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Biberister Dorfzytig - Schlösschen Vorder-Bleichenberg

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Leitartikel der BIBERISTER DORF-ZYTIGSchlössli Bijou im <strong>Bleichenberg</strong>.2. September 2008 | Von admin | Kategorie: AllgemeinHochzeiten, Geburtstagsfeste, Lesungen: Im lieblichen <strong>Schlösschen</strong> wird alles zu einembesonderen Erlebnis. Anmutig zeigt sich seit der umfassenden Sanierung im letzten Jahr auchdie Aussenhülle. Dank der neuen Heizung und der Dachisolation ist ein Ganzjahresbetriebmöglich.Von Agnes PortmannEs ist ein lauschiger Sommerabend. Hieronymus von Roll sitzt mit seiner Gemahlin Esthervon Offenburg sowie seinem Sohn Johannes II. samt Ehefrau Helena Schwaller imwunderschönen Garten des eben fertig gewordenen Sommerhauses auf dem <strong>Bleichenberg</strong>.Der Eingang auf der Nordseite trägt die Jahrzahl 1609. Der Traum von Hieronymus undseinem Sohn hat sich erfüllt. Sie sind nun stolze Inhaber eines Stammsitzes für sich und ihreNachkommen. Dies nebst dem von den Spiegelberg geerbten Patrizierhaus bei St. Ursen inSolothurn. Zufrieden treffen sich die Blicke von Vater und Sohn. Sie wussten genau, wo essich lohnt, den Landsitz zu bauen. Das saftige Grün der Matten und die duftenden Kornfelderlassen den im Glas perlenden Wein aus den Solothurner Rebbergen noch besser munden.Der phänomenale Sonnenuntergang rundet die paradiesische Atmosphäre ab.Zauberhafte Ambiance noch heuteIm 17. Jahrhundert ein kleiner von Roll zu sein, hätte sich in der Tat gelohnt. Aber, haben Siees selber auch schon erlebt? 400 Jahre nach Hieronymus von Roll ist es immer noch genauso bezaubernd, bei Open-Air-Musik im Schlössli-Garten zu sitzen. Oder von den blankenSpiegeltischen in den unteren Räumen Apérohäppchen zunaschen und dazu mit lieben Freunden anzustossen. Würdevoll und bezaubernd fühlt essich an, im repräsentativen Theatersaal einer Lesung, einem Vortrag oder lieblicher Musik zulauschen. Dabei scheint selbst der strenge Blick des Griechen Herakles immer sanfter zuwerden. Nicht zu vergessen sind die wechselnden Ausstellungen in allen Variationen derKunst, bei welchen die schönen Räume und Decken mit den Kunstgegenständen zu einerEinheit verschmelzen. Bestimmt ausserordentlich freute sich Hieronymus von Roll, seinesZeichens Humanist, könnte er miterleben, dass ausgerechnet in seinem Stammsitz neuerlichzivile Trauungen stattfinden.Das <strong>Schlösschen</strong> als PartyhausJohann Ludwig von Roll (1643 –1718), Urenkel von Hieronymus, liess das Landhaus nachdem Vorbild der französischen Manoirs zum Türmlihaus umbauen. Aus dieser Zeit stammenauch die Schlosskapelle und der repräsentative Theatersaal. Wie aber muss man sich dasgesellschaftliche Leben der von Roll im 18. Jahrhundert vorstellen? Peter Stuber,Vizepräsident des Vereins der Freunde, hat sich auf die Suche gemacht und wurde fündigmit den Memoiren von Casanova, der sich 1760 in Solothurn aufhielt. Ihm hatte es nämlichdie schöne Maria AnnaLudovika von Roll angetan. Erfolglos, wie sich herausstellen sollte. Peter Stuber erzählt: «EinSommerhaus bedeutete damals kein eigentliches Wohnhaus, sondern ein Partyhaus. DieHerrschaften luden während der Sommermonate Gäste ein, die dann auch für eine gewisseZeit hier wohnten. Das Gebäude konnte nur mit Cheminées geheizt werden.» Die«glänzende Gesellschaft» habe zu ebensolchen Bällen eingeladen und auch Theatergespielt. Zum Zeitvertreib habe man dem «l’Hombre», auch «Lomber», gefrönt, einemKartenspiel für drei Personen. Toiletten habe es nicht gegeben. Ein Stuhl mit Topf sei dortaufgestellt und mit einem Paravent abgedeckt worden, wo man ihn benötigt habe. Zuerfahren von Peter Stuber ist, dass die bessere Gesellschaft damals schon Schokolade trankund «Gefrorenes» ass.Untergang…Gut zweihundert Jahre genossen die von Roll ihr Sommerhaus auf dem <strong>Bleichenberg</strong>. 1816verkaufte Ludovika den Besitz an die Familie Besenval. Von 1859 bis 1902 ging er an die


ürgerlichen Besitzer Hänggi, Marti und Gisi. Der Staat Solothurn übernahm 1902 das<strong>Schlösschen</strong> mit 290 Jucharten und liess das Land von der Strafanstalt Schöngrünbewirtschaften. Im <strong>Schlösschen</strong> fanden fortan landwirtschaftliche Winterkurse statt. Späterdiente es als Behausung für die Meisterknechte und als Vorratskammer. Von der einstigenPracht des von-Roll-Sommersitzes war im Jahr 1970 nichts mehr zu spüren. Freude daranhatten einzig noch die Buben und Mädchen. Sie spielten nämlich hinter den gelagertenKartoffeln und Rüben Versteckis.…und AuferstehungWie aber kamen die <strong>Biberister</strong> in den Besitz? 1968 vermachten Erika und Fritz Moos-Fluryder Einwohnergemeinde Biberist 200 000 Franken und ihre bedeutende Gemäldesammlung.Bedingung war, diese nach ihrem Tod geschlossen der Öffentlichkeit zu zeigen. Zwei<strong>Biberister</strong> Gemeinderäte, Rudolf Klöti und René Müller, hatten die zündende Idee, das demUntergang geweihte <strong>Schlösschen</strong> dafür zu benutzen. Der Kanton schenkte 1970 dasbaufällige Gebäude der eigens gegründeten Moos-Flury-Stiftung unter dem PräsidentenAlois Zuber im Baurecht auf 200 Jahre. Die Moos-Flury-Stiftung gehört der Bestimmungnach der Einwohnergemeinde, die auch die finanziellen Verpflichtungen für Unterhalt undRenovationen wahrnimmt. Präsident ist mit Martin Blaser der jeweilige Gemeindepräsident.Damals bedeutete es die Rettung des <strong>Schlösschen</strong>s und gleichzeitig den Start zum heutigenlebendigen Kulturzentrum. Im Herbst 1971 konnte das renovierte Bijou mit dem Schlössli-Fest eingeweiht werden. Dies nach vielseitiger finanzieller Unterstützung und unzähligenFronarbeitsstunden der <strong>Biberister</strong> Bevölkerung. Die Bilder der permanenten Ausstellung derMoos-Flury-Stiftung werden zweimal jährlich ausgewechselt. 200 Werke umfasst dierepräsentative Sammlung von Schweizer Künstlern des 20. Jahrhunderts. Die Themen derKunst dieser Zeit zeigen Stilleben, Porträts, Landschaften, Figuren und Akte.Ideenreicher VereinUm das Ziel der Stiftung zu verwirklichen, dem neuerstandenen <strong>Schlösschen</strong> Lebeneinzuhauchen, wurde im Februar 1972 der Verein der Freunde des <strong>Schlösschen</strong>s <strong>Vorder</strong>-<strong>Bleichenberg</strong> gegründet. «Dadurch soll das kulturelle Leben in der Gemeinde Biberist und inder Region überhaupt befruchtet und die Ausbreitung guter Kunst gefördert werden», heisstes in einem damaligen Zeitungsbericht. Bereits das erste Protokoll des Vereins deutet mitAusstellungen, Serenaden, Lese- und Autorenabenden auf ein ansehnliches Tätigkeitsprogrammhin. Barbara Flury-Steiner ist nach Heinrich Würmli (12 Jahre) und GretyZimmermann (20 Jahre) erst die dritte Person, die das Präsidium versieht. Die flüssigenMittel beschafft sich der Verein einerseits durch Mitgliederbeiträge, Sponsoren undKollekten, andererseits mit speziellen Anlässen wie etwa durch den heuer zum fünften Malstattfindenden Bildermarkt. Aus dem Erlös der Kunstausstellungen erhält der Verein von derMoos-Flury-Stiftung fünf Prozent. Die Vereinseinnahmen ermöglichten bis anhin diverseAnschaffungen wie Klavier, Lautsprecheranlage, Flügel, Bestuhlung im Theatersaal, Apéro-Tisch.Die Türe zur KunstVier Jahre amtet nun Barbara Flury als Präsidentin des rund 750 Mitglieder zählendenVereins. «Das <strong>Schlösschen</strong> ist keine hochgestochene Galerie, sondern ein Begegnungsortfür viele Leute», sagte sie bei ihrer Wahl. Möglichst vielen, vor allem auch jungen Leuten dieTüren zur Kunst und dem <strong>Schlösschen</strong> zu öffnen, ist denn auch das erklärte Ziel desVereins. Ein Volltreffer mit jungem Publikum gelang mit der Kulturnacht und derPreisverleihung des Anzeiger-Verbandes Ende Juni. Vielsagend und begeistert mit: «Wirfühlen uns wie Künstler», drückte sich eine Schülerin aus, die im Mai an der Ausstellung«Spuren» der Oberstufe Biberist beteiligt war. 148 Schülerinnen und Schüler wirkten mit.Seit acht Jahren stehen Museumspädagogik für Schulklassen und Familienworkshops imAngebot. 141 Kunstschaffende zogen 2006 mit ihren verschiedensten Ausdrucksformen derKunst in der Ausstellung «Zur Liebe» ein breites Publikum an. Ebenfalls die Ausstellung imJahr 2005 «Kunst im Wasseramt», in welcher die Werke der Moos-Flury-Stiftung mitKunstwerken der Wasserämter Bevölkerung in einen Dialog gebracht wurden. DerSkulpturenweg, verteilt über den <strong>Bleichenberg</strong>, faszinierte während der Renovation imvergangenen Jahr. •

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