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Einführungsrede - Kunstverein Hockenheim

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Arbeiten, die Teile unterschiedlichen Materials und unterschiedlicher Funktionalität zu einemneuen Ganzen kombinieren, bezeichnet man als Assemblage (assembler, frz.,zusammenfügen). Jean Dubuffet verwendete den Begriff in den 1950er Jahren für eine Reiheseiner Arbeiten und der Titel einer viel beachteten Ausstellung im MOMA führte ihn 1961 indie kunstgeschichtliche Literatur ein.Was ermöglicht und worauf zielt nun die Assemblage? Fragen wir zuerst, was sie voraussetzt:erstens einen Blick für spätere Einsatzmöglichkeiten von Alltags- und Wegwerfgegenständen.Schauen Sie auf Menno Fahls Große Büste IV. Sie erkennen im linken oberen Bereich desGesichtes eine Packung abgefeuerter Silvesterknaller, rechts ein rundes, als Auge dienendesPlastikteil und auf der Rückseite als Hinterkopf die Schaufel eines Schneeschiebers. Nebendem erkennenden Blick ist natürlich eine Sammel- und Zerlegleidenschaft die Voraussetzung,um eine ausreichende Materialsammlung zu bekommen. Menno Fahl verwendet dabei auchStücke aus früheren Arbeiten. Was die Assemblage noch voraussetzt, ist ein spielerischerUmgang mit dem Material, Phantasie und ein sicheres ästhetisches Gespür, nicht zuletzt aberauch die Bereitschaft, sich auf einen kaum kalkulierbaren, offenen Werkprozess einzulassen.So gibt es bei Menno Fahls Arbeiten keinen vorausgehenden Entwurf, allenfalls eineZeichnung während der Arbeit um eine Gestaltungsmöglichkeit durchzuspielen. DerArbeitsprozess birgt also Risiko und Chance zugleich: das Risiko beim Arbeiten ins Blauehinein zu scheitern, sich zu verrennen, aber auch die Chance eines großen kreativenPotentials. Er ermöglicht ein lustvolles Kombinieren von nicht Zusammengehörendem undzielt darauf, aus Divergierendem ein neues Ganzes zu schaffen ohne die Einzelteile zuvereinheitlichen. Wir erkennen die Versatzstücke und ihren vormaligen Sinnzusammenhangmühelos – die Sitzfläche eines Stuhls, die Metallhalterung, einen Verschluss, ein StückchenLattenrost oder das gebogene Holz eines Möbels – und doch haben sie ihr Eigenlebenaufgegeben, fügen sich zu einem Gesicht, einer Büste oder Ganzkörperfigur. Dabei nutztMenno Fahl die verschiedenen Wirkungen einer glatten industriell gefertigten Oberflächegegenüber dem unebenen verwitterten Holz, der grob heraus gesägten Kante oder demungleich gebogenen Draht gegenüber dem geschwungenen Fahrradschutzblech. Basismaterialist das Holz, sei es als größerer Baumstumpf oder in Holzstücken. Die Kompositionen sindstatuarisch, nicht bewegt sondern auf Senkrechte und Waagrechte hin konzipiert, wobeieingebrachte runde oder halbrunde Formen die Komposition oftmals schließen. Auffallend istauch das Wechselspiel von kompakten Formen und lichten Durchbrüchen – übrigens auch einGestaltungsprinzip bei Klaus Hack. Einen geradezu schwebenden Charakter hat so zumBeispiel die Krallenbüste von 2009. Die Farbe, die beim Betreten des Raumes doch gleich insAuge fällt, hat gleichwohl eine dienende Funktion; sie tritt gegenüber der Form zurück undunterstützt den Gesamtcharakter des Werkes, insofern sie die Einzelteile der Assemblage inihrer Materialität, ihrer festen oder porösen Konsistenz, bewusst macht. Sie dient als Patina,blättert gelegentlich ab, macht Zeitspuren sichtbar und gibt dem Werk eine Aura.Der Ansatz zur Kunstfigur kam durch das Studium bei Lothar Fischer. Trotzdem entstehennach wie vor Gemälde: poetische Landschaften, wie sie derzeit in einer Galerieausstellung inHamburg zu sehen sind, oder vieldeutige Figuren wie in dem großformatigen dreiteiligenGemälde in unserer Ausstellung, Drei vor Landschaft von 2003. Regungslos undgeheimnisvoll blicken die drei frontal zum Betrachter positionierten Figuren aus dem Bild.Sie sind schwer zu deuten und ohne Bezug zueinander. Kompositorisch aber sind sie durcheine unbestimmte, sich über die drei Leinwände fortsetzende Landschaft und den Horizont imHintergrund miteinander verbunden und in ihrer Haltung aufeinander hin komponiert, alsonicht austauschbar. Während manche der Assemblagen einen skurrilen, ja witzigen Charakterhaben, wirken diese gemalten Figuren fast mystisch. Das ist ein inhaltliches Moment, dasauch einigen Skulpturen von Klaus Hack eignet, die an Totems denken lassen. EinZwischenschritt vom Drei- zum Zweidimensionalen bei Menno Fahl, seine reliefartigen

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