13.07.2015 Aufrufe

WIE SICHER SIND IHRE CREMES, HERR FISCHER? Carsten ...

WIE SICHER SIND IHRE CREMES, HERR FISCHER? Carsten ...

WIE SICHER SIND IHRE CREMES, HERR FISCHER? Carsten ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

eauty | japanWie sichersind IhreCremes,Herr Fischer?Fotos: Christian Kuhn<strong>Carsten</strong> Fischer,Vorstandsmitglied desjapanischen Kosmetik-Unternehmens Shiseido,über das Erdbeben, denTsunami, Fukushima –und die Herstellungvon Beauty-Produktenin schwierigen ZeitenBRIGITTE: Herr Fischer, wo waren Siewährend des Erdbebens Anfang März?<strong>Carsten</strong> Fischer: Es war nachmittags um15 Uhr. Ich war in einer Sitzung in unseremBüro im Geschäftsviertel Ginza in Tokio.Wir befanden uns in der dritten Etage einesHochhauses, in dem Shiseido 22 Stockwerkebelegt. Darüber ist noch ein Hotel.Plötzlich fing es an zu schwanken. Wirsind unter den Tischen in Deckung gegangen.Bei uns gilt die klare Ansage, imGebäude zu bleiben. Die Menschen sinddarin sicherer. Draußen weiß man nicht,was herabstürzt und einen treffen könnte– Gebäudeteile, Glassplitter...Haben Sie gemerkt, dass das Bebenschlimmer als sonst war?Ja, das Rütteln war zu stark. Und danndiese Länge!Was passierte dann?Eine Stunde später tagte schon unser Krisenstab.Der ist bei Shiseido eine ständigeEinrichtung. Wir leben nun mal in einemErdbebengebiet. Darauf muss man vorbereitetsein. Jeder Mitarbeiter hat zumBeispiel einen Schutzhelm am Arbeitsplatz.Und rund um die Uhr ist die ärztlicheVersorgung gesichert.Dann kam die Schreckensmeldung überden Tsunami... 78 BRIGITTE 14/2011


eauty | japanJa. Das wahre Ausmaß der Katastrophewurde erst in den Tagen darauf sichtbar.Was haben Sie gemacht?Wir haben einen hohen Millionenbetraggespendet und unterhalten einen Unterstützungsfonds.Für die hygienische Versorgungder Betroffenen im Tsunami-Gebiet haben wir Produkte gestiftet, zumBeispiel Trockenshampoo, weil es dortnur wenig oder gar kein Wasser gibt. Freiwilligeaus dem Headquarter in Tokiohelfen bei den Aufräumarbeiten oderunseren Kunden, ihre Geschäfte wiederaufzubauen. Außerdem haben wir Psychologenin die Region geschickt, die traumatisierteMenschen unterstützen.Wurde die Produktion in Folge des Erdbebensunterbrochen?Wir haben vier Fabrikationsstätten in Japan.Unser Shampoo-Werk, das etwasaußerhalb von Tokio liegt, wurde leichtbeschädigt. Nach 14 Tagen war es wiedervoll funktionsfähig. Die anderen drei liegenweit entfernt vom Erdbebenzentrum.Haben Sie Lieferschwierigkeiten?Nein. Wir haben ja noch elf weitere Produktionsstättenaußerhalb Japans. Für diewestlichen Märkte beispielsweise in denUSA und in Frankreich.Die größte Sorge gilt jetzt den Folgendes Reaktorunglücks in Fukushima.Haben Sie bei Shiseido aufgrund dernuklearen Bedrohung die Qualitätssicherungverstärkt?Ja. Wir haben hoch sensible Analysegerätegekauft, mit denen wir alle Materialien undProdukte, die angeliefert, verarbeitet undDie Cremes für Europa werden inFrankreich oder in den Usa gefertigt –und mit dem Geigerzähler Geprüftgelagert werden, untersuchen lassen. Produktsicherheitist für uns das absolutWichtigste. Schon aus historischen Gründen.Shiseido hat schließlich als Pharmazie-Unternehmenangefangen und diesenStandard konsequent auf die Kosmetikproduktionübertragen.Am Geigerzähler kommt nichts vorbei?Genau. Es handelt sich bei diesen Untersuchungennicht um Stichproben. Es isteine lückenlose Kontrolle während desgesamten Herstellungsprozesses, die hundertprozentigeSicherheit gewährleistet.Die Messinstrumente sind heute so genau,dass sie minimale Mengen sofort melden.Zu den Inhaltsstoffen, die Shiseido verwendet, gehörenauch Algen. Da das Reaktorwasser von Fukushimains Meer geleitet wurde, ist eine Belastung derAlgen dort wahrscheinlich.Das stimmt. Aber wir verwenden vorrangig die Extraktevon Süßwasseralgen. Die Meeresalgen, deren Wirkstoffewir nutzen, werden in Südjapan geerntet, in einer Region,die sehr weit von Fukushima entfernt ist. Davon habenwir ausreichend Vorräte. Alles, was neu hereinkommt,wird ebenso wie die anderen Rohstoffe ganz genau aufseine Unbedenklichkeit überprüft.Und wo produziert Shiseido die Kosmetika, die inEuropa verkauft werden?Überwiegend in Frankreich, ein Teil stammt auch ausden USA. Schon allein unter ökologischen Gesichtspunktenmacht es Sinn, dort Fabriken zu haben, wodie großen Absatzmärkte sind.Kann die Verbraucherin an der Verpackung sehen,wo ihre Creme hergestellt wurde?Ja. Verbraucherinnen und Verbraucher können auf derRückseite der Verpackung und auf dem Produkt selbstsehen, wo es produziert wurde. „BenefianceResist24“ istbeispielsweise mit „Made in France“ gekennzeichnet,kommt also aus unserem Werk in Frankreich. „FutureSolutionLX“ trägt den Aufdruck „Made in USA“ undwird dort folglich auch produziert.Haben denn Kundinnen bereits Shiseido-Produkteaus Angst zurückgegeben?Nein.Wie ist heute die Stimmung unter den Mitarbeiternund in der Bevölkerung?Man kann diesen unglaublichen Zusammenhalt derMenschen hier fühlen. In der Firma und in der gesamtenBevölkerung. Dieses unheimliche Leiden führt ebennicht zu Gewalt, zu Chaos oder zu Hysterie. Sondernman arbeitet die Problematik Schritt für Schritt ab undist dabei äußerst diszipliniert.Was bedeutet das konkret?Die Menschen stehen an, verteilen ihr Essen. Sie sparenkonsequent Strom. Die meisten Rolltreppen und Fahrstühlesind stillgelegt, die Neonreklamen ausgestellt. Tokioist viel dunkler geworden. Aber man organisiert sichund schafft eine Solidarität, in der man auch schon malwieder lachen darf. Interview: Angelika Ricard-WolfWie ein Hamburger in Japan an die Spitze kam1962 in der Hansestadt geboren, studierte <strong>Carsten</strong>Fischer Marketing und Controlling und erhielt imAnschluss ein Stipendium in Japan, um die Sprache zulernen. Als Marketingmanager in leitender Positionmachte Fischer bei internationalen Beauty-Unternehmenrasch Karriere. 2006 wechselte er zu Shiseido, wo erals Vorstandsmitglied für internationale Geschäfte zuständigist. Shiseido gehört mit 43000 Mitarbeitern in 85Ländern zu den größten Kosmetikkonzernen der Welt.BRIGITTE 14/2011 81

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!