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Die heisse Leseprobe - EditionVOLLREIF by Marianne Weissberg

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<strong>Die</strong> <strong>heisse</strong> <strong>Leseprobe</strong>Winifred„Haallo Delia hier, Winifred! Arthur sagt, es wäre seinschönstes Willkomm, wenn ihn dein legendärer Hackbratenempfangen würde…!“ Erwartungsvolles Schweigen.Winnie stöhnt. Wenn ihre Schwester Delia sie Winifredstatt Winnie nennt, folgt unweigerlich eine Anordnung alszuckersüsse Bitte getarnt. Und „dein legendärerHackbraten!“ hiess: Einkaufen, alles nur vom Feinsten,beim Metzger, beim Bäcker, dem Gemüsehändler, demEiermann, dann heimschleppen, anschliessendZwiebelberge hacken, bis die Augen tränen, Brötcheneinweichen und pürieren, Eier aufschlagen und trennen,Petersilie ganz fein wiegen, pikant würzen, exaktes Formendes Fleischklosses. Zuletzt, wenn man lieber auf die Couchsinken würde, um sich zu erholen, Ueberwachung desFleischmonsters im Ofen. Wozu tiefe Blicke in den Ofengehören, so dass der Bratendampf ihr jedes Mal die Brillebeschlägt und sie halbblind durch die Küche tappt undwomöglich über irgend etwas stolpert, dass sie im Stress aufden Boden fallen liess. Kurz, Küchenplackerei, samt blauerFlecken, worauf sie absolut keine Lust mehr hat! Winniewill Zeit gewinnen, um eine Absage an Delia, deren Gatteheute nach einer kleinen Operation - garantiert dievertrocknete Prostata - aus der feinen Privatklinik entlassenwird, zu formulieren. „Momentchen liebe Delia“. Winniesschwitzende Hand presst den Hörer ans Decolleté, sie gerätin Hektik, eine Hitzewelle kriecht unaufhaltsam heiss undkribbelnd Richtung Kehle. Verdammt, nicht schon wieder!Sie schnappt nach Luft, wedelte sich mit der neuestenAusgabe der „Edlen“ Luft zu: „Also, ich bin…“„…einverstanden“, bendet Delia. „Perfekt, wir erwartendich und den Braten punkt zwölf Uhr. Arthur hat bestimmtRiesenhunger nach dem Klinikfrass. Obwohl man dürfte jaanderes erwarten in dieser teuren Privatklinik.“ Sie schnieftund hängt ein. Winnie legt ihrerseits das Telefon extrasanftauf. Dabei hätte sie das Ding gerne an die Schrankwandgedonnert. Bestimmt buttert Delia ihre Kundinnnen, alleskaufkräftige Damen fünfundvierzig plus, genauso unter wievorhin sie, die jüngere Schwester. Während Winnie sichüber ihre Feigheit ärgert, sieht sie sich im beige möbliertenSchlafzimmer um. Da an der Schrankwand: Fingerspuren!Garantiert von Benno. Winnie runzelt die Stirne. Ihr Mann,Chefeinkäufer in einem grossen Möbelhaus leidet angeblichan Rückenbeschwerden und stützt sich im Haus gerneschwerschnaufend auf die Möbel. Seine angegriffeneGesundheit – Winnie hält ihn insgeheim für einenHypochonder. „Wir vom Kader balancieren aufSchleudersitzen, Winnie, in der Firma dürfen Blessurenkein Thema sein“, hat Benno kürzlich erklärt. Zuhausejedoch sind seine Wehwechen Dauerthema, da hält er sichdiesbezüglich nicht zurück, surft in seinem Computer-Studio stundenlang im Internet, bestimmt nach schlimmenDiagnosen, träumt wohl auch im Schlaf von Bandscheibenund Co. und wirft sich deshalb nachts im Bett stöhnend hinund her. Was Winnie, die seit einigen Monaten einenfederleichten Schlaf hat, neben ihrem Mann in stiller Wuthellwach vor sich hin brüten lässt. Aber natürlich jammertsie nicht. Benno würde ihr auch nicht zuhören. Oder garInteresse an ihrem Befinden äussern, zuhause geht seinOutput seit längerer Zeit über ein „Hmm, hmm“, dasübliche „bis heute Abend“ und „bin wieder da!“, nichthinaus.Winnie seufzt, Benno hätte es natürlich nicht verstanden,wenn sie vorhin ihrer Schwester und Schnösel-SchwagerArtie den ersehnten Hackbraten verweigert hätte.Grundlos, nur weil sie sich seit einigen Monaten so seltsamschlapp fühlt. Und Delia hätte bei einer Absage ein „wiekann man nur so antriebsschwach sein wie du, Winifred!“nachgeschoben. Dann hätte sie sich prompt tagelangschuldig gefühlt. Entschlossen reibt sie jetzt dieSchmuddelspuren an der Schranktüre weg. Etwas zu heftig.„Wieso immer ich?“, ärgert sie sich beim Polieren. „Wiesoräume und putze ich allen alles aus dem Weg?“ IhremEhemann an erster Stelle, der für den erwünscht gepflegtenHaushalt seit neuestem eine vierzehntägliche Putzhilfe, dieuralte Frau Fendiala aus seiner Firma, abkommandiert hat.Dafür muss sie, die unperfekte Hausherrin, ihm natürlichgebührend dankbar sein. Winnie graust es insgeheim vorden Putztagen, denn da muss sie vorher sauber machen,man will ja in der Firma nicht als Schlampe verpetztwerden. Ihrem Sohn Tim steht sie auch zu <strong>Die</strong>nsten. Er ist,gemäss eigener Aussage, ein „absolut pflegeleichtesExemplar“, das obwohl längst ausgeflogen, samstags gerneseine Schmutzwäsche bringt, dann auf dem Sofa dösendsein Lieblings-Menu erwartet, beim Schlemmen – dennnatürlich kocht sie für ihn besonders gut - für eingehaltvolles Mutter-Sohn-Gespräch keine Zeit hat. Sonderngleich nach dem Dessert - hausgemachter1


Schokoladenpudding mit selbst eingekochtemHimbeersirup - mit einem coolen „Ma, see you“verschwindet. Ohne das liebevoll verpackte Restepäckchenmitzunehmen, notabene. Das räumt sie dann seufzend inden Kühlschrank, nach fünf Minuten wieder hervor, undisst alles schliesslich selber auf. Kein Wunder, dass alleHosen zwicken. Und die schicke Lederjacke vom letztenHerbst nicht mehr zugeht.Winnie dreht sich schnell um, um im Spiegel derSchleiflack-Schrankwand die neue, kleine Wölbung ihresBauches zu überprüfen, erschrickt fürchterlich - einefremde Person starrt sie an! Eine Frau, deren blondgraueLocken sich feucht über der Stirn ringeln und schlaff überden Ohren herunterhängen. <strong>Die</strong> Frau trägt einen blassrosaMorgenrock und an den Füssen weisse Söckchen in rosaPantoffeln. <strong>Die</strong> Rosarote steht etwas vornübergebeugt –wie der schiefe Turm von Pisa. Winnie ist fassungslos .Hilfe, die Frau im Spiegel ist ja sie selbst!2

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