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Gittergeometrie und pythagoreische Dreiecke - Alfredhoehn.ch

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Alfred Hoehn <strong>und</strong> Hans Walser<strong>Gittergeometrie</strong> <strong>und</strong> <strong>pythagoreis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Dreiecke</strong>Dieser Artikel wurde von der Praxis der Mathematik zur Publikation angenommen <strong>und</strong>ers<strong>ch</strong>eint demnä<strong>ch</strong>st.KurzfassungWerden in einem Quadrat die Ecken mit ni<strong>ch</strong>tanliegenden Seitenmitten verb<strong>und</strong>en, entstehtein A<strong>ch</strong>teckstern, der als Teilfigur das <strong>pythagoreis<strong>ch</strong>e</strong> Dreieck mit dem Seitenverhältnis3:4:5 enthält. Eine Verallgemeinerung dieser Konstruktion im Quadratgitter gibt einenZugang zu sämtli<strong>ch</strong>en <strong>pythagoreis<strong>ch</strong>e</strong>n <strong>Dreiecke</strong>n. Das Verfahren läßt si<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> auf dasregelmäßige Dreiecksgitter übertragen. Die dabei entstehenden Figuren können zu vier<strong>und</strong>se<strong>ch</strong>steiligen Sternfiguren ergänzt werden.1 Worum geht es?Wenn wir in einem Quadrat die Mittelparallelen einzei<strong>ch</strong>nen <strong>und</strong> dann weiter wie in Figur1 a) bis c) verfahren, entsteht ein re<strong>ch</strong>twinkliges Dreieck mit dem ganzzahligen Seitenverhältnis3:4:5. Ein re<strong>ch</strong>twinkliges Dreieck mit einem ganzzahligen Seitenverhältnis wird als<strong>pythagoreis<strong>ch</strong>e</strong>s Dreieck bezei<strong>ch</strong>net.a) b) c)Fig. 1: Konstruktion des <strong>pythagoreis<strong>ch</strong>e</strong>n DreiecksWerden die Zei<strong>ch</strong>ens<strong>ch</strong>ritte weitergeführt, entsteht ein a<strong>ch</strong>teckiger Stern (Fig. 2a), der au<strong>ch</strong>als a<strong>ch</strong>tseitiger Rösselsprung auf einem S<strong>ch</strong>a<strong>ch</strong>brett interpretiert werden kann (Fig. 2b).Die Figur 2a wird als Knauths<strong>ch</strong>e Figur bezei<strong>ch</strong>net (vgl. [6, S. 228f]). Teile dieser Figursind bereits beim römis<strong>ch</strong>en Ar<strong>ch</strong>itekten Vitruv (Vitruvius, 1. Jh. v. Chr.) erwähnt (vgl.[5]).


Alfred Hoehn <strong>und</strong> Hans Walser: <strong>Gittergeometrie</strong> <strong>und</strong> <strong>pythagoreis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Dreiecke</strong> 2a) b)Fig. 2: SternfigurDie Zei<strong>ch</strong>enmethode der Figur 1 kann nun so verallgemeinert werden, dass jedes beliebige<strong>pythagoreis<strong>ch</strong>e</strong> Dreieck darstellbar ist.2 Pythagoreis<strong>ch</strong>e <strong>Dreiecke</strong>Pythagoreis<strong>ch</strong>e <strong>Dreiecke</strong>, das heißt re<strong>ch</strong>twinklige <strong>Dreiecke</strong> mit ganzzahligen Seitenlängen,<strong>und</strong> die zugehörigen <strong>pythagoreis<strong>ch</strong>e</strong>n Zahlentripel ( a,b,c ∈N,a 2 + b 2 = c 2 ) werden meistunter zahlentheoretis<strong>ch</strong>en Aspekten behandelt, wobei insbesondere Fragen der Teilbarkeiteine Rolle spielen. [2] <strong>und</strong> [3] geben eine breite Einführung in diesen Themenkreis unterdidaktis<strong>ch</strong>en Gesi<strong>ch</strong>tspunkten sowie eine rei<strong>ch</strong>e Bibliographie.Zur zahlentheoretis<strong>ch</strong>en Konstruktion eines <strong>pythagoreis<strong>ch</strong>e</strong>n Zahlentripel gilt folgenderSatz: Ein Tripel ( a,b,c) aus natürli<strong>ch</strong>en Zahlen a,b,c mit geradem b ist genau dann einprimitives, das heißt teilerfremdes <strong>pythagoreis<strong>ch</strong>e</strong>s Zahlentripel, wenn es teilerfremdenatürli<strong>ch</strong>e Zahlen m <strong>und</strong> n mit m > n <strong>und</strong> ungerader Differenz m − n gibt, so dass gilt:a = m 2 − n 2 , b = 2mn, c = m 2 + n 2 (vgl. [1]).Wir werden sehen, dass die beiden Parameter m <strong>und</strong> n in unserem geometris<strong>ch</strong>en Verfahrenzur Konstruktion eines <strong>pythagoreis<strong>ch</strong>e</strong>n <strong>Dreiecke</strong>s ni<strong>ch</strong>t nur eine zahlentheoretis<strong>ch</strong>e,sondern au<strong>ch</strong> eine direkte geometris<strong>ch</strong>e Rolle spielen.3 Die VerallgemeinerungDie Figur 3 zeigt exemplaris<strong>ch</strong> für den Fall ( m,n)= ( 4,1) das konstrukive Vorgehen imallgemeinen Fall. Wir zeigen nun, dass das Dreieck ABC genau das ganzzahlige Seitenverhältnisa:b:c aufweist, das zum Parameterpaar ( m,n) gemäß obigem zahlentheoretis<strong>ch</strong>enSatz gehört.


Alfred Hoehn <strong>und</strong> Hans Walser: <strong>Gittergeometrie</strong> <strong>und</strong> <strong>pythagoreis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Dreiecke</strong> 3yDn,m ( )E( 0,2n)CA( 0,0)αBm,n ( )xFig. 3: Der allgemeine FallDie beiden Vektoren AD→ ⎛= n ⎞⎜ ⎟ <strong>und</strong> BE→ ⎛= −m ⎞⎜ ⎟ sind orthogonal; das Dreieck ABC hat⎝m⎠⎝ n ⎠also bei C einen re<strong>ch</strong>ten Winkel. Zur Bere<strong>ch</strong>nung des Winkels α finden wir als Zwis<strong>ch</strong>enwinkelder beiden Vektoren AB→ ⎛= m ⎞⎜ ⎟ <strong>und</strong> AD→ ⎛= n ⎞⎜ ⎟ den Wert cosα =2mn⎝ n⎠⎝m⎠m 2 + n 2<strong>und</strong> daraus sinα = m2 − n 2m 2 2. Damit besteht im re<strong>ch</strong>twinkligen Dreieck ABC das Seitenverhältnisa:b:c = ( m 2 − n 2):2mn ( ):( m 2 + n 2). Wir haben also ein <strong>pythagoreis<strong>ch</strong>e</strong>s Drei-+ neck.Beim Vorgehen gemäß Figur 3 erhalten wir jeweils ein <strong>pythagoreis<strong>ch</strong>e</strong>s Dreieck, wel<strong>ch</strong>es„s<strong>ch</strong>ief“ im Quadratgitter liegt. Wir können natürli<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> umgekehrt vorgehen, indemwir mit einem <strong>pythagoreis<strong>ch</strong>e</strong>n Dreieck beginnen <strong>und</strong> dieses so ins Quadratgitter legen,dass die Katheten auf Gitterlinien zu liegen kommen. Die si<strong>ch</strong> daraus ergebenden geometris<strong>ch</strong>enFolgerungen werden in [7] vorgestellt.Die Figur 4 zeigt, dass au<strong>ch</strong> dieser allgemeine Fall zu einer Sternfigur ergänzt werdenkann.


Alfred Hoehn <strong>und</strong> Hans Walser: <strong>Gittergeometrie</strong> <strong>und</strong> <strong>pythagoreis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Dreiecke</strong> 55 Im regelmäßigen DreiecksgitterIm regelmäßigen Dreiecksgitter zei<strong>ch</strong>nen wir ein Se<strong>ch</strong>seck der Seitenlänge 2 <strong>und</strong> führendarin die Konstruktion gemäß Figur 6 dur<strong>ch</strong>.120°a) b) c)Fig. 6: Konstruktion im Se<strong>ch</strong>seckDadur<strong>ch</strong> entsteht ein Dreieck mit einem stumpfen Winkel von 120° <strong>und</strong> dem ganzzahligenSeitenverhältnis 8:7:13. In Analogie zu den <strong>pythagoreis<strong>ch</strong>e</strong>n <strong>Dreiecke</strong>n bezei<strong>ch</strong>nen wir einstumpfwinkliges Dreieck ABC mit γ = 120° <strong>und</strong> einem ganzzahligen, aber teilerfremdenSeitenverhältnis a:b:c als ein primitives <strong>pythagoreis<strong>ch</strong>e</strong>s 120°-Dreieck. Na<strong>ch</strong> [1; S. 504]<strong>und</strong> [4] können diese <strong>Dreiecke</strong> wie folgt parametrisiert werden: Zu teilerfremden m,n ∈N,m > n, m − n ≠ 3k,(k ∈N) setzen wir a = m 2 − n 2 , b = 2mn + n 2 , c = m 2 + n 2 + mn. Für( m,n)= ( 3,1) ergibt si<strong>ch</strong> das Beispiel a = 8, b = 7, c = 13 (Fig. 7).A137B8120°CFig. 7: Pythagoreis<strong>ch</strong>es 120°-DreieckWeiterzei<strong>ch</strong>nen der Figur 6 führt zum se<strong>ch</strong>steiligen Stern der Figur 8.


Alfred Hoehn <strong>und</strong> Hans Walser: <strong>Gittergeometrie</strong> <strong>und</strong> <strong>pythagoreis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Dreiecke</strong> 6Fig. 8: Se<strong>ch</strong>steiliger SternDie Konstruktion der Figur 6 kann auf beliebige teilerfremde Parameterpaare ( m,n) verallgemeinertwerden. Die Figur 9 zeigt exemplaris<strong>ch</strong> für den allgemeinen Fall die Situationfür ( m,n)= ( 5,3).EynDCmBnAmxFig. 9: Beweisfigur für den allgemeinen FallUm zu zeigen, dass das Dreieck ABC ein <strong>pythagoreis<strong>ch</strong>e</strong>s Dreieck ist, arbeiten wir wiederummit Winkeln. Zunä<strong>ch</strong>st erhalten wir für die beiden Vektoren AD→ ⎛= n + m ⎞2⎜ m⎝ 23⎟⎠<strong>und</strong>


Alfred Hoehn <strong>und</strong> Hans Walser: <strong>Gittergeometrie</strong> <strong>und</strong> <strong>pythagoreis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Dreiecke</strong> 7n23BE→ ⎛= −m − 2n ⎞⎜ ⎟ den Zwis<strong>ch</strong>enwinkel γ = 120°. Für den Winkel α ergibt si<strong>ch</strong> als Zwi-⎝ ⎠s<strong>ch</strong>enwinkel der beiden Vektorenm 22AB→ ⎛= m + 2n ⎞⎜ ⎟⎝ ⎠<strong>und</strong>n23AD→ ⎛= n + m ⎞2⎜ m⎝ 23⎟⎠der Wertn2+ 2mn +cosα =2m 2 2. Dieselben Winkel erhalten wir aber au<strong>ch</strong> für das Dreieck mit den+ mn + nSeiten a = m 2 − n 2 , b = 2mn + n 2 , c = m 2 + n 2 + mn. Somit haben wir ein <strong>pythagoreis<strong>ch</strong>e</strong>s120°-Dreieck.Analog zum Vorgehen im Quadratgitter kann gezeigt werden, dass die Mittelpunkte desInkreises <strong>und</strong> der Ankreise entweder Gitterpunkte oder Mittelpunkte von Gitterdreieckensind.Au<strong>ch</strong> die Figur 9 kann zu einer se<strong>ch</strong>steiligen Sternfigur ergänzt werden (Fig. 10).Fig. 10: Allgemeine se<strong>ch</strong>steilige Sternfigur


Alfred Hoehn <strong>und</strong> Hans Walser: <strong>Gittergeometrie</strong> <strong>und</strong> <strong>pythagoreis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Dreiecke</strong> 8Literatur[1] Dickson, L. E.: History of the Theory of Numbers, II. Diophantine Analysis. Washington:Carnegie Institution 1920.[2] Fraedri<strong>ch</strong>, Anna Maria: Pythagoreis<strong>ch</strong>e Zahlentripel: Unterri<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Zugänge, Konstruktionsverfahren,si<strong>ch</strong> ans<strong>ch</strong>ließende Probleme <strong>und</strong> weiterführende Fragestellungen.Didaktik der Mathematik 13, 1985, S. 31 - 49 <strong>und</strong> Didaktik der Mathematik 13,1985, S. 98 - 117.[3] Fraedri<strong>ch</strong>, Anna Maria: Die Satzgruppe des Pythagoras. Mannheim, Leipzig, Wien,Züri<strong>ch</strong>: BI-Wissens<strong>ch</strong>aftsverlag 1995.[4] Hasse, H.: Ein Analogon zu den ganzzahligen pythagoräis<strong>ch</strong>en <strong>Dreiecke</strong>n. Elementeder Mathematik 32, 1977, S. 1 - 6.[5] Kayser, Hans: Im Anfang war der Klang. Na<strong>ch</strong>druck vergriffener Texte von HansKayser, Rudolf Haase, André M. Studer. Herausgeber: Kreis der Fre<strong>und</strong>e um HansKayser. S<strong>ch</strong>riften über Harmonik Nr. 16. Bern 1986.[6] von Naredi, Paul: Ar<strong>ch</strong>itektur <strong>und</strong> Harmonie. Köln: Du Mont 1989.[7] Walser, Hans: Pythagoreis<strong>ch</strong>e <strong>Dreiecke</strong> in der <strong>Gittergeometrie</strong>. Didaktik der Mathematik23, 1995, S. 193 - 205.Ans<strong>ch</strong>riften der Verfasser:Alfred Hoehn, Jurastrasse 59, CH - 4053 Basel. alfredhoehn@balcab.<strong>ch</strong>Dr. Hans Walser, Gerlikonerstrasse 29, CH - 8500 Frauenfeld. hwalser@bluewin.<strong>ch</strong>

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