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Rennbericht vom 24h-Rennen 2010 - Dörr Motorsport

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tourenwagen24-stunden-rennen NürburgringSprung-BrettFavoritensterben, ein dramatischesFinish und mit BMW einunerwarteter Sieger: Das 24-Stunden-<strong>Rennen</strong>auf dem Nürburgringbot Spannung bis zur letztenSekunde.BMW vor Ferrari: Mitdiesem Ergebnis hat vordem <strong>Rennen</strong> niemandgerechnet160 12/<strong>2010</strong>


Wer nach 24 Stunden aus derGrünen Hölle heimkehrt,darf mit einem hochoktanigenEmpfang rechnen. Wenn Siegerund Platzierte die schwarzweißkarierteFlagge zu sehen bekommen, herrscht inder Boxengasse Länderspiel-Atmosphäre.Ohrenbetäubend laute Kompressor-Fanfaren, wild geschwenkte Fahnen,dezent ploppende Sektkorken. Beimanchen Teams wird auch Pils gereicht.Dass Sebastian Vettel zeitgleichin Monaco um den GP-Sieg kämpft, interessierthier fast niemanden mehr.Hunderte spielen Spiderman undkraxeln auf die bedrohlich schwankendenSicherheitszäune der Boxenmauer.Fahrer und Mechaniker hauen sich sogrob auf die Schultern, dass sich amMontag wohl einige Orthopäden überneue Patienten freuen dürfen.Alle liegen sich in den Armen und nichtwenige haben Mühe, ein paar Freudentränenzurückzuhalten: Beim Zieleinlauf des24-Stunden-<strong>Rennen</strong>s werden alle Emotionendes Renn-Marathons nochmalshoch verdichtet. Wer da gleichgültigbleibt und mit den Händen in der Hosentascheherumsteht, muss ein Herzaus Stahl haben.Einige der mehr als 200 000 Zuschauerhatten sich zu diesem Zeitpunktschon auf den Heimweg gemacht,viele davon wohl mit einem ordentlichenSchnupfen im Gepäck. Denn dieEisheiligen und die „Kalte Sophie“machten aus der Eifel einen Drei-Sterne-Gefrierschrank, an den Trainingstagenmeist begleitet von fiesemNieselregen und Nebel, später voneinem stramm pfeifenden Wind.Doch die rotnasigen Freunde desWintercampings, die auf den übel verschlammtenPlätzen tapfer bis zumEnde ausharrten und oft mit großer Hingabedaran arbeiteten, den Blutalkoholpegelauf einem keinesfalls mehr straßenverkehrstauglichenLevel zu halten,wurden mit einem außerordentlichspannenden <strong>Rennen</strong> belohnt. WährendKisug In utem quamCharly Lamm führte die Schnitzer-Crew zum19. Nürburgring-Sieg für BMW seit 1970www.auto-motor-und-sport.de12/<strong>2010</strong> 161


Im Training dominierten die AudiR8, in den ersten Stunden des<strong>Rennen</strong>s der gelb-grüne Manthey-Porsche 911 GT3 Rder ersten 13 Stunden wurden nichtweniger als zehn Führungswechsel gezählt.In der Schlussphase erinnert die<strong>2010</strong>er-Ausgabe des traditionsreichenEifel-Marathons weniger an ein Langstreckenrennenals an einen Sprint.Nach 21 Stunden geht das <strong>Rennen</strong> beinahenochmals von vorne los. Als derseit Halbzeit des <strong>Rennen</strong>s führendeHybrid-Porsche 911 GT3 R zu einem13-minütigen Reparaturstopp in dieBox des Manthey-Teams einbiegt, umden rechtsseitigen Auspuffkrümmer zuersetzen, wittert BMW Morgenluft. Bisauf knapp zwei Minuten pirscht sichder weiße M3 an den Porsche heran.Doch wirklich in Schlagdistanz kommter nicht. „Unvorstellbar“ sei der Speeddes Hybrid-911, stöhnt BMW-FahrerUwe Alzen.Doch eineinhalb Stunden vorSchluss nimmt das Rennschicksalnochmals eine krasse Wendung. ZumEntsetzen der Porsche-Crew rollt derorange-weiße Hybrid-Porsche, der voneinem 480 PS starken Ottomotor undzusätzlich von zwei jeweils 60 Kilowattstarken Elektromotoren befeuertwird, im Streckenabschnitt Metzgesfeldaus. „Der Verbrennungsmotor ist kaputtgegangen“, meldet Jörg Bergmeister perFunk. „Und zwar ganz ohne Vorwarnung.“Michael Macht sieht das Malheur amTV-Bildschirm in der Porsche-Lounge.Frustriert kneift der Porsche-Chef dieLippen zusammen. Es dauert aber nichtlange, dann strafft Macht die Schulternund zieht Bilanz: „Es wäre zu schöngewesen zu gewinnen“, sagt Macht. „InSumme sind wir trotzdem happy. Wirhaben das <strong>Rennen</strong> mit dem Hybrid-911lange Zeit dominiert.“ Kampflustig fügtder Porsche-Chef hinzu: „Ab heute werdenwohl einige unserer Konkurrentenihre <strong>Motorsport</strong>-Strategie überdenkenmüssen.“Nach vier Gesamtsiegen in Folge fandsich Porsche diesmal in den Niederungender Ergebnislisten wieder. Denndie Hoffnungen, die auf dem gelb-grünen911 GT 3 R des Manthey-Teamsruhten, zerschellten in der Nacht umhalb elf bei Tempo 220 an den Leitplankender Fuchsröhre. „Direkt vor mithat sich ein Golf gedreht“, berichtete911-Fahrer Mark Lieb. „Der Golf schossin die Leitplanken, wurde zurückkatapultiert,und dann habe ich ihn getroffen.Da war nix zu machen. Ein typischerNordscheifen-Unfall, von demwir in den letzten Jahren verschontblieben.“Nach dem jähen Aus für den überlegenführenden Porsche mit der Startnummer1 erübrigten sich auch alleDiskussionen darüber, ob der werksunterstützte911 von den Veranstalternkorrekt eingestuft worden war odernicht. Hinter den Kulissen war deutlichesGrummeln über eine angeblichallzu porschefreundliche Einstufungdes 911 zu vernehmen, nachdem StartfahrerMarcel Tiemann gerade mal vierKilometer benötigte, um die vier vorihm gestarteten Audi R8 aufzuschnupfen.„Ich habe auf der Aufwärmrunde162 12/<strong>2010</strong>


Der Pirelli-BMW Z4 des <strong>Dörr</strong>-Teams kamüberraschend auf Platz neunEin starkes Sextett: die Motor Presse-Mannschaft,bestehend aus Horst von Saurma, Anja Wassertheurer,Christian Gebhardt, Bernd Ostmann,Jochen Übler und Peter-Paul PietschVater Hans Stuck fiel aus, Sohn Johannes kamim Audi R8 auf Platz fünfKlaus Ludwig gab Sprössling Luca guteRatschläge – der Sprössling wurde DritterViel Licht, aber auch SchadenSo einen Erfolg hat es für ein Redaktionsmitglied vonauto motor und sport schon lange nicht mehr gegeben:Testchef Jochen Übler schaffte mit Platz neun ein Top-Ergebnis. Dabei war der pirellibereifte BMW Z4, den erzusammen mit Rudi Adams, Stefan Aust und MarkusGrossmann pilotierte, erst wenige Tage vor dem <strong>Rennen</strong>auf den letzten Drücker fertig geworden. Auch sportauto-Chefredakteur Horst von Saurma hatte Grund zurFreude: Sein serienmäßiger, <strong>vom</strong> Porsche-Werk genannter911 GT3 lief absolut klaglos: Platz 13 ist einResultat, auf das man stolz sein kann. Das gilt auch fürden 25. Platz, den sport auto-Redakteur Christian Gebhardtmit dem BMW M3 GT4 belegte. Der VW SciroccoGT24-CNG von auto motor und sport-Chef Bernd Ostmanngeriet durch einen unfallbedingten, knapp zweistündigenReparaturstopp in der Nacht ins Hintertreffen.Mehr als Platz 72 war so nicht drin. Noch schlimmererwischte es den Ford Focus RS, auf dem sport auto-Redakteurin Anja Wassertheurer zusammen mit Rallye-WM-Star Jari-Matti Latvala fuhr: Nach einem Steinschlagwar ein Motorwechsel nötig geworden – Platz110. Während der reparierte Ford aber ins Ziel kam,musste Geschäftsleitungs-Mitglied Peter-Paul Pietschnach einem Unfall den Ausfall seines Porsche 911 GT3R hinnehmen.Starkes 24-Stunden-Debüttrotz spätem Ausfall:Der Hybrid-911 schrammtenur knapp amSieg vorbeiwww.auto-motor-und-sport.de12/<strong>2010</strong> 163


Kurz vor dem Start brachte diePolizei dem Farnbacher-Team dengemopsten Unterboden zurückDer auch von Firmenchef Ulrich Bez gefahreneAston Martin Rapide kam beim Debütauf den 34. Platz im GesamtklassementSchrott gab es bei Lexus nur imTraining. Der schnellere der beidenLF-A holte den KlassensiegGroßbaustelle bei BMW: Schon nacheiner Stunde büßte der M3 von DirkWerner nach Unfall alle Siegchancen einhalt die Reifen ordentlich auf Temperaturgebracht“, erläuterte Tiemann.Nach dem Ausfall des Hybrid-Porschewar der Weg zum Sieg frei für einTeam, das vor dem <strong>Rennen</strong> beinaheverzagte. „Es ist zu kalt für unsere Dunlop-Reifen“,klagten die BMW-Männer,hinter vorgehaltener Hand, um den Reifenpartnernicht öffentlich zu düpieren.Erst jenseits von 20 Grad Lufttemperaturwürden die Dunlop optimal funktionieren.Doch die M3-Fahrer Uwe Alzen, Jörg Müller,Pedro Lamy und Augusto Farfus hattendas Glück der Tüchtigen. Anfangs humpeltensie zwar ein paar Sekunden hinterden schnellsten Audi und Porschehinterher. Doch die Konkurrenz vonAudi dezimierte sich zügig durch Unfälleund Technik-Zores. Marco Wernermusste nach Unfall aufgeben, MarkBasseng versetzte seinem R8 den Todesstoß,als er bei einem Ausweichmanövermit 205 km/h über die extremhohen Randsteine auf der Anfahrt zumSchwalbenschwanz rumpelte. Die Quittung:ein Loch in der Ölwanne. Weiterhinverzeichneten die Audi-Passionsspieleeinen Getriebeschaden am R8von Frank Biela mit anschließendemDefekt an der Motoraufhängung sowieeine defekte Antriebswelle am Auto vonChristian Abt.Dennoch kam ein Audi auf Platzdrei, der mit privat beschafftem Sponsorengeldfinanzierte Phoenix-R8 mitLuca Ludwig, Markus Winkelhock,Marc Bronzel und Dennis Rostek. „Wirhaben höchstens auf eine Top 10-Platzierunggehofft“, amüsierte sich Nordschleifen-NeulingWinkelhock. „Ichselbst habe ja Anfang der Woche nochden Nordschleifen-Lehrgang machenmüssen.“Während man bei Audi und Porschedie Firmenflaggen ein wenig kleinlauteinrollte, flatterte der BMW-Wimpelstolz im Wind. Doch auch die Schnitzer-Crewund ihr M3 machten es gegenEnde spannend. In den letzten dreiStunden fürchtete man um das Getriebe.„Der vierte Gang hat seine Zahnräderverloren. Es hat furchtbar gescheppert“,berichtete Müller. „Gut, dass ichals gelernter Zweirad-Mechaniker Ahnunghabe, wie man so ein maladesGetriebe bestmöglich schont. Einenausgebildeten Bankkaufmann setzt manin so einer Situation besser nicht insAuto.“Noch mehr als die erfolgsverwöhnteWerks-Abordnung von BMW freutesich das kleine Farnbacher-Team ausdem fränkischen Lichtenau über densensationellen zweiten Platz ihres hankookbereiftenFerrari F430.Dominik Farnbacher, der Sohn desTeamchefs, Allan Simonsen aus Dänemark,Marco Seefried und der AmerikanerKeen Lehman zeigten, was aufdem Nürburgring auch für ein Privatteammöglich ist, wenn man im <strong>Rennen</strong>von Problemen verschont bleibt.„Unglaublich“, staunte Farnbacher.„Unser Ziel war eigentlich nur anzukommenund vielleicht ein Platz inden Top 10.“Am Ende durften die Ferrari-Jungsden zweitgrößten Pokal abholen. Siehatten ihr Repertoire an Pleiten, Pechund Pannen schon im Training vollständigabgearbeitet. Nach einem Trainingsunfallwurde das 24-Stunden-<strong>Rennen</strong> für die Farnbacher-Mechanikerflugs zum 48-Stunden-<strong>Rennen</strong>. Denn esdauerte bis Samstagmorgen um sechs,ehe der ziemlich zerknitterte 430 wiederrichtig hergestellt war.„Einige Teile hatten wir gar nichtvorrätig“, berichtete Farnbacher. „Wirhaben sie erst selbst auf der Drehbankanfertigen müssen.“ Doch schon gab es164 12/<strong>2010</strong>


ergebnis 24 Stunden Nürburgring15./16. Mai; Siegerdistanz 154 Runden à 25,378 km = 3908,212 km; Schnitt 162,808 km/h1. Müller/Farfus/Alzen/Lamy BMW M3 GT2 154 Rdn2. Farnbacher/Simonsen/Keen/Seefried Ferrari F430 GTC –3.54,191 min3. Rostek/Ludwig/Bronzel/Winkelhock Audi R8 LMS – 1 Rde4. Hartung/Söderlund/Standström/Öhlin BMW Z4 GT3 – 2 Rdn5. Jöns/Breslin/Stuck/Heyer Audi R8 LMS – 2 Rdn6. Alzen/Schwager/Jäger/Bert Porsche GT3 Cup S – 3 Rdn7. Werner/Müller/Priaulx/Adorf BMW M3 GT2 – 4 Rdn8. Zehe/Schelp/Roloff/Bullitt Porsche GT3 Cup S – 4 Rdn9. Aust/Adams/Übler/Grossmann BMW Z4 GT3 – 5 Rdn10. Weiland/Forbes/Riemer/Horn Porsche 997 GT3 Cup – 6 RdnSiegreiche BMW-Mannschaft: Pedro Lamy, Jörg Müller, Teammanager Lamm,Augusto Farfus und Uwe Alzendie nächste Schrecksekunde. Als esZeit wurde, in die Startaufstellung zufahren, war plötzlich der hinter der Boxabgestellte Unterboden verschwunden.Der dreiste Dieb konnte aber schnellvon der Polizei gestellt werden. DominikFarnbacher wunderte sich: „Unglaublich,dass sich da jemand so einRiesentrumm unter den Arm klemmtund davonspaziert.“Einen Überraschungs-Coup landete auchPorsche, und zwar nicht mit demschnellen 911 GT3 R oder dem innovativenHybrid-911, sondern mit demabsolut serienmäßigen, mit Straßenzulassungsamt Nummernschildern rennenden911 GT3. Walter Röhrl, der dasFahrer-Quartett ursprünglich hätte anführensollen, musste absagen, weil derzweifache Rallye-Weltmeister Problememit dem Rücken hatte. Aber DTM-VeteranRoland Asch und sport auto-ChefredakteurHorst von Saurma kamenauch ohne Röhrl bestens zurecht. Ohnedas geringste Problem schipperten sieauf Platz 13 ins Ziel.145 Runden entsprechend 3679 Kilometernlegte der Serien-Porsche imRenntempo klaglos zurück. Danach waraber noch lange nicht Dienstschluss.Denn das Auto gelangte genauso zurücknach Weissach, wie es gekommen war– über die Autobahnen A 61, A5 undA8, und zwar auf eigener Achse.Audi-Sportchef WolfgangUllrich mit VW-TechnikvorstandUlrich HackenbergDer R8 von Ludwig, Winkelhock,Rostek und Bronzel kam als besterAudi auf Platz dreiText: Claus MühlbergerFotos: Rossen Gargolov, MüllerDie 330 PS starken, mitBio-Erdgas angetriebenenVW Scirocco waren dieschnellsten Fronttriebler imFeld. Der Beste der Blauenlandete auf Rang 16166 12/<strong>2010</strong>

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