13.07.2015 Aufrufe

Dehnen – die Wirkung auf den Dehnungswiderstand - Velte

Dehnen – die Wirkung auf den Dehnungswiderstand - Velte

Dehnen – die Wirkung auf den Dehnungswiderstand - Velte

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Dehnen</strong> <strong>–</strong> <strong>die</strong> <strong>Wirkung</strong> <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Dehnungswiderstand</strong>Der erste Teil meiner Standortbestimmung zum Thema Dehnung beschäftigte sich mit derFrage, ob <strong>Dehnen</strong> einen Muskel länger macht. Im zweiten Teil beschäftige ich mich mit der<strong>Wirkung</strong> <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Dehnungsspannung.Viele Sportler und Therapeuten erhoffen sich von Dehntechniken eine Herabsetzung derDehnungsspannung, so dass einer Kontraktion des Antagonisten weniger Widerstan<strong>den</strong>tgegen gesetzt wird.Stu<strong>die</strong>n zur DehnungsspannungEs gibt mittlerweile eine große Anzahl von Stu<strong>die</strong>n, <strong>die</strong> sich mit der Herabsetzung derDehnungsspannung beschäftigt. Dabei wird unterschie<strong>den</strong> zwischen der <strong>Wirkung</strong> voneinzelnen Dehnungen, von Kurzzeitdehnprogrammen und von Langzeitdehnprogrammen.Gearbeitet wird mit maximaler oder submaximaler Intensität.Die Intensität der Dehnung ist immer dem subjektiven Empfin<strong>den</strong> der jeweiligenVersuchsperson unterworfen. Eine interessante und sehr häufig in der Literatur erwähnteArbeit über Dehnintensitäten stammt von Marschall 1999. Er definiert <strong>die</strong> maximale Dehnungmit „größtmögliches Gefühl, welches sofort nach Erreichen wieder <strong>auf</strong>gelöst wer<strong>den</strong> muß“,während submaximales <strong>Dehnen</strong> beschrieben wird als „unangenehmes, aber noch aushaltbaresDehngefühl“.Gemessen wer<strong>den</strong> <strong>die</strong> Parameter Bewegungsreichweite, maximale und submaximaleDehnungsspannungAls Beispiel dafür soll eine Arbeit von Wiemann und Jöllenbeck aus dem Jahr 1991 <strong>die</strong>nen.Hier wur<strong>den</strong> mit Einzelbehandlungen ( einzelne oder nur wenige Wiederholungen )Kurzzeitbehandlungen ( 15 Minuten ) und Langfristbehandlungen ( 10 Wochen ) untersucht.Stu<strong>die</strong> von Wiemann und JöllenbeckBei <strong>den</strong> Einzelbehandlungen stieg das Bewegungsausmaß bei einer singulären statischenDehnung um 3,1%, <strong>die</strong> Dehnungsspannung stieg um 3,2%. Die submaximaleDehnungsspannung sank um 9,6%. Eine singuläre Dehnung mit der Technik Contract-Relaxergab bei allen 3 Parametern noch höhere Werte.Ein ähnliches Ergebnis bezüglich der maximalen Bewegungsreichweite und der maximalenDehnungsspannung zeigten <strong>die</strong> Kurzzeitbehandlungen. Gearbeitet wurde mit statischemStretching und dynamischen <strong>Dehnen</strong>, sowie Kontrollgruppen mit stationärem Radfahren undauxotonischem Krafttraining. Bei <strong>den</strong> Gruppen, <strong>die</strong> gedehnt haben stiegen, wie bei <strong>den</strong>Einzelbehandlungen, <strong>die</strong> Werte der maximalen Bewegungsreichweite und des maximalen<strong>Dehnungswiderstand</strong>es an, allerdings verringerte sich <strong>die</strong> submaximale Dehnungsspannung.Bei <strong>den</strong> Langzeitbehandlungen kam es zu einer Steigerung der Bewegungsreichweite um10,9% und der maximalen Dehnungsspannung um 31,3%.Ein interessantes Ergebnis zeigte <strong>die</strong> submaximale Dehnungsspannung beiLangzeitprogrammen.Bei der männlichen Gruppe zeigte sich zwischen Vor- und Nachtest kein Unterschied. Bei derFrauengruppe war <strong>die</strong> submaximale Dehnungsspannung um 12,9% zu. Da gleichzeitig <strong>die</strong>Maximalkraft <strong>die</strong>ser Gruppe um 10,9% zugenommen hatte, kann man von einer Hypertrophiedurch das Dehnungstraining sprechen. Die Erklärung für <strong>die</strong>ses Ergebnis liefert <strong>die</strong>Vermutung, dass durch intensives <strong>Dehnen</strong> Spannungen an <strong>den</strong> Z-Scheiben der Sarkomereentstehen, <strong>die</strong> in der Intensität <strong>den</strong> Spannungen durch maximale Kontraktion in nichts


nachstehen. Dies führt ebenso wie beim Krafttraining zur Hypertrophie und dadurch zur einererhöhten Anzahl an Titinfilamenten, mit dem Ergebnis eines erhöhten <strong>Dehnungswiderstand</strong>es.FazitBetreffend der Parameter Bewegungsreichweite und maximale Dehnungsspannung zeigtenalle Programme (Einzeldehnung, Kurzzeit- und Langzeitprogramme) ähnliche Ergebnisse,beide Werte stiegen grundsätzlich an.Die Ursache für das Erreichen des größeren Bewegungsausmaßes liegt in der erhöhtenToleranz gegenüber der Dehnbelastung. Das Bewegungsausmaß wurde also größer,gleichzeitig wurde der Bewegung aber im endgradigen Bereich ein höherer Widerstan<strong>den</strong>tgegengesetzt.Sehr unterschiedliche Ergebnisse zeigte jedoch <strong>die</strong> Beeinflussung der submaximalenDehnungsspannung durch Dehntechniken.Die Beeinflussung der submaximalen DehnungsspannungBei <strong>den</strong> Langzeitbehandlungen zeigt der Großteil der Stu<strong>die</strong>n keine Veränderung dersubmaximalen Dehnungsspannung durch Dehnung. Einige Stu<strong>die</strong>n wiesen jedoch einenAnstieg der Werte nach.Auf <strong>den</strong> ersten Blick widersprüchliche Ergebnisse zeigen Untersuchungen über <strong>die</strong> Reduktionder submaximalen Dehnungsspannung mit Kurzzeitbehandlungen.Hier wurde z.B. von Wiemann durch eine Dehnung <strong>die</strong> submaximale Dehnspannung um 5,5%reduziert oder von Taylor um 22% durch 10 Dehnungen. Demgegenüber zeigten 3Dehnungen von 45 Sekun<strong>den</strong> Dauer oder ein 15minütiges Dehntraining keine Veränderungder Ausgangswerte.Diese unterschiedlichen Ergebnisse erklären sich zum Teil dadurch, dass mitunterschiedlichen Dehnungsgra<strong>den</strong> und unterschiedlichen Dehnungsspannungen gemessenwurde. Wesentlicher scheint jedoch <strong>die</strong> Tatsache zu sein, dass bei einigen Stu<strong>die</strong>n Pausenentstan<strong>den</strong>, zwischen dem Ende der Dehnung und dem Beginn der Messung. In <strong>die</strong>sen Pausenkonnte <strong>die</strong> durch <strong>die</strong> Dehnung reduzierte Spannung wieder soweit ansteigen, dass sie <strong>den</strong>Ausgangswert erreichte.Für <strong>die</strong> Praxis in Therapie und Sport ist also wichtig, nach 60 Minuten ist <strong>die</strong> Herabsetzungdes <strong>Dehnungswiderstand</strong>es durch kurzfristige Dehnung nicht mehr nachweisbar.Verkürzte MuskulaturIn der Praxis wird eingeschränkte Beweglichkeit häufig <strong>auf</strong> „verkürzte“ Muskeln mit zuhohem Tonus zurückgeführt. Strukturelle Verkürzungen wur<strong>den</strong> bisher nur im Tierversuchbei tage- oder wochenlanger Ruhigstellung in angenäherter Position nachgewiesen.Interessanterweise kam es nach Ende der Immobilisation innerhalb weniger Wochen zu einerWiederherstellung der Ursprungslänge, auch ohne Dehnung.Beim Menschen sind strukturelle Verkürzungen bei langdauern<strong>den</strong> Zwangshaltungen zuerwarten.Die Annahme funktioneller Verkürzungen basiert <strong>auf</strong> der Beschreibung desKontraktionsrückstandes in einer Stu<strong>die</strong> von Ramsey und Street.Der KontraktionsrückstandRamsey und Street führten Versuche in vitro an Muskelfasern eines Frosches durch. Dabeistellten sie u.a. fest, dass nach Kontraktionen in angenähertem Zustand (65% derMuskellänge) <strong>die</strong> Muskelfasern in <strong>die</strong>ser verkürzten Länge stehen blieben. Fasern <strong>die</strong> sichoberhalb <strong>die</strong>ser Länge kontrahierten kehrten wieder in ihre Ruhelänge zurück.Diese Aussage bildet <strong>die</strong> Grundlage dafür, dass muskuläre Dysbalancen durch verkürzteMuskulatur entstehen und durch Dehnungen beseitigt wer<strong>den</strong> können.


Die Ergebnisse <strong>die</strong>ser Stu<strong>die</strong> sind jedoch nicht ohne weiteres <strong>auf</strong> <strong>den</strong> leben<strong>den</strong> Menschenübertragbar. Außerdem zeigten Ramsey und Street in der gleichen Arbeit, dass <strong>die</strong>se„verkürzten“ Muskelfasern schon nach einer Verlängerung über 100% ihrer Ruhelängewieder zu ihrer normalen Länge zurück fan<strong>den</strong>. Eine Bewegung wie sie im täglichen Lebensehr häufig vorkommt.LiteraturKlee, A. Metho<strong>den</strong> und <strong>Wirkung</strong>en des Dehnungstrainings, Forum Sportwissenschaft;Verlag K. Hofmann SchorndorfMarschall, F. (1999). Wie beeinflussen unterschiedliche Dehnintensitäten kurzfristig <strong>die</strong>Veränderung der Bewegungsreichweite? Dtsch Z. Sportmed., 50, 1, 5-9.Freiwald, J, Engelhardt, M., Konrad, P., Jäger, M., Gnewuch, A. (1999). <strong>Dehnen</strong> <strong>–</strong> NeuereForschungsergebnisse und deren praktische Umsetzung. Manuelle Medizin, 37, 3-10Freiwald, J., Engelhardt, M. (2001). Neun wichtige Aspekte zum <strong>Dehnen</strong> im Fußballsport.Sportorth. Sporttraum. 17, 80-86Ramsey, R.W., Street, S.F. (1940). The isometric length-tension diagramm of isolated musclefibres of the frog. J. Cell. And Comp. Physiol.., 15 (1), 11-34Taylor, D.C., Brooks, D.E.; Ryan, J.B.(1997). Viscoelastic characteristics of muscle : passivestretching versus muscular contraction. Med.Sci Sports Exercise, 27, 1619-1624

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!