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Rapunzel Es waren einmal ein Mann und eine Frau ... - videopc.de

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<strong>Rapunzel</strong><strong>Es</strong> <strong>waren</strong> <strong><strong>ein</strong>mal</strong> <strong>ein</strong> <strong>Mann</strong> <strong>und</strong> <strong>ein</strong>e <strong>Frau</strong>, die wünschten sich schon langevergeblich <strong>ein</strong> Kind. Sie versuchten es von vorn, von hinten <strong>und</strong> seitlich,im Stehen, Sitzen <strong>und</strong> Liegen; alles vergebens. Schließlich hörte die <strong>Frau</strong>von <strong>ein</strong>em W<strong>und</strong>erdoktor, <strong>de</strong>r schon vielen in ihrer Lage geholfen habe.Unter <strong>de</strong>m Vorwand <strong>ein</strong>e alte Tante besuchen zu wollen, reiste sie in dieStadt. Der Medikus empfing sie fre<strong>und</strong>lich <strong>und</strong> m<strong>ein</strong>te, dass bei ihrer Figurdas Kin<strong>de</strong>rmachen <strong>ein</strong> Vergnügen s<strong>ein</strong> müsse. Er erk<strong>und</strong>igte sich nachihren weiblichen Körperfunktionen <strong>und</strong> teilte ihr mit, dass sie genau zumrichtigen Zeitpunkt gekommen sei. Die Metho<strong>de</strong> s<strong>ein</strong>er Behandlung halteer aber geheim, um sie vor Kurpfuschern <strong>und</strong> Nachahmern zu schützen.Deshalb wer<strong>de</strong>n ihr während <strong>de</strong>r Behandlung die Augen verb<strong>und</strong>en. Siesolle sich schon mal freimachen, hinlegen, die B<strong>ein</strong>e spreizen <strong>und</strong>anwinkeln. Die Spezialbehandlung dauere zwar <strong>ein</strong>ige Minuten, sei abervollkommen schmerzlos, manchen Patientinnen sogar angenehm. Damitsie nicht erschrecke, wer<strong>de</strong> ihr die Empfindung vorgetäuscht, dass sie mitihrem <strong>Mann</strong> zusammen sei.Bald schon fühlte die <strong>Frau</strong>, wie etwas in sie <strong>ein</strong>drang, nur füllte es sievoller aus, als es sonst bei ihrem <strong>Mann</strong> <strong>de</strong>r Fall war <strong>und</strong> die Stöße <strong>waren</strong>kräftiger. Die Spezialbehandlung rief auch bisher unbekannteEmpfindungen in ihrem Schoß hervor. Als sie m<strong>ein</strong>te, ihr ganzer Körpermüsse explodieren, fühlte sie gleichzeitig, wie das W<strong>und</strong>ermittel in ihrenBauch gespritzt wur<strong>de</strong>. Dann war die Behandlung been<strong>de</strong>t <strong>und</strong> sie durftedie Augenbin<strong>de</strong> abnehmen. Sie hatte sie doch mehr angestrengt alserwartet. Nach <strong>ein</strong>igen Minuten <strong>de</strong>r Ruhe klei<strong>de</strong>te sie sich wie<strong>de</strong>r an <strong>und</strong>gab <strong>de</strong>m <strong>ein</strong>treten<strong>de</strong>n Medikus das ver<strong>ein</strong>barte, nicht geringe, Honorar. Erm<strong>ein</strong>te, sie habe sehr gut mitgearbeitet <strong>und</strong> die Behandlung wer<strong>de</strong>bestimmt anschlagen. Frohgemut reiste die <strong>Frau</strong> nach Hause. Nach <strong>de</strong>rüblichen Zeit merkte sie, dass <strong>de</strong>r Aufwand nicht vergebens gewesen war.Auch ihr <strong>Mann</strong> freute sich, m<strong>ein</strong>te er doch, dass er ihr zu diesem Zustandverholfen habe.Sie hatten in ihrem Hinterhaus <strong>ein</strong> kl<strong>ein</strong>es Fenster, daraus konnte man in<strong>ein</strong>en prächtigen Garten sehen, <strong>de</strong>r voll <strong>de</strong>r schönsten Blumen <strong>und</strong>Kräuter stand. Er war aber von <strong>ein</strong>er hohen Mauer umgeben <strong>und</strong> niemandwagte hin<strong>ein</strong>zugehen, weil er <strong>ein</strong>er Zauberin gehörte, die große Machthatte <strong>und</strong> von aller Welt gefürchtet ward. Eines Tages stand die <strong>Frau</strong> andiesem Fenster <strong>und</strong> sah in <strong>de</strong>n Garten hinab. Der erblickte sie <strong>ein</strong> Beet,das mit <strong>de</strong>n schönsten <strong>Rapunzel</strong>n bepflanzt war, <strong>und</strong> sie sahen so frisch<strong>und</strong> grün aus, dass sie lüstern ward <strong>und</strong> das größte Verlangen empfandvon <strong>de</strong>n <strong>Rapunzel</strong>n zu essen.


Der <strong>Mann</strong> erschrak, als er davon hörte: „Musst du immer etwasBeson<strong>de</strong>res s<strong>ein</strong>? An<strong>de</strong>re Schwangere haben Lust auf saure Gurken. Diegibt es auf <strong>de</strong>m Markt.“Doch das Verlangen <strong>de</strong>r <strong>Frau</strong> nahm je<strong>de</strong>n Tag zu, <strong>und</strong> da sie wusste, dasssie k<strong>ein</strong>e von <strong>de</strong>n <strong>Rapunzel</strong>n bekommen konnte, so fiel sie ganz ab, sahblass <strong>und</strong> elend aus.„Ach“, sagte die <strong>Frau</strong>, „wenn ich k<strong>ein</strong>e <strong>Rapunzel</strong>n aus <strong>de</strong>m Garten hinterunserem Hause zu essen kriege, so sterbe ich, <strong>und</strong> mit mir das Kind, dasdu dir so gewünscht hast <strong>und</strong> das uns bei<strong>de</strong>n solche Anstrengungengekostet hat.“Der <strong>Mann</strong>, <strong>de</strong>r sie sehr lieb hatte, dachte: Ehe du d<strong>ein</strong>e <strong>Frau</strong> <strong>und</strong> das Kindsterben lässt, holst du ihr von <strong>de</strong>n <strong>Rapunzel</strong>n, es mag kosten, was es will.In <strong>de</strong>r Abenddämmerung stieg er also über die Mauer in <strong>de</strong>n Garten <strong>de</strong>rZauberin, stach in aller Eile <strong>ein</strong>e Hand voll <strong>Rapunzel</strong>n <strong>und</strong> brachte sies<strong>ein</strong>er <strong>Frau</strong>. Sie machte sich sogleich Salat daraus <strong>und</strong> aß ihn vollerBegier<strong>de</strong> auf. Die <strong>Rapunzel</strong>n hatten ihr aber so gut geschmeckt, dass sie<strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Tag noch dreimal so viel Lust darauf bekam. Sollte sie Ruhehaben, so musste <strong>de</strong>r <strong>Mann</strong> noch <strong><strong>ein</strong>mal</strong> in <strong>de</strong>n Garten steigen. Er machtesich also in <strong>de</strong>r Abenddämmerung wie<strong>de</strong>r hinab.Als er aber die Mauer herabgeklettert war, erschrak er gewaltig, <strong>de</strong>nn ersah die Zauberin vor sich stehen. „Wie kannst du es wagen“, sprach siemit zornigem Blick, „in m<strong>ein</strong>en Garten zu steigen <strong>und</strong> wie <strong>ein</strong> Dieb m<strong>ein</strong>e<strong>Rapunzel</strong>n zu stehlen. Das soll dir schlecht bekommen!“ „Ach“, antworteteer, „lasst Gna<strong>de</strong> für Recht ergehen, ich habe mich nur aus Not dazuentschlossen: M<strong>ein</strong>e <strong>Frau</strong> hat Eure <strong>Rapunzel</strong>n aus <strong>de</strong>m Fenster erblickt<strong>und</strong> empfin<strong>de</strong>t <strong>ein</strong> so großes Gelüsten, dass sie sterben wür<strong>de</strong>, wenn sienicht davon zu essen bekäme.“ Da ließ die Zauberin in ihrem Zorn nach<strong>und</strong> überlegte. „<strong>Es</strong> gibt <strong>ein</strong>e Möglichkeit, dich <strong>de</strong>r Strafe zu entziehen.“„Ja?“, erwi<strong>de</strong>rte <strong>de</strong>r <strong>Mann</strong> hoffnungsvoll. „Sei mir von heute an drei Malzehn Nächte zu Willen <strong>und</strong> verfahre mit mir, als wäre ich d<strong>ein</strong>e <strong>Frau</strong>.Versagst du <strong><strong>ein</strong>mal</strong> <strong>und</strong> verletzt die Bedingung, so musst du mir das Kindgeben, das d<strong>ein</strong>e <strong>Frau</strong> zur Welt bringen wird. <strong>Es</strong> soll ihm gut gehen <strong>und</strong>ich will für es sorgen wie <strong>ein</strong>e Mutter.“ Der <strong>Mann</strong> sagt in <strong>de</strong>r Angst alleszu. Sogleich hob die Zauberin ihre Röcke auf, lehnte sich an die Mauer<strong>und</strong> <strong>de</strong>r <strong>Mann</strong> machte sich an die Arbeit. Als bei<strong>de</strong> erschöpft von<strong>ein</strong>an<strong>de</strong>rließen, stach <strong>de</strong>r <strong>Mann</strong> noch schnell <strong>ein</strong> paar <strong>Rapunzel</strong>n <strong>und</strong> wanktedavon. „Vergiss nicht!“, rief ihm die Zauberin nach, „morgen: gleiche Zeit,gleicher Ort."Der <strong>Mann</strong> brachte s<strong>ein</strong>er <strong>Frau</strong> die <strong>Rapunzel</strong>n, die sich gierig darüber


hermachte. Sie war so in ihren Gelüsten befangen, dass sie gar nichtmerkte, wie mitgenommen ihr <strong>Mann</strong> von <strong>de</strong>m bisschen <strong>Rapunzel</strong> stechenwar. M<strong>ein</strong> Gott dachte <strong>de</strong>r <strong>Mann</strong>, wie soll ich das nur nochneun<strong>und</strong>zwanzigmal aushalten? Tagsüber die schwere Arbeit auf <strong>de</strong>m Feld<strong>und</strong> abends diese Aufgabe. An <strong>Rapunzel</strong>n war jetzt k<strong>ein</strong> Mangel, aber <strong>de</strong>r<strong>Mann</strong> verfiel immer mehr. Nach <strong>ein</strong>iger Zeit wandten sich die Gelüste <strong>de</strong>r<strong>Frau</strong> endlich <strong>de</strong>n sauren Gurken zu, die es billig auf <strong>de</strong>m Markt gab, aberdie Zauberin entließ <strong>de</strong>n <strong>Mann</strong> nicht aus <strong>de</strong>m Vertrag, obwohl er nunk<strong>ein</strong>e <strong>Rapunzel</strong>n mehr brauchte. Beim neun<strong>und</strong>zwanzigsten Mal konnte ernur noch mit Mühe s<strong>ein</strong>e Pflicht tun, <strong>und</strong> wie zum Hohn, brauchte dieZauberin diesmal beson<strong>de</strong>rs lange, bis sie zufrie<strong>de</strong>n war. Sie bemerktes<strong>ein</strong>e Schwäche <strong>und</strong> lächelte in <strong>de</strong>r Dunkelheit in sich hin<strong>ein</strong>, während <strong>de</strong>r<strong>Mann</strong> sich abmühte. Sie sah sich ihrem Ziel nahe, das Kind zu bekommen.Mit ihren Zauberkräften bescherte sie <strong>de</strong>r <strong>Frau</strong> <strong>ein</strong>en Schwächeanfall, sodass <strong>de</strong>r <strong>Mann</strong>, als er von Feld heimkam, auch noch das Vieh versorgenmusste. Erschöpft schleppte er sich zum Treffpunkt. „Erlasst mir dies <strong>ein</strong>eMal, edle <strong>Frau</strong>“, bat er, „ich habe mich redlich bemüht, Euch zufrie<strong>de</strong>n zustellen, aber heute versagen mir alle m<strong>ein</strong>e Glie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Dienst.“ „Ihrkennt unsere Abmachung“, entgegnete sie kalt, „auch brauchst du zud<strong>ein</strong>er Aufgabe ja nur <strong>ein</strong> Glied. Vorwärts, an die Arbeit!“ Dabei hob sieihre Klei<strong>de</strong>r auf. Doch schon <strong>de</strong>r Anblick <strong>de</strong>s Dargebotenen war zu viel für<strong>de</strong>n <strong>Mann</strong>. Ohnmächtig sank er zu Bo<strong>de</strong>n. Die Zauberin entfernte sichtriumphierend.Als die <strong>Frau</strong> in die Wochen kam, so erschien sogleich die Zauberin, gab<strong>de</strong>m Kin<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Namen <strong>Rapunzel</strong> <strong>und</strong> nahm es mit sich fort. <strong>Rapunzel</strong>ward das schönste Kind unter <strong>de</strong>r Sonne. Als es sechzehn Jahre alt war,hatte die natürliche Entwicklung ihren Lauf genommen <strong>und</strong> ihr Körperhatte sich verän<strong>de</strong>rt. Deshalb befürchtete die Zauberin, dass <strong><strong>ein</strong>mal</strong> <strong>ein</strong><strong>Mann</strong> kommen <strong>und</strong> an <strong>Rapunzel</strong> Interesse fin<strong>de</strong>n könnte. Sie wollte sieaber nie mehr missen. So schloss die Zauberin sie in <strong>ein</strong>en Turm, <strong>de</strong>r in<strong>ein</strong>em Wal<strong>de</strong> lag <strong>und</strong> we<strong>de</strong>r Treppe noch Türe hatte; nur ganz oben war<strong>ein</strong> kl<strong>ein</strong>es Fensterchen. Wenn die Zauberin hin<strong>ein</strong> wollte, so stellte siesich unten hin <strong>und</strong> rief:„<strong>Rapunzel</strong>, <strong>Rapunzel</strong>,lass mir d<strong>ein</strong> Haar herunter!“<strong>Rapunzel</strong> hatte lange, prächtige Haare, f<strong>ein</strong> wie gesponnenes Gold. Wennsie nun die Stimme <strong>de</strong>r Zauberin vernahm, so band sie ihre Zöpfe los,wickelte sie oben um <strong>ein</strong>en Fensterhaken <strong>und</strong> dann fielen die Haarezwanzig Ellen tief herunter, <strong>und</strong> die Zauberin stieg daran hinauf.Oben übergab sie <strong>Rapunzel</strong> Nahrung für die nächste Zeit. Manchmal


achte ihr die Zauberin auch <strong>ein</strong> kl<strong>ein</strong>es Geschenk mit. Dann musste<strong>Rapunzel</strong> ihr Kleid ablegen <strong>und</strong> sich vor <strong>de</strong>r Zauberin nackt im Tanzdrehen, dass ihre Haare flogen <strong>und</strong> nicht mehr ihren Körper <strong>ein</strong>hüllten.Für sich hatte die Zauberin <strong>ein</strong>e Flasche süßen W<strong>ein</strong>s mitgebracht.Nach<strong>de</strong>m sie diese halb geleert hatte, zog sie <strong>Rapunzel</strong> auf ihren Schoß,küsste sie <strong>und</strong> liebkoste ihren Körper. <strong>Rapunzel</strong> war es unheimlich. Siehatte Angst davor <strong>und</strong> freute sich zugleich darauf. Auch die Zauberin kamauf ihre Kosten. Sie presste <strong>und</strong> rieb sich an <strong>Rapunzel</strong> ‘s jungem Körper,bis sie erschöpft war <strong>und</strong> von ihr abließ.Wenn <strong>Rapunzel</strong> das Warten auf die Zauberin zu lang wur<strong>de</strong>, stellte sie sichnackt vor ihren Spiegel <strong>und</strong> streichelte sich selbst, wie es sonst dieZauberin tat. Auch das gefiel ihr sehr. Eine bisher unbekannte warmeWelle strömte durch ihren Körper <strong>und</strong> verebbte im Schoß.Nach <strong>ein</strong> paar Jahren trug es sich zu, dass <strong>de</strong>r Sohn <strong>de</strong>s Königs durch <strong>de</strong>nWald ritt <strong>und</strong> an <strong>de</strong>m Turm vorbeikam. Da hörte er <strong>ein</strong>en Gesang, <strong>de</strong>r warso lieblich, dass er still hielt <strong>und</strong> horchte. Das war <strong>Rapunzel</strong>, die in ihrerEinsamkeit, sich die Zeit damit vertrieb, ihre süße Stimme erschallen zulassen. Der Königssohn wollte zu ihr hinaufsteigen <strong>und</strong> suchte nach <strong>ein</strong>erTüre <strong>de</strong>s Turms; aber es war k<strong>ein</strong>e zu fin<strong>de</strong>n. Er ritt heim. Doch <strong>de</strong>rGesang hatte ihm so sehr das Herz gerührt, dass er je<strong>de</strong>n Tag hinaus in<strong>de</strong>n Wald ging <strong>und</strong> zuhörte. Als er <strong><strong>ein</strong>mal</strong> so hinter <strong>ein</strong>em Baum stand,sah er, dass <strong>ein</strong>e Zauberin herankam <strong>und</strong> hörte, wie sie hinaufrief:„<strong>Rapunzel</strong>, <strong>Rapunzel</strong>,lass mir d<strong>ein</strong> Haar herunter!“Da ließ <strong>Rapunzel</strong> die Haarflechten herab <strong>und</strong> die Zauberin stieg zu ihrhinauf. „Ist das die Leiter, auf welcher man hinaufkommt, so will ich auch<strong><strong>ein</strong>mal</strong> m<strong>ein</strong> Glück versuchen.“ Und <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Tag, als es anfing,dunkel zu wer<strong>de</strong>n, ging er zu <strong>de</strong>m Turm <strong>und</strong> rief:„<strong>Rapunzel</strong>, <strong>Rapunzel</strong>,lass mir d<strong>ein</strong> Haar herunter!“Alsbald fielen die Haare herab, <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Königssohn stieg hinauf.Anfangs erschrak <strong>Rapunzel</strong> gewaltig, als <strong>ein</strong> <strong>Mann</strong> zu ihr her<strong>ein</strong>kam, wieihre Augen noch nie <strong>ein</strong>en erblickt hatten. Doch <strong>de</strong>r Königssohn fing an,ganz fre<strong>und</strong>lich mir ihr zu re<strong>de</strong>n <strong>und</strong> erzählte ihr, dass von ihrem Gesangs<strong>ein</strong> Herz so sehr sei bewegt wor<strong>de</strong>n, dass es ihm k<strong>ein</strong>e Ruhe gelassen<strong>und</strong> er sie selbst habe sehen müssen. Da verlor <strong>Rapunzel</strong> ihre Angst. Auchhielt er sich in <strong>de</strong>r Nähe <strong>de</strong>s Fensters <strong>und</strong> versuchte nicht, sich ihr zunähern. Da ihr das Gespräch gefallen hatte, lud sie ihn <strong>ein</strong>, baldwie<strong>de</strong>rzukommen. Dass ließ sich <strong>de</strong>r Königssohn nicht zweimal sagen <strong>und</strong>schon am nächsten Abend besuchte er <strong>Rapunzel</strong> wie<strong>de</strong>r. Diesmal setzte ersich neben sie <strong>und</strong> berührte während <strong>de</strong>s Gesprächs, in <strong>de</strong>m er


„Ach, du gottloses Kind!“ rief die Zauberin, „was muss ich von dir hören;ich dachte, ich hätte dich von aller Welt geschie<strong>de</strong>n, <strong>und</strong> du hast michdoch betrogen!“ In ihrem Zorn packte sie die schönen Haare <strong>de</strong>r<strong>Rapunzel</strong>, schlug sie <strong>ein</strong> paarmal um ihre linke Hand, griff <strong>ein</strong>e Schere mit<strong>de</strong>r rechten, <strong>und</strong> ritsch-ratsch, <strong>waren</strong> sie abgeschnitten, <strong>und</strong> die schönenFlechten lagen auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong>. Und sie brachte die arme <strong>Rapunzel</strong> in <strong>ein</strong>eWüstenei, wo sie in großem Jammer <strong>und</strong> Elend leben musste. Nicht <strong><strong>ein</strong>mal</strong><strong>ein</strong>en Spiegel hatte sie, um sich vor ihm selbst zu streicheln.Denselben Tag aber, wo sie <strong>Rapunzel</strong> verstoßen hatte, machte abends dieZauberin die abgeschnittenen Flechten oben am Fensterhaken fest, <strong>und</strong>als <strong>de</strong>r Königssohn kam <strong>und</strong> rief:„<strong>Rapunzel</strong>, <strong>Rapunzel</strong>,lass mir d<strong>ein</strong> Haar herunter!“so ließ sie die Haare hinab. Der Königssohn stieg hinauf, aber er fandoben nicht s<strong>ein</strong>e liebste <strong>Rapunzel</strong>, son<strong>de</strong>rn die Zauberin, die ihn mit bösen<strong>und</strong> giftigen Blicken ansah. „Aha“, rief sie höhnisch, „du willst die <strong>Frau</strong>Liebste holen, aber <strong>de</strong>r schöne Vogel sitzt nicht mehr im Nest <strong>und</strong> singtnicht mehr; die Katze hat ihn geholt <strong>und</strong> wird dir auch noch die Augenauskratzen, es sei <strong>de</strong>nn, du bist vernünftig. Für dich ist <strong>Rapunzel</strong> verloren,du wirst sie nie wie<strong>de</strong>r erblicken!“ Aber du kannst dich mit mir trösten <strong>und</strong>durch Zauberkraft stand sie plötzlich nackt vor ihm. Sie zog ihn zum Bett,legte sich darauf <strong>und</strong> hob ihm ihren breiten Schoß <strong>ein</strong>la<strong>de</strong>nd entgegen.Doch beim Anblick <strong>de</strong>s gespreizten Fleisches <strong>und</strong> <strong>de</strong>s dichten, schwarzenGestrüpps, dass er in Gedanken mit <strong>Rapunzel</strong> ‚s zartem Körper <strong>und</strong> ihremlockigen, blon<strong>de</strong>n Fellchen verglich, geriet <strong>de</strong>r Königssohn außer sich vorSchmerz, <strong>und</strong> in <strong>de</strong>r Verzweiflung sprang er <strong>de</strong>n Turm hinab: Das Lebenbrachte er davon, aber die Dornen, in die er fiel, zerstachen ihm dieAugen. Da irrte er blind im Wal<strong>de</strong> umher, aß nichts als Wurzeln <strong>und</strong>Beeren <strong>und</strong> tat nichts als jammern <strong>und</strong> w<strong>ein</strong>en über <strong>de</strong>n Verlust s<strong>ein</strong>er<strong>Rapunzel</strong>. So wan<strong>de</strong>rte er <strong>ein</strong>ige Jahre im Elend umher <strong>und</strong> geriet endlichin die Wüstenei, wo <strong>Rapunzel</strong> mit <strong>de</strong>n Zwillingen, die sie geboren hatte,<strong>ein</strong>em Knaben <strong>und</strong> <strong>ein</strong>em Mädchen, kümmerlich lebte. Er vernahm <strong>ein</strong>eStimme <strong>und</strong> sie <strong>de</strong>uchte ihm so bekannt. Da ging er darauf zu, <strong>und</strong> wie erherankam, erkannte ihn <strong>Rapunzel</strong>, fiel ihm um <strong>de</strong>n Hals <strong>und</strong> w<strong>ein</strong>te. Zweivon <strong>de</strong>n Tränen aber benetzen s<strong>ein</strong>e Augen, da wur<strong>de</strong>n sie wie<strong>de</strong>r klar,<strong>und</strong> er konnte damit sehen wie sonst. Als <strong>de</strong>r Königssohn <strong>Rapunzel</strong> ‚snackte Haut durch ihre zerrissene Kleidung schimmern sah, regte sichauch wie<strong>de</strong>r die Lust in ihm. Sie schickten die Kin<strong>de</strong>r Beeren sammeln <strong>und</strong>erfreuten sich an<strong>ein</strong>an<strong>de</strong>r.Dann führte er <strong>Rapunzel</strong> <strong>und</strong> die Kin<strong>de</strong>r in s<strong>ein</strong> Reich <strong>und</strong> sie lebten dort


noch lange glücklich <strong>und</strong> vergnügt <strong>und</strong> da <strong>Rapunzel</strong> immer wie<strong>de</strong>r Lust aufdie Lanze ihres Gatten hatte, brachten sie es auf zwölf Kin<strong>de</strong>r. DieZauberin aber zog sich durch ihren lie<strong>de</strong>rlichen Lebenswan<strong>de</strong>l <strong>ein</strong>e böseKrankheit zu <strong>und</strong> starb bald darauf. Und so en<strong>de</strong>t das Märchen wie alleMärchen en<strong>de</strong>n: Die Guten wer<strong>de</strong>n belohnt, die Bösen bestraft.(c) März 2003 by Martin Eberhard Kamprad

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