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130410 OLG Düsseldorf Verg 50-12

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<strong>OLG</strong> <strong>Düsseldorf</strong>, Beschluss vom 10. April 2013 - <strong>Verg</strong> <strong>50</strong>/<strong>12</strong>1. Die Eindeutigkeit und Vollständigkeit der Leistungsbeschreibung ist ein derunbeschränkten Kontrolle der <strong>Verg</strong>abenachprüfungsinstanzen unterliegenderunbestimmter Rechtsbegriff. Das heißt, dass lediglich subjektive Vorstellungender Bieter von Inhalt und Umfang der Eindeutigkeit und Vollständigkeit nichtmaßgebend sind.*)2. Der öffentliche Auftraggeber hat in der Leistungsbeschreibung diejenigen Datenund Fakten bekanntzugeben, über die er liquide verfügt oder die er sich -gemessen an den Grundsätzen der Zumutbarkeit - mit der Ausschreibungadäquaten Mitteln, in der für das <strong>Verg</strong>abeverfahren zur Verfügung stehendenvergleichsweise kurzen Zeit und mit den dafür in der Regel nur begrenztverfügbaren administrativen Ressourcen beschaffen kann.*)3. Der Grundsatz, dass die Angebote vergleichbar sein müssen, bezieht sich aufden Inhalt der Angebote sowie darauf, dass die Angebote zu demselben undklar definierten Leistungsgegenstand abgegeben worden sind. Dass die Angeboteund die Preise mit Rücksicht auf die zu erwartenden Leistungsmengen(Mehrungen oder Minderungen) verschieden hohe Risikozuschläge beinhaltenkönnen, macht sie nicht unvergleichbar.*)4. Bei zu erwartenden Mengenschwankungen besteht kein Anspruch darauf, dassder Auftraggeber Mengenrisiken zu seinen Lasten übernimmt oder Bieterinteressenin der Weise bedient, indem er eine Methode vorgibt, nach der dieAngebotspreise möglichst risikolos kalkuliert werden können.*)5. Zur Vereinbarkeit von kommunalen Erfassungssystemen mit solchen sog.Systembetreiber nach § 6 VerpackV.*)


- 2 -<strong>OLG</strong> <strong>Düsseldorf</strong>, Beschluss vom 10. April 2013 - <strong>Verg</strong> <strong>50</strong>/<strong>12</strong>In dem <strong>Verg</strong>abenachprüfungsverfahren(...)hat der <strong>Verg</strong>abesenat des Oberlandesgerichts <strong>Düsseldorf</strong> auf die mündlicheVerhandlung vom 13. Februar 2013 durch den Vorsitzenden Richter am OberlandesgerichtDicks, die Richterin am Oberlandesgericht Brackmann und die Richterin amOberlandesgericht Barbian beschlossen:Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der <strong>Verg</strong>abekammerbei der Bezirksregierung <strong>Düsseldorf</strong> vom 15. November 20<strong>12</strong> (VK-20/20<strong>12</strong>-L)wird zurückgewiesen.Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich des Verfahrens nach § 118Abs. 1 Satz 3 GWB werden der Antragstellerin auferlegt.Streitwert für das Beschwerdeverfahren: bis X EuroGründe:I.Durch unionsweite Bekanntmachung vom Mai 20<strong>12</strong> schrieb die Antragsgegnerin fürdie Dauer von drei Jahren und neun Monaten in mehreren Teillosen Entsorgungsleistungenin ihrem Stadtgebiet aus. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist Los1 (im Wesentlichen Sammlung und Transport von Restmüll, Biomüll, Altpapier [PPK],Sperrmüll, Elektronik-Schrott und Weihnachtsbäumen). Zuschlagskriterium soll derniedrigste Preis sein.Mit Schreiben vom 29.5.20<strong>12</strong> - noch während die Frist zur Angebotsabgabe lief -erhob die Antragstellerin umfangreiche Rügen gegen die Ausschreibung, die vorallem der Bestimmtheit der Leistungsbeschreibung galten. Die Antragsgegnerin wiesdie Rügen mit Schreiben vom 6.6.20<strong>12</strong> zurück, und am 21.6.20<strong>12</strong> brachte dieAntragstellerin bei der <strong>Verg</strong>abekammer bei der Bezirksregierung <strong>Düsseldorf</strong> einenNachprüfungsantrag an.


- 3 -Im Nachprüfungsverfahren vor der <strong>Verg</strong>abekammer vertiefte die Antragstellerin diegegen die Eindeutigkeit und Vollständigkeit der Leistungsbeschreibung gerichtetenBeanstandungen. Sie zweifelte Mengenangaben der Antragsgegnerin an. Zudemwandte sie sich gegen Bietern bei der Kalkulation mehrfach auferlegte ungewöhnlicheund nicht ausgleichsfähige Wagnisse. Auch seien verschiedene Vertragsbedingungenunzumutbar. Die Antragstellerin wollte eine Angabe verbindlicherMengenspannbreiten oder von Mindest- oder Höchstmengen bei den Abfallfraktionen,mindestens eine solche von Staffelmengen bei den einzelnen Entsorgungsfraktionenerreichen.Die Antragsgegnerin trat dem Nachprüfungsantrag entgegen.Die <strong>Verg</strong>abekammer <strong>Düsseldorf</strong> lehnte den Antrag durch Beschluss vom 15.11.20<strong>12</strong>(VK-20/201) ab. Auf die Gründe der Entscheidung wird verwiesen.Dagegen hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde erhoben. Sie wiederholt undergänzt ihren bisherigen Vortrag.Die Antragstellerin beantragt,den angefochtenen Beschluss aufzuheben, soweit er das Los 1 der Ausschreibungbetrifft,und der Antragsgegnerin aufzugeben, die Ausschreibungsunterlagen im <strong>Verg</strong>abeverfahren"Entsorgungsdienstleistungen für die Stadt Monheim am Rhein" hinsichtlichLos 1 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats abzuändern und das <strong>Verg</strong>abeverfahreninsoweit in den Stand vor Angebotsabgabe zurückzuversetzen.Die Antragsgegnerin beantragt,die Beschwerde zurückzuweisen.Sie verteidigt die Entscheidung der <strong>Verg</strong>abekammer.Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst


- 4 -den Anlagen sowie auf die Verfahrensakten der <strong>Verg</strong>abekammer und die beigezogenen<strong>Verg</strong>abeakten Bezug genommen.II.Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Die <strong>Verg</strong>abekammer hat den Nachprüfungsantragmit Recht als unbegründet angesehen.1. Der Nachprüfungsantrag ist allerdings zulässig. Mit zutreffenden Gründen hat die<strong>Verg</strong>abekammer die Antragsbefugnis der Antragstellerin und die Beachtung derRügeobliegenheit bejaht. Auf die Entscheidungsgründe wird insoweit verwiesen(VKB 17 bis 20). Im Beschwerderechtszug ist dies auch von der Antragsgegnerinnicht thematisiert worden.2. Der Antrag ist jedoch unbegründet. Da es der Antragstellerin um Verstöße gegendas Gebot der Eindeutigkeit und Vollständigkeit (Bestimmtheit) der Leistungsbeschreibunggeht, sollen die dabei zu beachtenden Grundsätze mit Bezug auf denStreitfall vorweg kurz zusammengefasst werden:Nach § 8 Abs. 1 VOL/A-EG ist die Leistung vom öffentlichen Auftraggeber eindeutigund erschöpfend zu beschreiben, so dass alle Bewerber die Beschreibung imgleichen Sinn verstehen müssen und miteinander vergleichbare Angebote zu erwartensind (Leistungsbeschreibung). Die Eindeutigkeit und Vollständigkeit derLeistungsbeschreibung ist ein der unbeschränkten Kontrolle der <strong>Verg</strong>abenachprüfungsinstanzenunterliegender unbestimmter Rechtsbegriff. Das heißt, dasslediglich subjektive Vorstellungen der Bieter von Inhalt und Umfang der Eindeutigkeitund Vollständigkeit nicht maßgebend sind. Der öffentliche Auftraggeber hat in derLeistungsbeschreibung diejenigen Daten und Fakten bekanntzugeben, über die erliquide verfügt oder die er sich - gemessen an den Grundsätzen der Zumutbarkeit(vgl. <strong>OLG</strong> <strong>Düsseldorf</strong>, Beschl. v. 2.<strong>12</strong>.2009 - VII-<strong>Verg</strong> 39/09 m.w.N.) - mit derAusschreibung adäquaten Mitteln, in der für das <strong>Verg</strong>abeverfahren zur Verfügungstehenden vergleichsweise kurzen Zeit und mit den dafür in der Regel nur begrenztverfügbaren administrativen Ressourcen beschaffen kann.Gibt der Auftraggeber - so im Streitfall in der Leistungsbeschreibung (insbesondereunter 3.1.8 sowie in den Preisblättern 1 bis 7 zu Los 1, dieses mit Ausnahme derBehälterbestandspflege bei Restmüll-, Biomüll- und Altpapierbehältern [Preisblatt 1],Sammlung von Elektronik-Schrott [Preisblatt 6] und Sammlung von Weihnachtsbäu-


- 5 -men [Preisblatt 7] - bei den geforderten Leistungen bestimmte Mengen an, sind diesefür ihn selbst und für die Kalkulation der Bieter bindend. Der Auftraggeber hat dieRichtigkeit der Angaben zu verantworten. Bei erheblichen Mengenmehrungen oder -minderungen sind ungeachtet § 2 Nr. 1 und 3 VOL/B (worauf in § 1 des Vertragsentwurfszu Los 1 Bezug genommen wird) nach § 313 Abs. 1 BGB wegen Störung derGeschäftsgrundlage namentlich zu Gunsten des Auftragnehmers die Preise anzupassen.Nichts anderes sieht § <strong>12</strong> Abs. 6 Vertragsentwurf zu Los 1 im vorliegendenFall vor (Anpassung der Entgelte bei einer Änderung der Abfallmengen pro Jahr undFraktion, nicht hingegen erst bei der Gesamtmenge des Loses). Der Vertragsentwurflässt eine Preisanpassung nicht nur fakultativ zu (so der Wortlaut: "möglich"),sondern gewährt den Vertragsbeteiligten gemäß der Rechtsprechung zu § 313 BGBnach Maßgabe der in § <strong>12</strong> Abs. 6 Vertragsentwurf angegebenen Parameter einenAnspruch auf Anpassung (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, § 313 BGB Rn. 41 m.w.N.).Sofern Bieter Mengenangaben des Auftraggebers für unzutreffend ermittelt haltenoder dafür halten können, kann dies unter Wahrung der Rügeobliegenheit nach §107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 3 GWB im <strong>Verg</strong>abeverfahren beanstandet werden. Auferkannte oder erkennbare Fehler bei Mengenangaben in der Leistungsbeschreibungist auch sonst hinzuweisen. Dazu müssen Bieter jedoch mindestens tatsächlicheAnhaltspunkte für eine Unrichtigkeit von Mengenangaben haben. Es müssen objektiveAnhaltspunkte zu Zweifeln Anlass geben (vgl. BGH, Beschl. v. 26.9.2006 - X ZB14/06, Rn. 39). Ohne einen solche tatsächliche Zweifel stützenden Vortrag kann derAntragsteller im Nachprüfungsverfahren nicht mit Erfolg verlangen, dass der öffentlicheAuftraggeber Mengenangaben erläutert und insbesondere die Grundlagensowie die Herkunft der von ihm vorgenommenen Angaben benennt. Um dies vorwegzu nehmen: Im Streitfall hat die Antragstellerin keine tatsächlichen Anhaltspunktenamhaft gemacht, die ihr gestatten, die Mengenangaben der Antragsgegnerin zubestreiten.Das Verbot eines ungewöhnlichen Wagnisses besteht im Anwendungsbereich derVOL/A-EG nicht mehr (vgl. <strong>OLG</strong> <strong>Düsseldorf</strong>, Beschl. v. 19.10.2011 - VII-<strong>Verg</strong> 54/11und v. 28.3.20<strong>12</strong> - VII- <strong>Verg</strong> 90/11 m.w.N.; <strong>OLG</strong> Koblenz, Beschl. v. 28.11.20<strong>12</strong> - 1<strong>Verg</strong> 6/<strong>12</strong>). Trotzdem kann insoweit ein Wechselbezug zur Bestimmtheit derLeistungsbeschreibung bestehen. Denn sofern den Bietern Risiken (vor allem bei derPreiskalkulation) aufgebürdet werden, kann dies auch auf Unbestimmtheiten derLeistungsbeschreibung beruhen.Allein deswegen, weil an Mengenangaben in der Leistungsbeschreibung Risikozuschlägeanzubringen sind und diese von Angebot zu Angebot unterschiedlich ausfal-


- 6 -len können, ist eine <strong>Verg</strong>leichbarkeit der Angebote entgegen der Annahme derBeschwerde nicht zu verneinen. Der Grundsatz, dass die Angebote vergleichbar seinmüssen, bezieht sich auf den Inhalt der Angebote sowie darauf, dass die Angebotezu demselben und klar definierten Leistungsgegenstand abgegeben worden sind.Dass die Angebote und die Preise mit Rücksicht auf die zu erwartenden Leistungsmengen(Mehrungen oder Minderungen) verschieden hohe Risikozuschlägebeinhalten können, macht sie nicht unvergleichbar - auch dann nicht, wenn bei derZuschlagswertung, wie hier, auf den niedrigsten Preis abgestellt werden soll.3. An diesem Verständnis gemessen sind die Beschwerdeangriffe ungerechtfertigt.Sie geben keine Veranlassung, die abgewogen begründete Entscheidung der<strong>Verg</strong>abekammer zu ändern. In der Reihenfolge der Angriffe:a) Die Leistungsbeschreibung nimmt auf leistungsrelevante Änderungen der Abfallentsorgungssatzungder Antragsgegnerin bei Beginn der Leistung Bezug (Leistungsbeschreibungunter 3.1.2). Deswegen und insoweit ist die Leistungsbeschreibungaber nicht unbestimmt. Die Änderungen sind in die Leistungsbeschreibung eingearbeitetworden. Davon hat die Antragstellerin auch ausgehen können. Die geänderteSatzung ist am 1.6.20<strong>12</strong> in Kraft getreten. Die von den kommunalen Gremiengutgeheißenen Änderungen haben in den Ausschreibungsunterlagen berücksichtigtwerden können. Sie sind auch berücksichtigt worden.b) Die Leistungsbeschreibung ist mit Blick auf Abfallmengen sowie Anzahl undGröße von Sammelbehältern nicht unbestimmt. Die Antragsgegnerin hat in den<strong>Verg</strong>abeunterlagen in Bezug auf Abfallmengen sowie Art und Umfang der anzubietendenEntsorgungsleistungen hinreichend bestimmte Angaben gemacht:- In der Leistungsbeschreibung unter 3.1.8 zu den einzelnen Abfallfraktionen, dortauch zu Mengenbandbreiten und zu den dem Angebot zugrunde zu legendenMengen,- in Anlage D der Ausschreibungsunterlagen, dort insbesondere noch einmal zu denAbfallmengen, aufgeteilt auf die verschiedenen Fraktionen in den Jahren 2009 bis2011 sowie zur Anzahl der Sammelbehälter für Restmüll, Biomüll und Altpapier undderen Fassungsvermögen (Stand Ende 2011),- in den Preisblättern zu Los 1:Preisblatt 1: zur Anzahl von Behälteränderungen,


- 7 -Preisblatt 2: zu Intervallen und Anzahl von Leerungen bei Restmüllbehältern,Preisblatt 3 zum Transport von Restmüll: beim Angebotspreis anzusetzendeTonnage pro Jahr,Preisblatt 4 zu Sammlung und Transport von Biomüll: Zahl der Leerungen proBehältergröße und Transportgewicht,Preisblatt 5: dasselbe bei Altpapier,Preisblatt 6: Tonnage bei Sperrmüll und Anzahl der Sammlungen bei Sperrmüll undElektro-Schrott;- in einer Bieterinformation vom 6.6.20<strong>12</strong> (so auch die Antragstellerin GA 66):nochmals zu Elektro-Schrott-Mengen (<strong>50</strong> bis 1<strong>50</strong> t/a im sog. Berliner Viertel, 40 bis<strong>50</strong> t/a im übrigen Stadtgebiet).Die Antragstellerin begehrt zu Unrecht eine Festlegung auf Mindest- oder Höchstmengen.Genaue Mengen kennt die Antragsgegnerin insoweit selbst nicht. BeiElektronik-Schrott sind die anfallenden Mengen in der <strong>Verg</strong>angenheit zum Beispielgar nicht verwogen worden (so unangegriffen VKB 21). Zudem variieren die Abfallmengen- dies zeigen die von ihr bekannt gegebenen Jahresübersichten - ummindestens plus oder minus zehn Prozent pro Jahr. Bei einer solchen Sachlagemuss sich der Auftraggeber in den <strong>Verg</strong>abeunterlagen zu Gunsten der Bieter nichtauf bestimmte Höchst- oder Mindestmengen festlegen, erst recht nicht, wenn derabzuschließende Vertrag - wie hier - für den Fall von Mengenabweichungen einenzureichenden Preisänderungsvorbehalt aufweist. Der öffentliche Auftraggeber mussbestehende Mengenrisiken, namentlich auf dem Entsorgungssektor, nicht zu seinenLasten übernehmen. Eine dahingehende Festlegung ist dem Auftraggeber nichtzuzumuten, genauso wenig weitere, zeitraubende und kostenaufwändige sachverständigeUntersuchungen mit dem Ziel, eine solche Festlegung zu ermöglichen.Davon abgesehen kann als sicher gelten, dass weitere Untersuchungen hinsichtlichder voraussichtlichen Abfallmengen praktisch zu keiner größeren Klarheit führenkönnen, als durch die Bekanntgabe der Entsorgungsmengen aus vergangenenJahren, wie hier, bereits hergestellt worden ist.Ebenso wenig kann die Antragstellerin bei den Abfallfraktionen eine Angabe vonStaffelmengen verlangen - mit der Möglichkeit, Staffelpreise nach gegebenenfalls


- 8 -tatsächlichen Entsorgungsmengen anzubieten. Gegen eine solche Vorgabe wärevergaberechtlich zwar nichts einzuwenden. Doch besteht kein Anspruch darauf, dassder Auftraggeber Bieterinteressen bei Ausschreibungen in der Weise bedient, indemer - sofern, wie auf dem Entsorgungssektor, bei den Mengen nicht unerheblicheSchwankungen zu erwarten und genaue Festlegungen nicht möglich oder nichtzumutbar sind - eine Methode vorgibt, nach der die Angebotspreise möglichstrisikolos kalkuliert werden können. Unabhängig davon, ob in der Variante, Staffelpreiseabzufragen, eine derartige Möglichkeit zu sehen ist (zumal Tatsachen- undRechtsprobleme dadurch zunächst einmal nur in die Phase der Angebotswertungverlagert werden), ist der Auftraggeber zu einer Minimierung der Kalkulationsrisikennur verpflichtet, wenn die anderenfalls bei Bietern verbleibenden Risiken von diesennicht mehr zumutbar zu tragen sind, m.a.W. diese von ihnen nicht durch Marktkenntnisseund -erfahrungen jedenfalls so weit ausgeglichen werden können, dass einekaufmännisch vernünftige Kalkulation möglich ist.Diese Grenze ist im Streitfall nicht überschritten. Die Antragsgegnerin hat von Bieternnicht verlangt, faktisch unbegrenzte Mengenschwankungen in die Preise einzukalkulieren.Die Antragstellerin verfügt als, wie außer Streit steht, regional tätiges Entsorgungsunternehmenüber langjährige technische und kaufmännische Erfahrungen inder kommunalen Entsorgungswirtschaft. Bis Ende des Jahres 2008 hat sie auch fürdie Antragsgegnerin Entsorgungsleistungen erbracht. Bei diesem Befund sprichtnichts dagegen, dass sie den der Ausschreibung immanenten Ungenauigkeitendurch zumutbare Risikozuschläge auf die Preise Rechnung tragen kann. Ergänzendist auf die Preisanpassungsklausel in § <strong>12</strong> Abs. 6 des Vertragsentwurfs zu verweisen.Nach § 10 Abs. 2 Vertragsentwurf sollen die Preise nach tatsächlich erbrachtenLeistungen abgerechnet werden.c) In Bezug auf das von der Antragsgegnerin bei der Rest- und Biomüllentsorgungunterhaltene Behälteridentifikations- und Verwiegesystem ist die Leistungsbeschreibungunter 3.2.2 eindeutig. Der Auftragnehmer soll kurz zusammengefasst sicherstellen,dass Sammelfahrzeuge funktionssicher mit einem kompatiblen Erfassungssystemausgestattet sind, und bei Funktionsausfällen Schäden (insbesondere Gebührenausfälle)der Antragsgegnerin ersetzen (in Verbindung mit § 7 Vertragsentwurf).Die Übernahme darin liegender Risiken obliegt naturgemäß dem Auftragnehmer.Die Bereitstellung einer funktionierenden Behälteridentifikations- undVerwiegetechnik (praktisch als Gegenstück zu dem von der Antragsgegnerin bei denBehältern bereits errichteten System) liegt in seiner Verantwortungssphäre. MöglicheSchäden lassen sich anhand der Abfallgebührensatzung ermitteln.


- 9 -d) Die Antragstellerin stellt die in den <strong>Verg</strong>abeunterlagen (Leistungsbeschreibungunter 3.2.5) angegebene Zahl von 6.000 Anforderungen (Anfallstellen) pro Jahr beiSperrmüll und Elektronik-Schrott grundlos in Abrede. Sie hat insoweit keine tatsächlichenAnhaltspunkte dafür vorgetragen, weshalb diese Kalkulationsvorgabe unzutreffendsein soll. Das diesbezügliche Vorbringen der Antragstellerin ist prozessualunbeachtlich (vgl. BGH, Beschl. v. 26.9.2006 - X ZB 14/06).e) Zu Unrecht bemängelt die Antragstellerin ebenfalls Unklarheiten, soweit nach den<strong>Verg</strong>abeunterlagen während der Vertragslaufzeit Erfassungsdaten registriert und andie Antragsgegnerin weitergeleitet werden sollen. Die zu erfassenden und weiterzuleitendenDaten sind in den <strong>Verg</strong>abeunterlagen zureichend angegeben worden (u.a.in der Leistungsbeschreibung unter 3.1.7, 3.2.2, 3.2.3, 3.2.5 sowie im Vertragsentwurf,§ 3 Abs. 6 und 7, § 8 Abs. 2). Die Kosten lassen sich kalkulieren. Die Antragstellerinhat die <strong>Verg</strong>abeunterlagen insoweit nicht ausreichend studiert.f) Die Bestimmung in § 5 Abs. 4 Vertragsentwurf, wonach die Antragsgegnerinberechtigt sein soll, Schadensersatzansprüche wegen Schlechtleistung anzubringenund mit dem Entgelt zu verrechnen, ist vertragsrechtlich klar. Im <strong>Verg</strong>abeverfahrenergeben sich daraus keine für die Preiskalkulation relevanten Unklarheiten.g) Die Bestimmungen zur Schnittstelle mit Systembetreibern nach § 6 Abs. 3, Abs. 5Verpackungsverordnung (VerpackV) in der Leistungsbeschreibung unter 3.2.3 sowiein § 9 des Vertragsentwurfs weisen für die Kalkulation weder unzumutbare Unklarheitennoch rechtlich unzulässige Regelungen auf. Die Schnittstellenproblematik trittim Anwendungsbereich des § 6 VerpackV beim Zusammentreffen von Verkaufsverpackungsabfällen(aus Kunststoffen, Verbundstoffen, Metall oder PPK) mit stoffgleichenNicht-Verpackungen auf (z.B. Altpapier, Kunststoff, Metall). Die Verpackungsverordnungverpflichtet die unmittelbar Beteiligten, mithin die öffentlichrechtlichenEntsorgungsträger (dies sind nach § 5 Abs. 6 LAbfG NRW bei der Sammlungvon Abfällen in Nordrhein-Westfalen auch die kreisangehörigen Gemeinden, sodie Antragsgegnerin) und die Betreiber flächendeckender Sammelsysteme im Sinndes § 6 Abs. 3, Abs. 5 VerpackV, die jeweiligen Sammelsysteme (und zwarbestehende öffentlich-rechtliche Einrichtungen zur Abfallsammlung der hier ausgeschriebenenArt und das Sammelsystem des Systembetreibers) im Wege individuellerEinigungsprozesse aufeinander abzustimmen, ohne dabei gegen Gebote des<strong>Verg</strong>aberechts zu verstoßen (§ 6 Abs. 4 VerpackV; vgl. dazu auch VGH BW, Urt. v.24.7.20<strong>12</strong> - 10 S 2554/10). Durch Abstimmung kann der Entsorgungsträger demSystembetreiber insbesondere eine Mitbenutzung seiner Einrichtungen gegenZahlung eines angemessenen Entgelts gestatten (§ 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV).


- 11 -<strong>OLG</strong> Koblenz die Ausschreibung dadurch auf die nicht seiner <strong>Verg</strong>abehoheit unterstellteErfassung von PPK-Verkaufsverpackungen erstreckt zu haben. Im Streitfallverhält es sich jedoch anders. Der Auftragnehmer soll für den Fall einer Entsorgungvon PPK-Verkaufsverpackungen durch die <strong>Verg</strong>abebedingungen zu keinerleiZahlungen an den Auftraggeber verpflichtet werden. Dies unterscheidet die Fallgestaltungenund gebietet keine Vorlage der Sache an den Bundesgerichtshof.Die Kostentscheidung beruht auf §§ 78, <strong>12</strong>0 Abs. 2 GWB.Der Streitwertfestsetzung nach § <strong>50</strong> Abs. 2 GKG sind die Angebotspreise derAntragstellerin zu Los 1 (zuzüglich Umsatzsteuer) zugrunde gelegt worden.Entscheidung versenden

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