E. 401. Unnahharkeitdesselben 386.422,427Allgegenwart Jalives372.Alphabet, UrsprungiindTTerbreitung 279 {T.Anordnung 283.41 t ar , ursprünglichidentisch mit dem heiligenStein 379. Altisraelitisclier378f. Altargesetzrles Bundeshuchs378.385. Altarhörner379. Davidischer235. Salomoiiischer388. Des Ahas389. Der Stiftshütte397.L)esnachexil.Teimpels401f.l elteste in der Staminesverfassung296. Inden vorexilischen Geineinden314 f. Rich-terliche Befugnissederselben 328f. Pn dernachexil. Gemeinde316f. Pu der griechischenZeit 320.AmmOn 131.Aiiinc stic 337. 423.Amoriter = Kanaaniter63. Amnrland 18.Amtleute s. Aelteste.Amtsk leiclung clerPriester 400. 427. DcsHohepriesters 428.Anitsschild des Hohepriester~423.Ailiulet e 107. 428.436.A~IJ-qdalon 52.Anabh 129.Anlilageschrift 289.Anthedon 131.Antilope 39.Antipatris 131.Ant,onia 47.Al) a rc h e n s. Erstlinge.Apfelbaum34. Apfelwein96.Aplielr 304.Au ollonia 126.A P ~ellation 306. 314.329.Aprilrose 34.A quaedulite s. Wasserleitungen.A era , von Jerusalein196. Herhstära 199.Der Selencidcn 200.Araba 23. 220.Ar ab e r , altarabischeHaartraclit 164. Jahr199. Ehe 347. Kalender200. ICleidnng 98.Kultus und Religion167. 364. 373ff. 430.Polyandrie 134. 810-dem arabische Hausgeräte85 ff. BXusilrin-


struinente und Musik272. 274. 276. GeselligesLeben 168.Grussformeln 171.'Arkk el-Emir 288.Aramäer, etlinographisclieStellung 65.Einfluss auf dieKulturPalästinas 67. 79.Sclirift 287. Arani.Sprache bei den Juden288.'Arboth M6'abh 24.Architektur 224ff.Armbänder 107.Arno n 24. 26.Asche der roten Xnh488.As chenkuchen 85.A'scher, Stamm 295.301.Asch er en@eil.Pfahle)365. 380.'Aschteroth Karnajim130.Asdod 69.Asilrecht 332. 334.379.Asilstädte 334. 337.Askalon 69.Asplialtsee 24.Assyrer. Einfluss aufsyrische Kultnr 67.Haartracht 110.Ast arte, Darstellung267.Verwechsluiigmitden Acheren 380.Athbasch 283.Augenschminke 110.Auslösnngsrecht348.A ussatz bei Menschen481. An Kleidern 103.An Häusern 118. Reinigungcles Aussätzigen450. 488 f.'Azazel 478.B acal, Bezeichnung fürJalive 152. KanaanitischerBa'alslrult 69.Verliältniss zunl Jaliveknlt366. 371ff. 373.Ba'al Chk.6r 130.Ba'al Gad 130.Sachregister. 499Bacalath 69. 267. 360.Babel 128.Babylonier, Einflussauf die Icultur Syriens67. Eindringen bab.Mythologie 81. Verlrehrmit Aegypten289. Haartracht 110.Kalender 2OOff. 465.iiIassund Gewicht 178.181. 186. 191. 193f.Schrift 287. Soriiien-uhren 202. Weberei207. Eabylon. Exil s.Exil.Backen 86. 93. 143.Bäcker 93. 218.Ba c ko fen 86. 93. 143.Backtrog 85.Bad 108. Oeffentliches108. 168.Babr LCit 24.B als am, Exportartikel378. 381. s. aucliAscheren.Baunlwolle 35.Beamte, königliche303f. 309ff. Die einzelnenAeniter 311.Charalrter des Beamtentums311f. RichterlicheBefugniss 314.330. Xönigl. Kultusbeamte307. 391. 411.418.Be clten , fahrbare desTempels 231. 267.Beduinen, Verwandschaftder israelitischenVerhältnisse mitdenen der modernenBeduinen 73. Lebensgewohnheitenderselben73 f. Soziale Ver-hältnisse 323. Qeschlechter-Verfassung221.293ff. KriegführungB amo th. HeiligeBerge , und Bewaffnung 356.als Wohnsitz der Gott- 1 Be er s C ba 16. 129. 228.heit 69. 165. 365. 373. Heiligtum 372. 374,Kanaanitischer Ur- 376. 384. 391.sprung der Bamoth B ef es tigung d. Städte373. 409. Umdeutung 361 f.391. Abscliaffung 392. Begräbniss 163f. 333.419.Beinkleider der Prie-Biinijas 22.ster 407.Bankgrab 295. Beinscliiene214.357.Bann (cherem) 363. B e la' 130.Bar Kochba, Miinzen Belagernng und Be-198.lagerungswerkzeugeBarbier 110. 218. 362.Bären 38. 204. 206. el-Bell~ii 26.Baris 47.Ben j amiil, Stamm295.Bart 109. Verhüllen in B e r g cles AergernissesTrauer 165. Abschnei- 43. Des Blutaclrers 41.clen 165. 167. Des bösen Rats 41.43.Basan 26. 36. Berge, heilige 69. 163.Basare 132f. 218. 221. 365f. 373f. s. aucli289.Bamoth.B ath (Plüssiglreitsinass) B es chneiduug 137.183 ff.151. 153ff. lG6. 338,Bätylien 376.Ursprung 152. 367.Bauhanclw erker 216. Redeutuug in alter231.Zeit 155ff. in spätererBaulriins t, phönicische Zeit 153. 341. 474.und hebräische 231. Besan 18. 24. 130f.332.BCthCh6r6~130.360.Bäuine,heilige165.374. Beth Dagon 130.32 :"


500 Sachregister.BCt Dschibrin 60.BCtli Hakkerem 129.Beth SGr 361.B6th Schemeschl30.Heiligtum 376. 378.Beth Tappilach 129.Bethel 19. 125. 130.Heiligtuni 372. 376.381.384.390.391.413.Bethesdateich 52.Bethlehem 19. 129.Bethphage 129.Bethschean 130. 131.Bett 113. 123f.Bewaffnung der Ea-naaniter 356f. DerIsraeliten 214. 359.Bezeta 48. 49.Biene 40. Bienenhonig91.Bier, ägyptisches 95.Mediscl~es 96.BilraC 16.Bilderdienst s. Gottesbilder.Bilderschrift 278.288.Bir es-Sebac 16. 129.Bira 47.Birket Hanlman~Sitti Marjam 52.Birlret el - Hainra52.Birket Isrk'in 52.Bittopfer, inalterZeit437. Bei P. 446.Blut. Scheu vor Blutgenuss483. Blutrjtusbeim alten Opfer 434.Ausbildung desselbenbei P 454f. Bedeutung455.Blutrache 73. 295.327ff. 332, 336f.Blutscliancle 3438.Blutschuld, Uebertragbarkeitderselben332.Bocaz 387.Bogen 214. 357.Bohnen 35. 90. 95.H6lrliiin 128.Brandopfer, in alterZeit 435. Bei P 446.450.BrandopferaltarChasason Tamar.Altar. ' 1 ChBtUr 129. 360.Braut. Brautkauf beiden modernen Orientalen138. Bei den Hebräern138f. Brautwahl140f. Mitgift der'Braut 142. Brautgeschenk139. Kopfputzdes Bräutigams105.Eronce s. Erz.Brot 84f. 87. Ungesäuertes85. 432. AlsOpfermaterial 432.434.Brunnen 97. 117. 125.207. 228f.BrustschilddesHohe-~riesters 428.I Damast 217. 221.~;chstaben.~rsprung D an, Staiml 294. 295.278K Alter 379. Na- 297. 356. Ort 16. 130.nien 282. AeltesteFor- Heiligtum daselbstmen 284, phönicisclie285, althebräische286,aramäische 287. Zahlenwert383.Buclirolle 290. 291.Bundesbucli, ältesteGesetzsammlung 323.324. 352. 378. 385.Bundeslade, s. Lade.Jahves.Bundesschliessung(Ceremonien bei einersolchen) 436.B ii r g , salomonische233ff. 248.Bürgschaft 351.Bussgeld an die Prie-ster 334. Bei Mord336. BeiDiebstahl 352.Butter 88. 92. 114.Byssus 102. 427.Caesarea 131.222.231.- Philippi 22. 26.131.Ceder 33.Ceremonial beiin ICnltus,Ausl~ildung desselben438f.Cha~ar 'AddiLr 129.- 'Enkn 129.- Sil~ah 129.Cherub s. Kerub.Cheta s. Hetiter.Chomer 183. 184.Churam Abi 253. 342.387. 388.Cisternen 97.117.125.229.Citroue 34.Cnltus s. Kultus.Cyklopenriiauer 231.C y m bel 277., C y pr esse 33. 374.Damaskus 66. Handeluncl Verlrelir mit denIsraeliten 79.217.221.389. 411.377f. 381 f. 384. 390,406. 409. 413.Dankopfer 437.Darike 194.Darlehen, Erlass desselbeni111 siebentenJahr 351. 474.Dattelpalme 34. Dattellruchen90.David,Regieruug307f.312f. 411. Banten 78.233. 383f.Davidsstadt 233.231).361.Der'at 60.Deuteronomium,Verfassungs - Urkunde312f. Kodifikation desReclits 325. I


-Sachregister.501Dion 126.Diospolis 131.Diret et-Tuliil 26.Dolmen 58.Doppelwährung 192.Dorf, im Verhältnissder Unterordnung zurStadt 127 299f. 320329.Drachenbrunnen 52.Drachme 195.Dreschschlitten 209.Dreschtenne 127.209.Dreschmagen 210.DschebelcAdschlfin27.- ed-Driiz 26.-- Dscliormalr 20.- Dschil'bd 27.- el-Kuleb 26.- et-Tlir 43.- Usdiim 25. 92.Dschenin 20.Dscholbn 24. 26.Duodeciiilalsystemder alten Masse 179187.Ebal, Iieiliger Berg 373.Egge 208.E li e, Zweck 134. Charakterals Privatan-Eid 331. 347. 353.Eidechse 40.Eier 93. 94.Eiferopfer 146.E i g e n t u m,Verfügungdarüber 348. Beschadigungdesselben 334.352. 354.Einbalsamirenl03.Einlösungsrecht348f.Ei s e n 214f. Eisenguss216. Als Tauschmittel191.Elrron 69.Elat 220. 221.Eleazar. Münzen desselben197.Eleutheropolis 60.E li den, Priesterschaftder 409ff. 413.E 11 e, babylonische 178.Aegyptische 179. Hebräische179.'Ernel? ~esi! 129.EAmni au s 130.'Xn Gannim 20.129.'$n Gedi 25. 129f.'En Rimmon 129.$ R 6 g 42. 376.'En Scheniesch 376.E n t e 39.E n t eng e w i c h t . ba-gelegenlieit 341. Ehe bylonisches 186.'niit ausländisclien E n t w ö h n U n g derWeibern 342f., mit Kinder 149. 169.ilalien Verwandten E p h a 183. 184.134. l41i 343f Ehe- I E p 1 o d Gottesbildverbote 343f. Levi- 371. 3i8. 382. 400ff.ratsche 134.136. 345f.Eheliche Treue 145f.Ehebriich 145. 335.341. EhescheidungVerhaltniss zum Losoralcel407f. Priesterkleid307. 407. 409.422. 428.und Wiederverhei~a-Stammtung 341. 346. Prie- 294f. 300f. 370. Gesterelie426. 428. Po- birge 21.lygamie 144. Exoga- Erbrecht , gesetzlichemie 141.Grundlage 354. Ge-E hr e, des Mannes 334. setzliche Bestimmtin-Entehrende Strafe gen 134. 140ff. 147.334. E11renbezeug.un- 354f. Des Erstzeboregen171.nei i48, der TöchterEi c 11 e 33. Heiliger ' ( 141. 143. 346.355. derBauni 374. ( Frau 140.E p ll r a i m ,Ernte 212. 219. Erntefeste466 ff.Ersatzpflicht fürEigentumsbescliädigungen206. 352. 354.Erstgeburtsopfer421. 460. 470.Erstgeburtsrechte354.Erstlinge derFeldfrüchtegehören Jahve460f. 467. Erstlingsgabe467. Erstlingsbrote476.E r z 214f. Erzguss 220.249 ff.Erziehung 158.~schmunauzar, Sarko~hagund InschriftE s e 1 37. 283. 270.Essig 96.Esion-Geber 219.2ao.Eunuchen 311.E xi 1, Bedeutung fürdie Kultnrentm~iclilung80ff. Für die sozialenVerhältnisse 176 Fiirdie Verfassung 315.Fiir den Kultus 392ff.478. Für Sabbat iinclBeschneidung 155.474.E z e c h i e I , Verfas-sung 315. Tempelvision393. Theorievom Priestertum419ff.E z r a 318. 343.Fahrlässigkeit,strafbegründend352.Falke 39.Faniilie, s.Inhaltsverz.3 19 ff. Familienkultus133. 137.163.169.438.Stellung im Stamm299. Ursprung desRechts in der Fanli-liensitte 320ff. Gerichtsbarkeit137.327f.Familienfeste 169f. Familiengrab164. 226.Farbennamen 269f.


502 Sachregister.Farbensinn der Hebräer269f.Fasten bei Trauer 165.Als gottesdienstlicheUebung 464. Fasttage477.Feigen 34. 90. Feigenkuchen90. Feigenlrultur211.FeinmehlbeimOpfer450.Feldstrecke(Längenmass)181.Feldteufel 478.Fels, heiliger, s. Stein.Felsengrab 224. Felswandals Prinzip derArchitektur 232.Feste, lrultische, s. Inhaltsverz.§ 69ff. Festkalender199. 473.Volksfeste l68f Familienfeste169.Fest u ngen, der Kana- /aniter36O.Israelitische360f.Anlagederselben361f.Petis chisinus, EesteimKultus369. 374ff.407. 408.Fett, Anteil Jahves amOpfer 456. Der Genussdesselben verbo-339.341. Istnichterb-'berechtigt 355. XultischeGnmündiglreit140. Geschäfte derHaiisfrau93.143f. 213.Steigende\VertschätzungderFrau147. VergewaltigungeinerFrau338. Frauenlrleider99f. Fra~ienhaiis s.Harein.Freiheitsstrafe 334.Preilas sung des hebr.Sklaven iin siebentenJahr 160. 176. 3.51.Gemeinde-Verfassungin der alten Zeit299. 314f. Nach demExil 317. 320. Gerichtsbarlre,it314.328f.Gemeindeopfer bei P442.G eins e 39.Gemüse 90.Genezaret 23. 290.Gera 188.Gerasa 126.Beri cht, s. Inlialtsverz.544ff. Gerichtsbarlieitder Familie 137. 327./Fremd er, rechtliche Des Geschlechts undStellung nach Dt 339f.350. Nach P 340.Fro linden 174. 310.Fruchtbäume 34.Frühfeigen 34.Frü hr e gen 31. 208.Fuchs 39.Fii rs t in Ezechiels Znkunftsstaat316. 422.Stammes296f 329.331.Der Gemeinden 314.320. 328f. Des I


clem Schutze von Dämonen149.483.Gethsemane 212.Gewichtssystem,babylonisches185 f. Hebräisches187.GewohnheitsrechtGewürz 95.Gezer 360.('xibea 127. 129. 306.Gib e o n, Heiligtnm 373.Gichon 41. 376.Gileacl 18. 26.üilgal 59. 128. 154.Heiligtum 384.Glyptik 257K.G o ld, als Wertmesser189 f. Wertverhaltnisszum Silber 192. Goldblech-Technik 216.Goldschmiede - Kunst216. 218.Gotte s bilder 255 f.257.365.371.377.406,408. Verschiedene Arten381 ff. WRrter derselben406. 412. Verbotder Gnssbilder imDekalog 383. ProphetischePoleniilr gegendie Bilder 382f. 392.s. Ephod. - S. Teraphim.Gottesdienst, sieheIiultus.Gottesmann407f.413.Gottesurteil 146.C+ötzendienst,spätereAuffassung 374. 381f.389f. Strafe desselben335. 338.Grab, Anlage und Bauart224ff. Kultusstätte164. 377. Heroengrab165. Unreinheit derGräber 487. Fainilicngrab164. 226.Granatbaurri 34.Gra,viren 258. 290.Griffel 290.Griindbesitzl73f. 176,348f. 474.Grunds teuer 309.Sachregister. 503Grussformen 171.Grütze 84.Gurke 35. 90.Gürtel 98. 213.Gyinnastilr 108.Haartrachtl09.Haarschurin Trauer 166.167. Bei der Levitenweihe425. Dem Nasiräerund Priester verboten426. 428. 430f.Opfercharakter 430f.Haftung für Eigentuinsbeschädigungen352 ff.lein 118. Hausgeräte123 f. Häuseraussatz118f.Hansgötter 383.Hebe 459f.Hebräer, Na1ne2.70.Hebron 19. 21. 125,130. 293. 307. Heiligtümer374. 375. 391.Heer, stehendes 356ff.s. Inhaltsverz. 5 48.Heerführer 305. 310.Hefe 95.113. Hefeilwein213.Heiden, Konnabiuilinzi6 ihnen 77. 299.Hagel 31.342f. Verboten beiHain, heiliger 69.374. s. Dt und P 342E Un-Bäume, heilige. reinheit derselben 479.Halli ahr 348.349. 351. Heilip.Verwai~dtschaft479.des %egriffs init derHamat 16./ Reinheit 480. Heilie-Hananael GO.keitsbegriff desDt48Z.Handauflegung beim Des Ez 486. Bei POpfer 453.486. Scheidung vonH an d b reite (Längen- Ileilig und Profan beimass) 179.Ez 393. Nach dcmHandel 190f. 218ff. s. Exil 398.Inlialtsverz. 5 34. Mit Heiligkeit der Prie-Phöniciern 78. Mit ster 424. 426. DesAegyptern 79. MitDamaslriis 70. Han-.clelsstrassen 16f. 223.Handel alsRegal 219 ff.Hohepriesters 422.428. Des Volkes 326.Des Laiidos Kanaan371. Des väterlichen309. Forni der Han- Ackers 348.delsgeschiftel901289. ( Heilige, das In Teni-347f. I pel nnd StiftsliiitteHandmühle 85. 93. 246f. 385ff. 397. 401.Handwerke 213ff. s. Für Laien unnahbarInhaltsuerz. 5 33. 386.Har Clieres 129. Heiligkeitsgesetz- Je'ariin 129. 326.garkm esch-Scherif Heiligtum, vgl. In-234f. haltsverz.~5iff.Wohn-Harem 138. 144. 157. sitz Gottes 365f. 371f.239. 311. I Heiligtum bei Ez undHarfe, ägyptische 275.Assyrische 276.Hase 39. Unrein 485.Hanrtin 24.26. 60. 119.210.Haus 32. 111. 115ff.Bauart 32. 115. MocleriieHänser in Palästina116. In Jerusa-P 398. HeiligtümerPalästinas 371 ff. 390f.s. Ascliere, s. Bainoth,s. Tempel.Heilsopfer, s. Scliele~n.Heldensagen 170.Hellenisn~us, Einclringenhellenischer


5 04 Sachregister.Kultur 83. 108. 249,hellenischen Baustils122. 249.Herbstfest in alterZeit 169.468. Bei Dt472. Bei P 476. Wohneniri Hütten 114.472.Herdenturiii 125. 127.129. 207.Hermon 16. 22. 373.Herocleion 126.Hero des der Grosse,Münzl~rägung 197.Tempelbau 403.He titer, ethnograph.Stellung 61. 64f. 281.Kriesswesen 69. 306.Heuschrecke 40. 91.Unrein 485.Hierodulie 428.Hieroglypthen 66.280f.Hieronigces 24.Hin, ägyptisches Holilniass181. Hebräisches183ff.Rinnomtal41.Hiobsbrunnen42.48.Hippicus 48. 51.Hip~os 126.Hirsch 39.Hirse 35.Hirten 205ff.Hislrias392.Hochbau 231.Ho ohzeit 109. 138.Feierliclikeiten 138.142 f. Beziehung zurBeschneidung 157.Hofbeamte 310f.Höhen, s. Bamoth undheilige Berge.Höhenpriester, Stellungim Dt 418. BeiEz 419f.Hohepriester, Stel-Jung zur Zeit Nehemias318. Rei P 318.398f. 422f. 427% Inder griechischen Zeit319. Amtstracht 269.426. 428. 15leiliglreit422. 428.Hölile, als Wohnstätte115.224.231. AlsGrab225. Vorbild des Hauses118.Holocaustum 435.Holzarbeit 215. 255.Bauholz 115. Holzsäulein der Architelrtur232. 243. Holzbauten123.232. Holzpfahl,heiliger s.Aschere.Honig 90. Bienenhonig91. Früchtehonig 91.Exportartilrel 221.Honigsemniel 92. Ho-EIoreb 366.Horn, Musikinstruirient276f. Hörner des Altars379. 382.Hühner 38. 94.Hfilesee 22. 290.Hund 38. 203. 207.Hütten 114. 125. AusLehm 115. Aus Zweigen120. Am Herbstfest472.Hyäne 39.Hyrcania 126..Jabbolr 21. 24. 27.Jabesch 374.Reforn~en J2fk 21.JagdundJagclgeräte204f. Jagdtiere nichtopferbar 433. 451.Jahr, hebräisches 198ff.Altarabisches 199.Bürgerliches undkirchliches 200. Jalireswechsel199.Jahresfeste 466E.Jahreszeiten 28.Jahve, Gott vom Sinai366f. Jahveglaube alspolitisches Einheitsband7lf. 77. JahvealsReclitsprecher 321.VermischungmitBaCal366. 371.373. J. Ba'aluncl Melecli genauut152. 434. Landesgott371. 391. Jalive derHeerscharen 367f. 387.Jklrliin 387.Jakobsbrunn en 228.Jakobusgrab 288.Jarmiilr 24. 26.Sebus 44.Jericho 18. 24. 120.230.Jerusalem 40ff., s. Inhaltsverz.§ 10.Jezre'el 20. 59. 127.210.Igel 39.Inschriften 284ff.Jobeljahr 277.474.J o c h. iFlächeiimassiisi.'ao$.J o 11 a n n e s Hvrlianus,Rlünzen 197.Johannisbro tbaiinl34.Joppe 222.Jordan 209.Josaphattal41.Jo s enh. $tarnin 294f.1s r a el 70ff., vgl. Inhaltsverz.5 13.Issakhar,Staii1m220.295. 301.'IssLron 183.184f.J u da, Stanim 293.295.300.301.308. Gebirge21. 210.Juden. Name 2. 70.~udentunl81 f.Tab 182. 184f.Xadesch, Name 130.Am Orontes 64. I$.Barnea 16. 165. 366.376.Igadeschen 428f.Kaleb, Stamm293.295.Kalender 199f.Kallirrhoe 108.Ti an1 el37. KamelsmilchU. Fleisch 89. Kamelssatte1114. Als ReitundLasttier 223.Kanaan,Wame18.Urbevöllrerung60. Ee-


deiitung der Eroberung71f. 76ff. 173.298ff. 323. LandBacals371. Land Jahves 371.478f.Kanaaniter, ethnographischeStellung60 ff. Kultas 68f. Religionund Kultus 69.371ff. 382. Kleidung100. 107. 110. Kriegswesen69.360. Schrift289. Iiunst 214. 258.289. Handel 219. Verschmelzungmit denIsraeliten 77.299.342.Religionsmischung371ff. 469.Kaninchen 39.Kapernaum 127.Haphar Saba 127.131.Iiarmell8. 21. 33.373.390.Karmesin 269.I< äse 88. Bithynischer98.Katze 38.Kauf 172. 189. 347.Kaufbrief 289. 347 f.Iiebs rveib 135. 145.148.293. 342 f. 355.Iieci121i 293. 358.Keller 211.Keramik 261ff.FerijothChesron130.Kerub 233. 237. 2671:368. 3S6f. 397.Xiclron 41. 42. 43.Kinnereth 23.Kirjath 'Arbac130.Kirjath JeC2rim378.Kirjath SepherKison 20.128.129.130.Xlagegesangl20, ,164.166. 167.Iileidung 97ff.. s , Inlialtsve;.$ 1'6. DerPriester 427. DesHohepriesters 428.Kleideraussatz 103.Klippdachs 39.Kinder 147ff., s. 'Inhaltsverz.$ 21. Kin-Sachregister. 505derlosigkeit 134. 136.337.355. Kinderopfer439.Knoblauch 35. 90.Xoinmunion beimOpfer 437.Königtum 303ff., s.Inhaltsverz. $ 42. Kö-nigsgesetz 312. Becle~itiingfür den Kultus390f. 410ff. Gerichtsbarkeitd.ICönigs305f. 329.Kor 183. 184f.Körperverletzung332. 337.Kranliheiten, Iiliniatische31. Unter den1Einfluss von Dämonenstehend 149. 482. Anssatz481 f.Kreuzignng 533.Krieg , als Krieg Jahves301.363. ICriegswesenu.Kriegführung356 K.,s. Inlialtsverz. 5 48ff.Icriegsgesetz des Dt3.59.363. Kriegswagen37. 69. 79. 214. 356f.359.Icrit 24.Icromlech 58.Krüge 93. 213. Form263. Ornamentilr 266.Küche 03. 94. XüchengerKte214.Kochkunst89. 93f.Kuchen 90. 92f. BeimOpfer 92f. 450.Kalt n s s. Inhaltsverz.9 5lff.Vergelien gegenden Iiultus 322. 334.Altarabischer Kultus364.Kunst 224ff. s. Inhaltsverz.§ 35ff.Lachairoi 372. 376.391.Lade Jahves. UrsprungU. Bedeutung367ff. 372. Standortim Tempel 235. 247.377.386.397.401.406.Lade im Krieg 304.362. 367f. Der NameBundeslade 367.Lajisch 130.Lampe 113. 123. 124.263.Längenmasse 178ff.s. Inlialtsverz. § 26.Laubhüttenfest: Name472, sonst s.Herbstfeste.Lauch 90.Laube 274.el-Leddin 23.Ledschili 26.el-Ledschun 20.Legio 20.Legitimität der Kinder135. 148. 341.Leiche, Unreinheit derselben480. 487.Leichenschmansl63.166.Leier 274.Leinwancl 216.Leopard 38. 204.Letekh 183. 184. 188.Leuchter im Teillpel387. 397. 401.Leviratsehe 134.136.345 f.Leviten. TVeltliclierStamm Levi 72. 77.293 ff. Levit = Berufspriester406.408.414f.Herausbildung desqeistlichen Stammes409. 415ff. Scheidungvon Leviten und Priestern418ff. 431. Anltder Leviten 272. 399.425. Vorrechte 349.360. 462.Levitenstädte 462.Libanon 15.17. 33.65.Libanonwaldhaus79121. 240. 248.Libation 56.433f.443.450.Linse 35. 90. 95. 208.el-Lisin 24.Lit2ni (Leontes) 16.LiturgischeFormeln463.Log 182. 184f.L o s , heiliges 382. 407 f.


506 Sachregister.Löwe 38. 204. 206.Löwenrrewicht,babv-Lustrationen 479f.487.Luxus , Eindringen seitSalomo 78. 121f. 173f.In der Kleidung 102.In der Wohnung 121.174. In1 Knltus 379.Lliz 130.Lvdda 131.ltI"achanajim 129.nlaelianeli_ Dan 129.niachärus 361.Mahlzeiten 169f.Mais 35.llalerei 266. 268ff.Blalstein 56.Blanasse, Stamm 294.295. 301.nIandelbaum 31.Pilariamne 48.BIarienquelle 46. 53.Iiaris,. persisches Flüssiglieitsmass182.Blasada 361.Nasse 178ff., s.Inhaltsverz.§ 26 ff.llas~eben, s. Steine,heilige.IIa~soth 85. 432. 451.467.lila.sothfeste: doppelterRitus 467. Beziehungaufdenilckerban 467. Verbindungmit clem Passah 470.Hist,orisclie Nlotivirung470f., bei P 475.nlaulbeerbaum 34.Maultier 38. 223.nIaulwurf 39.Maus 39.IIea 50.Bleer, ehernes 250.389.Negiddo 20. 360.Mehl 84 f. 143. BeimOpfer 432. 450 f.ISIelecli, Kanie Jahves434.Melone 35. 90.llenhir 56.nIenschenopfer433f.Blerdsch Ibn 'Amir20.Rleroinsee 22.&!esastein '279. 281.285. 286.Metalle 36. 60. AlsTauschmittel 189.Verarbeitung214. 216.24 9. RIetallblecharheit249.Mi~dal 'Eder 129.- E1 129.Gad 129.~ilcli 37. 88.&Ci110 361.Mine 182. 187. 191.Mispih 127. 129. 360.Mitgift 142.Monate 199ff.Mondfeste 297. 464f.Nlord 328. 335ff.hforgenopfer 443f.447.Moria 43. 45. 253.Mörser 84.Mündiglicit, Altersgrenzefür 639.Münzen 194 ff. 274.277 ff 286.Musik, beim Gastmahl170. 271 f.Mutterrecht 133.134.K2bulus 131.Nachtigall 39.Nahrel-'Audschii21.- Banij iis 23.- Dsch%li^id 24.el-H%?b an? 22.el-Kisimije 16.el-Kelb 17. 59.- el-I\Iulia$$aC 20.- ez-Zerka 24. 230.Nahrungsniitt el alsOpfergaben 437.Namen von Personen151 f. Von Stänimen297f. VonOrtschafte,n188 fl. Namengebung134. 150.H al~htali, Rtaiiim 295.301.Nasenring 107.Nasiräer 95.96.429ff.I-Iaartracht 109 f. 12einigungsopfer449.Xazareth 19. 26.Yeapolis 130f.Nebo 373.Neronias 131.Neuj ahr , bürgerlichesund kircliliches 200.476 f.Neumond200.203. Imaltisraelitischen I


Oplira 372. 374. 376.382. 391.Orakel 362. 407f. 409.412,Orange 34.Ornamentik, Charakterund Stil 244. 266f.Orontes 64.0 sterfe st, s. Rlassothfestund Passah.Palästina 15ff., s. Inhaltsverz.5 5 ff. Verteilungunter dieStämme 295.Palast Salonios 233ff.239 ff.Palme 34. Palmwein 96.Paln~gra 130.Paneas 131.Papier 290.Papyrusstaude 290.Parasanpe 181.Passah. Ursprung 470.Bedeutung 470. Verbindungmit dem 1CIas-.othfest470. Ritus 137.471. Entkleidung desOpfercharakters bei P473. Passahlamm 89.471.Pella 126.Peor 373.Pergament 291.Persien, Einfluss pwsischerHultur82.193f.315ff. Persisches Geld193f.Petra 60. 225.Pfahl, heiliger 379f.,s. Aschere.Pfandrecht 175.349ff.Ffeife 276.Pferd 37.79.223. Haudelsartikel221.Pfingsten s. Wochcnfest.Pflug 208.Pharisäer 177.Phasaelis 24. 126.Philaclelphia 130.Pliilister, ethnograph.Stellung 61.63f. Verfassungund Kriegfiill-Sachregister. 507rum 69. Kämpfe niitden Israeliten 301.304.Ebene Philistäa 36.Phönicier, ethnographischeStellung 61.63. Religion und Kult66. 380. 382. Handelmit den Israeliten 78.219f. Einfluss auf dieisraelitische Kunst U.Industrie 78.214.220.226. 253. 255. 258.262f. 269. Schrift 279.Plastilr 249 E, s. Inhaltsverz.§ 36. Charakterderselben 266.Pnuel 360.Polyandrie 133. 136.Polvnamie 133f. 341.s. Ehe.Priester 405ff.. s. Inhaltsverz.§ 57 ff. KöniglicheBeamte 307.391. 410f. 418. RichterlicheAutorität 321.413. Amtskleidung102.10.5.427. Heiligkeit338. 399. 425 ff.Priestergefalle 468 f.Priesterklassen 318.425 f. Priestertum deralten Araber 409f.Priesterkodex alsVerfassungsurkuncle319. Als Rechtsgesetz326.Privatopfer, Zurücktretenderselben beiP 442.Propheten, Verhältnissziim Priestertum412. Stellung zumTempel 384. ZumHöhenlrult 391 f.Proselj~ten 152.Prügelstrafe 333.Ptolemäer, Miinzenderselben 195.I'toleniais 131.Purpur 269f.Quaderbau 118.232.237.Quadratschrift287.Quellen 97. 217.'IVarme 108. Heiligtiimer364. 376. 378.Rabbath '8mmon130. 131.Rabe 39.Raclie. Bedeutung inder 'Staniinesve~fassung322.Rahm 88.Ra m i h 127. 129. 360.373.Ras el-Abjacl 19.Räucheraltar 397.401., R a U c11 o 13 f e r , s.1Veili-rauch.Rebhuhn 39.B echt 320 E., s. Inhaltsverz.9 44 ff.Re gen 30 fy. 229.I3 ein h e i t , lrultische478. s. Inhaltsverz,$ 72f. Der Priester426. Der Xasiräer431. Im Krieg 363.ReinigungeninalterZeit 436. 480f. 487.Bei P 487 fl'. DerWöchnerin 150. DesAussätzigen 488f. BeiVerunreinigung durcheine Leiche 488. Reinigungswasser488.Reinigungseid 331.Beschneidung als Reinigungsakt155.Reiterei 37. 357. 359.Der Kanaaniter 69.Rekhabiten 95. 112.175. 211. 417. 430.Religionsvergelien322. 338.Renhaim 60.~ichter 327f., s. Inhaltsverz.5 46. ICönigals Richter 305.Xöninl. Beamte 306.311 f.'¿olrale Gerichtsbarkeit314f. 316f.319 f.Ri n d 36. 89. Rinderzuclit36f. 205f.R in g e als Sclimuclr


508 Sachregister.--106f. 258ff. Als Kaufmittel 190.191. s. Sisgelring.el-R 6r 23. 212.RosinenBuclie11 90.92.Ruben, Stamm 295.301.Ru t 11 e181.el-Ruwer 23.(Läiigenmass)Sabb at7Ursprung201f.465. Feier in alterZeit 465 f. Sabbatruhe154. 161. 466.Humanitäre Bedeudeutungbei Dt 161.466. Wertschätzungim Exil 155. 474.Sabbatruhe bei P 474.338. Sabbatjahr 474.Sackpfeife 276.Sadducäcr 177.a d o 1s und sein Haus411. 418f.safa 26.Saiteninstrumente273.S a k (Trauergewand)102 f. 165.S al b e n des Leibes undder Haare 109. 170.Der Könige 307. DerPriester 427. 443. Derheiligen Steine 378.433. Der heiligen Ge-räte 443. Salbenniischer109. 218.S al o 111 o , Cliaralrter seinerRegierung78.173.Bedeutungfür dieIiu1-tar Israels 78. 173 f.219ff. Bauten 233ff.Bedeutung derselben248. 390f.Salz 88. 91. Reiiiigungsmittel149.Handelsartikel219.Salzmeer 24.Samaria 19. 21. 248.Ciriindung 126. Naine129. 130. 131. Heiligtum381.384. Festung360.Sauern des Brots 79.85. Ungesäuertes Brots. nIa.!oth.Sangen 87. 432.Sänger 271. Im Kultus315. 420. 425.Sängerinnen 271. 315.Saretlian 249.8aron 21. 210.Saton 183.Scha'albfm 130.S c h af 37. Schaffleiscli89. Schafschur 169.466.Schalral 39.Schalensteine 58.Scharlach 269.Schaubrote 387. 425.432. 443. Schaubrottisch387. 397. 401.S c h e i du ng 146, s.Ehe.S c 11 e 1 e n1 in alter Zeit435. Bei P 445 ff. Materia1446.Unterarten452.S ch e o 1 157. 163. 164.Bcl1epl~6l&li 21.E s c h - S C 11 er i ' a 22.S clieri'at e 1-Menhcjire24.Schiinron 130.Schlachtopfer imalten ICultus 433, 433.~~i p 443ff. 451f.453 ff.profane89. 438. Opferakt454.S c h 1 an g e 40. Eherne383. 387.Schleier 102.Schniied213.215.S climink e 110.Sclimuck 106f. 255.436.Schnee 31.Schnitzbild 383.Schrift 278ff., s. In-Iialtsverz. 9 39 f.Schreibekunst 288 ff.Schreib - Werkzeuge290f. Sclireiber 289.Staatsschreilser 310.Schriftgelehrte177.Schuldopfer, Ursprung334. 347. Gebiet448f. Material453. Ritual 455ff.Schul dw es en 349ff., Bestimniungenvon JE349f. Von Dt 300.Von P 351. Scliulderlassim 7. Jahr 339.350f. Scliuldsklaven160. 175. 350f.Sclimagerehe, s..Leviratsehe.Schwein 38. 484.S e a 182. 183. 184f.Sebaste 131.S e b asti j e 131.S e b ul o n 220.295.301.S eh er ,Verhältniss zuiliPriestertum 407f. 410.S 6 ' i r GO. 220. 366.S e k e 1, Gewicht 186 ff,Geld 190ff.Seleuciden, Münzen195. Aera 200.Semiten 61. Ursitze62. Charakter undNaturanlage 74ff. Religion74. 364f.Senf 95.se~am35.SCxagc~illlalsyste~~i,babylonisches 178 f.181. 186. 202.Sichel 209.Sichem 19, 125. 130,131. 360. 361. Heiligtnm165. 374. 375.376. 391.Siegel 106. 258ff. 348.Siegelring 106. 258ff.s;kiag2g3,3j8.S i 1 b er, alsWertmesser159. 191ff,Si 1 o , Heiligtum 169.368. 370. 378. 384386. Priesterschaft386. 406. 409f.Siloalranal46.53.231.Si m e o n , Stainm 72.77. 294f. 415.S i m o n Makkabäus,Münzpräguiig 196.


S i n a i , Wohnsitz Jahves366f.Sirocoo 30.Sistrum278.Sittlichkeitsvergehen337.Slrarabäus 261.S k 1 a v e n 159ff., s. Inhaltsverz.5 22. Kultgenossen137. 153.161 f. Erbiähig 134.162. Rechtliche Unmündigkeit331. 339.Privatsklavin der Frau149.144.162. Tempelsklaven419.429.Sklavenhandelund -raub160. 221. Schuldsklaven160. 175.350f.Skopus 41.Slrorpion 40.Skulptur 255ff.Skythopolis 130.S 6 ' a r 128. 130.$ob& 66.~oziale Verhältnisse80.173ff 312.323, s. Inhaltsverz.5 25. Sozialgesetzgebungvon JE 175.323 Von Dt 175. 326.329.Somnier 28.S o n n e n u h r 202.203.Spargel 95.Spätfeige 34.Spätregen 31.S p e i s e g e s e t z e ,ursprüngliche Bedeutung483. Bei Dt 483.S 1) e i s o p f e r in alterZeit 432. 434. Bei P427. 443. 452.Spelt 35.S 1) r a c 11 e. Eindringendes Aramäischen 79.Sachregister. 5091 lage und Bauart 131f.Städtegründungen124.126. Städtenamen128 ff.Stammesverfassu n g 292ff., s Inhaltsverz.§ 41. Stammes-Zeichen 156. Gerichtsbarkeitdes Stammes321. 328£ Bedeutungder Staminessitte 296.320f. 323. Stammeslrönigtun~304.S t a t e r 194. 195.S t e i n e , heilige 56.69. 165. 364f 37CifI.inderlade 369. Steinsäulen,heilige 379f.387.Steinhoclr 39.S t e in h a U f e n mitkultischer Bedeutung59. 226.Steinigung 145.332 f.Steinkreis 58.Steintisch 58.S t e u e r n 174. 221.308f. Teinpelsteuer192f. 462. Steuerfreiheitder Priester nachden1 Exil 319.Stierbild255.259.267. 379. 381f.Stiftsliiitte 370.Storch 39.Strafrecht 328.331ff., s. Inhaltsverz.# 46. Strafarten 322.333. Zweck der Strafe332. Strafrcclit derFamilie 137. 148. 327.Strafvollzug 148. 331.Strassen, Handelsstrassen16. 19.28. 38219. 223. StrassenbauP441.444. Sühnopfer,s. Schuldopfer undSünclopfer.- Sukkoth 129. 249.Sündopfer, Ursprung334. 447. Gebietdesselben 448f.Anwendung in besonderenFällen 449. Mnterial444.452.Ritual455. 456f.S y k o m o r e 34.Synedrium 319f.Syrinm Stagnum63.T a b a Ir 33.T a b o r 373.Tadmor 130.Tag 202fT a 1 e n t , babyloniscliassyrisches186. Hebräisches187.Tamariske 33.Tamburin 277.Tamicl 442.T anz 169. 271. 276f.468.T a r i c h e a i 95.T a r s c hi s c li s c 11 i f f.219.Tätowiren111.157.426.Taube 39. 88.Tausclibandel189.T e b e s, Citadelle 361.T e i c h e 229f. In Jerusalem51f.- Charsch2'129.Te11 Dsclieldschfil59.Te11 el-Amarna,Sliontafeln von 67.der Römer 223. Stras- . .83. a88. 1 sen einer Stadt 131 ' 22.Staat. s. Iiönietum. Stratons Thurm/T61 i\lelacli 129.Stad t:~eltestegädte 131.Te11 Schihgn 26.in Palästina 314. Un- S t r e i c h i n s t r u - T e m p e l in1 altenterschied von Dorf m e U t e 273. Knlt 377. - Salomol27f.299f. 320. An- S ii h n e t h e o r i e von nischer 233ff. 383ff.


510 Sachregister.Geräte 249ff. 386f.Bedeutung 389f. --Tempel Ezechiels393 R. Grundidee398 f.Nachexilisclier Tempel399 ff. HerodianischerBau 403f Tempelmusik276f. 425.Tempelsteuer 193.462.Tempelslilaren 419.429. Anlage des ägyptischenTempels 3851:Syinbolilc des semitischeuTempels 372.385.Teraphiin 257. 382.Terebinthe33.374.Totschlag 332. 336.Tranli-opfer95.433.443. 450.Transportmittel223.Trauergebräuche102. 165E. Ursprunguncl Bedeutung 166.Den Priestern verboten428.Tripoli 33.Trompete271.276f.et-Tfir 43.Tyropöon 43. 236.T y r U s , EIandel 220.222. Münze 19.5.Wachtel 39.WCdi el-'Arisch 16.- 'Arriib 55.- Bijar 55.- F&rca 24.- el-Kelt 24.en-War 43.- er-Rababi 41.- Razze (WadiSeba') 16.Wälder 33. EntwaldungPalästinas 33.&Tauge1 an Langholz115.XTallnus s 34.STTa,scliungen 108. Rituelle480. 487f.Tiberias 108. 126.Tibcriassee22. 23.205. 212.Tibna 59.Tiere 36fl. Unreine483. 485f. Tieropfer433. 451. 4631T.Et-Tih 19.Tischgemeinscliaftbeim Opfer 437.Tischri 200.Todesstrafe 146.161. 331. 337f.Töpfcr1ianclwci.l~213f. Form der Tlioilgefasse261 E. Beiilalcnderselben 268.Torah der Priest e r 407f. 412. 423.Bedeutunzfiir dioEntwiclilungdes Rechts321. 324.Totemismus 152.297.484.. s. Toteiiliult.T o t e n k U 1 t. Gräberals heilige Orte 1G6ff.377. Totenopfer 165 ffAhnenkult 152. 165ff.297. 484. Abneignngdes Jahveliultes dagegen224. 481, s.Trauergebräuche.T o t e s I!i e e r 22. 24f.63. 92.Ungeziefer 40.Unreinheit 157. 48lf.System von Dt 484f.Von P 486ff.Unterwelt s. Scheol.Gnzucht 139. 145f337f. Im Gottesdieiist428.UriinundTunimin~, s.Losorakel.287ff. \pas~erlibaiionen433. 443.Weben, Opfercereinonie422. 485. 459.Weberei 216f.Weiheol?fer 422.425f.427. 430f.JVeiliraucliopfer 444.461.Wein 96. 170. Irii Iiultus427. 430.432. 434.Verbannung 296.Verbrennen d. Leiche163. 333.Verfassung, 292 ff. s. wein 96. DattelmeiuInhaltsverz. 41 f. 96. JVürz~~ein 95LVorlobnng 142. TVeinban 35 211f.Vermögenssteuer1 Weinl~elter 35. 96.309. 212f. Veinlese 169.Versölinungstag200. ) 199. 213. 468.398, 401. 427. Ur- Weizen 35.208f Wei-sprung477. Ritua1478.Veruntreuung 352.4:48.Vieli als Tauschmittel189. Viehzucht 205 fEVo r 110 f cles saloinonisclienTempels 388.Höfe cl. salomonischenBurg 239f. Vorhöfebei Ezechiel 393. In1nachexilischen Tempel400f. Frauenvorhof403. Priestervorhof401.443. 450 Den Wauräerund Relihabitenverboten 176. 43U.Apfelweiu 96. Honig-zeninelil 84. 92. Esportartiliel221. Weizenbrotean Pfingsten467.Wildpret 89. 204.Niclit opferbar 433.4,5 1.Windverhältnisse29.Winter 28.Woche 201. Wochenfestiiii alten liultus 466 f.bei P 476Volf 39. 206.


Wolle als Opfergabe433.Wuclier 174.223. 350.Würzwein 94. 95.Sachregister. - Register der hebräischen Wörter. 511Zehnten 309. 460f.Zeitrechnung 198ff.,s. Inhaltsverz. 5 30.Zercin 20.Zelte 111 ff. Zeltwagen113. 129. HeiligesZelt 371. 395ff.Zeugen 331. 333. 347.Ziege 37.89. 113. 290.Zins 35Of.Verbot d.Zinsnehmens339. 35Of.Zion 43. 44. 45. 233.391.Zölle 221. 309.Zncker 91.Zukost 90.Zwiebel 35. 90.Z y thos, ligyptischer 96.Register der hebraischenWörter.'kbh 201.'abhattichirn 35.äbi1ei 129.'khhEbh 201.'ach 124.'adkr 201.'adkschim 35.'addereth 101.'2d6m 270'adbnki 338.'"d6ni 172.'agil 107.'ahubhkh 145.'ajii 37.'ajin 129.'ajir 37.'ajjkl 39.'akhbkr 39.'a~rkbh 40.'allkh 33. 375.'al 'alSni6th 279.'alijjkh 121.'all6n 33. 375.'ammah 179.'aphuddkh 205.'argamkn 269.'arjeh 38.'arneblieth 39.'kr6n 367.'arubbkh 119.'kscham 447, s.Sachregister.'ascher&h 380, s.Sachregister.'aschischkh 92.bacal 69. 152, s.Sachregister.ba'alath 69.bajith 111. 129.bk@r 36.ballan 108.bkmkh 127. 373.436, s. Sachreg.bkn6th 329.barburim 90.barzel 2 16.baselr 85.bath 183. 251.be'er 129. 228.bel:ac 187.ben d6d 354.ben nekhkr 339.bene jisra'el 70.berklrhkh 142.berekh 171.berekhSh 229.beriacli 119.ber6sch 33.be&l*im 35.beth 279.beth '61 57. 376.beth 'el6him 406.beth hammidrasch159.bikkfirim 34.46 1.bischeghgkh 449.bocaz 249. 387.b6r 216. 229.:%";05.cbklkbh 88.1 chklil 276.chall6n 119.ch%m6r 37.ch2mfis 270.chkrksch 213.215f.charise chalkbh88.charus 209.chaser 127. 129.cha~idkll 39.clias6prkh 277.chatta'th 447.chazir 38.cheder 112.eh61 361.chem'kh 88.chemer 95.chemeth 94. 113.cherem 205. 336.457.cheret 290.chiff2li 30.ch6desch 200.ch6led 39.ch6mer 183. 214.ch6mes 96.choschen 428.ch6@bh 'ebhen216.chbthkm 106.chu&im 325.chum 269.chus6th 131.dkletli 279.dkralrh 213.darkemonim 194.debhkr?m 325.debhasch 90.debhelkli 90.debhir 246. 385.398.debh6rkh 40.dej6 290.deleth 119.disch6n 39.d6bh 38.d6chkn 35.d6d 354.dodah 3.34.dud 94.duff 277.'ebhen59.'ebhen401.maskitliscliatjali


512 Register der hebräischen 'Iliörter.'eder 101.lege1 36'egOz 34.'elrhkh 166.'6phOd 371. 382.378.'eph6d bad 409.'ephtli 183.'$1 33. 152. 370.'61 '6lkm 378.'elkh 33. 375.' 16him 338.3" "elon 33. 375.elon rneonenim375.'$Ion dreh 375.1. "'erez 33.'ervatlid&bhkr346.'esba' 179.'Cschel 33.'eschnkbh 119.


inizheach 58. 378.s. auch Altar.nlispih 129.nlizrälr 94.m6har 139.140 iE146. 160.morag 209f.in6reh 31.mulkh 153.na'al 105.1iSLchksch 40.nagid 'al habbajith310.namer 38.niphih 129.nassc 111.nisi' 315.nSLsibh 311.naSi~-429, s. Sachregisternebhel273. 275 f.nechoscheth 214.Register der hebräisch enwörter. 513'ärebh 39.'6rEg 216'orläli 153.pacli 204.~achatli 204.paggim 34.pirisch 37.pgrur 94.pe' 282,pe'6r 105.pelach 85.pelethi 368.perizOth 127.~ered 38.pesach 470, 472.pesanterin 276.pese1 383.pilegescli 162.pinnoth 361.piscliteh 35.pol 35.päthoth 119pukh 110.purih 213.neder 446. rkmiih 129.nephesch 456. rLchel37.ner 124. ra'schim 420.nescher 39. resch nich6 1 ehneielrh 443. 434.netiiinim425.429. rechajim 85.netiphoth 107. rekhebh 85.nezem 107. rekhesch 37.nisin 201. re'sch 282.n6'd 94. 113.reschetli 204.nophet,h $phim re'schith 461.90.rimmon 34.nun 282. rokeach 109. 218.ro'sch 282.'äbh 167.'obhed hamme- / sihh 40.lekh 310. sabbekhi' 276.'obhnaiim 214 sibhe jehudijk'ähel 111 ff. 316.'olih 435ff. 448. sach 269.444. 447. 461 $ichor 270.s. Brandopfer. sidin 101.1 sch6terim'6men 158. sajid 204.'Omeneth 149. sals 102. 165.'ämer 182. sal 94.? *omer hatten% sauiph 105.phäh 459. aph 94.'Opheh 218. aappachath 94.Beil ziriger, EI ebräisclie Areliaologie.sir, siriin 299.310 317. 425.sar 'al liol-haasibhi'310.sire Ii2rekhfischsCr&h 145.särfsim 311.sclii'ih 203.schäbhtia' 201 f.schäbhuCäth466f.,s. Wochenfest.schichat 454.schachor 270.schaddai 152.schil;$d 34.scliilisch184.359.schilischim 278.schämar 406.schinih 158.schenath hajjobh61474scliani 270.schäphan 39.schebhat 201.scliebhet 294.schelihär 96.Schekel 187. 191.195. s. Sachreg.schelem 436.438.444. 447. s.Sachregister.schemen 109.schemen ra'anin212scheminith 272.scheph6th bi&r88.schPr6th 406.scliikmih 34.schin 282.schok teriimihI 459.schophir 276.schor 36.314.scllura1 39.scliulchän 113.sela' 272.@lichih 94.seliw 39.sel$elim 277.semed 181. 208.senfi'ili 145.se'or 85.se'ärkh 35.sepher kerfthfitli346.ser6lrh 105.simlih 98 f..immfilr 90.sinnih 205.sippui 255.sir 94.~ir 119.sivän 201.sficher 219.solchen 310.soleth 92. 450 f.solq 37.I soplier 289. 310.sor6ph 21 6.sulrkbth 114. 129.472. 476, s.Sachregister.1siimponjili 276.sus 37.ta;;:assäpl~erimtabba'ath 106.iimiir 34.tamid 442. 444.447, s. Sachreg.tammuz 201.tan 39.tappfiacli 34.techän 85.1 te'@nih 34./ tehäm 389.1 Es„ 4631 teräphiin 382, s.1 Sachregister.1 terii'ah 200. 363.


514 Register der hebräischen Wörter.@i.hli 113.tirosch 96.tischri 201.todall 446.t61acatli scliini269. I 'figibh 272 276.top11 277.topliacli 179. urim 408.topheth 41.I zajith lsithith212.tummim 408, s. zebhach 435.447.Sachregister. I zebhach schelamini435.ze'ebh 39.zereth 179.zek6nim 299 306.329.zil~n6 hkcir 314.zilp6 jisri'el 296.zil~n6 halrkohonim414.zil:l@. 95.zfv 201.zonkh 135.


Nachträge. 5 15Nachträge,S. 69. Fig. 15, Münzc von Sidon, steht gerade umgekehrt.„ 202 Zeile 14 von ollen lies ,der 7., 14., 21. (28.) Tagc statt ,der 8.,16, 22. (29.) Tag' vgl. S. 465.„ 2.56 lies Eschmunazar statt Eschumnazar.,, 287 Zeile 11 von ohen lies Sendschirli statt Seindschirli.Bei der Literatur zu § 19ff. S. 133 ist nachzutragen: JJYELLHAUSEN,Die Ehe bei den Arabern: Nachrichten V. d. X. G. d. W. zu Göttingen1893, 431ff. Die auch für das israelitische Familienwesen wertvolle Abhandlungist, was icli zu bemerken bitte, in Hcft 11 der Nachrichten an112. Juli ausgegeben worden, als die betr. Bogen des Buchs geradeDruclr warcil, und lioniite dcsshalb nicht mchr benützt werden.


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