Die Gravur auf dem Becherzeigt in großen Blockbuchstaben dieModellbezeichnung „TONEKING“,darüber verziert mit der Krone desKeilwerth-Firmenzeichens und entferntblumenähnlichen Ornamenten.Unter dem Schriftzug sind Streifenund Bänder dargestellt; ob dieGravur etwas Gegenständliches darstellt,erschließt sich dem Autor wenigstensnicht so recht. Der Musikerfantasiewurde da wohl einiger Freiraumgelassen.Alle Teile des Korpus sind miteinanderverlötet, einen Spannringzwischen Korpus und Bogenteil gibtes nicht. Der Bogenteil (auch Kniegenannt) des <strong>Toneking</strong> sieht im Vergleichzu anderen <strong>Saxophone</strong>n sehreng aus, bei den heutigen Keilwerth-<strong>Saxophone</strong>n wird sogar mit einembesonders weiten Bogenteil geworben.Dieser weite Bogen war zurHerstellungszeit dieses <strong>Tenor</strong>s nochPrivileg des damaligen Spitzenmodells<strong>Toneking</strong> Special und wurde erstspäter für alle Modelle KEILWERTHSübernommen.Der recht enge Bogen macht sichinsofern bemerkbar, als daß bei dem<strong>Toneking</strong> die Tonlöcher noch in einerLinie auf dem Korpus angeordnetsind und sich die Klappen derrechten Hand dadurch hinter bzw.unter dem Schallbecher befinden. Sogeht es zwischen Korpus und Bechersehr beengt zu, die Klappenaufgängeder rechten Hand werdendirekt vom Gestänge der Klappenam Becher begrenzt. Üblich ist mittlerweile,die Tonlöcher der linkenund rechten Hand um etwa 20 Gradversetzt zu positionieren; die Klappender rechten Hand liegen dannnicht mehr unter, sondern seitlichvom Schallbecher und kommen soder Hand etwas entgegen.Die Klappenböcke sind alle einzelnauf das Instrument gelötet;es wurden keine Metallstreifen verwendet,auf denen erst die Böckevormontiert werden, um dann „amStück“ auf das Instrument gelötetzu werden. Dieser aufwendigerenMontageweise wird zugeschrieben,das sie ein besonders freies, unbedämpftesSchwingen des Korpus ermöglicht.Die Federn, die in denKlappenböcken stecken, sind übrigenseinfache Drahtfedern. Heutige<strong>Saxophone</strong> sind meistens mit nadelförmigenStahlfedern ausgestattet.Markant ist die G♯-Klappe mitdem Firmennamen in einer FrakturähnlichenSchrift (Abb. 4). Sonst fälltdie Klappenanordnung für Klappendes linken kleinen Fingers einfachaus: Eine Wipp-Mechanik gibt esnicht, die Tief-C♯-Klappe wird nichtvon der H-Klappe mitgeschlossen 1 .Alle Klappenhebel — auch die fürden rechten kleinen Finger — sindplan, eine konkave Formung alsGriffmulde sind nicht vorhanden.Die F-Trillerklappe (Abb. 2) istextrem klein, überhaupt gibt dieseKlappe bei KEILWERTH-<strong>Saxophone</strong>nRätsel auf (siehe auch [Dap]): bei allenKeilwerth-Instrumenten des Autorsvon Sopran bis Bariton ist dieseKlappe näherungsweise gleich groß!Akustisch macht das keinen Sinn,die Klappe sollte eigentlich ein zweitesF♯-Loch öffnen, also auf gleicherHöhe liegen und genauso großsein wie die Klappe des 1. Fingersder rechten Hand. Stattdessen istdie F-Trillerklappe aber wesentlichkleiner und aus Intonationsgründendementsprechend höher positioniert.Durch die zu geringe Größedes Tonlochs klingt ein F♯ mit Tfgegriffen denn auch sehr matt (siehehierzu auch Abb. 8 und 9). Der Hebelder Hoch-F♯-Klappe ist auf Höheder Hoch-E-Klappe angebracht;dort, wo man ihn heute üblicherweisefindet, ist ja die F-Trillerklappe.Noch eine Besonderheit: es gibteinen Extrahebel für die G♯-Klappe,die so von der rechten Hand gedrücktgehalten werden kann. DiesesAusstattungsmerkmal suchtman bei neuen Fabrikaten vergebens.Die Klappe erleichtert das Trillernvon G♯ nach A.Hervorzuheben sind die gebördeltenTonlöcher (in <strong>Vintage</strong>-Sprache: rolled holes, Abb. 6). DieTonlöcher werden bei der Herstellungdes Instruments aus dem Korpusherausgezogen und dann normalerweiseplangefräßt. Der so entstandeneKamin hat einen schmalenRand, auf dem das Polster aufliegtund so das Tonloch schließt. Dieseschmale Kante ist hier nun nochumgebördelt worden, so daß einrunder Rand mit mehr Auflageflächefür das Polster entsteht. DieseTechnik ist kostenträchtig und heutenur noch bei den SpitzenmodellenKEILWERTHS SX90R zu finden.Die Fingerauflagen des Saxophonssind aus Perlmutt, allerdingsnicht randlos wie bei den modernenKeilwerth-Instrumenten, sondern inMetall gefaßt. Die Oktavmechanik(Abb. 5) ist einfach und vielleicht etwaslangsamer als die Mechanik miteiner Wippe, die heute überwiegendzu finden ist. Hübsch: Auch für denOktav-Drücker wurde ein Perlmutt-Knopf spendiert.Zubehör Zum Zubehör des <strong>Toneking</strong>gehört ein Ebonit-Mundstückmit der ebengleichen Bezeichnung<strong>Toneking</strong>, von seiner Form her leichtals ein ZINNER-Fabrikat zu identifizieren.Weiterer Teil des Zubehörist ein Koffer (Abb. 7), dermit grüner Pappe beklebt und innenrecht spärlich ausgepolstert ist(ebenfalls grün). Für eingangs geschilderteUnfälle kein besondersguter Schutz. Bei der Anschaffungeines von daher empfehlenswertenFormkoffers ist allerdings zu beachten,daß die Form des Schallbechersdeutlich von der sonst als üblichangenommenen Selmerbauweiseabweicht — hier ist auf jeden Falleine „Anprobe“ angezeigt.Spielbericht Zum Anspieltestsollen zwei verschiedene Mundstück/Blattkombinationenbetrach-1 . . . was vielleicht den Avantgarde-Saxophonisten freuen könnte, tut sich doch die Griffmöglichkeit für weitere Multiphonics auf. ;)Spielbericht <strong>Toneking</strong> • J.-M. BATKE • Seite 4
tet werden: für die klassische Spielweiseist dies ein VANDORENEbonit-Mundstück T27 mit VANDO-REN Blättern der Stärke 3; für denJazztest wird ein PETER PONZOLMundstück 110, mit Superkammerin Verbindung mit VANDOREN V16Blättern 2,5 bzw. mit einem BARIKunstoffblatt soft verwendet.Zunächst zum „klassischen“Test. Beim Spielen fällt sofort diesehr direkte Ansprache des Instrumentsauf, vor allem in der mittlerenLage. Problematisch ist der überblasendeBereich G2-G♯2-A2, der jaschon von sich aus schwierig ist,weil hier die Oktavklappe gewechseltwird. Hier neigt das Instrumentleicht zu einer kratzenden Ansprachedes Tons, was eine zu saloppeAtemführung sofort abstraft.Der Klang des <strong>Tenor</strong>s ist warmund rund, und er hat bei jeder Dynamikeine angenehme Fülle. Es istaber auch durchaus möglich, einenschlanken Ton zu entwickeln, derfür das klassische Repertoire durchausgeeignet ist.Die Intonation ist zwar nicht perfekt,aber gut beherrschbar. Die hoheLage ab C3 ist etwas zu hoch,was tendenziell bei vielen <strong>Saxophone</strong>nder Fall ist. Auffällig istdas sehr tiefe mittlere F (F1, F2).Hier scheint wirklich das Tonloch zuklein zu sein bzw. der Klappenaufgangzu niedrig. Die eingangs erwähnteBeule unter dem Klappenanschlagwird wohl von einem ehemalsunternommenen Versuch herrühren,diese Intonationsschwächedurch Vergrößern des Klappenaufgangeszu korrigieren.Die Mechanik läuft sehr gut; dieKlappenaufgänge fallen insgesamtim Vergleich zu anderen <strong>Tenor</strong>saxophonenrelativ niedrig aus, was einemdas Gefühl einer schnellen Mechanikgibt. Die ungewöhnliche Positionder Hoch-F♯-Klappe ist übrigenskein Problem, man gewöhntsich leicht daran.Spätestens beim Test mit demJazzmundstück zeigt das <strong>Toneking</strong>,was in ihm steckt — der Ton ist großund voluminös. Auch bei Verwendungdes Kunstoff-Blattes, das vorallem hohe Lautstärken ermöglicht,bleibt der Ton rund und scheppertnicht.Fazit Das Keilwerth-SaxophonModell <strong>Toneking</strong> ist im gut hergerichtetenZustand ein hochwertigesInstrument, das es vom Klangher auch mit neu produziertenSpitzenklasse-Instrumenten aufnehmenkann. Defizite sind im BereichSpielkomfort zu vermerken, hierbekommt man auf moderneren <strong>Saxophone</strong>nmehr geboten. UntermStrich ist das <strong>Toneking</strong> ein Saxophon,auf dem es Spaß macht zu spielen.Danksagung Herzlicher Dank desAutors geht an KARSTEN GLO-GER für Anleitung und Hilfestellungbei der Generalüberholungund an GERHARDT KEILWERTH fürdie Detail-Auskünfte.Literatur[Dap] DAPPER, Klaus. Keilwerth<strong>Toneking</strong> Exclusive <strong>Tenor</strong>saxophon.Spotlight[url] Webseiten Boosey &Hawkes. www.boosey.com/Instruments/Keilwerth[Vil88] VILLMOW, Michael: <strong>Saxophone</strong>Made in Germany. In:Fachblatt Musikmagazin 7(1988)Rechtlichesc○ Berlin im August 2002Jan-Mark Batkeletzte Revision 5. September 2002Die nichtkommerzielle Vervielfältigungdieses Artikels ist erlaubt.Die neuste Version gibt es unterhttp://www.nue.tu-berlin.de/wer/batke.■ 7: Der Originalkoffer zum <strong>Toneking</strong>, grün in grün.Spielbericht <strong>Toneking</strong> • J.-M. BATKE • Seite 5