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Ganzen Text lesen - Michael Josten

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III.Zunächst gewann die ganze Umgebung. Geflickte Weidezäune, regelmäßig abgeernteteObstbäume, Fruchtwechselwirtschaft auf den Feldern und Schafherden zur Beweidung derWiesen. Ein Biolandhof war entstanden. Mit zugehörigem Laden für den Verkauf dererzeugten Produkte und einem ökologischen Weingut obendrein. Wo vorher nur ein paarHühner um das Haus herum liefen, schnatterte nun eine große Schar Gänse und zur Freudevieler Kinder i-a-ten einige Esel durchs Tal. Auch der alte Fahrweg zum Wohnhaus, der nurnoch aus Schlaglöchern bestanden hatte, wurde fachgerecht asphaltiert. Der neuenEigentümerin und dem eingesetzten Verwalter schien das alles aber nicht recht zu genügen.Und so schepperte bald eine endlose Kolonne von Baufahrzeugen durch den Wald.Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten. Auch bedarf nicht jedes Bauvorhabenim Außenbereich einer künstlerischen Baubegleitung. Doch das Ahrweiler Tal musste einigesüber sich ergehen lassen. Eine - zurückhaltend ausgedrückt - umfangreiche Bautätigkeitsetzte ein und ließ keinen Winkel des Maibachfarmgeländes unberührt. Südlich des altenWohnhauses, in dem sich auch das Ausflugslokal befunden hatte, entstand ein garantiertarchitekturfreies Ensemble von allerlei Neubauten, das weder mit einer bestandssicherndenModernisierung des alten Aussiedlerhofs zu tun hatte noch als behutsame Erweiterung desbestehenden Betriebs bezeichnet werden konnte. Die Großbaustelle mitten im Wald führtezu völlig Neuem. Mittelpunkt des neuerdings Weingut Maibachfarm genannten Betriebswurde von jetzt an ein voluminöses Kellereigebäude (mit einem künstlichem Wasserfall zurBarrique-Klimatisierung und anderen Späßen wie einer Sauna im Weinfass).Finanziert wurde das alles durch jede Menge Spielgeld, das die mutmaßlich steinreiche neueEigentümerin ihrem Verwalter zur Verfügung gestellt hatte, der sich damit in einen wahrenKauf- und Baurausch steigerte. Kein Weinberg, keine Obstwiese und kein brachliegendesFeld der benachbarten Flur „Auf Roderschen“ war zu verschattet, um nicht irgendwann demLandhunger der Maibachfarm zu erliegen und deren Grundbesitz weiter zu vergrößern.Was der lokale Boulevard längst vermutet hatte, kam schließlich ans Licht: Auch seine kurzzuvor stolz verkündete Aufnahme in den örtlichen Heimatverein rettete den seit Ende der1990er Jahre tätigen Verwalter der Maibachfarm nicht mehr vor der Aufdeckung diverserunredlicher Machenschaften. Die Staatsanwaltschaft erhob Anklage gegen ihn. Der Prozessendete zwischenzeitlich durch sein umfassendes Geständnis. Dass er tatsächlich außerhalbseiner Vollmacht und zum Schaden seiner Auftraggeberin gehandelt hatte, steht hier nichtim Vordergrund. Manche beklagten zwar in erster Linie das spekulationsbedingte Ansteigender Grundstückspreise für Landwirtschaftsflächen. Aber jetzt, nachdem sich die Wogen desSkandals geglättet haben, sollte sich die öffentliche Aufmerksamkeit einer naheliegendenFrage zuwenden, die viel eher nach einer offenen Diskussion verlangt:Wie konnte man das alles nur genehmigen?

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