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HerzSchlag - Peter Mairinger

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schweren Herzens, jeder Abschied erfolgt schweren Herzens, das ist<br />

immer dasselbe, dann weint er herzzerreißend. Das hat er immer schon<br />

gekonnt, herzzerreißend weinen vor Rührung. Geht gar nicht anders.<br />

Da ist er machtlos, der Koloss, der so nahe am Wasser gebaut hat. Das<br />

Herzgefühl war immer groß. Das Herz selber war nur ein Muskel, der<br />

zu funktionieren hatte. Stets zu Diensten. Auf ewige Zeiten. Bis es kaputt<br />

ist. „Sprich nicht vom Herzen, das ist eitel / ein lederner verschrumpfter<br />

Beutel“. Goethe, „Faust“.<br />

Das Herz, <strong>Mairinger</strong>s Herz, pendelt sich auf der Intensivstation wieder<br />

ein. Die Angst wird kleiner, mit jedem kräftigen Pumpsignal, mit jedem<br />

vernünftigen Zacken am Kontroll-EKG. Dann kommt das Rehab-<br />

Zent-rum. Drei Wochen Saalfelden. Ein Neuanfang. Mit Blutdruckmessen<br />

und Gleichgewichtsübungen, Radfahren am Stand und kleineren<br />

Spaziergängen. Ernährungsberatung und so. Verlangsamtes Tempo.<br />

Gut, beruhigend gut, alles in allem.<br />

Aber irgendwas fehlt. Irgendeine Art von Lustgewinn. Wie soll so einer<br />

gesund werden ohne Lustgewinn? Diät schön und gut. Aber keine<br />

Lust-gewinn-Diät! „Tun Sie das, was Ihnen am liebsten ist“, meint der<br />

Primar. Das lässt sich der <strong>Mairinger</strong> nicht zweimal sagen. Im Auto,<br />

fällt ihm ein, liegt sein Notfallkoffer; er fährt ja nie ohne Notfallkoffer<br />

weg. Jetzt holt er das wuchtige silbergraue Gepäckstück ins Krankenzimmer.<br />

<strong>Mairinger</strong>s Notfallkoffer. Darin befinden sich: Stifte und Pinsel<br />

und Ölkreiden und Farben und Zeichenblöcke - die Überlebensutensilien<br />

für einen wie ihn. Der Primar ist ja selbst ein Maler, Gott<br />

sei’s gedankt, dem geht das Herz auf bei so einem Patienten. Und der<br />

Maler <strong>Mairinger</strong> malt sich sein Herz gesund. Malt und zeichnet vier<br />

Blöcke voll, fast<br />

zweihundert Bilder. Herzbilder.<br />

Wir befinden uns in einem Krankenzimmer mit richtigem Krankenbett<br />

und komplizierten Apparaten für alle Eventualitäten. Nach drei Tagen<br />

ist das Krankenzimmer ein Maleratelier, in dem auch ein Krankenbett<br />

steht. Noch ein paar Tage später ein Atelier samt Galerie, denn er klebt<br />

jedes fertige Blatt sofort an die Wand, Herzen, Herzen, lauter Herzen,<br />

und wenn eine Krankenschwester oder ein Arzt die Türe öffnet, flattern<br />

und tanzen die Herzen im Wind. Ach ja, ein Bett steht auch im Galerie-<br />

Atelier, notgedrungen.<br />

<strong>Peter</strong> <strong>Mairinger</strong> lässt sich auf sein Herz ein, studiert das Herz, vertieft<br />

sich in dieses komplexe Wesen. Das Ultraschallherz, das Herzmodell<br />

mit den zuckenden Lichtlein, das Herz im Herzinfarktbuch, das er sich

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