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Exkursion nach Theresienstadt

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<strong>Exkursion</strong> <strong>nach</strong> <strong>Theresienstadt</strong>Sechzehn geschichtsinteressierte Jugendliche der Trützschler-Mittelschule, darunter dieTeilnehmer des Geschichtsprojektes „Flucht und Vertreibung“, besuchten am 12. April gemeinsammit einer neunten Klasse aus derSeminarschule Auerbach dasehemalige Ghetto und KZ<strong>Theresienstadt</strong>.Zunächst gab es vor Ort eineFührung durch die Straßen derStadt sowie durch eineMuseumsabteilung. In allenGebäuden dieser heute wiederbewohnten Stadt waren von 1941bis 1945 Tausende Personenzusammengepfercht. Insgesamt139 667 Menschen jüdischenGlaubens aus zahlreicheneuropäischen Ländern wurden indieser Zeit <strong>nach</strong> <strong>Theresienstadt</strong>deportiert. Das Ghetto dienteaber nur als Sammel- undDurchgangsstation, denn von hieraus wurden immer wieder Transporte zusammengestellt, welche die Häftlinge – unter ihnen vieleKinder – in die Vernichtungslager brachten.Wir erfuhren, dass die Menschen sogar auf ihrem letzten Weg nochauf hinterhältigste Weise betrogen wurden. So erzählte man z. B.den alten Juden, dass <strong>Theresienstadt</strong> ein Kurort sei, in welchem sieden Rest ihres Lebens unter hervorragender medizinischerBetreuung verbringen könnten. Man schloss in Nazi-Deutschlandmit ihnen Verträge über den Ankauf von Altersheimplätzen ab. Wiemüssen sich diese Menschen gefühlt haben, wenn sie dann vor Ortmit der Wahrheit konfrontiert wurden!Wir sahen die Gleise, an denen die Züge mit den Deportiertenankamen. Gleich gegenüber steht ein Gebäude, das als Schleusediente. Dort nahm man den Ankommenden einen großen Teil ihrerHabseligkeiten ab, bevor die Familien auseinandergerissen und alsHäftlinge unter unwürdigen Bedingungen in den Häusern der Stadteinquartiert wurden – bis zu dem Tag, an dem sie wieder in einen Zug steigen mussten, der siedann in den sicheren Tod brachte. Viele Menschen fanden jedoch auch in <strong>Theresienstadt</strong> den Tod– durch Hunger, Krankheiten sowieGewalttätigkeiten der Bewacher.Wir betrachteten Zeichnungen, die aufeindrucksvolle Weise den Lageralltagdokumentierten – gemalt von Kindern, dienicht erwachsen werden durften und vondenen nichts als ihre Bilder geblieben sind.Trotzdem war es für alle<strong>Exkursion</strong>steilnehmer schwer vorstellbar,dass in dieser Stadt, wo man noch immerMauern und Stacheldraht entdeckt, wo sounsagbar gelitten wurde, heute wiederMenschen wohnen und ihren normalen Alltagleben – in genau den Gebäuden, in denen vor70 Jahren schreckliche Dinge passierten.


Nach der Führung besuchten wir den jüdischen Friedhof, die Leichenkammer des Ghettos sowiedas Krematorium, wo wir ein Blumengebinde niederlegten und mit einer Schweigeminute der hierumgekommenen Opfer des Nationalsozialismus gedachten.Am Nachmittag stand eine weitere Führung auf dem <strong>Exkursion</strong>sprogramm. Diesmal ging es zur„Kleinen Festung“, die bereits im 19. Jahrhundert als Gefängnis für militärische und politischeGefangene gedient hatte. Hier sahen wir z.B. die Dunkelzelle, in welcher Gavrilo Princip, derAttentäter von Sarajewo (1914), bis zu seinem Tod 1918 angekettet war.Aber auch in der Kleinen Festung stießen wir immer wieder auf Spuren nationalsozialistischerVerbrechen. Die Tor-Inschrift „Arbeit macht frei“ verdeutlichte, dass sich hiereher ein Konzentrationslager als ein „normales“Gefängnis befand. Bei der Besichtigung derHafträume erfuhren wir, dass die ohnehin schonschlimmen Haftbedingungen für jüdischeGefangene noch zusätzlich verschärft wurden. Inderen Zelle, die mit den <strong>Exkursion</strong>steilnehmernaus Falkenstein bereits voll ausgefüllt war,mussten ca. 100 Personen ohne Sitz- oderLiegegelegenheiten vegetieren – mit schlechterVerpflegung, ohne jegliche hygienische Voraussetzungen undmedizinische Betreuung, bei Arbeit an 7 Tagen der Woche – was fürdie Häftlinge bereits <strong>nach</strong> kurzem Aufenthalt einem Todesurteilgleichkam. Die Führung durch diese Festung verschaffte uns einenkleinen Einblick in eine grausame Zeit, in der dem LebenAndersdenkender und Andersgläubiger kein großer Wertbeigemessen wurde. Dass die Verursacher der dort verübtenVerbrechen Deutsche waren, wird wohl alle <strong>Exkursion</strong>steilnehmernoch eine Weile beschäftigen und auch im Unterricht zu besprechensein. Und für das Projekt „Flucht und Vertreibung“ stellte die <strong>Exkursion</strong>nun auch einmal einen anderen Blickwinkel zur 2013 weiter zu erforschenden Problematik in denVordergrund – denn Ursachen und Folgen historischer Ereignisse kommt gerade bei diesemThema eine bedeutende Rolle zu. M. Wohlgemuth

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