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Ein Rausch perlender Läufe - Waldhaus Konzerte Flims

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031_33_Oberlinger.qxp:Muster_ff.qxd 03.02.2011 12:29 Uhr Seite 31INTERPRETENFotos: Johannes Ritter/Sony<strong>Ein</strong> <strong>Rausch</strong><strong>perlender</strong> <strong>Läufe</strong>Sie wird oft nicht ganz ernst genommen, die Blockflöte. Doch in den Händen vonDorothee Oberlinger klingt sie einfach himmlisch schön. Norbert Hornig sprach mit derKünstlerin über ihre Leidenschaft für eines der ältesten Musikinstrumente der Welt.03/11 FONO FORUM31


031_33_Oberlinger.qxp:Muster_ff.qxd 03.02.2011 12:29 Uhr Seite 32INTERPRETENDa springt der berühmte Fun -ke über, und man hält denAtem an. Wenn DorotheeOber linger die Blockflöte an die Lippensetzt, kommt das Publikum aus demStaunen oft nicht mehr heraus. Was allesauf diesem Instrument möglich ist, wiedie Töne präzis artikuliert in die Luftfliegen, welche Farben da plötzlich aufleuchten,wie sprechend die Musik Ge -stalt annimmt, das ist schlicht faszinierend!So mancher mag an den eigenenBlockflötenunterricht zurückdenken,wie mühevoll es doch war, dem kleinenRohr aus Holz Töne zu entlocken, dieauch der Nachbar noch ertragen konnte.Wer dann eine Virtuosin wie Do rotheeOberlinger hört, wird aufgeweckt. Plötz -lich erscheint die Blockflöte wie eineDiva, das Instrument zu beherrschenwie hohe Kunst. Und alte Vorurteile lösensich auf im <strong>Rausch</strong> <strong>perlender</strong> <strong>Läufe</strong>und geschmeidig geführter Kantilenen.Immer noch ist die Blockflöte dasInstrument, mit dem sich viele Kinderin die Welt der Musik vortasten. Auchbei Dorothee Oberlinger war das so. Zu -sammen mit ihrer Mutter, einer Musik -lehrerin und Querflötistin, erlernte siedas Blockflötenspiel im Alter von fünfJahren. Sie nahm dann noch Unterrichtauf anderen Instrumenten, Cello, Kla -vier und Cembalo, sang im Kirchen chor.„Doch die Blockflöte war das Instru -ment, mit dem ich mich stärker verwachsenfühlte, auf dem ich mich ambesten ausdrücken konnte“, erklärt Do -rothee Oberlinger. „Es war keine ratio-<strong>Konzerte</strong>12.3. Schwelm, Ibach-Haus25.3. Oldenburg, Kunstverein2.4. Salzburg, Altes Mozarteum4./5.6. Kassel, Schloss Wilhelmshöhe18./19.6. Brühl, Schloss Augus tusburg25.6. Bad Arolsen, Barockfestspiele32 FONO FORUM 03/11


031_33_Oberlinger.qxp:Muster_ff.qxd 03.02.2011 12:29 Uhr Seite 33Aktuelle CDFrench Baroque – Versailles 1700-1740: Werke von Blavet, Hotteterre,Chédeville, F. Couperin, Marais u. a.; Dorothee Oberlinger, Ensemble 1700 (2010);DHM/Sony CD 886977350924nale Entscheidung. Ich habe mich mitdem Instrument einfach wohl gefühlt.Man musste mich nie drängen, daraufzu üben, ich war kaum von der Flöte zutrennen. Von der Haptik her ist die Blockflöteein sehr natürliches Instrument,man muss sich nicht verdrehen, man hatkein Rohrblatt, Tonerzeugung und Arti -kulation sind sehr direkt. Und es bestehtein sehr direkter Zusammenhang zumSingen. Schon in der ersten Blockflö ten -schule ,Opera intitulata Fontegara‘ vonSilvestro di Ganassi dal Fontego kannman lesen, dass die Blockflöte dermensch lichen Stimme am nächsten ist,dass man quasi in das Instrument hineinsprichtund sich Texte vorstellt.Und dieser rhetorische Bezug zu diesemIns trument war für mich schon immersehr stark.“Die ersten <strong>Konzerte</strong> spielte DorotheeOberlinger meist in der Kirche, in derihr Vater Pfarrer war. Früh wurde dieBüh ne Teil ihres Lebens, Erfolge beiWettbewerben bestätigten ihr außergewöhnlichesTalent. „Parallel zur Aus bil -dung spielte ich mit etwa 14 Jahren meineersten <strong>Konzerte</strong>, und es wurden stetigmehr. Alles Weitere hat sich einfach ergeben.“An der Kölner Musik hoch schu -le absolvierte Dorothee Oberlinger einGermanistik- und Schulmusikstudium,mit Hauptfach Blockflöte bei UrsulaSchmidt-Laukamp. Dann ging allesSchlag auf Schlag: <strong>Konzerte</strong>xamen mitAuszeichnung 1997, im selben Jahr derErste Preis beim internationalen Moeck-Wettbewerb in London und Debüt inder Wigmore Hall. Parallel zu ihrer Aus -bildung in Köln begann sie am Swee -linck-Konservatorium in Amsterdamein vierjähriges künstlerisches Aufbau -studium bei Walter van Hauwe, einemWeggefährten von Frans Brüg gen. Hierstand die Neue Musik ganz im Mittel -punkt. Für ein Jahr zog es Doro theeOber linger dann noch nach Mai land zuPedro Memelsdorff, einem der renommiertestenSpezialisten für mittelalterlicheMusik. Danach entstand auch schonihre erste CD mit dem Titel „Periphe -ries“, mittelalterliche und Neue Musikals Randbezirke des Reper toires stehensich hier gegenüber.Bis dahin hatte sich Dorothee Ober -linger primär mit Neuer Musik beschäftigt,mit Werken von Berio, Stock hau -sen, Donatoni oder Fujikura. Erst dannfolgte der <strong>Ein</strong>stieg in die sehr aktiveKölner Alte-Musik-Szene,die vielfältig vernetzt ist.Vor allem um kammermusikalischeSolo projek -te ganz individuell verwirklichenzu können,gründete Dorothee Oberlingerdort 2002 ihr „En -semb le 1700“. „Dem Ensemble gehörenMusi ker an, mit denen ich ständig intensivzusammenarbeite, so entwickeltman über die Jahre einen eigenen En -semb le stil. Je nach Projekt wirken auchGäste mit. Mir ist sehr wichtig, selbstDrama turg zu sein, so kann ich daskünst lerische Konzept genau verwirklichen,das ich im Kopf habe.“ Mit ihremEnsemble und als Solistin andererGrup pen und Orchester der Alte-Mu -sik-Szene konzertiert Dorothee Ober -linger weltweit. <strong>Ein</strong>e enge Bindung entwickeltesich zu den Sonatori de laGioisa Marca, 2004 entstand eine ersteCD mit Vivaldi-<strong>Konzerte</strong>n.Mittlerweile ist Oberlingers Disko -gra phie auf ein gutes Dutzend CDs angewachsen,seit 2007 nimmt sie exklusivfür Deutsche Harmonia Mundi (Sony)auf. Die aktuelle Produktion für dasLabel trägt den Titel „French Baroque“.Sie ist höfischer Kammermusik aus derZeit des „Sonnenkönigs“ Ludwig XIV.,der Régence von Philipp d´Orleans undder Ära Ludwig XV. gewidmet. <strong>Ein</strong>Schwerpunkt liegt dabei auf der so genannten„musique champêtre“, der rus -tikalen, ländlichen Musik, die vom französischenAdel sehr geschätzt wurde.Zumindest in der Fantasie wollte manBei DorotheeOberlingererscheint dieBlockflöte plötzlichwie eine Divasich damit in eine arkadische Atmo -sphä re versetzen und so der höfischenEtikette für eine Weile entkommen.Auch bei dieser Aufnahme wirken imEnsemble 1700 renommierte Gäste mit:der italienische Gambist Vittorio Ghiel -mi und der französische Traversflötistund Musettespieler François Lazare -vitch. Fast ein halbes Jahrhundert Mu -sik geschichte zieht hier am Ohr vorbei,vielgestaltig, kurzweiligund brillant gespielt. Nichtzuletzt sorgen die Vielfaltder von Dorothee Ober -linger verwendeten Block -flöten und der charakteris -tische Klang der Musette,einer am französischenHof sehr beliebten kleinen Sackpfeifemit Blasebalg für besondere klanglicheAkzente.Mit der Blockflöte ist Dorothee Ober -linger zum Star geworden. Da erübrigtsich fast die Frage, ob das Instrumentmit seinen begrenzten Möglichkeitenund einem Repertoire, das Klassik undRomantik ausspart, nicht auch eine <strong>Ein</strong> -engung bedeutet. „Der Blockflöte stehtdie Musikgeschichte vom Mittel alter biszum Barock offen, dann haben wir wiederdas 20. Jahrhundert und die Gegen -wart“, antwortet sie. „Ich denke, wer sichmit einer Epoche ernsthaft auseinandersetzt,der hat Arbeit für mehr als einganzes Leben. <strong>Ein</strong> Notentext aus dem17. oder 18. Jahrhundert beispielsweiseist nackt und bloß, er gibt vielleicht geradeeinmal zehn Prozent an Infor ma -tion über das klangliche Resul tat. Wiesteht es mit den Tanzcha rakte ren, derRhetorik, dem Rhythmus, dem Tempo,der Instrumentierung, der Orna men tik?Jedes dieser Themen füllt ganze Bü cher.Diese Quellen gilt es zu studieren, sieliefern das nötige Wissen, um einen Stilverstehen zu lernen. Die Blockflöte istdabei mein Medium, um all diese Dingezum Ausdruck zu bringen. Aber letztlichgeht es nur um die Musik.“ ■03/11 FONO FORUM33

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