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Das Widerrufsrecht im Onlinehandel, 2009 - Dr. Carsten Föhlisch

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Information und Recht________Band 74


SchriftenreiheInformation und RechtHerausgegeben vonProf. <strong>Dr</strong>. Thomas HoerenProf. <strong>Dr</strong>. Gerald SpindlerProf. <strong>Dr</strong>. Bernd Holznagel, LL.M.Prof. <strong>Dr</strong>. Georgios GounalakisPD <strong>Dr</strong>. Herbert BurkertProf. <strong>Dr</strong>. Thomas <strong>Dr</strong>eierBand 74Verlag C.H. Beck München <strong>2009</strong>


<strong>Das</strong> <strong>Widerrufsrecht</strong><strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong>von<strong>Carsten</strong> <strong>Föhlisch</strong>Verlag C.H. Beck München <strong>2009</strong>


D 6Verlag C.H. Beck <strong>im</strong> Internet:beck.deISBN 978 3 406 59641 4© <strong>2009</strong> Verlag C.H. Beck oHGWilhelmstraße 9, 80801 München<strong>Dr</strong>uck: Nomos VerlagsgesellschaftIn den Lissen 12, 76547 Sinzhe<strong>im</strong>Satz: ES-Editionssupport, MünchenGedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigen Papier(hergestellt aus chlorfrei gebleichtem Zellstoff)


VorwortVorwortDiese Arbeit wurde <strong>im</strong> Sommersemester <strong>2009</strong> von der RechtswissenschaftlichenFakultät der Universität Münster als Dissertation angenommen.Sie entstand während meiner Tätigkeit als Justiziar derTrusted Shops GmbH, die ein Gütesiegel für Online-Shops vergibt undTransaktionen <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong> absichert. Rechtsprechung, Literaturund laufende Rechtssetzungs- und Gesetzgebungsverfahren (VRRL-E,Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformenund Gesetz zur Neuordnung des Widerrufs- und Rückgaberechts)sind bis August <strong>2009</strong> berücksichtigt.Nicht mehr einbezogen werden konnten die begrüßenswerten Vorschlägedes Bundesjustizministeriums zur Überarbeitung des VRRL-Eund für eine europäische Muster-Widerrufsbelehrung.Meinem verehrten Doktorvater Herrn Professor <strong>Dr</strong>. Thomas Hoerenmöchte ich für seine stets wertvollen Anregungen und die Ermöglichungder Aufnahme in diese Schriftenreihe danken. Am Rande eines gemeinsamenSeminars zum Verbraucherschutz <strong>im</strong> E-Commerce ist die Idee zudieser Arbeit entstanden. Herr Professor <strong>Dr</strong>. Tobias Brönneke, den ichseit Jahren als Gesprächspartner auf dem Gebiet des Fernabsatzrechtssehr schätze, hat in kürzester Zeit das Zweitgutachten erstellt und soeine rasche Veröffentlichung gewährleistet.Besonderer Dank gebührt auch den Kollegen Rechtsanwälten RolfBecker, Jens Dohmgoergen und <strong>Dr</strong>. Felix Buchmann sowie dem Richteram Oberlandesgericht <strong>Dr</strong>. Helmut Hoffmann, mit denen ich inzahlreiche Praxisprobleme des Fernabsatzrechts <strong>im</strong>mer wieder diskutierthabe. Meiner wissenschaftlichen Mitarbeiterin Tanya Dyakovahabe ich unerlässliche Recherche- und Korrekturarbeiten zu verdanken.Frau Madeleine Pilous erstellte das Stichwortverzeichnis.Meine Eltern, Inge und Peter <strong>Föhlisch</strong>, haben mich während der gesamtenZeit meines Studiums uneingeschränkt unterstützt. Ohne diegroßzügige Förderung der Geschäftsleitung der Trusted Shops GmbH,Jean-Marc Noël, Ulrich Hafenbradl und Thomas Karst, wäre die Promotionebenso wenig realisierbar gewesen wie ohne die Geduld undUnterstützung meiner lieben Frau Melanie und meines Sohnes Ole.Ihnen ist diese Arbeit gewidmet.Köln, <strong>im</strong> Juni <strong>2009</strong><strong>Carsten</strong> <strong>Föhlisch</strong>


InhaltsübersichtInhaltsübersichtVorwort ...................................... VInhaltsverzeichnis ............................... IXAbkürzungsverzeichnis ........................... XXIXLiteraturverzeichnis .............................. XXXVIIEinleitung ........................................ 1Teil 1 – Grundlagen ................................ 5A. Begriffsbest<strong>im</strong>mungen ............................ 5B. Historische Entwicklung .......................... 9C. Zwecke ...................................... 53D. Systematik .................................... 62Teil 2 – Anwendungsbereich .......................... 69A. Persönlicher Anwendungsbereich .................... 69B. Sachlicher Anwendungsbereich ..................... 89C. Bereichsausnahmen des Fernabsatzrechts .............. 104D. Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> .................... 120Teil 3 – Widerrufsfrist und Ausübung ................... 185A. Widerrufsfrist .................................. 185B. Ausübung ..................................... 265Teil 4 – Die Rückabwicklung des widerrufenen Vertrages ..... 291A. Leistungsrückgewähr ............................ 291B. Gefahrtragung ................................. 296C. Kostentragung ................................. 299D. Wert- und Nutzungsersatz ......................... 321Teil 5 – Informations- und Belehrungspflicht .............. 357A. Information auf Internetseiten ...................... 357B. Belehrung in Textform ........................... 389C. Rechtsfolgen von Pflichtverletzungen ................. 420Teil 6 – Verwendung eines Belehrungsmusters ............. 431A. Entstehungsgeschichte und Zweck ................... 431B. Entwicklung der Belehrungsmuster ................... 432


VIIIInhaltsübersichtC. Vor- und Nachteile .............................. 448Teil 7 – Ergebnisse und Ausblick ....................... 451A. Ergebnisse .................................... 451B. Aktuelle Gesetzesvorhaben ........................ 481C. Europäisches Recht .............................. 507D. Schlussbetrachtung .............................. 528Stichwortverzeichnis ............................... 531


InhaltsverzeichnisInhaltsverzeichnisVorwort ...................................... VAbkürzungsverzeichnis ........................... XXIXLiteraturverzeichnis .............................. XXXVIIEinleitung ........................................ 1Teil 1 – Grundlagen ................................ 5A. Begriffsbest<strong>im</strong>mungen ............................ 5I. <strong>Onlinehandel</strong> ................................ 5II. <strong>Widerrufsrecht</strong> ............................... 8B. Historische Entwicklung .......................... 9I. Vorläufer und Parallelvorschriften ................. 91. Überrumpelung ............................. 92. Längerfristige Belastung ...................... 103. Distanz zu Unternehmer und Leistung ............ 104. Überraschungsgefahr ......................... 115. Komplexität der Vertragsmaterie ................ 126. Zwischenergebnis ........................... 12II. Versandhandelsbranche ......................... 12III. Fernabsatzrichtlinie (FARL) ...................... 131. Anfänge der FARL .......................... 142. Schutz vor Gefahren des „Tele-Einkaufs“ .......... 153. Uneinigkeit bei den Richtlinienvorschlägen ......... 164. Verkündung der FARL ....................... 185. Zwischenergebnis ........................... 18IV. Fernabsatzgesetz (FernAbsG) ..................... 191. FernAbsG als Sondergesetz .................... 192. Streitpunkte ............................... 21a) Versteigerungen .......................... 21b) Widerrufsfrist ............................ 21c) Rücksendekosten .........................d) Wertersatz ..............................22233. Bedenken gegen das FernAbsG .................. 24a) Rechtsausschuss .......................... 24b) Opposition .............................. 244. Verabschiedung ............................ 265. Zwischenergebnis ........................... 26V. BGB und BGB-InfoV ........................... 27


XInhaltsverzeichnis1. Schuldrechtsmodernisierungsgesetz .............. 27a) Unübersichtliche Informationspflichten ......... 27b) Erweiterter Wertersatzanspruch ............... 28c) Zusätzliche Voraussetzungen für den Fristlauf .... 292. OLG-Vertretungs-Änderungsgesetz .............. 30a) Unbefristetes <strong>Widerrufsrecht</strong> ................. 30b) Muster-Widerrufsbelehrung .................. 31c) Monatsfrist ............................. 323. Umsetzung der Finanzdienstleistungsrichtlinie(FARLFDL) ............................... 33a) Ausufernde Informationspflichten ............. 33b) Noch kompliziertere 40-EUR-Regelung ......... 354. Zwischenergebnis ........................... 36VI. Bericht und Konsultation über die FARL ............ 371. Ernüchterndes Fazit zur FARL .................. 382. Geforderte Verbesserungen .................... 39a) Unternehmerbegriff ........................ 39b) Ausnahmen für best<strong>im</strong>mte Geschäftszweige ...... 40c) Ausnahme für Auktionen ................... 41d) Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> .............. 41e) Umfang der Informationspflichten ............. 43f) Harmonisierung der Widerrufsfrist ............. 44g) Rücksendemodalitäten und -kosten ............ 453. Zwischenergebnis ........................... 46VII. Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstandes ...... 471. Veröffentlichung des Grünbuchs ................ 472. Rechtszersplitterung durch Mindestharmonisierung . . . 483. Vertikaler, horizontaler oder kombinierter Ansatz .... 494. Streitpunkt Vollharmonisierung ................. 505. Zwischenergebnis ........................... 51VIII. Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken ......... 52C. Zwecke ...................................... 53I. Allgemeines Verbraucherschutzrecht ............... 531. Konzepte des Verbraucherschutzes ............... 54a) Der strukturell unterlegene Verbraucher ......... 54b) Der situativ schutzbedürftige Verbraucher ....... 55c) <strong>Das</strong> Kombinationsmodell ................... 562. Anwendbarkeit <strong>im</strong> Fernabsatz .................. 56II. Fernabsatzrecht .............................. 571. Förderung des EU-Binnenmarktes ............... 582. Stärkung des Verbrauchervertrauens ............. 58a) Informationspflichten ...................... 58


Inhaltsverzeichnis XIb) <strong>Widerrufsrecht</strong> ........................... 603. Schutz vor aggressiven Verkaufspraktiken .......... 604. Weiterentwicklung der Informationsgesellschaft ..... 61III. <strong>Widerrufsrecht</strong> <strong>im</strong> Online-Handel ................. 61D. Systematik .................................... 62I. Informationspflichten und <strong>Widerrufsrecht</strong> ........... 62II. Zweistufigkeit der Widerrufsinformation ............ 621. Flüchtige Informationen ...................... 632. Belehrung in Textform ....................... 633. Vermischungstendenzen ...................... 64III. Systematisches Verhältnis §§ 312c Abs. 2, 355 BGB .... 651. Zeitpunkt der Widerrufsbelehrung ............... 652. Inhalt der Widerrufsbelehrung .................. 66IV. Günstigkeitsprinzip, § 312b Abs. 5 ................ 67Teil 2 – Anwendungsbereich .......................... 69A. Persönlicher Anwendungsbereich .................... 69I. Verbraucher, § 13 BGB ......................... 701. Natürliche Person ........................... 70a) Gemeinnützige Vereine und Stiftungen .......... 70b) Gesellschaften bürgerlichen Rechts ............. 712. Privater Zweck ............................. 72a) „Dual Use“ Produkte ...................... 73b) Existenzgründung ......................... 743. Zwischenergebnis ........................... 74II. Unternehmer, § 14 BGB ........................ 751. eBay-Anbieter .............................. 76a) „Powerseller“ ............................ 77b) Anzahl der Verkäufe ....................... 78c) Anzahl der Bewertungen .................... 80d) Art der verkauften Waren ................... 81e) Marketing und Verwendung von AGB .......... 82f) Umsatz ................................ 83g) Zahlungsart „PayPal“ ...................... 83h) Angebotsformat „Sofort Kaufen“ .............. 84i) Gesamtwürdigung der Umstände .............. 842. Onlineshops ............................... 843. Zwischenergebnis ........................... 85III. Beweislast .................................. 861. Nachweis des privaten Zwecks ................. 862. Nachweis der Unternehmereigenschaft ............ 86a) Beweislastumkehr ......................... 86


XIIInhaltsverzeichnisb) Beweis ersten Anscheins .................... 87c) Indizienbeweis ........................... 87d) Keine Beweiserleichterungen ................. 883. Zwischenergebnis ........................... 88B. Sachlicher Anwendungsbereich ..................... 89I. Vertrag über Waren oder Dienstleistungen ........... 891. Vertrag .................................. 892. Waren ................................... 893. Dienstleistungen ............................ 90II. Ausschließliche Verwendung von Fernkommunikationsmitteln....................................... 911. Fernkommunikationsmittel .................... 912. Ausschließliche Verwendung ................... 92a) Kontakt bei der Vertragsanbahnung auf Initiative desVerbrauchers ............................ 92b) Kontakt bei der Vertragsanbahnung auf Initiative desUnternehmers ............................ 93c) Einsatz von Vertretern und Boten des Unternehmersbei Vertragsschluss ........................ 93aa) Der Fall mobilcom AG und die Lösung desBGH ............................... . 94bb) Auffangfunktion des Haustürwiderrufsrechts . . . 96cc) Vertrag bereits früher zustande gekommen .... . 97dd) Schutzzweck der Fernabsatzvorschriften ...... . 97ee) Umgehungsgeschäft, § 312f S. 2 BGB ........ . 98d) Abholung der Ware <strong>im</strong> Ladenlokal durch den Verbraucher............................... 98aa) Vertrag bereits <strong>im</strong> Fernabsatz geschlossen ..... . 98bb) Lediglich unverbindliche Reservierung über dasInternet ............................. . 993. Zwischenergebnis ........................... 99III. Organisiertes Fernabsatzsystem ................... 1011. Meinungsstand nach geltendem Recht ............ 1012. Onlineshops und Online-Plattformen ............. 1013. Wegfall des Tatbestandsmerkmals nach dem VRRL-E . 1024. Zwischenergebnis ........................... 103C. Bereichsausnahmen des Fernabsatzrechts .............. 104I. Entstehung und Entwicklung der Ausnahmetatbestände . . 1041. Ausnahmetatbestände der FARL 1997 ............ 1052. Umsetzung <strong>im</strong> deutschen Recht ................. 1073. Ausnahmetatbestände des VRRL-E 2008 .......... 1084. Zwischenergebnis ........................... 109


Inhaltsverzeichnis XIIIII. Weiterreichendes Verbraucherschutzrecht ............1. Fernunterrichtsschutzgesetz ....................1091092. Teilzeit-Wohnrechte ......................... 1103. Versicherungen ............................. 1104. Grundstücks- und Immobiliengeschäfte ........... 111III. Unzumutbarkeit der Anwendung von Fernabsatzrecht . . . 1111. Haushaltsgegenstände des täglichen Bedarfs ........ 1112. Pr<strong>im</strong>är touristische Dienstleistungen .............. 113a) Reiseleistungen und Pauschalreisen ............ 114b) Beförderung und Autovermietung ............. 115c) Freizeitgestaltung ......................... 1163. Warenautomaten und öffentliche Fernsprecher ...... 1184. Zwischenergebnis ........................... 118IV. Reihenvorgänge .............................. 119D. Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> .................... 120I. Entstehung und Entwicklung der Ausnahmetatbestände . . 1201. Ausnahmetatbestände der FARL 1997 ............ 1212. Umsetzung <strong>im</strong> deutschen Recht ................. 1213. Ausnahmetatbestände des VRRL-E 2008 .......... 122a) Stark abweichende Positionen der Interessenverbände 122b) Weitgehend unveränderter Katalog der Ausnahmen . 1244. Zwischenergebnis ........................... 125II. Nach Kundespezifikation angefertigte oder eindeutig personalisierteWare ............................... 1261. Abgrenzung der Fallvarianten .................. 1272. Umsetzung in anderen europäischen Mitgliedsstaaten . 1273. Eindeutige Fälle individualisierter Ware ........... 1284. Eindeutige Fälle nicht individualisierter Ware ....... 1285. Built-to-Order (BTO)-Produkte ................. 129a) Baukasten-PCs ........................... 130aa) Notebook-Urteil des BGH ................ 130bb) Gegenansicht ......................... 131cc) Stellungnahme ........................ 132b) Kraftfahrzeuge und Fahrräder ................ 133c) Möbel ................................. 134d) Badez<strong>im</strong>mer ............................. 134e) Maßkleidung ............................ 135f) Waren mit Aufdrucken ..................... 136g) Zwischenergebnis ......................... 136III. Aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht zur Rücksendung geeigneteWare ................................ 1381. Unklarer Anwendungsbereich .................. 138


XIVInhaltsverzeichnis2. Inhalt des Ausnahmetatbestandes ................a) Wortsinn der Norm .......................140140b) Bedeutungszusammenhang der Norm ........... 140c) Historisch-teleologische Auslegung ............. 141d) „Enge“ Auslegung von Ausnahmebest<strong>im</strong>mungen . . . 141e) Objektiv-teleologische Auslegung .............. 143f) Verfassungskonforme Auslegung .............. 143g) Rechtsvergleichende Auslegung ............... 144h) Zwischenergebnis ......................... 1443. Dogmatik der zur Rücksendung ungeeigneten Waren . 145a) Typisierter unzumutbarer Nachteil ............. 146b) Verbindung oder Vermischung ................ 148c) Öffnung der Originalverpackung .............. 148aa) Transportverpackung ................... 150bb) Umverpackung ........................ 150cc) Verkaufsverpackung .................... 151d) Gleichartige Gefahrenlagen .................. 152aa) Verderblichkeit ........................ 152bb) Fehlende Verkehrsfähigkeit ............... 152cc) Erheblicher Wertersatzanspruch ............ 1524. Fallgruppen ............................... 154a) Arzne<strong>im</strong>ittel ............................. 154b) Medizinprodukte ......................... 156c) Hygieneartikel ........................... 157aa) Kissen, Bettzeug, Schlafsäcke, Matratzen etc. . . 158bb) Zahnbürsten, Nasenhaarschneider, Earphonesetc. ................................ 160cc) Erotikspielzeug, Verhütungsmittel, Int<strong>im</strong>schmucketc. ................................ 160dd) Strumpfhosen, Socken, Unterwäsche etc. ..... 161ee) Crèmes, Lotionen, Deoroller, Parfum etc. ..... 162ff) Friteusen, Eierkocher, Kaffeemaschinen, Saftpressenetc. ........................... 163d) Verbrauchsmaterialien ..................... 164e) Computerkomponenten ..................... 164f) Batterien und Leuchtmittel ..................g) Lebewesen ..............................165165h) Softwaredownloads ....................... 166i) Energielieferung .......................... 1675. Zwischenergebnis ........................... 167IV. Schnell verderbliche Waren ...................... 169V. Entsiegelte Datenträger ......................... 1701. Entsiegelung ............................... 170


Inhaltsverzeichnis XVa) Physische Siegel ..........................b) Elektronische Siegel .......................1711722. Treibersoftware ............................ 1723. Downloads ................................ 173VI. Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierte ............. 174VII. Wett- und Lotterie-Dienstleistungen ................ 175VIII. Auktionen .................................. 1771. <strong>Das</strong> eBay-Urteil des BGH ..................... 1772. Gegenansichten ............................. 1793. Stellungnahme ............................. 181IX. Produkte, deren Preis auf den Finanzmärkten Schwankungenunterliegt ................................ 181X. Zwischenergebnis ............................. 183Teil 3 – Widerrufsfrist und Ausübung ................... 185A. Widerrufsfrist .................................. 185I. Regelmäßige Widerrufsfrist ...................... 185II. Beginn der regelmäßigen Frist .................... 1861. Eingang der Ware ........................... 186a) Eingang be<strong>im</strong> Verbraucher .................. 187b) Annahme durch den „Nachbarn“ ............. 187c) Hinterlegung be<strong>im</strong> Versender ................. 188d) Lieferung von peius oder aliud ................ 189e) Sukzessivlieferungen ....................... 190f) Zwischenergebnis ......................... 1922. Mitteilung der Widerrufsbelehrung in Textform ..... 193a) Richtlinienkonforme Auslegung ............... 193b) Brief, Fax ............................... 195c) E-Mail ................................. 195d) Texte auf Internetseiten ..................... 196aa) Rechtsprechung ....................... 196bb) Literatur ............................ 198cc) Stellungnahme ........................ 199e) Rechtslage nach dem VRRL-E ................ 202f) Zwischenergebnis ......................... 2033. Mitteilung fernabsatzrechtlicher Informationen in Textform..................................... 203a) Form .................................. 204aa) Transparenzgebot ...................... 204bb) Integration in AGB ..................... 205b) Inhalt .................................. 206aa) Identität, Unternehmensregister, Registernummer................................ 207


XVIInhaltsverzeichnisbb) Identität eines Vertreters <strong>im</strong> Mitgliedsstaat desVerbrauchers ......................... 209cc) Ladungsfähige Anschriften, Vertretungsberechtigter................................. 211dd) Wesentliche Merkmale der Ware und Zustandekommendes Vertrages .................. 213ee) Mindestlaufzeit bei Dauerschuldverhältnissen . . 216ff) Leistungsvorbehalte .................... 216gg) Gesamtpreis, Preisbestandteile, Steuern, Berechnungsgrundlage....................... 218hh) Liefer- und Versandkosten, weitere Steuern undKosten .............................. 220ii) Einzelheiten hinsichtlich der Zahlung und Lieferungoder Erfüllung .................... 222jj) Bestehen, Nichtbestehen, Einzelheiten undRechtsfolgen des <strong>Widerrufsrecht</strong>s ........... 226kk) Zusätzliche Kosten des Fernkommunikationsmittels................................ 227ll) Gültigkeitsdauer der Informationen ......... 228mm)Kündigungsbedingungen bei Dauerschuldverhältnissen.............................. 228nn) Kundendienst und Gewährleistungsbest<strong>im</strong>mungen................................ 229oo) Allgemeine Geschäftsbedingungen .......... 230c) Belehrungszeitpunkt ....................... 231aa) Frühester Zeitpunkt .................... 231bb) Spätester Zeitpunkt ..................... 233d) Zwischenergebnis ......................... 233aa) Unnötiger Umfang der Informationen ........ 233bb) Unklarer Inhalt der Informationen .......... 234cc) Bedingt sinnvoller Zeitpunkt der Mitteilung . . . 2354. Erfüllung der Pflichten <strong>im</strong> elektronischen Geschäftsverkehr..................................... 236a) Bereitstellung von Korrekturhilfen ............. 237b) Informationserteilung ...................... 238aa) Technische Schritte des Vertragsschlusses .....bb) Vertragstextspeicherung .................239241cc) Korrekturhilfen ....................... 241dd) Vertragssprachen ...................... 242ee) Verhaltenskodizes ...................... 242c) Zugangsbestätigung ....................... 243d) Speicherbarkeit der Vertragsbest<strong>im</strong>mungen ....... 245e) Zwischenergebnis ......................... 245


Inhaltsverzeichnis XVIIIII. Verlängerte Fristen ............................1. Monatsfrist ...............................246246a) Vertragsschluss in Onlineshops und bei eBay ..... 247b) Belehrungszeitpunkt ....................... 247aa) Vor Abgabe der Vertragserklärung .......... 248bb) Vor Vertragsschluss .................... 249cc) Bei Vertragsschluss ..................... 249dd) Nach Vertragsschluss ................... 249c) § 312c Abs. 2 BGB lex specialis gegenüber §§ 355ff.BGB ................................... 250d) Teleologische Reduktion des § 355 Abs. 2 S. 2 BGB 250aa) Belehrung „alsbald nach Vertragsschluss“ .... 251bb) Keine Unterbrechung des Geschehensablaufs . . . 251cc) Belehrung innerhalb der regelmäßigen Lieferzeit 252e) Stellungnahme ........................... 252aa) Systematik ........................... 253bb) Entstehungsgeschichte ................... 253cc) Sinn und Zweck ....................... 256dd) Gemeinschaftsrecht ..................... 2562. Kauf auf Probe ............................. 2573. <strong>Dr</strong>e<strong>im</strong>onatsfrist ............................. 259a) Europäisches Recht ........................ 259b) Nationale Regelungen in den EU-Mitgliedsstaaten . . 2604. Sechsmonatsfrist ............................ 261a) Verhältnis zur Nachbelehrung ................ 261b) Verhältnismäßigkeit der Sanktion ............. 262c) Teleologische Reduktion .................... 2635. Unbefristetes <strong>Widerrufsrecht</strong> ................... 2636. Zwischenergebnis ........................... 264B. Ausübung ..................................... 265I. Widerrufserklärung in Textform .................. 266II. Rücksendung der Sache ......................... 2681. Ausübungsform des Widerrufs .................. 2682. Einräumung eines Rückgaberechtes, § 356 BGB ..... 269a) EU-Rechtskonformität ..................... 270b) Vereinbarung des Rückgaberechts ............. 270aa) Rückgabebelehrung <strong>im</strong> Verkaufsprospekt ..... 271bb) Kenntnisnahmemöglichkeit in Abwesenheit desUnternehmers ......................... 272cc) Einräumung in Textform ................. 272c) Paketversandfähigkeit ...................... 275aa) Deutsche Post AG ...................... 275


XVIIIInhaltsverzeichnisbb) Weitere private Versender ................cc) Stellungnahme ........................276276d) Ausübung vor Erhalt der Lieferung ............ 2773. Rücksendung durch Nicht-Annahme der Lieferung . . . 2784. Zwischenergebnis ........................... 279III. Ausübungsformen <strong>im</strong> Europäischen Recht ........... 2801. Einschreiben ............................... 2802. Schriftform und Textform ..................... 2813. Formlos und durch Rücksendung der Sache ........ 2814. Ausübung nach dem VRRL-E .................. 282a) Standard-Widerrufsformular ................. 282b) Widerruf über Website ..................... 283c) Rücksendefrist für den Verbraucher ............ 2835. Stellungnahme ............................. 284IV. Teilwiderruf ................................. 284V. Verwirkung ................................. 285VI. Rechtsmissbrauch, § 242 BGB .................... 2861. Ausnutzen von Versandkostenfreigrenzen .......... 2872. Offensichtliches „Ausleihen“ ................... 2883. Wettlauf der Versender ....................... 289VII. Beweislast .................................. 289Teil 4 – Die Rückabwicklung des widerrufenen Vertrages ..... 291A. Leistungsrückgewähr ............................ 291I. Rücksendung ................................ 291II. Kaufpreisrückerstattung ........................ 292III. Rückgewähr Zug-um-Zug ....................... 2931. Rückerstattungspflicht des Händlers .............. 2932. Rücksendepflicht des Verbrauchers .............. 295IV. Zwischenergebnis ............................. 296B. Gefahrtragung ................................. 296I. Erfüllungsort und Sachgefahr ..................... 296II. Gegenleistungs- oder Preisgefahr .................. 2971. Versand durch den Händler .................... 2972. Rücksendung durch den Verbraucher ............. 298III. Zwischenergebnis ............................. 298C. Kostentragung ................................. 299I. Rücksendekostenregelung in den EU-Mitgliedsstaaten . . . 3001. Verbraucher trägt die Kosten ................... 3002. Unternehmer trägt die Kosten .................. 3013. Kostentragung in Deutschland .................. 301a) Die „40-EUR-Klausel“ ..................... 301


Inhaltsverzeichnis XIXb) Bewertung der Kostentragungsregelung .........II. Unmittelbare Kosten der Rücksendung ..............3033041. Versandkosten ............................. 304a) Frankierung des Paketes .................... 305aa) Unfreie Rücksendungen .................. 306bb) Frankierbitte ......................... 306cc) Stellungnahme ........................ 307b) Verwendung von Retourenaufklebern .......... 307c) Wahl einer best<strong>im</strong>mten Versandart ............. 309aa) Günstigste Versandart ................... 309bb) Expresszuschläge und Zusatzkosten ......... 311cc) Versicherung des Paketes ................. 311d) Zwischenergebnis ......................... 3122. Neuverpackungskosten ....................... 313III. Kosten des Versandes („Hinsendekosten“) ........... 3131. Keine ausdrückliche Regelung .................. 313a) Rückgewährpflicht und Wertersatz ............ 314b) Teil des Kaufpreises ....................... 314c) Nicht kompensationsfähige Vertragskosten ....... 3152. Richtlinienkonforme Auslegung ................. 315a) Verbot der Auferlegung der Hinsendekosten ...... 315b) Auferlegung der Hinsendekosten möglich ........ 317c) BGH-Vorlage an den EuGH ................. 318d) Regelung in dem VRRL-E ................... 3193. Eigene Position ............................. 319IV. Zwischenergebnis ............................. 320D. Wert- und Nutzungsersatz ......................... 321I. Wertersatz nach allgemeinen Rücktrittsregeln ......... 3211. Wertersatz für gezogene Nutzungen .............. 321a) Nutzungsersatz ........................... 322aa) Zeitanteilige lineare Wertminderung ......... 322bb) Durchschnittliche Mietkosten ............. 323b) Abnutzungsschaden ....................... 324c) Vereinbarkeit mit Gemeinschaftsrecht .......... 325aa) EuGH-Vorlage durch das AG Lahr ......... 325bb) Schlussanträge der EuGH-Generalanwältin .... 326d) Stellungnahme ........................... 3282. Wertersatz für Verbrauch etc. .................. 3313. Wertersatz für Verschlechterung oder Untergang ..... 333a) Verschlechterung der Ware .................. 333b) Verschlechterung der „Originalverpackung“ ...... 334aa) Ware oder Verpackung .................. 335


XXInhaltsverzeichnisbb) Pr<strong>im</strong>ärverpackung ......................cc) Transportverpackung ...................335336d) Verhältnis zu Wertersatz für gezogene Nutzungen . . 3374. Höhe des Wertersatzes ....................... 3375. Erleichterter Haftungsmaßstab .................. 3386. Zwischenergebnis ........................... 340II. Wertersatz für Verschlechterungen infolge best<strong>im</strong>mungsgemäßerIngebrauchnahme ........................ 3411. Vereinbarkeit mit Gemeinschaftsrecht ............ 342a) Verstoß gegen Art. 6 FARL .................. 342b) Kein Verstoß gegen Art. 6 FARL .............. 343c) Richtlinienkonforme Auslegung ............... 3442. Kein Wertersatz bei „Prüfung“ ................. 345a) Abgrenzung zur Ingebrauchnahme ............. 345aa) Angleichung an den stationären Handel ...... 346bb) Vergleich mit dem „Ladengeschäft“ ......... 346cc) Stellungnahme ........................ 347b) Einzelfälle .............................. 3483. Höhe des Wertersatzes ....................... 3504. Belehrungszeitpunkt ......................... 350a) Spätestens mit Lieferung .................... 351b) Vor Vertragsschluss ....................... 351c) Vor Ingebrauchnahme ...................... 352d) Unverzüglich nach Vertragsschluss ............. 3535. Verhältnis zu den allgemeinen Wertersatzansprüchen . 3536. Zwischenergebnis ........................... 354III. Verhältnis zum Ausschluss des <strong>Widerrufsrecht</strong>es ....... 354IV. Weitergehende Ansprüche ....................... 355Teil 5 – Informations- und Belehrungspflicht .............. 357A. Information auf Internetseiten ...................... 357I. Umfang .................................... 3571. Deutsches Recht ............................ 357a) Hinweis auf Bestehen oder Nichtbestehen ........ 358aa) Erforderlicher Konkretisierungsgrad ......... 359bb) Nennung nicht einschlägiger Ausnahmen ..... 361cc) Rechtsfolge bei Nichtaufklärung über das Nichtbestehen............................. 362b) Bedingungen, Einzelheiten der Ausübung und Rechtsfolgen................................. 3622. Europäisches Recht .......................... 364a) Geltendes Recht in den Mitgliedsstaaten ......... 364b) Auswirkungen des VRRL-E .................. 364


Inhaltsverzeichnis XXI3. Bewertung des Informationsumfangs .............II. Form ......................................3653671. Fernabsatzrechtliches Transparenzgebot ........... 3672. Klarheit .................................. 369a) Grafiken ............................... 369b) PlugIns ................................. 370c) Scrollboxen ............................. 3713. Erkennbarkeit und Erreichbarkeit ............... 372a) Keine Zwangsführung über Informationstexte ..... 372b) Zwangsführung über „sprechende Links“ ........ 374aa) Bezeichnung des Links ................... 375bb) Platzierung des Links ................... 377cc) Schritte bis zum Informationstext ........... 3784. Verständlichkeit ............................ 380a) Juristische Fachsprache ..................... 380b) Fremdsprache ............................ 3815. Integration der Widerrufsinformation in AGB ....... 382a) Zulässigkeit des Verbundkonzeptes ............ 382b) Sprechender Link auf die AGB-Passage .......... 383c) Kein vorvertragliches Hervorhebungserfordernis . . . 3846. Zwischenergebnis ........................... 384III. Zeitpunkt ................................... 3861. Frühester Zeitpunkt ......................... 3872. Spätester Zeitpunkt .......................... 387B. Belehrung in Textform ........................... 389I. Verbindung von Informations- und Belehrungspflicht . . . 3891. Pflichterfüllung in einem Akt ................... 3902. Hervorhebung bei Integration in AGB ............ 390II. Form ...................................... 392III. Zeitpunkt ................................... 3931. Information nach § 312c Abs. 2 BGB ............. 3932. Belehrung nach § 355 BGB .................... 393IV. Inhalt ...................................... 3931. Bestehen oder Nichtbestehen ................... 3942. Bedingungen ............................... 395a) Form der Ausübung ....................... 395b) Länge und Beginn der Frist .................. 396aa) Beginn „am Tag nach“ .................. 396bb) Beginn „mit“ ......................... 397cc) Beginn „nach“ ........................ 397c) Voraussetzungen des Fristbeginns ............. 398aa) Vereinfachte Nennung der Voraussetzungen . . . 398


XXIIInhaltsverzeichnisbb) Nennung nur einiger Voraussetzungen .......cc) Nennung sämtlicher Voraussetzungen .......400402dd) Angabe des konkreten Fristendes ........... 403d) Zwischenergebnis ......................... 4053. Einzelheiten der Ausübung .................... 406a) Rechtzeitige Absendung genügt ............... 406b) Widerrufsadressat ......................... 407aa) Name .............................. 407bb) Ladungsfähige Anschrift ................. 407cc) E-Mail-Adresse und Telefaxnummer ........ 408dd) Telefonnummer ....................... 409c) Unzulässige Einschränkungen ................ 4094. Rechtsfolgen ............................... 411a) Wertersatz .............................. 411aa) Allgemeiner Wertersatzanspruch ........... 412bb) Besonderer Wertersatzanspruch ............ 413b) Kostentragung ........................... 414aa) Rücksendekosten ...................... 415bb) Hinsendekosten ....................... 415c) Gefahrtragung ........................... 4165. Zwischenergebnis ........................... 417V. Rechtsentwicklung ............................ 4181. Rechtslage nach dem BGB-RegE ................ 418a) Neufassung § 312c BGB-RegE ................ 418b) Neufassung §§ 355, 360 BGB-RegE ............ 4182. Rechtslage nach dem VRRL-E .................. 419C. Rechtsfolgen von Pflichtverletzungen ................. 420I. UKlaG ..................................... 420II. Wettbewerbsrecht ............................. 4211. Rechtslage bis zum 11.12.2007 ................. 421a) Bagatellverstöße .......................... 422b) Keine Bagatellverstöße ..................... 4232. Rechtslage seit dem 12.12.2007 ................. 424a) Richtlinienkonforme Auslegung ............... 424aa) Keine Bagatellschwelle mehr .............. 425bb) Widerrufsbelehrung <strong>im</strong> Lauterkeitsrecht ...... 425b) Vorabinformation über das Bestehen eines <strong>Widerrufsrecht</strong>es.............................. 426aa) Erforderlichkeit eines höheren nationalen Schutzniveaus............................. 426bb) Kombination von Vorabinformation und Textformbelehrung........................ 427


Inhaltsverzeichnis XXIIIc) Bestätigung der Informationen nach Vertragsschluss 4283. Rechtslage nach Inkrafttreten des UWG n.F. zum30.12.2008 ................................ 428III. Vertragsrechtliche Sanktionen .................... 429IV. Zwischenergebnis ............................. 429Teil 6 – Verwendung eines Belehrungsmusters ............. 431A. Entstehungsgeschichte und Zweck ................... 431B. Entwicklung der Belehrungsmuster ................... 432I. Fehlerhafte erste Fassung 2002 ................... 4321. Inhaltliche Schwächen ........................ 4322. Unwirksamkeit ............................. 433II. Unzureichende Neufassung 2004 .................. 4341. Ungeeignetheit und Schwächen des Musters ........ 434a) Ungeeignetheit zum Einsatz <strong>im</strong> Internethandel ..... 435b) Inhaltliche Schwächen ...................... 4352. Rechtsfolgen der Fehlerhaftigkeit des Musters ....... 437a) Gesetzes- oder Verordnungsrang .............. 437b) Unwirksamkeit ........................... 438c) Wettbewerbswidrigkeit ..................... 439d) Teilkorrektur ............................ 4403. Amtshaftung für normatives Unrecht ............. 441III. Verbesserte Musterbelehrung 2008 ................ 4421. Diskussionsentwurf v. 23.10.2007 ............... 4422. <strong>Dr</strong>itte Verordnung zur Änderung der BGB-InfoV .... 443a) Belehrung über Verbraucherrechte ............. 443b) Belehrung über den Fristbeginn ............... 444c) Belehrung über die Rechtsfolgen .............. 4453. Übergangsfrist, § 16 BGB-InfoV ................. 445IV. Geplante Musterbelehrung <strong>2009</strong> .................. 4451. Gesetzesrang der Musterbelehrung ............... 4462. Kritik an der vorgesehenen Musterbelehrung ....... 447V. Keine europäische Muster-Widerrufsbelehrung ........ 447C. Vor- und Nachteile .............................. 448Teil 7 – Ergebnisse und Ausblick ....................... 451A. Ergebnisse .................................... 451I. Historische Entwicklung ........................ 4511. Distanz zu Vertragspartner und Leistung als Rechtfertigung..................................... 4512. Veraltetes Leitbild „Tele-Einkauf“ der FARL ....... 4513. Fernabsatzrecht als Spielball der Politik ........... 451


XXIVInhaltsverzeichnis4. Steigerung der Komplexität statt Transparenz .......5. Völlig unangemessene Sanktionen ...............4524526. FARL verfehlt ihre Ziele ...................... 452II. Anwendungsbereich ........................... 4531. Schutz des Schwächeren ...................... 4532. Starker Verbraucher gegen schwachen Händler ...... 4533. Fließende Grenzen des Verbraucherschutzrechts ..... 4544. Umgehungsmöglichkeiten des Anwendungsbereichs . . . 454III. Ausnahmen ................................. 4551. Willkürliche Annahme der Unzumutbarkeit ........ 4552. Lobbyismus statt Systematik ................... 4553. Gesetzgeber trifft notwendige politische Entscheidungennicht ..................................... 4564. Kundenspezifikation ......................... 456a) Typisierte Unzumutbarkeit .................. 456b) Zerlegung mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand 457c) Weiterverkäuflichkeit mit erheblichen wirtschaftlichenEinbußen ........................... 4575. Zur Rücksendung nicht geeignet ................ 458a) Unergiebige Wortsinn- und historisch-teleologischeAuslegung .............................. 458b) Objektiv-teleologische Auslegung .............. 458c) Wiederverkäuflichkeit als maßgebliches Kriterium . . 458d) Ausnahme ist verbraucherfreundlicher als Wertersatz 458e) Typisierte Unzumutbarkeit .................. 4596. Gleiche Gefährdungslage bei Auktionen ........... 459IV. Widerrufsfrist ................................ 4601. Tatsächlicher Erhalt der Ware .................. 4602. Keine Mitteilung in Textform durch Internetseiten . . . 4613. Zulässige Textform-Formate ................... 4614. Ausufernde Informationspflichten als Fristlaufvoraussetzung..................................... 462a) Irreführende Vertragsschlussinformationen ....... 462b) Irreführende Informationspflichten über Leistungsvorbehalte.............................. 462c) Unpräziser Begriff der „Einzelheiten“ als Fristlaufvoraussetzung............................ 463d) Bedingt sinnvolle Belehrungszeitpunkte ......... 463e) Multiple Verknüpfungen mit erhöhter Fehleranfälligkeit................................... 4635. Nie beabsichtigte Sanktionswirkung der Monatsfrist . . 464a) Unternehmerschutz statt Verbraucherschutz ...... 464b) Teleologische Reduktion .................... 464


Inhaltsverzeichnis XXVc) Verbraucher nicht schutzbedürftig .............d) Gemeinschaftsrechtswidrige Regelung ..........465465V. Ausübung ................................... 4651. Rückgaberecht als zulässige Ersetzungsform ........ 4652. Paketversandfähigkeit mit Privatversendern ........ 4663. Sinnvolle Ausübungsform des Widerrufs ........... 466VI. Leistungsrückgewähr Zug-um-Zug ................. 467VII. Gefahr- und Kostentragung ...................... 4681. Fehlende einheitliche Gefahrtragungsregelung ....... 4682. Zu komplizierte 40-EUR-Regelung ............... 4683. Unangemessene Möglichkeit der unfreien Rücksendung 4684. Schadensminderungspflicht des Verbrauchers ....... 4695. Hinsendekosten sind keine kausalen Kosten i.S.d. FARL 469VIII. Wert- und Nutzungsersatz ....................... 4691. Kein Wertersatz für bloße Nutzungsmöglichkeit ..... 4692. Wertersatz für Abnutzungsschaden .............. 4703. Richtlinienkonforme Auslegung der deutschen Regelungen...................................... 4704. Sich als Eigentümer gerierender Verbraucher nichtschutzwürdig .............................. 4715. Keine Kaufpreisrückerstattung für verbrauchte Waren . 4716. Objektiver Verkehrswert für die Berechnung maßgeblich 4717. <strong>Das</strong> Dilemma der Abgrenzung zwischen Prüfung undIngebrauchnahme ........................... 4728. Rechtsfolgenbelehrung vor Ingebrauchnahme ausreichend.................................... 472IX. Information auf Internetseiten .................... 4721. Vertragsaufhebung bei Fehlaufklärung über das Nichtbestehen.................................... 4732. Unangemessener Umfang vorvertraglicher Informationspflichten.................................. 4733. Information auch durch Grafiken und PDFs möglich . . 4744. Zwangsführung über sprechende Links ............ 4755. Unumgänglichkeit der Verwendung juristischer Fachsprache................................... 4766. Hinweis auf AGB-Passage zum <strong>Widerrufsrecht</strong> ......7. Gezielte Sprachvermischung führt zur Intransparenz . .4764768. Einzelfallprüfung der rechtzeitigen Information ...... 476X. Belehrung in Textform ......................... 4771. Kein Zwang zur Erläuterung der gesetzlichen Textform 4772. Frist beginnt mit oder nach Erhalt der Textform-Belehrung..................................... 4773. Nennung alle Voraussetzungen oder Pauschalverweis . 478


XXVIInhaltsverzeichnis4. Postfachadresse, E-Mail und Faxnummer .......... 4785. Aufklärung über allgemeinen und besonderen Wertersatz..................................... 4796. Aufklärung über Hin- und Rücksendekosten ........ 4797. Integration in AGB .......................... 479XI. Rechtsfolgen von Pflichtverletzungen ............... 4791. Bagatellverstöße nur nach altem Recht ............ 4792. Keine Pflicht zur Vorabinformation über Einzelheiten . 480XII. Vor- und Nachteile eines Belehrungsmusters .......... 4801. Schlechtere Belehrungsqualität und Grenzen durch Standardisierung............................... 4802. Amtshaftungsansprüche wegen fehlerhafter Musterbelehrungen............................... 4803. Rechtssichere aktuelle Musterbelehrung ........... 481B. Aktuelle Gesetzesvorhaben ........................ 481I. Gesetz zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs-und Rückgaberecht ........................ 4811. Belehrungsmuster mit Gesetzesrang .............. 482a) Erforderlichkeit der Gesetzesänderung .......... 482b) Baldiger erneuter Änderungsbedarf ............ 482c) Kritik .................................. 4832. Gleichstellung von Online-Shops und Internet-Auktionen...................................... 484a) Widerrufsfrist und Wertersatzpflicht ........... 484b) Begriff der „Unverzüglichkeit“ ................ 485c) Rückgaberecht ........................... 4863. Präzisierung des Gesetzeswortlauts ............... 4864. Verbleibende Kritik .......................... 487a) Informationspflichten ...................... 487b) Kostentragung ........................... 488c) Verlängerte Widerrufsfristen ................. 489II. Entwurf der Richtlinie über Rechte der Verbraucher(VRRL-E) ................................... 4891. Entstehungsgeschichte ........................ 489a) Zusammenfassung von vier Richtlinien .......... 490b) Problem: Rechtszersplitterung ................ 490c) Lösung: Vollharmonisierung ................. 4922. Regelungszwecke ........................... 4923. Anwendungsbereich ......................... 493a) Verbraucher ............................. 493b) Gewerbetreibender ........................ 493c) Kein organisiertes Fernabsatzsystem ............ 494


Inhaltsverzeichnis XXVIId) Ausnahme für touristische Dienstleistungen ......4. Definitionen ...............................494494a) Textform ............................... 494b) Versteigerung ............................ 495c) Öffentliche Versteigerung ................... 495d) Vermittler .............................. 4955. Informationspflichten ........................ 496a) Reduzierung des Informationsumfangs .......... 496aa) Weggefallene Informationen .............. 496bb) Erleichterungen bei Versandkostenangaben .... 497cc) Keine Fristverlängerung bei Pflichtverletzung . . 497b) Erleichterte Informationspflichten <strong>im</strong> Fernabsatz . . . 498aa) Weniger Informationen .................. 498bb) Zweistufigkeit ........................ 498cc) „Sprechende Links“ genügen .............. 499dd) Bestätigung in Textform ................. 4996. <strong>Widerrufsrecht</strong> ............................. 500a) Dauer und Beginn der Widerrufsfrist ........... 500b) Fristverlängerung bei Nichtaufklärung über das<strong>Widerrufsrecht</strong> ............................. 500c) Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>es ............... 501aa) Standard-Widerrufsformular .............. 501bb) Widerruf über Website .................. 501d) Rückabwicklung des widerrufenen Vertrages ..... 502aa) Unternehmer trägt Hinsendekosten ......... 502bb) Zurückbehaltungsrecht des Unternehmers .... 502cc) Rücksendefrist für den Verbraucher ......... 503dd) Verbraucher trägt Rücksendekosten ......... 503ee) Verbraucher haftet für Wertverlust .......... 503e) Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> .............. 504aa) Keine Regelung für Hygieneprodukte undArzne<strong>im</strong>ittel .......................... 504bb) Streichung der Ausnahme „zur Rücksendungnicht geeignet“ ........................ 505cc) Weitgehend unveränderter Ausnahmenkatalog . 505dd) Neues Lobbyistenwerk .................. 506C. Europäisches Recht .............................. 507I. Anwendbares Recht ........................... 508II. Differenzierte Widerrufsbelehrung für alle EU-Mitgliedsstaaten..................................... 5101. Belehrung auf dauerhaftem Datenträger, Art. 5 FARL . 5102. Vorherige Unterrichtung, Art. 4 FARL ............ 521


XXVIIIInhaltsverzeichnisIII. Europäische Widerrufsbelehrung auf dem höchsten Niveau 522IV. Zwischenergebnis ............................. 525V. Europäische Widerrufsbelehrung nach VRRL-E ....... 526D. Schlussbetrachtung .............................. 528Stichwortverzeichnis ............................... 531


AbkürzungsverzeichnisAbkürzungsverzeichnisa.A. ............ anderer Ansichta.E. ............ am Endea.F. ............ alte FassungABGB .......... Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (Österreich)ABlEG .......... Amtsblatt der Europäischen GemeinschaftenAbs. ........... AbsatzAbzG .......... AbzahlungsgesetzAcP ............ Archiv für die civilistische PraxisAfA ............ Absetzung für AbnutzungAfP ............ Archiv für PresserechtAG ............ Amtsgericht / AktiengesellschaftAGB ........... Allgemeine GeschäftsbedingungenAGBG .......... Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen(AGB-Gesetz)AgV ........... Arbeitsgemeinschaft der VerbraucherverbändeAktG ........... AktiengesetzAMGrHdlBetrV . . . Betriebsverordnung für Arzne<strong>im</strong>ittelgroßhandelsbetriebeAnwBl .......... AnwaltsblattApoBetrO ....... Verordnung über den Betrieb von ApothekenApoG .......... Gesetz über das ApothekenwesenAuslInvG ........ Gesetz über steuerliche Maßnahmen bei Auslandsinvestitionender deutschen WirtschaftBB ............ BetriebsberaterBesVertG-RegE .... Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Bekämpfungunerlaubter Telefonwerbung und zur Verbesserungdes Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen;BT-<strong>Dr</strong>ucks. 16/10734 v. 31.10.2008 (in Kraft getreten am4.8.<strong>2009</strong>, BGBl. I <strong>2009</strong> v. 3.8.<strong>2009</strong>, S. 2413)beuc ........... Bureau Européen des Unions de ConsommateursBGB ........... Bürgerliches GesetzbuchBGB (NL)........7. Buch des Bürgerlichen Gesetzbuches der Niederlande;Originatitel: Wet van 21.12.2000 tot aanpassing van Boek 7van het Burgerlijk Wetboek aan richtlijn nr. 97/7/EG van hetEuropees Parlement en de Raad van de Europese Unie van 20mei 1997 betreffende de bescherming van de consument bijop afstand gesloten overeenkomsten (PbEG L 144)(21.12.2000), 1. Februar 2001; aufrufbar unter:http://www.eu-consumer-law.org/legislation254.pdf (Stand:4.4.<strong>2009</strong>)BGB-InfoV ....... Verordnung über Informationspflichten nach BürgerlichemRecht, BGBl I 2002, S. 3002.BGB-RegE ....... Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie,des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtliniesowie zur Neuordnung der Vorschriften über dasWiderrufs- und Rückgaberecht; BT-<strong>Dr</strong>ucks. 16/11643 v.21.1.<strong>2009</strong> (verkündet <strong>im</strong> BGBl. <strong>2009</strong>, S. 2355)


XXXAbkürzungsverzeichnisBGH ........... BundesgerichtshofBGHZ .......... Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in ZivilsachenBMJ ........... Bundesministerium der JustizBMJ-DiskE ....... Diskussionsentwurf des BMJ für die <strong>Dr</strong>itte Verordnung zurÄnderung der BGB-Informationspflichtenverordnung v.23.10.2007, http://www.bmj.bund.de/files/-/2550/Änderung_BGB-Informationspflichten-Verordnung.pdf (Stand:4.4.<strong>2009</strong>)BR-<strong>Dr</strong>ucks. ....... BundesratsdrucksacheBReg ........... Bundesregierungbspw. .......... beispielsweiseBT-<strong>Dr</strong>ucks. ....... BundestagsdrucksacheBTO-Produkte ..... “Build to order”-Produktebvh ............ Bundesverband des Deutschen VersandhandelsCDU ........... Christlich Demokratische Union DeutschlandCSU ........... Christlich Soziale UnionCPA ........... Consumer Protection Act 1987CR ............ Computer und RechtDB ............ Der Betriebd.h. ............ das heißtDIHK .......... Deutscher Industrie- und HandelskammertagDSRs ........... The Consumer Protection (Distance Selling) Regulations2000 (SI 2000 No. 2334) as amended by The ConsumerProtection (Distance Selling) (Amendment) Regulations 2005(SI 2005 No. 689), 31. Oktober 2000; abrufbar unter:http://www.opsi.gov.uk/si/si2000/20002334.htm(Stand: 4.4.<strong>2009</strong>)DZWiR ......... Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrechte.K. ............ eingetragener Kaufmann / eingetragene KauffrauECRL .......... E-Commerce-Richtlinie, Richtlinie 2000/31/EG über denelektronischen Geschäftsverkehr (ABl. EG L 178 v.17.7.2000, S. 1).EGBGB ......... Einführungsgesetz zum Bürgerlichen GesetzbuchEGV ........... Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft i.d.F.24.12.2002, ABlEG 2002 Nr. C 325/33EinzelhandelG (ES) . . Spanisches Gesetz Nr. 7/1996 vom 15 Januar über denEinzelhandel; Originaltitel: Ley 47/2002, de 19 de diciembre,de reforma de la Ley 7/1996, de 15 de enero, de Ordenacióndel Comercio Minorista, para la transposición alordenamiento jurídico español de la Directiva 97/7/CE, enmateria de contratos a distancia, y para la adaptación de laLey a diversas Directivas comunitarias, 1. Januar 2003;aufrufbar unter: http://www.eu-consumerlaw.org/legislation300.pdf(Stand: 4.4.<strong>2009</strong>)endg. ........... endgültigEuGH .......... Europäischer GerichtshofEuGVÜ .........Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und dieVollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- undHandelssachenEuZW .......... Europäische Zeitschrift für WirtschaftsrechtEWiR .......... Entscheidungen <strong>im</strong> WirtschaftsrechtEWSA .......... Europäischer Wirtschafts- und SozialausschussF.A.Z. .......... Frankfurter Allgemeine Zeitung


Abkürzungsverzeichnis XXXIFARL .......... Fernabsatzrichtlinie; Richtlinie 97/7/EG über den Verbraucherschutzbei Vertragsabschlüssen <strong>im</strong> Fernabsatz (ABl. EG L144 v. 4.6.1997, S. 19).FARL-E .........Entwurf der Richtlinie 97/7/EG v. 23.6.1992, ABl. EG Nr. C156, S. 16.FARLFDL ....... EU-Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen;Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlamentesund des Rates über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungenan Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und98/27/EG, ABl. EG L 271 v. 9.10.2002, S. 16.FDP ........... Freie Demokratische ParteiFernAbsÄG ...... Gesetz zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträgebei Finanzdienstleistungen, BGBl I 2004, S. 3102FernabsatzG (CY) . . Gesetzes Nr. 14(I)/2000 zum Abschluss von Fernabsatzverträgenvon Zypern; Originaltitel: Ο περί της ΣύναψηςΚαταναλωτικών Συμβάσεων εξ Αποστάσεως Νόμος του 2000(Ν.14(Ι)/2000), 28. März 2000; abrufbar unter: http://www.eu-consumer-law.org/legislation175.pdf; engl. Übersetzunghttp://www.eu-consumer-law.org/legislation175_en.pdf(Stand: 4.4.<strong>2009</strong>)FernabsatzG (IE) . . . Fernabsatzgesetz Irlands; Originaltitel: European Communities(Protection of Consumers in Respect of Contracts madeby Means of Distance Communication) Regulations 2001(S.I. 207 of 2001), 15. Mai 2001; abrufbar unter:http://www.eu-consumer-law.org/legislation328.pdf(Stand: 4.4.<strong>2009</strong>)FernabsatzG (LU) . . Fernabsatzgesetz Luxemburgs; Originaltitel: Loi du 16 avril2003 concernant la protection des consommateurs en matièrede contrats à distance et abrogeant l’article 7 de la loi modifiéedu 25 août 1983 relative à la protection juridique duconsommateur, 11. Mai 2003.; abrufbar unter: http://www.eu-consumer-law.org/legislation350.pdf (Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).FernabsatzVO (HU) . Verordnung Nr.17/1999 (II.5.) zu Fernabsatzverträgen vonUngarn; Originaltitel: 1997. évi CLV. törvény a fogyasztóvédelemről17/1999.(II. 5.) Korm. rendelet a távollévők közöttkötött szerződésekről; abrufbar unter http://www.euconsumer-law.org/legislation247.pdf;engl. Übersetzung unterhttp://www.eu-consumer-law.org/legislation247_en.pdf(Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).FernabsatzVO (LV) . . Verordnung Nr. 207 zu Fernabsatzverträgen von Litauen;Originaltitel: Lietuvos Respublikos vartotojų teisių gyn<strong>im</strong>oįstatymo pakeit<strong>im</strong>o įstatymas Nr. VIII – 1946 (nauja redakcija)LietuvosRespublikos ūkio ministro 2001 m. rugpjūčio 17d. įsakymas Nr.258 „Dėl daiktų pardav<strong>im</strong>o ir paslaugų teik<strong>im</strong>o,kai sutartys sudaromos naudojant ryšio priemones, taisykliųpatvirtin<strong>im</strong>o; abrufbar unter: http://www.eu-consumerlaw.org/legislation219.pdf;engl. Übersetzung: http://www.euconsumer-law.org/legislation219_en.pdf(Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).FernabsatzVO (MT) . Fernabsatzverordnung 2001 von Malta; Distance SellingRegulations (LN186/01) Consumer Affairs Act (Chapter378), 1. Januar 2002. FernabsatzVO (MT); abrufbar unterhttp://www.eu-consumer-law.org/legislation234.pdf(Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).


XXXIIAbkürzungsverzeichnisFernabsatzVO (RU) . Verordnung Nr. 130 vom 31. August 2000 über Verbraucherschutzbe<strong>im</strong> Abschluss und der Durchführung von Fernabsatzverträgenvon RumänienFernAbsG ........ Fernabsatzgesetz; Gesetz vom 27.06.2000, BGBl. I 2000Nr.28 v. 29.06.2000, S.897 mit Berichtigung vom21.07.2000, BGBl. I 2000 Nr.34 v. 27.07.2000, S.1139.FernAbsÄG ...... FernabsatzänderungsgesetzFernUSG ........Fernunterrichtsschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachungvom 4. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1670), zuletztgeändert durch Artikel 4 Nr. 3 des Gesetzes vom 23. März2005 (BGBl. I S. 931)Fn. ............ FußnoteFristenVO ....... Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1182/71 des Rates vom 3.Juni 1971 zur Festlegung der Regeln für die Fristen, Datenund Termine; ABl. L 124 vom 8.6.1971, S. 1–2; abrufbarunter: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:31971R1182:DE:HTML (Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).FS ............. FestschriftGbR ........... Gesellschaft bürgerlichen RechtsGenG .......... Gesetz betreffend die Erwerbs- und WirtschaftsgenossenschaftenGG ............ Grundgesetzggf. ............ gegebenenfallsGHP ...........Gesetz über die Handelspraktiken sowie die Aufklärung undden Schutz der Verbraucher Belgiens; Originaltitel: Loi du 14juillet 1991 sur les pratiques du commerce et sur l’informationet la protection du consommateur, modifiée par la loidu 25 mai 1999 transposant la directive européenne concernantla protection des consommateurs en matière de contratsà distance, 1. November 1999; abrufbar unter:http://mineco.fgov.be/protection_consumer/trade_practices/trade_law/law_on_protection_de_001.pdf (offizielle deutscheÜbersetzung: Belgisches Staatsblatt vom 19. Januar 1994;(Stand: 4.4.<strong>2009</strong>)) oder Originaltext: http://www.euconsumer-law.org/legislation86.pdf(Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).GmbH .......... Gesellschaft mit beschränkter HaftungGmbHG ......... Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter HaftungGRUR .......... Gewerblicher Rechtsschutz und UrheberrechtGRUR Int. ....... Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, InternationalerTeilh.M. ........... herrschende MeinungHGB ........... HandelsgesetzbuchHs. ............ HalbsatzHWiG .......... Haustürwiderrufsgesetz; Gesetz über den Widerruf von Haustürgeschäftenund ähnlichen Geschäften, vom 16.1. 1986,BGBl. 1986 I, S. 122; zum 1.1.2002 außer Kraft getreten.HWiRL ......... Haustürwiderrufsrichtlinie; Richtlinie 85/577/EWG des Ratesvom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz<strong>im</strong> Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenenVerträgen, EGABl. Nr. L 372 v. 31.12.1985 S. 31.IPRax .......... Praxis des internationalen Privat- und Verfahrensrechtsi.R.d. ........... <strong>im</strong> Rahmen der/desJURA .......... Juristische Ausbildung


Abkürzungsverzeichnis XXXIIIJuS ............ Juristische SchulungJZ ............. Juristen-ZeitungK&R ........... Kommunikation & RechtKAGG .......... Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaftenund der Gewerbeordnung (ZweiterTeil des Gesetzes über den Vertrieb ausländischer Investmentanteile,über die Besteuerung ihrer Erträge sowie zurÄnderung und Ergänzung des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften)KG ............ KommanditgesellschaftKOM .......... Dokumente der Kommission der Europäischen GemeinschaftenKomm. ......... Kommission der Europäischen GemeinschaftenKSchG .......... Konsumentenschutzgesetz Österreich; Bundesgesetz, mit denBest<strong>im</strong>mungen über den Vertragsabschluss <strong>im</strong> Fernabsatz indas Konsumentenschutzgesetz eingefügt und das Bundesgesetzgegen den unlauteren Wettbewerb 1984 sowie das Produkthaftungsgesetzgeändert werden (Fernabsatz-Gesetz) BGBl. Nr.185/1999, 1. Juni 2000. KSchG, aufrufbar unter http://www.eu-consumer-law.org/legislation84.pdf (Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).KWG .......... Gesetz über das KreditwesenLG ............ LandgerichtLtd. ............ L<strong>im</strong>ited Companym.w.N. ......... mit weiteren NachweisenMarkenG ........ Gesetz über den Schutz von Marken und sonstigen KennzeichenMD ............ MagazindienstMDR .......... Monatsschrift für Deutsches RechtMMR .......... Mult<strong>im</strong>edia und RechtMPG ........... Medizinproduktegesetzn.F. ............ neue FassungNJW ........... Neue Juristische WochenschriftNJW-RR ........ Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungs-ReportOFT ........... Office of Fair TradingOHG ........... Offene HandelsgesellschaftOLG ........... OberlandesgerichtOLGVertrÄndG . . . Gesetz zur Änderung des Rechts der Vertretung der Rechtsanwältevor den Oberlandesgerichten vom 23.7.2002, BGBl.2002 I, S. 2850PartGG ......... Gesetz über Partnerschaftsgesellschaften Angehöriger FreierBerufePDS ........... Partei des Demokratischen SozialismusRefE ........... ReferentenentwurfRegE ........... RegierungsentwurfRIW ........... Recht der Internationalen WirtschaftRMA ........... Return Material / Merchandise AuthorizationRn ............ RandnummerRVO 143/2001 .... Rechtsverordnung Nr. 143/2001 vom 26. April Portugals;Originaltitel: Decreto-Lei nº 143/2001 de 26 de Abril 2000,25. Mai 2001; aufrufbar unter: http://www.eu-consumerlaw.org/legislation281.pdf(Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).Schuldrechtsgesetz(EE) ...........Schuldrechtsgesetz Estlands; Originaltitel: VõlaõigusseadusRT I 2004, 37, 255, 1. Mai 2004; abrufbar unter:http://www.eu-consumer-law.org/legislation91.pdf


XXXIVAbkürzungsverzeichnis(Stand: 4.4.<strong>2009</strong>); engl. Übersetzung: http://www.euconsumer-law.org/legislation91_en.pdf(Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).SMG ........... Schuldrechtsmodernisierungsgesetz; Gesetz zur Modernisierungdes Schuldrechts vom 26.11.2001, BGBl I 2001,S. 3138.sog. ............ sogenanntSPD ........... Sozialdemokratische Partei DeutschlandsTDG ........... Gesetz über die Nutzung von Telediensten; 22. Juli 1997;Stand: Zuletzt geändert durch Art. 1 und 4 Abs. 1 G v. 14.Dezember 2001 I 3721, Umsetzung der EGRL 31/2000;BGBl. I S. 1870. Außer Kraft getreten.T<strong>im</strong>e-Sharing-RL . . . Richtlinie 94/47/EG des Europäischen Parlaments und desRates vom 26. Oktober 1994 zum Schutz der Erwerber <strong>im</strong>Hinblick auf best<strong>im</strong>mte Aspekte von Verträgen über denErwerb von Teilzeitnutzungsrechten an Immobilien (ABl. EGNr. L 280 S. 82).TKG ........... TelekommunikationsgesetzTMG ........... TelemediengesetzTzWrG ......... Teilzeitwohnrechtegesetz; Gesetz über die Veräußerung vonTeilzeitnutzungsrechten an Wohngebäuden; In der Fassungder Bekanntmachung vom 29. Juni 2000; Zuletzt geändertdurch Art. 6 Nr. 6 SchuldrechtsmodernisierungsG vom 26.11. 2001; BGBl. I S. 957.u.a. ............ unter anderemUGPRL ......... Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken; Richtlinie2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken <strong>im</strong> binnenmarktinternenGeschäftsverkehr zwischen Unternehmen undVerbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWGdes Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie derVerordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlamentsund des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken)(Text von Bedeutung für den EWR); ABl. L 149vom 11.6.2005, S. 22–39UWG .......... Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004(BGBl. I S. 1414), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzesvom 22. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2949)Var. ........... VarianteVerbraucherGB(FR) ...........Verbraucherschutzgesetz Frankreichs; Originaltitel: Code dela Consommation, 25. August 2001; abrufbar unter:http://www.legifrance.gouv.fr/affichCode.do;jsessionid=264D75F6F3153AAD8DCDA1F1CC19D77A.tpdjo09v_3?cidTexte=LEGITEXT000006069565&dateTexte=20080905 (Stand:VerbraucherschutzG(GR) ...........4.4.<strong>2009</strong>).Gesetzes Nr. 2251/94 zum Verbraucherschutz Griechenlands;Originaltitel: Κοινή Υπουργική Απόφαση Ζ1-496/2000 περίπωλήσεων από απόσταση και συγκριτικής διαφήμισης,τροποποιητική του Ν.2251/94 για την Προστασία τωνΚαταναλωτών, 18. Dezember 2000; abrufbar unter:http://www.eu-consumer-law.org/legislation339.pdf; engl.Übersetzung: http://www.eu-consumer-law.org/legislation339_en.pdf (Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).


VerbraucherschutzG(LT) ...........VerbraucherschutzG(PL) ...........VerbraucherschutzG(SE) ............VerbraucherschutzG(SI) ............VerbraucherschutzG(SK) ...........VerbraucherschutzGB(IT) ............Verbraucherschutzgesetz(BG) ........Verbraucherschutzgesetz(FI) .........Abkürzungsverzeichnis XXXVVerbraucherschutzgestz Lettlands; Originaltitel: Patērētājutiesību aizsardzības likums, Grozījumi: 22.11.2001. likumsMiniostru kabineta 2002.gada.28 maija noteikumi Nr 207“Noteikumi par distances lîgumi”; abrufbar unter:http://www.eu-consumer-law.org/legislation150.pdf; engl.Übersetzung: http://www.eu-consumer-law.org/legislation150_en.pdf (Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).Gesetzes vom 2. März 2000 zum Schutz von Verbraucherrechtenund zur Haftung für ein unsicheres Produkt vonPolen; Originaltitel: Ustawa z dnia 2 marca 2000r. o ochronieniektórych praw konsumentów oraz o odpowiedzialności zaszkodę wyrzadzoną przez produkt niebezpieczny, 30. Juni2000; abrufbar unter: http://www.eu-consumer-law.org/legislation267.pdf; engl. Übersetzung: http://www.euconsumer-law.org/legislation154_en.pdf(Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).Gesetz zum Verbraucherschutz bei Fernabsatz- und bei Haustürverträgen(2005:59) von Schweden; Originaltitel: Lag(2000:274) om konsumentskydd vid distansavtal och hemforsaljningsavtal,1. Juni 2000; abrufbar unter http://www.euconsumer-law.org/legislation313.pdf(Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).Slowenisches Verbraucherschutzgesetz; Originaltitel: Zakon ovarstvu potrošnikov - uradno prečiščeno besedilo (N 700-01/190-6/24 (ZVPot-UPB1)), 2003; abrufbar unterhttp://www.eu-consumer-law.org/legislation316.pdf, engl.Übersetzung: http://www.eu-consumer-law.org/legislation316_en.pdf (Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).Gesetzes Nr. 108/2000 zum Verbraucherschutz bei Haustürgeschäftenund Fernabsatzgeschäften von Slowakei; Originaltitel:Zákon č. 108/2000 Z. z. o ochrane spotrebiteľa pri podomovompredaji a zásielkovom predaji, 1. April 2000;abrufbar unter http://www.eu-consumer-law.org/legislation155.pdf; engl. Übersetzung unter: http://www.euconsumer-law.org/legislation155_en.pdf(Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).Verbraucherschutzgesetz Italiens; Originaltitel: DecretoLegislativo 6 settembre 2005, n.206, “Codice del consumo, anorma dell’ articolo 7 della legge 29 luglio 2003, n.229”, 23.Oktober 2005; abrufbar unter: http://www.eu-consumerlaw.org/legislation372.pdf;engl. Übersetzung: http://www.euconsumer-law.org/legislation372_en.pdf(Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).Verbraucherschutzgesetz Bulgariens; Originaltitel: Закон зазащита на потребителите и за правилата за търговия“,veröffentlicht <strong>im</strong> Amtsblatt „Daržaven Vestnik“ Nr. 99/2005vom 9.12.2005, letzte Änderung: DV Nr. 64/2007 vom7.8.2007; abrufbar unter: http://www.mee.government.bg/norm/laws.html?id=218548 (Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).Verbraucherschutzgesetz Finnlands; Originaltitel:Laki kuluttajansuojalainmuuttamisesta, 15.12.2000 (Suomen säädöskokoelma2000 N° 1072) Laki sop<strong>im</strong>attomasta menettelystäelinkeinoto<strong>im</strong>innassa annetun lain 2 §:n muuttamisesta,15.12.2000 (Suomen säädöskokoelma 2000 N° 1073), 1. März2001; engl. Übersetzung abrufbar unter: http://www.eu-consumer-law.org/legislation148_en.pdf(Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).


XXXVIAbkürzungsverzeichnisVerbrKrG ........ Verbraucherkreditgesetz; Gesetz über Verbraucherkredite, zurÄnderung der Zivilprozessordnung und anderer Gesetze vom17.12.1990, BGBl. 1990 I, S. 2840.VerbVertG (DK) . . . Dänisches Gesetz Nr. 451 vom 9. Juni 2004 zu best<strong>im</strong>mtenVerbraucherverträgen; englische Bezeichnung: “Act no. 451of 9 June 2004 on certain consumer contracts”; Originaltitel:Bekendtgørelse af lov om visse forbrugeraftaler (Dørsalg mv.,fjernsalg og løbende tjenesteydelser) (Forbrugeraftaleloven),som ændret ved lov nr 262 af 6. maj 1993, lov nr. 1098 af21.december og lov nr. 442 af 31. maj 2000, 1. Juni 2000und 1. Juli 2000. Originaltext abrufbar unter: http://www.euconsumer-law.org/legislation144.pdf(Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).VerpackV ........ Verordnung über die Vermeidung und Verwertung von Verpackungsabfällenvom 21. August 1998 (BGBl. I S. 2379),zuletzt geändert durch die 5. Verordnung zur Änderung derVerpackungsverordnung vom 02. April 2008 (BGBl. I S. 531)nach dem vollständigen Inkrafttreten der 5. Verordnung zurÄnderung der Verpackungsverordnung zum 01. April <strong>2009</strong>.VIR ............ Verband Internet Reisebetrieb e. V.VRRL-E .........Verbraucherrechtsrichtlinie, Entwurf; Vorschlag für eineRichtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates überRechte der Verbraucher vom 8.10.2008, KOM (2008) 614endgültig 2008/0196 (COD)VuR ........... Verbraucher und RechtVVG ........... Gesetz über den VersicherungsvertragVVG-InfoV .......Verordnung über Informationspflichten bei Versicherungsverträgen,Verordnung vom 18.12.2007 (BGBl. I S. 3004), inKraft getreten am 01.01.2008 bzw. 01.07.2008.vzbv ........... Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.WM ........... Wertpapier-Mitteilungen, Zeitschrift für das Wirtschafts- undBankrechtWRP ........... Wettbewerb in Recht und Praxisz.B. ............ zum BeispielZEuP ........... Zeitschrift für Europäisches PrivatrechtZGB (CZ) ....... Tschechisches Zivilgesetzbuch; Originaltitel: Zákon č.367/2000 Sb., kterým se mění zákon č. 40/1964 Sb., občanskýzákoník, ve znění pozdějších předpisů, a některé další zákony,1. Januar 2001; aufrufbar unter: http://www.eu-consumerlaw.org/legislation179.pdf(Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).ZGS ........... Zeitschrift für das gesamte SchuldrechtZIP ............ Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und InsolvenzpraxisZPO ........... ZivilprozessordnungZUM ........... Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht


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XLVILiteraturverzeichnisSchulze/Schulte-Nölke (Hrsg.), Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund desGemeinschaftsrechts, 2001 (zit. Schulze/Schulte-Nölke/Bearb.)Soergel, Hans Theodor (Begr.), Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 10:Einführungsgesetzbuch, 13. Aufl. 2007 (zit. Soergel/Bearb.)ders., Anmerkung zu BGH, Urteil vom 3.11.2004 – VIII ZR 375/03, MMR 2005, 40Spindler/Schmitz/Geis, TDG, Kommentar, 2004 (zit. Spindler/Schmitz/Geis/Bearb.)Spindler/Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2008 (zit. Spindler/Schuster/Bearb.)Spindler/Wiebe (Hrsg.), Internet-Auktionen und Elektronische Marktplätze, 2. Aufl.,2005 (zit. Spindler/Wiebe/Bearb.)Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch – Buch I: Allgemeiner Teil desBGB, Einleitung zum Bürgerlichen Gesetzbuch; §§ 1–14; Verschollenheitsgesetz,2004; Buch II: Recht der Schuldverhältnisse, §§ 311, 311a, 312, 312 a-f, 2005;Buch II: §§ 328–359 (Vertrag zugunsten <strong>Dr</strong>itter, Rücktritt und Widerruf), 2004(zit. Staudinger/Bearbeiter)Steins, Entwicklung der Informationspflichten <strong>im</strong> E-Commerce durch die Rechtsprechungund Schuldrechtsreform, WM 2002, 53Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände (AgV) zum Gesetzüber Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellungvon Vorschriften auf den Euro, Bonn, 15.3.2000 (zit. AgV-Stellungnahmev. 15.3.2000)Stellungnahme des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz zur Mitteilung derKommission zur Umsetzung der Richtlinie und öffentliche Konsultation (KOM(2006) 514 endg.) (zit. BStMdJ-Stellungnahme)Stellungnahme der Bundesrepublik Deutschland zu ANHANG II zu KOM (2006)514 endgültig vom 21.09.2006 (zit. BRD-Stellungnahme v. 21.09.2006)Stellungnahme des Bundesverbands Informationswirtschaft, Telekommunikationund neue Medien e.V. (BITKOM) v. 05.09.2006 zum gemeinschaftlichen Besitzstandfür Verbraucherfragen, Fernabsatzrichtlinie (97/7/EG), S. 6, abrufbar unter:https://www.bitkom.org/files/documents/BITKOM_Position_Ueberpruefung_FernabsatzR.pdf,Stand: 4.4.<strong>2009</strong> (zit. BITKOM-Stellungnahme v. 05.09.2006).Stellungnahme der Centralvereinigung Deutscher Wirtschaftsverbände für Handelsvermittlungund Vertrieb (CDH) e.V. zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzungder Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtliniesowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberechtvom 22.08.2008 (zit. CDH-Stellungnahme v. 22.08.2008)Stellungnahme des Deutschen Anwaltvereins zum Fernabsatzänderungsgesetz v.August 2003 (zit. DAV-Stellungnahme v. August 2003)Stellungnahme des Deutschen Richterbundes (DRB) zum Entwurf eines Gesetzes zurUmsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtliniesowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrunfs-und Rückgaberecht vom August 2008, abrufbar unter: http://www.drb.de/cms/index.php?id=485 (Stand: 4.4.<strong>2009</strong>) (zit. DRB-Stellungnahme v. August2008)Stellungnahme des Deutschen Richterbundes v. 15.11.2006 zur Öffentlichen Konsultationzur Umsetzung der Richtlinie 1997/7/EG des Europäischen Parlaments unddes Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen<strong>im</strong> Fernabsatz (zit. DRB-Stellungnahme v. 15.11.2006)


Literaturverzeichnis XLVIIStellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der Mitteilungder Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den EuropäischenWirtschafts- und Sozialausschuss zur Umsetzung der Richtlinie 1997/7/EGdes Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutzbei Vertragsabschlüssen <strong>im</strong> Fernabsatz KOM (2006) 514 endg., AmtsblattNr. C 175 v. 27.07.2007 S. 0028–0033, abrufbar unter: http://eurlex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:C:2007:175:0028:01:DE:HTML,Stand: 4.4.<strong>2009</strong> (zit. EWSA-Stellungnahme v. 27.07.2007)Stellungnahme des Handelsverbandes BAG und des Hauptverbandes des DeutschenEinzelhandels (HDE) zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie,des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowiezur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht (Stand:17. Juni 2008) vom 22.08.2008 (zit. Stellungnahme des BAG und HDE v.22.08.2008)Stellungnahme des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels (HDE), Bundesverbandesdes Deutschen Versandhandels (bvh) und Handelsverband BAG zumGrünbuch „Die Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstandes <strong>im</strong> Verbraucherschutz“(Vorlage der Europäischen Kom-mission) KOM (2006) 744 final v.8. Februar 2007 (zit. Stellungnahme von HDE, bvh und BAG v. v. 8.02.2007Stellungnahme der Verbraucherkommission Baden-Württemberg zum „GrünbuchVerbraucheracquis“ v. 11.05.2007 (zit. VK-BW-Stellungnahme v. 11.05.2007)Stellungnahme des Verbraucherzentrale Bundesverbandes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtliniev. 19.08.2008, (zit. vzbv-Stellungnahme v. 19.08.2008)Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eineRichtlinie des Rates über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen <strong>im</strong>Fernabsatz, ABlEG Nr. C 19/111 v. 25.01.1993 (zit. EWSA-Stellungnahme v.25.01.1993)Stellungnahme der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V. (WBZ)v. 20.11.2006 zur Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlamentund den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss zur Umsetzungder Richtlinie 1997/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen <strong>im</strong> Fernabsatz(KOM (2006) 514 endg.) (zit. WBZ-Stellungnahme v. 20.11.2006)Stickelbrock, „Impressumspflicht“ <strong>im</strong> Internet – eine kritische Analyse der neuerenRechtsprechung zur Anbieterkennzeichnung nach § 6 TDG, GRUR 2004, 111Stockmar/Wittwer, Die Pflicht zur Empfangsbestätigung elektronischer Bestellungen<strong>im</strong> Spiegel der Rechtsprechung, CR 2005, 118Szczesny/Holthusen, Aktuelles zur Unternehmereigenschaft <strong>im</strong> Rahmen von Internet-Auktionen, NJW 2007, 2586Taeger/Rose, Informationspflichten be<strong>im</strong> Klingeltonvertrieb <strong>im</strong> M-Commerce, K&R2007, 233The Consumer Council of Norway, Distance selling review, 12.10.2006 (zit. TheConsumer Council of Norway)Thole, Anne, <strong>Das</strong> europäische verbraucherschützende <strong>Widerrufsrecht</strong> in §§ 355, 357BGB (zit. Thole, <strong>Widerrufsrecht</strong>)T<strong>im</strong>merbeil, Der neue § 355 III BGB – ein Schnellschuss des Gesetzgebers?, NJW2003, 569Tonner, <strong>Das</strong> neue Fernabsatzgesetz – oder: System statt „Flickenteppich“, BB 2000,1413


XLVIIILiteraturverzeichnisVander, Eingriffe in das allgemeine Fernabsatzrecht – Gesetz zur Änderung derVorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen, MMR 2005,139ders., Verhaltenscodices <strong>im</strong> elektronischen Geschäftsverkehr, K&R 2003, 339Waldenberger, „Alles schwebend unwirksam“, K&R 1999, 345ders., Grenzen des Verbraucherschutzes be<strong>im</strong> Abschluss von Verträgen <strong>im</strong> Internet,BB 1996, 2365Wege, Gerichtsfeste Widerrufsbelehrung bei Haustürgeschäften: trotz Musters desBundesjustizministeriums eine Herausforderung, BB 2007, 1012Wendehorst, Voraussetzungen des Fernabsatzvertrages bei Einsatz eines Boten –Einsatz von Fernkommunikationsmitteln bei der Deutschen Post AG, JZ 2005,359Wertenbruch, Gefahrtragung be<strong>im</strong> Versendungskauf nach neuem Schuldrecht, JuS2003, 625Wiebe, Anmerkung zu BGH, Urteil vom 03.11.2004 – VIII ZR 375/03, CR 2005, 56Wiedenmann, Verbraucherleitbilder und Verbraucherbegriff <strong>im</strong> deutschen und europäischenPrivatrecht, 2004 (zit. Wiedenmann, Verbraucherleitbilder)Wilmer/Hahn, Fernabsatzrecht mit Finanzdienstleistungs- Versicherungs- und Haustürgeschäfterecht,Kommentar und systematische Darstellung der besonderen Vertriebsformendes BGB, 2. Aufl., 2005 (zit. Wilmer/Hahn, Fernabsatzrecht)Witt, Widerrufsbelehrung inklusive Information über Verbraucherrechte – NichtsNeues zur Musterbelehrung, NJW 2007, 3759Woitke, <strong>Das</strong> „Wie“ der Anbieterkennzeichnung gemäß § 6 TDG, NJW 2003, 871ders., Informations- und Hinweispflichten <strong>im</strong> E-Commerce, BB 2003, 2469Woitkewitsch, Besonderheiten zur mangelhaften Musterbelehrung über die Widerrufsfrist,MDR 2007, 630Woitkewitsch/Pfitzer, Möglichkeit des Widerrufs bei Vertragsabschlüssen über dasInternet, MDR 2007, 61Working Document of the Commission, Responses to the Consultation on DistanceSelling Directive 97/7/EC contained in Communication 2006/514/EC, Summaryof Responses, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/consumers/cons_int/safe_shop/dist_sell/sum_responses_consultations_en.pdf, Stand: 4.4.<strong>2009</strong> (zit. Summary ofResponses)Würdinger/Ringshandl, Anmerkung zu OLG Karlsruhe, Urteil vom 5.9.2007–15 U226/06 , MMR 2008, 49Zhang, Xuezhe, <strong>Das</strong> verbraucherschützende <strong>Widerrufsrecht</strong> nach § 355 ff. BGB undseine Aufnahme in das Chinesische Recht, 2006 (zit. Zhang, <strong>Widerrufsrecht</strong>)


EinleitungEinleitungEinleitungDiese Arbeit untersucht das <strong>Widerrufsrecht</strong> <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong>. Worinfindet dieses Recht seine Rechtfertigung? Gelten heute noch die gleichenRahmenbedingungen wie bei Entstehung der Fernabsatzrichtlinie? Diehistorische Entwicklung wird daraufhin untersucht, ob sie Rückschlüsseüber den zentralen Begriff der „Unzumutbarkeit“ des <strong>Widerrufsrecht</strong>esfür den Unternehmer zulässt. Folgen die rechtlichen Bewertungen einergerechten Systematik? Oder sind sie mehr Schauplatz politischer Interessen?Wie kam es dazu, dass auch zwölf Jahre nach Verkündung derFARL das <strong>Widerrufsrecht</strong> <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong> noch weit von Rechtssicherheitentfernt ist? Sind die Vorgaben überhaupt erfüllbar und dieSanktionen bei Pflichtverstößen angemessen? Und hat die FARL ihreselbst gesetzten Ziele erreicht?Beleuchtet wird, für welche Personen das Recht auf UnternehmerundVerbraucherseite gilt. Wird wirklich <strong>im</strong>mer die schwächere Parteigeschützt? Oder gibt es andere Machtgleichgewichte in der Realität des<strong>Onlinehandel</strong>s? Ist am Ende sogar der Händler häufig schwächer alsder Verbraucher? Anhand der von der Rechtsprechung entwickeltenKriterien werden die Grenzen zwischen Verbrauchern und Unternehmern<strong>im</strong> elektronischen Geschäftsverkehr gezogen. Können die <strong>im</strong>Fernabsatzrecht vorgesehenen Instrumentarien ihre Wirkung voll entfaltenoder sind sie leicht umgehbar?Eine zentrale Rolle spielen die Ausnahmen vom Anwendungsbereichdes Fernabsatz- und <strong>Widerrufsrecht</strong>es. Hier wird die „typisierte Unzumutbarkeit“anhand der gesetzlich abschließend normierten Ausnahmetatbeständeanalysiert. Folgen die Ausnahmen einem schlüssigen Unzumutbarkeitskonzeptoder sind sie ein willkürliches Ergebnis mehr oderweniger erfolgreicher Lobbyarbeit, z.B. was den Ausschluss von Auktionenbetrifft? Die Fallgruppen der Kundenspezifikation und der zur Rücksendungungeeigneten Waren bereiten in der Praxis besonders großeSchwierigkeiten. Wann ist ein Entkonfigurationsaufwand wirtschaftlichvertretbar? Und was sind erhebliche wirtschaftliche Einbußen bei einemWeiterverkauf? Ist die historisch-teleologische Auslegung überhaupt geeignet,Licht ins Dunkel der Ausnahmetatbestände zu bringen? Die Wiederverkäuflichkeitkönnte ein maßgebliches Kriterium einer Ausschlusslagesein. Möglicherweise sind der Ausschluss des <strong>Widerrufsrecht</strong>es infolgeEingriffshandlungen des Verbrauchers und die Aufklärung hierüberverbraucherfreundlicher als die Geltendmachung von Wertersatz.


2 EinleitungDie Widerrufsfrist und die Voraussetzungen ihres Beginns sind Gegenstandder weiteren Untersuchung. Wann liegt ein Eingang der Warebe<strong>im</strong> Verbraucher vor? Kann das Textformerfordernis durch Dokumenteauf Websites gewahrt werden? Welche Formate sind zulässig?Im deutschen Recht ist der Lauf der Widerrufsfrist von der Erfüllungüberschießend umgesetzter Informationspflichten abhängig. Zu welchenProblemen führt diese Verknüpfung? Sind die Informationspflichtenüberhaupt hinreichend klar, um für Pflichtverletzungen soeinschneidende Sanktionen wie ein endloses <strong>Widerrufsrecht</strong> zu verhängen?Ist die europarechtlich nicht gebotene Verknüpfung des Fristlaufsmit der Erfüllung der Pflichten <strong>im</strong> elektronischen Geschäftsverkehrangemessen? Oder stellen diese Normen vor allem ein Einfallstor fürFehler in der Belehrung dar? Auch wird untersucht, ob die vom Gesetzangeordneten Belehrungszeitpunkte dem Verbraucher zu einem wirkungsvollenSchutz verhelfen.Besonders strittig ist die <strong>im</strong> deutschen Recht verankerte Monatsfrist,die das europäische Recht nicht kennt. Es besteht die Vermutung, dassdiese Frist gar nicht als Sanktionsfrist beabsichtigt war. Der Gesetzgeberbeabsichtigt aktuell eine Korrektur der herrschenden Rechtsprechung.Doch ist die Monatsfrist für eBay-Verkäufer de lege lata geboten?Oder legen Entstehungsgeschichte, Sinn und Zweck des geltendenRechts ganz andere Schlüsse nahe? Auch das Rückgaberecht kann nacheinigen Ansichten nicht bei eBay-Verkäufen vereinbart werden, wasebenfalls gesetzlich korrigiert wird. Doch wann ist eine Ware überhauptpaketversandfähig? Ist der Widerruf durch Rücksendung, der in dergeplanten Verbraucherrechtsrichtlinie nicht mehr vorgesehen ist, einesinnvolle Ausübungsform?Hinsichtlich der Rückabwicklung widerrufener Kaufverträge ist <strong>im</strong>europäischen Recht noch Einiges ungeklärt. Die Kommission sieht <strong>im</strong>Gegensatz zur Bundesregierung die 30-Tage-Frist der FARL <strong>im</strong> deutschenRecht nicht richtig umgesetzt. Doch hilft eine solche Frist überhauptweiter, wenn <strong>im</strong> Gegenzug keine Frist für die Herausgabe durchden Verbraucher festgelegt ist? Unausgewogen scheinen auch die Kostentragungsregelungen<strong>im</strong> deutschen Recht zu sein. Muss der Händler– abgesehen von den Möglichkeiten <strong>im</strong> Rahmen der 40-EUR-Klausel– wirklich <strong>im</strong>mer die Kosten des Hin- und Rückversandes tragen,auch wenn der Verbraucher unnötige Kosten, z.B. durch eine „unfreie“Rücksendung generiert? Inwieweit greifen Schadensminderungspflichtenund Pflichten zur Einhaltung best<strong>im</strong>mter Retourenverfahren?Sollte die Ansicht der slowenischen Generalanwältin in Sachen Wertersatzvom EuGH bestätigt werden, könnten Verbraucher das Internetals ein globales Leihhaus missbrauchen. Sperrt die FARL tatsächlich


Einleitung 3jeglichen Wertersatz für eine Nutzung? Oder können die deutschenRücktrittsregelungen insoweit richtlinienkonform interpretiert werden?Muss der Verbraucher für die bloße Nutzungsmöglichkeit zahlen odernur für einen Abnutzungsschaden infolge best<strong>im</strong>mungsgemäßer Ingebrauchnahme?Darf ein Verbraucher <strong>im</strong> Fernabsatz gar eine FlascheWein erwerben, die Hälfte austrinken und den Rest dann wegen Nichtgefallensgegen volle Kaufpreisrückerstattung zurücksenden? Fraglichist, ob eine derartige Auslegung der FARL aus Verbraucherschutzgründentatsächlich erforderlich ist. Ohnehin ist die Abgrenzung zwischenNutzung, Ingebrauchnahme und Prüfung oft eine juristische Grauzone.Im Anschluss ist zu hinterfragen, wie konkret und wann genau eineentsprechende Belehrung über den Wertersatz erfolgen muss. Eine weitereFrage ist, welcher Wert für die Berechnung etwaiger Wertersatzansprüchezugrunde zu legen ist.Vorvertragliche Informationspflichten über das <strong>Widerrufsrecht</strong> sindin Deutschland beispiellos umfangreich. Wie können diese Pflichten aufInternetseiten erfüllt werden? Wann ist ein Link sprechend und dürfenalle technisch möglichen Formate eingesetzt werden? Wird derVerbraucher bei Fehlinformationen über das Nichtbestehen eines <strong>Widerrufsrecht</strong>esvor dem unerwünschten Vertrag geschützt? Wann erfolgtdie Aufklärung über das <strong>Widerrufsrecht</strong> rechtzeitig genug? Kann derUnternehmer überhaupt das Transparenzgebot einhalten oder führt diekomplizierte zu Grunde liegende Rechtslage zwangsläufig dazu, dassalle Belehrungen ein zu hohes Maß an juristischer Fachterminologieenthalten, um vom Verbraucher verstanden werden zu können? WelcheBesonderheiten sind bei mehrsprachigen Internetseiten und Integrationder Widerrufsbelehrung in AGB zu beachten?Der genaue Inhalt der Belehrung der Textform ist ein weiterer wichtigerAspekt. Müssen dem Verbraucher sämtliche denkbaren Ausübungsformenangeboten und erläutert werden? Beginnt die Frist mit,am Tag nach oder nach Erfüllung der Voraussetzungen für den Fristlauf?Und wie konkret sind diese Voraussetzungen zu benennen undwie vertieft zu erläutern? Muss eine Postfachadresse oder ladungsfähigeAnschrift angegeben werden und ist die Nennung einer Telefonnummerirreführend? Muss der Unternehmer hinsichtlich des allgemeinen undbesonderen Wertersatzes sowie Beanspruchung von Hin- und Rücksendekostenin der Belehrung „Farbe bekennen“?Gibt es nach neuem UWG noch Bagatellverstöße, wenn gegen Belehrungspflichtenverstoßen wird? Ändert sich die wettbewerbsrechtlicheRelevanz der vorvertraglichen Aufklärung über die Einzelheitendes <strong>Widerrufsrecht</strong>es? Möglicherweise ist die Verwendung eines nunkorrigierten Belehrungsmusters des BMJ trotz der wenig ruhmreichenVorgeschichte der Königsweg <strong>im</strong> Dickicht unklarer Regelungen und


4 Einleitungdrohender Wettbewerbsverstöße. Werden das Gesetz zur Neuordnungder Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht und derEntwurf der Verbraucherrechtsrichtlinie die bestehenden Problemelösen?


Teil 1 – GrundlagenTeil 1 – GrundlagenDurch Umsetzung der europäischen Fernabsatzrichtlinie (FARL),E-Commerce-Richtlinie (ECRL) und Finanzdienstleistungsrichtlinie(FARLFDL) sind zahlreiche Verbraucherschutzregelungen für Internet-Geschäfte, zu denen auch der <strong>Onlinehandel</strong> zählt, entstanden. Kernstückdieser Regelungen ist neben umfangreichen Informationspflichtenein weit reichendes <strong>Widerrufsrecht</strong> des Verbrauchers.A. Begriffsbest<strong>im</strong>mungenA. Begriffsbest<strong>im</strong>mungenI. <strong>Onlinehandel</strong>Eine einheitliche Definition für den Begriff <strong>Onlinehandel</strong> existiert nicht.Unter <strong>Onlinehandel</strong>, auch synonym mit Internethandel oder elektronischerHandel verwendet, wird nachfolgend der Abschluss eines Kaufvertragesüber das Internet bezeichnet. 1 Im weiteren Sinne umfasst derBegriff jede einzelne Phase der geschäftlichen Transaktion, bei der dieGeschäftspartner <strong>im</strong> Rahmen von Leistungsanbahnung, -vereinbarung,-erbringung oder nachvertraglichen Betreuung (z.B. Sendungsnachverfolgung)elektronische Kommunikationstechniken einsetzen.Die sich ständig weiterentwickelnden technischen Möglichkeiten habenden Versandhandel und den Einzelhandel revolutioniert; OnlineundTV-Shopping ergänzen den Katalog seit Jahren und haben derBranche neue Unternehmen, neue Kunden und steigende Umsätze beschert.Neben den klassischen Katalogversendern, die ihre Umsätzedurch das Internet zusätzlich ausweiten konnten und heute überwiegendals Multi-Channel-Versender auftreten, sind <strong>im</strong> Markt neue,höchst dynamische Versandhandelsformen entstanden. Neben denreinen Internetversendern, Teleshoppingversendern, eBay-Powersellernund Versandapotheken sind hier vor allem auch die kleinen und mittelständischenstationären Handelsunternehmen zu nennen, die ihre Warenzusätzlich über das Internet direkt an den Endkunden verkaufen. 21Ähnlich Bräutigam/Leupold/Meyer/Specht/Friemel, A I Rn. 4: „Form des ElectronicCommerce, bei welcher der Vertragsschluss online, also unter Zuhilfenahmedes Internet bzw. anderer Online-Netzwerke durchgeführt wird“.2Die Handelsverbände sprechen Ende 2006 von schätzungsweise 50.000 kleinenund mittelständischen stationären Handelsunternehmen und einem Versandhandelsumsatzvon 26,3 Milliarden Euro (6,8 Prozent am gesamten deutschen Einzelhandelsumsatz)umgesetzt, rund 30 Prozent mehr als erwartet. bei ca. 51,8 Millionen


6 Teil 1 – GrundlagenDer <strong>Onlinehandel</strong> ist somit ein Teil der gesamten Internet-Wirtschaft(E-Commerce), aber auch ein Teil der traditionellen Versandhandelsbranche.<strong>Onlinehandel</strong> findet über Online-Portale (z.B. eBay), d.h. von<strong>Dr</strong>itten zur Verfügung gestellte Handelsplattformen, oder Online-Shops(gleichbedeutend mit Web-Shop oder E-Shop verwendet), d.h. die eigeneInternetpräsenz eines Händlers, statt. Ein Shopsystem ist eine Softwaremit einer Warenkorbfunktionalität, mittels derer ausgewählteProdukte in einen virtuellen Warenkorb gelegt und bestellt werdenkönnen. Auch die Anbahnung über Preisvergleichportale und Produktsuchmaschinenspielt eine wichtige Rolle. Zunehmend verschmelzen E-Commerce und M-Commerce, also Mobile Commerce als spezielleAusprägung des E-Commerce und Verwendung mobiler elektronischerKommunikationstechniken, da das Internet mit modernen Mobiltelefonenproblemlos genutzt werden kann.Der <strong>Onlinehandel</strong> lässt sich nach Art der Teilnehmer kategorisieren.Wichtige Formen sind C2C (Consumer-To-Consumer = Verbraucher anVerbraucher), z.B. <strong>im</strong> Rahmen privater Auktionen über eBay, B2C(Business-To-Consumer = Unternehmen an Verbraucher) z. B. gewerblicherVersandhandel wie Amazon, eBay Express, Otto etc. und B2B(Business-To-Business = Unternehmen an Unternehmen), d.h. Handelzwischen Unternehmen und Lieferanten. Gegenstand dieser Arbeit istder B2C-<strong>Onlinehandel</strong>. 1Laut bvh 2sind 2008 mit 51 Prozent (Vorjahr: 48 Prozent) erstmalmehr als die Hälfte aller Warenbestellungen der Versandhandelsbrancheüber das Internet eingegangen. Demnach haben die Bundesbürger<strong>im</strong> Jahr 2008 rund 19,3 Milliarden Euro für Waren und Dienstleistungen<strong>im</strong> Internet ausgegeben, eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr um15 Prozent. Die Zahl der Online-Käufer stieg auf 31,44 Millionen (Vorjahr:29,37 Millionen) und übersprang damit erstmals die 30-Millionen-Marke. Insgesamt erwirtschafte der Versandhandel 46,9Prozent (2007: 39,5 Prozent) seines Gesamtumsatzes von 28,6 MilliardenEuro über das Internet. Die Dominanz der Männer <strong>im</strong> Internet hatsich den Angaben zufolge leicht verringert: Mittlerweile würden rundVersandhauskäufern in Deutschland; Gemeinsame Stellungnahme von bvh, HDEund BAG zur Umsetzung der FARL, S. 1.1Zu weiteren Kategorien, die nicht Gegenstand der Untersuchung sind, z.B. C2C,C2B, C2A, B2A, A2C, A2B und A2A siehe Bräutigam/Leupold/Meyer/Specht/Friemel, A I Rn. 8.2bvh-Pressemitteilung v. 5.11.2008. Für die bvh-Studie befragte das ForschungsinstitutTNS Infratest in diesem Jahr rund 30.000 Verbraucher. Eingeflossen sindauch Ergebnisse der Allensbacher Computer- und Technik-Analyse (ACTA 2008) desInstituts für Demoskopie Allensbach. http://www.versandhandel.org/News.80+M591d0925687.0.html (Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).


A. Begriffsbest<strong>im</strong>mungen 743 Prozent der weiblichen Kunden online bestellen. Bei den Männernseien es weiterhin 65 Prozent der Kunden.Die genannten Umsatzzahlen werden dabei klar vom Handel mitWaren dominiert (13,4 Milliarden Euro), von dem auch das deutlichsteWachstum (+23%) ausgeht. Im Waren-Bereich wurde 2008 der höchsteUmsatz mit Bekleidung, Textilien und Schuhen (4,63 Milliarden Euro,plus 18,2 Prozent gegenüber 2007), Büchern, CDs und DVDs (1,94Milliarden, minus 2,5 Prozent) sowie Unterhaltungselektronik undElektronikartikeln (1,28 Milliarden Euro, plus 5,6 Prozent) erzielt. Beiden Dienstleistungen (insgesamt 5,9 Milliarden Euro Umsatz) geben dieDeutschen laut bvh 1 besonders viel für Bahn- und Flugtickets (44 Prozentder Gesamterlöse) sowie für Urlaubsreisen (27 Prozent) aus.9 Prozent gehen auf Entertainment-Ausgaben (etwa MP3-Dateien,Klingeltöne, Spiele) zurück, 1 Prozent wird dem Kauf von Computer-Software zugeschrieben. 2Stark negativ dagegen verläuft die Entwicklung bei Versendern, dieüber die Plattform eBay verkauften. Sie mussten Umsatzeinbußen von16,9% auf 2,1 Milliarden Euro hinnehmen, was möglicherweise auchdamit zu tun hat, dass einige Powerseller sich von dieser Verkaufsplattformaufgrund gestiegener Preise verabschieden. 3Der <strong>Onlinehandel</strong> bietet sowohl Unternehmern als auch Verbraucherneinige Vorteile gegenüber dem stationären Handel. Der Unternehmerhat gegenüber dem Fachmarkt bzw. Fachhandel deutlich geringerePersonal-, Raum- und Warenpräsentationskosten. Zudem werdendurch die grenzenlose Abrufbarkeit des Angebotes mehr Kunden erreicht,so dass sich auch kleine Nischen- und Spezialanbieter etablieren,die allein mit einem stationären Geschäft nicht genügend Umsatz erzielenkönnten. Auch bieten elektronische Medien gegenüber gedrucktenKatalogen erweiterte Warenpräsentations- und Recherchemöglichkeiten,d.h. mehr Markttransparenz. Der Verbraucher kann Produkte undPreise komfortabel binnen Sekunden vergleichen und zu jeder TagesundNachtzeit Waren und Dienstleistungen bestellen, ohne sein Hausverlassen zu müssen. 4 Durch geringere Kosten kann der Onlinehändlerhäufig günstigere Preise anbieten als stationäre Anbieter.1bvh-Pressemitteilung v. 5.11.2008.2http://www.heise.de/newsticker/Versandhandel-freut-sich-ueber-starkes-Online-Geschaeft--/meldung/118467 (Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).3http://www.intern.de/news/neue--meldungen/--200811064701.html (Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).4So nutzten der GfK „Online Shopping Survey 2006“ zufolge <strong>im</strong> Jahr 2005 27,4Millionen Menschen das Internet, um sich online über Produkte zu informieren undPreise zu vergleichen. Demgegenüber nutzen (nur) 26,9 Millionen die Möglichkeitdes Online-Kaufs; GfK-Pressemeldung vom 10.4.2006; abrufbar unter: http://


8 Teil 1 – GrundlagenDemgegenüber existieren auch eine Reihe internetspezifischer Risiken.Der Verbraucher läuft Gefahr, eine Ware zu erwerben, die nichtseinen Vorstellungen entspricht, weil er sie vorher nicht in Augenscheinnehmen konnte. Weitere Risiken gehen von der <strong>im</strong> Internet-Geschäftweit verbreiteten Zahlungsart Vorkasse aus, da der Verbraucher Gefahrläuft, trotz Zahlung keine Leistung zu erhalten. Auch bei der Rückabwicklungeines widerrufenen Fernabsatzvertrages besteht bei Vorleistungdas Risiko, dass der Unternehmer zumindest nicht den gesamtenBetrag zurück erstattet und der Verbraucher aufgrund der Distanz zumHändler, Beweisschwierigkeiten und kleiner Gegenstandswerte einenunverhältnismäßig hohen Aufwand treiben muss, um seine Rechtedurchzusetzen.II. <strong>Widerrufsrecht</strong>Kernstück der Verbraucherschutzregelungen <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong> ist nebenumfangreichen Informationspflichten ein weitreichendes <strong>Widerrufsrecht</strong>.Für den Bereich des <strong>Onlinehandel</strong>s wurde dieses Recht erst <strong>im</strong>Jahr 2000 in Deutschland eingeführt. <strong>Das</strong> <strong>Widerrufsrecht</strong> ist aber seitjeher ein wichtiges Instrument des Verbraucherschutzrechts. Kennzeichnendfür das <strong>Widerrufsrecht</strong> ist, dass dem Verbraucher nach demVertragsschluss eine nachträgliche Bedenkzeit eingeräumt wird, binnenderer er ohne Angabe von Gründen seine auf den Vertragsschluss gerichteteWillenserklärung widerrufen und sich dadurch von der Bindungdes Vertrages lösen kann. Die Fragen, warum dem Verbraucherein <strong>Widerrufsrecht</strong> eingeräumt werden soll und wie die verbraucherschützenden<strong>Widerrufsrecht</strong>e mit dem Vertragsfreiheitsgedanken desBGB in Einklang zu bringen sind, haben <strong>im</strong>mer schon deren Entwicklunggeprägt. 1Im deutschen Recht gab es <strong>im</strong> Laufe der Entwicklung zwei Grundtypen,nämlich die Gebundenheitsfassung und die Wirksamkeitsfassung. 2Im ersten Fall ist der Verbraucher nur an seine Willenserklärung gebunden,wenn er sie nicht widerruft (so § 11 AuslInvG (1969), § 23KAGG (1970), § 4 FernUSG (1976)), <strong>im</strong> zweiten Fall wird die Willenserklärungerst wirksam, wenn sie nicht widerrufen wird (so z.B. § 1bAbzG (1974), § 1 HWiG (1986), § 7 VerbrKrG (1991) und § 5 TzWrG(1997)). Allein <strong>im</strong> Versicherungsvertragsrecht gab es in § 8 Abs. 4 S. 1VVG (1994) eine neutrale Formulierung, nach der der Versicherungsnehmerden Vertrag widerrufen kann. Im nun geltenden § 355 BGBwww.gfk.com/group/press_information/press_releases/00805/index.de.html (Stand: 4. 4.<strong>2009</strong>).1Zhang, <strong>Widerrufsrecht</strong>, S. 73.2Thole, <strong>Widerrufsrecht</strong>, S. 46.


B. Historische Entwicklung 9wurde die Gebundenheitsfassung übernommen. <strong>Das</strong> <strong>Widerrufsrecht</strong> inArt. 6 FARL ist als Rücktrittsrecht ausgestaltet.B. Historische EntwicklungB. Historische EntwicklungDie historische Entwicklung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong> istverhältnismäßig jung, jedoch von zahlreichen strukturellen und inhaltlichenÄnderungen geprägt. Es geht zurück auf die europäische Fernabsatzrichtlinie,die zunächst <strong>im</strong> Fernabsatzgesetz umgesetzt wurde, dasdann später in das BGB und die BGB-InfoV überführt und mehrfachgeändert wurde, unter anderem durch das OLG-Vertretungsänderungsgesetzund die Umsetzung der Fernabsatzrichtlinie für Finanzdienstleistungen.Zuvor gab es gesetzliche <strong>Widerrufsrecht</strong>e in anderenRechtsgebieten und vertragliche Lösungsrechte in derVersandhandelsbranche. Die vom Bundesjustizministerium entwickelteund <strong>im</strong> Jahr 2002 eingeführte Muster-Widerrufsbelehrung wurde mehrfachüberarbeitet, zunächst <strong>im</strong> Jahr 2004 und dann noch einmal Ende2007. Neben einer <strong>im</strong> Jahr 2006 abgeschlossenen öffentlichen Konsultationüber die Fernabsatzrichtlinie sind auf europäischer Ebene dieRichtlinie über unlautere Geschäftspraktiken und das Grünbuch zurÜberprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstandes <strong>im</strong> Verbraucherschutzals aktuelle Aktivitäten zur Überprüfung des <strong>Widerrufsrecht</strong>es zunennen. Diese mündeten in den <strong>im</strong> Oktober 2008 vorgelegten VRRL-E.I. Vorläufer und Parallelvorschriften1. ÜberrumpelungEin gesetzliches <strong>Widerrufsrecht</strong> gab es bereits in den sechziger Jahren.In § 11 AuslInvG v. 28.7.1969 und § 23 KAGG v. 14.1.1970 wurdeein <strong>Widerrufsrecht</strong> für diejenigen Privatpersonen begründet, die außerhalbder ständigen Geschäftsräume des Verkäufers oder Vermittlersdurch mündliche Verhandlungen zum Kauf von ausländischen Investmentanteilenoder von Anteilsscheinen best<strong>im</strong>mt wurden. Regelungsanlasswaren aggressive Verkaufsmethoden ausländischer Vertriebsgesellschaften,die Kunden unaufgefordert zu Verkaufsgesprächen inPrivatwohnungen aufsuchten. 1 Diese <strong>Widerrufsrecht</strong>e finden ihre Rechtfertigungdarin, dass der Käufer wegen der unvorbereiteten Konfronta-1Zum historischen Hintergrund vgl. Thole, <strong>Widerrufsrecht</strong>, S. 31 m.w.N.


10 Teil 1 – Grundlagention mit dem Vertreter des Unternehmers überrumpelt werden kannund infolge dieser Überrumpelung unüberlegt den Vertrag eingeht. 12. Längerfristige BelastungAuch vier Jahre später war der Regelungsanlass eine unseriöse Vertriebsmethodebe<strong>im</strong> Teilzahlungskauf an der Haustür. Dabei nutztendie Verkäufer aus, dass der Käufer zunächst nur geringe Zahlungsratengesagt und die finanzielle Gesamtbelastung des Abzahlungsgeschäftsnicht genügend überlegte. 2 1974 wurde das <strong>Widerrufsrecht</strong> dann auchin § 1b AbzG eingeführt. Dabei war der Anwendungsbereich jedochnicht auf eine Überrumpelungssituation beschränkt, sondern knüpfte<strong>im</strong> Rahmen der so genannten „großen Lösung“ an den Vertragstypusan und bezog alle Teilzahlungskäufer in den Schutzbereich ein, weshalbdie Einfügung in das Abzahlungsgesetz auch als „Meilenstein“ in derEntwicklung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s bezeichnet wird. 3Hierbei stand dieErwägung <strong>im</strong> Mittelpunkt, dass der Inhalt des Kreditvertrages üblicherweisesehr komplex ist, der Verbraucher normalerweise wenigeFachkenntnisse besitzt und daher eine Entscheidung leicht unter derBeeinflussung des Kreditgebers trifft, die zur längerfristigen Belastungaußerhalb seiner Leistungsfähigkeit führen kann. <strong>Das</strong> <strong>Widerrufsrecht</strong>soll dem Verbraucher bei solchen Geschäften also davor bewahren,deren finanzielle Tragweite ihm bei Vertragsschluss möglicherweisenicht genügend klar wurde. 4 Mit Einführung des Verbraucherkreditgesetzes(VerbrKrG) am 1.1.1991 wurde das Abzahlungsgesetz aufgehobenund das <strong>Widerrufsrecht</strong> auf sämtliche Verbraucherkreditverträge(Darlehen, Waren- und Leistungskredit sowie ähnliche Finanzierungshilfen)ausgeweitet.3. Distanz zu Unternehmer und LeistungAls weiterer Vorläufer des <strong>Widerrufsrecht</strong>s <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong> ist das<strong>Widerrufsrecht</strong> in § 4 FernUSG zu nennen, bei dem es ebenfalls nichtum eine Überrumpelung des Verbrauchers geht, sondern um ein spezifischesRisiko wegen des Vertragsgegenstandes. Ähnlich wie bei Fernabsatzgeschäftenist es bei einem Abschluss eines Fernunterrichtvertrages1Zhang, <strong>Widerrufsrecht</strong>, S. 77.2Bericht des Rechtsausschusses vom 11.12.1973, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 7/1398, S. 2.3Lorenz, Unerwünschter Vertrag, S. 122 f. § 1b Abs. 1 AbzG, eingeführt mit Gesetzv. 15.5.1974, BGBl. I, S. 1169, lautete: „Die auf den Vertragsschluss gerichteteWillenserklärung des Käufers wird erst wirksam, wenn der Käufer sie nicht demVerkäufer gegenüber binnen einer Frist von einer Woche schriftlich widerruft. …“4Vgl. BT-<strong>Dr</strong>ucks. 7/1398, S. 2 (Bericht des Rechtsausschusses).


B. Historische Entwicklung 11normalerweise für den Verbraucher nicht möglich, den Unternehmerbeziehungsweise den Unterricht persönlich kennen zu lernen oder dieLeistung genau zu überprüfen, um die Qualität des Fernunterrichtsbeurteilen zu können. 1Überdies wurden Mitte der siebziger Jahre indiesem Wirtschaftszweig verbraucherfeindliche Vertragsbedingungen,unzureichende Informationen, irreführende Werbung und aggressiveVertriebsmethoden bemängelt. 2Auch das europäische Parlament forderte1975 eine Gemeinschaftsregelung <strong>im</strong> Fernunterrichtwesen, woraufhindie Kommission 1977 einen Richtlinienentwurf 3vorlegte, derjedoch am Widerstand der Mitgliedstaaten scheiterte. Im gleichen Jahrtrat dann auf nationaler Ebene in Deutschland das FernUSG in Kraft.Dem Teilnehmer eines Fernlehrgangs soll hierdurch ein Probestudiumermöglicht werden, damit er feststellen kann, ob der Fernlehrgang seinenErwartungen entspricht und ob er selbst den Anforderungen gerechtwird. 4 Die rechtspolitische Rechtfertigung dieses <strong>Widerrufsrecht</strong>eskommt der des <strong>Widerrufsrecht</strong>es <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong> am nächsten.4. ÜberraschungsgefahrAm 20.12.1985 wurde dann auf europäischer Ebene die HWiRL erlassen,die vor unlauteren Direktmarketingmethoden schützen soll. Auchhier besteht eine Überraschungs- und Überrumpelungsgefahr, weil derVerbraucher keine Möglichkeit hat, Informationen über Konkurrenzproduktezu überprüfen. 5Der Einführung dieses <strong>Widerrufsrecht</strong>s vorausgegangenwaren zahlreiche Diskussionen auf nationaler und europäischerEbene über einen generellen Schutz vor ungewollten,unüberlegten Geschäftsabschlüssen <strong>im</strong> Direktvertrieb. <strong>Das</strong> HWiG mitdem in § 1 verankerten <strong>Widerrufsrecht</strong> trat schon vor dem Ablauf dereuropäischen Umsetzungsfrist am 1.5.1986 in Kraft und stellt mithinkeine Umsetzung der Richtlinie, sondern ein parallel entwickeltes nationalesGesetz dar. 6 In einer Haustürsituation unterliegt der Verbraucherin erhöhtem Maße der Gefahr, unter Ausnutzung des Überraschungseffektesoder einer besonderen psychologischen Situation zu einem ansich nicht gewünschten Vertragsschluss veranlasst zu werden, wovordas <strong>Widerrufsrecht</strong> schützt. 71Mankowski, WM 2001, 793, 796f.2Begründung des FernUSG-RegE, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 7/4245, S. 12.3ABl. 1977 C 208, S. 12.4Begründung FernUSG-RegE, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 7/4245, S. 15.5Vgl. BT-<strong>Dr</strong>ucks. 10/2876, S. 6.6Hk-VertriebsR/Tonner, § 312 Rn. 7.7Erman/Saenger, § 312 Rn. 2.


12 Teil 1 – Grundlagen5. Komplexität der VertragsmaterieWeitere verbraucherschützende Lösungsrechte wurden in § 5 TzWrG,§ 13a UWG und in § 8 Abs. 4 VVG 1991/1994 erlassen. Anlass für das<strong>Widerrufsrecht</strong> bei Verträgen über Teilzeitwohnrechte war die europäischeT<strong>im</strong>esharingrichtlinie vom 26.10.1994, die den unseriösen Methodender Teilzeitwohnrechtanbieter entgegentreten wollte und zugleicheine Reihe von Informationspflichten enthielt. Die nationale Regelungtrat zum 1.1.1997 in Kraft und wurde mit der Komplexität und schwerenDurchschaubarkeit der Vertragsmaterie in diesem Geschäftszweigbegründet. 1§ 13a UWG enthielt ein Rücktrittsrecht für den Fall, dassder Abnehmer durch eine unwahre und zur Irreführung geeignete Werbeangabezur Abnahme einer Leistung best<strong>im</strong>mt worden ist. Abs. 3 derVorschrift enthielt eine Verweisung auf das HWiG. Die Schutzbedürftigkeitdes Verbrauchers be<strong>im</strong> Versicherungsvertrag ergibt sich ähnlichwie be<strong>im</strong> Verbraucherkreditvertrag aus der komplexen Vertragsgestaltungund der lang andauernden finanziellen Bindung. <strong>Das</strong> frühere VVGenthielt neben dem <strong>Widerrufsrecht</strong> in § 8 Abs. 4 auch ein Rücktrittsrechtin § 8 Abs. 5 und ein Widerspruchsrecht in § 5a.6. ZwischenergebnisBereits an dieser Stelle wird deutlich, dass es ganz verschiedene Rechtfertigungsgründefür ein <strong>Widerrufsrecht</strong> gibt, nämlich die Überraschungs-und Überrumpelungsgefahr, die Komplexität der Vertragsmaterie,die langfristige Vertragsbindung des Verbrauchers, diemöglicherweise seine finanziellen Mittel übersteigt und schließlich dieDistanz zwischen den Vertragsparteien und die fehlende Möglichkeit,die Leistung <strong>im</strong> Vorfeld zu begutachten. Daher bedürfen die verschiedenen<strong>Widerrufsrecht</strong>e trotz eines vereinheitlichten Verbraucherschutzrechtsjeweils differenzierter Auslegungen. Eine lediglich mit dem„Verbraucherschutzgedanken“ begründete Erklärung führt nicht weiterund erweckt leicht Zweifel hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem Gebotdes verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatzes gemäß Art. 3Abs. 1 GG. 2II. VersandhandelsbrancheDer Kauf nach Katalogen wurde spätestens in den 1950er und 1960erJahren zum Massenphänomen. Mit der kommerziellen Nutzung desInternets hat der Versandhandel nochmals einen großen Aufschwung1Begründung TzWrG-RegE, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 13/4185, S. 12.2Reiner, AcP 203 (2003), 1, 8; Zhang, <strong>Widerrufsrecht</strong>, S. 86.


B. Historische Entwicklung 13erlebt. Doch eine spezielle gesetzliche Regelung zum Schutz der Versandhauskundenschuf der deutsche Gesetzgeber erst mit dem Fernabsatzgesetz<strong>im</strong> Jahr 2000. Bereits zuvor wurde dem Kunden jedoch vonvielen Versandhändlern freiwillig ein <strong>Widerrufsrecht</strong> eingeräumt bzw.ein Kauf auf Probe vereinbart. Dem lag die Erkenntnis zugrunde, dassder Kunde eher bereit ist, eine nur aus Katalogen bekannte Ware zukaufen, wenn er sie <strong>im</strong> Zweifel zurückgeben kann. Seitens des Versandhandelswird daher oft ins Feld geführt, man habe das <strong>Widerrufsrecht</strong><strong>im</strong> Distanzhandel erfunden. 1 Allerdings waren diese freiwilligen Rechtebei weitem nicht so weitreichend ausgestaltet wie das heutige gesetzliche<strong>Widerrufsrecht</strong>. So konnten die Rückgabefristen, Bedingungen fürdie Kostentragung bei Rücksendung oder den Wertersatz bei Prüfungder Ware vertraglich frei festgelegt werden, was heute nicht mehr derFall ist. Gleichwohl haben diese freiwillig eingeräumten Rechte doch zueinem beachtlichen wirtschaftlichen Erfolg zahlreicher Katalogversenderbeigetragen.III. Fernabsatzrichtlinie (FARL)Die §§ 312b–d BGB und 1 BGB-InfoV dienen der Umsetzung der Fernabsatzrichtlinie.Die Vorschriften über Fernabsatzverträge sind daher<strong>im</strong> Lichte der Vorgaben dieser Richtlinie zu interpretieren. 2 RichtlinienkonformeAuslegung bedeutet, dass unter mehreren möglichen Auslegungsvariantendes nationalen Rechts diejenige zu bevorzugen ist, diesich mit dem einschlägigen europarechtlichen Richtlinienrecht am bestenvereinbaren lässt. 3Dabei ist den Gerichten auch ein weiter Auslegungsspielraumzuzugestehen. <strong>Das</strong> nationale Recht kann so weit wiemöglich und unter voller Ausschöpfung des Beurteilungsspielraums anWortlaut und Zweck der Richtlinie angepasst werden. 4Jedoch darfauch eine richtlinienkonforme Auslegung nicht die Grenzen der nationalenMethodenlehre, etwa durch eine Auslegung contra legem, überschreiten.51So z.B. der bis Dezember 2007 für den Bundesverband des deutschen Versandhandelse.V. (bvh) tätige Justiziar Jens Dohmgoergen in zahlreichen Gesprächen mitdem Verfasser.2Roßnagel/Brönneke, Einleitung zu §§ 312b ff. Rn. 35.3Auer, NJW 2007, 1106 ff.4EuGH, NJW 1984, 2021.5EuGH, NJW 2006, 2465.


14 Teil 1 – Grundlagen1. Anfänge der FARLDie Entstehung der Fernabsatzrichtlinie war nicht etwa von einem einheitlichenWunsch nach einem <strong>Widerrufsrecht</strong>, sondern von kontroversenDiskussionen geprägt. Nicht nur innerhalb der Kommission, sondernauch seitens der Mitgliedstaaten waren das Vorhaben <strong>im</strong>Allgemeinen und das <strong>Widerrufsrecht</strong> <strong>im</strong> Besonderen von Beginn anumstritten. Die Kommission ließ zwar umfangreiche Gutachten überMöglichkeiten und Risiken des Einsatzes neuer Kommunikationstechnologien<strong>im</strong> Fernabsatz erstellen, in denen Verbraucherschutzlücken<strong>im</strong> Recht der Mitgliedsstaaten in Bezug auf den Direktvertriebfestgestellt wurden. Auch die deutsche Bundesregierung gab ihre Bedenkenan dem Vorhaben aber erst Anfang 1992 auf. 1Die Ausschüsse des deutschen Bundesrats erklärten in der von ihnenausgesprochenen Empfehlung, dass der Verbraucher <strong>im</strong> Bereich derFernabsatzgeschäfte zumindest nicht in dem Maße schutzbedürftig sei,wie dies in dem Richtlinienentwurf dargelegt sei. 2 Der Ansatz des Vorschlagsdiskr<strong>im</strong>iniere Vertragsabschlüsse unter Abwesenden ohneGrund gegenüber Vertragsabschlüssen <strong>im</strong> stationären Einzelhandel. 3Auch zwischen dem Europäischen Parlament und der EuropäischenKommission gab es unterschiedliche Auffassungen über den notwendigenRichtlinieninhalt, so dass <strong>im</strong> Verlauf des Mitentscheidungsverfahrensder Vermittlungsausschuss angerufen wurde. 4Die Differenzen haben zu einem häufig wechselnden Inhalt des Richtlinienprojektesgeführt. 5So sollte z.B. <strong>im</strong> ersten Entwurf weder dieAusschließlichkeit der Verwendung von Fernkommunikationsmittelnnoch ein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs- und DienstleistungssystemsVoraussetzung für den sachlichen Anwendungsbereichsein, sondern ein <strong>Widerrufsrecht</strong> auch für solche Geschäfte gelten, beidenen die Vertragsanbahnung unter körperlicher Abwesenheit beiderParteien stattgefunden hat und lediglich die „Aufforderung zum Vertragsschluss“oder die Bestellung unter Verwendung von „Telekommunikationstechniken“vorgenommen wurde, was auch be<strong>im</strong> deutschenGesetzgeber auf heftige Kritik stieß.1Pützhoven, Verbraucherschutz, S. 29, Fn. 120.2BR-<strong>Dr</strong>ucks. 445/1/92, S. 1.3BR-<strong>Dr</strong>ucks. 445/1/92, S. 2; Bodenstedt, Fernabsatzrichtline, S. 11.4Eine Übersicht des Verfahrensablaufs ist abrufbar unter: http://ec.europa.eu/prelex/detail_dossier_real.cfm?CL=de&DosId=20110 (Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).5Pützhoven, Verbraucherschutz, S. 29.


2. Schutz vor Gefahren des „Tele-Einkaufs“B. Historische Entwicklung 15Die Ursprünge der Fernabsatzrichtlinie reichen bis in die Mitte derachtziger Jahre zurück, also eine Zeit, in der das Internet noch nichteinmal in den Kinderschuhen steckte. Bereits 1985 kündigte die EuropäischeKommission in einer Mitteilung an den Rat mit dem Titel„Neuer Impuls für die Politik zum Schutz der Verbraucher“ 1 an, Vorschlägezur Verwendung neuer Informationstechnologien zu unterbreiten,die es dem Verbraucher ermöglichen sollten, Bestellungen von zuHause aus zu tätigen. Unter Punkt 33 heißt es dort: „Die neue Informationstechnologiewird <strong>im</strong>mer stärker für die Information der Verbraucherverwendet, zum Beispiel verbindet Videotext Computerdatenbankenüber Telefonbanken mit den Fernsehgeräten in den privatenHaushalten. Dieses sind Systeme, mit denen die Verbraucher von zuHause aus dem Lieferanten Aufträge erteilen können. Eine Anzahl vonProblemen, die sich dem Verbraucher stellen, sind auf das Videotextsysteman sich zurückzuführen.“ Der Rat begrüßte diese Initiative undforderte in einer Entschließung 2die Kommission 1986 auf, entsprechendeVorschläge zu entwickeln und zu unterbreiten.1989 forderte der Rat die Kommission in einer Entschließung nocheinmal zur Entwicklung eines <strong>Dr</strong>eijahresplans auf, in dem die Verbraucherschutzzieleder Europäischen Gemeinschaft konkretisiert werdensollten. Eine der vom Rat vorgegebenen Prioritäten war dabei die „Untersuchungweiterer Möglichkeiten für Initiativen, insbesondere <strong>im</strong> Bereichder Verbraucheraufklärung, der neuen Technologien, die den Tele-Einkauf ermöglichen, der Garantie und des Kundendienstes sowie derunlauteren Werbung.“ 3Der damals technisch mögliche „Tele-Einkauf“war mit dem gegenwärtigen <strong>Onlinehandel</strong> bzw. technischen Möglichkeitendes Internet auch nicht annähernd vergleichbar. Ein Jahr später legtedie Kommission dann den vom Rat geforderten <strong>Dr</strong>eijahresplan vor 4 , indem die Verabschiedung einer Richtlinie über den Verbraucherschutz <strong>im</strong>Fernabsatz vorgeschlagen wurde. Flankiert werden sollte die Richtliniedurch Verhaltenskodizes und vertrauensbildende Systeme und Garantien. 51KOM (85) 314 endg. vom 23.07.1985.2ABlEG Nr. C 167/01 v. 23.06.1986.3Nr. 5 des Anhangs der Entschließung des Rates vom 09.11.1989 über künftigePrioritäten bei der Neubelebung der Verbraucherschutzpolitik, ABlEG Nr. C 294/01v. 22.11.1989.4<strong>Dr</strong>eijahresplan für die Verbraucherpolitik in der EWG (1990–1992), KOM (90)98 vom 03.05.1990; Bodenstedt, Fernabsatzrichtlinie, S. 11.5Als solches ist z.B. Trusted Shops <strong>im</strong> Jahre 2001 von der Europäischen Kommissiongefördert worden. http://ec.europa.eu/information_society/activities/eten/cf/opdb/cf/project/index.cfm?mode=detail&project_ref=ETEN-26786 (Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).


16 Teil 1 – Grundlagen3. Uneinigkeit bei den Richtlinienvorschlägen1991 legte die Kommission den „Vorentwurf eines Vorschlags“ für eineRichtlinie über den Verbraucherschutz <strong>im</strong> Distanzhandel vor, in demauch deutlich wurde, dass es nicht nur um den Verbraucherschutz,sondern um die Verhinderung verschiedener Regelungen in den Mitgliedsstaatenging. 1 In diesem Vorentwurf tauchte eine erste Version des<strong>Widerrufsrecht</strong>es auf. Nach Art. 12 Abs. 1 sollte der Verbraucher dasRecht haben, binnen 14 Kalendertagen den Vertrag „straffrei zu annullieren“.1992 legte die Kommission eine Empfehlung über Verhaltenskodizes2 vor, in der den Branchenverbänden u.a. empfohlen wurde, zurwirtschaftlichen Absicherung des <strong>Widerrufsrecht</strong>es „Vorkehrungen zurSicherung der Rückerstattung der vom Verbraucher bei der Bestellunggeleisteten Zahlungen“ zu treffen 3und „bei Inanspruchnahme desRücktrittsrechts von Seiten des Verbrauchers die Frist des Rückzahlungsanspruchsfür schon geleistete Zahlungen“ zu nennen.Am 21.05.1992 präsentierte die Kommission dann einen erstenRichtlinienvorschlag. 4In der Begründung wurde der Vorschlag eines<strong>Widerrufsrecht</strong>es für Fernabsatzgeschäfte damit gerechtfertigt, dass dienationalen Rechtsordnungen teilweise schon eine Frist zum „Rücktritt“von Fernabsatzverträgen vorsahen 5 und es „<strong>im</strong> traditionellen Versandhandelgang und gäbe“ war. Auch in der finalen Fassung der FARLwurde das <strong>Widerrufsrecht</strong> als Rücktrittsrecht ausgestaltet. 6 Der EuropäischeWirtschafts- und Sozialausschuss begrüßte den Entwurf in seinerStellungnahme 1993 7 ebenso wie das Europäische Parlament, das allerdings35 Änderungswünsche einbrachte, 8 die auf eine weitere Erhöhungdes Verbraucherschutzniveaus abzielten. Daraufhin legte die Kommission<strong>im</strong> Oktober 1993 einen geänderten Richtlinienvorschlag vor, 9indem die Wünsche des Parlaments weitgehend berücksichtigt wurden.1ZIP 1991, A 132 Nr. 329; Pützhoven, Verbraucherschutz, S. 30.2Empfehlung der Kommission vom 07.04.1992 über die Verhaltenskodizes zumVerbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen <strong>im</strong> Fernabsatz, ABlEG Nr. L 156/21 vom10.06.1992.3Genau dies leistet Trusted Shops mit einer Garantie, die u.a. bei Nicht-Rückerstattungdes Kaufpreises nach Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>es zum Tragen kommt(http://www.trustedshops.de/info/garantiebedingungen/, Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).4Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen<strong>im</strong> Fernabsatz, KOM (92) 11 endg. – SYN 411, ABlEG Nr. C156/14 vom 23.06.1992.5So z.B. seinerzeit Art. L 121-16 bis 20 VerbraucherGB (FR).6Waldenberger, K&R 1999, 345, 349; Tonner, BB 2000, 1413, 1415.7EWSA-Stellungnahme v. 25.01.1993.8ABlEG Nr. C 176/95 vom 28.6.1993.9Geänderter Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über den Verbraucherschutzbei Vertragsabschlüssen <strong>im</strong> Fernabsatz, ABlEG Nr. C 308/18 vom 15.11.1993.


B. Historische Entwicklung 17Es folgten weitere umfangreiche Beratungen in Rat und Parlamentüber die Frage, ob Finanzdienstleistungen vom Anwendungsbereicherfasst werden sollten oder nicht. 1Erst 1995 wurde ein gemeinsamerStandpunkt 2veröffentlicht, der u.a. dem Wunsch des EuropäischenParlaments Rechnung trug, das <strong>Widerrufsrecht</strong> nicht für Dienstleistungenvorzusehen, „bei denen Reservierungen vorgenommen werden“(Begründung III 7 iii). Auf Initiative des Rates wurden in Anlehnung andie Haustürwiderrufsrichtlinie eine <strong>Dr</strong>e<strong>im</strong>onatsfrist, innerhalb dererfehlende Informationen noch vorgelegt werden können, sowie eine Fristvon sieben Tagen eingeführt, innerhalb derer das eigentliche <strong>Widerrufsrecht</strong>ausgeübt werden kann. Zudem sprach sich der Rat für eine Reihevon Ausnahmen aus, interessanterweise jedoch dagegen, „Erzeugnisseder Körperpflege auszuschließen“ (Begründung III 7 vii). 3Im Erwägensgrund12 wurde damals schon das <strong>Widerrufsrecht</strong> damit begründet,dass der Verbraucher in der Praxis keine Möglichkeit hat, „vorAbschluss des Vertrags das Erzeugnis zu sehen oder die Eigenschaftender Dienstleistung <strong>im</strong> einzelnen zur Kenntnis zu nehmen.“Der gemeinsame Standpunkt wurde ein Jahr später vom EuropäischenParlament noch einmal geändert. 4Hierbei ging es u.a. um dieFrage, welche Kosten dem Verbraucher <strong>im</strong> Falle des Widerrufs auferlegtwerden dürfen. Als Erwägensgrund 12 schlug das Europäische Parlamentfolgende Formulierung vor: „Der Verbraucher hat in der Praxiskeine Möglichkeit, vor Abschluss des Vertrags das Erzeugnis zu sehenoder die Eigenschaften der Dienstleistung <strong>im</strong> einzelnen zur Kenntnis zunehmen. Es muss daher dem Verbraucher erlaubt sein, den Vertragnach Erhalt des Erzeugnisses oder der Dienstleistung zu widerrufen.Schließlich ist es notwendig, bei der Anwendung dieses Rechts die vomVerbraucher getragenen Ausgaben auf die Portokosten für die Rücksendungzu begrenzen, da dieses sonst ein bloß formales Recht bliebe.1Letztlich blieben Finanzdienstleistungen gem. Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Anhang II derFARL ausgenommen. Die FARL wurde dann durch Art. 18 der FARLFDL erstmaligdahingehend geändert, dass Finanzdienstleistungen nunmehr vom Anwendungsbereichder FARL ausgeschlossen sind und in der Folge auch der Anhang II der FARLersatzlos gestrichen wurde.2Gemeinsamer Standpunkt (EG) Nr. 19/95 vom Rat v. 29.06.1995.3Diese Frage spielt <strong>im</strong> heutigen <strong>Onlinehandel</strong> eine große praktische Rolle. <strong>Das</strong>LG Wuppertal, BeckRS 2008, 03864 meint, angebrochene Kosmetika seien nichtmehr verkehrsfähig und gelten als verbraucht i.S.v. § 346 Abs. 2 Nr. 2 BGB, so dassder Kunde Wertersatz i.H.v. 100% des Kaufpreises leisten muss bzw. keinen Anspruchauf Rückerstattung des Kaufpreises hat.4Beschluss betreffend den Gemeinsamen Standpunkt des Rates <strong>im</strong> Hinblick aufden Erlass der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über denVerbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen <strong>im</strong> Fernabsatz (C4-0369/95 – 00/0411(COD), ABlEG Nr. C 17/51 vom 22.01.1996. http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:51995AP0297:DE:HTML (Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).


18 Teil 1 – Grundlagen…“ Auch Art. 6 der Richtlinie wurde um den Satz ergänzt: „Die einzigenKosten, die ihm entstehen können, sind gegebenenfalls die unmittelbarenRücksendungskosten.“ Eingefügt wurde auch die 30-tägigeRückerstattungspflicht des Art. 6 Abs. 2 FARL.4. Verkündung der FARLIm Mai 1997 wurde dann die Richtlinie über den Verbraucherschutzbei Vertragsabschlüssen <strong>im</strong> Fernabsatz verkündet. <strong>Das</strong> <strong>Widerrufsrecht</strong>wird in Art. 6 der FARL geregelt. Gemäß Artikel 14 FARL können dieMitgliedstaaten <strong>im</strong> Anwendungsbereich der Richtlinie strengere Best<strong>im</strong>mungenerlassen oder aufrechterhalten, wenn diese ein höheresSchutzniveau für den Verbraucher sicherstellen und mit dem EG-Vertrag in Einklang stehen. Die Richtlinie sieht lediglich eine Mindestharmonisierungund keine vollständige Harmonisierung vor. Hiervonhat der deutsche Gesetzgeber reichlich Gebrauch gemacht.5. ZwischenergebnisBei der Auslegung der FARL, die zur Auslegung der deutschen Normenzum <strong>Widerrufsrecht</strong> erforderlich ist, muss berücksichtigt werden, dasszum Zeitpunkt des ersten Richtlinienentwurfs das Internet noch nicht inder heutigen Form existierte. Der europäische Gesetzgeber hatte seinerzeitganz andere Vertriebsformen mit anderen Risiken vor Augen als den heutigen<strong>Onlinehandel</strong>. So gab es eine Reihe von Distanzhandelsformen, z.B.Katalogversand oder den recht intransparenten „Tele-Einkauf“, bei denender Verbraucher Informationen über ein Produkt nur vom Verkäufererhielt und oft Waren kaufte, die es nur bei diesem Verkäufer – und nichtauch <strong>im</strong> stationären Handel – gab. Heute hingegen kann der Verbraucher<strong>im</strong> Internet über Preissuchmaschinen, Testberichte, Kundenbewertungenund Gütesiegel gezielt nach Produkten suchen, von denen er <strong>im</strong> VorfeldMeinungen anderer, einen vertrauenswürdigen Verkäufer und den bestenPreis in Erfahrung bringen und eine finanziell abgesicherte Transaktiontätigen kann. Vielfach wird in Internet-Shops und auf Auktionsplattformenauch Ware angeboten, die <strong>im</strong> stationären Handel zuvor ausgiebiggeprüft werden kann. Diese veränderten Umstände führen dazu, dass diedamalige Intention des europäischen Gesetzgebers nicht unkritisch auf den<strong>Onlinehandel</strong> übertragen werden kann. 11Vgl. Aigner/Hofmann, Fernabsatzrecht <strong>im</strong> Internet, Rn. 2.


B. Historische Entwicklung 21fänger, auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung stehen“.Diese später <strong>im</strong> FernAbsG und BGB übernommene klare Zweistufigkeitwurde bedauerlicherweise <strong>im</strong> Dezember 2004 mit Umsetzung derFARLFDL ohne Not aufgegeben.2. Streitpunktea) VersteigerungenVersteigerungen sollten in Anlehnung an die FARL ganz vom Anwendungsbereichausgenommen sein. 1In einer Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaftder Verbraucherverbände (AgV) 2 zum Regierungsentwurfwurde dies zu Recht kritisiert. In jüngster Zeit beschwerten sichzunehmend mehr Verbraucher, die sich gegen „Internetauktionen“richten, die regelmäßig wohl eher als Verkäufe gegen Höchstgebot zuqualifizieren sein würden. Bemängelt werde vor allem die bei Internetauktionenfestgestellte Intransparenz bzw. Irreführung bezüglich derRahmenbedingungen des Geschäftsabschlusses. Angesichts der Art undWeise der Abwicklung der Geschäfte sei es insbesondere auch erforderlich,dass der eigentliche Verkäufer nicht anonym bleibt. 3Daraufhinwurden Auktionen in den Anwendungsbereich des Fernabsatzrechtseingeschlossen und nur Versteigerungen i.S.d. § 156 BGB gem. § 312dAbs. 4 Nr. 5 BGB vom Anwendungsbereich des <strong>Widerrufsrecht</strong>es ausgeschlossen.Interessanterweise wurde die geplante Möglichkeit, demVerbraucher die Kosten der Rücksendung aufzuerlegen, in der AgV-Stellungnahme nicht kritisiert. 4b) WiderrufsfristIn § 3 RefE FernAbsG war noch eine Widerrufsfrist von sieben Werktagen(Abs. 1) und ein Erlöschen spätestens binnen drei Monaten abWareneingang be<strong>im</strong> Verbraucher (Abs. 3 Nr. 1) vorgesehen. Mangelsvorhandener Regelung <strong>im</strong> BGB verwies § 4 Abs. 1 S. 1 RefE FernAbsGfür die Rückabwicklung auf die §§ 3, 4 HWiG. Da diese Vorschrifteneinen Anspruch des Unternehmers auf Nutzungsersatz vorsahen, wurde1Mit der nichtssagenden Begründung: „Versteigerungen <strong>im</strong> Wege des Fernabsatzes(z.B. <strong>im</strong> Internet) würden unangemessen behindert, wenn der Verbraucher eingesetzliches <strong>Widerrufsrecht</strong> hätte.“, FernAbsG-RefE, S. 77.2AgV-Stellungnahme v. 15.3.2000.3AgV-Stellungnahme v. 15.3.2000, S. 2.4Ebenso betrachten es die Verbraucherorganisationen The Consumer Council ofNorway und Buereau Européen des Unions de Consommateurs (beuc) in ihrenStellungnahmen zur Überprüfung der FARL Ende 2006 als „fair“, dass der Verbraucherdie Rücksendekosten trägt; beuc, BEUC/X/085/2006 v. 1.12.2006, p. 9. TheConsumer Council of Norway, 12.10.2006, p. 4


22 Teil 1 – Grundlagender Verweis teilweise als nicht mit Art. 6 Abs. 1 FARL vereinbar angesehen.1Die Widerrufsfrist wurde später auf zwei Wochen erhöht, umder in der FARLFDL vorgesehenen Frist <strong>im</strong> Zuge weiterer Harmonisierungsbestrebungenvorzugreifen. An der <strong>Dr</strong>e<strong>im</strong>onatsfrist <strong>im</strong> Falle derVerletzung von Informationspflichten (§ 3 Abs. 1 S. 2, S. 3 Nr. 1 RegEFernAbsG) änderte sich zunächst nichts. Auch Versteigerungen solltennach § 1 Abs. 3 Nr. 7 c) vom Anwendungsbereich des Gesetzes ausgenommenbleiben.c) RücksendekostenWährend fast alle europäischen Mitgliedsstaaten von der Möglichkeitdes Artikel 6 Abs. 2 Satz 2 FARL, dem Verbraucher bei Ausübungseines <strong>Widerrufsrecht</strong>s die unmittelbaren Kosten der Rücksendungaufzuerlegen, Gebrauch gemacht haben, erwog man dies in Deutschlandoffenbar <strong>im</strong> BMJ zunächst nicht. Vielmehr zog man sich daraufzurück, dass das höhere deutsche Niveau nach dem Mindestharmonierungsprinzipder FARL aufrecht erhalten werden durfte. Gemäß § 3HaustürWG war der Erfüllungsort für die Rückabwicklung der Leistung,z.B. <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong> für die Rückgewähr der gelieferten Ware,nach allgemeinen Grundsätzen (§ 269 Abs. 1 BGB) der Wohnsitz desVerbrauchers bzw. der Belegenheitsort der Ware. „Der Verbraucher istdemnach nach deutschem Recht nicht einmal zur Rücksendung derWare, sondern nur zur Herausgabe an den Unternehmer verpflichtet,der diese gegebenenfalls abholen bzw. abholen lassen muss.“ 2Hingegen sollte nun der Verbraucher bei Vereinbarung mit dem Unternehmerdie Kosten der Rücksendung unabhängig vom Bestellwerttragen. 3Begründet wurde diese plötzliche Kehrtwende <strong>im</strong> Regierungsentwurfin keinster Weise, sondern lediglich ihr Anwendungsbereich ineinem kurzen Absatz erläutert. So heißt es auf S. 43 FernAbsG-RefElapidar: „Entsprechend Artikel 6 Abs. 2 Satz 2 FARL lässt es Satz 4 zu,dem Verbraucher durch Vertrag die Kosten der Rücksendung aufzuerlegen.Ohne eine solche vertragliche Regelung trägt der Unternehmerdie Kosten, wie dies bisher auch schon in Fällen des Rückgaberechtsvorgesehen war. Die Regelung kann nur für den Fall gelten, dass derUnternehmer auch die vertragsgemäße Leistung erbracht und von einemeventuellen Ersetzungsrecht keinen Gebrauch gemacht hat.“ Dem1Micklitz/Reich, BB 1999, 2093, 2095.2FernAbsG-RefE, S. 103.3§ 3 Abs. 1 S. 4 FernAbsG-RegE, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/2658 v. 09.02.2000, S. 5 lautete:„Der Verbraucher hat die Kosten der Rücksendung zu tragen, wenn dies <strong>im</strong>Vertrag vorgesehen war, es sei denn, dass der Unternehmer nicht die versprochene,sondern lediglich eine in Qualität und Preis gleichwertige Leistung erbracht hat.“


B. Historische Entwicklung 23Regierungsentwurf vorausgegangen waren entsprechende Änderungsanträgeder Länder Sachsen und Niedersachsen. 1In seiner Stellungnahme zum RegE FernAbsG 2beantragte der Bundesratdann, die vom BMJ ursprünglich avisierte Lösung wieder einzuführen,dass der Unternehmer die Kosten der Rücksendung in jedemFall trägt, wobei der Verbraucher – über den RefE 1999 hinaus – <strong>im</strong>merhinzur Rücksendung der Ware verpflichtet sein sollte. Hier tauchteerstmals die Formulierung „Der Verbraucher ist zur Rücksendung aufKosten und Gefahr des Unternehmers verpflichtet“ auf. 3 In der Begründunghieß es, bei der Rücksendung könnten je nach Gewicht und Größeder Ware nicht unerhebliche Rücksendekosten anfallen. Wenn derVerbraucher diese Kosten zu tragen hätte, könnte er sich gehindertsehen, von seinem <strong>Widerrufsrecht</strong> Gebrauch zu machen. Dadurch bestündedie Gefahr der Aushöhlung des Verbraucherschutzes in diesemBereich, zumal anzunehmen sei, dass eine Vielzahl von Unternehmerneine Best<strong>im</strong>mung über die Kostentragungspflicht des Verbrauchers inihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufnehmen würde. 4Die Bundesregierungentgegnete, sie könne sich dem Vorschlag, dass derVerbraucher nicht die Kosten der Rücksendung trägt, in der Sachegrundsätzlich anschließen. Gleichzeitig plädierte sie dafür, die Rücksendepflichtals Regelfall in § 361a BGB festzulegen, von dem vertraglichabgewichen werden kann. 5d) WertersatzIm Regierungsentwurf vom 9.2.2000 wurde dem Zeitgeist und denBestrebungen auf europäischer Ebene hinsichtlich eines einheitlichenVerbrauchervertriebsrechts Rechnung getragen und auch die Kritik ausdem Schrifttum zum Referentenentwurf aufgegriffen. So enthielt § 3keine eigenständige Regelung des <strong>Widerrufsrecht</strong>es mehr, sondern einenVerweis auf die neu geschaffenen §§ 361a und 361b BGB. Auch dasKonzept der schwebenden Unwirksamkeit wurde unter Übernahme desKonzeptes des FernUSG aufgegeben. § 361a RegE BGB enthielt nuneine Gebundenheitsfassung: „Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein<strong>Widerrufsrecht</strong> nach dieser Vorschrift eingeräumt, so ist er an seine aufden Abschluss eines Vertrages mit einem Unternehmer gerichtete Willenserklärungnicht mehr gebunden, wenn er sie fristgerecht widerrufen1BR-<strong>Dr</strong>ucks. 25/2/00 und 25/3/00 v. 23.02.2000; BR-<strong>Dr</strong>ucks. 25/4/00 v. 24.02.2000.2Stellungnahme des Bundesrates, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/2920.3BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/2920, S. 3. http://dip.bundestag.de/btd/14/029/1402920.pdf (Stand:4.4.<strong>2009</strong>).4BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/2920, S. 3 f..5Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/2920, S. 13.


24 Teil 1 – Grundlagenhat.“ § 361a Abs. 2 Satz 6 RegE BGB stellte zudem ausdrücklich klar,dass bei Nutzung der Ware die durch best<strong>im</strong>mungsgemäße Ingebrauchnahmeeingetretene Wertminderung bei der Berechnung des Ersatzanspruchsaber außer Betracht zu bleiben habe.3. Bedenken gegen das FernAbsGa) RechtsausschussIn seiner Beschlussempfehlung 1 an die Bundesregierung sprach sich derRechtsausschuss des Deutschen Bundestages für mehrere Änderungendes Entwurfes aus. Mit Blick auf das <strong>Widerrufsrecht</strong> wurde empfohlen,die Sanktionsfrist von drei auf vier Monate zu erhöhen. Die Regelung,dass der Verbraucher die Kosten der Rücksendung bei vertraglicherVereinbarung zu tragen hat, sollte ersatzlos gestrichen werden. Versteigerungeni.S.d. § 156 BGB sollten <strong>im</strong>merhin vom <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgeschlossensein. 2 Auf Empfehlung des Ausschusses wurden die §§ 13, 14BGB und weitere Regelungen in Bezug auf den dauerhaften Datenträgereingeführt. Dabei ging man hinsichtlich der Erhöhung der Sanktionsfristauf die Kritik der Sachverständigen Micklitz und Brönneke ein, derEntwurf berücksichtige insoweit Artikel 6 Abs. 1 letzter Satz der FARLnicht hinreichend, wonach der Verbraucher sein <strong>Widerrufsrecht</strong> ungeschmälertbehalte, wenn er die Informationen zwar nicht vor oder alsbaldwährend der Erfüllung, aber vor Ablauf der <strong>Dr</strong>ei-Monats-Fristerhält. Die Regelung über die Kostenpflicht sollte, so der Ausschussüberdies, nicht <strong>im</strong> Fernabsatzgesetz, sondern verallgemeinernd in demneuen § 361a BGB erfolgen. Wie vom Bundesrat vorgeschlagen, solleder Verbraucher vertraglich zwar zur Rücksendung, nicht aber zurKostentragung verpflichtet werden können. Dies entspreche weitgehendder Praxis, die schon jetzt auf die Erhebung von Rücksendungskostenverzichte. Soweit Händler dies anders handhaben, sei eine Mehrbelastungzumutbar. 3b) OppositionDa das Thema Rücksendekosten weiter strittig blieb, st<strong>im</strong>mtenCDU/CSU und die FDP am 13.4.2000 in zweiter Beratung gegen denEntwurf. Die SPD hielt den Entwurf hingegen für ein „gelungenes Gesetzeswerk“und hatte kein Verständnis, wie man dieses Gesetz nurwegen des strittigen Punktes der Kostentragungspflicht bei der Rück-1Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/3195 v.12.04.2000.2Alle drei Punkte auf S. 6 der BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/3195 v. 12.04.2000.3BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/3195 v. 12.04.2000, S. 31 f.


B. Historische Entwicklung 25sendung der Ware ablehnen kann. Hier gehe es um „reine Fundamentalopposition,mehr nicht“. 1Die CDU/CSU nahm jedoch nicht fundamentalistisch,sondern fundiert zu den Bedenken gegen die geplanteKostentragungsregelung Stellung. Durch das <strong>Widerrufsrecht</strong> werde demVerbraucher ein Vorteil zulasten eines Unternehmers eingeräumt, obwohldiesem als Vertragspartner kein missbilligendes Verhalten vorgeworfenwerden könne. Es sei deshalb nicht ersichtlich, weshalb demVerbraucher, der sich von einem aus freier Willenserklärung abgeschlossenenVertrag löst, nicht wenigstens die Kosten und die Gefahrder Rücksendung auferlegt werden können. Die großen Versandhäuserübernähmen ohnehin schon als besonderen Kundendienst freiwillig dieRücksendekosten des Verbrauchers. Wenn nun alle Versandunternehmenverpflichtet würden, diese Rücksendekosten zu tragen, bestehe dieGefahr, dass gerade die kleinen und mittelständischen Unternehmendies finanziell nicht verkraften können, bzw. wenn sie die Kosten derRücksendung durch eine Preisanhebung zu kompensieren versuchen,nicht konkurrenzfähig blieben. 2Weiterhin werde durch die Regelung, dass der Unternehmer die Kostender Rücksendung zu tragen hat, dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet,was nicht Sinn des Verbraucherschutzes sei. Dadurch, dassdurch die Neuregelung das Unternehmen die Kosten der Rücksendungnicht vertraglich auf den Kunden übertragen kann, werde dieses Problemverstärkt auftreten. Falls aber der Verbraucher, der das Produktherkömmlich <strong>im</strong> Laden erworben hat, dieses zurückgeben bzw. umtauschenwill, so habe er sich selbstverständlich auf seine Kosten zu demGeschäft zu begeben und dort die Rückabwicklung des Kaufvertrageszu vollziehen. Sinnvoll sei es, die ursprüngliche Version des Gesetzentwurfeswieder aufleben zu lassen. Danach könnte das Unternehmen dieKosten der Rücksendung vertraglich auf den Verbraucher übertragen. 3Die FDP äußerte sich gar, die ursprüngliche Kostentragungsklausel sei„aus ideologischen Gründen kaputtgemacht worden“, 4weshalb mandem Gesetz nicht zust<strong>im</strong>men könne. Obendrein sei man auch dagegen,verbraucherspezifische Gesetze <strong>im</strong> BGB zu regeln.1Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 99. Sitzung. 13.04.2000, Plenarprotokolle,S. 9354 http://dip.bundestag.de/btp/14/093/14099093.54.pdf (Stand:4.4.<strong>2009</strong>).2Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 99. Sitzung. 13.04.2000, Plenarprotokolle,S. 9355 f.3Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 99. Sitzung. 13.04.2000, Plenarprotokolle,S. 9356.4Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 99. Sitzung. 13.04.2000, Plenarprotokolle,S. 9357.


26 Teil 1 – Grundlagen4. VerabschiedungDer Bundesrat beschloss am 19. Mai 2000, zu dem am 13. April 2000gegen die St<strong>im</strong>men der CDU/CSU und FDP vom Bundestag verabschiedetenGesetz zu verlangen, dass der Vermittlungsausschuss einberufenwird. Begründung: Bei Büchern solle der Händler die Kosten derRücksendung nur bei entsprechender vertraglicher Vereinbarung tragen,denn die Rücksendungsquote be<strong>im</strong> Buchhandel betrage zwischen 5und 10 %. Bei einer weiteren Belastung mit den Rücksendekosten wäredies für den mittelständischen Buchhandel nicht verkraftbar. 1 Der Vermittlungsausschussempfahl dann schließlich, die als bürokratischesNegativbeispiel bekannte 40-EUR-Klausel einzuführen, die in ihrerersten Fassung lautete: „Der Verbraucher ist vorbehaltlich abweichenderVorschriften zur Rücksendung auf Kosten und Gefahr des Unternehmersverpflichtet; dem Verbraucher dürfen bei einer Bestellung biszu einem Betrag von 40 Euro die regelmäßigen Kosten der Rücksendungvertraglich auferlegt werden, es sei denn, dass die gelieferte Warenicht der bestellten entspricht.“ 2 Am 30.6.2000 traten dann die wesentlichenTeile des Fernabsatzgesetzes (FernAbsG) in Kraft.5. Zwischenergebnis<strong>Das</strong> Ringen unterschiedlicher Interessen und Meinungen ist <strong>im</strong> Fernabsatzrechtseit jeher deutlich erkennbar. Die weit über das geforderteMindestmaß hinausgehende Umsetzung der FARL war von Beginn anein äußerst strittiger Punkt. Sollten anfangs noch Versteigerungen vomAnwendungsbereich des FernAbsG ausgenommen sein, so sorgte dieberechtigte Kritik der AgV für deren Aufnahme. <strong>Das</strong>s die Kommission<strong>im</strong> VRRL-E Internetauktionen wieder ausnehmen möchte, zeigt deutlichden Mangel an Geradlinigkeit <strong>im</strong> Fernabsatzrecht, der nationalenInteressen zum Opfer fällt.Die Entscheidung des deutschen Gesetzgebers, dem Verbraucher –anders als fast alle anderen Mitgliedsstaaten – nicht die Rücksendekosten<strong>im</strong> Falle des Widerrufs aufzuerlegen, sorgte nach langen Diskussionenund plötzlichen Kehrtwenden zu der Einführung der verunglückten40-Euro-Klausel als bürokratisches Negativbeispiel, welcher nun auchschon wieder die Abschaffung durch Art. 17 Abs. 1 VRRL-E droht, dadieser vorsieht, dass der Verbraucher die Rücksendekosten zu tragenhat. Konträre Meinungen und ständige Nachbesserungen sorgen seitdemfür ein unübersichtliches Gesetzesgebilde. Unternehmer sehen sich1Unterrichtung durch den Bundesrat, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/3452.2Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/3527.http://dip.bundestag.de/btd/14/035/1403527.pdf (Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).


B. Historische Entwicklung 27einer Vielzahl von Regelungen gegenüber, deren sie kaum noch Herrwerden können. Besonders auch die Umsetzung der FARLFDL trug <strong>im</strong>Folgenden zur weiteren Verwirrung bei.V. BGB und BGB-InfoV1. SchuldrechtsmodernisierungsgesetzIm Rahmen des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes (SMG) 1 verfolgteder Gesetzgeber das Ziel weiter, dass der zunehmenden Auslagerungwichtiger Rechtsmaterien aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch und derdamit einhergehenden Rechtszersplitterung entgegengewirkt und dieschuldrechtlichen Verbraucherschutzgesetze in das Bürgerliche Gesetzbuchintegriert werden müssen. 2 In diesem Zuge wurde das heute nochfür das <strong>Widerrufsrecht</strong> <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong> geltende komplexe Normengefügeaus § 126b BGB, § 312b ff. BGB, § 312c BGB i.V.m. 1 Nr. 10BGB-InfoV, § 312d BGB, §§ 355 ff. BGB, Art. 240, 241 EGBGB und§§ 1, 3 BGB-InfoV geschaffen. Entscheidende inhaltliche Änderungenwaren hiermit jedoch kaum verbunden.a) Unübersichtliche Informationspflichten<strong>Das</strong> FernAbsG wurde mit wenigen Änderungen in die §§ 312b–d, 312fBGB überführt. <strong>Das</strong> Bundesministerium der Justiz wurde in Art. 240,241 EGBGB ermächtigt, festzulegen, welche Informationen dem Kunden<strong>im</strong> Fernabsatz und <strong>im</strong> elektronischen Geschäftsverkehr zu erteilensind. Die einzelnen Informationspflichten wurden in die BGB-InfoVausgelagert „um Übersichtlichkeit und Lesbarkeit der Vorschriften zuverbessern“, 3eine Begründung, die angesichts der Intransparenz derBGB-InfoV nicht so recht zu überzeugen vermag. Allein die Verlagerungdes Ortes der Regelungen schafft keine Transparenz. Auch scheintdie Auslagerung von Verbraucherschutzbest<strong>im</strong>mungen kontraproduktiv,wenn eigentlich das Ziel ist, solche Best<strong>im</strong>mungen in das BGB zuintegrieren. <strong>Das</strong> eigentliche Problem dürfte die Anzahl, die unbest<strong>im</strong>mteFormulierung und die schwache Systematik der Informationspflichtenselbst sein.Mit gutem Grund kritisierte daher der Bundesverband des deutschenVersandhandels (bvh) e.V. in seiner Stellungnahme zur Schuldrechts-1Ablauf dokumentiert unter: http://dip.bundestag.de/extrakt/14/019/14019646.htm (Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).2Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/7052,S. 2, http://dip.bundestag.de/btd/14/070/1407052.pdf (Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).3So die Begründung des Gesetzgebers in SMG-RegE, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/6040, S. 168.


28 Teil 1 – Grundlagenmodernisierung die Informationspflichten. Diese seien unübersichtlichund in zahlreichen Einzelfragen inhaltlich unklar. Dies sei ein schwerwiegenderMangel, da die kleinste Informationspflichtverletzung durchdie Unternehmen zu einer Verlängerung der Widerrufsfrist der Kundenvon vierzehn Tagen auf sechs Monate führen soll. Die Unübersichtlichkeitbenachteilige besonders kleine Unternehmen. 1 Daher sei eine Reduzierungund inhaltliche Klarstellung der Informationspflichten durchden Gesetzgeber unumgänglich.Seit dem SMG findet sich das allgemeine <strong>Widerrufsrecht</strong> in § 355BGB. Im Zuge der weiteren Vereinheitlichung der besonderen <strong>Widerrufsrecht</strong>e2 wurde die Höchstfrist in § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB auf sechsMonate verlängert. Auch dies wurde von den Handelsverbänden kritisiert,weil damit der europäische Standard erheblich überschritten wurde.Die damit verbundene übermäßige Schlechterstellung gegenüberdem stationären Handel und Versandhändlern in anderen EU-Staatenverstoße, soweit der Fernabsatz als E-Commerce erfolgt, gegen denZweck der E-Commerce-Richtlinie, die den E-Commerce fördern soll. 3Es ist in der Tat problematisch, allein den Unternehmen das Risiko derfehlerhaften Interpretation unklarer Informationspflichten des Gesetzesdadurch zuzuweisen, dass bei fehlerhafter Information ein drastischverlängertes <strong>Widerrufsrecht</strong> besteht. Für den Fernabsatz von Waren istzu bedenken, dass diese nach sechs Monaten meist wertlos sind. 4 Schondamals wurde darauf hingewiesen, dass die erheblichen Wettbewerbsnachteilefür deutsche Unternehmen nicht mit den Vollharmonisierungsbestrebungender EU in Einklang stehen.b) Erweiterter WertersatzanspruchIn § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB n.F. wurde best<strong>im</strong>mt, dass der Verbraucherauch die durch eine best<strong>im</strong>mungsgemäße Ingebrauchnahme der Sacheentstandene Wertminderung zu ersetzen hat, wenn er vorher in Textformauf diese Rechtsfolge hingewiesen worden ist. Strittig ist bis heute,ob diese Regelung zur weiteren finanzielle Belastung des Verbrauchersrichtlinienkonform ist. 5 Diese Zweifel werden aus Art. 6 Abs. 2 FARLabgeleitet, wonach die einzigen Kosten, die dem Verbraucher infolgeder Ausübung seines <strong>Widerrufsrecht</strong>s auferlegt werden können, dieKosten der unmittelbaren Rücksendung sind. Es geht bei dem Wertersatzinfolge best<strong>im</strong>mungsgemäßer Ingebrauchnahme jedoch nicht umKosten, die „infolge des Widerrufs“ entstehen, sondern um die Rück-1bvh-Stellungnahme Schuldrechtsreform, S. 3.2Ausführlich dazu: Rott, VuR 2001, 78 ff.3bvh-Stellungnahme Schuldrechtsreform, S. 8 f.4bvh-Stellungnahme Schuldrechtsreform, S. 20.5Dazu ausführlich Teil 4 D II 1.


B. Historische Entwicklung 29abwicklung von Vorteilen und Schäden, die durch die vorhergehendeBenutzung entstehen. Diese Frage regelt die FARL nicht, sondern es istSache der Mitgliedstaaten, weitere Bedingungen und Einzelheiten fürden Fall der Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s festzulegen (Art. 14FARL). 1Davon hat der deutsche Gesetzgeber mit § 357 Abs. 3 BGBGebrauch gemacht. Diese gegenüber dem Rücktrittsrecht zu Lasten deswiderrufenden Verbrauchers vorgesehene Haftungserschwerung rechtfertigtsich dadurch, dass das Widerrufs- oder Rückgaberecht demVerbraucher nicht von einer Vertragsverletzung des Unternehmers abhängt,sondern dem Verbraucher kraft Gesetzes in jedem Fall zusteht.Der Unternehmer kann mithin gar nicht vermeiden, vom widerrufendenVerbraucher die Sache „gebraucht“ zurücknehmen zu müssen, obwohler diese vertragsgemäß geliefert hatte. 2<strong>Das</strong> AG Lahr legte jedoch <strong>im</strong>Jahr 2007 die Frage, ob die Wertersatzpflicht mit Art. 6 FARL konformlaufe, dem EuGH zur Entscheidung vor. 3In dem Schlussantrag derGeneralanwältin vom 18.2.<strong>2009</strong> verneinte diese nun die Vereinbarkeitmit dem EU-Recht. 4c) Zusätzliche Voraussetzungen für den FristlaufZusätzlich eingeführt wurde in Umsetzung der E-Commerce-Richtlinie(ECRL) die Vorschrift des § 312e BGB und damit verbunden die Verlängerungder Widerrufsfrist bei Verletzungen von Pflichten <strong>im</strong> elektronischenGeschäftsverkehr (§ 312e Abs. 3 S. 2 BGB). Diese Verknüpfungist europarechtlich nicht zwingend, sondern stellt ein erhöhtes nationalesVerbraucherschutzniveau dar. Eine überzeugende Begründung fürdiese Regelung ist dem dokumentierten Gesetzgebungsverfahren nichtzu entnehmen. Im ersten Entwurf zum SMG 5 aus dem Jahre 2001 heißtes lediglich, diese Regelung entspreche der parallelen Best<strong>im</strong>mung fürFernabsatzverträge, geregelt in § 312d Abs. 2 BGB-RegE. Es sei keinGrund ersichtlich, warum der Lauf der Widerrufsfrist bei einem <strong>im</strong>1BT-<strong>Dr</strong>ucksache 14/6040, S. 199.2BT-<strong>Dr</strong>ucksache 14/6040, S. 199.3AG Lahr, MMR 2008, 270 = BB 2008, 694.4Schlussanträge der Generalanwältin Verica Trstenjak vom 18. Februar <strong>2009</strong>,Rechtssache C-489/07, Pia Messner gegen Firma Stefan Krüger (Vorabentscheidungsersuchendes Amtsgerichts Lahr), „Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen <strong>im</strong>Fernabsatz – Richtlinie 97/7/EG – <strong>Widerrufsrecht</strong> nach Art. 6 – 14. Erwägungsgrund– Wertersatz für die Nutzung der gelieferten Ware <strong>im</strong> Fall des fristgerechten Widerrufs– Begriffe der ‚Strafzahlung’ und der ‚Kosten’“, abrufbar unter http://eurlex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:62007C0489:DE:HTML(Stand: 4.4.<strong>2009</strong>), <strong>im</strong> Folgenden: Schlussanträge der Generalanwältin v. 18. Februar<strong>2009</strong>, Rechtssache C-489/07.5BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/6040, S. 173 f., http://dip.bundestag.de/btd/14/060/1406040.pdf(Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).


30 Teil 1 – Grundlagenelektronischen Geschäftsverkehr geschlossenen Fernabsatzvertrag nurvon der Erfüllung der Informationspflichten des § 312c Abs. 1 und 2BGB-RegE, dagegen nicht von den in diesen Fällen gleichermaßen vomUnternehmer zu beachtenden Pflichten des § 312e Abs. 1 BGB-RegEabhängig sein sollte. Hier müsse den Unternehmer dieselbe Sanktiondes hinausgeschobenen Fristbeginns treffen. 1Einen Grund, warum die Widerrufsfrist nicht pauschal von der Erfüllungsämtlicher Pflichten <strong>im</strong> elektronischen Geschäftsverkehr abhängensollte, liefert der Gesetzgeber gleich selbst. Die weiteren schuldrechtlichenSanktionen bei Verstößen gegen die in § 312e Abs. 1 Satz 1 BGB-RegE normierten Pflichten sollten nicht „statisch in dieser Vorschrift“geregelt werden, weil „die in § 312e Abs. 1 Satz 1 RegE geregeltenPflichten von derart unterschiedlicher Gewichtung und Art sind, dassdie Best<strong>im</strong>mung ein und derselben Rechtsfolge wie zum Beispiel dieEinräumung eines <strong>Widerrufsrecht</strong>s … nicht sachgerecht wäre.“ 2 In derTat ist nicht ersichtlich, warum die eher unbedeutende Nichtaufklärungüber die Vertragstextspeicherung oder den Verhaltenskodex die gleicheeinschneidende Sanktion eines sechsmonatigen <strong>Widerrufsrecht</strong>es auslösensoll wie die viel schwerwiegendere Nichtbereitstellung von Korrekturhilfenoder Nichtaufklärung über die einzelnen Schritte des Vertragsschlusses.2. OLG-Vertretungs-Änderungsgesetza) Unbefristetes <strong>Widerrufsrecht</strong>Da das vereinheitlichte <strong>Widerrufsrecht</strong> hinsichtlich der Höchstfrist vonsechs Monaten nach Ansicht des historischen Gesetzgebers nicht mitden Vorgaben der Haustürwiderrufsrichtlinie (HWiRL) vereinbar war, 3wurde § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB in hastiger Umsetzung des Heininger-Urteils 4durch das OLG-Vertretungs-Änderungsgesetz (OLGVertr-ÄndG) 5dahingehend neu gefasst, dass das <strong>Widerrufsrecht</strong> überhauptnicht erlischt, wenn der Verbraucher nicht ordnungsgemäß über sein<strong>Widerrufsrecht</strong> belehrt worden ist. Hiermit wurde das Mindestniveauder FARL erneut erheblich überschritten, sieht doch die Richtlinie einErlöschen des <strong>Widerrufsrecht</strong>es spätestens nach drei Monaten vor. Beidem OLGVertrÄndG handelt es sich um ein Artikelgesetz, das am Ende1BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/6040, S. 173 f.2BT-<strong>Dr</strong>ucksache 14/6040, S. 173.3<strong>Das</strong>s diese Ansicht europarechtliche nicht geboten war, entschied der EuGH,NJW 2008, 1865.4EuGH, NJW 2002, 281 (Heininger ./. Hypo Vereinsbank).5Ablauf dokumentiert unter http://dip.bundestag.de/extrakt/14/019/14019887.htm (Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).


B. Historische Entwicklung 31der 14. Legislaturperiode unter großem Zeitdruck zahlreiche Neuregelungeneinführte. Der Name täuscht darüber hinweg, dass in Art. 25dieses Gesetzes mit der unendlichen Widerrufsfrist für sämtlicheVerbraucherverträge bei fehlerhafter Belehrung einer der folgenreichstenEingriffe in die Vertragsfreiheit des BGB vorgenommen wurde. ImRegierungsentwurf vom April 2002 1 waren noch gar keine Änderungenan § 355 BGB vorgesehen. Der Rechtsausschuss legte dann <strong>im</strong> JuniVorschläge vor, die der Heininger-Entscheidung Rechnung tragen solltenund eine endlose Frist bei fehlenden oder fehlerhaften Widerrufsbelehrungenvorsahen. 2Um diesen erheblichen Eingriff in die Berufsfreiheitzahlreicher Unternehmer, die ohne europarechtliche Notwendigkeitgleichwohl mit einer unendlichen Frist belastet wurden, zu kompensieren,ergriff der Gesetzgeber <strong>im</strong> Laufe des Verfahrens zwei flankierendeMaßnahmen zur Entlastung der Unternehmer. 3b) Muster-WiderrufsbelehrungErstens war der Rechtsausschuss der Meinung, dass eine einheitlicheLösung mit einer unendlichen Frist in § 355 BGB auch für Fernabsatzunternehmerzumutbar sei, wenn die Belehrung des Verbrauchers übersein <strong>Widerrufsrecht</strong> leicht und sicher möglich ist. <strong>Das</strong> sei angesichtseiner Vielzahl von Informationspflichten mit unbest<strong>im</strong>mten Rechtsbegriffenjedoch nicht <strong>im</strong>mer sichergestellt. Denn der Unternehmer müsseden Verbraucher über die Einzelheiten des <strong>Widerrufsrecht</strong>s belehrenund ihm seine Rechte <strong>im</strong> Einzelnen deutlich machen, ohne dass er dabeiauf ein Muster zurückgreifen kann. Dabei könnten auch dem – in jederHinsicht rechtstreuen – Unternehmer Fehler unterlaufen. Er habe keineRechtssicherheit über die Frage, wie er die Belehrung vollständig undrichtig erteilen kann.„Um dieser Unsicherheit zu begegnen“, 4 führte der Gesetzgeber denArt. 245 EGBGB ein, der das Bundesministerium der Justiz ermächtigt,Inhalt und Gestaltung der Widerrufsbelehrung in einem Muster vorzugeben.Daraufhin wurde zum 1. September 2002 das bis 31.3.2008<strong>im</strong> Wesentlichen unverändert geltende Belehrungsmuster des BMJ eingeführt,5um den Unternehmer angesichts der komplizierten Beleh-1OLGVertrÄndG-RegE v. 11.4.2002 BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/8763. http://dip.bundestag.de/btd/14/087/1408763.pdf (Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).2Beschlussempfehlung und Bericht Rechtsausschuss, BT-<strong>Dr</strong>ucksache 14/9266,S. 20 und 45 f.3Meinhof, NJW 2002, 2273, 2275 spricht von „misslichen Konsequenzen“, die„relativiert werden“.4BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/9266, S. 45.5Zweite Verordnung zur Änderung der BGB-Informationspflichten-Verordnungvom 1.8.2002, BGBl I 2002, 2958. http://217.160.60.235/BGBL/bgbl1f/bgbl102s2958.pdf (Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).


32 Teil 1 – Grundlagenrungssituation und den unverhältnismäßig einschneidenden Sanktionenbei Fehlern mittels eines „Formblatts“ eine korrekte Belehrung zu ermöglichen.Die gesamte BGB-InfoV wurde kurz darauf samt Belehrungsmusternnoch einmal neu verkündet. 1c) MonatsfristZweitens wurde in § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB eine eigene Frist für dienachträgliche Belehrung geschaffen, die einen Monat beträgt. DieseMaßnahme diente vor allem dazu, den Sorgen der Banken vor einereuroparechtlich nicht gebotenen endlosen Frist bei Falschbelehrungenzu begegnen. Vor allem die Opposition beklagte damals die hektischeEinführung der unendlichen Frist. Es habe noch nie eine Mehrheit <strong>im</strong>Bundestag gegeben, „die an der Entparlamentarisierung der Gesetzgebungso mitgewirkt hat wie die … rot-grüne Mehrheit.“ 2Erst in derdritten Beratung des SMG fand der Rechts- und WirtschaftsausschussGelegenheit, die Befürchtung zu formulieren, dass sich Banken nochJahre nach Vertragsschluss den Widerrufen von Verbrauchern ausgesetztsähen, ohne dass dies mit einem EuGH-Urteil oder aus sonstigenVerbraucherschutzerwägungen zu rechtfertigen sei. 3Erst <strong>im</strong> Vermittlungsausschusswurde eine Regelung gefunden, die eine Nachbelehrungüberhaupt gestattete. Insbesondere der Bundesrat wollte diese Möglichkeitausdrücklich regeln. 4Trotz Einführung der Muster-Widerrufsbelehrung des BMJ könneeine Widerrufsbelehrung auch in Zukunft „aus verschiedenen Gründenunterbleiben oder fehlerhaft erteilt worden sein, ohne dass dem Unternehmerein erheblicher Vorwurf zu machen wäre. Dies führt nach demin dem Gesetzentwurf vorgesehenen Recht aber dazu, dass das Geschäft,auch nachdem es vollkommen abgewickelt ist, dauerhaft widerrufbarbleibt, weil das <strong>Widerrufsrecht</strong> als Gestaltungsrecht keiner Verjährungunterliegt.“ 5Wenn darauf verzichtet werden soll, überhauptzeitlich einen Schlusspunkt für die Möglichkeit des Widerrufs vorzusehen,sollte dem Unternehmer wenigstens die Möglichkeit eingeräumtwerden, die Belehrung effektiv nachzuholen, und die Widerrufsfrist in1Bekanntmachung der Neufassung der BGB-Informationspflichten-Verordnung,BGBl. 2002 I Nr. 55 S. 3002, 8.8.2002. http://www.bgblportal.de/BGBL/bgbl1f/bgbl102s3002.pdf (Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).2<strong>Dr</strong>. Norbert Röttgen, Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 240. Sitzung,7.06.2002, Plenarprotokolle, S. 24093.3Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses, BR-<strong>Dr</strong>ucks. 503/1/02, S. 6;vgl. schon <strong>Dr</strong>. Norbert Röttgen, Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 240.Sitzung, 7. 06.2002, Plenarprotokolle, S. 24094.4BR-<strong>Dr</strong>ucks. 503/1/02, S. 5; vgl. T<strong>im</strong>merbeil, NJW 2003, 569, 570, Fn. 105Berichterstatter des Vermittlungsausschusses Reinhold Bocklet, Bundesrat – 778.Sitzung – 12.06.2002, Protokolle, S. 403.


B. Historische Entwicklung 33Lauf zu setzen. Dem Unternehmer müsse deshalb dauerhaft die Möglichkeiteröffnet werden, die Widerrufsbelehrung ohne die Form des§ 355 Abs. 2 Satz 2 BGB nachzuholen. Im Zuge der Beratungen istdann die gesonderte Widerrufsfrist von einem Monat anstelle von lediglichzwei Wochen für den Fall der Nachbelehrung herausgekommen. 1Vieles spricht dafür, dass der Gesetzgeber das eigentliche Problem derBelehrung nach Vertragsschluss bei Fernabsatzgeschäften gar nichtgesehen hat. 23. Umsetzung der Finanzdienstleistungsrichtlinie (FARLFDL)Im Zuge der weiteren Vereinheitlichung des Verbrauchervertriebsrechtswurden auch die Vorgaben der Richtlinie über den Fernabsatz vonFinanzdienstleistungen an Verbraucher (FARLFDL) in die einheitlichenVorschriften der §§ 312b ff. BGB integriert. Bei der Auslegung ist zubeachten, dass die FARLFDL <strong>im</strong> Gegensatz zur FARL eine Vollharmonisierungvorschreibt, d.h. die Mitgliedstaaten von ausdrücklich best<strong>im</strong>mtenAusnahmen abgesehen, den Standard weder unterbieten nochüberschreiten dürfen. 3Aus diesem Grund ist z.B. die Monatsfrist des§ 355 Abs. 2 S. 2 BGB zumindest bei bzgl. Finanzdienstleistungen EUrechtswidrig.4a) Ausufernde InformationspflichtenDurch das Fernabsatzänderungsgesetz (FernAbsÄG) 5wurde das Informationserfordernisdes § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV n.F. erheblichausgeweitet, wonach nun der Unternehmer den Verbraucher „vor Abgabevon dessen Vertragserklärung“ (§ 312c Abs. 1 BGB) nicht nur wiebislang nur über das Bestehen, sondern bereits zu diesem Zeitpunktauch schon über die Bedingungen, Einzelheiten der Ausübung undRechtsfolgen des <strong>Widerrufsrecht</strong>es informieren muss, was für Warennicht in der EU-Richtlinie vorgesehen war. Der Gesetzgeber hielt dieAusweitung der Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 a) und d) FARLFDLauf alle Fernabsatzverträge ohne nähere Begründung für „sachgerecht“.Eine unbillige Belastung des Unternehmers werde „nicht zuletzt“ dadurchvermieden, dass dieser das Muster der Anlage 2 zur BGB-InfoV1Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/9633, S. 2.2Schirmbacher, CR 2006, 673, m.w.N.3Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 312b Rn. 11.4Schirmbacher, CR 2006, 673, 676; Domke, BB 2006, 61, 62.5vgl. hierzu Erhardt-Rauch, VuR 2003, 341; Felke/Jordans, WM 2004, 166; Härting/Schirmbacher,CR 2002, 809; dies., DB 2003, 1777; dies., CR 2005, 48; Hoppmann,VersR 1999, 673; Knöfel, ZGS 2004, 182; Schneider, VersR 2004, 696, 699.


34 Teil 1 – Grundlagenverwenden könne. 1 Der Bundesrat war bis zum Schluss der Auffassung,dass die Unternehmen durch die einheitlichen Verpflichtungen für alleFernabsatzverträge unangemessen belastet würden. 2Er forderte dieBundesregierung auf, die betreffenden Regelungen (§ 312c BGB und§ 1 Abs. 1, 2 und 3 BGB-InfoV) auf Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungenzu beschränken, da die FARLFDL diese Verpflichtungennicht für alle Fernabsatzverträge zwingend vorsieht.Der Empfehlung des Rechts- und Wirtschaftsausschusses, 3 § 1 Abs. 1ist Nr. 10 BGB-InfoV so zu fassen, dass vorvertraglich wie bislang nurüber das Bestehen eines Widerrufs- oder Rückgaberechts zu informierenist, da die Einzelheiten des Widerrufs- und Rückgaberechtes für denKonsumenten erst dann relevant würden, wenn er die Ware nach Erhaltggf. zurücksenden möchte, wurde leider nicht entsprochen. Die fürFinanzkonzerne konzipierten Regelungen wurden damit auch auf eBay-Powerseller ausgedehnt, obwohl dies gemeinschaftsrechtlich nicht gefordertwar. 4Es entstand eine Norm, die <strong>im</strong> Vergleich zu der bereitszuvor unübersichtlich gestalteten Vorschrift noch verworrener gewordenist. 5In einem komplizierten Geflecht wird geregelt, wann, in welchemUmfang und in welcher Form der Verbraucher zu informierenist. 6 So wurde es auch für den redlichen und sorgfältigen Unternehmernoch schwieriger, seinen Belehrungspflichten vollständig und korrektnachzukommen.Trotz dieser gravierenden strukturellen Änderungen blieb das Belehrungsmusternahezu unverändert. Es wurde weder die Möglichkeitgenutzt, die bekannten Fehler zu beheben, noch wurde das Muster der1Begründung FernAbsÄG-RegE, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 15/2946 v. 22.4.2004, S. 26.2Empfehlungen der Ausschüsse Recht und Wirtschaft, BR-<strong>Dr</strong>ucks. 644/1/04 v.13.09.04, S. 4 f.3BR-<strong>Dr</strong>ucks. 644/1/04 v. 13.09.04, S. 2; ausführlich der Antrag des FreistaatesBayern v. 22.9.2004, BR-<strong>Dr</strong>ucks, 644/2/04, der vorschlug, § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV wie folgt zu regeln: „10. das Bestehen eines Widerrufs oder Rückgaberechts;bei Fernabsatzverträgen über Finanzdienstleistungen auch das Nichtbestehen einesWiderrufs- oder Rückgaberechts sowie die Bedingungen, Einzelheiten der Ausübung,insbesondere Namen und Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zuerklären ist, und die Rechtsfolgen des Widerrufs oder der Rückgabe, einschließlichInformationen über den Betrag, den der Verbraucher <strong>im</strong> Falle des Widerrufs oder derRückgabe gemäß § 357 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für die erbrachteDienstleistung zu zahlen hat.“ Die Unternehmen würden unbillig mit einer Fülle vonInformationspflichten belastet, die ausschließlich für das sensible Finanzgeschäftgedacht waren. Auf einer normalen Bestellkarte für ein Zeitschriften- oder Zeitungsabonnementsei es nicht zu leisten, auf diese unterschiedlichen Möglichkeiten hinzuweisen.4Vgl. Antrag des Freistaates Bayern v. 22.9.2004, BR-<strong>Dr</strong>ucks, 644/2/04; Hoeren/Sieber/<strong>Föhlisch</strong>,Teil 13.4 Rn. 266 ff.; Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2005, 3377.5Staudinger/Thüsing, § 312c Rn. 4.6<strong>Föhlisch</strong>, MMR 2007, 139.


B. Historische Entwicklung 35veränderten Struktur der Informationspflichten angepasst. <strong>Das</strong>s mehrereFormulierungen eine geschlechtsneutrale Neufassung erhalten haben,ist von Masuch zutreffend als eine „bemerkenswerte Prioritätensetzung“bezeichnet worden. 1 Der Gesetzgeber war der Meinung, dass dasMuster lediglich „geringfügig zu ändern“ sei und es so „komplett zurVerwendung in der Praxis zur Verfügung steht“. 2 In § 1 Abs. 4 Satz 3BGB-InfoV wird erstmals festgelegt, dass die Widerrufsbelehrung auchdurch Übermittlung von AGB erfolgen kann, wobei diese Informationdann hervorzuheben ist.b) Noch kompliziertere 40-EUR-RegelungGeändert wurde die „40-EUR-Regelung“, die nicht Gegenstand derumzusetzenden Richtlinie war, sondern auf Initiative des Rechts- undWirtschaftsausschusses 3erneut in das Gesetzgebungsverfahren eingeführtwurde. Die Ausschüsse empfahlen dem Bundesrat, den Vermittlungsausschussmit dem Ziel anzurufen, dass § 357 Abs. 2 S. 3 BGBfolgende Fassung erhält:„Die Gefahr der Rücksendung trägt bei Widerruf der Unternehmer;die regelmäßigen Kosten der Rücksendung dürfen demVerbraucher vertraglich auferlegt werden, es sei denn, dass die gelieferteWare nicht der bestellten entspricht.“Die geltende Regelung habe sich als nicht sachgerecht erwiesen undbelaste den Versandhandel erheblich. Die Möglichkeit, <strong>im</strong> Versandhandelbestellte Waren bei einem Bestellwert von mehr als 40 Euro kostenfreizurückzusenden, werde in stärkerem Maße als <strong>im</strong> Gesetzgebungsverfahrenangenommen missbräuchlich ausgenutzt. Die vertraglicheÜberwälzung der Rücksendekosten auf den Verbraucher bei Ausübungdes <strong>Widerrufsrecht</strong>s erscheine auch nicht unbillig, da der Verbraucherauch be<strong>im</strong> Umtausch wegen Nichtgefallens <strong>im</strong> allgemeinen Handelgewohnt sei, die Kosten des Rücktransports der Ware zum Händler zutragen. <strong>Das</strong>s auf Grund des intensiven Wettbewerbs <strong>im</strong> Versandhandelund des Wettbewerbs zwischen Versandhandel und allgemeinem Handeldie Rücksendekosten häufig freiwillig vom Versandhandel übernommenwerden, sei lediglich Ausdruck des funktionierenden Marktesund liefere keine Rechtfertigung, in den Markt einzugreifen. Die Zahlder nicht ernsthaften Bestellungen und der Bestellungen einer Vielzahlvon Waren, von denen allenfalls eine gekauft wird, könne so erheblich1Masuch, BB 2005, 344, 347.2BR-<strong>Dr</strong>ucks. 84/04, S. 56.3Rechtsausschuss (federführend) und Wirtschaftsausschuss, BR-<strong>Dr</strong>ucks. 84/1/04und BR-<strong>Dr</strong>ucks. 644/1/04.


36 Teil 1 – Grundlagenreduziert werden. Die freiwillige Kostenübernahme für Rücksendungendurch den Versandhandel könne dem Markt überlassen werden. 1Dies ließ sich leider nicht durchsetzen. Heraus kam eine noch kompliziertereKlausel als zuvor, 2 die fortan lautet:„Wenn ein <strong>Widerrufsrecht</strong> nach § 312d Abs. 1 Satz 1 besteht,dürfen dem Verbraucher die regelmäßigen Kosten der Rücksendungvertraglich auferlegt werden, wenn der Preis der zurückzusendendenSache einen Betrag von 40 Euro nicht übersteigt oder wenn beieinem höheren Preis der Sache der Verbraucher die Gegenleistungoder eine Teilzahlung zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nichterbracht hat, es sei denn, dass die gelieferte Ware nicht der bestelltenentspricht.“4. ZwischenergebnisDie mit der Integration des FernAbsG in das BGB und der Erweiterungder Ermächtigung des BMJ aus dem EGBGB, Vorschriften über dieInformationspflichten des Unternehmers zu erlassen, bezweckte bessereÜbersichtlichkeit wurde nicht erreicht, u.a. auch, da eine Auslagerungverbraucherrechtlicher Vorschriften selten zielführend ist, wenn eineIntegrierung des Verbraucherrechtes in das BGB bewirkt werden soll.Selbst für redliche Unternehmer ist es derzeit schwer, diese komplexe,juristische Materie zu durchblicken. Eine Reduzierung und inhaltlicheKlarstellung der Informationspflichten durch den Gesetzgeber ist unumgänglichund hat mit dem Entwurf 3 zur Neuordnung der Vorschriftenüber das Widerrufs- und Rückgaberecht nun einen Anfang genommen.Nicht gelungen ist weiterhin die Verlängerung der Widerrufsfrist beiVerletzungen von Pflichten <strong>im</strong> elektronischen Geschäftsverkehr (§ 312eAbs. 3 S. 2 BGB). Diese Verknüpfung ist europarechtlich nicht zwingend,sondern stellt ein erhöhtes nationales Verbraucherschutzniveaudar. Es ist nicht ersichtlich, warum die eher unbedeutende Nichtaufklärungüber die Vertragstextspeicherung oder den Verhaltenskodex diegleiche einschneidende Sanktion eines sechsmonatigen <strong>Widerrufsrecht</strong>esauslösen soll wie die viel schwerwiegendere Nichtbereitstellung vonKorrekturhilfen oder Nichtaufklärung über die einzelnen Schritte desVertragsschlusses. Dies überschreitet den europäischen Standard erheblich.1BR-<strong>Dr</strong>ucks. 644/1/04 v. 13.09.04, S. 1 f.2Gemäß der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses, BT-<strong>Dr</strong>ucks.15/4062.3BGB-RegE v. 5.11.2008, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 16/11643 v. 21.1.<strong>2009</strong> (verkündet am3.8.<strong>2009</strong>, BGBl. I <strong>2009</strong>, S. 2355).


B. Historische Entwicklung 37<strong>Das</strong> Mindestniveau der FARL wurde auch mit dem unbefristeten<strong>Widerrufsrecht</strong>, wenn der Verbraucher nicht ordnungsgemäß über sein<strong>Widerrufsrecht</strong> belehrt worden ist, beachtlich überschritten. Dieserschwere Eingriff in die Vertragsfreiheit konnte durch die Veröffentlichungvon Musterbelehrungen und der Festlegung einer Monatsfrist fürnachträgliche Belehrungen nur teilweise abgefedert werden. Die Musterbelehrungbeinhaltete schwere inhaltliche Fehler, die erstaunlicherweisedurch die FernAbsÄG nicht beseitigt wurden, während die Monatsfristsich als Sanktion für die nachträgliche Belehrung entwickelthat.Durch eine überzogene Umsetzung der FARLFDL, welche eigentlichnur für Finanzdienstleistungen gedacht war, hat die angestrebte Vereinheitlichungdes Verbrauchervertriebsrechts ihr Ziel verfehlt. Zum einenerweist sich die Monatsfrist des § 355 Abs. 2 S. 2 BGB bei Finanzdienstleistungenals EU-rechtswidrig, zum anderen wurden Online-Händlern erweiterte Informationspflichten auferlegt, die eine unangemesseneBelastung darstellen. Es entstand eine Norm, die <strong>im</strong> Vergleichzu der bereits zuvor unübersichtlich gestalteten Vorschrift noch verworrenergeworden ist. Auch eine Initiative des Rechts- und Wirtschaftsausschusses<strong>im</strong> Rahmen der Umsetzung der FARLFDL zurAbschaffung der 40-Euro-Klausel führte nur noch zu deren Verkomplizierung.Eine Belastung des Versandhandels durch Missbrauch des<strong>Widerrufsrecht</strong>s ließ der Gesetzgeber nicht gelten.VI. Bericht und Konsultation über die FARLEnde 2006 kam die Europäische Kommission ihrer Verpflichtung ausArtikel 15 Abs. 4 FARL mit mehr als fünf Jahren Verspätung nach understattete dem Europäischen Parlament und dem Rat Bericht über dieAnwendung der FARL in den Mitgliedsstaaten. 1 Aufgrund der verspätetenÜberführung der Richtlinie in das einzelstaatliche Recht verschiedenerMitgliedstaaten der EU 15 beschloss die Kommission, mit der Mitteilungbis zum Beitritt der 10 neuen Mitgliedstaaten zu warten, umdann einen Bericht vorlegen zu können, der die Lage in allen 25 Mitgliedstaatenwiderspiegeln sollte. Zugleich wurde eine öffentliche Konsultationder interessierten Kreise über die FARL eröffnet, auf die etwa85 Stellungnahmen verschiedener Interessenvertreter, Mitgliedsstaatenund Universitäten eingingen. 21KOM (2006) 514 endgültig v. 21.9.2006 zur Umsetzung der Richtlinie 1997/7/EG.2Abrufbar unter http://ec.europa.eu/consumers/cons_int/safe_shop/dist_sell/index_de.htm (Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).


38 Teil 1 – GrundlagenKurz darauf <strong>im</strong> Februar 2007 veröffentlichte die Kommission dasGrünbuch zur Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstands <strong>im</strong>Verbraucherschutz, mit der acht Verbraucherschutzrichtlinien zugleichauf den Prüfstand gestellt werden sollen und zu dem bislang 313 Stellungnahmeneingingen. 1 Obwohl die Kommission selbst eingestand undbereits <strong>im</strong> Vorfeld der Konsultation über die FARL klar wurde, dass dieRichtlinie einer Überarbeitung bedarf, wollte die Kommission mit derÜberarbeitung zentraler Themenbereiche – vor allem auch des <strong>Widerrufsrecht</strong>es– noch warten, bis die Arbeiten <strong>im</strong> Zusammenhang mit demgemeinschaftlichen Acquis <strong>im</strong> Verbrauchervertragsrecht abgeschlossensind. 21. Ernüchterndes Fazit zur FARLHinsichtlich des <strong>Widerrufsrecht</strong>es stellt die Kommission in ihrer Mitteilungfest, dass es ein Paradebeispiel für die Zusammenhanglosigkeit dergemeinschaftsrechtlichen Best<strong>im</strong>mungen und nationaler Disparitäten alsFolge der Inanspruchnahme der Mindestklausel ist. In einem Anhangder Mitteilung werden dann auch die zwischen 7, 8, 10 und 14 Werktagensowie 15 Tagen variierenden Fristen in den verschiedenen Mitgliedsstaatenaufgelistet. 3Unterschiede werden auch in Bezug auf denZeitpunkt des Beginns der Frist festgestellt, da der Eingang der Wareunterschiedlich ausgelegt würde (z.B. Eingang einer Post-Benachrichtigungskarte oder Abholung der Ware bei der Post). Zersplittertsind auch die Regelungen zur Umsetzung der Ausnahmen (Art.6 Abs. 3 FARL) und Modalitäten zur Ausübung des Rücktrittsrechts,z.B. Form des Widerrufs, Frist zur Rücksendung und Rückerstattungdes Kaufpreises, Sorgfaltspflichten während der Widerrufsfrist undKosten der Rücksendung. 4Die Europäische Kommission resümiertschließlich recht ernüchternd, es könne „durchaus sein, dass die Richtlinievon ihrer Anwendung in der Praxis her sich möglicherweise nichtbewährt hat. Den in der Richtlinie festgelegten Rechten und Pflichtenordnungsgemäß nachzukommen, erscheint nicht <strong>im</strong>mer ohne Weiteresmachbar.“ 51Abrufbar unter http://ec.europa.eu/consumers/rights/responses_green_paper_acquis_en.htm (Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).2KOM (2006) 514 endgültig v. 21.9.2006 zur Umsetzung der Richtlinie1997/7/EG, S. 4.3Anhang IV KOM (2006) 514 endgültig v. 21.9.2006 zur Umsetzung der Richtlinie1997/7/EG, S. 22.4KOM (2006) 514 endgültig v. 21.9.2006 zur Umsetzung der Richtlinie1997/7/EG, S. 12.5KOM (2006) 514 endgültig v. 21.9.2006 zur Umsetzung der Richtlinie1997/7/EG, S. 14.


2. Geforderte VerbesserungenB. Historische Entwicklung 39Angesichts dessen forderte der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss(EWSA) in seiner Stellungnahme zu der Mitteilung der Kommission,1 dass eine Überarbeitung der FARL gleichzeitig mit einer Überarbeitungder FARLFDL und der ECRL am besten sofort stattfindensollte, anstatt abzuwarten, bis die Arbeiten <strong>im</strong> Zusammenhang mit demgemeinschaftlichen Acquis <strong>im</strong> Verbrauchervertragsrecht abgeschlossensind. Der EWSA meint, die Widerrufsfristen, die Art ihrer Berechnung,die finanziellen Auswirkungen und Wahrnehmung (Rückzahlung,Rückgabe usw.) des <strong>Widerrufsrecht</strong>es sowie die Ausnahmeregelungensollten europaweit vereinheitlicht werden. Außerdem könne es ratsamsein, das <strong>Widerrufsrecht</strong> <strong>im</strong> Wege einer Verordnung zu harmonisieren,um die einheitliche Anwendung sicherzustellen. 2Es bestehe die Notwendigkeit einer vollständigeren Charakterisierung,Kategorisierung und Definition der Rücktrittsfrist ("cool down")in ihrer Doppelfunktion als Maßnahme zum Schutz des vertraglichenWillens, um das volle Einverständnis des Verbrauchers zu garantieren,und als Sanktion für die Nichteinhaltung der Formalitäten, die derAnbieter erfüllen muss, um seiner Unterrichtungspflicht nachzukommen,<strong>im</strong> Gegensatz zu den ähnlichen, aber juristisch klar unterschiedenenKonzepten der „Bedenkzeit“ („warm up“), des Widerrufs- undKündigungsrechts. 3Schließlich bedürften die Regelungen des Risikosdes Verlusts oder der Beschädigung der Sache während der Rücktrittsfristund während ihrer Beförderung zum Verbraucher und umgekehrteiner Überprüfung.Auch zahlreiche Interessenvertreter äußerten sich kritisch zu der bisherigenRichtlinie, jedoch mit recht unterschiedlichen Begründungenund Forderungen. 4a) UnternehmerbegriffVerbraucherschutzorganisationen sprechen sich dafür aus, mit Blick aufGepflogenheiten bei Online-Auktionen den Unternehmerbegriff auf„semi-professionals“ und „intermediaries“ auszuweiten. 5Vereinzelt1EWSA-Stellungnahme v. 27.07.2007, S. 0028 – 0033.2EWSA-Stellungnahme v. 27.07.2007, 3.1.7 und 3.2.8.3.3EWSA-Stellungnahme v. 27.07.2007, 3.2.2 e).4Vgl. zu den wesentlichen Diskussionspunkten: Working Document of the Commission,Responses to the Consultation on Distance Selling Directive 97/7/EC containedin Communication 2006/514/EC, Summary of Responses.5The Consumer Council of Norway, 12.10.2006, p. 1: “With regard to the term“supplier”, the CCN proposes to widen the term to also include certain professionalintermediaries. The Norwegian distance selling act applies to suppliers not acting in a


40 Teil 1 – Grundlagenwird gefordert, auch einige juristische Personen wie Idealvereine in denVerbraucherbegriff einzuschließen. 1 Dies würde zu einem weiteren persönlichenAnwendungsbereich des <strong>Widerrufsrecht</strong>es führen. Die Handelsverbändelehnen eine Ausweitung des Verbraucherbegriffes aufkleine und mittelständische Unternehmen in Geschäften mit „Großunternehmen“ab, wie sie zuweilen <strong>im</strong> Zusammenhang mit der Diskussionüber den einheitlichen Referenzrahmen für ein europäisches Vertragsrechtvorgeschlagen wird. 2Ganz überwiegend hält die Wirtschaft dieDefinition von Verbraucher und Lieferer für angemessen.b) Ausnahmen für best<strong>im</strong>mte GeschäftszweigeSehr viel Rückmeldung erhielt die Kommission zu der Frage, ob diegegenwärtigen Ausnahmen vom Fernabsatzrecht bzw. vom <strong>Widerrufsrecht</strong>überarbeitet, erweitert oder außer Kraft gesetzt werden sollen. DieAuslegungen der mitgliedsstaatlichen Rechtsordnungen bereiten hier oftSchwierigkeiten. Ein Mitgliedsstaat spricht sich daher für eine klarereInformationspflicht darüber aus, ob der Lieferer den Vorschriften überFernabsatzverträge unterliegt oder nicht. 3Die Vorschläge der Wirtschafts-und Verbraucherverbände gehen in diesem Punkt sehr weitauseinander. So spricht sich ein Wirtschaftsvertreter dafür aus, Verträge<strong>im</strong> M-Commerce generell von der Richtlinie auszunehmen, einerseitswegen der geringen Werte von direkt erbrachten Dienstleistungen (z.B.Klingeltöne) und der Möglichkeit, den Dienst zu nutzen oder zu kopieren.Die Verbraucherseite 4 spricht sich energisch gegen eine Ausweitungdes Ausnahmekataloges aus und plädiert für eine Streichung der Ausnahmenfür sämtliche touristischen Dienstleistungen. Weiterhin wirdunter Verweis auf die Heininger-Entscheidung des EuGH 5 noch einmaldie Bedeutung des Gebotes der restriktiven Auslegung der Ausnahmebest<strong>im</strong>mungenbetont.commercial or professional capacity provided a professional intermediary is actingon behalf of the supplier (section 1, paragraph 2).”1beuc, BEUC/X/085/2006, 1.12.2006, p. 1.2Gemeinsame Stellungnahme von bvh, HDE und BAG zur Umsetzung der FARL,S. 16.3Summary of Responses, p. 3 f.4beuc, BEUC/X/085/2006, 1.12.2006, p. 4.5„when those terms (terms for which European legislation provides no definition)appear…in a provision which constitutes a derogation from a principle or morespecifically, from Community rules for the protection of consumers, they must… beinterpreted restrictively”: ECJ case C-83/99 Commission v Spain (2001) ECR I-445,paragraph 19, and case C-481/99 Heininger (2001) ECR I-9945 paragraph 31.


B. Historische Entwicklung 41c) Ausnahme für AuktionenGegensätzlich sind auch die Meinungen zu der Frage, ob Auktionenvom Anwendungsbereich des Fernabsatzrechts bzw. <strong>Widerrufsrecht</strong>esausgenommen werden sollen. Verbraucherschützer sind sich einig, dassAuktionen unter den Anwendungsbereich des Fernabsatzrechtes fallensollten, also anders, als dies derzeit nach Art. 3 Abs. 1 FARL der Fallist. Möglicherweise wird sich daher das europäische Recht <strong>im</strong> Sinne derjetzigen deutschen Regelung entwickeln, wonach nur sog. „echte“ Versteigerungenvom <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgenommen sind. Dies erschienesachgerecht, sind es doch häufig dieselben Verkäufer, die die gleichenWaren über Online-Shops oder Auktionen veräußern, ohne dass in demeinen Fall ein geringeres Verbraucherschutzbedürfnis bestünde als indem anderen. 1Während dem etwa die deutsche Wettbewerbszentrale zust<strong>im</strong>mt, weilnicht ersichtlich sei, weshalb Unternehmer, die eine Internet-Versteigerungsplattform für den Warenabsatz verwenden, besser gestelltwerden sollen als Unternehmer, die einen Shop betreiben, 2 schlagenHandelsverbände vor, Onlineauktionen zwar dem Anwendungsbereichdes Fernabsatzrechts zu unterstellen, jedoch vom <strong>Widerrufsrecht</strong>auszunehmen. 3 Andere Wirtschaftsvertreter gehen soweit, dass sie Auktionenwie bislang vom Anwendungsbereich insgesamt ausnehmenwollen, weil die üblichen günstigen Preise bei solchen Geschäftsmodellensonst nicht zu halten seien und es auch dem Geist der Auktionenwidersprechen würde, Name und Adresse des Warenlieferanten zunennen. Die Kommission betont, dass es sich bei dem Auktionsthemaum ein sehr komplexes handele, weil die Unterscheidung zwischentraditionellen Auktionen und Online-Auktionsplattformen für die Frage,ob diese dem Fernabsatzrecht unterfallen, möglicherweise nichtausreichend ist, so dass noch weitere Arbeiten erforderlich seien. 4d) Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong>Besonders große und besonders gegensätzliche Resonanz hat die EuropäischeKommission auf die Frage erhalten, ob die Ausnahmen vom<strong>Widerrufsrecht</strong> überarbeitet, erweitert oder gestrichen werden sollen.Viele Interessenvertreter der Wirtschaft sprechen sich dafür aus, dasseine zusätzliche Ausnahme vom <strong>Widerrufsrecht</strong> für solche Artikel eingeführtwird, die aus Hygiene-, Gesundheits- oder Sicherheitsgründen1Vgl. The Consumer Council of Norway, 12.10.2006, p. 3.2WBZ-Stellungnahme v. 20.11.2006, S. 4.3Gemeinsame Stellungnahme von bvh, HDE und BAG zur Umsetzung der FARL,S. 4.4 Summary of Responses, p. 6.


42 Teil 1 – Grundlagennach einer Nutzung nicht wieder verkauft werden können. 1Genanntwerden exemplarisch Unterwäsche und Badetextilien, Hygieneartikel,angebrochene Parfümflaschen, Arzne<strong>im</strong>ittel, Lebensmittel unabhängigvom Haltbarkeitsdatum oder Piercingschmuck. Solche Produkte könnenderzeit nicht mit hinreichender Gewissheit unter die Ausnahme fürdie Waren, die „aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht zur Rücksendunggeeignet“ sind, subsumiert werden. Denkbar wäre aus Sicht der Wirtschaftalternativ zu einer konkreten Erweiterung des Ausnahmekatalogesauch die Einführung einer generellen Ausnahme in Art. 6 FARL fürsolche Fälle, in denen die Ware aufgrund ihres Zustands zum Weiterverkaufungeeignet ist. 2 Vorgeschlagen wird zudem eine generelle Ausnahmefür geringwertige Transaktionen. 3Hingegen verlangen Verbraucherschützer eine Streichung der Ausnahmefür Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt wurden, dadie Maßanfertigung nicht zu einer engeren Beziehung zwischenVerbraucher und Lieferer führe. 4 Auch entsiegelte Audio-, Video- oderSoftware-Datenträger sollten nach dem Willen der Verbraucherschutzvertreterebenso wie Downloads nicht vom <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgenommenwerden, 5während die Wirtschaft wegen der Möglichkeit derVervielfältigung und weiteren Nutzung nach Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>esdie Einführung einer expliziten Ausnahme für Downloads 6 odergenerell für sämtliche urheberrechtlich geschützten Waren 7 fordert.1bvh-Stellungnahme Schuldrechtsreform, S. 16; BRD-Stellungnahme v. 21.09.2006, S. 7.2WBZ-Stellungnahme v. 20.11.2006, S. 5 f.; bvh-Stellungnahme Schuldrechtsreform,S. 12.3Summary of Responses, p. 11.4beuc, BEUC/X/085/2006, 1.12.2006, p. 9. So schon heute die Rechtslange inGriechenland, Estland, Litauen und Schweden. Vgl. Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium,S. 588.5beuc, BEUC/X/085/2006, 1.12.2006, p. 9; a.A. The Consumer Council of Norway,12.10.2006, p. 4: “There are some practical difficulties connected with returninga file downloaded over the Internet. In some cases it might be possible to somehowmake sure that the consumer deletes the file. However, this would <strong>im</strong>ply somesort of surveillance of consumer’s computers and this would not be desirable. Consequently,an exception from the right to with drawl with regard to files downloadeddoes seem reasonable.”6WBZ-Stellungnahme v. 20.11.2006, S. 12. Derzeit ist strittig, ob Downloads alsDienstleistungen einzustufen sind, so dass das <strong>Widerrufsrecht</strong> erlischt (so z.B. dasBundesjustizministerium in Gestaltungshinweis 9 der Muster-Widerrufsbelehrung)oder ob Downloads Warenlieferungen sind, die nicht vom <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgenommensind (so z.B. Hoeren/Sieber/<strong>Föhlisch</strong>, Teil 13.4 Rn. 260 m.w.N.)7bvh-Stellungnahme Schuldrechtsreform, S. 15.


B. Historische Entwicklung 43e) Umfang der InformationspflichtenHinsichtlich der Frage, welche vorvertraglichen Informationen demVerbraucher zur Verfügung gestellt werden sollen, gehen die Meinungenauch auf Seiten des Verbraucherschutzes auseinander. Währendsogar von einigen Verbraucherschutzorganisationen darauf hingewiesenwird, dass die Fülle der Informationspflichten <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong> vorvertraglichreduziert werden sollte, um den Verbraucher nicht durch eineInformationsflut von den wirklich notwendigen Informationen abzulenken,1 fordern andere Konsumentenvertreter ohne nähere Begründungeine Ausweitung der vorvertraglichen Informationen um zahlreicheweitere Punkte. 2 Sinnvoll mag hiervon die (nach deutschen Recht schonheute bestehende) Pflicht zum Hinweis auf das Nichtbestehen bzw.Erlöschen des <strong>Widerrufsrecht</strong>es sein, weil viele Verbraucher mittlerweilemeinen, jedes Internetgeschäft sei widerrufbar und eine Belehrungüber das <strong>Widerrufsrecht</strong> ohne Hinweis darauf, dass dieses in einigenFällen nicht besteht, den Verbraucher häufig <strong>im</strong> Vertrauen auf das<strong>Widerrufsrecht</strong> irrig eine Bestellung zu tätigen. Die überwiegendeMehrheit der Interessenvertreter auf der Wirtschaftsseite spricht sichjedoch für eine Reduzierung der Informationspflichten und eine Präzisierungdes Weges und des Zeitpunktes der vorvertraglichen Informationserteilungaus.Die Wirtschaftsverbände kritisieren, dass die mit der Richtlinie angestrebteMindestharmonisierung dazu geführt habe, dass einzelne Mitgliedsstaaten– insbesondere Deutschland – das ohnehin hohe Verbraucherschutzniveauin einer Weise angehoben und dabei zusätzlicheRegelungen eingeführt haben, die gerade von mittelständischen Unternehmenkaum noch zu bewältigen sind. 3 Zu Recht wird darauf hingewiesen,dass die Mehrzahl der praktischen Probleme aus der Umsetzungder FARL in nationales Recht resultiert. 4Es erscheine unsachgemäß,dass über die Rechtsfolgen der Ausübung des Widerrufs bereits vorAbgabe der Willenserklärung des Verbrauchers informiert werdenmuss. Dies führe in der Praxis zu einer Informationsflut bereits vor1The Consumer Council of Norway, 12.10.2006, p. 4: “For consumers ... it is<strong>im</strong>portant that they are not subjected to more information than what is absolutelynecessary. A fundamental problem consumers are facing today, especially in connectionwith online shopping, is the amount of legal information they encounter.”2beuc, BEUC/X/085/2006, 1.12.2006, p. 5 f. fordert nicht weniger als 10 zusätzlicheInformationspflichten, u.a. einen Pflichthinweis auf das Nichtbestehen des<strong>Widerrufsrecht</strong>es und einen Hinweis darauf, ob Vorkasse-Zahlungen <strong>im</strong> Fall desWiderrufs durch eine finanzielle Garantie abgesichert sind (wie z.B. bei TrustedShops geprüften Händlern).3Gemeinsame Stellungnahme von bvh, HDE und BAG zur FARL, S. 2 und 6 f.4WBZ-Stellungnahme v. 20.11.2006, S. 4.


44 Teil 1 – GrundlagenVertragsschluss. In der Werbung interessiere den Kunden nur die Information,ob überhaupt ein Widerrufs- oder Rückgaberecht besteht.Die Einzelheiten würden erst dann relevant, wenn er die Ware tatsächlichzurückschicken will. Es sei daher ausreichend, wenn derartigeEinzelheiten – wie in Art. 5 Abs. 1 FARL vorgesehen – nach Vertragsschlussübermittelt würden. Sowohl für die unternehmerische Praxis alsauch für die Verbraucher sei es daher hilfreich, wenn die Ausuferungder Informationspflichten durch eine bindende Beschränkung auf diewesentlichen Informationen verhindert würde, auch wenn darauszwangsläufig eine Aufspaltung von Informationspflichten be<strong>im</strong> Fernabsatzvon Finanzdienstleistungen und be<strong>im</strong> sonstigen Fernabsatz resultiere.1Rechtsmittelbelehrungen bereits in der Werbung seien ein Fremdkörperund müssten auf das nötigste reduziert werden.Sowohl Verbraucher- als auch Wirtschaftsseite sprechen sich für eineklare Definition des dauerhaften Datenträgers aus, z.B. in Anlehnungan die FARLFDL, wobei teilweise auch die Einführung einer Liste mitentsprechenden Medien vorgeschlagen wird. 2Zu der Frage der Kommission,ob eine gemeinsame Regelung der vor- und nachvertraglichenInformationen (Zusammenfassung von Art. 4 und 5 FARL) sinnvoll sei,äußern sich selbst Verbraucherorganisationen kritisch. So wird daraufhingewiesen, dass Verbraucher in den verschiedenen Phasen des Kaufprozessesauch verschiedene Informationsbedürfnisse hätten. 3Dahersollten vor- und nachvertragliche Informationspflichten nicht dieselbensein. Auch die Wirtschaftsverbände sprechen sich für eine Beibehaltungder Trennung aus. 4f) Harmonisierung der WiderrufsfristSämtliche Interessenvertreter sprechen sich für eine europaweite Harmonisierungder Widerrufsfrist <strong>im</strong> Fernabsatz aus. 5Dissens bestehtfreilich in der Frage, wie lang diese Frist sein und ob sie in Werk- oderKalendertagen berechnet werden soll. Verbraucherverbände plädierenfür mindestens 14 Werktage, 6 während Handelsverbände sich 7 Kalendertage7wünschen. Bisher muss der Unternehmer für jedes Land1WBZ-Stellungnahme v. 20.11.2006, S. 5 f.; bvh-Stellungnahme Schuldrechtsreform,S. 6 f.2Summary of Responses, p. 8.3The Consumer Council of Norway, p. 4: “Consumers have different needs atdifferent stages of the purchasing process. Consequently, the information providedprior to the conclusion of the contract should not be the same as the informationprovided in the confirmation of a purchase.”4z.B. WBZ-Stellungnahme v. 20.11.2006, S. 7.5Summary of Responses, p. 9.6beuc, BEUC/X/085/2006, 1.12.2006, p. 8.7Gemeinsame Stellungnahme von bvh, HDE und BAG zur FARL, S. 11.


B. Historische Entwicklung 45best<strong>im</strong>men, welche Widerrufsfrist dem Verbraucher eingeräumt werdenmuss. Da diese Frist derzeit in den Mitgliedsstaaten zwischen 15 Tagen(Malta, Slowenien), zwei Wochen (Deutschland), 8, 10 und 7 Werktagenschwankt, kann zur Zeit nur (zu Gunsten der Verbraucher in anderenMitgliedsstaaten) die strengste Regelung verwendet werden, wenndie Waren in der gesamten EU angeboten werden sollen und auf eineindividuelle Festlegung der Widerrufsfrist je nach dem Wohnsitz desVerbrauchers verzichtet werden soll. Eine einheitliche Widerrufsfristwürde sich als unternehmer- und verbraucherfreundlicher darstellen. 1Die Verbraucherseite spricht sich für eine Klarstellung des Fristbeginnsaus. So solle die Frist bei Warenlieferungen erst dann zu laufenbeginnen, wenn der Konsument die Ware tatsächlich in den Händenhält und nicht bereits dann, wenn Sie auf einem Postamt eingelagertoder von einem Nachbarn in Empfang genommen wird. 2g) Rücksendemodalitäten und -kostenZahlreiche Interessenvertreter wünschen sich eine präzisere Regelungder Ausübung und der Rechtsfolgen des <strong>Widerrufsrecht</strong>es. Interessenvertreterder Wirtschaft plädieren dafür, dass nur Waren in Originalverpackung3 und mit Originalzubehör <strong>im</strong> Rahmen des <strong>Widerrufsrecht</strong>eszurück gesendet werden dürfen. Befürwortet werden auch eine „duty ofcare“ des Konsumenten während der Widerrufsfrist, wie sie etwa Art.17 (2) (a) der englischen Distance Selling Regulations (DSRs) 4 vorsieht,und eine Pflicht zur Rücksendung der Ware als Bedingung für die Ausübungdes <strong>Widerrufsrecht</strong>es. 5Überdies finden sich Forderungen nacheiner Entkoppelung des Laufs der Widerrufsfrist von der Erfüllung dertextformgebundenen Informationspflichten des Art. 5 FARL bzw.§ 312c Abs. 2 BGB 6 sowie der Festlegung einer EU-weit verbindlichen<strong>Dr</strong>e<strong>im</strong>onatsfrist als Obergrenze für das <strong>Widerrufsrecht</strong>, auch in Fällen,in denen nicht korrekt über das <strong>Widerrufsrecht</strong> belehrt wurde und dieFrist derzeit gemäß § 355 Abs. 3 S. 3 BGB überhaupt nicht erlischt. 7Auch die Frage der Kostentragung bei Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>esist unter den Interessenvertretern umstritten. Erstaunlicherweise sindzwar selbst die Verbrauchervertreter der Meinung, dass die Übernahme1WBZ-Stellungnahme v. 20.11.2006, S. 5 f.; bvh-Stellungnahme Schuldrechtsreform,S. 7.2beuc, BEUC/X/085/2006, 1.12.2006, p. 8.3So z.B. der Vorschlag in der WBZ-Stellungnahme v. 20.11.2006, S. 9 und diebvh-Stellungnahme Schuldrechtsreform, S. 12f.4abrufbar unter http://www.opsi.gov.uk/si/si2000/20002334.htm (Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).5bvh-Stellungnahme Schuldrechtsreform, S. 12.6bvh-Stellungnahme Schuldrechtsreform, S. 12.7WBZ-Stellungnahme v. 20.11.2006, S. 8.


46 Teil 1 – Grundlagender Rücksendekosten durch den Verbraucher <strong>im</strong> Fall des Widerrufs,wie sie in Art. 6 Abs. 2 FARL vorgesehen ist, eine angemessene undfaire Regelung darstellt. 1Dem st<strong>im</strong>men die Wirtschaftsvertreter mitdem Hinweis zu, dass der Verbraucher auch bei Rückgabe einer <strong>im</strong>stationären Handel erworbenen Ware die Kosten für den Rücktransporttragen muss (z.B. Fahrtkosten, Parkgebühren etc.). Allein Deutschlandund Finnland haben das Mindestniveau der FARL insoweit überschrittenund zum Nachteil der Unternehmer bei Warenrücksendungenmit einem Wert von mehr als 40 EUR bzw. generell eine Kostenübernahmedurch den Unternehmer vorgesehen. Überdies wird seitens desbeuc jedoch eine Klarstellung in Art. 6 Abs. 2 FARL dahingehend verlangt,dass der Verbraucher – anders als dies derzeit in § 357 Abs. 3BGB geregelt ist – bei Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>es keinerlei Wertersatzinfolge der best<strong>im</strong>mungsgemäßen Ingebrauchnahme der Ware zuleisten hat. Dies wird teilweise auch schon jetzt aus Art. 6 Abs. 2 FARLabgeleitet. 2Wirtschaftsvertreter wünschen sich hingegen eine Klarstellungin Art 6. Abs. 2, dass dem Verbraucher neben den Rücksendekostenauch die Hinsendekosten auferlegt werden können. 33. ZwischenergebnisHinsichtlich des <strong>Widerrufsrecht</strong>es stellt die Kommission in ihrem Berichtüber die Anwendung der FARL in den Mitgliedsstaaten fest, dasses ein Paradebeispiel für die Zusammenhanglosigkeit der gemeinschaftsrechtlichenBest<strong>im</strong>mungen und nationaler Disparitäten als Folgeder Inanspruchnahme der Mindestklausel ist. Daraus hat sich die Forderungnach europaweiter Vereinheitlichung der Widerrufsfristen, der1beuc, BEUC/X/085/2006, 1.12.2006, p. 9: “It is fair that the consumer pays thecosts of returning the goods when he/she withdraws from the contract for no specificreason.” Ebenso The Consumer Council of Norway, p. 4: “The CCN considers itfair that the consumer pays the transportation costs when making use of the right towithdrawl.”2So etwa Micklitz/Reich, BB 1999, 2093, 2095; Tonner, BB 2000, 1413, 1416;Rott, VuR 2001, 78, 81 sowie jüngst das AG Lahr MMR 2008, 270 = BB 2008,694, das ein entsprechendes Verfahren ausgesetzt und dem EuGH nach Art. 234 EG-Vertrag die Frage vorgelegt hat: „Sind die Best<strong>im</strong>mungen des Art. 6 Abs. 2 in Verbindungmit Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments unddes Rates vom 20. Mai 1997 zu best<strong>im</strong>mten Aspekten des Verbraucherschutzes beiVertragsabschlüssen <strong>im</strong> Fernabsatz dahin auszulegen, dass sie einer nationalen gesetzlichenRegelung entgegenstehen, die besagt, dass der Verkäufer <strong>im</strong> Falle desfristgerechten Widerrufes durch den Verbraucher Wertersatz für die Nutzung desgelieferten Verbrauchsgutes verlangen kann?“3bvh-Stellungnahme Schuldrechtsreform, S. 17 f.; WBZ-Stellungnahme v.20.11.2006, S. 10 f. <strong>Das</strong>s dies derzeit <strong>im</strong> Lichte des Art. 6 Abs. 2 FARL möglich istbestreitet das OLG Karlsruhe (nicht rechtskräftig), K&R 2007, 586 = MMR 2008,46 m. zust<strong>im</strong>mender Anm. Würdinger/Ringshandl.


B. Historische Entwicklung 47Art ihrer Berechnung, der finanziellen Auswirkungen und Wahrnehmung(Rückzahlung, Rückgabe usw.) des <strong>Widerrufsrecht</strong>es sowie derAusnahmeregelungen entwickelt, die in dem VRRL-E ihren Ausdruckfindet. Nach wie vor bildeten die Frage nach der Anwendung desFernabsatzrechts auf Internetauktionen, der Umfang der Informationspflichtenund der Wertersatz <strong>im</strong> Rahmen der Rückabwicklung des widerrufenenGeschäfts die strittigsten Diskussionspunkte. SelbstVerbraucherverbände wiesen darauf hin, dass die Flut der zu erteilendenInformationen zu einem gegenteiligen Effekt, nämlich der Irreführungstatt Orientierung führen kann. Einig waren sich Wirtschaftsverbändeund Verbrauchervertreter hinsichtlich der komplettenÜbernahme der Rücksendekosten durch den Unternehmer entsprechendder Konzeption des Art. 6 Abs. 2 FARL.VII. Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstandes1. Veröffentlichung des GrünbuchsDie Europäische Kommission veröffentlichte am 8. Februar 2007 dasGrünbuch zur Überprüfung des Verbraucheracquis. Insgesamt achtRichtlinien zum Verbraucherschutz waren von der Überprüfung betroffen(Richtlinie Haustürgeschäfte 85/577/EWG, Pauschalreisen 90/314/EWG, Missbräuchliche Vertragsklauseln 93/13/EWG, T<strong>im</strong>esharing94/47/EG, Fernabsatz 97/7/EG, Preisangabe 98/6/EG, Unterlassungsklagen98/27/EG, Verbrauchsgüterkauf und Garantien 99/44/EG).Die Verbraucher sollten sich nach den Zielvorstellungen der Kommissionauf gleichwertige Rechte berufen und gleichwertige Möglichkeitennutzen können, um <strong>im</strong> Problemfall zu ihrem Recht zu kommen,ganz gleich was und wo sie kaufen. 1 Die Kommission sieht die Modernisierungdes Verbraucherbesitzstandes als notwendiges Mittel, um derRechtszersplitterung des bestehenden EG-Verbraucherrechts entgegenzutreten.Weiterhin soll aber auch sichergestellt werden, dass die Wirtschaft,vor allem die kleineren und mittleren Unternehmen von einemstärker vorausschaubaren Regelungsumfeld und unkomplizierteren EU-Vorschriften profitieren können, damit sie ihren Aufwand für die Einhaltungder EU-Vorgaben reduzieren können und generell in die Lageversetzt werden, leichter als bisher EU-weit Handel zu betreiben, undzwar unabhängig davon, wo sie ihren Sitz haben.Im Zuge dessen wurde von Schulte-Nölke eine umfangreiche rechtsvergleichendeStudie durchgeführt und die Unterschiede der Verbrau-1Grünbuch Verbraucheracquis, S. 3f.


48 Teil 1 – Grundlagencherrechtsordnungen in den Mitgliedsstaaten in einem EG-Verbraucherrechtskompendium1und einer Datenbank zum EU-Verbraucherrecht2 dargestellt. Sinn und Zweck des Grünbuchs ist es, die Meinungender interessierten Kreise zu den möglichen politischen Optionenfür die Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstands <strong>im</strong> Verbraucherschutzund einzelnen spezifischen Fragestellungen einzuholen. Aufdiese umfangreiche Konsultation sind 313 Stellungnahmen eingegangen.3Als richtlinienübergreifende Themen spielen das <strong>Widerrufsrecht</strong>ebenso wie die Definition der Begriffe Verbraucher und Unternehmer<strong>im</strong> Rahmen der Konsultation eine große Rolle.2. Rechtszersplitterung durch MindestharmonisierungAls zentrale Sachfragen benennt die Kommission u.a. die Auswirkungender neuen Entwicklungen am Markt und führt beispielhaft den <strong>Onlinehandel</strong>an. Die Fernabsatzrichtlinie stamme aus einer Zeit, in der derelektronische Handel noch nicht derart stark verbreitet war und werdeden heutigen Anforderungen der sich rasch weiterentwickelnden Märktenicht mehr gerecht. 4Überdies habe etwa die Möglichkeit der Mitgliedsstaaten,Online-Auktionen vom Anwendungsbereich der Richtlinieauszunehmen, zu einer Rechtszersplitterung und einhergehendenVerbraucherbeschwerden <strong>im</strong> grenzüberschreitenden Geschäftsverkehrgeführt. Diese sei zum einen in einer fehlenden Harmonisierung desbestehenden Verbraucherschutzrechts zum anderen in einer uneinheitlichenUmsetzung der Verbraucherschutzrichtlinien aufgrund des Mindestharmonisierungsprinzipsder Richtlinien begründet. Dies löse zusätzlichenAufwand für die Unternehmen aus, die z.B. unterschiedlicheWerbematerialien und Verträge verwenden müssten und führe letztlichdazu, dass sich der grenzüberschreitende Handel nicht entwickeln kann.Vor allem <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong> sei ein Mangel an Vertrauen festzustellen,weil viele Verbraucher meinten, ausländische Anbieter müsstenweniger Verbraucherschutzvorschriften einhalten oder es sei schwieriger,<strong>im</strong> Problemfall Verbraucherrechte durchzusetzen. 5 So sei beispielsweisedie von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich lang bemessenWiderrufsfrist für grenzüberschreitende Geschäfte <strong>im</strong>Fernabsatz für die Verbraucher verunsichernd. Gleiches gelte für die1Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium, http://ec.europa.eu/consumers/cons_int/safe_shop/acquis/comp_analysis_de.pdf (Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).2http://www.eu-consumer-law.org/index_de.cfm (Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).3http://ec.europa.eu/consumers/rights/responses_green_paper_acquis_en.htm(Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).4Grünbuch Verbraucheracquis, S. 6 f.5Grünbuch Verbraucheracquis, S. 8.


B. Historische Entwicklung 49praktischen Modalitäten zur Wahrnehmung des Rücktrittsrechts voneinem Kaufvertrag und in Bezug auf die Kosten für die Rücksendungvon Waren.3. Vertikaler, horizontaler oder kombinierter AnsatzAls mögliche Optionen zeigt die Kommission zwei Lösungswege auf,nämlich einen vertikalen Ansatz, bei dem die gelten Richtlinien einzelnüberarbeitet würden, oder einen eher horizontalen Ansatz, basierendauf einem oder mehreren Rahmeninstrumenten, um gemeinsameMerkmale des Besitzstandes zu regeln, untermauert, wo nötig, durchbereichsspezifische Regelungen. 1<strong>Das</strong> Horizontalinstrument könnteentweder stets, nur bei grenzüberschreitenden Geschäften oder nur auf(nationale und grenzüberschreitende) Fernabsatzverträge Anwendungfinden, d.h. an die Stelle der FARL treten, so die Kommission. Denvertikalen Ansatz stuft die Kommission ihrerseits als aufwändiger ein,weil <strong>im</strong> Verlauf einzelner Legislativverfahren die gleichen Sachfragen<strong>im</strong>mer wieder diskutiert werden müssten. Auch werde die Menge derRechtsakte nicht reduziert. Ein Vorteil sei jedoch, dass den Besonderheitender einzelnen Regelungsbereiche besser Rechnung getragen werdenkönne.Favorisiert wird daher ein kombinierter Ansatz, bei dem ein horizontalesInstrument verwendet wird, und zwar in Kombination mit vertikalemVorgehen, wo dies erforderlich erscheint. Als Beispiel wird hier dieRichtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken genannt, mitder erstmals ein horizontaler Ansatz verfolgt wurde. GrundlegendeGemeinsamkeiten aller Richtlinien wie die Definition von Verbraucherund Unternehmer, die Dauer der Widerrufsfrist oder die Modalitätenfür die Ausübung des Rücktrittsrechts könnten horizontal geregelt werden,so die Kommission. 2Auch der Kaufvertrag als Grundform desVerbrauchervertrages könnte Bestandteil eines horizontalen Instrumentessein. Nur <strong>im</strong> Einzelfall sollten sektorspezifische Regeln vertikal ü-berarbeitet werden.Inhaltlich spricht sich die Kommission für eine vollständige Harmonisierungaus, auch mit der Konsequenz, dass sich das Verbraucherschutzniveauin einigen Mitgliedsstaaten verändern könnte. 3 Dies würdebedeuten, dass die Mitgliedstaaten keine strengeren Best<strong>im</strong>mungen alsdie auf Gemeinschaftsebene festgelegten anwenden dürften, wie z.B.derzeit die längere Widerrufsfrist und die Kostentragungspflicht bei1Grünbuch Verbraucheracquis, S. 8 f.2Grünbuch Verbraucheracquis, S. 10.3Grünbuch Verbraucheracquis, S. 12.


50 Teil 1 – GrundlagenRücksendungen durch den Unternehmer <strong>im</strong> deutschen Recht. Als weitere,wenngleich kompliziertere und die Rechtszersplitterung nicht beseitigendeMöglichkeiten werden Kombinationen aus Mindestharmonisierungund gegenseitiger Anerkennung höherer nationaler Standards oderaber des Herkunftslandprinzips aufgezeigt.Im zweiten Fall könnten also die Mitgliedsstaaten wie bislang höhereSchutzstandards erlassen, Unternehmen aus einem anderen Mitgliedsstaatmüssten jedoch lediglich die nationalen Regelungen einhalten.Dies würde z.B. dazu führen, dass ein Onlinehändler aus Österreich,der an einen deutschen Verbraucher verkauft, diesem trotz der zweiwöchigenWiderrufsfrist nach §§ 312d, 355 BGB lediglich ein <strong>Widerrufsrecht</strong>mit einer Frist von sieben Werktagen gemäß § 5e Abs. 2 KSchG 1einräumen müsste, wobei die Frist auch noch früher zu laufen beginntals nach deutschem Recht, nämlich mit dem Tag des Eingangs der Warenund nicht erst – wie nach § 187 Abs. 1 BGB – am Tag danach.Diese beiden Optionen brächten aus Sicht der Kommission allerdingskeine Lösung, die das vom EGV geforderte hohe gemeinschaftlicheNiveau an Verbraucherschutz sicherstellt.4. Streitpunkt VollharmonisierungDie Forderungen der Interessenvertreter weichen ebenso wie die <strong>im</strong>Rahmen der Konsultation über die FARL je nach Lager voneinanderab. Die Stellungnahmen sind in punkto <strong>Widerrufsrecht</strong> weitgehenddeckungsgleich mit denen aus den Stellungnahmen zur Überarbeitungder FARL. Glaubt man einem Zwischenbericht der Kommission, 2spricht sich die überwiegende Mehrheit der Interessenvertreter für eineVollharmonisierung in wesentlichen Themen durch ein horizontalesInstrument aus, das sowohl national als auch grenzüberschreitend greiftund durch einzelne vertikale Maßnahmen in den einzelnen Sektoren1§ 5e des österreichischen KSchG lautet: „Die Rücktrittsfrist beträgt sieben Werktage,wobei der Samstag nicht als Werktag zählt. Sie beginnt bei Verträgen über dieLieferung von Waren mit dem Tag ihres Eingangs be<strong>im</strong> Verbraucher, bei Verträgenüber die Erbringung von Dienstleistungen mit dem Tag des Vertragsabschlusses.“2Commission Staff Working Paper, Report on the Outcome of the Public Consultationon the Green Paper on the Review of the Consumer Acquis, abrufbar unter:http://ec.europa.eu/consumers/cons_int/safe_shop/acquis/acquis_working_doc.pdf(Stand: 4.4.<strong>2009</strong>). Eine detaillierte Analyse der Stellungnahmen (Preparatory Workfor the Impact Assessment on the Review of the Consumer Acquis DG HEALTHAND CONSUMER PROTECTION, Analytical Report on the Green Paper on theReview of the Consumer Aquis submitted by the Consumer Policy Evaluation Consortiumv. 06.11.2007) ist abrufbar unter http://ec.europa.eu/consumers/rights/detailed_analysis_en.pdf (Stand: 4.4.<strong>2009</strong>).


B. Historische Entwicklung 51ergänzt wird. Auch eine Systematisierung der Verbraucherrechte (z.B.des <strong>Widerrufsrecht</strong>es) werde überwiegend begrüßt.Abgelehnt wird eine Vollharmonisierung allerdings von einigen Interessenvertreternder Verbraucherseite. So befürchtet z.B. die VerbraucherkommissionBaden-Württemberg in ihrer Stellungnahme, 1dassVollharmonisierung zu einem „Monopol des europäischen Gesetzgebersin Fragen des Verbraucherrechts führen“ werde. Es sei jedochnicht wünschenswert, dass nationale Parlamente aus der Verbraucherrechtspolitikausgeschlossen werden. Die bisher durchgängige Regelungstechnikder Mindestharmonisierung entspreche dem Subsidiaritätsprinzipund biete zudem die notwendige Flexibilität, um aufnationaler Ebene auch auf kurzfristig auftauchende Probleme reagierenzu können. Eine pauschale Vollharmonisierung der zentralen Verbraucherschutzvorschriftenwerde zu einer nicht hinnehmbaren Versteinerungdes Verbraucherrechts führen. Absehbar sei auch ein breiter Abbauvon bisher bestehenden Verbraucherschutzstandards sowie Brücheund Wertungswidersprüche gegenüber den nicht harmonisierten nationalenZivilrechten der Mitgliedsstaaten. Sie sei daher abzulehnen.Dem halten die Handelsverbände entgegen, dass die verschiedenennationalen Regelungen für den betroffenen Handel oftmals die Teilnahmean grenzüberschreitenden Verträgen erschwere, was für einevolle Harmonisierung spreche. 2Auch die Verbraucherseite hält jedocheine Vollharmonisierung in Einzelfällen, z.B. einer „Eckwiderrufsfrist(von sinnvollerweise 14 Tagen) und deren genaue Berechnung“ fürangezeigt. 3 Die Handelsverbände versuchen in diesem Punkt, eine Fristvon 7 Tagen durchzusetzen. 4Jedenfalls spricht sich die Mehrheit derInteressenvertreter für eine Harmonisierung der Widerrufsfrist und derWiderrufsmodalitäten aus. 55. Zwischenergebnis<strong>Das</strong> bestehende EG-Verbraucherrecht weist eine tiefe Rechtszersplitterungauf. Daher können vor allem die kleineren und mittleren Unternehmenvon einem stärker vorausschaubaren Regelungsumfeld undunkomplizierteren EU-Vorschriften nicht profitieren. Die FARL hatihre Zwecke nicht erfüllt und passt mit ihrem Tele-Einkauf-Leitbild1VK-BW-Stellungnahme v. 11.05.2007, S. 5 f; ebenso Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong>und Belehrungspflichten, S. 84.2Stellungnahme von HDE, bvh und BAG v. v. 8.02.2007, S. 3.3VK-BW-Stellungnahme v. 11.05.2007, S. 6.4Stellungnahme von HDE, bvh und BAG v. v. 8.02.2007, S. 8.5Commission Staff Working Paper, Report on the Outcome of the Public Consultationon the Green Paper on the Review of the Consumer Acquis, p. 8 f.


52 Teil 1 – Grundlagennicht in die Realität des <strong>Onlinehandel</strong>s. Es ist auch ein Mangel an Vertrauenseitens des Verbrauchers in ausländische Unternehmen festzustellen.Die durch den kombinierten Ansatz angestrebte Systematisierungder Verbraucherrechte und vollständige Harmonisierung ist zubegrüßen, da sie durch eine Zusammenfassung des allgemeinen Teilsder einzelnen Richtlinien eine Reduzierung der Regelungen und damiteine erhöhte Übersichtlichkeit zur Folge hätte. Die Befürchtung einer„Versteinerung“ des Verbraucherschutzrechtes durch Vollharmonisierungist unbegründet. Vielmehr erschweren die verschiedenen nationalenRegelungen die Teilnahme an grenzüberschreitenden Verträgennicht nur für den Unternehmer, sondern auch für den Verbraucher, dadieser sich nicht darüber <strong>im</strong> Klaren ist, welches Recht auf seinen Vertraganwendbar ist.VIII. Richtlinie über unlautere GeschäftspraktikenBei der Verletzung von Informations- und Belehrungspflichten zum<strong>Widerrufsrecht</strong> und auch sonstigen Informationspflichten <strong>im</strong> Fernabsatzist <strong>im</strong> Hinblick auf die Wettbewerbswidrigkeit auch die Umsetzungder Vorschriften der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken(UGPRL) zu berücksichtigen. Die am 11.05.2005 verabschiedeteUGPRL war eigentlich von den Mitgliedsstaaten bis zum12.12.2007 umzusetzen. Da dies in Deutschland jedoch mit einigerVerspätung, nämlich erst zum 30.12.2008 mit einer Novellierung desUWG geschah, war das zwischen dem 12.12.2007 und 29.12.2008geltende UWG richtlinienkonform auszulegen. Insbesondere für dieFrage, ob ein Verstoß gegen Informationspflichten ein Bagatellverstoßwar, musste die Richtlinie herangezogen werden.Nach Art. 7 Abs. 5 UGPRL werden als wesentlich alle Informationeneingestuft, die das Gemeinschaftsrecht in Bezug auf die kommerzielleKommunikation vorsieht. Zu solchen Informationen gehören nachAnhang II zu dieser Vorschrift auch die Pflichtangaben der Art. 4 und 5der FARL, <strong>im</strong> deutschen Recht geregelt in § 312c Abs. 1 und 2 BGB.Aufgrund der durch die Richtlinie eingeführten vollständigen Angleichungwerden jedoch auch nur die nach dem Gemeinschaftsrecht vorgeschriebenenInformationen als wesentlich für die Zwecke des Artikels7 Absatz 5 dieser Richtlinie betrachtet (Erwägensgrund 15 der Richtlinie2005/29/EG).Weitergehende nationale Best<strong>im</strong>mungen dürfen nach Art. 3 Abs. 5der Richtlinie 2005/29/EG nur unter best<strong>im</strong>mten Voraussetzungenaufrecht erhalten werden. Demnach können die Mitgliedstaaten füreinen Übergangszeitraum von sechs Jahren ab dem 12. Juni 2007 indem durch die Richtlinie angeglichenen Bereich nationale Vorschriften


C. Zwecke 53beibehalten, die restriktiver oder strenger sind als diese Richtlinie undzur Umsetzung von Richtlinien erlassen wurden und die Klauseln übereine Mindestangleichung enthalten. Diese Maßnahmen müssen jedochunbedingt erforderlich sein, um sicherzustellen, dass die Verbraucherauf geeignete Weise vor unlauteren Geschäftspraktiken geschützt werdenund müssen zur Erreichung dieses Ziels verhältnismäßig sein.Der deutsche Gesetzgeber 1 ist nun der Meinung, dass die auf Art. 4, 5und 6 der FARL zurückgehenden Informations- und Belehrungspflichtenin § 312c BGB i.V.m. § 1 BGB-InfoV sowie in § 312d i.V.m. § 355Abs. 1 Satz 2 BGB nicht zur Anwendbarkeit von Art. 3 Abs. 5 derRichtlinie 2005/29/EG führen. Diese Ansicht ist abzulehnen, da dievorvertragliche Informationspflicht des § 312c Abs. 1 BGB i.V.m. § 1Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV insoweit deutlich über die europäischen Vorgabenhinausgeht, als auch bei Fernabsatzverträgen, die nicht Finanzdienstleistungenzum Gegenstand haben, bereits über „Nichtbestehen… sowie die Bedingungen, Einzelheiten der Ausübung … und dieRechtsfolgen des Widerrufs“ zu informieren ist. Art. 4 Abs. 1 f) derFARL schreibt jedoch lediglich eine Information über das Bestehen des<strong>Widerrufsrecht</strong>es vor. Auch Art. 7 Abs. 4 e) der Richtlinie 2005/29/EGsieht lediglich die Information über das Bestehen des <strong>Widerrufsrecht</strong>esals wesentlich an. Es ist fraglich, ob die überschießende deutsche Detailinformationspflichtunbedingt erforderlich und verhältnismäßig ist, umihren Fortbestand zu rechtfertigen.C. ZweckeC. ZweckeBei der Herausarbeitung des Schutzzwecks des <strong>Widerrufsrecht</strong>es <strong>im</strong><strong>Onlinehandel</strong> ist nicht nur der Schutzzweck der FARL zu ermitteln, indessen Lichte die deutschen Regelungen auszulegen sind. Denn gemäßArt. 14 FARL legt diese lediglich ein Mindestniveau fest, über das derdeutsche Gesetzgeber hinausgehen kann, was auch in vielen Punktengeschehen ist. Daher ist auch zu hinterfragen, inwieweit das <strong>Widerrufsrecht</strong><strong>im</strong> allgemeinen Verbraucherschutzrecht und in den deutschenFernabsatzbest<strong>im</strong>mungen seine Rechtfertigung findet.I. Allgemeines VerbraucherschutzrechtWeder das europäische noch das deutsche Verbraucherschutzrecht inden verschiedenen Bereichen basiert auf einem einheitlichen Grundkon-1RefE des BMJ v. 27. Juli 2007 (Referat III B 5), Erstes Gesetz zur Änderung desGesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, S. 23.


54 Teil 1 – Grundlagenzept. 1<strong>Das</strong> Verbraucherschutzrecht entsteht vielmehr eher unsystematischaufgrund gehäufter Verbraucherbeschwerden über unseriöse Geschäftspraktiken.Auch die Rechtsprechung befasst sich bei der Auslegungdes geltenden Rechts häufig nur unter dem Schlagwort „Schutzdes Schwächeren“. 2In der Literatur wurde jedoch versucht, dasVerbraucherschutzrecht zu systematisieren und so dessen Notwendigkeitzu begründen. Die Erklärungsmodelle schließen sich nicht etwagegenseitig aus, sondern stehen ergänzend nebeneinander.Der Verbraucher ist als Marktakteur deshalb schutzwürdig, weil derWettbewerb, der in der Realität keinesfalls vollkommen ist, allein nichtausreicht, um seine Interessen zu wahren. 3Eine Durchbrechung desGrundsatzes pacta sunt servanda ist dann gerechtfertigt, wenn nichtbeide Vertragsparteien gleichermaßen in der Lage sind, eine freie Entscheidungfür oder gegen den Vertrag auszuüben, d.h. eine Störung derVertragsparität vorliegt. Die Entscheidung darüber, ob eine schwerwiegendeStörung vorliegt, ist letztlich politischer Natur. Hat der Gesetzgeber,wie be<strong>im</strong> <strong>Widerrufsrecht</strong> <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong>, erst einmal die Entscheidunggetroffen, dass eine Kompensation einer vermeintlichenUngleichgewichtslage notwendig ist, spielt die Frage, ob der Verbraucherwirtschaftlich schwach, rechtsunkundig, geschäftsungewandt oderintellektuell unterlegen ist; auch der auf Verbraucherrecht spezialisierte,versierte Rechtsanwalt ist Verbraucher, wenn er wegen seines privatenKonsums rechtsgeschäftlich auftritt. 41. Konzepte des Verbraucherschutzesa) Der strukturell unterlegene VerbraucherIm Rahmen des Modells eines strukturell unterlegenen Verbrauchers istfür die Qualifizierung einer Person als Verbraucher maßgeblich, ob seinVerhalten gerade be<strong>im</strong> Abschluss eines Vertrages als privat angesehenwerden kann. Dieser rollensoziologisch definierte Verbraucher wird mitdem strukturell unterlegenen Verbraucher gleichgesetzt. 5 Die strukturelleUnterlegenheit wird ökonomisch als strukturelles Machtungleichgewichtgedeutet, 6das es seinerseits rechtfertige, gegen das Gleichheitsprinzipdes BGB kompensatorisch einzugreifen, um die Parität der1Pützhoven, EWS 1999, 447, 450; Schirmbacher, Verbrauchervertriebsrecht,S. 120.2Schirmbacher, Verbrauchervertriebsrecht, S. 119.3Schirmbacher, Verbrauchervertriebsrecht, S. 121; Zhang, <strong>Widerrufsrecht</strong>, S. 26.4Bülow/Artz/Bülow, S. 6 Rn. 4.5MünchKommBGB/Micklitz, Vorbemerkung zu §§ 13, 14 Rn. 68 f.; Schulze/Schulte-Nölke/Pfeiffer,S. 25 f.6Vgl. AnwKomm/Hart,Vor § 116 Rn. 31 f. und 59 f.


C. Zwecke 55Vertragsparteien wieder herzustellen. 1Maßgeblich sei dabei nicht diekonkrete Vertrags-, sondern die Verbraucher-Produzenten-Beziehung inAllgemeinen. Unbeachtet bleibt dabei, ob in dem konkreten Einzelfallein Schutzbedürfnis anzuerkennen ist. 2 Es handelt sich somit um einentypisierten Begriff der Unterlegenheit, der konkretisierungsbedürftig ist.Eine derartige Konkretisierung könnte sich an die Kernbestände desVerbraucherrechts orientieren und an die rollenspezifische Unterlegenheitverknüpfen.<strong>Das</strong> dargestellte Konzept wird allerdings vor allem <strong>im</strong> Hinblick aufdessen Folgen kritisiert. Dessen Anwendung führe zu einer Entmündigungdes Verbrauchers am Markt. Die Zwangseinräumung eines best<strong>im</strong>mtenSchutzniveaus beraube seine Rolle als autonom handelndesSubjekt und sei mit dem Grundgedanken der sozialen Marktwirtschaftnicht vereinbar. 3 Auch die Gruppe der Verbraucher sei nicht homogenund könne unterschiedliche Interessen haben. 4Trotz dieser Kritik hatdas BVerfG das Vorliegen einer strukturellen Unterlegenheit desVerbrauchers Anfang der 90er Jahre bejaht. 5Auch der EuGH hat dieAnsicht vertreten, der Verbraucher befinde sich gegenüber dem Gewerbetreibendenin einer schwächeren Verhandlungsposition und besitzeeinen geringeren Informationsstand. 6b) Der situativ schutzbedürftige VerbraucherEin abweichendes Modell ist die Konzeption eines situativ schutzbedürftigenVerbrauchers. 7Hier werden gesetzgeberische Eingriffe zugunstendes Verbrauchers nicht ausgeschlossen, sie werden jedoch andie situative Schutzbedürftigkeit gebunden, womit gleichzeitig die Ablehnungder Vorstellung verbunden ist, dass der Verbraucher generellund grundsätzlich die strukturell unterlegene Vertragspartei ist. DerAusschluss der Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers wird daran geknüpft,ob er während der Situation des Vertragsschlusses über dieGeschäftskompetenz eines Nichtverbrauchers verfügt. Befürworterdieses Modells verweisen darauf, dass einer Verneinung der Verbrauchereigenschaftnach § 13 BGB, die Bewertung innewohne, die betreffendePerson verfüge über hinreichende Geschäftskompetenz. Geboten1Bülow/Artz/Bülow, S. 8 Rn. 13.2MünchKommBGB/Micklitz, Vorbemerkung zu §§ 13, 14 Rn. 69 f.3MünchKommBGB/Micklitz, Vorbemerkung zu §§ 13, 14 Rn. 69 f; Schirmbacher,Verbrauchervertriebsrecht, S. 125.4Schirmbacher, Verbrauchervertriebsrecht, S. 126.5BVerfG, NJW 1994, 36.6EuGH Rs. C-240/98 bis Rs. C-244/98, Slg. 2002, I-4941 ff. Rn. 25.7Schulze/Schulte-Nölke/Pfeiffer, S. 28 f.; kritisch dazu Wiedenmann, Verbraucherleitbilder,S. 76.


56 Teil 1 – Grundlagensei daher eine Analyse des Verbraucherbegriffs unter Berücksichtigungder Geschäftskompetenz als Wertungsinstrumentarium. 1c) <strong>Das</strong> KombinationsmodellDen unterschiedlichen Modellen werden unterschiedliche Verbraucherleitbilderzu Grunde gelegt. 2 Diese beiden konträren Ansätze der situationsgebundenenund der personenbezogenen Anknüpfung lassen sichmiteinander kombinieren. Da sowohl der rein personale als auch derrein situative Verbraucherbegriff oft unklar sind, ging man zu einergekoppelten Betrachtungsweise über. <strong>Das</strong> Kombinationsmodell gehtdavon aus, dass der Verbraucher als Teilnehmer am Geschäftsverkehrnicht per se schutzbedürftig ist sondern nur in Bezug auf konkrete Gefahrenund Risiken in best<strong>im</strong>mten Situationen. Der Verbraucherbegriffaus dem situativen Ansatz wird negativ durch Elemente des Rollenkonzeptsabgegrenzt. 3Hierbei steht der situative Begriff des Verbrauchersals Konsument <strong>im</strong> Vordergrund. 42. Anwendbarkeit <strong>im</strong> FernabsatzZweifelsohne gibt es <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong> Situationen, in denen das Vertragsgleichgewichtvon Verbraucher und Unternehmer derart gestörtist, dass ein schwacher Verbraucher einem starken Unternehmer gegenübersteht,etwa wenn es um so genannte Vertragsfallen geht, bei denender Verbraucher – meist über ein Gewinnspiel angelockt – einenvermeintlich kostenfreien Dienst in Anspruch nehmen will und erstnach Registrierung bemerkt, dass er ein kostenpflichtiges Abonnementabgeschlossen haben soll. Bemerkenswerterweise weist das Fernabsatzrechtgerade in diesen Konstellationen erhebliche Schutzlücken auf. 5Gerechtfertigt ist das <strong>Widerrufsrecht</strong> auch, wenn unbedarfte VerbraucherProdukte von zweifelhafter Qualität erwirbt, die es ausschließlich<strong>im</strong> Distanzhandel zu erwerben gibt. Auch Anbieter solcher Waren entziehensich bewusst dem Zugriff des Vertragspartners und agieren oftan der Grenze zur Legalität.1Schulze/Schulte-Nölke /Pfeiffer, S. 30.2Staudinger/Weick, § 13 Rn. 6.3Schirmbacher, Verbrauchervertriebsrecht, S. 126.4Vgl. Denkinger, Der Verbraucherbegriff, S. 119 f.5Dies ist der Grund für das Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes beibesonderen Vertriebsformen, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 16/10734 v. 31.10.2008. <strong>Das</strong> vom Bundestagam 26.3.<strong>2009</strong> beschlossene Gesetz muss noch den Bundesrat passieren. Es istjedoch nicht zust<strong>im</strong>mungspflichtig. <strong>Das</strong> Gesetz wird am Tag nach der Verkündung inKraft treten. Nach Informationen des Bundesjustizministeriums könnte das Gesetzam 15.5.<strong>2009</strong> den Bundesrat passieren, so dass es voraussichtlich <strong>im</strong> Juni in Krafttreten wird.


C. Zwecke 57Allerdings stellt sich die Realität des <strong>Onlinehandel</strong>s häufig auch sodar, dass die Parteien gleichberechtigt sind oder der Verbraucher sogardie überlegene Partei ist. Eine Vielzahl von Online-Shops wird nichtvon großen Unternehmen, sondern von Einzelgewerbetreibenden betrieben,die damit neben einem Angestelltenverhältnis etwas dazu verdienen,sich nach Arbeitslosigkeit eine Existenz aufbauen oder zusätzlichzu einem bestehenden stationären Handel in geringem Maße auchonline Umsätze erzielen. Zuweilen unterfallen auch Mütter von vierKindern, die über eine gewisse Dauer und in einem gewissen Umfangnicht mehr passende Kinderkleidung über eBay verkaufen, dem Unternehmerbegriff1und sind völlig überrascht, wenn den Kunden ein <strong>Widerrufsrecht</strong>eingeräumt werden muss. So stehen Personen, die eigentlichdem Schutzbereich des Verbraucherschutzrechtes unterliegen, <strong>im</strong><strong>Onlinehandel</strong> plötzlich und unerwartet auf der Seite der vermeintlich„starken“ Vertragspartei. Auf der anderen Seite ist der Onlinekäuferhäufig überdurchschnittlich gebildet und wirtschaftlich stark. Häufigwird eine handelsübliche Ware, die bereits <strong>im</strong> stationären Handel ausgiebigbegutachtet und getestet wurde, bei dem Onlinehändler bestellt,der diese zu dem günstigsten Preis anbietet.II. FernabsatzrechtDer Verbraucher <strong>im</strong> Fernabsatz soll vor Fehlbestellungen geschütztwerden, die zustande kommen, weil er die Waren vor Vertragsschlussnicht sehen oder sonst wahrnehmen kann und somit keine mit demstationären Vertrieb vergleichbar informierte Entscheidung treffenkann. 2 <strong>Das</strong> Fernabsatzrecht will vermeintliche Informationsdefizite desVerbrauchers ausgleichen, die sich <strong>im</strong> Vergleich zum herkömmlichenLadenhandel ergeben. Diese bestehen vor allem darin, dass be<strong>im</strong> Fernabsatzhandelder Verbraucher weder die Ware noch seinen Vertragspartnervor der Bestellung begutachten oder kennen lernen kann. 3 Dahersind seine Möglichkeiten, sich über die Eigenschaften der Ware unddie Modalitäten der Geschäftsabwicklung oder die Person des Verkäufersbzw. des Diensteanbieters zu erkundigen, deutlich eingeschränkt. 41So LG Berlin, MMR 2007, 401 ff.2Vgl. Erwägensgrund 14 FARL; BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/2658, S. 15.3Martinek, NJW 1998, 207; PWW/Medicus § 312b Rn. 2.4MünchKommBGB/Wendehorst, Vorbemerkung §§ 312b ff, Rn. 4; Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch,§ 312b Rn. 1, 3.


58 Teil 1 – Grundlagen1. Förderung des EU-BinnenmarktesDie Bedeutung des Fernabsatzes für den Binnenmarkt wird bereits inder FARL (Erwägensgrund 3) erwähnt. Dort heißt es, dass es für dasreibungslose Funktionieren des Binnenmarkts unabdingbar sei, dass derVerbraucher sich an ein Unternehmen außerhalb seines Landes wendenkann, auch wenn dieses Unternehmen über eine Filiale in dem Landverfügt, in dem der Verbraucher lebt. Eine wirkliche Förderung erfolgtjedoch erst mit dem VRRL-E, welcher eine Vollharmonisierung <strong>im</strong>Bereich des Fernabsatzrechtes vorsieht. <strong>Das</strong> Mindestharmonisierungsprinzipder FARL hat nicht zur Förderung des EU-Binnenmarktes beigetragen,sondern sich <strong>im</strong> Gegenteil als Hemmnis grenzüberschreitendenHandels herausgestellt.Bislang weisen die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten auf demGebiet der Verbraucherverträge ausgeprägte Unterschiede auf, die zumerklichen Wettbewerbsverzerrungen und Hindernissen für das reibungsloseFunktionieren des Binnenmarkts führen können (Erwägensgrund6 VRRL-E). Deshalb sollen nun EU-weit einheitliche VorgabenUnternehmern und Verbrauchern gleichermaßen mehr Rechtsicherheitbieten und zum grenzüberschreitenden Handel an<strong>im</strong>ieren. So heißt es inErwägensgrund 4 VRRL-E: „Die Harmonisierung best<strong>im</strong>mter Aspektedes Verbrauchervertragsrechts ist unabdingbar, wenn ein echter Binnenmarktfür Verbraucher gefördert werden soll, auf dem ein möglichstausgewogenes Verhältnis zwischen einem hohen Verbraucherschutzniveauund der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen [...] gewährleistetist.“2. Stärkung des VerbrauchervertrauensDie Verwirklichung eines funktionierenden Binnenmarkts ist nur durchStärkung des Vertrauens des Verbrauchers möglich. Dies setzt einheitlicheRahmen und ein hohes Niveau des Verbraucherschutzes voraus. 1<strong>Das</strong> hohe Verbraucherschutzniveau soll durch die Verpflichtung desUnternehmers zu einer angemessenen Aufklärung über die demVerbraucher zustehenden Rechte und die Einräumung eines <strong>Widerrufsrecht</strong>sgewährleistet werden. 2a) InformationspflichtenArt. 4 und 5 FARL begründen ein subjektives Recht des Verbrauchersauf Informationen. 3Die Auferlegung von Informationspflichten des1Begründung VRRL-E, S. 2.2Schmidt-Räntsch, VuR 2000, 427.3Micklitz/Reich/Micklitz, S. 584.


C. Zwecke 59Unternehmers ist bereits von der Verbraucherkredit-RL, der T<strong>im</strong>e-Sharing-RL, der Pauschalreise-RL und der Produkthaftungs-RL bekannt.Bislang tendierte der europäische Gesetzgeber dazu, den Umfangder Informationen, den ein Unternehmer zur Verfügung stellen muss,beständig zu erhöhen. Dies birgt jedoch die Gefahr, dass der Verbraucherin einer Informationsflut versinkt und durch die Menge an Informationnicht besser sondern schlechter informiert ist. 1Umso begrüßenswerterist die geplante Reduzierung der Informationspflichtendurch den VRRL-E. So hält Erwägensgrund 17 fest: „Verbrauchersollten Anspruch darauf haben, vor dem Abschluss eines Vertrags informiertzu werden. Gewerbetreibende sollten jedoch nicht zur Informationüber Umstände verpflichtet sein, die sich bereits aus dem Kontextergeben.“Die Informationspflichten der FARL wurden vom deutschen Gesetzgeberin der BGB-InfoV umgesetzt. Durch das Prinzip der Mindestharmonisierungkonnten die einzelnen Mitgliedsstaaten strengere Regelungenerlassen. Der deutsche Gesetzgeber hat davon Gebrauch gemachtund vor allem die vorvertraglichen Informationspflichten des Unternehmerserheblich ausgeweitet, indem die Vorgaben der FARLFDL aufalle Fernabsatzverträge „sachgerecht“ erstreckt wurden. Derzeit sinddem deutschen Verbraucher eine Fülle an Informationen zur Verfügungzu stellen, 2wie etwa die wesentlichen Merkmale eines Produkts, dieIdentität des Unternehmers und die Modalitäten der Lieferung und derZahlung, oder auch die Möglichkeit eines Beschwerdeverfahrens. 3BesondereBedeutung wird hierbei der Verständlichkeit der Informationenfür die Verbraucher beigemessen. 4 Neben den Informationen zum Kaufentscheidungist der Verbraucher auch über sein <strong>Widerrufsrecht</strong> aufzuklären.Der Verbraucher, der die Informationen zur Kenntnis n<strong>im</strong>mt,soll in den Stand versetzt werden, eine privatautonome Entscheidung zutreffen, so dass Vertragsparität hergestellt wird. 5Die ausreichende Aufklärung des Vertragspartners ist Gegenstandnicht nur der FARL, sondern auch des E-Commerce-Rechts. Verbraucherschutzgesetzei.S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UKlaG sind auch die Vorschriftenzur Anbieterkennzeichnungspflicht nach § 5 TMG, die demVerbraucher die Rechtsverfolgung erleichtern sollen, sowie die zivilrechtlichenInformations- und Gestaltungspflichten <strong>im</strong> elektronischenGeschäftsverkehr nach § 312e BGB i.V.m. § 3 BGB-InfoV. Diese Vorschriftenentstanden in Umsetzung der Art. 5, 10 und 11 der ECRL. Die1Rünz, Verbraucherschutz <strong>im</strong> Fernabsatz, S 50.2Siehe dazu auch Teil 3 A II 3 b).3Vgl. Erwägungsgründe 17, 19, 47 VRRL-E.4vgl. Erwägungsgründe 21, 47 VRRL-E.5Bülow/Artz/Bülow, S. 9 Rn. 15.


60 Teil 1 – GrundlagenVorschriften gelten für alle Kunden, d.h. nicht nur für Verbraucher undhaben demzufolge einen schwächer ausgeprägten Verbraucherschutzbezug.Ziel der ECRL ist in erster Linie die Verwirklichung eines grenzenlosenBinnenmarktes und die Herstellung von Vertrauen in den elektronischenGeschäftsverkehr, 1da die Risiken, die <strong>im</strong> Fernabsatzgeschäftbestehen, für den elektronischen Geschäftsverkehr <strong>im</strong> Allgemeinentypisch sind. 2b) <strong>Widerrufsrecht</strong><strong>Das</strong> <strong>Widerrufsrecht</strong> bildet das Kernstück der Verbraucherrechtsregelungen<strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong>. Es stellt ein hinsichtlich des Grundsatzes derPrivatautonomie sowie des pacta-sunt-servanda-Grundsatzes nichtunumstrittenes Verbraucherschutzinstrument dar. 3<strong>Das</strong> <strong>Widerrufsrecht</strong>ist keine „Erfindung“ des Fernabsatzrechts, sondern ein typisches Instrumentdes Verbraucherschutzes, welches die Stärkung der Verbraucherpositionin unterschiedlichen Konstellationen bezweckt.3. Schutz vor aggressiven VerkaufspraktikenDem Verbraucher ist ein Recht auf den Schutz des Privatlebens,insbesondere vor Belästigungen durch besonders aufdringliche Kommunikationstechniken,anzuerkennen. Da die Verwirklichung solcheraggressiven Verkaufspraktiken nach dem heutigen Stand der Technologieentwicklungerheblich erleichtert ist, bedarf es einer genauen rechtlichenReglementierung der Nutzung solcher Techniken. 4 Darin sowie indem Schutz vor irreführenden Verkaufsmethoden liegt ein weitererZweck des Fernabsatzrechts. 5So ist nach Art. 9 FARL (§ 241a BGB)eine Zahlungsforderung eines Unternehmers für unbestellte Waren stetsunzulässig und die Werbung durch Telekommunikationsmittel erforderteine Einwilligung des Verbrauchers, Art. 10 Abs. 2 FARL. Dieseletzte Anforderung wurde vom deutschen Gesetzgeber nicht ausdrücklichumgesetzt, was sich mit der Regelung des § 7 UWG, die Werbeanrufeohne Einwilligung bereits als eine unzumutbare Belästigung deklariert,und der einheitlichen Rechtsprechung zur Frage nach denunzulässigen Methoden des Direktmarketings erklären lässt. 61Erwägensgrund 7 ECRL.2MünchKommBGB/Wendehorst, Vorbemerkung §§ 312b ff, Rn. 5.3Vgl. Pützhoven, Verbraucherschutz, S. 76.4Erwägensgrund 17 FARL.5Lorenz, JS 2000, 833, 839; Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 312b Rn. 4.6MünchKommBGB/Wendehorst, Vorbemerkung §§ 312b ff, Rn. 7.


4. Weiterentwicklung der InformationsgesellschaftC. Zwecke 61Ein weiteres Ziel des Fernabsatzrechts ist es, die Weiterentwicklung derInformationsgesellschaft durch Popularisierung des Online-Handels zufördern. Einen Beitrag hierzu soll die Steigerung des Vertrauens desVerbrauchers durch die Einräumung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s und die Normierungvon umfassenden Informationspflichten des Unternehmersleisten. Darüber hinaus ist es aber auch erforderlich, die Schaffung derrechtlichen Normen an der Technologieentwicklung zu orientieren undan diese anzupassen. Mit der Einführung neuer Technologien erhaltendie Verbraucher einen <strong>im</strong>mer besseren Überblick über das Angebot inder ganzen EU und zahlreiche neue Möglichkeiten, Bestellungen zutätigen. 1 Da der grenzüberschreitende <strong>Onlinehandel</strong> <strong>im</strong> Gegensatz zuminländischen <strong>im</strong>mer noch nur ein geringes Wachstum aufweisen kann,geht die Weiterentwicklung der Informationsgesellschaft mit der Verwirklichungdes Binnenmarktes Hand in Hand.III. <strong>Widerrufsrecht</strong> <strong>im</strong> Online-Handel<strong>Das</strong> Herz des Fernabsatzrechts bildet das <strong>Widerrufsrecht</strong>s des Verbrauchers,geregelt in Art. 6 FARL und vom deutschen Gesetzgeber in§ 312d i.V.m. §§ 355 ff. BGB umgesetzt. <strong>Das</strong> <strong>Widerrufsrecht</strong> <strong>im</strong> Fernabsatzsoll die Nachteile gegenüber dem stationären Handel ausgleichenund dem Verbraucher ermöglichen, die von ihm ohne Inaugenscheinnahmebestellte Ware einer „Prüfung“ zu unterziehen, um dann zuentscheiden, ob er sie zurückgeben will. 2 Bei Dienstleistungen kann sichder Kunde auch <strong>im</strong> stationären Vertrieb vorher keinen Eindruck vonder Qualität verschaffen, hier gewährt das <strong>Widerrufsrecht</strong> demVerbraucher in erster Linie eine verlängerte Überlegensfrist. 3Dadurchsoll den besonderen Umständen des Fernabsatzhandels Rechnung getragenwerden, die dem Verbraucher keine Gelegenheit bieten, die Warebzw. die Dienstleistung vor seiner verbindlichen Vertragserklärungnäher zu untersuchen.Dieser Grundgedanke lässt sich aus dem Erwägensgrund 14 derFARL entnehmen: „Der Verbraucher hat in der Praxis keine Möglichkeit,vor Abschluss des Vertrags das Erzeugnis zu sehen oder die Eigenschaftender Dienstleistung <strong>im</strong> einzelnen zur Kenntnis zu nehmen. Dahersollte ein <strong>Widerrufsrecht</strong> bestehen [...]“. Eine „Kenntnisnahme derEigenschaften“ der bestellten Ware könnte allerdings durch die um-1Erwägensgrund 4 FARL.2vgl. Erwägensgrund 14 FARL; Bülow, ZIP 1999, 1293, 1294; Mankowski, CR2001, 767, 768.3Staudinger/Thüsing, § 312d Rn. 3; Fuchs, ZIP 2000, 1273, 1280.


62 Teil 1 – Grundlagenfangreiche Belehrung durch den Unternehmer nach § 312c BGB erfolgen.Die maßgebliche Klarstellung wird vom Erwägensgrund 22 desVRRL-E gebracht: „Da der Verbraucher <strong>im</strong> Versandhandel die Warenicht sehen kann, bevor er den Vertrag abschließt, sollte ihm ein <strong>Widerrufsrecht</strong>zustehen, so dass er prüfen kann, welche Beschaffenheitdie Ware hat und wie sie funktioniert.“Damit das <strong>Widerrufsrecht</strong> nicht nur ein formales Recht bleibt, hältErwägensgrund 14 FARL fest, dass die einzigen Kosten, die dem Käufer<strong>im</strong> Zusammenhang mit der Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s auferlegtwerden dürfen, die unmittelbaren Kosten der Rücksendung sein dürfen.Dem Verbraucher darf die eingeräumte Entscheidungsmöglichkeit nichtdadurch weggenommen werden, dass ihm infolge der Ausübung desWiderrufs zusätzliche Kosten entstehen. Eine Einschränkung des <strong>Widerrufsrecht</strong>essoll lediglich bezüglich Waren hingenommen werden, beidenen ein solches Recht nicht zugemutet werden kann und das Schutzbedürfnisdes Verbrauchers dementsprechend zurücktritt oder völligentfällt. 1D. SystematikD. SystematikI. Informationspflichten und <strong>Widerrufsrecht</strong>Sowohl die Informationspflichten als auch das <strong>Widerrufsrecht</strong> sindunerlässlich, um dem Verbraucher die Möglichkeit zu gewährleisten,eine freie und informierte Entscheidung zu treffen und seine Rechtewahrzunehmen. 2 Dementsprechend ist der Verbraucher <strong>im</strong> Vorfeld derAbgabe seiner Vertragserklärung zu informieren und nach Vertragsabschlussist ihm die Möglichkeit zu geben, sich vom Vertrag loszulösen,falls die Ware seine Vorstellungen nicht erfüllt. 3Daher sind die Informationspflichtenund das <strong>Widerrufsrecht</strong>s nicht alternativ vorgesehen,sondern stehen nebeneinander. 4II. Zweistufigkeit der WiderrufsinformationNach § 312c Abs. 1 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB hat der Unternehmerden Verbraucher vor Abgabe seiner Vertragserklärung übersein <strong>Widerrufsrecht</strong> in flüchtiger Form zu informieren und ihm diese1Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 312d Rn. 1.2Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten, S. 36.3Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 312d Rn. 6.4Hoeren/Oberscheidt, VuR 1999, 371, 379; vgl. auch Schirmbacher, Verbrauchervertriebsrecht,S. 149 ff.


D. Systematik 63Informationen nach § 312c Abs. 2 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB inTextform zu bestätigen. Dies ist die Zweistufigkeit des Informationssystems.Diese folgt bereits aus der FARL, die in Art. 4 eine flüchtige vorvertraglicheUnterrichtung des Verbrauchers und in Art. 5 eine textformgebundeneBelehrung vorsieht, ebenso § 312c BGB und Art. 11VRRL-E. Der Sinn der zeitlichen Staffelung, die sich sowohl auf denInhalt, als auch auf die Form bezieht, 1 besteht darin, die <strong>im</strong> Einzelnenerforderlichen Informationen in dem Zeitpunkt zu übermitteln, in demsie benötigt werden. Ansonsten besteht die Gefahr, einen Hinweis <strong>im</strong>entscheidenden Moment unter allen vorhandenen Informationen nichtzu finden oder noch nicht erhalten zu haben. Zugleich soll eine starkeAufsplitterung der Informationen, die der Umgang mit diesen erschwerenwürde, vermieden werden. 21. Flüchtige InformationenDurch die vorvertragliche Information soll es dem Verbraucher ermöglichtwerden eine informierte Entscheidung über den Vertragsschluss zutreffen. Dadurch, dass die Information formlos erfolgen kann, wird denBesonderheiten des Fernabsatzes Rechnung getragen, dass die eingesetztenFernkommunikationsmittel eine umfassende Belehrung, wie be<strong>im</strong>Abschluss eines schriftlichen Vertrages, nicht ermöglichen. 3Zu denInformationen, die der Verbraucher vor Abgabe seiner Vertragserklärungbraucht, gehört jedenfalls die Information zum Bestehen oderNichtbestehen eines <strong>Widerrufsrecht</strong>s. Ob er auch über die Einzelheitendes <strong>Widerrufsrecht</strong> noch vor Vertragsschluss belehrt werden muss, wiedurch § 312c Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV abweichendvon Art. 4 FARL vorgesehen ist, ist fraglich. Nach Art. 11 Abs. 4, Art.9 VRRL-E sollen keine vorvertraglichen Informationen über Einzelheitender Ausübung und Rechtsfolgen des <strong>Widerrufsrecht</strong> zur Verfügungzu stellen sein.2. Belehrung in TextformNach § 312c Abs. 2 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV und auch§ 355 BGB bedarf es einer Belehrung des Verbrauchers in Textform.Dadurch soll dieser dauerhaft über die wesentlichen Informationen zumInhalt und Ausübung seines <strong>Widerrufsrecht</strong>s verfügen und sich so seinerRechte „schwarz auf weiß“ vergewissern und sich bei Bedarf beraten1Schmidt-Räntsch, VuR 2000, 427, 429.2Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten, S. 26 f.3Schmidt-Räntsch, VuR 2000, 427, 429; Hoenike/Hülsdunk, MMR 2002, 516,318.


64 Teil 1 – Grundlagenlassen. 1 Nicht zuletzt aus Beweisgründen ist die dauerhafte Verfügbarkeitder Informationen essentiell. 2 Die Belehrung in Textform hat spätestensbei Vertragsschluss zu erfolgen, ansonsten verlängert sich dieWiderrufsfrist gem. § 355 Abs. 2 S. 2 BGB auf einen Monat. Eine Internetseiteerfüllt die Voraussetzungen der Textform nicht. 33. VermischungstendenzenZuweilen wird vertreten, eine Textformbelehrung sei bereits „vor Abgabeder Vertragserklärung“ erforderlich, damit die Zweiwochenfristgelte. Eine solche Ansicht findet <strong>im</strong> Gesetz keine Stütze; sie verkennt die<strong>im</strong> Fernabsatzrecht verankerte Systematik der Zweistufigkeit der flüchtigenWiderrufsinformation einerseits und der textformgebundenenBelehrung andererseits. Anders als bei Verträgen über Finanzdienstleistungengem. § 312c Abs. 2 Nr. 1 BGB sieht das Gesetz be<strong>im</strong> Versandhandelkeine Information in Textform vor Abgabe der Vertragserklärungvor, sondern lediglich nach § 312c Abs. 1 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1Nr. 10 BGB-InfoV eine nicht formgebundene Information über das<strong>Widerrufsrecht</strong>. Nach § 355 Abs. 2 BGB verlängert sich die Zweiwochenfristauf einen Monat nicht bereits <strong>im</strong> Falle der Textform-Mitteilung bei sondern nach Vertragsschluss. Vielmehr wäre eine Belehrungin Textform vor Abgabe der Vertragserklärung häufig sogar sinnlos,da eine Belehrung unwirksam ist, wenn es an einem hinreichendenBezug auf das konkrete Rechtsgeschäft fehlt 4 .Zu solchen Fehldeutungen trägt auch die verwirrende Systematik derRegelungen zum <strong>Widerrufsrecht</strong> bei. <strong>Das</strong> Gesetz knüpft bei Verbraucherverträgenin gerade beispielloser Kompliziertheit verschiedeneRechtsfolgen an die „Mitteilung“ best<strong>im</strong>mter Informationen durch denUnternehmer für den Verbraucher „in Textform“. Hierbei werden dieunterschiedlichsten Formulierungen zum maßgeblichen Zeitpunkt verwendet:„rechtzeitig vor“, 5 „spätestens bei“, 6 „nach“, 7 bezogen auf denVertragsschluss, 8 die „Abgabe von dessen Vertragserklärung“, 1 dieErfüllung 2 oder die Lieferung. 31Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 312c Rn. 10; Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong>und Belehrungspflichten, S. 27.2Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312c Rn. 19; Härting, Internetrecht,S. 120.3Teil 3 A II 2 d).4Vgl. BGH, NJW 2002, 3396, 3398; Palandt/Grüneberg, § 355 Rn. 19.5§ 312c Abs. 1 S. 1 BGB.6§§ 312d Abs. 2, 357 Abs. 3 S. 1 BGB.7§ 355 Abs. 2 S. 2 BGB.8§§ 355 Abs. 2 S. 2, 357 Abs. 3 S. 1 BGB.


D. Systematik 65III. Systematisches Verhältnis §§ 312c Abs. 2, 355 BGB§ 312d BGB regelt nicht den Inhalt und die Einzelheiten der Ausübungdes <strong>Widerrufsrecht</strong>s, sondern verweist auf § 355 BGB. Dieser sieht –zur Wahrung der zweiwöchigen Frist nicht nach Vertragsschluss – eineBelehrung in Textform vor und best<strong>im</strong>mt deren Inhalt. Um seinen vertraglichenInformationspflichten nachzukommen, muss der Unternehmerzugleich nach § 312c Abs. 2 Nr. 2 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 10BGB-InfoV den Verbraucher „spätestens bis zur Lieferung“ über Bestehenoder Nichtbestehen, Bedingungen, Einzelheiten der Ausübung undRechtsfolgen des <strong>Widerrufsrecht</strong>s belehren. Daher stellt sich die Fragenach dem systematischen Verhältnis beider Regelungen, und zwar indoppelter Hinsicht, zum einen <strong>im</strong> Hinblick auf den Inhalt und zumanderen <strong>im</strong> Hinblick auf den Zeitpunkt der Belehrung in Textform.1. Zeitpunkt der WiderrufsbelehrungDer Unternehmer muss dem Verbraucher gemäß § 312c Abs. 2 Nr. 2BGB i.V.m. § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BGB-InfoV die textformgebundenenInformationen zum <strong>Widerrufsrecht</strong> bei Warenlieferungen „alsbald… spätestens bis zur Lieferung an den Verbraucher“ in Textform mitteilen.Die nachvertraglichen Informationen kann der Unternehmer demVerbraucher also auch schon vorvertraglich erteilen, soweit hierdurchnicht die Appellfunktion verloren geht. 4§ 355 BGB hingegen nenntkeinen genauen Zeitpunkt für die Widerrufsbelehrung in Textform. DerUnternehmer kann grundsätzlich seine Belehrungspflicht jederzeit nachVertragsschluss erfüllen. Allerdings ist hinsichtlich der Widerrufsfristauch die Vorschrift des § 355 Abs. 2 S. 2 BGB zu beachten, wonachsich die Frist bei einer Belehrung über das <strong>Widerrufsrecht</strong> nach Vertragsschlussverlängert, so dass eine rechtzeitige Widerrufsbelehrungvom Unternehmer faktisch erzwungen wird, 5will er die Sanktion derFristverlängerung vermeiden.Vereinzelt wird angenommen, dass die Regelung des § 312c Abs. 2BGB als Spezialgesetz Vorrang vor dem allgemeinen § 355 Abs. 2 BGBhabe. 6 § 355 Abs. 2 BGB wolle jene Fälle regeln, bei denen eine Belehrungin Textform vor oder bei Vertragsschluss faktisch möglich sei.1§ 312c Abs. 1 S. 1 BGB: Erste Belehrung ohne Textformerfordernis; § 312cAbs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB betr. Finanzdienstleistungen mit Textformerfordernis.2Erfüllung der Informationspflichten: § 312d Abs. 2 BGB.3§ 355 Abs. 3 S. 2 BGB.4Siehe hierzu ausführlich Teil 3 A II 3 c) aa).5Aigner/Hofmann, Fernabsatzrecht <strong>im</strong> Internet, Rn. 162.6OLG Hamburg, MMR 2007, 660 m. Anm. Solmecke; LG Flensburg, MMR2006, 686, 687; LG Paderborn, MMR 2007, 191; Kaufmann, CR 2006, 764, 766.


66 Teil 1 – GrundlagenSoweit Sachverhalte bestünden, bei denen dies nicht möglich ist (z.B.bei eBay), greife als speziellere Norm § 312c Abs. 2 Nr. 2 BGB ein. <strong>Das</strong>Spezialitätsverhältnis ergebe sich bereits aus der Systematik des Gesetzes.Diese Ansicht wird jedoch überwiegend zu Recht abgelehnt. § 312cAbs. 2 i.V.m. § 1 BGB-InfoV und §§ 355 ff. BGB regeln völlig unterschiedlicheProblemkreise. 1Die Klärung dieser Frage ist insbesondere für Vertriebsformen wieeBay von Bedeutung, bei denen eine Textformbelehrung bei Vertragsschlussaus technischen Gründen nicht möglich ist. Um eine Gleichbehandlungmit den herkömmlichen Online-Shops zu gewährleisten, werdenin der Literatur unterschiedliche Lösungen vorgeschlagen. 2DieFrage würde sich allerdings mit dem Inkrafttreten des neuen BGB erledigen,da der Gesetzgeber der derzeit geltenden UngleichbehandlungRechnung trägt. So soll eine unverzüglich nach Vertragsschluss in Textformmitgeteilte Widerrufsbelehrung einer bei Vertragsschluss gleichstehen.32. Inhalt der WiderrufsbelehrungBe<strong>im</strong> Vergleich der inhaltlichen Anforderungen von § 312c Abs. 2i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV an die textformgebundene Widerrufsbelehrungfällt auf, dass gewisse Diskrepanzen bestehen. Insbesonderebedarf es nach § 355 Abs. 2 S. 1, Abs. 1 BGB keiner Belehrungüber die Rechtsfolgen des <strong>Widerrufsrecht</strong>s. Daher stellt sich die Frage,ob eine doppelte Widerrufsbelehrung erforderlich ist oder den beidenVorschriften durch eine Belehrung Genüge getan werden kann. DiePflichten aus §§ 312c Abs. 2, 355 BGB stehen zwar nebeneinander,können aber durch einen einheitlichen Akt erfüllt werden. 4 Dies hat zurFolge, dass unabhängig davon, ob § 355 Abs. 2 S. 1, Abs. 1 BGB eineBelehrung über die Rechtsfolgen oder andere Modalitäten des Widerrufsvorsieht, <strong>im</strong> Rahmen des einheitlichen Widerrufsbelehrung in Textform,die auch den Anforderungen des § 312c Abs. 2 i.V.m. § 1 Abs. 4S. 1 Nr. 1 BGB-InfoV genügen muss, stets darüber zu belehren ist. 51OLG Stuttgart, MMR 2008, 616, 617; OLG Köln, MMR 2007, 713. Vgl. Teil3 A III 1 c).2Dazu Teil 3 A III 1 e).3BGB-RegE, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 16/11643 v. 21.01.<strong>2009</strong>.4Teil 5 B I 1.5MünchKommBGB/Wendehorst, § 1 BGB-InfoV Rn. 152.


D. Systematik 67IV. Günstigkeitsprinzip, § 312b Abs. 5Nach § 312b Abs. 5 BGB bleiben weitergehende Vorschriften zumSchutz des Verbrauchers von den Vorschriften über Fernabsatzverträgeunberührt (sog. Günstigkeitsprinzip). Eine solche Regelung ist nach Art.14 FARL möglich und war schon in § 1 Abs. 4 FernAbsG enthalten.Diese Regelung wurde allerdings bei der Integration des FernAbsG indas BGB zunächst aufgehoben, da der Gesetzgeber der Meinung war,dass auch ohne diese Regelung sichergestellt ist, dass eine speziellere,aber für den Verbraucher ungünstigere Regelung des nationalen Rechtshinter allgemeinen Fernabsatzregelungen zurücktritt. Darüber hinauswurde die Regelung des § 312c Abs. 4 BGB als ausreichend angesehen.§ 312b Abs. 5 BGB wurde erst bei der Umsetzung der FARLFDL eingeführt,um das Verhältnis der fernabsatzrechtlichen Vorschriften zukollidierenden Best<strong>im</strong>mungen ausdrücklich festzulegen. 1Nach der Regelung des § 312b Abs. 5 BGB haben die Fernabsatzvorschriftenauch gegenüber spezielleren Vorschriften Vorrang, die demVerbraucher ein geringeres Schutzniveau bieten. Be<strong>im</strong> Vergleich derkonkurrierenden Vorschriften ist dabei stets auf die betroffenen Einzelvorschriftenabzustellen. 2Im Hinblick auf die Spezialvorschriften des§ 312c Abs. 4 BGB und des § 312d Abs. 5 BGB hat § 312b Abs. 5 BGBwenig praktische Relevanz, sondern eher eine klarstellende Funktion. 31MünchKommBGB/Wendehorst, § 312b Rn. 105; Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 312b Rn. 62.2Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 312b Rn. 62.3MünchKommBGB/Wendehorst, § 312b Rn. 106 f.


Teil 2 – AnwendungsbereichTeil 2 – AnwendungsbereichEin elektronisch über einen Online-Shop geschlossener Vertrag ist,sofern der Verkäufer Unternehmer und der Kunde Verbraucher ist,regelmäßig ein Fernabsatzvertrag gemäß § 312b BGB, da ausschließlichFernkommunikationsmittel eingesetzt werden, so dass der Anwendungsbereichdes <strong>Widerrufsrecht</strong>es <strong>im</strong> Fernabsatz eröffnet ist. <strong>Das</strong> giltauch für Verträge mit Anbietern, die auf einer durch einen <strong>Dr</strong>itten betriebenenVerkaufsplattform (z.B. Internet-Auktion, Shopping-Portal)ein gewerbliches Angebot einstellen, das von einem Verbraucher angenommenwird. Nachfolgend wird untersucht, wann persönlicher undsachlicher Anwendungsbereich <strong>im</strong> Einzelnen eröffnet sind, wann best<strong>im</strong>mteVerträge vom Fernabsatzrecht insgesamt oder vom <strong>Widerrufsrecht</strong>ausgenommen sind.A. Persönlicher AnwendungsbereichA. Persönlicher AnwendungsbereichDie Vorschriften über Fernabsatzverträge (§ 312b ff. BGB) und das<strong>Widerrufsrecht</strong> <strong>im</strong> Fernabsatz (§ 312d BGB) finden nur Anwendungauf Verträge, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucherabgeschlossen werden. Im Bereich des <strong>Onlinehandel</strong>s mussten die Gerichtesich bereits öfter mit der Frage befassen, ob auf Käufer- oderVerkäuferseite ein Verbraucher oder Unternehmer gehandelt hat. Sowollen einerseits Freiberufler oder Arbeitnehmer, die sich für privateZwecke gekaufte Waren an eine Firmenadresse schicken lassen, vom<strong>Widerrufsrecht</strong> profitieren. Andererseits wollen Mütter von vier Kindern,die über die Plattform eBay gebrauchte oder nicht mehr passendeKinderkleidung regelmäßig verkaufen, nicht von vermeintlichen Wettbewerbernabgemahnt werden, weil sie nicht die Vorschriften zum<strong>Widerrufsrecht</strong> und den Informationspflichten <strong>im</strong> Fernabsatz einhalten.11 <strong>Das</strong> LG Berlin, MMR 2007, 401 = NJW 2007, 2647 stufte die Mutter als Unternehmerinein, die wettbewerbsrechtlich auf Unterlassung und Schadensersatzverurteilt werden kann, wenn Sie nicht über das <strong>Widerrufsrecht</strong> belehrt.


70 Teil 2 – AnwendungsbereichI. Verbraucher, § 13 BGBArt. 2 Abs. 2 FARL definiert „Verbraucher“ als „jede natürliche Person,die … zu Zwecken handelt, die nicht ihrer gewerblichen oder beruflichenTätigkeit zugerechnet werden können.“ So heißt es mit einerkleinen Ergänzung auch in Art. 2 Abs. 1 VRRL-E. Hier ist von “jede[r]natürliche[n] Person, die … zu Zwecken handelt, die nicht ihrer gewerblichen,geschäftlichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werdenkönnen” die Rede. Nach dem mit der FARL eingeführten § 13BGB können Verbraucher nur natürliche Personen sein, die ein Rechtsgeschäftzu einem Zweck abschließen, der weder ihrer gewerblichennoch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werdenkann. Sollte sich das geplante Vollharmonisierungsprinzip des VRRL-Edurchsetzen, müsste die „selbständige berufliche“ Tätigkeit in die „berufliche“geändert werden.1. Natürliche PersonDer Verbraucherbegriff des § 13 BGB geht weiter als die europäischeVorgabe. Nach dem deutschen Verbraucherbegriff können <strong>im</strong> Gegensatzzum europäischen auch Arbeitnehmer Verbraucher sein, wenn siez.B. <strong>im</strong> Rahmen eines abhängigen Arbeitsverhältnisses Fortbildungsliteraturoder Berufskleidung kaufen. Dementsprechend hat das Bundesarbeitsgerichtentschieden, dass ein Arbeitnehmer als Verbraucher gilt. 1Hingegen kann nach Art. 2 Nr. 2 FARL eine Person, die zu Zweckenhandelt, die jedweder beruflichen Tätigkeit zugeordnet werden können,kein Verbraucher sein.Juristische Personen, also zum Beispiel eine GmbH oder AG, sind <strong>im</strong>deutschen Recht keine Verbraucher. Gleiches gilt für die den juristischenPersonen gleichgestellten rechtsfähigen Personengesellschaftenwie OHG, KG oder Partnerschaftsgesellschaft.a) Gemeinnützige Vereine und StiftungenStrittig ist aber, ob <strong>im</strong> deutschen Recht eine analoge Anwendung des§ 13 BGB auf gemeinnützige Vereine in Betracht kommt. So kaufen z.B.Sportvereine in Onlineshops Sportgeräte für die Vereinsaktivitäten.Fraglich ist, ob hier ein <strong>Widerrufsrecht</strong> besteht. Teilweise wird eineanaloge Anwendung bejaht. 2 Der deutsche Gesetzgeber habe die Problematikoffensichtlich übersehen und aus den Materialien ergebe sichkein Hinweis darauf, dass mit der Novellierung des HaustürWG eine1BAG, NJW 2005, 3305.2MünchKommBGB/Micklitz, § 13, Rn. 11 ff.; HK-VertriebsR/Micklitz, § 312b,Rn. 13.


A. Persönlicher Anwendungsbereich 71Verschlechterung der bisherigen Rechtslage intendiert war. Die überwiegendeMeinung orientiert sich am Wortlaut und lehnt eine Analogieab. 1 Dies ist auch deshalb überzeugend, weil unwahrscheinlich ist, dassder Gesetzgeber <strong>im</strong> Rahmen der Schuldrechtmodernisierung Vereineund Stiftungen gänzlich übersehen hat.Erstrebenswert wäre jedoch, wie z.B. in Österreich geschehen, eineKlarstellung durch den deutschen Gesetzgeber. 2In Österreich könnenIdealvereine jedenfalls dann als Verbraucher behandelt werden, wenn essich um Organisationen mit wenigen Mitgliedern ohne organisatorischenApparat handelt. 3 Auch in Belgien, 4 der Tschechischen Republik,Dänemark, Frankreich, Griechenland, Ungarn, Irland, Polen 5 und Spanien6 können juristische Personen Verbraucher sein.b) Gesellschaften bürgerlichen RechtsStrittig ist ebenfalls, ob auch Gesellschaften bürgerlichen RechtsVerbraucher i.S.v. § 13 BGB sein können, soweit sie durch die Teilnahmeam Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründen undinsoweit teilrechtsfähig sind. Überwiegend wird angenommen, dass eineTeilrechtsfähigkeit nicht zum Verlust der Verbrauchereigenschaftführt. 7 Rechtsfähige Personengesellschaften werden aber <strong>im</strong> Regelfall zugewerblichen oder selbständigen beruflichen Zwecken tätig werden unddeshalb nur in Ausnahmefällen Verbraucher sein. 8 Anderseits wird dieAuffassung vertreten, dass wer als Außen-GbR auftritt, sich nicht mehr1z.B. Bräutigam/Leupold/Klein, B III 3, Rn. 388 m.w.N.2MünchKommBGB/Micklitz, § 13, Rn. 14.3§ 1 KSchG „(1) Dieses Hauptstück gilt für Rechtsgeschäfte, an denen 1. einerseitsjemand, für den das Geschäft zum Betrieb seines Unternehmens gehört, (<strong>im</strong>folgenden kurz Unternehmer genannt) und 2. andererseits jemand, für den dies nichtzutrifft, (<strong>im</strong> folgenden kurz Verbraucher genannt) beteiligt sind. (2) Unternehmen <strong>im</strong>Sinn des Abs. 1 Z. 1 ist jede auf Dauer angelegte Organisation selbständiger wirtschaftlicherTätigkeit, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein. JuristischePersonen des öffentlichen Rechts gelten <strong>im</strong>mer als Unternehmer.“4Art. 1 Nr. 7 GHP: „Verbraucher: jede natürliche oder juristische Person, dievermarktete Waren oder Dienstleistungen ausschließlich zu nicht-beruflichen Zweckenerwirbt beziehungsweise verwendet.“5Zwar ist nach dem Wortlaut des Art. 22 Abs. 1 des ZGB (PL) der Verbraucherbegriffnur auf natürliche Personen beschränkt, es wird jedoch vertreten, dass auchjuristische Personen als Verbraucher auftreten können, sofern sie außerhalb ihresgewöhnlichen Geschäftsfeldes Verträge abschließen. Vgl. Andrzejewski, Die Umsetzungder Fernabsatzrichtlinie in Deutschland und Polen, S. 61 m.w.N.6Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium, S. 544.7BGHZ 149, 80, 83; Palandt/Heinrichs, § 13 Rn. 2; Erman/Saenger, § 13 Rn. 6;Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 13 Rn. 6; Bülow/Artz/Artz, S. 21, 26; Pützhoven,Verbraucherschutz, S. 37.8vgl. Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 13 Rn. 6.


72 Teil 2 – Anwendungsbereichauf die Verbrauchereigenschaft berufen kann. 1 Dies überzeugt nicht, dadie Teilrechtsfähigkeit nichts daran ändert, dass es sich nicht um juristischePersonen handelt und deshalb Verbraucher sein können. 22. Privater ZweckDie Abgrenzung zwischen privatem und unternehmerischem Handelnist aus ex ante – Sicht vorzunehmen und hat anhand objektiver Kriterienund nicht aufgrund der subjektiven Vorstellungen des Verbraucherszu erfolgen. 3 Der Rechtsanwalt, der über das Internet Papier fürseine Kanzlei bestellt, handelt zu einem selbstständigen beruflichenZweck. Wenn er sich dagegen einen Satelliten-Empfänger zur privatenNutzung an seine Büroadresse liefern lässt, handelt er als Privatperson. 4Der private oder selbstständig berufliche/gewerbliche Vertragszweckder anderen Vertragspartei muss zumindest aus dem Vertragszweckoder sonstigen Umständen erkennbar sein. 5Aufschluss geben könnenz.B. die Art der Nutzung des Kaufgegenstandes und die Rechnungsstellung.Wird ein Nutzfahrzeug gekauft und Rechnungsstellung auf eineFirma verlangt, handelt es sich nicht um einen privaten Zweck. 6 Wirddie Bestellung unter der E-Mail Adresse eines Unternehmens vorgenommen,als Lieferanschrift die Anschrift des Geschäftes angegebenund erfolgte die Zahlung vom Geschäftskonto, lässt dies den Schlusszu, dass die Ware für die betriebliche Tätigkeit best<strong>im</strong>mt war. Allein dieTatsache, dass als Besteller lediglich der Name des Kunden selbst, nichtjedoch der Name des Gewerbebetriebs aufgeführt war, führt zu keinemanderen Schluss. 7Insbesondere die Zahlung über ein Firmenkonto ist ein starkes Indizfür gewerbliches Handeln. Weniger aussagekräftig ist allerdings dieLieferung an eine Firmenadresse, 8denn dies kann auch deshalb gewünschtsein, weil an der Privatanschrift tagsüber niemand zu Hauseist, um Pakete entgegen zu nehmen. Anders liegt der Fall, wenn ein1MünchKommBGB/Micklitz, § 13 Rn. 18; Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher,§ 312b BGB Rn. 13; wohl auch Bräutigam/ Leupold/Klein, B III 3, Rn. 393;Fehrenbacher/Herr, BB 2002, 1006, 1009; anders noch: HK-VertriebsR/Micklitz,§ 312 b, Rn. 13.2BGHZ 149, 80, 84 = NJW 2002, 368; Pützhoven, Verbraucherschutz, S 37.3MünchKommBGB/Micklitz, § 13 Rn. 30; Lütcke, Fernabsatzrecht, § 312b Rn.13f.4AG Siegburg, NJW-RR 2005, 1583; Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher,§ 312b BGB Rn. 13.5MünchKommBGB/Lorenz, § 474 Rn. 23; Palandt/Heinrichs, § 13 Rn. 4.6LG Coburg, Urteil v. 24.1.2007, 12 O 611/06.7AG Münster, Urteil v. 6.2.2007, 6 C 4090/06; AG Münster, Urteil v. 29.8.2008,7 C 4311.8AG Hamburg-Wandsbek, MMR 2008, 844.


A. Persönlicher Anwendungsbereich 73Billardtisch per Spedition an eine Büroanschrift geliefert wird, denn hierwäre es sehr ungewöhnlich, wenn der Besteller diesen nach Hausetransportiert, um ihn dann doch privat zu nutzen. Auch die Art desProduktes kann gegen eine private Nutzung sprechen, so z.B. bei medizinischenGeräten oder Musikanlagen, die nicht in Wohnz<strong>im</strong>mern,sondern nur in Diskotheken eingesetzt werden können.a) „Dual Use“ ProdukteDer private Zweck des Geschäfts ist besonders unklar, wenn Selbständige(Architekten, Anwälte, Handwerker etc.) unter ihrem Namen undunter der Geschäftsadresse bestellen und es sich bei den Gegenständenum sog. „Dual Use“ Produkte handelt, bei denen sowohl eine beruflicheals auch private Nutzung denkbar ist. Bestellt etwa eine freiberuflicheDesignerin, die von ihrer Privatwohnung aus arbeitet, eine hochwertigeDesignerlampe, so lässt sich nicht eindeutig best<strong>im</strong>men, ob dieszu privaten oder selbständigen beruflichen Zwecken erfolgt, sonderndie Ware wird sowohl privat als auch gewerblich genutzt.Der EuGH hat in einer Entscheidung zum Verbrauchergerichtsstanddarauf abgestellt, ob der beruflich-gewerbliche Zweck derart nebensächlichist, dass er <strong>im</strong> Gesamtzusammenhang des betreffenden Geschäftsnur eine ganz untergeordnete Rolle spiele. Sobald der gewerblicheZweck keine ganz untergeordnete Rolle spielt, kann sich der Käufernicht auf die speziellen Zuständigkeitsvorschriften der Art. 13 bis 15EuGVÜ berufen. 1 Mit Blick auf die nicht identischen Zielrichtungen deseuropäischen Zivilprozessrechts und des materiellen Verbraucherrechtsist jedoch fraglich, ob sich dieser prozessuale Verbraucherbegriff uneingeschränktauf das materielle Fernabsatz- oder Verbrauchsgüterkaufrechtübertragen lässt. 2Im deutschen Schrifttum ist umstritten, wann in solchen Fällen dasVerbraucherschutzrecht Anwendung findet. Teilweise wird alsVerbraucherhandeln auch das Handeln einer Person in Ausübung ihresGewerbes verstanden, soweit atypische oder branchenfremde Nebengeschäfteabgeschlossen werden. 3Nach einer zweiten Meinung soll insolchen Fällen stets unternehmerisches Handeln anzunehmen sein. Derohnehin schon weite Verbraucherbegriff müsse am Schutzzweck gemessenund in Mischfällen eng ausgelegt und Fälle des dual use stets alsunternehmerisches Handeln qualifiziert werden. 4 Überwiegend wird fürdie Anwendbarkeit des materiellen Verbraucherbegriffs auf den1EuGH, NJW 2005, 653 = EuZW 2005, 241.2Ebers, VuR 2005, 361, 365.3MünchKommBGB/Micklitz, § 13 Rn. 61 ff.4Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 13 Rn. 12. So auch zum Verbraucherbegriffder FARL: DRB-Stellungnahme v. 15.11.2006, S. 2.


74 Teil 2 – AnwendungsbereichSchwerpunkt der Nutzung abgestellt. 1 Dies ist zutreffend. Lässt sich –wie <strong>im</strong> Fall der Designerin – jedoch kein Schwerpunkt ausmachen, ist<strong>im</strong> Zweifel nach dem Schutzzweck der FARL unternehmerisches Handelnanzunehmen.<strong>Das</strong> AG Münster 2 und das LG Hamburg 3 haben auf den Empfängerhorizontdes Unternehmers als Vertragspartner abgestellt. Über dieZuordnung zum privaten oder unternehmerischen Bereich entscheidenicht der innere Wille des Handelnden, sondern der durch Auslegungzu ermittelnde Inhalt des Rechtsgeschäfts, in die auch die Begleitumständeeinzubeziehen seien. Dabei sei eine Beurteilung ex ante, also beiVertragsschluss maßgeblich. 4 In der Praxis machen daher Checkboxen<strong>im</strong> Bestellablauf Sinn, mit deren Hilfe der Kunde angibt, ob er alsVerbraucher oder zu gewerblichen Zwecken bestellt. 5Keine für dieErwerber transparente und klare Beschränkung des Angebots liegt allerdingsvor, wenn der Hinweis „Wir verkaufen ausschließlich an Gewerbetreibende,ein <strong>Widerrufsrecht</strong> wird deshalb ausgeschlossen.“ ineiner AGB-Klausel unter „Garantie“ versteckt ist. 6b) ExistenzgründungUnternehmer- und nicht Verbraucherhandeln liegt schon dann vor, wenndas betreffende Geschäft <strong>im</strong> Zuge der Aufnahme einer gewerblichen oderselbständigen beruflichen Tätigkeit (sog. Existenzgründung) geschlossenwird 7. Da es auf den objektiven Zweck des Rechtsgeschäfts ankommt, istes unerheblich, ob der Verbraucher subjektiv bereits fest zu einer Existenzgründungentschlossen ist. Entscheidend ist vielmehr, dass die getroffeneMaßnahme noch nicht Bestandteil der Existenzgründung selbst gewesenist, sondern sich <strong>im</strong> Vorfeld einer solchen bewegte. 83. ZwischenergebnisDer deutsche Verbraucherbegriff geht weiter als der europäische, danach der deutschen Definition auch Arbeitnehmer Verbraucher seinkönnen. Sollte sich das geplante Vollharmonisierungsprinzip des1AG Hamburg-Wandsbek, MMR 2008, 844; OLG Celle, NJW-RR 2004, 1645;Palandt/Heinrichs, § 13 Rn. 4 m.w.N.; AnwKomm/Ring §§ 13, 14 Rn. 31; Erman/Saenger§ 13 Rn. 17; Pützhoven, Verbraucherschutz, S. 42; Roßnagel/Brönneke,§ 312b, Rn. 39.2AG Münster, Urteil v. 29.8.2008, 7 C 4311.3LG Hamburg, Urteil v. 16.12.2008, 309 S 96/08.4AG Münster, Urteil v. 29.8.2008, 7 C 4311.5Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2005, 3377.6OLG Hamm, MMR 2008, 469.7BGHZ 162, 253, 256 f.8BGH, NJW 2008, 435.


A. Persönlicher Anwendungsbereich 75VRRL-E durchsetzen, müsste die „selbständige berufliche“ Tätigkeit indie „berufliche“ geändert werden. Juristische Personen und rechtsfähigePersonengesellschaften sind nach deutschem Recht <strong>im</strong>mer Unternehmer,anders als in vielen anderen europäischen Ländern wie Frankreich,Spanien oder Polen. Gleiches gilt für Vereine, während bei der GbR dieTeilrechtsfähigkeit nicht zu Verlust der Verbrauchereigenschaft führt.Schwierig ist die Lage bei sog. „Dual Use“ Produkten, bei denen sichnicht eindeutig best<strong>im</strong>men lässt, ob sie zu beruflichen oder zu privatenZwecken genutzt werden. Der EuGH stellt hierbei darauf ab, ob derberuflich-gewerbliche Zweck derart nebensächlich ist, dass er <strong>im</strong> Gesamtzusammenhangdes betreffenden Geschäfts nur eine ganz untergeordneteRolle spielte. Zutreffend ist auf den Schwerpunkt der Nutzungabzustellen. Lässt sich jedoch kein Schwerpunkt ausmachen, ist <strong>im</strong>Zweifel nach dem Schutzzweck der FARL unternehmerisches Handelnanzunehmen.II. Unternehmer, § 14 BGBDer Unternehmerbegriff des § 14 BGB setzt zum einen voraus, dass essich um eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähigePersonengesellschaft handelt. Zum anderen muss der Abschluss desRechtsgeschäftes in Ausübung einer gewerblichen oder selbstständigenberuflichen Tätigkeit geschehen. Der VRRL-E spricht in Art. 2 Abs. 2nicht mehr von „Unternehmer“, sondern „Gewerbetreibender“ unddefiniert diesen als „jede natürliche oder juristische Person, die … zuZwecken handelt, die ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichenoder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können, sowie jedePerson, die <strong>im</strong> Namen oder <strong>im</strong> Auftrag eines Gewerbetreibenden handelt“.<strong>Das</strong> personelle Element der Definition ist ohne Bedeutung. Erfasstwerden u.a. Kleingewerbetreibende, Einzelhandelskaufleute, Angehörigeder freien Berufe, Künstler, Wissenschaftler, Bauunternehmer, Werbeagenturenoder Autovermieter. Da die Norm keine Legaldefinitionder gewerblichen Tätigkeit <strong>im</strong> Sinne dieser Vorschrift enthält, ist auf dieDefinition des Gewerbebegriffs in § 1 Abs. 2 HGB zurückzugreifen unddie Kriterien dem jeweiligen Kontext anzupassen. 1Gewerbliches Handeln ist jede planvolle, auf gewisse Dauer angelegteTätigkeit am Markt. Dies wiederum setzt einen gewissen organisatorischenMindestaufwand voraus 2 . Vor Inkrafttreten des neuen § 14 BGBsah der BGH häufig noch das Erfordernis einer Gewinnerzielungsab-1MünchKommBGB/Micklitz, § 14 Rn. 18; Schubert, JurPC Web-Dok. 194/2007.2Rohlfing, MMR 2006, 271.


76 Teil 2 – Anwendungsbereichsicht. 1 Auf eine solche wird es jedoch bei gemeinschaftskonformer Auslegungdes Begriffes nicht ankommen. 2 Dies bestätigt auch der BGH inseiner aktuellen Rechtsprechung: Be<strong>im</strong> Verbrauchsgüterkauf (§ 474BGB) setzt das Vorliegen eines Gewerbes und damit die Unternehmerstellungdes Verkäufers nicht voraus, dass dieser mit seiner Geschäftstätigkeitdie Absicht verfolgt, Gewinn zu erzielen. 3 Anknüpfungspunkt istdie Entgeltlichkeit des Geschäfts. Auch nebenberufliche Tätigkeitenfallen daher unter den Unternehmerbegriff. 41. eBay-AnbieterIm Zuge der Konsultation über die FARL sprechen sich Verbraucherschutzorganisationendafür aus, mit Blick auf Gepflogenheiten bei Online-Auktionenden Unternehmerbegriff auf „semi-professionals“ und„intermediaries“ auszuweiten. 5Dies umschreibt das Problem, dass dieGrenze zwischen Verbraucher und Unternehmer auf elektronischenMarktplätzen fließend ist. Schon angesichts seiner Größe ist dabei häufigauch der Marktplatz eBay Absatzweg der Onlinehändler und damitauch Gegenstand der Gerichtsentscheidungen gewesen. Eine Untersuchungvon „Online-Auktionen“ als spezifisches Modell ist müßig, weiles kein einheitliches Auktions-Geschäftsmodell <strong>im</strong> Internet gibt. 6 Daherwird nachfolgend eBay als bedeutsamstes Bespiel einer Auktionsplattformnäher beleuchtet.Die Einordnung eines auf Internetverkaufsplattformen wie eBay handelndenVerkäufers zur Gruppe der Unternehmer fällt häufig schwer.Einerseits versuchen kleinere Händler das <strong>Widerrufsrecht</strong> durch Darstellungdes Geschäfts als „Privatverkauf“ zu umgehen, was möglichist, weil Private und Gewerbliche gleichermaßen als Verkäufer auftretendürfen. Gewerbliches Handeln ist nicht deshalb abzulehnen, weil derVerkäufer weder ein Gewerbe angemeldet hat noch für die Umsatzsteu-1BGHZ 83, 382, 387; so auch: Bräutigam/Leupold/Klein, B III, Rn. 391.2Staudinger/Thüsing, § 312b Rn. 8; MünchKommBGB/Wendehorst, § 312b Rn.11; Palandt/Heinrichs, § 14 Rn. 2.3BGHZ 167, 40 = NJW 2006, 2250.4LG Berlin, NJW 2007, 264.5The Consumer Council of Norway, 12.10.2006, p. 1: “With regard to the term“supplier”, the CCN proposes to widen the term to also include certain professionalintermediaries. The Norwegian distance selling act applies to suppliers not acting in acommercial or professional capacity provided a professional intermediary is actingon behalf of the supplier (section 1, paragraph 2).”6So kommt der Vertrag zwischen Verkäufer und Käufer auf der Plattformhood.de gemäß § 4 der Nutzungsbedingungen (http://www.hood.de/nutzungsbedingungen.htm,Stand: 4.4.<strong>2009</strong>) ganz anders zustande als bei Nutzung der PlattformeBay.de, so dass z.B. bei hood.de ohne Weiteres die zweiwöchige Widerrufsfristgreift.


A. Persönlicher Anwendungsbereich 77erbesteuerung bei seinem zuständigen Finanzamt geführt wird. 1Aucheine falsche Selbsteinschätzung und Einstufung als Privatverkäuferschaden der Annahme der Gewerblichkeit nicht. Die Einordnung, obunternehmerisches Handeln vorliegt, ist anhand best<strong>im</strong>mter Indizien <strong>im</strong>Rahmen einer Gesamtwürdigung zu best<strong>im</strong>men. Rechtsprechung undLiteratur haben hierzu einige Kriterien herausgearbeitet.a) „Powerseller“Ein eindeutiges Indiz für ein gewerbliches Handeln be<strong>im</strong> Verkauf vonArtikeln über die Internetplattform eBay ist darin zu sehen, dass derAnbieter sich selbst als „Powerseller“ bezeichnet 2oder einen (eBay-)Shop betreibt. Richtigerweise dürfte ein Powerseller stets als Unternehmereinzustufen sein. Wer durch eine Registrierung zu erkennen gibt,dass er als professioneller Verkäufer bei eBay wahrgenommen werdenmöchte, der muss auch die sich daraus ergebenden Konsequenzen vorbehaltlosakzeptieren. Es wird solchen Verkäufern nur in Ausnahmefällengelingen, nachzuweisen, dass der Verkauf eines Artikels privaterNatur war. Durch die Registrierung als Powerseller erweckt ein Verkäuferbei eBay den Eindruck eines professionellen Engagements undmuss sich daher – selbst wenn er kein Unternehmer wäre – wie einUnternehmer behandeln lassen. Hierbei sind auch die Geschäftsbedingungenvon eBay auf die Teilnahme am Powerseller-Programm zu berücksichtigen,wonach die als Voraussetzung für eine Registrierungohnehin die Anmeldung als gewerblicher Verkäufer erforderlich ist. DieRegistrierung als Powerseller ist damit für private Verkäufer auch voneBay nicht vorgesehen. 3Die (freiwillige) Registrierung als „Powerseller“ ist jedoch umgekehrtkeine notwendige Voraussetzung für die Bewertung einer Internet-Verkaufstätigkeit als unternehmerisch, 4 ebenso wie die – dann gegen dieeBay-AGB verstoßende – Registrierung als Privatverkäufer die Anwendungdes Unternehmerbegriffs aus § 14 BGB nicht ausschließt. 5Seitjeher versuchen Unternehmer das <strong>Widerrufsrecht</strong> und weitere Verbraucherschutzbest<strong>im</strong>mungenauf Auktionsplattformen durch eine Widmungals „privat“ zu umgehen. 61Fischer, WRP 2008, 193; vgl. LG Mainz, NJW 2006, 783.2AG Radolfzell, NJW 2004, 3342; Roßnagel/Brönneke, § 312b, Rn. 43.3Meyer, K&R 2007, 572.4OLG Frankfurt a. M., MMR 2007, 378.5OLG Zweibrücken, MMR 2008, 135 = K&R 2007, 480; OLG Frankfurt a. M,NJW 2004, 3433 = GRUR 2004, 1043.6Vgl. AgV-Stellungnahme v. 15.3.2000, S. 2.


78 Teil 2 – Anwendungsbereichb) Anzahl der VerkäufeOb die Verkaufstätigkeit nachhaltig ist, ist nicht in Bezug auf die einzelneAuktion zu beurteilen, sondern auf die Planmäßigkeit und Dauerhaftigkeitder Auktionstätigkeit insgesamt. 1 Je häufiger ein Anbieter alsVerkäufer auftritt und je mehr er verkauft, desto eher ist er planmäßigund auf Dauer tätig und handelt umso eher gewerblich. Werden mehrereAuktionen gleichzeitig durchgeführt, erfordert dies einen nicht unerheblichenOrganisationsaufwand, welcher eher für eine gewerblicheTätigkeit spricht. 2Wo die zahlenmäßigen Grenzen zwischen privaterund gewerblicher Verkaufstätigkeit liegen, hat die Rechtsprechung ineiner Reihe von Urteilen zu best<strong>im</strong>men versucht, wobei sich eine schematischeBetrachtungsweise verbietet.<strong>Das</strong> LG Wien-Neustadt 3 entschied etwa zum österreichischen Rechteinzelfallbezogen, dass wer bei eBay als Verkäufer binnen zwei Monaten7 Motorräder (inkl. Mini-Motorräder) und 12 Mal Motorradzubehör(Helme und Stiefel) verkauft und innerhalb einer Frist von ca. 4Monaten mindestens 16 Motorräder und 4 Mal Motorradzubehörkauft, pr<strong>im</strong>a facie als Unternehmer gelte. In der deutschen Rechtsprechungwird angenommen, dass mindestens 27 Verkäufe innerhalb einesMonats, mindestens 168 Verkäufe innerhalb eines Jahres, 484 innerhalbeines Jahres 4 , oder auch 242 Verkäufe binnen 2 Jahren 5auf eineVerkaufstätigkeit <strong>im</strong> geschäftlichen Verkehr hindeuten. 6Wegen deshohen Handelsaufkommens dürfte in diesen Fällen zu vermuten sein,dass eine unternehmerische Tätigkeit vorliegt, da mit einer derartigenMenge an Transaktionen ein erheblicher zeitlicher, organisatorischerund finanzieller Aufwand verbunden ist. 7Auch die Versteigerung von40 neuen Büchern innerhalb sechs Wochen rechtfertige allein die Annahmeeines „geschäftsmäßigen Handels“. 8 <strong>Das</strong> OLG Zweibrücken 9hat die Durchführung von 42 Auktionen in drei Wochen als ein Indizfür eine unternehmerische Tätigkeit des Anbieters bewertet. <strong>Das</strong> LGBerlin sah das Angebot von 100 Artikeln innerhalb eines Monats alsIndiz für ein gewerbliches Handeln des Verkäufers. 10<strong>Das</strong> LG Mainz1Kaestner/Tews, WRP 2004, 391, 392.2Kaestner/Tews, WRP 2004, 391, 392.3LG Wien-Neustadt, Beschluss v. 31.10.2006, 17 R 274/06z.4OLG Frankfurt a. M., MMR 2007, 378.5OLG Hamburg, WRP 2008, 522.6OLG Frankfurt a. M., NJW 2004, 3433 = GRUR 2004, 1043.7Meyer, K&R 2007, 572.8OLG Frankfurt a. M., NJW 2004, 2098.9OLG Zweibrücken, MMR 2008, 135.10LG Berlin, NJW 2007, 2647.


A. Persönlicher Anwendungsbereich 79wertet eine Anzahl von 252 Verkäufen <strong>im</strong> Zeitraum von zwei Jahrenund sieben Monaten als Indiz für ein planmäßiges Handeln. 1Die Tatsache, dass eine natürliche Person eine Vielzahl von Geschäftenüber Internetauktionen tätigt, rechtfertigt aber noch nicht die Annahmeeiner gewerblichen Tätigkeit, solange die planmäßige Ausrichtungdes Tätigwerdens nicht dargetan ist, 2 z.B. bei der Veräußerung vonrein privaten Artikeln, die aus einem Nachlass stammen oder <strong>im</strong>Rahmen einer privaten Haushaltsauflösung 3bzw. bei der Auflösungumfangreicher privater Sammlungen. 4 Nach Ansicht des LG Hof 5 ist dieVielzahl der Rechtsgeschäfte nicht das alleinige Indiz für eine Unternehmereigenschaftdes Anbieters, da grundsätzlich die Möglichkeitbestehe, dass es sich nur um private Gelegenheitsgeschäfte handele. Zuberücksichtigen sei oftmals auch das junge Alter der Verkäufer, da es inKreisen junger Menschen weit verbreitet sei, Rechtsgeschäfte über dasInternet zu tätigen.Auch das AG Gemünden a. M. verneinte eine unternehmerische Tätigkeitbei einem Verkäufer mit 150 Bewertungen, da auch bei Privatpersonenumfangreiche Verkaufsgeschäfte denkbar seien. 6Ebenso hatOLG Frankfurt a. M. ein Handeln <strong>im</strong> geschäftlichen Verkehr bei 68Verkäufen <strong>im</strong> Zeitraum von April 2003 bis Dezember 2003 abgelehnt. 7Dauer und Umfang dieser Verkaufstätigkeit bewegen sich in einemGrenzbereich, in dem je nach den weiteren Begleitumständen sowohl(noch) eine private als auch (schon) eine geschäftliche Betätigung denkbarseien. Wenn aber die Zahl der angebotenen Waren derart groß ist(z.B. eine Stempelsammlung, die über 100.000 postgeschichtliche Belegeumfasst und 6 Aktenschränke füllt), dass sie ohne Neukäufe desAntragsgegners ohne weiteres die Grundlage für ein planmäßiges, aufeine gewisse Dauer angelegtes Anbieten entgeltlicher Leistungen darstellt,ist auf eine unternehmerische Tätigkeit zu schließen. 8Eine einheitliche Abgrenzung zwischen Unternehmern und privatenVerkäufern auf der Grundlage der Anzahl der Transaktionen wirdwegen der unterschiedlichen Sachverhalte nicht möglich sein. 9 Voreiligwäre daher auch der Umkehrschluss, dass schon eine geringe Zahl vonVerkäufen in einem kurzen Zeitraum grundsätzlich gegen ein gewerbli-1LG Mainz, NJW 2006, 783 = BB 2005, 2264 = MMR 2006, 51 = CR 2006,131.2 LG Hof, JurPC Web-Dok. 41/2004.3OLG Frankfurt a. M., MMR 2007, 378.4OLG Hamburg, WRP 2008, 522 (Ls.) = MD 2008, 1059.5LG Hof, JurPC Web-Dok. 41/2004.6AG Gemünden a.M., JurPC Web-Dok. 95/2006.7OLG Frankfurt a. M., MMR 2005, 4588OLG Frankfurt a. M., MMR 2007, 378; LG Berlin, NJW 2007, 2647.9Meyer, K&R 2007, 572.


80 Teil 2 – Anwendungsbereichches Handeln spricht. So kann z.B. der Verkauf von drei neuwertigenKraftfahrzeugen über einen Zeitraum von zwei Monaten durchaus alsgewerbliche Tätigkeit angesehen werden. Hier rücken andere Indizien,wie etwa die Gewinnspanne oder die Umsatzhöhe be<strong>im</strong> Verkauf wenigerhochwertiger Produkte, in den Vordergrund. Die Abgrenzung zulediglich privaten Gelegenheitsverkäufen ist in diesen Fällen besondersschwierig, so dass regelmäßig weitere Indizien hinzutreten müssen, umeine gewerbliche Tätigkeit des Verkäufers zu begründen. 1Die Zahl der aktuell oder in der Vergangenheit eingestellten Angeboteist auch nur bedingt aussagekräftig, da bei nicht erfolgreichen Angebotendiese möglicherweise später nochmals eingestellt werden unddaher die Zahl der tatsächlich verkauften Artikel deutlich geringer seinkann als die der angebotenen Artikel. Außerdem werden die bereitsausgelaufenen Angebote nicht dauerhaft archiviert, so dass sich Käuferoder Wettbewerber nur einen Überblick über die letzten Angebote desVerkäufers verschaffen können. 2c) Anzahl der BewertungenEin Indiz für die Unternehmereigenschaft kann auch darin zu sehensein, dass der Betreffende bei eBay bereits eine Vielzahl von Bewertungenerhalten hat. <strong>Das</strong> AG Wernigerode 3hat die Unternehmereigenschaftbei 1.378 Bewertungen, das LG Kleve 4 bei insgesamt 600 Bewertungenund 81 Verkäufen innerhalb sieben Monate, das LG Berlin 5 bei39 Transaktionen (einschließlich Käufen) innerhalb fünf Monate alsgegeben angenommen. Es ist zu beachten, dass die Anzahl der erhaltenenBewertungen nicht der Zahl der tatsächlich erfolgten Verkäufeentsprechen muss. Anderseits ist es unzulässig, automatisch davon auszugehen,dass mehr Artikel verkauft werden, als sich dies aus der Zahlder Bewertungen ergibt. Ein mögliches „Dunkelfeld“ kann weder allgemein,noch bezogen auf einen konkreten Verkäufer abgeschätzt oderüberprüft werden. 6 So hat das LG Hanau 7 25 Bewertungen <strong>im</strong> Zeitraumvom 2.1.2006 bis 20.3.2006 als ausreichend für die Unternehmereigenschaftangesehen.Ein Anstieg der Bewertungen von 205 auf 476 innerhalb neun Monaten,sowie die Tatsache, dass der Händler auch einen eigenen eBay-Shop betreibt, lassen mit hinreichender Sicherheit den Schluss auf eine1Fischer, WRP 2008, 193.2Meyer, K&R 2007, 572;3AG Wernigerode, MMR 2007, 402.4LG Kleve, 01.09.2004, 2 O 290/04, zitiert nach juris.5LG Berlin, CR 2002, 371.6Meyer, K&R 2007, 572.7LG Hanau, MMR 2007, 339.


A. Persönlicher Anwendungsbereich 81planmäßige und auf Dauer angelegte geschäftliche Tätigkeit zu. 1 Auch154 Bewertungen innerhalb von zwei Jahren und 3 Monaten und einUmsatz von 3.000 Euro in den letzten drei Monaten, sollen die Unternehmereigenschaftbegründen. 2 Demgegenüber hat das LG Coburg 3diese bei einem Anbieter mit über 1.700 Mitgliederbewertungen mit derBegründung verneint, dass er nicht die Kriterien eines „Powersellers“erfülle.d) Art der verkauften WarenFür unternehmerisches Handels kann auch ein Verkauf gleichartigerWare sprechen. Werden eine Vielzahl von Kleidungsstücken eines Herstellersin verschiedenen Größen als Neuware angeboten, so kann diesnicht mit einem „Aufräumen des Kleiderschrankes“ erklärt werden. 4Gleiches gilt für den Verkauf von Waren, bei denen in der Regel einefachkundige Beratung erforderlich ist. 5Ein hoher Anteil veräußerterNeuware ist <strong>im</strong> Privatbereich ungewöhnlich und spricht daher für eineunternehmerische Tätigkeit. 6 Allerdings stellt auch <strong>im</strong> privaten Bereichdie Veräußerung von neuen Waren keine Seltenheit dar (z.B. ein neues,aber nicht benötigtes Handy, das man für die Vertragsverlängerungerhält und dann weiterverkauft oder bei Geschenken, die dem Beschenktennicht gefallen, und selbst erworbenen Gegenständen, derenAnschaffung später bereut wird). 7Wesentliches Kriterium für die Gewerblichkeit kann auch sein, dassein Anbieter die angebotenen Gegenstände zum Zwecke des Verkaufszunächst selbst erwirbt. Jedenfalls spricht dies dann für ein gewerblichesHandeln, wenn es mit einer gewissen Regelmäßigkeit geschieht. 8Da auf objektive Kriterien abzustellen ist, kommt es nicht darauf an,mit welchem Ziel die Ware gekauft wurde. Wer tatsächlich regelmäßigWaren erwirbt und diese anschließend selbst zum Verkauf anbietet,wird die Vermutung der Gewerblichkeit <strong>im</strong> Regelfall nicht entkräftenkönnen. Selbst die Erklärung, die Artikel habe es <strong>im</strong> Set oder in größererMenge günstiger gegeben, dient regelmäßig nicht der Entlastung desVerkäufers. Eine derartige Einlassung deutet vielmehr daraufhin, dassvon Beginn an beabsichtigt war, die erworbenen Produkte wieder zu1OLG Frankfurt a. M., NJW 2004, 3433 = GRUR 2004, 1043.2AG Bad Kissingen, NJW 2005, 2463.3LG Coburg, CR 2007, 191 = JurPC Web-Dok. 35/2007 = K&R 2007, 106 =MMR 2007, 399.4LG Hannover, WRP 2005, 1194 (Ls.); ähnlich LG Leipzig, WRP 2006, 617.5Kaestner/Tews, WRP 2004, 391, 393.6LG Berlin, NJW 2007, 2647; LG Frankfurt, Urteil v. 08.10.2007, 2/03 O192/07.7Szczesny/Holthusen, NJW 2007, 2586.8LG Hanau, MMR 2007, 339; LG Berlin, NJW 2007, 2647.


82 Teil 2 – Anwendungsbereichverkaufen, so dass von einem planvollen Verhalten ausgegangen werdenmuss. 1 Jede auf Dauer angelegte Verkaufstätigkeit, bei der zahlreichegleichartige Waren in kurzen Abständen an- und verkauft werden,ist unternehmerisch. 2Aussagekräftig kann auch die Art der angebotenen Ware selbst sein.Es gibt best<strong>im</strong>mte Produkte, für die praktisch kein privater Markt existiertund die nur von Unternehmern angeboten werden. Beispiel dafürsind oft hochpreisige Artikel, die zumindest in größerer Stückzahl seltenvon Privatpersonen zum Kauf offeriert werden. 3So deutet das gleichzeitigeAnbieten von mehr als einem Kfz 4 oder von mehreren gleichartigenNavigationssystemen 5 auf eine unternehmerische Tätigkeit. Wennaber die Ware typischerweise für den Eigengebrauch erworben wird, istdas ein Indiz für ein privates Handeln, auch wenn eine größere Stückzahlangeboten wird. 6Werden Waren versteigert, die normalerweiseeiner intensiven Beratung bedürfen (technische Geräte, Gesundheitsprodukteetc.) oder Dienstleistungen, die in der Regel von Gewerbetreibendenerbracht werden, so sind dies Indizien für eine gewerblicheAuktionstätigkeit. 7e) Marketing und Verwendung von AGBAnhaltspunkte für die Unternehmereigenschaft können weiterhin dieVerwendung von Werbung, die einen professionellen Eindruck macht, 8oder das Betreiben eines eBay-Shops sein. 9 Der Verweis auf einen Internetauftrittmit weiteren Auktionen und eine umfassende Seite mit einerDarstellung des Versenders und seiner Angebote (sog. "mich"-Seite)können ebenso wie die Verwendung eines Firmennamens als MitgliedsnameIndizien für gewerbliches Handeln sein. 10 Die Verwendung einerWiderrufsbelehrung ist ein starkes Indiz für unternehmerisches Handeln,da in diesem Fall der Verkäufer von sich aus den unternehmerischenPflichten genügen will. 111Meyer, K&R 2007, 572; vgl. LG Berlin, NJW 2007, 2647.2LG Leipzig, WRP 2006, 617.3Meyer, K&R 2007, 572.4LG Mainz, NJW 2006, 783 = BB 2005, 2264 = MMR 2006, 51 = CR 2006, 131m. Anm. Mankowski.5AG Radolfzell, NJW 2004, 3342.6Meyer, K&R 2007, 572;7Fischer, WRP 2008, 193.8Kaestner/Tews, WRP 2004, 391, 392.9OLG Hamburg, WRP 2008, 522 (Ls.); OLG Zweibrücken, MMR 2008, 135 =K&R 2007, 480.10Kaestner/Tews, WRP 2004, 391, 392; Fischer, WRP 2008, 193.11Schubert, JurPC Web-Dok. 194/2007.


A. Persönlicher Anwendungsbereich 83Nach Auffassung des AG Detmold soll ein regelmäßiges Anbietenvon Waren über eBay unter Verwendung von AGB keine unternehmerischeTätigkeit begründen. 1Dem ist entgegen zu halten, dass wer sichdie Mühe macht, für eine Vielzahl von Geschäften Bedingungen zuformulieren, davon ausgeht, dass auch eine Vielzahl von Geschäftenabgewickelt werden wird. Im Verhältnis zu den übrigen Anhaltspunktenist die Verwendung von AGB aber als ein schwaches Indiz für eineunternehmerische Tätigkeit zu werten. 2 <strong>Das</strong> LG Mainz hat dies andersbewertet, wenn in den AGB Klauseln enthalten sind, die typischerweisenur von Unternehmen genutzt werden. 3f) UmsatzAuch schon unterhalb der Powerseller-Kriterien (monatliches Handelsvolumenvon 3.000 Euro) wird vorgeschlagen, einen Indizienbeweiszuzulassen. Als Grenze könnte hier ein Verkaufsumsatz von mindestens1.500 Euro monatlich in den letzten drei Monaten dienen. Auch hierkann der Verkäufer dann <strong>im</strong> Einzelfall darlegen, warum er derart hoheUmsätze erzielt hat, ohne Unternehmer zu sein. Dieser Zeitraum istzwar nicht unbedingt repräsentativ. Auf einen längeren Zeitraum abzustellen,würde dem Verbraucher aber wenig helfen; er könnte nichtselbst feststellen, ob es sich bei seinem Gegenüber um einen Unternehmerhandelt, da die Artikel nur so lange für den Bieter einsehbar sind. 4Es ist allerdings für einen Mitbewerber schwierig, den Umsatz einesKonkurrenten nachzuweisen. 5g) Zahlungsart „PayPal“Ein Indiz für die Unternehmereigenschaft könnte in dem Angebot derZahlungsart PayPal gesehen werden. 6Diese Ansicht übersieht jedoch,dass insbesondere bei weltweitem Versand über eBay oftmals keinesichere und kostengünstige Alternative an Zahlungsmitteln zur Verfügungsteht. 7Außerdem bietet PayPal ihre Leistungen ausdrücklich sowohlgewerblichen als auch privaten Kunden an. 81AG Detmold, CR 2004, 859; dagegen: Schmittmann, K&R 2005, 337, 338.2Meyer, K&R 2007, 572; vgl. OLG Frankfurt a. M., GRUR 2004, 1042.3LG Mainz, NJW 2006, 783 = BB 2005, 2264 = MMR 2006, 51 = CR 2006, 131m. Anm. Mankowski.4Szczesny/Holthusen, NJW 2007, 2586.5Kaestner/Tews, WRP 2004, 391, 392.6Szczesny/Holthusen, NJW 2007, 2587, 2588.7Schubert, JurPC Web-Dok. 194/2007.8https://www.paypal.com/de (Stand: 5.4.<strong>2009</strong>).


84 Teil 2 – Anwendungsbereichh) Angebotsformat „Sofort Kaufen“Auch die Verwendung der "Sofort Kaufen"-Option durch den Verkäuferspricht vordergründig eher für einen Unternehmer als dagegen. Zutreffenddürfte hier allerdings eher auf das Angebot mehrerer gleichartigerArtikel abzustellen sein, die alternativ über mehrere Auktionenangeboten werden könnten. <strong>Das</strong> Angebot eines einzelnen Artikels miteiner "Sofort-Kaufen"-Option hat keine Indizwirkung. 1i) Gesamtwürdigung der UmständeEine zu schematische Anwendung der oben genannten Indizien verbietetsich. 2 Die Anhaltspunkte für die unternehmerische Tätigkeit sind inihrer Gesamtheit zu würdigen. Bei einer Erfüllung einzelner Kriterien inbesonders hohem Maße können die übrigen außer Betracht bleiben. 3Wer einen eigenen eBay Shop mit einer beträchtlichen Anzahl von eingestelltenArtikeln unterhält und darüber kontinuierlich über einenlängeren Zeitraum hinweg und mit einem nicht nur geringfügigen Verkaufserfolgam Marktgeschehen teiln<strong>im</strong>mt, wobei er mit einer Vielzahlvon Angeboten für eine unüberschaubare Menge potentieller Interessentenständig <strong>im</strong> Internet präsent ist, ist als Unternehmer zu qualifizieren.42. OnlineshopsNach zutreffender Ansicht verdeutlicht schon die Bezeichnung „Shop“,dass der Betreiber unternehmerisch Produkte anbieten will. Ein Onlineshopstellt nichts anderes dar als ein virtuelles Ladengeschäft. Auchderjenige, der in einer Innenstadt ein Geschäft betreibt, kann sich nichtdarauf berufen, er sei kein Unternehmer. An seinem Erscheinungsbildmuss sich nach § 242 BGB auch der virtuelle Händler festhalten lassen,selbst wenn er nach objektiver Rechtslage kein Unternehmer sein sollte.5 Für die unternehmerische Tätigkeit spricht auch, dass sich die Einrichtungund Gestaltung eines Shops nur bei einer langfristigen Tätigkeitlohnt. 6Da der Umsatz und das Handelsvolumen bei Onlineshops außerhalbder Plattform eBay jedoch nicht ohne weiteres sichtbar sind und auchnicht zwangsläufig Kundenbewertungen abgegeben werden, ist es auchmöglich, dass eine Unternehmereigenschaft durch Einrichten eines On-1Schubert, JurPC Web-Dok. 194/2007.2Kaestner/Tews, WRP 2004, 391, 393; Fischer, WRP 2008, 193.3Kaestner/Tews, WRP 2004, 391, 393.4OLG Frankfurt a. M, K&R 2007, 585.5Szczesny/Holthusen, NJW 2007, 2586.6Meyer, K&R 2007, 572.


A. Persönlicher Anwendungsbereich 85lineshops vorgespiegelt wird, um wettbewerbsrechtliche Abmahnungenaussprechen zu können. Daher besteht <strong>im</strong> Fall der Einrichtung einesauch Verbrauchern leicht zugänglichen Online-Shops keine Vermutungzugunsten des Inhabers, dass er auch Gewerbetreibender und damithinsichtlich eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchesprozessführungsbefugt ist. 13. ZwischenergebnisBesonders auf elektronischen Marktplätzen wie eBay sind die Grenzenzwischen Verbrauchern und Unternehmern fließend. Einerseits versuchenkleine Händler durch die Darstellung als Privatperson das <strong>Widerrufsrecht</strong>zu umgehen, andererseits werden Mütter von vier Kindern,die deren gebrauchte Kleidung verkaufen, als Unternehmer eingestuft.Diese Grenzen zwischen privater und unternehmerischer Verkaufstätigkeithat die Rechtsprechung in einer Reihe vor Entscheidungen zubest<strong>im</strong>men versucht. Ein eindeutiges Indiz für gewerbliches Handeln ist,dass der Anbieter sich selbst als „Powerseller“ bezeichnet oder einen(eBay-) Shop betreibt. Umgekehrt ist die Registrierung als „Powerseller“jedoch keine notwendige Voraussetzung für die Bewertung einerInternet-Verkaufstätigkeit als unternehmerisch.Auch sind die Anzahl der Verkäufe, Anzahl der Bewertungen sowieauch die Gewinnspanne und die Umsatzhöhe (was vor allem bei teurenGütern wie etwa Autos, von denen dann jedoch nur einige wenige <strong>im</strong>Monat verkauft werden, wichtig ist) wichtige Indizien. Aber auch dieArt der verkauften Waren kann Aufschluss über die Unternehmereigenschaftgeben: So wird der Verkauf gleichartiger Neuware in der Regeldafür sprechen. Des Weiteren wird der Professionalität von Marketingund Werbung sowie der Verwendung einer Widerrufsbelehrung odervon AGB (eher schwaches Indiz) eine Indizwirkung beigemessen. Obauch die Verwendung der Zahlungsart PayPal auf einen Unternehmerhindeutet, ist strittig und wird überwiegend verneint, da PayPal seineLeistungen sowohl gewerblichen als auch privaten Kunden anbietet.Die Anhaltspunkte für die unternehmerische Tätigkeit sind in ihrerGesamtheit zu würdigen.Da bei Onlineshops der Umsatz und das Handelsvolumen nicht ohneweiteres sichtbar sind, kann von einem Onlineshop nicht ohne weiteresauf einen Unternehmer geschlossen werden. Daher besteht keine Vermutungzugunsten des Inhabers, dass er auch Gewerbetreibender unddamit hinsichtlich eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchesprozessführungsbefugt ist.1OLG Jena, MMR 2005, 184 = WRP 2005, 244.


86 Teil 2 – Anwendungsbereich1. Nachweis des privaten ZwecksIII. BeweislastNach allgemeinen Grundsätzen trägt <strong>im</strong> Streitfall derjenige die Darlegungs-und Beweislast, der sich auf den Tatbestand einer ihm günstigenRechtsnorm beruft. Deshalb muss grundsätzlich der Verbraucher darlegenund beweisen, dass die Verbraucherschutzvorschriften in seinemFall eingreifen. 1Häufig werden verschiedene Bestellplattformen fürPrivatanwender, Unternehmen, Öffentliche Auftraggeber etc. zur Verfügunggestellt. In einer einfacheren Variante werden auf der Bestellseiteeiner einheitlichen Oberfläche Checkboxen verwendet, mittels dererder Kunde erklären kann, er bestelle zu gewerblichen Zwecken.Die Angabe einer gewerblich genutzten Lieferadresse schadet aberdann nicht der Zuordnung einer Bestellung zu privaten Zwecken, wenndie Voraussetzungen für die Nutzung des Kaufgegenstandes <strong>im</strong> Gewerbebetriebnicht vorliegen und die mögliche Angabe eines Feldes „Gewerbetreibender“nicht erfolgte. 2Der BGH 3 entschied allerdings, dasssich der Verbraucher nicht auf die Verbrauchereigenschaft berufenkönne, wenn er be<strong>im</strong> Abschluss des Kaufvertrags einen gewerblichenVerwendungszweck der Kaufsache vortäuscht.2. Nachweis der UnternehmereigenschaftDie Beweislast für die Unternehmereigenschaft liegt zwar ebenfalls nachden allgemeinen Regeln be<strong>im</strong> Verbraucher, weil dieser sich auf die fürihn günstige Tatsache beruft. 4<strong>Das</strong> LG Mainz sieht bei einer hohenAnzahl von Verkäufen (mindestens 252 <strong>im</strong> Zeitraum von 2 Jahren und7 Monaten) und der Selbstbezeichnung als Powerseller jedoch einenBeweis ersten Anscheins für die Unternehmereigenschaft. 5a) Beweislastumkehr<strong>Das</strong> Urteil wurde vom OLG Koblenz <strong>im</strong> Ergebnis bestätigt, das sogarvon einer Beweislastumkehr ausgeht: Wer <strong>im</strong> Internet-AuktionshauseBay als „Powerseller“ auftritt, müsse <strong>im</strong> Streit, ob ein Fernabsatzvertraggeschlossen wurde, beweisen, dass er kein Unternehmer i. S. v.1BGH, NJW 2007, 2619. MünchKommBGB/Wendehorst, § 312b Rn. 20;Schmittmann, K&R 2004, 361, 362.2AG Siegburg, NJW-RR 2005, 1583.3BGH NJW 2005, 1045 = BB 2005, 626.4Härting, Internetrecht, Rn. 412.5LG Mainz, NJW 2006, 783 = BB 2005, 2264 = MMR 2006, 51 = CR 2006, 131mit zust<strong>im</strong>m. Anm. Mankowski.


A. Persönlicher Anwendungsbereich 87§ 14 BGB ist. Die Besonderheiten derartiger Geschäfte rechtfertigteneine Beweislastumkehr zu Gunsten des Verbrauchers. 1Dieser Ansichthaben sich weitere Gerichte angeschlossen. 2 Dies scheint angesichts derklaren gesetzlichen Beweislastverteilung jedoch zu weitgehend.b) Beweis ersten AnscheinsEin Anscheinsbeweis in Konstellationen wie die vom LG Mainz beurteilteist hingegen sachgerecht. Powerselling setzt einen Mindestumsatzvoraus, den Privatpersonen kaum erzielen werden, so dass ein typischerGeschehensablauf vorliegt. Da der Verbraucher kaum Einblick in dieInterna seines Vertragspartners hat, könnte anderenfalls der Verbraucherschutzleer laufen. 3 Anders als bei Einrichtung eines eigenen Online-Shops ist anhand einer einzelnen eBay-Artikelbeschreibung und einerBestätigungs-E-Mail von eBay nicht schon durch die äußere Geschäftseinrichtungund die Gestaltung der betrieblichen Abläufe einfachfeststellbar, dass der Verkäufer Unternehmer ist. Der Powerseller-Statusbedeutet hingegen per definitionem eine Nachhaltigkeit und Dauerhaftigkeitder Betätigung, was stark gegen einen gelegentlichen Privatverkaufspricht.Gleichwohl muss jedoch dem Verkäufer die Möglichkeit eingeräumtwerden, darzulegen, dass er ausnahmsweise trotz des Umfangs seinerAktivitäten nicht gewerblich tätig ist. In dieser Konstellation dürfte esangemessen sein, von einem Beweis des ersten Anscheins für eine unternehmerischeTätigkeit auszugehen und vom Verkäufer zu verlangen,den Anscheinsbeweis zu erschüttern. 4Der Verkäufer kann diesen Anscheinsbeweiserschüttern, er muss jedoch keinen Vollbeweis des Gegenteilsführen. Denkbar wäre hier beispielsweise eine Erbschaft oderdie Auflösung einer Sammlung die zu einer einmaligen Häufung vonVerkäufen führt.c) IndizienbeweisEine andere Ansicht stellt auf das Vorliegen eines Indizienbeweises ab.Anhand des Indizes der Häufigkeit von Auktionen könne auf das Vorliegendes Tatbestandsmerkmals „gewerbliches Handeln“ nach § 14BGB geschlossen werden. Der Indizienbeweis sei dem Anscheinsbeweis1OLG Koblenz, VuR 2006, 22 = MMR 2006, 236 m. Anm. Mankowski. EineBeweiserleichterung durch Übertragung des Rechtsgedankens aus § 344 HGB befürwortetRoßnagel/Brönneke, § 312b, Rn. 39.2OLG Frankfurt a .M., NJW 2005, 1438; OLG Karlsruhe, WRP 2006, 1038;OLG Zweibrücken, MMR 2008, 135 = K&R 2007, 480 = WRP 2007, 1005 = CR2007, 681 (Ls.).3Mankowski, MMR 2006, 236, 237.4Meyer, K&R 2007, 572.


88 Teil 2 – Anwendungsbereichvorzuziehen und am besten geeignet, dem Verbraucher den Nachweisder Unternehmereigenschaft zu erleichtern. Der Verkäufer kann diesenIndizienbeweis jedoch durch substanziiertes Bestreiten erschüttern. Indiesen Fällen fehlt es an der für eine Unternehmertätigkeit erforderlichenNachhaltigkeit. Liegen die Zahlen unter den üblichen Grenzen, sokann sich in Zusammenschau mit anderen Indizien die Unternehmereigenschaftebenfalls ergeben. 1d) Keine BeweiserleichterungenEine letzte Meinung lehnt jegliche Beweiserleichterung für denVerbraucher ab. Der Verbraucher werde regelmäßig in der Lage sein,best<strong>im</strong>mte Angaben über seinen Vertragspartner einzuholen, die sichaus dem Internet bzw. dem eBay-Angebot selbst ergeben. Hier könne erablesen, ob sein Vertragspartner bereits als Powerseller registriert istoder wie viele Bewertungen dieser erhalten hat. All diese Tatsachenlassen sich in den Prozess einführen, ohne dass damit Beweiserleichterungenoder Indizwirkungen verbunden sein müssen. Wenn die andereProzesspartei nun bestreiten sollte, Unternehmer zu sein, wird diessicherlich nur durch substanziierten Sachvortrag möglich sein, undzwar dergestalt, dass der (vermeintliche) Unternehmer seiner ihm dannobliegenden sekundären Behauptungslast genügt. Nach den Maßstäbenvon Treu und Glauben würde einfaches Bestreiten nicht ausreichen,stattdessen müsse die Partei <strong>im</strong> Einzelnen darlegen, die von ihr bestritteneBehauptung sei unrichtig. 23. ZwischenergebnisNach allgemeinen Grundsätzen muss der Verbraucher darlegen undbeweisen, dass die Verbraucherschutzvorschriften in seinem Fall eingreifen,einschließlich der Tatsache, dass sein Vertragspartner Unternehmerist. Bei einer hohen Anzahl von Verkäufen und der Selbstbezeichnungals Powerseller ist eine Beweiserleichterung zu Gunsten desVerbrauchers sinnvoll. Ein Anscheinsbeweis ist in solchen Konstellationensachgerecht. Powerselling setzt einen Mindestumsatz voraus, denPrivatpersonen kaum erzielen werden, so dass ein typischer Geschehensablaufvorliegt. Da der Verbraucher kaum Einblick in die Internaseines Vertragspartners hat, könnte anderenfalls der Verbraucherschutzleer laufen. Gleichwohl muss dem Verkäufer die Möglichkeit eingeräumtwerden, darzulegen, dass er ausnahmsweise trotz des Umfangsseiner Aktivitäten nicht gewerblich tätig ist.1Szczesny/Holthusen, NJW 2007, 2586; so auch Fischer, WRP 2008, 193.2Rohlfing, MMR 2006, 271.


B. Sachlicher Anwendungsbereich 89B. Sachlicher AnwendungsbereichB. Sachlicher AnwendungsbereichI. Vertrag über Waren oder DienstleistungenGegenstand eines Fernabsatzvertrages muss die Lieferung von Warenoder die Erbringung von Dienstleistungen sein.1. VertragZunächst muss überhaupt ein Vertrag geschlossen werden. Allein dieKostenfreiheit eines Angebotes ist kein ausreichendes Indiz dafür, dassein Vertrag nicht zustande kommt. Für die Anwendbarkeit des Fernabsatzrechteskommt es auf das Vorhandensein eines Rechtsbindungswillensder Parteien an. 1 Übersendet der Händler einen kostenlosen Katalog,wird hiermit ein Vertrag noch nicht zustande kommen; gleichwohlgilt schon für die Anbahnungsphase das Fernabsatzrecht (Informationspflichten).2Übersendet der Händler eine kostenlose Ware, hat derVerbraucher gleichwohl ein Interesse daran, die Identität des Unternehmersund die Eigenschaften der Ware zu kennen, etwa um <strong>im</strong> Fallemangelbedingter Schäden gegen den Unternehmer vorzugehen, so dassRechtsbindungswille anzunehmen und auch nach dem Schutzzweck desGesetzes Fernabsatzrecht anwendbar ist.2. WarenWaren sind alle beweglichen Güter, die Gegenstand eines Handelsgeschäftssein können, auch nicht verkörperte Gegenstände wie Strom,Gas, Wasser oder Fernwärme, 3Nach einhelliger Meinung ist auchSoftware auf einem Datenträger eine Ware. 4 Umstritten ist hingegen dieEinordnung von Software, Musik, Videos, eBooks oder sonstigen Dateien,die <strong>im</strong> Wege des Downloads erworben werden. Überwiegendwird auch der Download zutreffend als Warenlieferung eingestuft, weiles keinen Unterschied macht, ob Dateien durch einen körperlichenDatenträger oder über das Internet übertragen werden. 5Die Differen-1Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312b, Rn. 27.2BGH, Bechluss v. 18.3.<strong>2009</strong> – VIII ZR 149/08; Palandt/Grüneberg, § 312b Rn.10; Buchmann/Hirschmann, N&R Beilage 1/<strong>2009</strong>, 1, 3 f.; a.A. MünchKommBGB/Wendehorst, § 312b Rn. 32.3So auch Roßnagel/Brönneke, § 312b, Rn. 39.4Härting, Fernabsatzgesetz, § 1 Rn. 53; Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch,§ 312b Rn. 8.5Hk-VertriebsR/Micklitz, § 312b Rn. 28; MünchKommBGB/Wendehorst, § 312bRn. 31; Staudinger/Thüsing, § 312b Rn. 16; Ende/Klein, Grundzüge des Vertriebs-


90 Teil 2 – Anwendungsbereichzierung zwischen Waren und Dienstleistungen ist praktisch bedeutsam,weil das Erlöschen bzw. Nichtbestehen des <strong>Widerrufsrecht</strong>es nach§ 312d Abs. 3 und 4 BGB von der Einordnung abhängt. <strong>Das</strong> Bundesjustizministeriumordnet nun anders als früher Downloads <strong>im</strong> Gestaltungshinweis9 der Muster-Widerrufsbelehrung nicht mehr als Dienstleistungein. 13. DienstleistungenDienstleistungen, die in dieser Arbeit nicht näher untersucht werden,sind nach der Begründung zum Regierungsentwurf des FernAbsG„Dienst-, Werk-, Geschäftsbesorgungsverträge aller Art … wenn sie inder besonderen Form des Fernabsatzes vermarktet werden“. 2DerDienstleistungsbegriff ist gemeinschaftskonform weit auszulegen mitdem Ergebnis, dass nicht etwa nur Verträge nach § 611 BGB oder nurDienst-, Werk- und Geschäftsbesorgungsverträge, sondern sämtlichenur denkbaren Services (z.B. Miet-, Makler-, Partnerschaftsvermittlungs-,Bürgschafts-, (Rechts-) Beratungs-, Mobilfunk-, Hosting-, Provider-,Datenbank-, Content-Nutzungs-, Lotterie-Vermittlungs-Verträgeetc.) Dienstleistungen sind. Der Begriff hat ebenso wie der Dienstleistungsbegriffaus Art. 50 EGV eine Auffangfunktion. Dienstleistungensind daher alle Arten von geldwerten Leistungen, die nicht in der Lieferungeiner Ware bestehen. 3 Ein Anwalt, der via E-Mail kontrahiert, istebenso zur Einhaltung der Informationspflichten und Beachtung des<strong>Widerrufsrecht</strong>es verpflichtet 4 wie der Anbieter von E-Mail-Accounts.Nicht erforderlich ist, dass auch die Erbringung einer Dienstleistung<strong>im</strong> Fernabsatz erfolgt, da Art. 2 Abs. 1 FARL auf den Zeitpunkt desVertragsschlusses und nicht auf den Zeitpunkt der Leistungserbringungrechts <strong>im</strong> Internet, S. 133; Härting, Fernabsatzgesetz, § 1 Rn. 53f; Lorenz, JuS 2000,833, 840. Dazu ausführlich Teil 2 D V 3.1Gestaltungshinweise zu Anlage 1 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV bzw. Art. 246§ 2 Abs. 3 Satz 1 EGBGB-RegE: Fassung seit 1.4.2008: (9) Bei einem <strong>Widerrufsrecht</strong>gemäß § 312d Abs. 1 BGB ist hier folgender Hinweis aufzunehmen: „Bei einerDienstleistung erlischt Ihr <strong>Widerrufsrecht</strong> vorzeitig, wenn Ihr Vertragspartner mitder Ausführung der Dienstleistung mit Ihrer ausdrücklichen Zust<strong>im</strong>mung vor Endeder Widerrufsfrist begonnen hat oder Sie diese selbst veranlasst haben.“ Demgegenüberdie Fassung bis 31.3.2008: (8) Bei einem <strong>Widerrufsrecht</strong> gemäß § 312d Abs. 1BGB ist hier folgender Hinweis aufzunehmen: „Ihr <strong>Widerrufsrecht</strong> erlischt vorzeitig,wenn Ihr Vertragspartner mit der Ausführung der Dienstleistung mit Ihrer ausdrücklichenZust<strong>im</strong>mung vor Ende der Widerrufsfrist begonnen hat oder Sie diese selbstveranlasst haben (z. B. durch Download etc.).“2BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/2658, S. 30.3Staudinger/Thüsing, § 312b Rn. 18; Palandt/Grüneberg, § 312b Rn. 10c.4Ausführlich zur Anwaltsdienstleistung: Bürger, NJW 2002, 465.


B. Sachlicher Anwendungsbereich 91abstellt. 1 Es soll der Verbraucher geschützt werden, der vor Abschlussdes Vertrages keine Möglichkeit hat, sich ein Bild von dem Unternehmerzu machen oder die Dienstleistung nicht <strong>im</strong> Einzelnen zur Kenntnisnehmen kann. 2Dem Dienstleister steht es frei, den Verbraucher nichtbereits über eine Internetbestellung zu binden, sondern den Vertrag miteiner Internet-Werbung lediglich anzubahnen, aber vor Ort schließen.Auch kann er mit der Leistungserbringung bis zu Ablauf der Widerrufsfristwarten oder das Einverständnis des Verbrauchers mit vorherigemBeginn der Dienstleistung einholen, so dass das <strong>Widerrufsrecht</strong> erlischt. 3II. Ausschließliche Verwendung von FernkommunikationsmittelnVoraussetzung für die Anwendung des Fernabsatzrechts ist nach§ 312b Abs. 1 BGB, dass der Vertrag unter ausschließlicher Verwendungvon Fernkommunikationsmitteln geschlossen wird.1. FernkommunikationsmittelBe<strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong> werden regelmäßig ausschließlich oder in KombinationTelemediendienste, Telefonanrufe, Faxe, Briefe oder Paketsendungeneingesetzt. Alle Verträge, die ausschließlich über das Internet angebahntund abgeschlossen werden, werden ohne weiteres von § 312bBGB erfasst. Internet-Angebote mit unmittelbarer Bestellmöglichkeit(z.B. Online-Shops, eBay-Auktionen) waren als Teledienste i.S.v. § 2Abs. 2 Nr. 5 TDG zu qualifizieren. 4 <strong>Das</strong> Regelbeispiel sollte nach demWillen des Gesetzgebers das „breite Spektrum wirtschaftlicher Betätigungmittels der neuen Dienste“ erfassen, z.B. elektronische BestellundBuchungskataloge, Beratungsdienste etc. 5TDG und MStV wurden zum 1.3.2007 durch TMG und RStV ersetzt.Telemedien sind nun in § 1 Abs. 1 S. 1 TMG legal definiert als „alleelektronischen Informations- und Kommunikationsdienste, soweit sienicht Telekommunikationsdienste nach § 3 Nr. 24 TKG, die ganz in derÜbertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen,telekommunikationsgestützte Dienste nach § 3 Nr. 25 TKG oder Rundfunknach § 2 RStV sind“. Der Gesetzgeber hat zwar die Begriffe „Teledienst“und „Mediendienst“ in § 312b Abs. 2 BGB nicht durch „Tele-1Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 312b Rn. 11; Pützhoven, Verbraucherschutz,S. 48; Bürger, NJW 2002, 465, 466.2a.A. AG Wiesloch, JZ 2002, 671.3Änderung mit BesVert-RegE (BGBl. I <strong>2009</strong>, S. 2413).4So auch Hoeren/Sieber/Holznagel/Kibele, Teil 5 Rn. 68, die Homepages sonst alsMediendienste einordneten.5TDG-RegE, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 13/7385, S. 19.


92 Teil 2 – Anwendungsbereichmediendienste“ ersetzt, Telemediendienste sind aber selbstverständlichebenfalls Fernkommunikationsmittel i.S.v. § 312b Abs. 2 BGB.Telemediendienste sind auch die <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong> vorkommenden Informationenüber Waren- und Dienstleistungsangebote ohne automatischeBestellfunktion. Erfolgt der Vertragsschluss durch eine Kombinationverschiedener Fernkommunikationsmittel, z.B. Katalogversand undE-Mail-Bestellung, Werbung auf einer Website und Bestellung per Telefon,Ausdruck und Versand eines online ausgefüllten Faxformulars mitVertragsannahme durch Paketversand etc., liegt zweifellos ein Vertragsschluss<strong>im</strong> Fernabsatz vor.2. Ausschließliche VerwendungFernabsatzverträge müssen unter ausschließlicher Verwendung vonFernkommunikationsmitteln abgeschlossen werden. Nach dem Wortlautdes § 312b Abs. 1 BGB könnte auch ein Fernabsatzvertrag vorliegen,wenn vor dem Vertragsschluss Verhandlungen unter persönlicherAnwesenheit der Parteien stattgefunden haben. In solchen Fällen ist derVerbraucher jedoch nicht schutzfähig, weil er sich ein Bild vom Unternehmermachen konnte. Nach einhelliger Meinung sind daher die Regelnüber Fernabsatzgeschäfte grundsätzlich nicht anwendbar, wenn <strong>im</strong>Verlauf des Kontinuums von der Anbahnung des Vertrages bis zumVertragsschluss selbst ein direkter Kontakt zwischen den vor Ortgleichzeitig körperlich anwesenden Vertragsparteien stattgefunden hat. 1Von diesem Grundsatz muss aber in Einzelfällen abgewichen werden,um dem Schutzzweck des Fernabsatzrechts gerecht zu werden.a) Kontakt bei der Vertragsanbahnung auf Initiative des VerbrauchersDie Verneinung der Anwendung von Fernabsatzrecht ist sachgemäß,wenn sich ein Verbraucher umfassend über das Produkt (z.B. ein Notebook)<strong>im</strong> Ladenlokal des Unternehmers informiert und die Ware anschließendüber dessen Online-Shop bestellt, etwa um Kosten zu sparen,weil das gleiche Produkt <strong>im</strong> Internet zuweilen günstiger verkauftwird als <strong>im</strong> Ladenlokal. Wenn der Verbraucher die Ware vor Abgabeseiner Vertragserklärung in Augenschein nehmen konnte, ist es unangemessenund entspricht nicht dem Sinn und Zweck des Fernabsatzrechts,dem Unternehmer die Informationspflichten des § 312c BGBaufzubürden und dem Verbraucher ein <strong>Widerrufsrecht</strong> gemäß § 312dan die Hand zu geben. 2 Dabei spielt es keine Rolle, ob der Verbraucher1Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312b, Rn. 44; MünchKommBGB/Wendehorst, § 312 b, Rn. 46; Marx, WRP 2000, 1227, 1229; Reich, EuZW 1997,581, 583.2Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312b, Rn. 44.


B. Sachlicher Anwendungsbereich 93den Unternehmer oder einen Vertreter persönlich kennen gelernt hatoder ob Vertragsverhandlungen stattgefunden haben. Der Verbraucherkann sich durch Besichtigung des Ladenlokals und der Ware einenebenso guten, wenn nicht besseren Eindruck von den potenziellen Risikender Transaktion verschaffen.b) Kontakt bei der Vertragsanbahnung auf Initiative des UnternehmersAllerdings sind auch Vertriebsformen denkbar, bei denen das Schutzbedürfnisdes Verbrauchers nicht entfällt, weil es an der Qualität despersönlichen Kontakts <strong>im</strong> Vorfeld mangelt. Genannt wird der Fall eineskurzen Vertreterbesuchs vor dem Distanzgeschäft, bei dem derVerbraucher keine Möglichkeit hat, die Ware zu prüfen. 1Nach derInterpretation, dass während des gesamten Kontinuums kein persönlicherKontakt stattfinden darf, wäre bereits der geringste, auf den Abschlusseines Vertrages gerichtete Kontakt unter physischer Anwesenheitbeider Vertragsparteien zum Ausschluss der Anwendbarkeit derFernabsatzvorschriften führen, obwohl das Informations- und Schutzbedürfnisdes Kunden nicht zwingend entfallen ist. 2Daher wird dafürplädiert, den Begriff der „Ausschließlichkeit“ in solchen Fällen teleologischzu reduzieren. 3Abgesehen davon, dass solche Fälle eher <strong>im</strong> Bereich der Haustürsituationenund nicht <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong> vorkommen dürften, kann jedochnicht mit hinreichender Sicherheit eine Grenze benannt werden, beideren Überschreitung das Fernabsatzrecht keine Anwendung mehrfindet. 4 Solche Konstellationen können vielmehr über § 312f S. 2 BGBgelöst werden, wonach ein Umgehungstatbestand vorliegt, wenn derUnternehmer nur deshalb Kontakt aufn<strong>im</strong>mt, um die fernabsatzrechtlichenInformationspflichten und das <strong>Widerrufsrecht</strong> zu umgehen. Daherführt – abgesehen von Umgehungsfällen – jede Form des persönlichenKontakts <strong>im</strong> Zeitraum der Vertragsanbahnung dazu, dass ein <strong>Widerrufsrecht</strong><strong>im</strong> Fernabsatz nicht besteht. 5c) Einsatz von Vertretern und Boten des Unternehmers bei VertragsschlussHat die Vertragsanbahnung ausschließlich über die Distanz und ohnejeglichen persönlichen Kontakt stattgefunden, kann es vorkommen,1Ring, Fernabsatzgesetz, § 1 Rn. 25; Bülow/Artz, NJW 2000, 2049, 2054.2Bülow/Artz, NJW 2000, 2049, 2054; krit. auch Micklitz/Reich, BB 1999, 2094.3Hk-VertriebsR/Micklitz, § 312b Rn. 46; Lütcke, Fernabsatzrecht, § 312b Rn.62.4Staudinger/Thüsing, § 312b Rn. 40.5Staudinger/Thüsing, § 312b Rn. 40; Gößmann, MMR 1998, 88, 89; Grigoleit,NJW 2002, 1151, 1152; Fuchs, ZIP 2000, 1273, 1275.


94 Teil 2 – Anwendungsbereichdass bei Vertragsschluss Personen wie Vertreter oder Boten eingesetztwerden. Zwar kann bei einer Kontaktaufnahme und persönlicher Verkaufsberatungdurch einen Boten oder Stellvertreter, also schon <strong>im</strong>Rahmen der Vertragsanbahnung, nicht von einem Vertragschluss ohnegleichzeitige Anwesenheit der Parteien ausgegangen werden. 1An derausschließlichen Verwendung von Fernkommunikationsmitteln fehlt esauch bei Einschaltung eines Stellvertreters bzw. vertretungsberechtigtenBoten, der den bis dahin offenen Vertrag rechtsgültig schließt. 2Fraglich ist jedoch, ob dies auch gilt, wenn die Person auf Seiten desUnternehmers nur dazu eingesetzt wird, die Ware zu übergeben, Unterschrifteneinzuholen o.ä., ohne dass noch die Möglichkeit bestünde,über Konditionen zu verhandeln oder den Vertragsschluss abzulehnen.Denkbar wäre z.B., dass der Unternehmer den Zusteller <strong>im</strong> Rahmen derVersandarten Nachnahme, Eigenhändig, Identitäts- und Altersprüfungoder Abliefernachweis 3 beauftragt, „Papiere“ unterschreiben zu lassen,die dem Verbraucher unter Zeitdruck zusammen mit der Ware vorgelegtwerden. Entpuppen sich diese Dokumente als Vertragsangebotsamt Widerrufsbelehrung des Unternehmers, vertreten durch den Zusteller,und n<strong>im</strong>mt der Verbraucher dieses Angebot vis-à-vis des Postbotenan, könnte nach dem Wortlaut des § 312b Abs. 1 BGB die Anwendungvon Fernabsatzrecht ausgeschlossen sein, weil in derKontrahierungsphase ein persönlicher Kontakt der Parteien vorliegt.Der Verbraucher hat hier allerdings weder Gelegenheit, die Ware zuvoroder <strong>im</strong> Moment der Begegnung mit dem Boten in Augenschein zunehmen noch den Unternehmer kennenzulernen, denn der Zusteller istnichts weiter als ein Überbringer von Waren und Papieren, jedoch keinRepräsentant des Händlers, der weder in der Lage noch damit beauftragtist, dem Verbraucher in einem persönlichen Gespräch nähereAuskünfte über die angebotene Ware oder Dienstleistung zu geben. DerSchutzzweck des Fernabsatzrechts entfällt also nicht.aa) Der Fall mobilcom AG und die Lösung des BGHDie Rechsprechung hatte einen Fall zu entscheiden, in dem die mobilcomAG einen Mobilfunkvertrag unter Umgehung von Informationspflichtenund <strong>Widerrufsrecht</strong> zustande kommen lassen wollte. <strong>Das</strong>Unternehmen beauftragte die Deutsche Post AG mit der Einholung derUnterschrift des Verbrauchers unter das vom Kunden über die Distanz1vgl. Lütcke, Fernabsatzrecht, § 312b Rn. 67; Härting, Fernabsatzgesetz, § 1 Rn.38.2Kaestner/Tews, WRP 2005, 1335.3Diese Zustellarten bietet z.B, DHL. DPD bietet z.B. Nachnahme, Austausch oderID-Check. Optionale Leistungen von GLS sind u.a. Pick&Return-Service,Pick&Ship-Service, Cash-Service und Exchange-Service.


B. Sachlicher Anwendungsbereich 95angeforderte Mobilfunk-Vertragsformular <strong>im</strong> Wege des – damals aktuellen– „Postident 2-Verfahrens“. Nach Ansicht des OLG Schleswigkommt der Vertrag bei dieser Vorgehensweise schon dadurch zustande,dass der Anbieter die Ware nach der Internet-Bestellung des Kundenaussondert und auf den Weg zum Empfänger bringt. 1Laut BGH 2 liegt hingegen der Einsatz von Fernkommunikationsmittelnvor, so dass der Verbraucher durch ein <strong>Widerrufsrecht</strong> geschütztist. Der Schutzzweck der §§ 312b bis 312d BGB gebiete es, es als Einsatzvon Fernkommunikationsmitteln zu bewerten, wenn bei Vertragsschlussoder -anbahnung ein Bote beauftragt wird, der zwar demVerbraucher in unmittelbarem persönlichen Kontakt gegenübertritt,jedoch über den Vertragsinhalt und insbesondere über die Beschaffenheitder Vertragsleistung des Unternehmers keine näheren Auskünftegeben kann und soll. Die Fernabsatzvorschriften sollten zwei für Distanzgeschäftetypische Defizite ausgleichen, nämlich dass der Verbrauchervor Abschluss des Vertrags die Ware oder die Dienstleistung nichtprüfen und er sich an keine natürliche Person wenden kann, um weitereInformationen zu erlangen. 3Diese Defizite vermöge eine Person, deren Rolle sich auf die Botenfunktionin dem fallgegenständlichen engen Sinn beschränkt, trotz ihrerkörperlichen Anwesenheit nicht zu beheben. Der Verbraucher sei indiesen Fällen ebenso schutzwürdig wie bei einem Vertragsschluss durchden Austausch von Briefen, bei dem er dem Post- oder Kurierbotennicht notwendig persönlich gegenübersteht. In diesen Fällen sehe dasGesetz ausdrücklich die Anwendbarkeit der Schutzvorschriften desFernabsatzrechts vor. 4Der BGH hat sich somit zu einer wertenden Ausfüllung des Begriffsdes „Fernkommunikationsmittels“ i.S.d. § 312c Abs. 1 S. 1, Abs. 2BGB bekannt. 5 Eine Qualifizierung des Postboten als ein Fernkommunikationsmitteli.S.d. Art. 2 Nr. 4 und Anhang I der Fernabsatzrichtlinieist allerdings nicht unproblematisch. In Anhang I findet sich einebeispielhafte Aufzählung von Fernkommunikationsmitteln, die eingemeinsames Merkmal haben: dem Verbraucher steht zu keinem Zeitpunkteine natürliche Person, die auf der Seite des Unternehmens han-1OLG Schleswig, NJW 2004, 231; a. A. die Vorinstanz LG Flensburg, 16. 11.2001 – 4 O 128/01.2BGH NJW 2004, 3699 = MMR 2005, 44 = CR 2005, 126 = BB 2004, 2599 mitzust<strong>im</strong>mender Anm. Fischer; zust<strong>im</strong>mend ferner Roßnagel/Brönneke, § 312b, Rn. 55.3BGH NJW 2004, 3699, 3700; BGHZ 154, 239, 242f. = NJW 2003, 1665;Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 312b Rn. 24.4BGH NJW 2004, 3699, 3700 unter Verweis auf die Begründung FernAbsG-RegE v. 9. 2. 2000, BT-<strong>Dr</strong> 14/2658, S. 31 [zu § 1 II].5MünchKommBGB/Wendehorst, § 312b Rn. 50.


96 Teil 2 – Anwendungsbereichdelt, körperlich gegenüber. 1Es wird also nicht auf Qualität und Umfangder übermittelten Informationen oder Kompetenz und Befugnissedes Kommunikationspartners abgestellt. Hier dürften sich in der Praxisauch keine trennscharfen Linien ziehen lassen. Die Einschaltung vonBoten passt nicht zum spezifischen Schutzzweck des Fernabsatzrechtsbzw. der Fernabsatzrichtlinie. 2Es stellt sich also die Frage, wie der Schutz des Verbrauchers durchdie fernabsatzrechtlichen Mechanismen gleichwohl aufrecht erhaltenwerden kann, wenn der persönliche Kontakt nach der Internetbestellungdes Kunden nur eingesetzt wird, um den Anwendungsbereich desFernabsatzrechts zu umgehen. Hier werden verschiedene Wege vorgeschlagen.bb) Auffangfunktion des HaustürwiderrufsrechtsDie Überbringung von Ware, die nicht ausgepackt und begutachtetwerden kann, und Dokumenten, die ohne weitere Fragen unterschriebenwerden müssen, weil der Postbote keine Auskunft geben kann undzur Eile drängt, erinnert an die für das Haustürgeschäft typische Überrumpelungssituation,auch wenn sich der Kunde zuvor in einem Prospektoder Online-Shop über die Ware und das Unternehmen informierenkonnte.Selbst wenn es also gelänge, einen Vertragsschluss erst an der Haustürzustande zu bringen, mit der Folge, dass weder Fernabsatzrechtnoch Haustürwiderrufsrecht Anwendung finden, muss die Konstellationvom Verbraucherschutzrecht erfasst sein. 3 Der Einsatz eines vertretungsberechtigtenBoten führt nicht zum Wegfall des Widerrufs- oderRückgaberechts, wenn der Bote die Ware in die Privatwohnung oder anden Arbeitsplatz des Verbrauchers liefert. Hier entsteht wegen des resultierendenHaustürgeschäfts ein Widerrufs- oder Rückgaberecht desVerbrauchers aus § 312 Abs. 1 BGB, es sei denn, der Warenwert übersteigt40 Euro nicht, § 312 Abs. 3 Nr. 2 BGB. 4 § 312 sollte grundsätzlicheine Auffangfunktion für derartige Fälle zukommen, in denen dieFernabsatzregelungen nicht anwendbar sind. 51Genannt sind dort: <strong>Dr</strong>ucksache ohne Anschrift, <strong>Dr</strong>ucksache mit Anschrift, vorgefertigterStandardbrief, Pressewerbung mit Bestellschein, Katalog, telefonischeKommunikation mit Person als Gesprächspartner, telefonische Kommunikation mitAutomaten als Gesprächspartner (Voice-Mail-System, Audiotext), Hörfunk, Bildtelefon,Videotext (Mikrocomputer, Fernsehbildschirm) mit Tastatur oder Kontaktbildschirm,elektronische Post, Fernkopie (Telefax), Fernsehen (Teleshopping). <strong>Das</strong>Internet wird noch nicht genannt.2MünchKommBGB/Wendehorst, § 312b Rn. 50; Wendehorst, JZ 2005, 359;3Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312b, Rn. 48.4Kaestner/Tews, WRP 2005, 1335; Fischer, BB 2004, 2599.5HK-VertriebsR/Micklitz, § 312b, Rn. 55.


B. Sachlicher Anwendungsbereich 97cc) Vertrag bereits früher zustande gekommenFerner kann man in einigen Konstellationen annehmen, dass der Vertragnicht mit der Unterschriftabholung des Verbrauchers durch denBoten zustande kommt, sondern schon vorher bei dem Einsatz desFernkommunikationsmittels oder durch die Übermittlung einer vorgefertigten,schriftlichen Standarderklärung „durch die Post“ abgeschlossenworden ist. 1 Der Postbote übern<strong>im</strong>mt vielfach rein technische Mitwirkungshandlungenbei der Erfüllung, wie die Identifikation desEmpfängers, die Abholung seiner Unterschrift und die Aushändigungvon Unterlagen und Ware, die mit Blick auf den Vertragsschluss unbeachtlichsind. 2Dem kann zwar in einigen Fällen entgegen stehen, dass die Erklärungdes Verbrauchers, eine über die Distanz beworbene Ware bestellen zuwollen, aus Sicht eines objektiven Empfängers nicht <strong>im</strong>mer mit dem fürdas Vorliegen eines Vertragsangebots (§ 145 BGB) erforderlichenRechtsbindungswillen abgegeben wird. Vielfach wird man aber objektivvon einem bereits erfolgten Vertragsschluss ausgehen können. Hierkommt es auf die Einzelfallgestaltung <strong>im</strong> Onlineshop an, d.h. die dortigenInformationen zum Vertragsschluss und die Texte <strong>im</strong> Bestellablauf.Wird der Kunde etwa schon auf der sog. Check-Out-Seite zur Zahlungaufgefordert oder zahlt bereits <strong>im</strong> Bestellablauf via PayPal oder giropay,muss nach objektivem Empfängerhorizont von einer Bestellannahmedurch den Unternehmer schon in diesem Zeitpunkt ausgegangen werden.3dd) Schutzzweck der FernabsatzvorschriftenWeiterhin besteht die Möglichkeit, auf den Schutzzweck der §§ 312b –312d BGB in Verbindung mit dem Gleichheitssatz abzustellen. Da diespezifische Gefahr von Fernabsatzverträgen in der eingeschränktenSichtbarkeit von Leistung und Vertragspartner liegt, spielen der Umfangund die Qualität der vom Boten übermittelten Informationen eineentscheidende Rolle. Hat die Einschaltung des Boten keinen nennenswertenInformationswert, ist das Geschäft wie ein Fernabsatzgeschäftzu behandeln. 41So das OLG Schleswig, CR 2004, 300 in einem parallel gelagerten Fall (Vertragsschlussdurch Versendung der Ware). Zust<strong>im</strong>mend Schmittmann, K&R 2004,361, 362 und Staudinger/Thüsing, § 312b Rn. 35.2Wendehorst, JZ 2005, 359.3Vgl. dazu Teil 3 A II 3 b) dd).4Wendehorst, JZ 2005, 359; Fischer, BB 2004, 2599.


98 Teil 2 – Anwendungsbereichee) Umgehungsgeschäft, § 312f S. 2 BGBIn Betracht kommt schließlich eine Subsumtion unter § 312f S. 2 BGB.Dafür reicht ein objektiver Umgehungstatbestand aus. Dieser ist danngegeben, wenn das von den Beteiligten bei natürlich-wirtschaftlicherBetrachtung intendierte Geschäft ein Fernabsatzgeschäft darstellt, sichaber unter § 312b Abs. 1 BGB wegen formaler, zweckfremder Umständenicht subsumieren lässt. In diesem Fall erfolgt eine teleologischeExtension der Vorschriften über Fernabsatzverträge. 1d) Abholung der Ware <strong>im</strong> Ladenlokal durch den VerbraucherVielfach ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Onlinehändlernzu lesen, es bestehe kein <strong>Widerrufsrecht</strong>, wenn die Ware <strong>im</strong> Ladenlokalabgeholt wird. Nach dem Wortlaut des § 312b Abs. 1 BGB könnte eineAbholung der Ware durch den Verbraucher <strong>im</strong> Ladenlokal des Unternehmersnach erfolgter Online-Bestellung schon nicht unter den Begriffder „Lieferung“ fallen. Die Vorschrift ist aber weit auszulegen. DerGesetzgeber greift mit der gewählten Formulierung nur den normalenErfolgsort des Fernabsatzes auf, bei dem typischerweise eben eine Lieferungan den Verbraucher vereinbart wird. 2 Auch entspricht der in Art.2 Nr. 3 FARL definierte Begriff des Lieferers dem deutschen Unternehmerbegriffdes § 14 Abs. 1 BGB. Im Lichte der FARL muss somit auch§ 312b Abs. 1 BGB weit ausgelegt und der Begriff „Lieferung von Waren“als „Verschaffen der Verfügungsmacht über Waren“ verstandenwerden. Auf eine Übersendung von Waren kommt es nicht an. 3 Somitfallen auch Abholfälle unter den Wortlaut „Lieferung von Waren“.Fraglich bleibt jedoch, ob der persönliche Kontakt zwischen Unternehmerund Verbraucher der Anwendung von Fernabsatzrecht entgegensteht.Hier sind zwei Möglichkeiten zu unterscheiden:aa) Vertrag bereits <strong>im</strong> Fernabsatz geschlossenIst der Vertrag schon <strong>im</strong> Fernabsatz geschlossen oder hat der Verbrauchereine verbindliche Bestellung abgegeben, so steht eine Abholung <strong>im</strong>Ladenlokal oder Lager, bei der die Möglichkeit einer Begutachtung derWare keinesfalls selbstverständlich ist, der Anwendbarkeit des Fernabsatzrechtsauch dann nicht entgegen, wenn dort auskunftsbereite Personenbereitstehen. Denn der Verbraucher hat dann keine Wahl, ob erden Kaufvertrag schließen und die Ware abnehmen möchte. Er ist dazu1Wendehorst, JZ 2005, 359.2Kaestner/Tews, WRP 2005, 1335.3Kaestner/Tews, WRP 2005, 1335. Auch die englische Fassung der FARL sprichtvom „supplier“, d.h. „Anbieter“ oder „Leistungserbringer“, u.a., aber nicht ausschließlichauch „Lieferer“.


B. Sachlicher Anwendungsbereich 99verpflichtet, ohne dass er Produkt oder Unternehmer kennenlernenkonnte und deshalb durch das <strong>Widerrufsrecht</strong> schutzbedürftig undschutzwürdig.Anderenfalls könnte der Unternehmer die Fernabsatzvorschriftenauch gezielt umgehen, indem er Fernkommunikationsmittel für denVertragsschluss einsetzt und die Ware abholen lässt. 1Die häufig inAllgemeinen Geschäftsbedingungen vorzufindende Klausel, dass ein<strong>Widerrufsrecht</strong> bei Abholung der Ware nicht besteht, ist daher unwirksam,wenn hier nicht bei der Vertragsschlussregelung differenziert wird,sondern die Bestellung des Kunden stets ein rechtlich verbindlicherVertragsantrag sein soll.bb) Lediglich unverbindliche Reservierung über das InternetNur wenn in der Vertragsschlussregelung deutlich differenziert wird,nämlich dass der Verbraucher Auswahl der Option „Lieferung“ bereitsonline einen Vertragsantrag abgibt und dass ihm bei Auswahl der Option„Abholung“ lediglich eine einseitige Option auf den Kauf zu einembest<strong>im</strong>mten Preis zusteht, und wenn der Verbraucher dann bei Abholungder Ware ein Prüfungsrecht und die Möglichkeit hat, die Optionauf den Kauf nicht auszuüben, findet das Fernabsatzrecht keine Anwendung.Da bei Abholung sowohl der Unternehmer als auch die Warevon dem Verbraucher wie <strong>im</strong> stationären Handel in Augenschein genommenwerden können, fehlt es hier an einer Schutzbedürftigkeit desVerbrauchers, 2welche die Anwendung der Fernabsatzvorschriftenrechtfertigt. Ein Fernabsatzvertrag liegt also lediglich dann nicht vor,wenn der Vertragsschluss erst bei Abholung der Ware erfolgt. Einederartige vertragsrechtliche Konstruktion verstößt allerdings gegen dieAGB vieler Internet-Auktionsplattformen. 33. ZwischenergebnisIn Bereich des <strong>Onlinehandel</strong>s sind zahlreiche Vertriebsmöglichkeitendenkbar. Daher bedarf es einer einzelfallbezogenen Prüfung der sachlichenAnwendbarkeit des Fernabsatzrechts. Die Fernabsatzvorschriftensind nicht anwendbar, wenn es während der Vertragsanbahnung zudirektem Kontakt zwischen Unternehmer und Verbraucher kommt.Dies ist nicht mehr sachgemäß, wenn sich ein Verbraucher umfassendüber ein Produkt <strong>im</strong> Ladenlokal des Unternehmers informiert und dieWare anschließend über dessen Online-Shop bestellt. Hierbei ist es1Wilmer/Hahn, Fernabsatzrecht, § 312b Rn. 21.2Martinek, NJW 1998, 207.3Kaestner/Tews, WRP 2005, 1335.


100 Teil 2 – Anwendungsbereichirrelevant, ob Verbraucher den Unternehmer kennengelernt hat, oderob Vertragsverhandlungen stattgefunden haben.Gleiches gilt, wenn es an der Qualität des persönlichen Kontakts <strong>im</strong>Vorfeld mangelt. Ein kurzer Vertreterbesuch vor dem Distanzgeschäftsoll nicht zu einem Ausschluss der Anwendbarkeit der Fernabsatzregelnführen. Bei diesen bewussten Umgehungsversuchen greift § 312f S. 2BGB. Dies ist dann gegeben, wenn das von den Beteiligten bei natürlich-wirtschaftlicherBetrachtung intendierte Geschäft ein Fernabsatzgeschäftdarstellt, sich aber unter § 312b Abs. 1 BGB wegen formaler,zweckfremder Umstände nicht subsumieren lässt. Auch die eigenhändigeÜbergabe durch einen Postboten führt nicht zu einem Ausschluss, dader Zusteller nichts weiter als ein Überbringer von Waren und Papieren,jedoch kein Repräsentant des Händlers ist und weder in der Lagenoch damit beauftragt, dem Verbraucher in einem persönlichen Gesprächnähere Auskünfte über die angebotene Ware oder Dienstleistungzu geben.Ein Postbote kann also nicht zu einem direkten Kontakt zwischenHändler und Verbraucher führen. Und selbst wenn es gelänge, einenVertragsschluss erst an der Haustür zustande zu bringen, so würde dieAuffangfunktion des Haustürwiderrufsrechtes greifen. Weiterhin bestehtdie Möglichkeit, auf den Schutzzweck der §§ 312b–312d BGB inVerbindung mit dem Gleichheitssatz abzustellen. Da die spezifischeGefahr von Fernabsatzverträgen in der eingeschränkten Sichtbarkeitvon Leistung und Vertragspartner liegt, spielen der Umfang und dieQualität der vom Boten übermittelten Informationen eine entscheidendeRolle. In solchen Konstellationen ist es auch denkbar, dass der Vertragbereits früher zustande gekommen ist. Anders ist es, wenn einerKontaktaufnahme und persönlicher Verkaufsberatung durch einenBoten oder Stellvertreter, also schon <strong>im</strong> Rahmen der Vertragsanbahnungerfolgt. Dann kann nicht von einem Vertragschluss ohne gleichzeitigeAnwesenheit der Parteien ausgegangen werden.Erfolgt eine Abholung durch den Verbraucher <strong>im</strong> Ladengeschäft desVerkäufers, so ist zu differenzieren, ob der Verbraucher vorher einenVertrag über Fernkommunikationsmittel geschlossen hat. In diesem Fallkonnte er die Ware vor dem Kauf nicht begutachten und ist somitschutzwürdig. Erfolgt jedoch lediglich eine Reservierung über das Internetund kann der Kunde dann vor Ort einen Kaufvertrag abschließen,so greifen die Fernabsatzvorschriften nicht. Da bei Abholung sowohlder Unternehmer als auch die Ware von dem Verbraucher wie <strong>im</strong>stationären Handel in Augenschein genommen werden können, fehlt eshier an einer Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers.


B. Sachlicher Anwendungsbereich 101III. Organisiertes FernabsatzsystemDer bloße Abschluss eines Distanzvertrages reicht für die Anwendbarkeitdes Fernabsatzrechtes nicht aus, der Vertrag muss auch <strong>im</strong> Rahmeneines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystemsgeschlossen worden sein. Der Unternehmer darf nicht nur zufälligund gelegentlich Fernkommunikationsmittel zum Vertragsschlusseinsetzen, sondern muss in personeller und sachlicher Ausstattung innerhalbseines Betriebes die Voraussetzungen geschaffen haben, dienotwendig sind, um regelmäßig Geschäfte <strong>im</strong> Fernabsatz zu tätigen. 11. Meinungsstand nach geltendem RechtZum Teil wird auf den Organisierungs- und Standardisierungsgrad vonBestell- und Liefervorgängen abgestellt. 2 Nach einer weiteren Meinungsoll es darauf ankommen, welche Kommunikationsmittel der Unternehmereinsetzt und wie diese beworben werden. 3Überwiegend wirdzutreffend auf den Grad der unternehmensinternen Organisation undwie diese sich für den Außenstehenden darstellt abgestellt. 4 Hieran sindkeine hohen Anforderungen zu stellen. Ein für den Fernabsatz organisiertesVertriebs- oder Dienstleistungssystem liegt nur dann nicht vor,wenn ein Anbieter keinerlei organisatorische Maßnahmen für einenAbsatz <strong>im</strong> Wege von Fernabsatzgeschäften trifft, sondern allenfallsgelegentlich <strong>im</strong> Rahmen seines Ladengeschäfts auf Wunsch des Kundenper E-Mail Bestellungen ann<strong>im</strong>mt und ausführt. Die Grenze ist <strong>im</strong>merdann überschritten, wenn der Unternehmer systematisch mit dem Angeboteiner Bestellung per Internet oder Telefon und anschließenderZusendung der Waren wirbt.2. Onlineshops und Online-PlattformenVon einem für den Fernabsatz organisierten Vertriebssystem ist jedenfallsauszugehen, wenn der Unternehmer einen eigenen Onlineshopeingerichtet hat, d.h. eine spezielle Anwendung mit unmittelbarer elektronischerBestellmöglichkeit einsetzt. 5Ist der Unternehmer einmal aufFernabsatz organisatorisch eingestellt, kommt es nicht darauf an, dasser nur gelegentlich seinen Absatz über das Internet vorn<strong>im</strong>mt. Wird ein1BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/2658, S. 30.2Dilger, Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen <strong>im</strong> Internet , S. 69.3Lütcke, Fernabsatzrecht, § 312b, Rn. 76.4Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312b, Rn. 51; Härting, Fernabsatzgesetz,§ 1, Rn. 75; Ende/Klein, Grundzüge des Vertriebsrechts <strong>im</strong> Internet, S. 137;Reich, EuZW 1997, 581, 583.5Lorenz, JuS 2000, 833, 838; Kamanabrou, WM 2000, 1417, 1420.


102 Teil 2 – AnwendungsbereichAbsatz des Warensort<strong>im</strong>ents auch durch eine Produktpräsentation aufeiner Internet-Verkaufsplattform vorgenommen, so sind die Regelungenüber Fernabsatzverträge uneingeschränkt anwendbar. 1<strong>Das</strong> Vorliegen eines organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystemwurde zutreffend auch für den Fall bejaht, dass pro Jahr ungefähr10 bis 20 Kraftfahrzeuge auf der Plattform www.mobile.de inseriertund nach einer anschließenden Bestellung per Fax verkauft wurden,ohne dass der Vertragspartner die Kfz vor dem Vertragsabschluss besichtigenkonnte. 2Hier nutzt der Unternehmer zwar keinen eigenenOnlineshop, jedoch ein organisiertes System, das von einem <strong>Dr</strong>ittanbieter– der Online-Plattform – betrieben wird. Entscheidend ist, wie derUnternehmer sein Vertriebssystem nach außen darstellt. Hat derVerbraucher den Eindruck, er könne systematisch online, telefonischoder sonst wie über die Distanz bestellen, greift der Schutz des Fernabsatzrechts.Auf eine besondere interne Organisationsstruktur, die speziellauf den Fernabsatz ausgerichtet ist, kommt es nicht an.Ausreichend ist, dass der Unternehmer objektiv den Eindruck erweckt,er vertreibe seine Leistungen alltäglich <strong>im</strong> Wege des Fernabsatzes.Die Beweislast dafür, dass ein Vertrag nicht <strong>im</strong> Rahmen eines organisiertenFernabsatzsystems abgeschossen wurde, liegt anders alsnach der FARL <strong>im</strong> deutschen Recht be<strong>im</strong> Unternehmer. Es wird gesetzlichvermutet, dass der Vertrag <strong>im</strong> Fernabsatz zustande kam. Ein Gegenbeweisdürfte in der Praxis freilich schwer zu gelingen sein. 3 <strong>Das</strong> AGMinden 4hat aber ein organisiertes Vertriebs- oder Dienstleistungssystemnach der substantiierten Darlegung des Unternehmers verneint,dass er nur Ladenverkäufe durchführe und der Verbraucher die gekaufteWare auch in dem Laden abgeholt hatte.3. Wegfall des Tatbestandsmerkmals nach dem VRRL-ESollte sich der Entwurf der Kommission für eine Richtlinie über Rechteder Verbraucher (VRRL-E) in diesem Punkt durchsetzen, ist ein organisiertesFernabsatzsystem künftig kein Tatbestandsmerkmal des Fernabsatzgeschäftsmehr. Während Art. 2 Abs. 1 FARL „Vertragsabschluss<strong>im</strong> Fernabsatz“ noch definiert als „jeden zwischen einem Lieferer undeinem Verbraucher geschlossenen, eine Ware oder eine Dienstleistungbetreffenden Vertrag, der <strong>im</strong> Rahmen eines für den Fernabsatz organisiertenVertriebs- bzw. Dienstleistungssystems des Lieferers geschlossenwird, wobei dieser für den Vertrag bis zu dessen Abschluss einschließ-1LG Memmingen, MMR 2004, 769.2LG Stendal, BeckRS 2008, 11539.3Meents, CR 2000, 610, 611.4AG Minden v. 22.08.2006 – 21 C 50/06.


B. Sachlicher Anwendungsbereich 103lich des Vertragsabschlusses selbst ausschließlich eine oder mehrereFernkommunikationstechniken verwendet“ heißt es in Art. 2 Abs. 6VRRL-E nur noch „Fernabsatzvertrag jeden Kauf- oderDienstleistungsvertrag, <strong>im</strong> Hinblick auf dessen Abschluss der Gewerbetreibendeausschließlich ein oder mehrere Fernkommunikationsmittelverwendet“.Die Kommission begründet die Aufhebung des Tatbestandsmerkmalsdamit, dass die Rechtssicherheit <strong>im</strong> Vergleich zu der bestehenden Definitionverbessert werden soll. 1Die Tatsache dass ein Händler nur eingelegentlicher Fernabsatzhändler ist, oder dass er ein organisiertes Systemeinsetzt, das von einer dritten Partei, wie z.B. einer Online-Plattform betrieben wird, solle den Verbraucher nicht von seinemSchutz ausschließen. Offenbar hat die gegenwärtige Definition in anderenEU-Mitgliedstaaten zu unterschiedlichen Interpretationen geführt,soweit der Händler keinen eigenen Onlineshop betreibt, sondern elektronischePlattformen <strong>Dr</strong>itter nutzt. Auch für Händler solle die einfachereDefinition des Fernabsatzvertrages die Rechtssicherheit verbessernund sie vor unfairem Wettbewerb schützen. 24. ZwischenergebnisAn das Vorliegen eines organisierten Fernabsatzsystems werden keinehohen Anforderungen gestellt, bereits das systematische Werben mitdem Angebot einer Bestellung via Internet oder Telefon und anschließenderZusendung der Waren überschreitet die Grenze. Von einem fürden Fernabsatz organisierten Vertriebssystem ist auszugehen, wenn derUnternehmer einen eigenen Onlineshop betreibt oder seine Produkteauf einer Internet-Verkaufsplattform präsentiert. Dabei kommt es nichtdarauf an, ob der Unternehmer nur gelegentlich seinen Absatz über dasInternet vorn<strong>im</strong>mt. Hat der Verbraucher den Eindruck, er könne systematischonline, telefonisch oder sonst wie über die Distanz bestellen,greift der Schutz des Fernabsatzrechts. Auf eine besondere interne Organisationsstruktur,die speziell auf den Fernabsatz ausgerichtet ist,kommt es nicht an. Der geplante Wegfall dieses Tatbestandsmerkmals<strong>im</strong> Rahmen des VRRL-E ist zu begrüßen, da dies mehr Klarheit sowohlfür Verbraucher als auch für Unternehmer bringen würde.1Erwägensgrund (12) VRRL-E.2Erwägensgrund (13) VRRL-E.


104 Teil 2 – AnwendungsbereichC. Bereichsausnahmen des FernabsatzrechtsC. Bereichsausnahmen des Fernabsatzrechts§ 312b Abs. 3 BGB regelt eine Reihe von Ausnahmen vom Fernabsatzrecht,so dass in diesen Fällen auch kein <strong>Widerrufsrecht</strong> besteht. Dieacht Bereichsausnahmen lassen sich in zwei Gruppen einteilen. Zumeinen geht es um Verträge, bei denen der Verbraucher durch bestehendeSpezialgesetze ein in den Augen des Gesetzgebers gleichwertiges oderhöheres Schutzniveau genießt (Nr. 1, 2, 3, 4 und 6). Zum anderen werdenganz verschiedene Arten von Rechtsgeschäften vom Anwendungsbereichausgeschlossen, bei denen die Erfüllung von Informationspflichtenund die Einräumung eines <strong>Widerrufsrecht</strong>es nach Auffassung desGesetzgebers wegen der Natur des Vertrages zu unzweckmäßigen Ergebnissenführen 1 (Nr. 5, 6, 7a und 7b), d.h. die Anwendung des Fernabsatzrechtsunzumutbar erscheint bzw. den Unternehmer „übermäßigbelasten“ 2 würde.Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH gilt, dass Ausnahmen vongemeinschaftsrechtlichen Verbraucherschutzvorschriften eng auszulegensind. 3I. Entstehung und Entwicklung der AusnahmetatbeständeEbenso wie die Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> sind die Ausnahmenvom Fernabsatzrecht auf europäischer und deutscher Ebene ein Ergebnismehr oder weniger erfolgreicher Lobbyarbeit. Ein dogmatisch überzeugendesKonzept lässt sich nicht erkennen. Beispielsweise ist nichtnachvollziehbar, warum eine zwei Wochen vor Antritt gebuchte Last-Minute-Reise, die sich ohne weiteres noch kurz vor Abflug verkaufenlässt, vom Widerruf ausgenommen ist, während sich eine gebrauchteZahnbürste, die ohne jeden Zweifel unverkäuflich ist, nicht ohne Weiteresunter die Ausnahmetatbestände subsumieren lässt. Es stellt sichdie Frage, wie es zu diesen Schieflagen kommen konnte und ob sich aus1BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/2658, S. 33. Begründung der Europäischen Kommission zum 1.Entwurf der FARL, KOM (92) 11 endg. v. 20.5.1992, ABl. EG C 156 v. 23.6.1992,S. 14; MünchKommBGB/Wendehorst, § 312b Rn. 69.2Schirmbacher, Verbrauchervertriebsrecht, S. 65.3Der EuGH dazu:„when those terms (terms for which European legislation providesno definition) appear…in a provision which constitutes a derogation from aprinciple or more specifically, from Community rules for the protection of consumers,they must… be interpreted restrictively”: ECJ case C-83/99 Commission v Spain(2001) ECR I-445, paragraph 19, and case C-481/99 Heininger (2001) ECR I-9945paragraph 31.


C. Bereichsausnahmen des Fernabsatzrechts 105der Entstehungsgeschichte Erkenntnisse für die Auslegung der Ausnahmetatbeständegewinnen lassen.1. Ausnahmetatbestände der FARL 1997Die europäische FARL sieht in Art. 3 eine Reihe von Ausnahmen vomsachlichen Anwendungsbereich des Fernabsatzrechts vor. Schon dasfünf Jahre andauernde Gesetzgebungsverfahren der europäischen FARLwar von kontroversen und „teilweise polemisch geführten“ 1 Auseinandersetzungenüber den Anwendungsbereich der Richtlinie geprägt. 2Während die Verbraucherschützer sich für einen möglichst weiten Anwendungsbereichder Richtlinie aussprachen, sah die Unternehmerseitevielfach keine Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers. Daran hat sich bisheute nichts geändert.Einigkeit bestand damals auf europäischer Ebene lediglich über dieAusnahme von Verträgen, die unter Verwendung von Warenautomatenoder automatisierten Geschäftsräumen geschlossen werden. Heftiggestritten wurde hingegen von Beginn an um die Sonderbehandlung vonTourismusdienstleistungen und Hotelreservierungen. Im ersten Richtlinienentwurf3 sollten in Art. 3 lediglich best<strong>im</strong>mte Arten von Vertragstypenvom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen werden.Die kontroversen Diskussionen haben schließlich zu einer <strong>im</strong>mer feinerausdifferenzierten Ausgestaltung des Art. 3 FARL geführt. 4Nach den Stellungnahmen des EWSA und des Europäischen Parlamentswurde die Liste der Ausnahmen in einem geänderten Richtlinienvorschlagder Kommission 5zunächst reduziert. Im Rahmen der politischenEinigung auf einen gemeinsamen Standpunkt vom 29.6.1995 6wurde eine Differenzierung zwischen Verträgen eingeführt, die generellvon der Richtlinie ausgenommen werden und solchen, für die u.a. dieVorschriften über das <strong>Widerrufsrecht</strong> (Art. 6) und die Erfüllung desVertrages (Art. 7 Abs. 1) keine Anwendung finden sollten. 7In demGemeinsamen Standpunkt wurde dann auch die Regelung eingeführt,Fernabsatzgeschäfte, die bei Versteigerungen geschlossen werden, ausdem Anwendungsbereich der Richtlinie auszuklammern. Obwohl derVerbraucher bei Versteigerungen mindestens ebenso schutzbedürftig ist1Hk-VertriebsR/Micklitz, § 312b Rn. 64.2Eine Übersicht des Verfahrensablaufs ist abrufbar unter: http://ec.europa.eu/prelex/detail_dossier_real.cfm?CL=de&DosId=20110 (Stand: 5.4.<strong>2009</strong>).3KOM (92) 11 endg. v. 20.5.1992.4Grabitz/Hilf/Micklitz, Richtlinie 97/7/EG, Rn. 19.5KOM (93) 396 endg. V. 7.10.1993, ABl. 1993 C 308/23 f.6ABl. 1995 C 288/3 f. abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:51995AG1030(01):DE:HTML (Stand: 5.4.<strong>2009</strong>).7Grabitz/Hilf/Micklitz, Richtlinie 97/7/EG, Rn. 19.


106 Teil 2 – Anwendungsbereichwie bei anderen Fernabsatzgeschäften, wird die Ausnahme vom Ratnicht näher, sondern lediglich mit dem Hinweis auf die „praktischenEinzelheiten“ einer Versteigerung begründet. Vermutlich war der Ratschon damals in der Meinung, dass das <strong>Widerrufsrecht</strong> nicht mit demspekulativen Charakter von Versteigerungen vereinbar sei. 1Im gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 29.6.1995 findet sichauch erstmals die Ausnahme für Verträge über die Erbringung vonDienstleistungen in den Bereichen Unterbringung, Beförderung, Lieferungvon Speisen und Getränken sowie Freizeitgestaltung, wenn sichder Lieferer bei Vertragsschluss verpflichtet, die Dienstleistungen zueinem best<strong>im</strong>mten Zeitpunkt oder innerhalb eines genau angegebenenZeitraums zu erbringen (Art. 3 Abs. 2 zweiter Gedankenstrich FARL).Inhaltlich geht diese Regelung jedoch auf den ersten Vorschlag für dieFernabsatzrichtlinie vom 21.5.1992 zurück, in dessen Art. 3 in Verbindungmit Anhang II bereits vorgeschlagen wurde, „Dienstleistungen,bei denen Reservierungen vorgenommen werden“ vom Anwendungsbereichder Richtlinie auszunehmen. Zur Begründung hieß es seinerzeit <strong>im</strong>ersten Richtlinienentwurf, dass der Anbieter bei solchen Verträgenvorherige Dispositionen treffen muss, um zum vereinbarten Zeitpunktden Vertrag erfüllen zu können, so dass ihm ein <strong>Widerrufsrecht</strong> desVerbrauchers nicht zuzumuten sei, da er sonst sämtliche aufgrund derReservierung vorgenommenen Maßnahmen rückgängig machen müsste.2 Zwischen dem Europäischen Parlament und der EuropäischenKommission gab es auch nach der 2. Lesung weiterhin unterschiedlicheAuffassungen über den notwendigen Richtlinieninhalt, so dass <strong>im</strong> Verlaufdes weiteren Verfahrens der Vermittlungsausschuss angerufenwurde. 3 Dieser wollte noch einen Schritt weiter gehen und schlug einedreifache Abstufung vor, indem die Vorschrift über die Verpflichtungzur vorherigen Unterrichtung des Verbrauchers (Art. 4) auf Dienstleistungenin den Bereichen Unterbringung, Beförderung, Lieferung vonSpeisen und Getränken sowie Freizeitgestaltung keine Anwendungfinden sollte. 4 Die schließlich verabschiedete Fassung des Art. 3 enthieltdann wieder die Zweistufigkeit des Gemeinsamen Standpunktes, nachdem best<strong>im</strong>mte Verträge vollständig vom Anwendungsbereich (Art. 3Abs. 1 FARL) und andere von den Pflichten der Art. 4, 5 und 6 sowieArtikel 7 Abs. 1 FARL (Art. 3 Abs. 1 FARL) ausgenommen werden.1Kritisch schon zur europäischen Regelung Meents, Verbraucherschutz beiRechtsgeschäften <strong>im</strong> Internet, S. 216 f.2KOM (92) 11 endg. v. 20.5.1992, S. 17.3KOM (96) 36 endg. COD. 411.4Grabitz/Hilf/Micklitz, Richtlinie 97/7/EG, Rn. 20.


C. Bereichsausnahmen des Fernabsatzrechts 107In den Erwägensgründen der finalen Fassung wird weder der Grundfür die Ausnahme best<strong>im</strong>mter Verträge vom Anwendungsbereich nochfür die Ausnahme anderer Verträge von Informationspflichten, <strong>Widerrufsrecht</strong>und den Regelungen zur Erfüllung des Vertrages genannt.2. Umsetzung <strong>im</strong> deutschen RechtAuch <strong>im</strong> Zuge der Umsetzung der Ausnahmetatbestände durch dendeutschen Gesetzgeber wurde heftig über die Reichweite von Informationspflichtenund <strong>Widerrufsrecht</strong> <strong>im</strong> Fernabsatz gestritten. Schon frühzeitigerklärten die Ausschüsse des deutschen Bundesrats in der vonihnen ausgesprochenen Empfehlung, dass der Verbraucher <strong>im</strong> Bereichder Fernabsatzgeschäfte zumindest nicht in dem Maße schutzbedürftigsei, wie dies in dem Richtlinienentwurf dargelegt sei. 1Der Ansatz desVorschlags diskr<strong>im</strong>iniere Vertragsabschlüsse unter Abwesenden ohneGrund gegenüber Vertragsabschlüssen <strong>im</strong> stationären Einzelhandel. 2Der deutsche Gesetzgeber hat letztlich den Ausnahmenkatalog desArt. 3 FARL in § 312b Abs. 3 BGB nahezu wörtlich und ohne die Binnendifferenzierung,dass best<strong>im</strong>mte Verträge vollständig, andere nurteilweise ausgenommen werden, übernommen. Eine Begründung dafür,warum gerade diese Verträge ausgenommen werden, liefert auch derdeutsche Gesetzgeber nicht. Lediglich in der Begründung zum heutigen§ 312b Abs. 3 Nr. 5 BGB heißt es lapidar: „Bei solchen Verträgen überHauslieferungen sind Informationen nicht nötig und ein <strong>Widerrufsrecht</strong>meist nicht zweckmäßig.“ 3Der Wegfall der Binnendifferenzierung hat zu einer nicht unproblematischenUmsetzung von Art. 7 Abs. 2 FARL geführt. 4Demnachmüsste eine Regelung <strong>im</strong> nationalen Recht existieren, nach der einVerbraucher ggf. davon zu unterrichten ist, dass die bestellte Ware oderDienstleistung nicht geliefert bzw. erbracht werden kann und derVerbraucher die Möglichkeit haben muss, sich eventuell geleistete Zahlungeninnerhalb von 30 Tagen erstatten zu lassen. Lediglich <strong>im</strong> Rechtder Allgemeinen Geschäftsbedingungen regelt § 308 Nr. 8 BGB, dasseventuelle Gegenleistungen des Verbrauchers „unverzüglich“ zu erstattensind. Es muss bezweifelt werden, ob eine derartige Norm in denVorschriften des AGB-Rechts eine effektive Umsetzung von Art. 7Abs. 2 der Fernabsatzrichtlinie darstellt. 51BR-<strong>Dr</strong>s. 445/1/92, S. 1.2BR-<strong>Dr</strong>s. 445/1/92, S. 2; Bodenstedt, Fernabsatzrichtlinie, S. 11.3BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/2658, S. 33.4Hk-VertriebsR/Micklitz, § 312b Rn. 66f. und Artz, VuR 1999, 249.5Hk-VertriebsR/Micklitz, § 312b Rn. 67.


108 Teil 2 – AnwendungsbereichIm Referentenentwurf des FernAbsG 1 war in Anlehnung an die FARLnoch vorgesehen, Versteigerungen vom Anwendungsbereich auszunehmen.Der deutsche Gesetzgeber entschied sich aber aufgrund der Kritikder Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände (AgV) 2 dann jedochbewusst, „echte“ Versteigerungen lediglich vom <strong>Widerrufsrecht</strong> auszunehmen.Somit hat sich der deutsche Gesetzgeber zumindest in diesemPunkt zu einem höheren Verbraucherschutzniveau durch einen erweitertenAnwendungsbereich der Fernabsatzregelungen bekannt.Im Übrigen ist die Umsetzung der Ausnahmetatbestände <strong>im</strong> deutschenRecht jedoch gänzlich unergiebig für die Beantwortung der Frage,warum gerade in den Fällen der geregelten Ausnahmen die Anwendungdes Fernabsatzrechts „unzumutbar“ oder „unzweckmäßig“ sein soll.3. Ausnahmetatbestände des VRRL-E 2008Auch <strong>im</strong> Zuge der Konsultation über die Fernabsatzrichtlinie und derDiskussion über den Verbraucheracquis wurde die Frage, ob die gegenwärtigenAusnahmen vom Fernabsatzrecht überarbeitet, erweitertoder außer Kraft gesetzt werden sollen, wieder kontrovers diskutiert.Die Vorschläge der Wirtschafts- und Verbraucherverbände gingen indiesem Punkt erneut sehr weit auseinander. So sprach sich ein Wirtschaftsvertreterdafür aus, Verträge <strong>im</strong> M-Commerce generell von derRichtlinie auszunehmen, einerseits wegen der geringen Werte von direkterbrachten Dienstleistungen (z.B. Klingeltöne) und andererseits aufgrundder Möglichkeit, den Dienst zu nutzen oder zu kopieren. DieVerbraucherseite 3sprach sich energisch gegen eine Ausweitung desAusnahmekataloges aus und plädierte für eine Streichung der Ausnahmenfür sämtliche touristischen Dienstleistungen. Gegensätzlich sindauch erneut die Meinungen zu der Frage, ob Auktionen vom Anwendungsbereichdes Fernabsatzrechts bzw. <strong>Widerrufsrecht</strong>es ausgenommenwerden sollen. 4Die Ausnahmetatbestände des Art. 3 FARL aus dem Jahr 1997 findensich nun trotz umfangreicher weitergehender Wünsche der Lobbyisten<strong>im</strong> Wesentlichen in Art. 19 des VRRL-E aus dem Jahr 2008 wieder.Ein bedeutsamer Unterschied besteht darin, dass Auktionen nichtmehr vom Anwendungsbereich des Fernabsatzrechts, sondern nur noch– wie derzeit <strong>im</strong> deutschen Recht – vom Anwendungsbereich des <strong>Widerrufsrecht</strong>esausgeschlossen sein sollen (Art. 19 Abs. 1 h) VRRL-E).Jedoch mit dem Unterschied, dass nach dem VRRL-E auch in „unech-1§ 1 Abs. 3 Nr. 7 c) FernAbsG-RefE, Referat I B 2 3420/12-4, S. 77.2AgV-Stellungnahme v. 15.3.2000.3beuc, BEUC/X/085/2006, 1.12.2006, p. 4.4Vgl. dazu Teil 1 B IV 2 a).


C. Bereichsausnahmen des Fernabsatzrechts 109ten“ Versteigerungen wie etwa über die Auktions-Plattform eBay kein<strong>Widerrufsrecht</strong> mehr eingeräumt werden muss.4. ZwischenergebnisDie Rechtfertigung für die konkreten Ausnahmen ist bis heute strittigund schwach begründet. Im Laufe der Gesetzgebungsverfahren aufeuropäischer und deutscher Ebene wurden Argumente für und gegendie Unzumutbarkeit beziehungsweise Unzweckmäßigkeit von Informationspflichtenund <strong>Widerrufsrecht</strong> bei best<strong>im</strong>mten Vertragstypen gleichermaßenvorgebracht und diskutiert. <strong>Das</strong>s es letztlich gerade zu denbekannten Ausnahmen gekommen ist, beruht überwiegend darauf, dassbest<strong>im</strong>mte Interessenvertreter bessere Arbeit geleistet haben als andere.Inhaltlich ist jedoch nicht nachvollziehbar, warum nicht entweder garkeine oder sehr viel mehr Verträge ausgenommen werden.II. Weiterreichendes VerbraucherschutzrechtSowohl FARL und VRRL-E als auch das deutsche Recht nehmen Bereichevon der Anwendung des Fernabsatzrechts aus, in denen aufgrundanderer Gesetze ein ähnlicher oder weiterreichender Schutz desVerbrauchers besteht. Die Gruppe dieser Ausnahmen ist noch am ehestennachvollziehbar, weil es hier nicht darum geht, dem Verbraucherdie Schutzmechanismen Informationspflichten und <strong>Widerrufsrecht</strong>gänzlich zu verwehren, sondern eine Abgrenzung zu spezielleren oderweiterreichenden Normen zu gewährleisten.1. FernunterrichtsschutzgesetzAusgenommen vom Anwendungsbereich sind nach § 312b Abs. 3 Nr. 1BGB Verträge nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG). DieAusnahme findet sich nicht in der FARL, sondern der nationale Gesetzgeberhat keine Notwendigkeit gesehen, diese Verträge dem Fernabsatzrechtzu unterwerfen. Im FernUSG existieren ähnliche Schutzmechanismen,nämlich Informationspflichten (§ 3 FernUSG), die denen in§ 312c BGB entsprechen, und ein <strong>Widerrufsrecht</strong> (§ 4 FernUSG), dasüber das des § 312d BGB hinausgeht. Letztlich enthält das FernUSGeine Umsetzung der FARL. 1Maßgeblich für den Anwendungsbereich ist, dass der Unterricht beiausschließlicher oder überwiegender räumlicher Trennung von Lehrendemund Lernenden erbracht wird, wobei der Lernerfolg von einem1Tonner, BB 2000, 1413, 1416; Schirmbacher, Verbrauchervertriebsrecht, S. 64.


110 Teil 2 – AnwendungsbereichLehrenden überprüft werden muss (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 FernUSG).Nicht anwendbar ist das FernUSG daher, wenn der Verbraucher <strong>im</strong>Internet angebotene Lernprogramme nutzt oder online einen Kaufvertragüber Lehrmaterialien (CD-Roms, Bücher etc.) schließt. Hier istFernabsatzrecht anzuwenden. 12. Teilzeit-WohnrechteNach § 312b Abs. 3 Nr. 2 BGB ausgenommen sind Verträge über dieTeilzeit-Wohnrechte, d.h. Verträge zwischen Unternehmer undVerbraucher über die (Teil-)Nutzung eines Wohngebäudes zu Erholung-oder Wohnzwecken über einen Zeitraum von mindestens dreiJahren. Die Vorschriften der §§ 481 ff. BGB dienen der Umsetzung derT<strong>im</strong>e-Sharing-Richtlinie, die ein höheres Verbraucherschutzniveau alsdas der FARL vorsieht. Die Schriftform hat bei Teilzeit-Wohnrechte-Verträgen nicht lediglich Beweisfunktion, sondern auch Warnfunktionund dient dem Schutz vor Übereilung, 2 weshalb die Ersetzung durch dieelektronische Form des § 126a BGB nach § 481 Abs. 1 Satz 2 BGBausgeschlossen ist.3. VersicherungenSeit Umsetzung der FARLFDL n<strong>im</strong>mt § 312b Abs. 3 Nr. 3 BGB nurnoch Verträge über Versicherungen und deren Vermittlung vom Anwendungsbereichdes Fernabsatzrechts aus, obwohl diese als Finanzdienstleistungi.S.v. § 312b Abs. 1 BGB zu verstehen sind. Die Bereichsausnahmebleibt deshalb bestehen, weil das von der FARLFDLgeforderte Schutzniveau nicht notwendigerweise in den §§ 312b ff BGBgeschaffen werden muss. Der deutsche Gesetzgeber hat sich dazu entschlossen,eigenständige und abgeschlossene Regelungen zunächst in diemit „Fernabsatzverträge“ überschriebenen §§ 48a ff. VVG a.F. aufzunehmen.Seit 1.1.2008 ergeben sich die Informationspflichten des Unternehmersabschließend aus § 7 VVG i.V.m. der Verordnung überInformationspflichten bei Versicherungsverträgen (VVG-InfoV) und das<strong>Widerrufsrecht</strong> ist in den §§ 8 und 9 VVG geregelt. Teilweise wirdwegen der weitgehend deckungsgleichen Vorschriften für Versicherungsverträgebezweifelt, dass eine gesonderte Umsetzung tatsächlichnotwendig war. 3 Diese Umsetzungstechnik hat jedoch den Vorteil, dassdurch den geschlossenen Regelungsstandort das VVG von sich aus1Staudinger/Thüsing, § 312b Rn. 63.2BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/2658, S. 32.3Finke, Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher, Rn. 403; Härting/Schirmbacher,DB 2003, 1777, 1778; Roßnagel/Brönneke, § 312b, Rn. 61.


C. Bereichsausnahmen des Fernabsatzrechts 111verständlich wird, ohne dass seine Benutzer weitere Gesetzestexte heranziehenmüssten, um den Regelungsgehalt zu erfassen. 14. Grundstücks- und Immobiliengeschäfte§ 312b Abs. 3 Nr. 4 BGB n<strong>im</strong>mt Grundstücksgeschäfte vom Anwendungsbereichaus. Da nach deutschem Recht der Online-Abschluss dermeisten Immobiliengeschäfte ohnehin an Formvorschriften wie z.B.§§ 313, 873, 925 BGB scheitert bzw. zusätzliche Informationspflichtenund ein <strong>Widerrufsrecht</strong> entbehrlich macht, beschränkt sich die praktischeRelevanz auf Bauverträge. 2Ein sinnvoller Grund für diese Ausnahmeist nicht ersichtlich. 3 Trotz gleicher Interessenlage sollen Verträgeüber Errichtung von Bauwerken vom Anwendungsbereich der§§ 312b ff. BGB ausgenommen werden, während Verträge über Arbeitenan einem Bauwerk nicht ausgenommen sind. Brönneke 4geht beiVerträgen über Errichtung von Bauwerken sogar von einer erhöhtenSchutzbedürftigkeit des Verbrauchers aus. Die Finanzierung von Immobilienfällt nicht unter die Ausnahmevorschrift. 5III. Unzumutbarkeit der Anwendung von FernabsatzrechtIn einer zweiten Gruppe werden unterschiedlichste Sachverhalte vomAnwendungsbereich des Fernabsatzrechts ausgenommen, bei denen dereuropäische und der deutsche Gesetzgeber der Ansicht waren, dass dieAnwendung der Fernabsatzbest<strong>im</strong>mungen für den Unternehmer unzumutbarwäre, weil hier die Lobbyisten erfolgreiche Arbeit geleistet haben.1. Haushaltsgegenstände des täglichen Bedarfs§ 312b Abs. 3 Nr. 5 BGB n<strong>im</strong>mt Verträge über die Lieferung von Lebensmitteln,Getränken oder sonstigen Haushaltsgegenständen destäglichen Bedarfs, die am Wohnsitz, am Aufenthaltsort oder am Arbeitsplatzeines Verbrauchers von Unternehmern <strong>im</strong> Rahmen häufigerund regelmäßiger Fahrten geliefert werden, vom Anwendungsbereich1In diesem Sinne Schneider, VersR 2004, 696.2Dilger, Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen <strong>im</strong> Internet, S. 121 ff; Brönneke,<strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten, S. 80 f.3Erman/Saenger, § 312b Rn. 15; Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 312b Rn.39; Hk-VertriebsR/Micklitz, § 312b Rn. 79; Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten,S. 81.4Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten, S. 81.5EuGH NJW 2002, 281 (Heininger).


112 Teil 2 – Anwendungsbereichaus. Geschützt werden soll der in diesem Bereich agierende Kleinhandel.1Der Gesetzgeber hat keinen Bedarf gesehen, die unbest<strong>im</strong>mtenBegriffe dieser so genannten „Pizza-Klausel“ zu präzisieren. 2Unproblematischfallen die Lieferung von Speisen und Getränken darunter.Würde man jedoch das gesamte Sort<strong>im</strong>ent eines durchschnittlichenSupermarktes darunter verstehen, 3würde dies zu einer uferlosen Anwendungdes Ausnahmetatbestandes führen, weil durchschnittlicheSupermärkte heutzutage regelmäßig auch Kleidung, Fahrräder, Computer,DVD-Player, Faxgeräte und vieles mehr verkaufen. Eine solcheweite Auslegung der Norm würde einen breiten Weg aus dem Anwendungsbereichdes Fernabsatzrechts ebnen, 4 die dem Schutzzweck zuwiderliefe. Der Verbraucher muss zwar eine Pizza oder eine Milchflaschenicht prüfen können, wird hingegen ein Fahrrad bestellt, muss die Möglichkeitbestehen, den Vertrag mangels vorheriger in Augenscheinnamewieder aufzulösen. 5Zu eng wäre es hingegen, nur Verbrauchsgüter auszunehmen, 6daauch kleinere Gebrauchsgüter wie Radiowecker oder Putze<strong>im</strong>er derhäuslichen Lebensführung dienen. Bei solchen Gegenständen muss zumeinen von einer gewissen Vorinformation des Verbrauchers ausgegangenwerden, und zum anderen wiegt es hier nicht so schwer, wenn dieWare einmal nicht den Vorstellungen des Verbrauchers entspricht.Erfasst sind danach beispielsweise Wasch- und Putzmittel, Hygienebedarfund Kosmetika oder einfache Schreib- und Bastelwaren. 7<strong>Das</strong>Fernabsatzrecht bleibt hingegen anwendbar für langlebige Konsumgüteroder Luxusartikel. Eine Digitalkamera ist kein Haushaltsgegenstanddes täglichen Bedarfs. 8 Nicht ausgenommen sind solche Güter, die nichthäufig und regelmäßig nachgefragt werden, sondern deren Anschaffungtypischerweise eine gründliche Überlegung vorausgeht. 9Bei einer gemeinsamenBestellung von Lebensmitteln bzw. Bedarfsgegenständenund langlebigen Konsumgütern beschränkt sich die Anwendbarkeit desFernabsatzrechts gegebenenfalls auf einen Vertragsteil. 10Bislang spielen „Local E-Commerce“-Modelle, bei denen derVerbraucher über das Internet bei seinem lokalen Supermarkt Haus-1Pützhoven, Verbraucherschutz, S. 73.2Beratungsergebnis des Rechtsausschusses, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/3195, S. 30.3So Palandt/Grüneberg, § 312b Rn. 15.4Schirmbacher, Verbrauchervertriebsrecht, S. 65 f.5Ähnlich Roßnagel/Brönneke, § 312b, Rn. 61.6Lütcke, Fernabsatzrecht, § 312b Rn. 118; Härting, Internetrecht, Rn. 429.7MünchKommBGB/Wendehorst, § 312b Rn. 79.8LG Kleve, MMR 2003, 424.9Roßnagel/Brönneke, § 312b Rn. 73; MünchKommBGB/Wendehorst, § 312b Rn.79; Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 312b Rn. 42.10MünchKommBGB/Wendehorst, § 312b Rn. 79.


C. Bereichsausnahmen des Fernabsatzrechts 113haltsgegenstände des täglichen Bedarfs ordert, zumindest in Deutschlandjedoch keine große praktische Rolle. Die bislang in § 312b Abs. 3Nr. 5 verankerte „Pizza-Klausel“ findet sich <strong>im</strong> geplanten europäischenRecht nun in Art. 19 Abs. 2 a) VRRL-E. Bei außerhalb von Geschäftsräumengeschlossenen Verträgen ist das <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgeschlossenbei a) Verträgen über die Lieferung von Lebensmitteln, Getränken odersonstigen Haushaltsgegenständen des täglichen Bedarfs, die derVerbraucher zuvor unter Einsatz von Fernkommunikationsmittel ausgewählthat und die der Gewerbetreibende, der solche Waren in derRegel in seinen eigenen Geschäftsräumen verkauft, direkt dort abliefert,wo der Verbraucher wohnt, sich aufhält oder arbeitet.2. Pr<strong>im</strong>är touristische DienstleistungenDie Bereichsausnahmen des Art. 3 Abs. 2, 3. Spiegelstrich FARL fürterminierte pr<strong>im</strong>är touristische Dienstleistungen wurden in § 312dAbs. 3 Nr. 6 BGB wörtlich übernommen. Unter die Lieferung von Speisenund Getränken i.S.v. § 312b Abs. 3 Nr. 6 BGB fallen solche gastronomischenDienstleistungen (Catering, Pizza-Dienst), die nicht von§ 312b Abs. 3 Nr. 5 BGB erfasst werden, weil der Unternehmer diesenicht regelmäßig und häufig ausliefert, sondern mittels eines organisiertenFernabsatzsystems vertreibt und zu einem best<strong>im</strong>mten Zeitpunktliefert. Inhaltlich wird die Regelung für ihre willkürliche und zum Teilnicht einleuchtende Differenzierung kritisiert. 1Der Anteil der Online-Reisebucher hat in den vergangenen Jahrenstark zugenommen. Laut einer Erhebung des Verbandes Internet Reisevertrieb(VIR) 2gaben 2003 lediglich 6 Prozent der Deutschen mit Internetzugangan, Reiseleistungen online zu buchen – <strong>im</strong> Januar 2008waren es bereits 38 Prozent. 15 Millionen Deutsche haben bereits eineReise oder einen Teil davon online gebucht – das ist jeder Vierte über14 Jahre. Im Jahr 2007 haben 4,5 Millionen Deutsche eine Unterkunftund 3 Millionen ein Flugticket über das Netz gebucht, 2,6 MillionenSurfer buchten eine komplette Reise.Daher überrascht es nicht, dass die Gerichte sich bereits häufiger mitder Frage befassen mussten, ob best<strong>im</strong>mte touristische Dienstleistungenvom Fernabsatzrecht ausgenommen sind beziehungsweise ob die Ausnahmedes § 312b Abs. 3 Nr. 6 BGB nicht nur für die Erbringer, sondernauch Vermittler solcher Leistungen greift.1Vgl. Schmittmann, K&R 2008, 500, 501.2Pressemitteilung des VIR v. 18. März 2008, http://www.v-i-r.de/presse-pressemitteilungen-pressearchiv-2008.18032008---15-millionen-deutsche-buchen-ihren-urlaub-online.html?m=&s=(Stand: 5.4.<strong>2009</strong>).


114 Teil 2 – Anwendungsbereicha) Reiseleistungen und PauschalreisenDen Schwerpunkt von § 312b Abs. 3 Nr. 6 BGB bilden die pr<strong>im</strong>ärtouristischen Dienstleistungen. Die Vorschrift klammert Dienstleistungen<strong>im</strong> Bereich der Unterbringung aus, womit nur die vorübergehendeBeherbergung (Hotelz<strong>im</strong>mer, Urlaubs-Appartements, Ferienwohnungenetc.) gemeint ist, nicht aber die ständige Überlassung von Wohnraum.Dies ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1, 4. Spiegelstrich FARL, nach der Immobiliengeschäftemit Ausnahme der Vermietung vom Anwendungsbereichder Richtlinie ausgeschlossen werden. Erfasst werden schließlichKombinationen touristischer Leistungen in Form von Pauschalreisen. 1Fraglich ist, wie die Fälle zu behandeln sind, in denen die Reisedienstleistungennicht be<strong>im</strong> Veranstalter direkt, sondern z. B. über eineBuchungsplattform bestellt werden. Ohne jegliche Begründung geht dasLG Berlin 2davon aus, dass es sich be<strong>im</strong> bloßen Betreiber einer Buchungsplattform<strong>im</strong> Internet um einen Reisevermittler, nicht Reiseveranstalterhandelt, die Regelungen über Fernabsatzverträge wegen§ 312b Abs. 3 Nr. 6 BGB jedoch keine Anwendung finden. Reiseveranstalterund auch Reisevermittler könnten gleichermaßen nicht daraufverwiesen werden, einem zweiwöchigen <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgesetzt zusein, so das Gericht.Dies überzeugt nicht. Die Vorschrift des § 312b Abs. 3 Nr. 6 BGBgreift schon dem Wortlaut nach nur dann, wenn der Unternehmer diegenannte Dienstleistung selbst erbringt. 3 <strong>Das</strong> Reisebüro ist aber geradenicht Erbringer der Reisedienstleistung, sondern besorgt ein Geschäft.Geschäftsbesorgungsverträge sind jedoch nicht vom Fernabsatzrechtausgenommen, zumal die Vermittlungsleistung auch nicht zu einembest<strong>im</strong>mten Zeitpunkt oder innerhalb eines best<strong>im</strong>mten Zeitraums zuerbringen ist. An anderer Stelle hat der Gesetzgeber ausdrücklich auchVermittler best<strong>im</strong>mter Dienstleistungen ausgenommen, nämlich in§ 312b Abs. 3 Nr. 3 BGB Versicherungen „sowie deren Vermittlung“.Auch bei weitester Auslegung sind Vermittler jedoch nicht Gegenstandder Ausnahmeregelung des § 312b Abs. 3 Nr. 6 BGB.Von der <strong>im</strong> europäischen Gesetzgebungsverfahren äußerst strittigenAusnahme für pr<strong>im</strong>är touristische Dienstleistungen sollen nur dieDienstleistungserbringer selbst profitieren, wie auch die Entstehungsgeschichtezeigt. Denn während der erste Richtlinienentwurf 4 in Art. 3 inVerbindung mit Anhang II noch allgemein und weitgehend von1Palandt/Grüneberg, § 312b Rn. 16; Tonner, BB 2000, 1413, 1416; Gaertner/Gierschmann,DB 2000, 1601.2LG Berlin, Urteil v. 7.7.2004, 33 O 130/03, RRa 2005, 220.3So auch Roßnagel/Brönneke, § 312b Rn. 80; Erman/Saenger, § 312b Rn. 19 undRamming, ZGS 2003, 60, 61.4FARL-E v. 23.6.1992, ABl. EG Nr. C 156, S. 16.


C. Bereichsausnahmen des Fernabsatzrechts 115„Dienstleistungen, bei denen Reservierungen vorgenommen werden“sprach, wurde der Wortlaut später in „Verträge über die Erbringungvon Dienstleistungen in den Bereichen...“ geändert. Dem Vermittlersteht es frei, das <strong>Widerrufsrecht</strong> durch aktive Zust<strong>im</strong>mung desVerbrauchers zum Erlöschen zu bringen oder den Ablauf technisch sozu gestalten, dass der Verbraucher <strong>im</strong> letzten Bestellschritt direkt be<strong>im</strong>Leistungserbringer bucht.In diesem Sinne entschied auch schon das OLG Karlsruhe 1einenFall, bei dem es um die Frage ging, ob ein Vermittler von Lotteriedienstenden Verbrauchern ein <strong>Widerrufsrecht</strong> einräumen muss. <strong>Das</strong> OLGKarlsruhe bejahte dies. Zwar sei die Lotteriedienstleistung selbst nach§ 312d Abs. 4 Nr. 4 BGB vom Fernabsatzrecht ausgenommen, nichtjedoch der Geschäftsbesorgungsvertrag des Vermittlers. Es seien auchkeine durchgreifenden sachlichen Gründe erkennbar, warum derVerbraucher nicht widerrufen können soll, solange – bildlich gesprochen– der Lottoschein noch bei dem Vermittler liege und dieser sichnoch nicht auf den Weg zur Annahmestelle gemacht hat.b) Beförderung und AutovermietungWährend bislang die h.M. 2 davon ausgeht, dass mit „Beförderung“ nureine solche Form des organisierten Transports gemeint sei, bei dem derVerbraucher nicht selbst am Steuer sitzt (z.B. Flugbuchungen, Busfahrten,Zugreisen, Fähren, öffentlicher Nahverkehr etc.), hat der EuGHentschieden, dass darüber hinaus auch Automietverträge vom Anwendungsbereichder FARL ausgenommen sind. Art. 3 Abs. 2 der FARL istin dem Sinne auszulegen, dass der Begriff „Verträge über die Erbringungvon Dienstleistungen [<strong>im</strong> Bereich] Beförderung“ Automietverträgeumfasst. 3 Zwar wurde die Ausnahmevorschrift wörtlich in das deutscheRecht übernommen; deutsche Gerichte sind an die Auslegung desEuGH bei der Interpretation des § 312d Abs. 3 Nr. 6 BGB jedoch nichtgebunden, da die FARL nationale Abweichungen zugunsten derVerbraucher ausdrücklich zulässt (Art. 14 FARL). 4Der EuGH begründet diese Auslegung damit, dass der Begriff „Beförderung(en)“<strong>im</strong> gewöhnlichen Sprachgebrauch nicht nur dieVerbringung von Personen oder Waren von einem Ort zu einem ande-1OLG Karlsruhe, CR 2002, 682 = GRUR 2002, 730 = NJW-RR 2002, 1127 =MMR 2002, 618.2Siehe nur Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 312b Rn. 47; Staudinger/Thüsing,§ 312b Rn. 81; Lütcke, Fernabsatzrecht, § 312b Rn. 128; Härting,Fernabsatzgesetz, § 1 Rn. 149.3EuGH, NJW 2005, 3055 = MMR 2005, 364 = CR 2005, 651 m. Anm. Junker(easyCar UK Ltd vs. Office of Fair Trading).4Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312b, Rn. 66.


116 Teil 2 – Anwendungsbereichren bezeichne, sondern auch die Arten des Transports und die für dieVerbringung dieser Personen und Waren eingesetzten Mittel. DemVerbraucher ein Beförderungsmittel zur Verfügung zu stellen, gehöredemnach zu den Dienstleistungen, die in den Bereich der Beförderungfallen. Der europäische Gesetzgeber habe weiterhin einen Schutz derInteressen der Anbieter best<strong>im</strong>mter Dienstleistungen einführen wollen,damit diesen keine unverhältnismäßigen Nachteile durch die kostenloseund ohne Angabe von Gründen erfolgende Stornierung von Bestellungenvon Dienstleistungen entstehen.Nach zutreffender Auffassung des AG Hamburg 1 reicht für die Verpflichtungdes Unternehmers, „die Dienstleistungen zu einem best<strong>im</strong>mtenZeitpunkt oder innerhalb eines genau angegebenen Zeitraums zuerbringen“, jedoch nicht aus, dass der Anspruch auf einem Gutschein(z.B. über die Anmietung eines Ferrari) mit zeitlich beschränkter Gültigkeitsdauer(Einlösungsfrist) von einem Jahr beruht. Der Gutscheinkaufvertragist also widerrufbar.c) FreizeitgestaltungDienstleistungen <strong>im</strong> Bereich der Freizeitgestaltung sind insbesondereKonzerte, Theaterveranstaltungen etc., bei denen der Unternehmer nachAuffassung des Gesetzgebers die Veranstaltung nicht mit hinreichenderPlanungssicherheit organisieren kann, wenn der Verbraucher ein <strong>Widerrufsrecht</strong>hätte. Umstritten ist, ob in der Konstellation, in der dieEintrittskarten nicht vom Veranstalter direkt, sondern von einem Zwischenhändlergekauft werden, die Ausnahmeregelung von § 312bAbs. 3 Nr. 6 BGB zur Geltung kommt. <strong>Das</strong> AG München 2entschied,dass der Verkauf von Eintrittskarten durch einen Zwischenhändlergemäß § 312b Abs. 3 Nr. 6 BGB vom Anwendungsbereich der Vorschriftenüber Fernabsatzverträge ausgenommen sei. Die Vermittlungvon Eintrittskarten stelle eine Erbringung von Dienstleistungen <strong>im</strong> BereichFreizeitgestaltung dar. Es sei nicht nötig, dass der Vertragspartnerdie „letztlich angestrebte Dienstleistung“, d.h. die Veranstaltung, selbsterbringt. Ausreichend sei eine „Dienstleistung in Bezug auf dieseDienstleistung.“Diese Ansicht wird von Teilen der Literatur 3gestützt. Hinter demVerkauf von Eintrittskarten stehe die Verpflichtung gegenüber demInhaber, eine Leistung zu erbringen, z.B. Zutritt zu Konzertstättezwecks Besuchs der Veranstaltung zu gewähren. Insofern gehe es „<strong>im</strong>Kern“ also <strong>im</strong> die Erbringung von Dienstleistungen <strong>im</strong> Bereich der1AG Hamburg, Urteil v. 07.06.2006 – 644 C 100/06.2AG München, MMR 2007, 743 = CR 2008, 260 (Ls.).3Schlömer/Dittrich, K&R 2008, 129 ff.


C. Bereichsausnahmen des Fernabsatzrechts 117Freizeitgestaltung, die zu einem best<strong>im</strong>mten Zeitpunkt zu erbringensind. 1Von der Ausnahmeregelung erfasst würden bei richtlinienkonformerAuslegung die Gesamtheit der Verträge, die Dienstleistungen <strong>im</strong>Bereich der Freizeitgestaltung regeln, einschließlich derjenigen, die eineTätigkeit betreffen, die darauf gerichtet ist, dem Verbraucher die Freizeitgestaltungzu ermöglichen. 2Die Regelungen in Art. 3 Abs. 2 FARL und § 312b Abs. 3 BGB seiendarauf gerichtet, die leistenden Unternehmen in best<strong>im</strong>mten Tätigkeitssektorenauszunehmen, weil die Anforderungen der FARL diese Liefererin unverhältnismäßiger Weise belasten könnten. Dies sei insbesonderedann der Fall, wenn eine Leistung bestellt wird und die Bestellungkurz vor dem für die Erbringung der Leistung vorgesehenen Zeitpunktvom Verbraucher storniert wird. Es solle demnach nicht so sein, dasssich ein Verbraucher Konzertkarten kauft, um noch kurz vor Veranstaltungsbeginnwiderrufen zu können. 3Diese Argumentation verfängt nicht. Es mag sein, dass auch Verkäufervon Tickets für Freizeitveranstaltungen Nachteile haben, wenn derVerbraucher den Kaufvertrag widerruft. Dies ändert aber nichts daran,dass– wie bei Reiseleistungen – die Ausnahmevorschrift des § 312bAbs. 3 Nr. 6 BGB schon dem Wortlaut entsprechend nur dann gilt,wenn der Unternehmer diese Dienstleistung selbst erbringt, nicht beieinem Ticketzwischenhändler. Bei einem Ticketzwischenhändler, der <strong>im</strong>eigenen Namen handelt, liegt zudem ein Kaufvertrag, kein Dienstleistungsvertragvor. 4Be<strong>im</strong> Widerruf von Kaufverträgen entstehen jedochstets wirtschaftliche Nachteile, meist von erheblichem Ausmaß, die derGesetzgeber dem Unternehmer aufgebürdet hat. Dies darf aber nicht zubeliebigen Analogiebildungen führen, die vom Wortlaut der Ausnahmetatbeständenicht mehr gedeckt sind.<strong>Das</strong> AG Wernigerode 5 hat daher zutreffend entschieden, dass es sichbe<strong>im</strong> gewerblichen Weiterverkauf von Eintrittskarten <strong>im</strong> Wege desFernabsatzes um einen Kaufvertrag und damit nicht um eine Dienstleistunghandelt, so dass die Ausnahme des § 312b Abs. 3 Nr. 6 BGB fürden Verkäufer nicht gilt. Für diese Ansicht spricht überdies, dass demSinn des § 312b Abs. 3 Nr. 6 BGB entsprechend Dienstleistern einegewisse Planungssicherheit eingeräumt werden soll, nicht jedoch die mitTickets spekulierenden Zwischenhändler geschützt werden sollen. 6 Dem1Schlömer/Dittrich, K&R 2008, 129, 130.2Schlömer/Dittrich, K&R 2008, 129, 130.3Schlömer/Dittrich, K&R 2008, 129, 130.4AG Wernigerode, MMR 2007, 402f. mit zust. Anm. Faustmann, MMR 2007,403f.; Roßnagel/Brönneke, § 312b Rn. 86.5AG Wenigerode, MMR 2007, 402.6Faustmann, MMR 2007, 403.


118 Teil 2 – Anwendungsbereicheuroparechtlich eng auszulegenden Ausnahmetatbestand liegt die Überlegungzugrunde, dass es für Veranstalter häufig schwierig ist, ihreKapazitäten kurzfristigen Änderungen der Marktlage anzupassen. Istdas Ticket jedoch einmal ausgestellt und <strong>im</strong> Vermittler-Vertrieb, kannder Veranstalter ohnehin nicht mehr über Kapazitäten disponieren undes besteht auch bis kurz vor der Veranstaltung noch ein Markt für Ticket-Verkäufe.Zuweilen sind kurz vor einer Veranstaltung sogar höhereVerkaufspreise zu erzielen als lange Zeit davor, so etwa bei der Fußball-WModer Fußball-EM, bei denen Tickets zu einem Vielfachen desAusgangspreises bei eBay und über andere Internet-Portale gehandeltwurden.3. Warenautomaten und öffentliche FernsprecherDie Ausnahmen des § 312b Abs. 3 Nr. 7a und 7b BGB für Warenautomatenund öffentliche Fernsprecher haben für den Internetvertriebkeine praktische Relevanz. Insbesondere ist das Bereitstellen eines Serversnicht mit dem Aufstellen eines Warenautomaten gleichzusetzen, dasonst sämtliche über das Internet geschlossenen Verträge vom Anwendungsbereichdes Fernabsatzrechts ausgenommen wären. Providerverträgesind auch keine Verträge, die unter Verwendung automatisierterGeschäftsräume geschlossen werden, selbst wenn die Freischaltung desNetzzugangs nach Vertragsschluss automatisiert erfolgt. 14. ZwischenergebnisAuch die in § 312b Abs. 3 Nr. 5-7 BGB geregelten Ausnahmen vomFernabsatzrecht beruhen auf einer erfolgreichen Lobbyarbeit und folgenkeiner durchdachten Unzumutbarkeitsbewertung. Wenig präzise ist dieRegelung des § 312b Abs. 3 Nr. 5 BGB, der sog. „Pizza-Klausel“, daSupermärkte auch Elektroartikel, Fahrräder oder Kleidung anbieten.Geschützt werden soll der in diesem Bereich agierende Kleinhandel; dasFernabsatzrecht soll für langlebige Konsumgüter oder Luxusartikelanwendbar bleiben. Die Grenzziehung ist aber schwierig. Nicht ausgenommensind solche Güter, die nicht häufig und regelmäßig nachgefragtwerden, sondern deren Anschaffung typischerweise eine gründlicheÜberlegung vorausgeht.Im Jahr 2005 entschied der EuGH, dass auch Automietverträge eineBeförderungsdienstleistung und somit eine Ausnahme vom Anwendungsbereichder FARL darstellen. 312b Abs. 3 Nr. 6 BGB ist nachrichtiger Ansicht aber nicht auf Reisevermittler anwendbar. Geschäfts-1LG Hamburg, CR 2001, 475, 476.


C. Bereichsausnahmen des Fernabsatzrechts 119besorgungsverträge, die von einem Reisebüro abgeschlossen werden,sind nicht vom Fernabsatzrecht ausgenommen, zumal die Vermittlungsleistungauch nicht zu einem best<strong>im</strong>mten Zeitpunkt oder innerhalbeines best<strong>im</strong>mten Zeitraums zu erbringen ist. An anderer Stelle hat derGesetzgeber ausdrücklich auch Vermittler best<strong>im</strong>mter Dienstleistungenausgenommen, nämlich in § 312b Abs. 3 Nr. 3 BGB Versicherungen„sowie deren Vermittlung“.Entsprechend den Reisevermittlungen ist auch der die Vermittlungvon Eintrittskarten durch einen Ticketzwischenhändler auszulegen. Beieinem Ticketzwischenhändler, der <strong>im</strong> eigenen Namen handelt, liegt keinDienstleistungsvertrag, sondern ein Kaufvertrag vor. Be<strong>im</strong> Widerrufvon Kaufverträgen entstehen jedoch stets wirtschaftliche Nachteile,meist von erheblichem Ausmaß, die der Gesetzgeber dem Unternehmeraufgebürdet hat. Dies darf aber nicht zu beliebigen Analogiebildungenführen, die vom Wortlaut der Ausnahmetatbestände nicht mehr gedecktsind.IV. ReihenvorgängeDie von der FARLFDL vorgesehenen Regelungen für Dauerschuldverhältnissewerden unter Verweis auf Erwägungsgrund 10 FARL aufsämtliche Fernabsatzverträge ausgedehnt. Da <strong>im</strong> Erwägungsgrund 10FARL auf den „Gesamtvorgang, der sukzessive und gleichartige Vorgängeumfasst“ abgestellt wird, dürfte die Ausweitung zwar gemeinschaftsrechtlichzulässig sein, 1bei Waren und allgemeinen Dienstleistungenjedoch nur einen engen Anwendungsbereich haben. Wenn sichwesentliche Eigenschaften der Ware oder Dienstleistung unterscheiden,können keine gleichartigen Vorgänge vorliegen. Eine Rahmenvereinbarungeines Online-Händlers mit einem Kunden dürfte daher regelmäßigausscheiden. 2 Diese Schlechterstellung des Verbrauchers <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong>durch Umsetzung der europäischen Vorschriften für Finanzdienstleistungen<strong>im</strong> gesamten Fernabsatzrecht müsste nach Umsetzung desVRRL-E, sollte sich dieser so durchsetzen, aufgehoben werden, weil dasdort verankerte Vollharmonisierungsprinzip keine nationalen Spezialvorschriftenfür Reihenvorgänge <strong>im</strong> Nicht-Finanzdienstleistungsbereichzulässt.1In der DAV-Stellungnahme vom August 2003 begrüßte der Deutsche Anwaltvereindie Regelung, empfahl aber dem BMJ zu prüfen, ob eine Änderung der FARL zurVermeidung eines Verstoßes betrieben werden sollte.2Rott, BB 2005, 53, 55. Anders bei sukzessiven Teillieferungen gleichartiger Ware(z.B. Sammeltassen).


120 Teil 2 – AnwendungsbereichD. Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong>D. Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong>In § 312d Abs. 4 BGB n<strong>im</strong>mt der Gesetzgeber einige Verträge vom<strong>Widerrufsrecht</strong> aus. Als Grund für die weiteren Ausschlüsse wird ebensowie bei den Ausnahmen vom Fernabsatzrecht auch hier genannt,dass bei den jeweiligen Verträgen der Widerruf für den Unternehmerunzumutbar erscheint. 1<strong>Das</strong> Vorliegen eines Ausnahmetatbestands istnach der Systematik des Gesetzes vom Unternehmer zu beweisen. 2<strong>Das</strong> Kriterium der Unzumutbarkeit allein hilft jedoch bei der Auslegungder Ausnahmetatbestände nicht weiter. Der europäische und derdeutsche Gesetzgeber sehen vielmehr das <strong>Widerrufsrecht</strong> bei Fernabsatzverträgengrundsätzlich als für den Unternehmer zumutbar an,obwohl eine Rücknahme der Ware für den Unternehmer fast <strong>im</strong>mer mitwirtschaftlichen Nachteilen verbunden ist. 3Überwiegend wird daherangenommen, dass eine analoge Anwendung der Regelungen des§ 312d Abs. 4 BGB zulasten des Verbrauchers daher auch nicht mit derzu Grunde liegenden Begründung, ein <strong>Widerrufsrecht</strong> sei dem Unternehmernicht zumutbar, in Frage komme. 4Auffällig ist allerdings, dass es sich bei den Ausnahmen in Abs. 4 einerseitsum einzeln nummerierte konkrete Fallgruppen handelt, die aufAktivitäten der jeweiligen Branchenverbände zurückzuführen sind (z.B.§ 312d Abs. 4 Nr. 2 und 3 BGB) und andererseits sehr unbest<strong>im</strong>mteFallgruppen in einer Nummer zusammengefasst werden (§ 312d Abs. 4Nr. 1 BGB). Ein einheitliches Konzept ist nicht erkennbar. 5I. Entstehung und Entwicklung der AusnahmetatbeständeWie bei den Ausnahmen vom Fernabsatzrecht stellt sich auch bei denAusnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> die Frage, inwieweit der Grundsatzder engen Auslegung von Ausnahmetatbeständen durchbrochen werdendarf, um die Verfassungswidrigkeit der Ausnahmetatbestände zu vermeiden.Die Entstehungsgeschichte der Ausnahmetatbest<strong>im</strong>mungenkönnte sich für die Auslegung fruchtbar machen lassen.1FernAbsG-RegE, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/2658, S. 44; vgl. auch Grigoleit NJW 2002,1151, 1153.2Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 312d Rn. 33.3BGH, NJW 2003, 1665, 1666 = MMR 2003, 463.4Siehe nur Staudinger/Thüsing, § 312d Rn. 44; Lütcke, Fernabsatzrecht, § 312dRn. 66.5Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312d, Rn. 9.


D. Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> 1211. Ausnahmetatbestände der FARL 1997Die Ausnahmetatbestände des Art. 6 Abs. 3 FARL waren von Beginn angenauso umstritten wie die Ausnahmen vom Anwendungsbereich derRichtlinie. Während die Verbraucherschützer sich für möglichst wenigeAusnahmen aussprachen, sah die Unternehmerseite vielfach keineSchutzbedürftigkeit des Verbrauchers. Daran hat sich ebenfalls bis heutenichts geändert. Erst 1995 wurde ein Gemeinsamer Standpunkt 1 veröffentlicht,der eine Differenzierung zwischen Verträgen einführte, die generellvon der Richtlinie ausgenommen werden und solchen, für die u.a.die Vorschriften über das <strong>Widerrufsrecht</strong> (Art. 6) und die Erfüllung desVertrages (Art. 7 Abs. 1) keine Anwendung finden sollten 2 und u.a. demWunsch des Europäischen Parlaments Rechnung trug, das <strong>Widerrufsrecht</strong>nicht für Dienstleistungen vorzusehen, „bei denen Reservierungenvorgenommen werden“ (Begründung III 7 iii).Interessanterweise hielt es der Rat dagegen „nicht für zweckmäßig,Erzeugnisse der Körperpflege auszuschließen“ (Begründung III 7 vii).Die Gründe hierfür bleiben <strong>im</strong> Dunkeln. Auch hier ließe sich argumentieren,dass der Unternehmer durch die Rücknahme solcher Produkteunangemessen benachteiligt wird, weil er sie zumindest <strong>im</strong> Falle einer„Prüfung“ durch den Verbraucher nicht weiterveräußern kann, da einMarkt für gebrauchte Zahnbürsten, Deoroller oder Kosmetika zweifelsohnenicht besteht. In den Erwägensgründen der finalen Fassungwird der Grund für die Ausnahme best<strong>im</strong>mter Verträge vom Anwendungsbereichvom <strong>Widerrufsrecht</strong> nicht genannt. Dies ist auch plausibel,da bis zum Schluss Dissens darüber bestand, ob die „richtigen“Verträge ausgenommen werden. Der europäische Gesetzgeber hattekeinen Anlass, auch noch offen zu legen, dass kein überzeugendes Gesamtkonzeptexistiert, sondern sich einfach die hartnäckigsten Lobbyistendurchgesetzt haben.2. Umsetzung <strong>im</strong> deutschen RechtIm deutschen Recht wurden in § 312d Abs. 4 BGB die Ausnahmetatbeständedes Art. 6 Abs. 3 FARL nahezu wörtlich umgesetzt. Lediglichdas Erlöschen des <strong>Widerrufsrecht</strong>es bei Dienstleistungen (Art. 6 Abs. 3,erster Spiegelstrich FARL) ist an anderer Stelle in § 312d Abs. 3 BGBgeregelt 3 und Auktionen sind – anders als <strong>im</strong> europäischen Recht nach1Gemeinsamer Standpunkt (EG) Nr. 19/95 vom Rat v. 29.06.1995, http://eurlex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:51995AG1030(01):DE:HTML(Stand: 5.4.<strong>2009</strong>).2Grabitz/Hilf/Micklitz, Richtlinie 97/7/EG, Rn. 19.3Änderung mit BesVertG-RegE, in Kraft ab 4.8.<strong>2009</strong> (BGBl. I <strong>2009</strong>, S. 2413).


122 Teil 2 – AnwendungsbereichArt. 3 Abs. 1, fünfter Spiegelstrich FARL – nicht vom Anwendungsbereichinsgesamt, sondern nur vom <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgenommen, jedochnur, soweit es sich um Versteigerungen i.S.d. § 156 BGB handelt(§ 312d Abs. 4 Nr. 5 BGB).Eine eigenständige Begründung, warum gerade die in Art. 6 Abs. 3FARL genannten Verträge ausgenommen werden, liefert der deutscheGesetzgeber nicht. Er beschreibt lediglich, dass es sich um Verträgehandelt, denen ein spekulatives Element innewohnt (z. B. Lotterieverträge)oder in denen die Ware „nach Benutzung oder ansonsten wertlosgeworden und deshalb ein <strong>Widerrufsrecht</strong> für den Unternehmer nichtzumutbar ist.“ 1 Diese sehr allgemeine Begründung passt sowohl für diein § 312d Abs. 4 BGB genannten Fälle, z.B. Anfertigungen nach Kundenspezifikationen,Waren, die nicht für eine Rücksendung geeignetsind, entsiegelte Software-Datenträger, Zeitungen und Zeitschriften,aber eben auch für eine Vielzahl anderer Fälle, z.B. all die Fälle, in denender Kunde Waren anbricht, deren best<strong>im</strong>mungsgemäßer Gebrauchin ihrem Verbrauch liegt. 23. Ausnahmetatbestände des VRRL-E 2008Im Zuge der Konsultation über die FARL wurde wieder intensiv überdie Sinnhaftigkeit der Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> diskutiert. Wieschon <strong>im</strong> Vorfeld des Erlasses der FARL driften die Positionen der Interessenverbändenach wie vor weit auseinander und die Argumente derHandelslobby einerseits und der Verbraucherlobby andererseits sind <strong>im</strong>Wesentlichen gleich geblieben.a) Stark abweichende Positionen der InteressenverbändeBesonders große und besonders gegensätzliche Resonanz hat die EuropäischeKommission auf die Frage erhalten, ob die Ausnahmen vom<strong>Widerrufsrecht</strong> überarbeitet, erweitert oder gestrichen werden sollten. 31FernAbsG-RegE, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/2658, S. 44.2Beispiele von Schirmbacher, Verbrauchervertriebsrecht, S. 237.3Summary Of Responses, p. 10: „Many businesses argue in favour of the introductionof an exclusion from the Directive on the grounds of hygiene and/or healthand safety. This is supported by a couple of Member States. A number of items suchas underwear, electrical goods, digital cameras, jewellery are mentioned on severaloccasions. Some suggest the introduction of such an exemption. Others require aclarification of the exemption for goods which because of their nature cannot bereturned (Article 6 (3) third indent) because of interpretation problems in someMember States. An introduction of a duty of care on the consumer whilst goods arein her or his possession has been often mentioned in the answers to this question. …Goods made to the consumer specifications/personalised – The Commission hasreceived submissions asking for more clarity or a deletion of the exemption at Article


D. Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> 123Viele Interessenvertreter der Wirtschaft sprechen sich dafür aus, dasseine zusätzliche Ausnahme vom <strong>Widerrufsrecht</strong> für solche Artikel eingeführtwird, die aus Hygiene-, Gesundheits- oder Sicherheitsgründennach einer Nutzung nicht wieder verkauft werden können. 1SolcheProdukte können derzeit nicht mit hinreichender Gewissheit unter dieAusnahme für die Waren, die „aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht zurRücksendung geeignet“ sind, subsumiert werden. 2Denkbar wäre ausSicht der Wirtschaft alternativ zu einer konkreten Erweiterung desAusnahmekataloges auch die Einführung einer generellen Ausnahme inArt. 6 FARL für solche Fälle, in denen die Ware aufgrund ihres Zustandszum Weiterverkauf ungeeignet ist. 3Vorgeschlagen wird zudemeine generelle Ausnahme für geringwertige Transaktionen. 4Hingegen verlangen Verbraucherschützer eine Streichung der Ausnahmefür Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt wurden, dadie Maßanfertigung nicht zu einer engeren Beziehung zwischenVerbraucher und Lieferer führe. 5 Auch entsiegelte Audio-, Video- oderSoftware-Datenträger sollten nach dem Willen der Verbraucherschutzvertreterebenso wie Downloads nicht vom <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgenommenwerden, 6 während die Wirtschaft wegen der Möglichkeit der Vervielfältigungund weiteren Nutzung nach Ausübung des<strong>Widerrufsrecht</strong>es die Einführung einer expliziten Ausnahme für Downloads7 oder generell für sämtliche urheberrechtlich geschützten Waren 1fordert.6 (3) third indent.” http://ec.europa.eu/consumers/cons_int/safe_shop/dist_sell/sum_responses_consultations_en.pdf, (Stand: 5.4.<strong>2009</strong>).1bvh-Stellungnahme Schuldrechtsreform, S. 16; BRD-Stellungnahme v. 21.09.2006, S. 7.2Ausführlich dazu: Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2008, 3751ff.3WBZ- Stellungnahme v. 20.11.2006, S. 5 f.; bvh-Stellungnahme Schuldrechtsreform,S. 12.4Summary of Responses, p. 11. So bereits Schirmbacher, Verbrauchervertriebsrecht,S. 237, der vorschlägt, Verträge auszunehmen, bei denen die Leistung desVerbrauchers 20 € nicht übersteigt.5beuc, BEUC/X/085/2006, 1.12.2006, p. 9. So schon heute die Rechtslange inGriechenland, Estland, Litauen und Schweden; Vgl. Schulte-Nölke, Kompendium,S. 588f.6beuc, BEUC/X/085/2006, 1.12.2006, p. 9; a.A. The Consumer Council of Norway,12.10.2006, p. 4: “There are some practical difficulties connected with returninga file downloaded over the Internet. In some cases it might be possible to somehowmake sure that the consumer deletes the file. However, this would <strong>im</strong>ply somesort of surveillance of consumer’s computers and this would not be desirable. Consequently,an exception from the right to with drawl with regard to files downloadeddoes seem reasonable.”7WBZ- Stellungnahme v. 20.11.2006; Derzeit ist strittig, ob Downloads alsDienstleistungen einzustufen sind, so dass das <strong>Widerrufsrecht</strong> erlischt (so z.B. dasBundesjustizministerium in Gestaltungshinweis 9 der Muster-Widerrufsbelehrung)


124 Teil 2 – Anwendungsbereichb) Weitgehend unveränderter Katalog der AusnahmenAngesichts der lebhaften Diskussion um die Überarbeitung, Erweiterungoder Streichung der Ausnahmetatbestände hätte man von derEuropäischen Kommission erwartet, dass sie sich mit den einzelnenAusnahmen und deren Begründung noch einmal intensiv befasst undggf. eine überzeugendere Systematik als bislang einführt. <strong>Das</strong> ist jedochnicht der Fall, vielmehr plant die Kommission, den Ausnahmekatalog inArt. 19 VRRL-E <strong>im</strong> Wesentlichen unverändert zu lassen.Neu ist allerdings, dass Auktionen gemäß Art 19 Abs. 1 h) VRRL-Enicht mehr wie bislang (Art. 3 Abs. 1, 5. Spiegelstrich FARL) vom Anwendungsbereich,sondern nur noch vom <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgenommenwerden sollen und eine weitere Ausnahme in Art. 19 Abs. 1 d) VRRL-Eeingeführt wird, wenn Wein geliefert wird, dessen Preis be<strong>im</strong> Abschlussdes Kaufvertrags vereinbart wurde, dessen Lieferung aber erst nachAblauf der in Artikel 22 Absatz 1 genannten Frist erfolgen kann unddessen aktueller Wert von Schwankungen auf dem Markt abhängt, aufdie der Gewerbetreibende keinen Einfluss hat.Eine wesentliche Änderung ist auch, dass die Ausnahme des Art. 6Abs. 3, 3. Spiegelstrich FARL für Waren, die aufgrund ihrer Beschaffenheitnicht für eine Rücksendung geeignet sind, in Art. 19 Abs. 1 c)VRRL-E nicht mehr vorkommt. Eine Begründung hierfür ist <strong>im</strong> VRRL-E allerdings nicht enthalten. Auch aus dem Konsultationsverfahrenergibt sich nur, dass eine Klarstellung, nicht jedoch eine Streichungdieses Ausnahmetatbestandes verlangt wurde.Die Europäische Kommission begründet die vorgeschlagenen Ausnahmenin den Erwägensgründen 33 und 34 VRRL-E noch mit zweiArgumenten. Zum einen sei ein <strong>Widerrufsrecht</strong> bei best<strong>im</strong>mten Produktenwegen deren Art unangemessen, z.B. wenn die Waren lange Zeitnach Vertragsabschluss geliefert würden und ihr Wert von Marktpreisschwankungenabhängen würde wie z.B. bei „vin en pr<strong>im</strong>eur“. 2Zumanderen sei es „unbillig“, wenn bei Fernabsatzverträgen über Dienstleistungen– z.B. Datendownloads – dem Verbraucher ein <strong>Widerrufsrecht</strong>zustehen würde, nachdem der Dienst voll oder teilweise genutztwurde. Daher müsse der Verbraucher das <strong>Widerrufsrecht</strong> verlieren,oder ob Downloads Warenlieferungen sind, die nicht vom <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgenommensind (so z.B. Hoeren/Sieber/<strong>Föhlisch</strong>, Teil 13.4 Rn. 260 m.w.N.)1bvh-Stellungnahme Schuldrechtsreform, S. 15.2Erwägensgrund 33 VRRL-E. „Es sollte best<strong>im</strong>mte Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong>geben, etwa in Fällen, in denen ein <strong>Widerrufsrecht</strong> in Anbetracht der Eigenartdes Produkts nicht zweckmäßig wäre. Dies gilt beispielsweise für Verträge überWein, der erst lange nach Abschluss eines Vertrags spekulativer Art geliefert wird;der Wert des Weins hängt dabei von den Schwankungen der Marktpreise ab (vin enpr<strong>im</strong>eur).“


D. Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> 125wenn der Leistungsbeginn mit seiner ausdrücklichen Zust<strong>im</strong>mung erfolgt,so die Kommission. 14. ZwischenergebnisWie schon bei den Ausnahmen vom Anwendungsbereich des Fernabsatzrechtsmacht es die kontroverse Diskussion der Interessengruppenüber viele Jahre schwierig, den Willen des historischen Gesetzgebers zuermitteln und bei der Auslegung der Normen heranzuziehen. Aus derEntstehungsgeschichte der Ausnahmeregelungen kann lediglich gefolgertwerden, dass die Fernabsatzvorschriften einen möglichst weitenAnwendungsbereich genießen sollen und lediglich wenige Verträgeausgenommen sein sollen. Die Rechtfertigung für die konkreten Ausnahmenist jedoch bis heute strittig und bleibt weitgehend <strong>im</strong> Dunkeln.Im Laufe der Gesetzgebungsverfahren auf europäischer Ebene wurdenArgumente für und gegen die Unzumutbarkeit beziehungsweise Unzweckmäßigkeitdes <strong>Widerrufsrecht</strong>s bei best<strong>im</strong>mten Vertragstypengleichermaßen vorgebracht und diskutiert. <strong>Das</strong>s es letztlich gerade zuden bekannten Ausnahmen gekommen ist, beruht überwiegend darauf,dass best<strong>im</strong>mte Interessenvertreter bessere Arbeit geleistet haben alsandere. Inhaltlich ist jedoch nicht nachvollziehbar, warum nicht entwedergar keine oder sehr viel mehr Verträge ausgenommen werden.Nicht nachvollziehbar ist, warum die Kommission vorschlägt, künftigauf die Ausnahme für Verträge über aufgrund ihrer Beschaffenheitnicht zur Rücksendung geeignete Waren zu verzichten, da diese unerlässlichist, um evident unangemessene Ergebnisse, nämlich einen wirtschaftlichenTotalverlust des Unternehmers, bei der Rückgabe vongebrauchter Unterwäsche, Hygieneartikeln, angebrochenen Kosmetika,Arzne<strong>im</strong>itteln oder „getestetem“ Piercingschmuck zu vermeiden. 2 Vordergründigsprechen die geplante Streichung der Ausnahme für Verträgeüber aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht zur Rücksendung geeigneteWaren zwar für eine beabsichtigte Ausweitung des Verbraucherschutzes.Auf der anderen Seite sollen Weinverkäufer begünstigt werden, dieWaren später als 30 Tage nach Bestellung liefern. Dies ist mit Blick auf1Erwägensgrund 34 VRRL-E: „Bei Fernabsatzverträgen über die Erbringung vonDienstleistungen, deren Erfüllung bereits während der Widerrufsfrist beginnt (z. B.Datensätze, die der Verbraucher in dieser Zeit herunterlädt), wäre es ebenfalls unbillig,wenn der Verbraucher den Vertrag widerrufen dürfte, nachdem er die Dienstleistungganz oder teilweise in Anspruch genommen hat. Deshalb sollte der Verbrauchersein <strong>Widerrufsrecht</strong> verlieren, wenn die Erfüllung mit seiner zuvor ausdrücklicherteilten Zust<strong>im</strong>mung beginnt.“2Dazu sogleich Teil 2 D III 3 d).


126 Teil 2 – Anwendungsbereichdie Schnelllebigkeit des Internethandels und die Erwartungen desVerbrauchers, dass eine Ware möglichst sofort geliefert werden sollte,nicht zu rechtfertigen und spricht eher für eine beabsichtige Ausweitungdes Unternehmerschutzes. Ähnlich verhält es sich bei der Ausnahme dereBay-Versteigerungen aus dem <strong>Widerrufsrecht</strong>. Diese lässt sich mitkeinem sachlichen Grund rechtfertigen, da hier die gleiche Gefährdungslagewie bei Käufen über „normale“ Onlineshops besteht. 1Diebereits gemachte Erfahrung zeigt, dass das <strong>Widerrufsrecht</strong> keinenachteilige Auswirkung auf den Markt der Internetauktionen hat unddieses Geschäftsfeld nicht gefährdet. 2<strong>Das</strong>s die übrigen Ausnahmetatbestände nach wie vor umstritten sindund gleichwohl so belassen wurden, lässt sich für die historischteleologischeAuslegung nicht fruchtbar machen. Der europäische Gesetzgeberhat sich schlichtweg den Praxisproblemen nicht gestellt. Einüberzeugendes Gesamtkonzept für die Ausnahmen ist nach wie vornicht erkennbar. Im Gegenteil: durch die Streichung einer seit dem Jahr2000 gültigen Ausnahme, die mangelnde Überarbeitung der übrigenbekannten Ausnahmen und die Einführung einer neuen, nicht zu rechtfertigendenAusnahme wird weder der Internethandel florieren nochder Verbraucherschutz funktionieren. Die Kommission war bedauerlicherweisenicht gewillt, sich der politischen Diskussion erneut zu stellenund hat es <strong>im</strong> VRRL-E <strong>im</strong> Wesentlichen bei den aktuell geltenden Ausnahmetatbeständenbelassen, obwohl aus der Praxis wichtige Vorschlägezur Erweiterung, Streichung oder Klarstellung des Ausnahmekatalogesvorgebracht wurden. Der europäische Besitzstand wurdeweitgehend so belassen wie er ist.II. Nach Kundenspezifikation angefertigte oder eindeutigpersonalisierte WareDie Merkmale „nach Kundenspezifikation angefertigt“ und „eindeutigauf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten“ (§ 312d Abs. 4 Nr. 1,1. u. 2. Var. BGB) sind in der Praxis schwer zu trennen. 3 Die Ausnahmevorschriftgeht auf Art. 6 Abs. 3, 3. Spiegelstrich FARL zurück, die<strong>im</strong> deutschen Recht wörtlich umgesetzt wurde. Der deutsche Gesetzgeberbegründet die Ausnahme sehr allgemein damit, dass die Ware infolgeder Individualisierung wertlos geworden und deshalb ein Widerrufs-1Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten, S. 12; <strong>Föhlisch</strong>, MMR <strong>2009</strong>,75, 79;2Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten, S. 12.3Aigner/Hofmann, Fernabsatzrecht <strong>im</strong> Internet, Rn. 99; Härting, Internetrecht,Rn. 568.


D. Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> 127recht für den Unternehmer nicht zumutbar sei. 1Dem Unternehmer istnicht zumutbar, Waren zurück zu nehmen, die anderweitig nicht mehrverwendbar sind und für die kein Markt besteht. 21. Abgrenzung der FallvariantenTeilweise wird angenommen, der Begriff des Zuschnitts auf die persönlichenBedürfnisse sei weiter gefasst als jener der Kundenspezifikation.Hierunter fielen Konstellationen, in denen der Kunde nicht selbst dieSpezifikation angegeben, sondern sich nach Gestaltungsmöglichkeitenaus dem Angebot des Unternehmers eine individuelle Kompositionzusammengestellt hat. 3 Überwiegend wird jedoch zu Recht davon ausgegangen,dass auch eine Personalisierung nur denkbar ist, wenn dieWaren nach den Vorgaben des Verbrauchers, also nach Kundenspezifikation,hergestellt werden. 4Die Personalisierung ist also notwendigerweiseein Unterfall der Kundenspezifikation. 5Praktisch gelangen aberbeide Ansichten zu dem gleichen Ergebnis, weil auch die erste Auffassungdavon ausgeht, dass die Ausnahme für personalisierte Waren engauszulegen ist. Ein persönlicher Zuschnitt könne erst dann angenommenwerden, wenn die vom Kunden gewählte Komposition so speziellist, dass sich das hieraus entstandene Produkt bei anderen Kunden nurunter großen Schwierigkeiten und mit erheblichem Wertverlust veräußernlässt. 62. Umsetzung in anderen europäischen MitgliedsstaatenDie meisten Mitgliedstaaten haben die Ausnahme des Art. 6 Abs. 3, 3.Spiegelstrich ebenfalls wortgleich umgesetzt. 7Hingegen gibt es aucheinige Abweichungen. Griechenland hat in Anwendung des Mindestharmonisierungsprinzipsüberhaupt keine Vorschriften zur Umsetzungdieser Ausnahmeregelung erlassen, d.h. hier können auch maßgefertigte,personalisierte, schnell verderbliche oder aufgrund ihrer Beschaffenheitzur Rücksendung nicht geeignete Waren zurückgegeben werden.Auch nach dänischem und die schwedischem Fernabsatzrecht sind nachKundenspezifikation angefertigte Waren nicht vom <strong>Widerrufsrecht</strong>1BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/2658, S. 44.2Hk-VertriebsR/Tonner, § 312d Rn. 27.3Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 312d Rn. 34.4Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312d, Rn. 13; MünchKommBGB/Wendehorst, § 312d Rn. 27; Erman/Saenger, § 312d, Rn. 22.5Wilmer/Hahn, Fernabsatzrecht, § 312d, Rn. 20.6Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 312d Rn. 34.7Vgl. zum Ganzen: Schulte-Nölke, Kompendium, S. 588 ff.


128 Teil 2 – Anwendungsbereichausgenommen. Allerdings können die Vertragsparteien in Dänemarkvereinbaren, dass der Lieferer mit der Herstellung der Waren vor Ablaufder Widerrufsfrist beginnen kann, was zur Folge hat, dass mitBeginn der Produktion das <strong>Widerrufsrecht</strong> des Verbrauchers erlischt. 1In Finnland, Lettland und Schweden sind Waren, die auf die persönlichenBedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind, nicht vom <strong>Widerrufsrecht</strong>ausgenommen. 23. Eindeutige Fälle individualisierter WareEine Kundenspezifikation liegt eindeutig dann vor, wenn der Verbraucherindividuelle Vorgaben für die Anfertigung des Produktes gegebenhat. 3Für den <strong>Onlinehandel</strong> bedeutet dies, dass der Verbraucher in einemfreien Textfeld Maße oder Texte eingegeben haben oder Dateienmit Grafiken bzw. Fotos hochgeladen haben muss, die dann für dieAnfertigung der Ware verwendet werden. Hierunter fallen unproblematischWaren, die eine eindeutige Individualisierung aufweisen wie Bekleidungoder Tassen mit vom Kunden übermittelten Fotos,Schmuckstücke mit Namensgravuren, nach individuellen Maßeingabendes Kunden zugeschnittene Maßkleidung 4 oder nach den vom Kundenfrei eingegebenen Maßen gefertigten Duschkabinen.Anwendbar sind die Ausnahmen weiterhin auf zugeschnittene Stoffe,meterweise abgeschnittene Seile, Boxenkabel oder ähnliche Waren, dienur mit erheblichem Aufwand weiterveräußert werden können. Nichtnach Kundenspezifikation angefertigt ist allerdings eine als Paket verkaufteSammlung mit zugeschnittenen Stoffresten oder ein Kabel einerbest<strong>im</strong>mten Standard-Länge, wenn dieses herstellerseitig so ausgeliefertwird. 5Ausgenommen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> sind auch Leiterplatten, dienicht lediglich nach Maßgabe von Standardbauteilen gefertigt werden,so dass keine konfektionierte Ware geliefert wird. 64. Eindeutige Fälle nicht individualisierter WareNicht vom <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgenommen ist hingegen Konfektionsware,die speziell auf Kundenwunsch bestellt wird (sog. Streckengeschäft). 7Es ist üblich, dass Onlinehändler kein eigenes Lager unterhalten und die1§ 18 Abs. 6 VerbVertG (DK).2Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium, S. 589.3Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 312d Rn. 34.4Erman/Saenger, § 312d Rn. 23.5Vgl. Kaestner/Tews, WRP 2005, 1335.6LG Essen, JurPC Web-Dok. 312/2003.7LG Memmingen, JurPC Web-Dok. 116/2004.


D. Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> 129Ware erst auf Bestellung des Kunden vom Hersteller produziert wird.Abgesehen davon, dass solche Ware schon vom Wortlaut nicht erfasstwird, würde eine Ausnahme auch dem Zweck des Fernabsatzrechtszuwider laufen, da dann praktisch jede Ware vom <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgenommenwerden könnte.Die Vorschrift des § 312d Abs. 4 Nr. 1, 1. u. 2. Var. BGB findetnach dem Wortlaut auch keine Anwendung auf bloß selten nachgefragte,aber nicht weiter bearbeitete Serienartikel, auch wenn sich für denUnternehmer vergleichbare Schwierigkeiten bei der Weiterveräußerungergeben. 1Vom Anwendungsbereich des § 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB istauch Standard-Software ausgeschlossen, 2hier kommt allenfalls einAusschluss wegen Entsiegelung (Nr. 2) in Betracht.Überdies wird vorgeschlagen, das <strong>Widerrufsrecht</strong> solle nicht für dieFälle ausgeschlossen werden können, in denen der Unternehmer dieWare selbst personalisiert und noch nicht mit der Anfertigung oder demZuschnitt auf die persönlichen Bedürfnisse begonnen hat und der Kundebereits in diesem frühen Stadium widerruft. 3Eine solche teleologischeReduktion der Ausnahmevorschrift ist sachgerecht, da der Unternehmerhier kein berechtigtes Interesse an einem Ausschluss hat.Allerdings dürfte in der Praxis der Nachweis, dass mit der Personalisierungnoch nicht begonnen wurde, nur schwer gelingen.5. Built-to-Order (BTO)-ProdukteSchwieriger zu beurteilen ist, inwieweit sog. „Built-to-Order“(BTO)-Produkte, d.h. modular aufgebaute Waren, die nach Kundenwunschkombiniert werden, auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten unddaher vom <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgenommen sind. Dies könnte zu derAnnahme verleiten, dass sämtliche BTO-Produkte vom <strong>Widerrufsrecht</strong>ausgenommen sind. 4Eine solche Auslegung würde aber dazu führen,dass quasi jede Konfektionsware vom <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgenommenwerden könnte, indem der Unternehmer stets eine interaktive Zusammenstellungder Einzelkomponenten anbietet, was bei Online-Shopsleicht möglich ist.Die Frage, ob BTO-Produkte vom Widerruf ausgenommen sind,wurde in einem Fall bereits vom BGH entschieden und spielt <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong>eine große praktische Rolle, weil hier dem Verbraucher häufigermöglicht wird, mit Hilfe von Online-Applikationen aus verschiedenen1MünchKommBGB/Wendehorst, § 312d Rn. 23.2LG Memmingen, K&R 2004, 359.3Micklitz/Reich/Micklitz, S. 28; MünchKommBGB/Wendehorst Rn. 25.4Gaernter/Gierschmann, DB 2000, 1601, 1603.


130 Teil 2 – AnwendungsbereichKomponenten, Farben, Größen etc. sein individuelles Produkt zusammenzustellen.a) Baukasten-PCsBesonders häufig kommt es vor, dass PCs vom Verbraucher individuellkonfiguriert werden können. So bietet etwa der ComputerherstellerDell an, ein Notebook zusammenzustellen, wobei Farbe, Prozessor,Speicher, Grafikkarte, Bildschirm, optische Laufwerke, Webcam sowieKommunikationsverbindungen aus einer vorgegebenen Auswahl ausgewähltwerden können. Fraglich ist, ob solche Sachverhalte dem fernabsatzrechtlichen<strong>Widerrufsrecht</strong> unterliegen oder nicht.aa) Notebook-Urteil des BGHDer BGH 1 hatte einen Fall zu entscheiden, in dem es um ein Notebookging, das nach den Wünschen des Kunden aus vorgefertigten Standardbauteilenzusammengesetzt worden war. Der BGH verneinte einenAusschluss des <strong>Widerrufsrecht</strong>es gemäß § 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB undlegte die Frage zur Auslegung der Vorschrift auch nicht dem EuGHvor, obwohl § 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB den Art. 6 Abs. 3 dritter Spiegelstrichder FARL wörtlich umsetzt. Allerdings gebietet der Richtliniengesetzgeberderzeit nur, den Mindeststandard zu wahren. Die Vorlagepflichtnach Art. 234 Abs. 3 EG-Vertrag reicht jedoch nur soweit, wieder Befehl des Richtliniengesetzgebers reicht. 2 Dies entbindet den BGHaus der Pflicht, in dieser Frage den EuGH anzurufen.<strong>Das</strong> <strong>Widerrufsrecht</strong> des Verbrauchers sei nur dann wegen Anfertigungder Ware „nach Kundenspezifikation“ ausgeschlossen, wenn derUnternehmer durch die Rücknahme auf Bestellung angefertigter Wareerhebliche wirtschaftliche Nachteile erleidet, die spezifisch damit zusammenhängenund dadurch entstehen, dass die Ware erst auf Bestellungdes Kunden nach dessen besonderen Wünschen angefertigt wurde,so der BGH. 3Dafür müssten kumulativ zwei Voraussetzungen vorliegen.Zunächst komme es darauf an, dass der Händler die vom Kundenveranlasste Anfertigung der Ware nicht „ohne weiteres“ rückgängigmachen kann. Ist dies der Fall, komme auch ein Weiterverkauf derEinzelteile bzw. eine Neuanfertigung nach den Spezifikationen einesweiteren Kunden in Betracht und ein <strong>Widerrufsrecht</strong> sei gegeben, weiles mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand möglich sei, die Bestandteileder Ware wieder in den Zustand zu versetzen, den sie vor der Zu-1BGH MMR 2003, 463 = ZIP 2003, 851 = NJW 2003, 1665.2Schulte-Nölke, LMK 2003, 181.3BGH MMR 2003, 463, 464.


D. Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> 131sammenstellung des Produkts hatten. In einem solchen Fall erleide derUnternehmer durch die Rücknahme auf Bestellung angefertigter Warekeinen unzumutbaren Nachteil <strong>im</strong> Vergleich zu einem Fernabsatzvertragüber die Lieferung der Bestandteile selbst. 1Diesbezüglich hat derBGH <strong>im</strong> entschiedenen Fall festgelegt, dass der Aufwand und die wirtschaftlichenEinbußen für die Entkonfiguration dem Unternehmer zuzumutensind, wenn diese weniger als 5% des Warenwerts ausmachen. 2Zweitens müsse es dem Unternehmer – unabhängig von der „Zerlegbarkeit“– wirtschaftlich betrachtet nicht zumutbar sein, die individuellangefertigte Ware zurückzunehmen, weil er sie nicht mit verhältnismäßigemAufwand weiterverkaufen kann. 3Diese Frage konnte der BGHoffen lassen, weil er bereits davon ausging, dass die erste Voraussetzungfür die Bejahung des Ausschlusstatbestandes angesichts der Zerlegbarkeitmit vertretbarem Aufwand nicht erfüllt war.bb) GegenansichtKaufmann 4lehnt ein <strong>Widerrufsrecht</strong> bei Baukasten-PCs ab. <strong>Das</strong> Fernabsatzrechtsolle die aus der Nutzung von Fernkommunikationsmittelnspezifisch entstehenden Nachteile ausgleichen und den Verbraucher sostellen, als kaufe er <strong>im</strong> ortsansässigen Geschäft. Bei dem Kauf von Baukasten-Computernsei es dem Käufer jedoch nicht nur bei einer Online-Bestellung, sondern auch bei einem Kauf <strong>im</strong> stationären Handel nichtmöglich, die Ware zu überprüfen. Vielmehr wisse der Kunde in beidenFällen sehr genau, welche Komponenten er haben wolle und habe damitseine Wahl gezielt getroffen. In beiden Fällen beruhe eine Fehleinschätzungnicht auf der fehlenden Option der Prüfmöglichkeit hinsichtlichder Eigenschaften der weiteren Komponenten. Dem stehe auchnicht die Erwägung des fehlenden persönlichen Beratungsgesprächesbe<strong>im</strong> Internet-Handel entgegen. 5Zumindest solle neben der Arbeitszeit für die Demontage auch weiterezusätzliche Zeit- und Geldaufwendungen des Unternehmers bei derFestsetzung des 5%-Schwellenwertes berücksichtigt werden, insbesonderesolche für die Überprüfung von Spyware und des Zustands derWare. 6 Denn hierbei handele es sich um einen erheblichen wirtschaftli-1So auch AG Hoyerswerda, VuR <strong>2009</strong>, 70 m. Anm. Bücker; AG Schönebeck,MMR 2008, 860.2Nach dem Urteil der Vorinstanz (OLG Frankfurt, CR 2002, 638) ist es <strong>im</strong> Einzelfallentscheidend, ob die Rücknahme der Ware für den Unternehmer zu einer„quasi unzumutbaren Beeinträchtigung“ führen würde.3BGH MMR 2003, 463, 464.4Kaufmann, CR 2006, 764, 765.5Kaufmann, CR 2006, 764, 765.6Kaufmann, CR 2006, 764, 765.


132 Teil 2 – Anwendungsbereichchen Nachteil, der allein durch die Kundenspezifikation entstanden sei,so dass hier das <strong>Widerrufsrecht</strong> (typisiert) unzumutbar sei.cc) StellungnahmeDer Entscheidung des BGH ist zuzust<strong>im</strong>men. Zweck des <strong>Widerrufsrecht</strong>sist nicht nur, dem Verbraucher eine Inaugenscheinnahme desProdukts zu ermöglichen, sondern auch, sich von Verträgen mit unseriösenGeschäftspartnern zu lösen, von dessen Zuverlässigkeit vorab keinEindruck gewonnen werden konnte. Allein durch die Personalisierungdes Produktes wird der Vertragspartner nicht seriöser und die Bindungzum Verbraucher nicht enger. Insofern verfängt das teleologische Argumentvon Kaufmann nicht. Auch wenn der Kunde sich genau überlegt,welche Komponenten er wünscht, kann er gleichwohl an einenHändler geraten, der nicht die beschriebene Qualität ausliefert odertrotz Zahlung über einen langen Zeitraum gar nicht oder nur teilweiseliefert.Zudem wäre bei anderer Betrachtungsweise quasi jede Konfektionswarevom <strong>Widerrufsrecht</strong> ausschlussfähig, weil das <strong>Widerrufsrecht</strong>allein davon abhängig wäre, ob eine Ware vorrätig gehalten oder erstauf Bestellung produziert wird. 1 Der Verbraucherschutz <strong>im</strong> Fernabsatzliefe leer, weil Händler, die das <strong>Widerrufsrecht</strong> umgehen wollen, standardisierteMassenware dann <strong>im</strong>mer erst auf Bestellung produzierenlassen würden. Der Kunde könnte dann etwa einen Standard-Fernsehernicht mehr retournieren, wenn er ihn in Silber oder Anthrazit aussuchte,denn dies würde bereits für eine Personalisierung ausreichen, wennder Fernseher erst auf Bestellung des Kunden gefertigt würde, wie es <strong>im</strong><strong>Onlinehandel</strong> – insbesondere bei hochpreisiger Ware – durchaus üblichist.Schließlich handelt es sich entgegen Kaufmann bei Kosten, die durchdie Überprüfung auf Virenfreiheit und andere Schädlinge entstehen,nicht um typisiert unzumutbare Kosten. Denn solche Kosten entstehenauch, wenn ein vorgefertigter Standard-PC ohne jede Kundenspezifikationzurückgegeben wird, und zwar unabhängig davon, ob er onlineoder <strong>im</strong> stationären Handel erworben wird. 2Dieses allgemeine Risikohat der Gesetzgeber jedoch dem Unternehmer aufgebürdet, indem erdas <strong>Widerrufsrecht</strong> <strong>im</strong> Fernabsatz eingeführt hat. Diese Entscheidungist zu akzeptieren.Maßgeblich kann also nicht sein, dass die Rücknahme der Wareüberhaupt wirtschaftliche Nachteile für den Unternehmer hat, sonderndass gerade die Ausgestaltung der Ware nach den Wünschen des1jurisPK-BGB/Junker, § 312d, Rn. 38.2Vgl. OLG <strong>Dr</strong>esden, MMR 2002, 172, 173.


D. Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> 133Verbrauchers die wirtschaftlichen Nachteile des Unternehmers in unzumutbarerWeise verschärft (typisierte Unzumutbarkeit). 1Die Grenzziehungzwischen typisierter Unzumutbarkeit und zumutbarem Widerrufsrisikoist allerdings insbesondere bei der Ausübung des<strong>Widerrufsrecht</strong>s bei Computer-Hardware ein „Dauerproblem“ <strong>im</strong>Fernabsatzrecht. 2Im Einzelfall ist zu prüfen, ob Hardware aufgrundihrer Beschaffenheit zur Rücksendung nicht geeignet ist. 3b) Kraftfahrzeuge und FahrräderVom Kunden <strong>im</strong> Internet konfigurierte Kraftfahrzeuge lassen sich <strong>im</strong>Regelfall ohne weiteres wieder demontieren. So können Aluminiumfelgenmit einem Aufwand, der innerhalb der Umsatzrendite liegt, ebensoausgetauscht werden wie elektrisch verstellbare Sitze oder beleuchteteSchminkspiegel in der Beifahrer-Sonnenblende. Anders dürfte es miteiner best<strong>im</strong>mten Motorisierung und einer best<strong>im</strong>mten Lackierungaussehen. Diese Ausstattungsmerkmale lassen sich nicht „ohne weiteres“rückgängig machen, sondern werden einen Aufwand erfordern, dermehr als 5% des Kaufpreises bzw. deren Vorsteuermarge ausmacht.In solchen Fällen ist jedoch in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob essich zwar um individuelle, aber doch Ausstattungsmerkmale handelt,die durchaus häufiger vorkommen. Dann kann von einem Zuschnittauf persönliche Bedürfnisse nicht gesprochen werden, da es viele Kundengeben wird, die z.B. die von dem speziellen Kunden gewählte stärkereMotorausstattung auch akzeptieren können. 4 Auch dies ist aber <strong>im</strong>Einzelfall zu untersuchen. Ein gelber Ferrari wird schon wegen deshohen Preises und damit einen kleineren infrage kommenden Käuferkreisweitaus schwieriger zu verkaufen sein als ein schwarzer VW Passat.Eine Ware, für die das <strong>Widerrufsrecht</strong> gemäß § 312d Abs. 4 Nr. 1,Var. 1 BGB nicht gilt, wäre ein Kraftfahrzeug, das „eine ungewöhnlicheHäufung von sehr entlegenen Sonderwünschen“ 5 aufweist, die in ihrerkonkreten Zusammenstellung kaum einen Abnehmer finden. Allerdingsdürfte man bei der Prüfung häufig gar nicht bis zu diesem Schritt kommen,da die meisten Ausstattungskomponenten mit wirtschaftlich vertretbaremAufwand entkonfiguriert werden können. Ähnlich liegt esz.B. auch bei speziell angefertigten Fahrrädern, wenn diese nicht zu sehrvon den üblichen Gestaltungsmöglichkeiten abweichen.1Vgl. Schulte-Nölke, LMK 2003, 181.2So Fischer, DB 2003, 1103, 1105.3Dazu sogleich Teil 2 D III 4 e).4Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 312d Rn. 34.5Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 312d Rn. 34.


134 Teil 2 – AnwendungsbereichInsofern beschränken sich die „echten“ Sonderanfertigungen in derPraxis weitgehend auf spezielle Lackierungen 1 und sonstige Merkmale,die nicht ohne weiteres rückgängig gemacht werden können. Häufigwerden solche Ausstattungsmerkmale nicht standardisiert über vorgegebeneOptionen (<strong>Dr</strong>opdown-Boxen), sondern durch individuelle Eingabedes Kunden in freie Textfelder erfasst werden.c) MöbelBei selbst zusammengestellten Möbeln kommt der Ausschluss des <strong>Widerrufsrecht</strong>sdagegen schon eher in Betracht, da es bei Möbeln in Anbetrachtder Verkehrsanschauung stark auf die konkrete Individualisierungbezüglich Farbe, Form, Material etc. ankommt. Umso mehrAuswahlmöglichkeiten der Verbraucher hat und umso hochwertiger dieWare ist, desto eher liegt eine Anfertigung nach Kundespezifikationendar, die zum Ausschluss des <strong>Widerrufsrecht</strong>s führt.Ein Designersessel für 7.000 €, bei dem sieben verschiedene Grundformensowie 20 verschiedene edle Ledersorten jeweils nur für eineSaison zum Bezug zur Auswahl stehen, wird sich nicht ohne Weitereszerlegen lassen, da – abgesehen vom nicht unerheblichen Arbeitsaufwand– der Bezug dann nicht mehr vollständig wieder verwertet werdenkann. Vielfach wird sich nicht ohne Weiteres ein Käufer finden, dergenau diesen Sessel akzeptiert, so dass die vom Kunden gewählte Kompositionwegen ihrer Seltenheit trotz weniger Komponenten so speziellist, dass sich das hieraus entstandene Produkt bei anderen Kunden nurunter großen Schwierigkeiten und mit erheblichem Wertverlust veräußernlässt.Geht es hingegen um ein Ikea-Sofa für 100 €, bei dem alle Jahre wiederein Stoffbezug in den Farben Rot, Blau und Beige zur Auswahlsteht, der auch separat nachgekauft und selbst vom Konsumenten gewaschenund aufgezogen werden kann, wird man nicht von einer Maßanfertigungausgehen können. Ein Ausschluss des <strong>Widerrufsrecht</strong>s istaber auch zu verneinen, wenn bei hochpreisigen Designertischen beliebigviele Tischplatten und Füße kombiniert werden können, wenn esein Leichtes ist, diese Bestandteile ohne Substanzverletzung wieder zutrennen, getrennt zu verkaufen oder neu konfiguriert zu verkaufen.d) Badez<strong>im</strong>merNicht selten werden Waschbecken, Toiletten, Duschkabinen, Badewannenoder komplette Badez<strong>im</strong>mer über das Internet verkauft. 2Bei1So bietet etwas der Hersteller Audi <strong>im</strong> Internet neben 12 vorgegebenen Farbendie Option „Individuallackierung“.2So z.B. unter www.megabad.com (Stand: 5.4.<strong>2009</strong>).


D. Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> 135Duschkabinen können häufig Größe, Form, Material und Farbe derDuschwanne sowie auch Türen und weitere Accessoires individuellkonfiguriert und kombiniert werden. Hier kann ein Ausschluss des<strong>Widerrufsrecht</strong>s vorliegen, wenn diese auf die konkreten Räumlichkeitenzugeschnitten sind und eine Trennung der Komponenten nicht ohneweiteres möglich ist.Handelt es sich jedoch um Kabinen, die von Farbe, Form, Größe undMaterial den üblichen Duschkabinen entsprechen und lassen sich dieindividualisierten Kabinen problemlos in den üblichen Räumlichkeiteneinfügen, dürfte ein Ausschluss des <strong>Widerrufsrecht</strong>s nicht gegeben sein.Zudem werden einzelne Komponenten meist sogar getrennt angeliefertund müssen erst vom Verbraucher beziehungsweise einem beauftragtenHandwerker zusammengesetzt werden. Es spricht also nichts dagegen,auch selten bestellte Konfektionsware wieder in regulären Geschäftsbetriebweiterzuveräußern.Auch bei dieser Fallgruppe beschränkt sich die „echte“ Kundenspezifikationendaher auf Fälle, in denen der Verbraucher individuelle Maßebzw. Material- oder Farbwünsche in freien Textfeldern eingibt. Soweitdie Komponenten, auch wenn es sich um eine Vielzahl verschiedenerhandelt, mittels <strong>Dr</strong>opdown-Boxen ausgewählt und nicht untrennbarmiteinander verbunden werden, greift die Ausnahme gemäß § 312dAbs. 4 Nr. 1, 1. Var. BGB nicht ein.e) MaßkleidungAls häufigstes Beispiel für § 312d Abs. 4 Nr. 1, 1. Var. BGB wird dieMaßkleidung genannt. Auch hier ist aber zu differenzieren. Zwarwird Kleidung in aller Regel nicht ohne Substanzverletzung und auchnicht mit vertretbarem Aufwand in den Ursprungszustand (einzelneStoffteile) zurückversetzt werden können. Gleichwohl wird ein Anzugaus 100% Schurwolle mit Standardschnitt in der Farbe Anthrazit undin der Größe 52 mit für den Unternehmer zumutbaren Aufwand einenneuen Abnehmer finden. Anders liegt der Fall, wenn ein gelber Seiden-Anzugmit violetten Knöpfen der Größe 112 bestellt wird. Auchein solcher Fall ist jedoch nicht unproblematisch, da man eben soargumentieren könnte, dass es sich um nichts weiter als eine Konfektionswarehandelt, die auf Bestellung des Kunden produziert wird, sodass ein Ausschluss des <strong>Widerrufsrecht</strong>s nicht vorliegt. Die Spezifikationder Größe ist letztlich nichts anderes als die Auswahl der Farbeeines Fernsehers, sofern sie mittels vorgegebener Auswahlmöglichkeitenerfolgt.Die in § 312d Abs. 4 Nr. 1, 1. Var. BGB typisierte Unzumutbarkeitliegt klarer vor, wenn der Kunde selbst seine Maße frei eingibt, etwa dieLänge des Armes oder den Umfang des Bauches, wie dies auch <strong>im</strong> stati-


136 Teil 2 – Anwendungsbereichonären Handel bei maßgefertigten Anzügen üblich ist. Mangels Teilbarkeitder Einzelkomponenten liegt eine eindeutige Personalisierungauch dann vor, wenn ein Kleidungsstück sehr viele individuelle Merkmaleaufweist, d.h. nicht nur Stoffe und Größe, sondern Material, dessenFarbe und Stärke, Nähte, Reißverschlüsse und deren Position,Knöpfe, Schnitt, Öffnungen etc.f) Waren mit AufdruckenHäufig über den <strong>Onlinehandel</strong> vertriebene Produkte sind schließlich dieT-Shirts, Tassen oder auch Poster mit individuell gewählten Aufdrucken.In allen Fällen lässt sich der <strong>Dr</strong>uck von dem Trägermedium nichtmehr trennen, das heißt Entkonfiguration scheidet aus. Unproblematischvon einer Kundespezifikation <strong>im</strong> Sinne von § 312d Abs. 4 Nr. 1,1. Var. BGB kann ausgegangen werden, wenn eigene, d.h. vom Kundenhochgeladene Grafiken, Fotos oder Texte aufgedruckt werden.Wird jedoch aus einer – meist sehr großen – Auswahl von vorgegebenenMotiven oder Texten ausgewählt, ist zu differenzieren. Handeltes sich um wenige Individualisierungsmerkmale (z.B. nur ein Motiv)und ein häufig nachgefragtes Trägermedium (z.B. weißes T-Shirt inGröße L), wird sich ein anderer Abnehmer relativ leicht finden lassen.Hingegen kann man bei mehreren Individualisierungsmerkmalen (z.B.Motiv und Text) sowie eher seltenen Trägermedien (z.B. rosa Latexhemdin Größe XS) nicht davon ausgehen, dass die Ware in absehbarerZeit weiterveräußert werden kann. Trotz vorgegebener Optionen kanndaher durchaus ein Ausschluss des <strong>Widerrufsrecht</strong>s vorliegen.g) ZwischenergebnisDie Frage, ob bei BTO-Produkten eine nach Kundenspezifikationenoder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnittene Warevorliegt, ist <strong>im</strong> Einzelfall zu beurteilen. Viele Waren sind trotz individuellerZusammenstellung schon deshalb nicht vom <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgenommen,weil sie sich ohne weiteres mit vertretbarem Aufwand undohne Substanzverletzung wieder trennen lassen (z.B. PCs, Kraftfahrzeuge,Fahrräder, Duschkabinen). Maßgeblicher Schwellenwert für einenzumutbaren Zerlegungsaufwand sollte die Umsatzrendite sein. In solchenFällen kommt ein Ausschluss des <strong>Widerrufsrecht</strong>s regelmäßig nurin Betracht, wenn Komponenten vorhanden sind, die sich nicht rückgängigmachen lassen, wie z.B. eine Sonderlackierung oder wenn derKunde völlig freie Gestaltungsmerkmale übermittelt, d.h. diese nichtaus einer vorgegebenen Liste aussucht.Weiterhin gibt es Warengruppen, bei denen eine Zerlegung ohneSubstanzverlust regelmäßig nicht in Betracht kommt (z.B. Möbel, Kleidungoder Waren mit Aufdrucken). Hier kommt das zweite vom BGH


D. Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> 137herausgearbeitete Kriterium zum Tragen, wonach die Ware nicht odernur mit erheblichen wirtschaftlichen Einbußen wieder verkäuflich seindarf. Über diese Erheblichkeitsschwelle wurde bislang nicht entschieden.Angesichts des Schutzzwecks des Fernabsatzrechts und der gesetzgeberischenEntscheidung, das wirtschaftliche Risiko, dass ein Kundemit der Ware nicht zufrieden ist und diese retourniert, dem Händleraufzuerlegen, muss dieser Schwellenwert aber deutlich höher liegen alsder für den Zerlegungsaufwand maßgebliche. Von einer erheblichenwirtschaftlichen Einbuße <strong>im</strong> Falle einer nicht zerlegbaren Massenfertigungkann daher nur die Rede sein, wenn der Preisabschlag denjenigenübersteigt, der entstehen würde, wenn der Händler eine <strong>im</strong> Rahmen des<strong>Widerrufsrecht</strong>es geprüfte Ware wieder veräußern will. Hier könnte einAbschlag von 20% des Kaufpreises in vielen Fällen als zumutbar betrachtetwerden, der auch als Wertminderung infolge der Prüfung einerWare durchaus realistisch ist.Kann eine individuell zusammengesetzte Sachgesamtheit nach Zerlegungin ihre Einzelteile oder auf sonstige Weise sinnvoll auf dem Marktangeboten werden und ist der Aufwand für die Zerlegung mit wirtschaftlichvertretbarem Aufwand möglich, greift die Ausnahmevorschriftnicht ein. 1 Ob dem Unternehmer in BTO-Fällen auch mehr oderweniger Aufwand für die Entkonfiguration zumutbar ist, lässt der BGHoffen. Die 5% sind aber ein „erster wichtiger Fingerzeig“. 2 Abzustellenist allerdings nicht auf einen starren Prozentwert, sondern auf die konkretenUmstände des Einzelfalls, insbesondere die Umsatzrendite desUnternehmers. 3Ist die Marge größer, darf auch ein höherer Aufwandfür die Zerlegung zugemutet werden, denn der Unternehmer machtdann keinen Verlust, sondern eben nur keinen Gewinn.Während sich Notebooks von DVD-Brennern oder Automobile vonAluminiumfelgen möglicherweise leicht trennen lassen und <strong>im</strong> normalenGeschäftsgang weiterverwertbar sind, können ein per <strong>Dr</strong>opdown-Menü konfiguriertes Hightech-Rennrad mit Sonderlackierung oder eineluxuriöse Duschkabine schnell zum Ladenhüter werden, weil sie wederin den Ursprungszustand zurück versetzt werden können noch andereKunden ein Interesse an solcher Ware haben. Jeder Einzelfall muss aufAnzahl und wirtschaftliche Bedeutung der individuellen Merkmalegeprüft werden.Zudem kommt es stets darauf an, ob dem Händler durch die Rücknahmeder Ware erhebliche wirtschaftliche Nachteile entstehen, weildie Ware erst auf Bestellung des Kunden nach dessen besonderen Wün-1Erman/Saenger, § 312d Rn. 23; Hk-VertriebsR/Tonner Rn. 27; Wilmer/Hahn,Fernabsatzrecht, Rn. 19.2Brönneke, MMR 2004, 127, 128.3Staudinger/Thüsing, § 312d Rn. 47.


138 Teil 2 – Anwendungsbereichschen angefertigt wurde. Daher kommt es insgesamt also auch auf denGrad der Individualisierung an. Je mehr ein Produkt von den üblichenSpezifikationen abweicht, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit,dass sich die übrigen Kunden des Händlers nicht mehr für dieses konkreteProdukt interessieren.Jedoch kann z. B. be<strong>im</strong> Angebot von Notebooks mit zahlreichen<strong>Dr</strong>opdown-Boxen (Auswahl der Festplattengröße, der Größe des Arbeitsspeichers,des jeweiligen DVD- Laufwerks etc.) allein durch dieIndividualisierbarkeit des Endgeräts das <strong>Widerrufsrecht</strong> nicht ausgeschlossenwerden, da die Individualisierung hier für viele Kunden nichtkaufentscheidend sein dürfte. Anders sieht es aus, wenn der Kunde eineFarbe für das Notebook-Gehäuse wählt, die von anderen Kunden sogut wie nie gewählt wird. Im konkreten Fall ist dies vom Händler, dersich auf den Ausnahmetatbestand berufen will, darzulegen und zu beweisen.III. Aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht zur Rücksendunggeeignete WareGemäß § 312d Abs. 4 Nr. 1, 3. Var. BGB sind Verträge über solcheWaren vom Widerruf ausgenommen, die „aufgrund ihrer Beschaffenheitnicht für eine Rücksendung geeignet“ sind. Der deutsche Gesetzgeberhat diese Ausnahme wörtlich aus Art. 6 Abs. 3, 3. SpiegelstrichFARL übernommen, ohne den Tatbestand weiter zu konkretisieren,obwohl dies dringend geboten gewesen wäre. Nach tschechischemRecht sind auch Verträge über nicht zur Rücksendung geeignete Produktewiderrufbar, da die Ausnahmevorschrift nicht in nationalesRecht umgesetzt wurde. 1 Trotz Forderungen der Handelsverbände, denAnwendungsbereich dieser praktisch bedeutsamen Ausnahmevorschriftzu konkretisieren, schlug die Kommission <strong>im</strong> VRRL-E vor, auf dieRegelung ganz zu verzichten. 2 Dabei sind die meisten praktisch bedeutsamenVerträge, die vom <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgenommen sind, unterdiese Variante zu subsumieren.1. Unklarer AnwendungsbereichErhebliche Unklarheit herrscht über den Anwendungsbereich der Vorschrift.3Nach der jetzigen Rechtslage ist streitig, ob beispielsweise getrageneUnterwäsche oder Bademode, benutzter Piercingschmuck, eine1Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium, S. 589.2Vgl. oben Teil 2 D I 3.3So schon zum europäischen Recht: Grabitz/Hilf/Micklitz, Richtlinie 97/7/EG,Rn. 95.


D. Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> 139geöffnete Parfümflasche, ein durchgelesenes Buch, angebrochene Lebensmittel(deren Haltbarkeitsdatum nicht abzulaufen droht und beidenen keine Gefahr des Verderbs besteht) u. ä. grundsätzlich rückgabefähigsind. Klar ist lediglich, dass der Unternehmer Wertersatz geltendmachen kann, wenn der Wiederverkaufswert aufgrund der (best<strong>im</strong>mungsgemäßen)Nutzung herabgesetzt ist. 1Allerdings werden Zweifelgeäußert, ob die Wertersatzregelung des § 357 Abs. 3 BGB mit Art. 6Abs. 1 und 2 FARL vereinbar ist. 2Der EuGH hat einerseits mehrfach den Grundsatz der engen Auslegungvon Ausnahmebest<strong>im</strong>mungen 3betont, andererseits in der EntscheidungEasyCar 4 klargestellt, dass auch bei der Auslegung der Ausnahmevorschriftenvom Fernabsatzrecht in gewissem Umfang eineAbwägung der Interessen der Verbraucher mit denen der Unternehmeran einem Schutz vor unverhältnismäßigen Nachteilen der Ausübungvon Verbraucherrechten stattfinden darf. 5 Es stellt sich die Frage, welcheAuswirkung diese Grundsätze für die Interpretation des § 312dAbs. 4 Nr. 1, 3. Var. BGB haben und welche Fälle sich unter den Tatbestandkonkret subsumieren lassen.Die meisten Verbrauchsgüter verlieren bei Benutzung erheblich anWert oder werden faktisch unverkäuflich, so dass sie „auf Grund ihrerBeschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet“ sein könnten.N<strong>im</strong>mt man den Grundsatz der engen Auslegung von Ausnahmetatbeständenernst, darf der Verbraucher aber z. B. eine Friteuse oder einenRasenmäher in Gebrauch nehmen und den Kauf widerrufen. Hier istder Schaden zumindest sehr hoch, weil die Ware überprüft und gereinigtwerden muss und nur noch mit erheblichen Abschlägen verkauftwerden kann. Auch darf bezweifelt werden, ob es einen entsprechendenSecondhand-Markt gibt und der Unternehmer organisatorisch gewilltund in der Lage ist, diesen zu bedienen. 6Höchstrichterliche Rechtsprechung zu § 312d Abs. 4 Nr. 1, 3. Var.BGB gibt es bislang nicht. Der BGH hat jedoch mit seiner Notebook-Entscheidung 7für den Ausnahmetatbestand der Fertigung nach Kundenspezifikationentschieden, dass aufgrund des Ausnahmecharaktersdieser eben nicht generalklauselartigen, sondern typisierten Ausnahmen1WBZ-Stellungnahme v. 20.11.2006, S. 11.2So AG Lahr, MMR 2008, 270; Brönneke, MMR 2004, 127, 132; dagegen:Buchmann, K&R 2008, 505, 508f. Ausführlich dazu Teil 4 D II 1.3So vor allem in der Entscheidung EuGH, VuR 2002, 68.4EuGH, CR 2005, 651 = MMR 2005, 364 = NJW 2005, 3055 (easyCar UKLtd/Office of Fair Trading).5Kaestner/Tews, WRP 2005, 1335, 1349.6vgl. Aigner/Hofmann, Fernabsatzrecht <strong>im</strong> Internet, Rn. 101.7BGH, NJW 2003, 1665 = MMR 2003, 463 = ZIP 2003, 851; Kritisch hierzuKaufmann, CR 2006, 764.


140 Teil 2 – Anwendungsbereichnicht jede Benachteiligung des Unternehmers ausreichen darf. Nicht inBetracht zu ziehen sind nach dieser Rechtsprechung insbesondere jeneNachteile, die „mit der Rücknahme bereits produzierter Ware stetsverbunden sind.“ Diese allgemeinen Nachteile bürdet der Gesetzgeberdem Unternehmer auf. Nur „darüber hinausgehende besondereNachteile“, die gerade durch die typisierte Vertragslage bedingt sind,können demnach zur Unzumutbarkeit des <strong>Widerrufsrecht</strong>s für denUnternehmer führen.2. Inhalt des AusnahmetatbestandesNeben den klassischen Auslegungsmethoden sind bei der Auslegungvon Ausnahmebest<strong>im</strong>mungen best<strong>im</strong>mte Sonderregeln zu beachten.Nachfolgend wird geprüft, zu welchem Ergebnis die anzuwendendenMethoden bei der Auslegung § 312d Abs. 4 Nr. 1, 3. Var. BGB führen.a) Wortsinn der NormNach dem Wortlaut des § 312d Abs. 4 Nr. 1, 3. Var. BGB ist fraglich,ob überhaupt ein Anwendungsbereich besteht, denn Waren, die zumVerbraucher gesendet werden können, können von diesem auch zumUnternehmer zurück gesendet werden. 1 Der Tatbestand hat überhauptnur dann einen Anwendungsbereich, wenn die Ware nicht von vornhereinzur Rücksendung ungeeignet sein muss, sondern ausreicht, wenndieser Zustand später eintritt, 2 wie dies auch be<strong>im</strong> Erlöschen des <strong>Widerrufsrecht</strong>es(§ 312d Abs. 3 BGB) und bei der Entsiegelung (§ 312dAbs. 4 Nr. 2 BGB) der Fall ist. So ist der Wortlaut zu verstehen. Meistkommt der Ausnahmetatbestand daher zum Tragen, wenn die Waredurch Handlungen des Verbrauchers für den Unternehmer unverkäuflichwird.b) Bedeutungszusammenhang der NormSowohl <strong>im</strong> europäischen als auch <strong>im</strong> deutschen Recht wird die Variante„zur Rücksendung nicht geeignet“ in einem Satz mit den FallgruppenKundenspezifikation, Personalisierung, schnell verderblich und drohendesVerfallsdatum genannt. Allerdings gibt es keinen Oberbegriff fürdiese Varianten, sondern es handelt sich um ein unhomogenes Sammelsuriuman Fällen, in denen das <strong>Widerrufsrecht</strong> dem Gesetzgeber ausirgendwelchen, nicht näher erläuterten Gründen „unzumutbar“ erscheint.Insgesamt ist der Bedeutungszusammenhang der einzelnenAusnahmetatbest<strong>im</strong>mungen des Art. 6 Abs. 3 FARL bzw. Art. 191Wilmer/Hahn, Fernabsatzrecht, § 312d, Rn. 21.2Staudinger/Thüsing, § 312d Rn. 49.


D. Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> 141Abs. 1 VRRL-E und des § 312d Abs. 4 BGB für die Auslegung nichtergiebig. Sowohl <strong>im</strong> europäischen als auch <strong>im</strong> deutschen Recht werdenbunte Mixturen von Ausnahmetatbeständen definiert, die nichts weiterals Lobbyistenwerk sind. Die Systematik gibt keinen Aufschluss darüber,wie die Variante auszulegen ist.Auch die weiteren Ausschlüsse Art. 6 Abs. 3, 3. Spiegelstrich FARLbzw. § 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB folgen allerdings allesamt der Überlegung,dass in diesen besonderen Vertragslagen die Ware wertlos wirdund für den Unternehmer gar nicht oder nur mit erheblichen wirtschaftlichenEinbußen wieder verkäuflich ist. Daraus lässt sich ableiten, dassdie Unverkäuflichkeit der Ware auch bei der Auslegung der 3. Varianteein entscheidendes Kriterium ist.c) Historisch-teleologische AuslegungDer europäische Gesetzgeber begründet die Fallvariante nicht gesondert.Der deutsche Gesetzgeber stellt in der Begründung des § 312dAbs. 4 Nr. 1 BGB insgesamt einerseits darauf ab, ob „die Ware nachBenutzung oder ansonsten wertlos und deshalb ein <strong>Widerrufsrecht</strong> fürden Unternehmer nicht zumutbar ist“ und andererseits, ob die Ware„rückstandslos“ zurückgegeben werden kann. 1Daraus wird geschlossen,entscheidend sei „die Unmöglichkeit bzw. Unzumutbarkeit ausrechtlichen Gründen.“ 2 Nach diesem Verständnis könnte eine Vielzahlvon Waren vom <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgenommen werden, etwa getrageneUnterwäsche oder angebrochene Cremedosen. Es stellt sich jedoch dieFrage, ob dies mit dem Ausnahmecharakter der Vorschrift vereinbar istoder gegen das Verbot von Analogiebildungen verstößt.Wenig hilfreich ist hier das Heizöl-Beispiel des Gesetzgebers. WarumHeizöl durch Vermischung „aufgrund seiner Beschaffenheit für eineRücksendung ungeeignet“ werden soll, bleibt unklar. Vielmehr ist esdurchaus zur Rücksendung geeignet, kann aber nicht wieder verkauftwerden, ebenso wie eine Cremedose, aus der der Verbraucher mit demFinger einen Teil entnommen hat oder ein Medikament, das aus gesetzlichenGründen unabhängig von einem Gebrauch nicht wieder legal inVerkehr gebracht werden darf. All diese vergleichbaren Fälle werdenaber von den bestehenden Ausnahmen nicht ausdrücklich erfasst.d) „Enge“ Auslegung von Ausnahmebest<strong>im</strong>mungenIn unmittelbarem Zusammenhang mit dem Grundsatz der richtlinienkonformenAuslegung steht der Grundsatz der engen Auslegung vonAusnahmebest<strong>im</strong>mungen in dem europäischen Sekundärrecht. Ganz1BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/2658, S. 44.2MünchKommBGB/Wendehorst, § 312d Rn. 26.


142 Teil 2 – Anwendungsbereichgenerell gilt nach ständiger Rechtsprechung des EuGH, dass Ausnahmenvon gemeinschaftsrechtlichen Verbraucherschutzvorschriften engauszulegen sind. 1 Auch nach Rechtsprechung des BGH sind Ausnahmevorschriftenvom Fernabsatzrecht (§ 312b Abs. 3 BGB) ebenso wieAusnahmevorschriften vom <strong>Widerrufsrecht</strong> (§ 312d Abs. 4 BGB) engauszulegen. 2Der Grundsatz der engen Auslegung von Ausnahmebest<strong>im</strong>mungenführt zu einem weiten Anwendungsbereich des Fernabsatzrechts.Regelmäßig soll für alle Verträge über Waren oder Dienstleistungenein <strong>Widerrufsrecht</strong> gelten. Der allgemeine Hinweis darauf, dass<strong>Widerrufsrecht</strong> und Informationspflichten für den Unternehmer unzumutbarseien, wie dies in vielen Fällen bei wirtschaftlicher Betrachtungsweiseder Fall ist, verbietet sich und darf nicht dazu führen, dassnach Belieben Verträge vom Anwendungsbereich ausgeklammert werden.Auch die EasyCar-Entscheidung des EuGH 3 bestätigt, dass die Ausnahmevorschriftengrundsätzlich so auszulegen sind, dass ein weit reichenderVerbraucherschutz gewährleistet ist. Zugleich entschied derEuGH aber auch, dass der Zweck der Ausnahmetatbestände darinbesteht, den Unternehmer vor unverhältnismäßigen Nachteilen zuschützen. 4Art. 3 Abs. 2 FARL sei darauf gerichtet, die Erbringer vonDienstleistungen in best<strong>im</strong>mten Tätigkeitssektoren deshalb auszunehmen,weil die Anforderungen der Richtlinie diese Lieferer in unverhältnismäßigerWeise belasten könnten, insbesondere in dem Fall, dass eineDienstleistung bestellt worden ist und diese Bestellung kurz vor dem fürdie Erbringung der Dienstleistung vorgesehenen Zeitpunkt vomVerbraucher storniert wird. 5Autovermieter hätten <strong>im</strong> Fall einer Stornierungdie gleichen Nachteile wie die anderen Unternehmen, die <strong>im</strong>Beförderungssektor oder in den anderen <strong>im</strong> genannten Artikel 3 Absatz2 aufgezählten Sektoren tätig sind.Der EuGH best<strong>im</strong>mt mit dieser Rechtsprechung also einerseits denZweck der Ausnahmetatbestände, nämlich den Schutz der Unternehmervor unverhältnismäßigen Belastungen, und macht andererseits den Wegfrei für eine weniger enge Auslegung der Ausnahmetatbestände, die –1Der EuGH dazu:„when those terms (terms for which European legislation providesno definition) appear…in a provision which constitutes a derogation from aprinciple or more specifically, from Community rules for the protection of consumers,they must… be interpreted restrictively”: ECJ case C-83/99 Commission v Spain(2001) ECR I-445, paragraph 19, and case C-481/99 Heininger (2001) ECR I-9945paragraph 31. Vgl. auch Roßnagel/Brönneke, § 312b Rn. 10, 68, 71, 76, 80, 962BGH NJW 2003, 1665, 1666 (zur Auslegung des § 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB„nach Kundenspezifikation angefertigt“).3EuGH, MMR 2005, 364 = NJW 2005, 30554EuGH, MMR 2005, 364, 365.5EuGH, MMR 2005, 364, 365f.


D. Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> 143<strong>im</strong> Rahmen des möglichen Wortsinns – auf dem Grundsatz der Gleichbehandlungfußt.e) Objektiv-teleologische AuslegungDie Unergiebigkeit der Wortsinn-, systematischen und historischteleologischenAuslegung führt dazu, dass bei der Auslegung auch aufobjekt-teleologische Kriterien zurückzugreifen ist. Der Ausnahmetatbestanddes § 312b Abs. 3 Nr. 1, 3. Var. BGB ist an den der Rechtsordnung<strong>im</strong>manenten Rechtsprinzipien zu messen, insbesondere demGleichbehandlungsgrundsatz. Hier hilft die Ansicht, Ausnahmetatbeständeseien eng auszulegen und einer analogen Anwendung nicht zugänglich,nur bedingt weiter. Der EuGH schlägt mit der EasyCar-Entscheidung 1 den richtigen Weg einer zweckorientierten Interpretationein, die sich jedoch nicht <strong>im</strong>mer allein mit historisch-teleologischenArgumenten, der Gesetzgeber habe den Unternehmer vor unzweckmäßigenNachteilen schützen wollen, stützen lässt.Die Regelung des § 312d Abs. 4 Nr. 1, 3. Var. BGB ist an den derRechtsordnung <strong>im</strong>manenten Rechtsprinzipien zu messen, insbesonderedem Gleichbehandlungsgrundsatz. Es muss zwar vermieden werden,dass durch eine allzu weite Auslegung oder durch eine analoge Anwendungdie Regelungsabsicht des Gesetzgebers ins Gegenteil verkehrtwird. <strong>Das</strong> bedeutet aber nicht, dass die Ausnahmebest<strong>im</strong>mung so engwie möglich auszulegen oder eine Analogie in jedem Fall ausgeschlossenist. 2Selbst wenn sich bei einem einzelnen Ausnahmetatbestand dieNormvorstellungen der an der Gesetzgebung beteiligten Personen erkennenließen, könnten weitere Fälle als die in den Ausnahmetatbeständengruppierten in den Katalog einbezogen werden, wenn das Prinzipder Gleichbehandlung des Gleichsinnigen anderenfalls verletztwürde.f) Verfassungskonforme AuslegungWenn eine Auslegung möglich ist, die der Verfassung entspricht und dieVorschrift auch bei dieser Auslegung noch sinnvoll bleibt, ist dieseAuslegung zu wählen. 3 Die verfassungskonforme Auslegung dient daherder Erhaltung einer ansonsten verfassungswidrigen Norm. 4Allerdingsdarf die verfassungskonforme Auslegung den „eindeutigen gesetzgeberischenWillen“ nicht überspielen 5oder das „gesetzgeberische Ziel in1EuGH, MMR 2005, 364.2Larenz, Methodenlehre, S. 244.3BVerfG v. 15. 5. 1984, BVerfGE 67, 70, 88 f.4Vgl. BVerfG v. 24. 4. 1972, BVerfGE 33, 52, 70.5BVerfG v. 9. 10. 1984, BVerfGE 67, 299, 329.


144 Teil 2 – Anwendungsbereicheinem wesentlichen Punkt verfehlen oder verfälschen“. 1 Ein eindeutigergesetzgeberischer Wille oder ein klares Ziel sind jedoch bei den Ausnahmebest<strong>im</strong>mungenhäufig nicht zu ermitteln.Beispielsweise wäre es schwer mit Art. 3 und 12 GG in Einklang zubringen, wenn Heizöl nach § 312d Abs. 4 Nr. 1, 3. Var. und Nr. 6 BGBvom Widerruf ausgenommen sein soll, aber unverkäufliche, angebrocheneKosmetika, „getestete“ Erotikspielzeuge oder Arzne<strong>im</strong>ittel nicht.Eine solche Sichtweise würde zur Verfassungswidrigkeit der Ausnahmebest<strong>im</strong>mungführen, weil bei gleicher Interessenlage ein Fernabsatzunternehmerinfolge des <strong>Widerrufsrecht</strong>es einen wirtschaftlichen Totalverlusthinnehmen müsste, während ein anderer keinerlei Umsatzeinbußenzu verkraften hätte.g) Rechtsvergleichende AuslegungIm finnischen Recht findet sich bei der Ausnahme „Kundenspezifikation“,die in dem gleichen Spiegelstrich des Art. 6 Abs. 3 FARL gelistetwird – interessanterweise ausdrücklich ein Hinweis auf die Wiederverkäuflichkeitund damit die wirtschaftliche Zumutbarkeit für den Unternehmer.Gemäß Kapitel 6, § 16 Abs. 3 des Verbraucherschutzgesetzes(FN) 2 ist der Ausnahmetatbestand „nach Kundenspezifikation angefertigt“so ausgestaltet, dass ein <strong>Widerrufsrecht</strong> nicht bei Waren besteht,„die dergestalt nach Kundenspezifikationen angefertigt wurden, dass sienicht ohne beträchtlichen Verlust oder überhaupt nicht weiterverkauftwerden können.“ 3Auf diesen zutreffenden Maßstab greift auch derBGH in seiner Notebook-Entscheidung zurück. 4h) ZwischenergebnisWortsinn und historisch-teleologische Auslegung sind wenig hilfreich.Nach dem Wortlaut hat die Vorschrift entweder überhaupt keinenAnwendungsbereich oder es fällt eine Vielzahl von Verträgen darunter.Die kontroverse Diskussion der Interessengruppen über viele Jahre – seies bei Schaffung der FARL, der deutschen Regelungen oder des VRRL-E – und Nachbesserungen sowohl zugunsten der Unternehmer als auchder Verbraucher machen es so gut wie unmöglich, den Willen des historischenGesetzgebers zu ermitteln und bei der Auslegung der Normenheranzuziehen.1BVerfG v. 11. 6. 1958, BVerfGE 8, 28, 34.2Englische Übersetzung: “the contract pertains to goods manufactured or customisedto the consumer’s specifications so that they cannot be resold without incurringconsiderable loss or that they cannot be resold at all.”3Deutsche Übersetzung nach Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium,S. 589.4BGH MMR 2003, 463 = ZIP 2003, 851 = NJW 2003, 1665.


D. Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> 145Auch die Grundsätze der engen Auslegung von Ausnahmebest<strong>im</strong>mungenund des Analogieverbotes helfen nur bedingt weiter. Vielmehrsind häufig objektiv-teleologische Kriterien und die Verfassung als Auslegungsmaßstabheranzuziehen. Hier ist unter Beachtung der Art. 3 und12 GG entscheidend, ob in gleichartigen Situationen ein Unternehmerohne sachliche Rechtfertigung mit dem <strong>Widerrufsrecht</strong> belastet wirdund der andere nicht. Der Blick auf die Umsetzungen in anderen Mitgliedsstaatenlegt nahe, insbesondere das Kriterium der Wiederverkäuflichkeitbei der Interpretation zu berücksichtigen. Auch die Systematikspricht dafür, dass die fehlende Wiederverkäuflichkeit zu einem Ausschlussdes <strong>Widerrufsrecht</strong>s führt.3. Dogmatik der zur Rücksendung ungeeigneten WarenDie Ausnahmevorschrift des § 312d Abs. 4 Nr. 1, 3. Var. BGB ist alsokein Auffangtatbestand für alle Fälle, in denen eine Rücknahme wirtschaftlichunzumutbar erscheint, etwa bei verkörperten geistigen Leistungen(z.B. Noten, Bauanleitungen, Strickmuster). 1Teilweise wirdohne nähere Begründung behauptet, die Ausnahmevorschrift greife<strong>im</strong>mer dann ein, wenn die Ware „typischerweise bereits durch eineschlichte Ingebrauchnahme oder auch nur durch Zeitablauf derartentwertet wird, dass dem Verkäufer ein Weiterverkauf nicht zumutbarist.“ 2 Eine solche Sichtweise ist zu pauschal und findet <strong>im</strong> Gesetz keineStütze. Es gibt viele Fälle, in denen die Rücknahme dem Unternehmerwirtschaftlich unzumutbar ist, für die aber trotzdem kein Ausnahmetatbestandgeschaffen wurde.Wünschenswert wäre es daher, wenn der europäische Gesetzgeberdie nicht rückgabefähigen Waren weiter spezifizierte oder eine Ausnahmein Art. 6 FARL bzw. Art. 19 Abs. 1 VRRL-E einführte, die Unternehmerngestattet, das <strong>Widerrufsrecht</strong> in den Fällen auszuschließen,in denen die Ware aufgrund ihres Zustands zum Weiterverkauf ungeeignetist. 3 Zu erwägen ist auch, ob – de lege ferenda – die Nutzungsberechtigungvor Widerruf ausdrücklich so weit eingeschränkt werdenkann, wie es auch der Besichtigung und Prüfung der Ware <strong>im</strong> stationärenHandel entspricht. Eine Nutzung, die über die angemessene Prüfungder Ware hinausgeht, würde das <strong>Widerrufsrecht</strong> ausschließen. 4Die1So Wilmer/Hahn, Fernabsatzrecht, § 312d Rn. 22.2Mielke, c’t 2008, 154, 155.3WBZ-Stellungnahme v. 20.11.2006, S. 11 und Schirmbacher, Verbrauchervertriebsrecht,S. 237 der vorschlägt, dass kein <strong>Widerrufsrecht</strong> für Verträge besteht„über Waren und Dienstleistungen, die für den Unternehmer nicht oder nur miterheblichem Preisabschlag erneut absetzbar sind, insbesondere …“4BITKOM-Stellungnahme v. 05.09.2006, S. 6.


146 Teil 2 – Anwendungsbereichextensive Auslegung der Ausnahmevorschrift über den Wortlaut hinausist jedoch nicht geeignet, einen gesetzlichen Missstand zu korrigieren.Es sind aber auch nach geltendem Recht Auslegungen des Ausnahmetatbestandesmöglich, die die Interessen des Unternehmers angemessenberücksichtigen. Dabei können die Überlegungen des EuGH (EasyCar)und des BGH (Notebook) auf sämtliche typisierten Ausnahmetatbeständeangewendet und für die Ausfüllung des Tatbestandes des § 312d Abs. 4 Nr. 1, 3. Var. BGB, fruchtbar gemacht werden.a) Typisierter unzumutbarer NachteilNach § 312d Abs. 4 Nr. 1, 3. Var. BGB muss eine Ware „auf Grundihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet“ sein. DerBegriff der Beschaffenheit meint keine versandtechnische Eigenschaftder Ware. 1 Vielmehr muss eine Beschaffenheit der Ware verlangt werden,die bei Annahme des <strong>Widerrufsrecht</strong>s die Rücksendungseignungdergestalt berührt, dass sich unzumutbare Nachteile für den Unternehmerergeben. In Ansehung der übrigen Ausschlussgründe ist die mangelndeEignung zur Rücksendung aufgrund der Beschaffenheit der Waredabei nicht statisch in dem Sinne zu verstehen, dass sie der Warebereits <strong>im</strong> Zeitpunkt der Versendung anhaften muss; denn grundsätzlichsind Waren, die zum Versender verschickt werden können, regelmäßigauch für eine Rücksendung „geeignet“. Vielmehr kann es ausreichen,wenn die Beschaffenheit der Ware gerade durch die einmaligeVersendung oder die Rücksendung oder einen Verbrauchereingriffwährend der Widerrufsfrist verändert wird und dadurch für den Unternehmerfür eine Weiterveräußerung ungeeignet wird.<strong>Das</strong>s die Ware nicht „rückstandslos“ 2 zurück gegeben werden kann,ist eine Anwendungsmöglichkeit, z.B. bei Heizöl. Erfasst werden davonaber nicht die Fälle, in denen keine Nutzung stattfindet, sondern eineGefährdungslage geschaffen wird, wie sie z.B. be<strong>im</strong> Öffnen der pr<strong>im</strong>ärenBlisterverpackung von Medizinprodukten oder Hygieneartikelnentsteht. 3<strong>Das</strong> Merkmal der Ausnutzung der Leistung durch denVerbraucher ist mit Blick auf die Feststellung der Unzumutbarkeit daherum einen der Situation des Unternehmers bzw. der Verkehrsfähigkeitder Ware anhaftenden Aspekt zu ergänzen. Letztlich soll die Gemeinsamkeitder Tatbestände in der evidenten Unzumutbarkeit desWiderrufs dem Unternehmer gegenüber liegen, so dass der Wegfall des<strong>Widerrufsrecht</strong>s die einzig sinnvolle Möglichkeit darstellt. 4 Auch <strong>Dr</strong>itt-1MünchKommBGB/Wendehorst, § 312d Rn. 26.2BT-<strong>Dr</strong> 14/2658, S. 44.3Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2008, 3751, 3752.4MünchKommBGB/Wendehorst, § 312d Rn. 19.


D. Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> 147interessen wie Gesundheitsaspekte können eine solche Unzumutbarkeitfür den Unternehmer begründen. 1Hierbei ist allerdings <strong>im</strong> Rahmen der gebotenen engen Auslegung einebesonders hohe Anforderung an die Feststellung einer Widerrufsausschlusslagezu stellen. N<strong>im</strong>mt man die übrigen Ausschlussgründe in§ 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB zum Maßstab, so müsste die weitere Verkehrsfähigkeitder Ware sehr stark beeinträchtigt sein. Zwar reicht einesolche Beeinträchtigung schon aus, dass bei einer Ware das Haltbarkeitsdatumabläuft oder bald abläuft (vgl. 312d Abs. 4 Nr. 1, 4. u. 5.Var. BGB), ohne dass die Nutzungsfähigkeit damit gänzlich ausgeschlossenwäre. Nach der hier vertretenden Auffassung muss jedoch beider 3. Variante <strong>im</strong> Interesse der Rechtssicherheit verlangt werden, dassdie Beschaffenheitsänderung darüber hinaus zur Beseitigung der weiterenVerkehrsfähigkeit der Ware <strong>im</strong> Rahmen ihrer ursprünglichenZweckbest<strong>im</strong>mung führt.Bloße Beeinträchtigungen der Verkehrsfähigkeit werden schließlichüber die dem Unternehmer zustehenden Wertersatzansprüche kompensiert.Allein in Fällen, in denen der gesetzestreu und redlich handelndeUnternehmer die Ware nach einem Widerruf aufgrund ihrer sodannbestehenden Beschaffenheit einem weiteren Kunden nicht mehr anbietendarf oder nach der Verkehrsauffassung dies nicht mehr kann, ist dieWiderrufssausschlusslage anzunehmen. Der typisierte erhebliche Nachteilder 3. Variante besteht also darin, dass die Ware deshalb, weil sieeinmal ausgeliefert wurde oder aufgrund eines Eingriffs des Verbrauchersnicht oder nur mit erheblichen wirtschaftlichen Einbußen wiederverkäuflich ist.Zur Abgrenzung von noch hinzunehmenden Nachteilen sind die Aspekteder (Aus-)Nutzung der Leistung durch den Verbraucher daher umdie Situation der Betroffenen bzw. der Ware betreffende Aspekte zuergänzen und in einem Abwägungsprozess zu bewerten. Vergleichsmaßstäbezur Feststellung der Widerrufsausschlusslage sind die seitens desGesetzgebers vorgegebenen übrigen typisierten Tatbestände, da hierineine Gewichtung der Zumutbarkeit erkennbar wird und der verfassungsrechtlicheGleichbehandlungsgrundsatz, der den Abgleich mitdiesen als Widerrufsausschlusslage anerkannten Sachlagen fordert. Dieswiderspricht auch nicht dem Grundsatz der engen Auslegung oder demAnalogieverbot, da <strong>im</strong> Rahmen des Wortsinns mangels konsequenterSystematik und zuverlässigen Schlüssen aus der Entstehungsgeschichte(Lobbyistenwerk) pr<strong>im</strong>är auf objektiv-teleologische Kriterien zurückzu-1Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2008, 3751, 3752.


148 Teil 2 – Anwendungsbereichgreifen und die Norm an verfassungs<strong>im</strong>manenten Prinzipien zu messenist. 1b) Verbindung oder VermischungDie typisierte Unzumutbarkeitslage für den Unternehmer kann vorliegen,wenn die gelieferte Ware mit anderen Stoffen be<strong>im</strong> Verbraucherverbunden oder vermischt wird, wie etwa <strong>im</strong> Fall des berühmten Heizöl-Beispielsdes Gesetzgebers. Heizöl müsse den hierfür festgelegtenDIN-Normen entsprechen, um als Heizöl vertrieben werden zu können.Durch die Vermischung mit <strong>im</strong> Tank des Kunden vorhandenem Heizölkönne es – je nach dessen Zustand – die nach der DIN-Norm erforderlichenEigenschaften verlieren, so der Gesetzgeber. 2 Deshalb könne derWiderrufsausschluss auch bei Heizöl greifen. Daraus lässt sich allerdingsnicht die Schlussfolgerung ziehen, dass Heizöl wegen seiner Beschaffenheitgenerell nicht zurückgegeben werden kann, sondern nurdann, wenn die genannten Umstände <strong>im</strong> konkreten Einzelfall vorliegen,d.h. die Befüllung des Tanks begonnen hat. 3Unanhängig davon wirdaber auch ein Ausschluss gemäß § 312d Abs. 4 Nr. 6 BGB angenommen.4c) Öffnung der OriginalverpackungFraglich ist, ob auch ein Öffnen der Originalverpackung zum Ausschlussdes <strong>Widerrufsrecht</strong>es führen kann. 5In der instanzgerichtlichenRechtsprechung gibt es eine Fülle von Entscheidungen, die einen generellenAusschluss des <strong>Widerrufsrecht</strong>es bei Öffnen der Originalverpackungfür unzulässig erklären. 6 Auch die Literatur geht einhellig davonaus, dass zwar ein berechtigtes Interesse des Unternehmers bestehe, dieversandten Waren möglichst vollständig und unbeschädigt zurückzuerhalten,eine diesbezügliche Beschränkung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s allerdingsverboten sei. 7Die Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s unter die Bedingung zu stellen,dass die Ware in Originalverpackung oder unbenutzt zurückgegeben1Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2008, 3751, 3752.2FernAbsG-RegE, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/2658, 44.3Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 312d Rn. 36.4LG Duisburg, MMR 2008, 356. Vgl. dazu unten Teil 2 D IX.5Dazu auch Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2008, 3751, 3754.6LG Trier, BeckRS 2008, 22032; LG Düsseldorf, WRP 2006, 1270 = CR 2006,858 = MMR 2006, 833; LG Frankfurt a. M., MMR 2006, 831 = CR 2007, 267; LGStuttgart, WRP 2006, 1156 (Ls.); LG Konstanz, WRP 2006, 1156 (Ls.); LG Coburg,K&R 2006, 533 = CR 2007, 59; LG Frankfurt, WRP 2005, 922; OLG Hamm,NJW-RR 2005, 1582; LG Arnsberg, WRP 2004, 792; LG Waldshut-Tiengen, JurPCWeb-Dok. 255/2003.7Vgl. Schlömer/Dittrich, BB 2007, 2129 m.w.N.


D. Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> 149wird oder eine Kopie der Rechnung und des Zahlungsnachweises vorgelegtwird, sei unzulässig, 1 weil sie zu einer unangemessenen Benachteiligungder Verbraucher führe. Selbst bei Formulierung als Bitte könneeine solche Klausel vom Verbraucher dahingehend verstandenwerden, dass er zur Zurücksendung in der Originalverpackung verpflichtetsei, anderenfalls das Widerrufs- bzw. Rückgaberecht nichtbestehe. 2 Der durchschnittliche Kunde erkenne nämlich nicht, dass hierlediglich eine <strong>im</strong> eigenen Interesse des Verbrauchers liegende Obliegenheitausgesprochen werde, zur Vermeidung rechtlicher Nachteile dieWare zusammen mit der Originalverpackung zurückzusenden.Bislang wird jedoch nicht in gebührender Weise zwischen den verschiedenenVerpackungsformen unterschieden. Der Begriff der Originalverpackungbeschreibt aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreisein der Regel nur undifferenziert alle Verpackungsebenen, dieeinen werblichen bzw. die Ware beschreibenden Aufdruck aufweisenoder sonst erkennbar zur Herstellerverpackung in Abgrenzung zursonstigen Verpackung (meist Versandverpackung) gehören. Aus derSicht des verständigen Verbrauchers vermag der Begriff der Originalverpackungallenfalls zu taugen, um zwischen der (meist neutralen)Versandverpackung und der Verkaufsverpackung zu differenzieren. EinVerbraucher, der über den Ausschluss des <strong>Widerrufsrecht</strong>s bei „Öffnender Originalverpackung“ unterrichtet wird, wird in sein Verständniseinschließen, dass dieser Ausschluss regelmäßig nicht schon bei Öffnender Versandverpackung eingreifen soll. 3Allerdings ist <strong>im</strong> Rahmen des zur Anwendung kommenden Prinzipsder kundenfeindlichsten Auslegung bei AGB-Klauseln 4 zu konstatieren,dass <strong>im</strong> Zweifel nach dem Verbraucherverständnis bereits bei Öffnungder eine Weinflasche oder Zahnpastatube umhüllenden Pappverpackungmit werblichem Aufdruck das <strong>Widerrufsrecht</strong> entfallen soll. Einpauschaler Ausschluss des <strong>Widerrufsrecht</strong>s bei „Öffnen der Originalverpackung“kann daher nicht anerkannt werden, da es bei Öffnungeiner Versandverpackung oder Sekundärverpackung regelmäßig aneiner relevanten Beschaffenheitsveränderung und damit an der Widerrufsausschlusslageder Ware mangelt und gleichzeitig eine angemesseneKompensation über die Schadensersatzregelung zur Verfügung steht.Anders kann dies jedoch bei anderen Verpackungsebenen aussehen. 51LG Stuttgart, WRP 2006, 1156; OLG Jena, GRUR-RR 2006, 283¸ LG Düsseldorf,CR 2006, 858.2LG Frankfurt a. M., WRP 2005, 922 = CR 2006, 210 (Ls.).3Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2008, 3751, 3754.4Siehe nur BGH NJW 1999, 276, 277.5Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2008, 3751, 3754.


150 Teil 2 – AnwendungsbereichIn der Verpackungsindustrie wird vor allem zwischen der sog. Pr<strong>im</strong>ärverpackungund der Sekundärverpackung unterschieden. So differenziertauch das Duale System Deutschland AG in ihrer „Lizenzentgeltlisteund Bemessungsgrundlagen“ zwischen „Pr<strong>im</strong>ärverpackungen,Sekundärverpackungen und weitere Verpackungsebenen“. Eine Pr<strong>im</strong>ärverpackungist danach eine Verpackung, die das Produkt unmittelbarumgibt und mit ihm in Kontakt steht. Meist besitzt die Pr<strong>im</strong>ärverpackungBarriereeigenschaften, die die Wechselwirkungen zwischen Produktund Umwelt ausschließen oder eindämmen sollen (z.B. Blister,Folien o.ä.), während die Sekundärverpackung und gegebenenfallsweitere Verpackungsebenen eher die Verkaufs- und Logistikfunktionunterstützen. § 3 Abs. 1 VerpackV n.F. unterscheidet drei Verpackungsebenen.Diese Differenzierungen lassen sich auch für die hierdiskutierten Fälle fruchtbar machen.aa) TransportverpackungGemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 VerpackV sind Transportverpackungen „Verpackungen,die den Transport von Waren erleichtern, die Waren aufdem Transport vor Schäden bewahren oder die aus Gründen der Sicherheitdes Transports verwendet werden und be<strong>im</strong> Vertreiber anfallen.“Als Beispiele wurden hierfür in § 3 Abs. 1 S. 2 VerpackV a.F.genannt: „Fässer, Kanister, Kisten, Säcke einschließlich Paletten, Kartonagen,geschäumte Schalen, Schrumpffolien und ähnliche Umhüllungen,die Bestandteile von Transportverpackungen sind und die dazudienen, Waren auf dem Weg vom Hersteller bis zum Vertreiber vorSchäden zu bewahren, oder die aus Gründen der Sicherheit des Transportesverwendet werden.“Die Transportverpackung kann ohne jeden Zweifel stets geöffnetwerden, ohne dass hierdurch das <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgeschlossen oderdurch den Unternehmer Wertersatz geltend gemacht werden kann, weilnur so der Verbraucher die <strong>im</strong> Fernabsatz erworbene Ware prüfenkann.bb) UmverpackungGemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 VerpackV sind Umverpackungen „Verpackungen,die als zusätzliche Verpackungen zu Verkaufsverpackungen verwendetwerden und nicht aus Gründen der Hygiene, der Haltbarkeitoder des Schutzes der Ware vor Beschädigung oder Verschmutzung fürdie Abgabe an den Endverbraucher erforderlich sind.“ Als Beispielewurden hierfür in § 3 Abs. 1 S. 2 VerpackV a.F. genannt „Blister, Folien,Kartonagen oder ähnliche Umhüllungen, die dazu best<strong>im</strong>mt sind,als zusätzliche Verpackung um Verkaufsverpackungen die Abgabe vonWaren <strong>im</strong> Wege der Selbstbedienung zu ermöglichen oder die Möglich-


D. Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> 151keit des Diebstahls zu erschweren oder zu verhindern oder überwiegendder Werbung zu dienen.“Auch für das Öffnen der Umverpackung besteht oft ein triftigerGrund. Meist können Verbraucher erst be<strong>im</strong> näheren Studium vonAngaben auf der Verkaufsverpackung – wie <strong>im</strong> Ladengeschäft – feststellen,dass best<strong>im</strong>mte Inhaltsstoffe enthalten sind, die sie nicht vertragen.Oder aber es geht um die Konsistenz eines Lebensmittels, um seineweitere Anmutung und Merkmale, die sich eben nur erschließen, wennman das Produkt (in der Pr<strong>im</strong>ärverpackung) besichtigen oder tastenkann. In all diesen Fällen beeinträchtigt ein Widerruf und die Rückabwicklungdie Ware nicht mehr, als es bei Computerteilen der Fall ist.Alle anderen Beeinträchtigungen und der Umstand, dass der Verkäuferin solchen Rücksendefällen die Ware nicht mehr so verkaufen kannwie sie ist und/oder entsprechende Einbußen hinnehmen muss, weil ereine neue Umverpackung einsetzen muss bzw. die Waren mit Abschlagohne solche Verpackungen veräußern muss („bulkware“), sind überden dem Händler zustehenden Wertersatzanspruch zu lösen. 1cc) VerkaufsverpackungGemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 VerpackV sind Verkaufsverpackungen „Verpackungen,die als eine Verkaufseinheit angeboten werden und be<strong>im</strong>Endverbraucher anfallen.“ – als Beispiele wurden hierfür in § 3 Abs. 1S. 2 VerpackV a.F. genannt: „Geschlossene oder offene Behältnisse undUmhüllungen von Waren wie Becher, Beutel, Blister, Dosen, E<strong>im</strong>er,Fässer, Flaschen, Kanister, Kartonagen, Schachteln, Säcke, Schalen,Tragetaschen oder ähnlich Umhüllungen, die vom Endverbraucher zumTransport oder bis zum Verbrauch der Waren verwendet werden.“Eine den Widerruf ausschließende Unzumutbarkeit der Rücknahmekann allenfalls bei Öffnung der Verkaufsverpackung, d.h. der die Verpackungunmittelbar umgebenden Pr<strong>im</strong>ärverpackung in Betracht kommen.<strong>Das</strong> OLG Hamburg 2entschied daher zutreffend differenzierter alsdie bisherige Rechtsprechung, dass zwischen der „Original(um)verpackung“und einer die streitgegenständlichen Kontaktlinsen unmittelbarumhüllenden „Blisterverpackung“ zu unterscheiden sei. Bei derÖffnung letzterer durch den Verbraucher sollten sich die Gefahrenrealisieren können, die dem in § 4 Abs. 1 Medizinproduktegesetz(MPG) enthaltenen Verbot des Inverkehrbringens von die Sicherheitund Gesundheit gefährdender Medizinprodukte zugrunde liegen.1Zum Wertersatz bei Beschädigung oder Verlust der Umverpackung vgl. Hoeren/Sieber/<strong>Föhlisch</strong>,Teil 13.4. Rn. 293.2OLG Hamburg, JurPC Web-Dok. 124/2007 = WRP 2007, 1121 (Ls.)


152 Teil 2 – Anwendungsbereichd) Gleichartige GefahrenlagenEin Ausschluss des <strong>Widerrufsrecht</strong>s nach Variante 3 wegen Öffnens derVerpackung kann nur bei best<strong>im</strong>mten Waren vorliegen, in denen eineden anderen Ausschlusstatbeständen vergleichbare, typisierte Gefahrenlagevorliegt. <strong>Das</strong> Öffnen der Pr<strong>im</strong>ärverpackung eines PC-Bildschirmsbringt z.B. per se keine derartigen Nachteile, wie sie der BGH 1mitRecht zur Voraussetzung des eng auszulegenden Tatbestandes macht.aa) VerderblichkeitIn erster Linie können daher Waren tatbestandsrelevant sein, die <strong>im</strong>Sinne der weiteren Varianten der Nr. 1 „Verderblichkeit“ und des damit<strong>im</strong> Sinnzusammenhang stehenden Überschreitens des Verfalldatumsbei Öffnen der Pr<strong>im</strong>ärverpackung und somit dem Verfallsprozess unterliegen,z.B. Lebensmittel, Medikamente, best<strong>im</strong>mte (verderbliche oderhygienisch relevante) Medizinprodukte und auch best<strong>im</strong>mte Kosmetika.bb) Fehlende VerkehrsfähigkeitUnter Anwendung objektiv-teleologischer Kriterien und verfassungskonformerAuslegung 2sind aber auch Waren denkbar, die trotz Öffnungder Pr<strong>im</strong>ärverpackung keinem Verfallsdatum oder unmittelbarenfür den Verkäufer unzumutbare Nachteile bergenden Verfallsprozessunterliegen. So wird das Öffnen einer Zahnpastatube oder der Blisterverpackungbesagter Kontaktlinsen nicht solche, sondern andere Gefahrenlagenschaffen, die es dem Unternehmer bei sozial- und rechtskonformenVerhalten nicht erlauben, eine solche Ware erneut anzubieten.<strong>Das</strong> bulgarische Recht über Fernabsatzverträge ist aus eben diesemGrund ausdrücklich nicht auf Verträge über die Lieferung von pharmazeutischenProdukten, Nahrungsergänzungsmitteln und anderen dieHeilung unterstützenden Produkten anwendbar. 3 Zur weiteren Abgrenzungbietet der Hygieneaspekt als verkehrserhebliches Beschaffenheitsmerkmalbest<strong>im</strong>mter Waren bzw. der noch weitergehende Gesundheitsaspektjenen Grund, der den Auslöser für ein rechtliches bzw. faktischesHindernis für das Inverkehrbringen dieser Waren darstellt. 4cc) Erheblicher WertersatzanspruchIn Anlehnung der BGH-Rechtsprechung zur Kundenspezifikation mussdaher die Einordnung mehrd<strong>im</strong>ensional angegangen werden. Nebeneiner Beschaffenheit der Ware, die zumindest bei Öffnen der Pr<strong>im</strong>är-1BGH NJW 2003, 1665.2Vgl. oben Teil 2 D III 2.3Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium, S. 566.4Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2008, 3751, 3754.


D. Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> 153verpackung Hygienefragen oder Gesundheitsaspekte berührt, muss einweiterer Nachteil feststellbar sein, der über die typischen Nachteile derRückgabe hinausgeht und sich spezifisch aus der Beschaffenheit derWare ergibt. Dabei muss der Nachteil zudem derart beschaffen sein,dass er die Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s auch in Ansehung des Wertersatzanspruchsdes Händlers unzumutbar macht.Wenn die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme zur Konsultationüber die FARL 1 die Ansicht vertritt, es bestehe kein Bedarf, das <strong>Widerrufsrecht</strong>insoweit auszuschließen, als die Ware sich nicht mehr <strong>im</strong>wiederverkaufsfähigen Zustand befindet, weil dieser Gefahr <strong>im</strong> deutschenRecht durch eine Nutzungsentschädigungsregelung zu Gunstendes Unternehmers Rechnung getragen worden sei, überzeugt dies nicht.Eine solche Sichtweise benachteiligt nicht nur den Unternehmer, sondernauch und vor allem den Verbraucher.Wenn ein Wiederverkauf der Ware infolge best<strong>im</strong>mungsgemäßer Ingebrauchnahmedes Verbrauchers überhaupt nicht mehr möglich ist,dann kann der Wertverlust, der <strong>im</strong> Wege des Wertersatzes vom Unternehmerbei entsprechender Vereinbarung verlangt werden kann, 100 %betragen. Damit wäre der Verbraucher aber schlechter gestellt, alswenn er von vornherein darüber informiert worden wäre, dass ein best<strong>im</strong>mterNutzungsumfang zum Ausschluss des <strong>Widerrufsrecht</strong>s führenkann. Die Schlechterstellung ergibt sich aus der Tatsache, dass derVerbraucher die Ware bei Kenntnis ggf. weiter verwendet hätte oder er– wenn er die Ware an den Unternehmer zurückgesandt hätte und erstdann erfährt, dass er den Kaufpreis nicht zurückerhält – eventuell einenAnspruch auf Herausgabe des wertlos gewordenen Gegenstands geltendmachen muss. 2Auch dies spricht dafür, das <strong>Widerrufsrecht</strong> in solchen Fällen auszuschließenund den Verbraucher klar darüber zu informieren, statt nureine allgemeine Information über den Wertersatz zu geben, die denVerbraucher nicht in die Lage versetzt, den Nachteil einer Rücksendungder vermeintlich dem Widerruf unterliegenden Ware zu erkennen. Dievom BMJ für ausreichend erklärte Aufklärung in der Musterbelehrung(Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV) „Können Sie uns die empfangeneLeistung ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertemZustand zurückgewähren, müssen Sie uns insoweit ggf. Wertersatzleisten.“ lässt den Verbraucher jedenfalls nicht erahnen, dass er <strong>im</strong> Falleder Rücksendung einer angebrochenen Cremedose weder über denKaufpreis noch über die Ware verfügt. Wird er hingegen von vornhereinaufgeklärt, dass eine solche Ware „auf Grund ihrer Beschaffenheit1BRD-Stellungnahme v. 21.09.2006, S. 7.2WBZ-Stellungnahme v. 20.11.2006, S. 11.


154 Teil 2 – Anwendungsbereichnicht zur Rücksendung geeignet“ und daher vom Widerruf ausgeschlossenist, wird er sie entweder erst gar nicht anbrechen oder <strong>im</strong> Falle derbest<strong>im</strong>mungsgemäßen Ingebrauchnahme von einem Widerruf absehen,was für ihn wirtschaftlich erheblich günstiger ist, weil er dann wenigstensnoch über die restliche, für ihn verwertbare Ware verfügt.4. FallgruppenAusgehend von der entwickelten Dogmatik lassen sich folgende praktischbedeutsame Fallgruppen bilden, in denen die Ausnahme des§ 312d Abs. 4 Nr. 1, 3. Var. BGB zum Tragen kommt.a) Arzne<strong>im</strong>ittelRezepturarzne<strong>im</strong>ittel, die ausschließlich nach Rezepturangabe für denjeweiligen Patienten hergestellt werden und daher einen hohen Individualisierungsgradaufweisen, fallen unter § 312d Abs. 4 Nr. 1, 1. Var.BGB. 1 Best<strong>im</strong>mte Arzne<strong>im</strong>ittel können auch verderblich sein und somitunter die 4. Variante fallen. Meist scheidet eine Verderblichkeit vonFertigarzne<strong>im</strong>itteln wegen des langen Haltbarkeitsdatums jedoch aus,so dass sich die Frage stellt, ob Fertigarzne<strong>im</strong>ittel aufgrund ihrer Beschaffenheitnicht für eine Rücksendung geeignet sind.Dies hängt nach der vorstehend entwickelten Dogmatik davon ab, obArzne<strong>im</strong>ittel nach einer Rücksendung durch den Verbraucher ausGründen der Arzne<strong>im</strong>ittelsicherheit nicht ein zweites Mal in Verkehrgebracht werden dürfen, so dass sie wirtschaftlich für den sich sozialundrechtskonform verhaltenden Unternehmer nicht mehr verwertbarwären. 2 Die Ausnahme des § 312d Abs. 4 Nr. 1, 3. Var. BGB ist jedenfallsin den Fällen erfüllt, in denen sich gesetzlich ein Verbot eines weiterenInverkehrbringens der Ware ergibt. 3Einem gesetzlichen Verbotgleichzustellen ist ferner eine Beschaffenheit der Ware, die sich als Hindernisfür ein erneutes Inverkehrbringen darstellt, wobei auf die Gepflogenheitenund der geschuldeten Beschaffenheit eines üblichen Angebotsin Ansehung der Zweckbest<strong>im</strong>mung der Ware und demallgemeinen Verkehrsverständnis entsprechenden Verbraucherverlangensabzustellen ist.Ein gesetzliches Verbot ergibt sich aus § 7b Abs. 2 S. 1 Betriebsverordnungfür Arzne<strong>im</strong>ittelgroßhandelsbetriebe (AMGrHdlBetrV), indem es heißt: „Handelt es sich bei den zurückgenommenen Arzne<strong>im</strong>ittelnnach Angaben des Zurückgebenden um nicht verkehrsfähige Arz-1Mand/Könen, WRP 2007, 841.2Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2005, 3377, 3379; Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2008, 3751,3754.3Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2008, 3751, 3754.


D. Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> 155ne<strong>im</strong>ittel oder macht er keine Angaben zur Verkehrsfähigkeit, so sinddiese als nicht verkehrsfähig kenntlich zu machen, abzusondern und derVernichtung zuzuführen.“ Erst recht sollte Entsprechendes auch fürVersandapotheken gelten, die an Verbraucher verkaufen. Denn beiprivaten Endverbrauchern sind die fachgerechte Lagerung und die Konstanzder qualitätsbest<strong>im</strong>menden Faktoren (Arzne<strong>im</strong>ittelstabilität) nochweniger gewährleistet als <strong>im</strong> Großhandelsbereich durch Apotheken.Insbesondere können sie keine verlässlichen Angaben zur Verkehrsfähigkeitder zurückgegebenen Arzne<strong>im</strong>ittel machen. 1Für einen Ausschluss des <strong>Widerrufsrecht</strong>s bei Arzne<strong>im</strong>itteln werdenüberdies von Mand noch weitere überzeugende Gründe angeführt. Eineextensive Auslegung des Wortlauts erscheine demnach vor allem mitBlick auf den Regelungszweck von § 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB geboten.Der Ausschlusstatbestand wurde eingefügt, weil das <strong>Widerrufsrecht</strong>erhebliche Missbrauchsmöglichkeiten eröffnen und unbillige Härten fürden Verkäufer nach sich ziehen könne, falls die zurückgesandte Warefür den Verkäufer praktisch nicht mehr verkäuflich ist. 2Apothekenbetreiber unterliegen dem Kontrahierungszwang (§ 17Abs. 4 ApoBetrO); <strong>im</strong> Versandhandel, der nach § 11a Satz 1 Nr. 1ApoG sogar vorgeschrieben ist, führt dies dazu, dass sie auch diejenigenKunden beliefern müssen, die schon häufig oder sogar <strong>im</strong>mer widerrufenhaben, was eine unzumutbare Belastung darstellte. 3Weiterhin istder Verbraucher als Vertragspartner einer Versandapotheke nichtschutzwürdiger als Vertragspartner einer ortsansässigen Apotheke.Wegen des ärztlichen Verordnungsmonopols hat der Verbraucher keinAuswahlermessen hinsichtlich des Wirkstoffs. Somit ist ein Irrtum hinsichtlichder georderten Ware, vor dem das <strong>Widerrufsrecht</strong> schützensoll, nahezu ausgeschlossen. Einem möglichen Irrtum hinsichtlich derPerson des Vertragspartners kommt nur geringere Bedeutung zu. 4Damit sind Arzne<strong>im</strong>ittel nach hier vertretener Ansicht stets aufGrund ihrer Beschaffenheit nicht zur Rücksendung geeignet. 5Gleichwohlwäre es wünschenswert gewesen, wenn der europäische Gesetzgebersich der Problematik gestellt und die Frage, ob Arzne<strong>im</strong>ittel dem<strong>Widerrufsrecht</strong> unterliegen, 6 in Art. 19 VRRL-E ausdrücklich entschiedenhätte.1Mand, NJW 2008, 190, 192; Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2008, 3751, 3755.2Mand, NJW 2008, 190, 191.3Mand/Könen, WRP 2007, 841, 845.4Mand/Könen, WRP 2007, 841, 845.5Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2008, 3751, 3755; vgl. auch Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2005,3377, 3379; Im Ergebnis gleich, aber mit abweichender Begründung: Staudinger/Thüsing,§ 312d Rn. 54; Palandt/Grüneberg, § 312d Rn. 9 (Verderblichkeit); differenziert(nicht stets verderblich): Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 312d Rn. 38.6Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2005, 3377, 3379.


156 Teil 2 – AnwendungsbereichDie abweichende Ansicht des AG Köln 1 Medikamente – unabhängigob apothekenpflichtig oder nicht – seien zur Rücksendung geeignet undunterlägen dem <strong>Widerrufsrecht</strong>, überzeugt nicht. Der Umstand, dassder Händler das Medikament nicht mehr in Verkehr bringen darf, liegteben nicht allein in dessen Risikobereich, sondern ist gerade der Grunddafür, warum die Ausnahme einschlägig ist. 2Anderenfalls könntenVerbraucher durch Kontrahierungszwang und <strong>Widerrufsrecht</strong> einenApotheker geradezu ruinieren, indem laufend teure Medikamente geordertund retourniert würden, die der Apotheker stets entsorgen müsste,wenn er sich rechtskonform verhält. Ob sich die fehlende Absetzbarkeitaus der tatsächlichen Beschaffenheit des veräußerten Produkts oder ausden spezifisch für das Produkt geltenden Vertriebsvorschriften ergibt,ist insoweit unerheblich. 3 Hier wie dort geht es nicht um ein allgemeinesunternehmerisches Risiko, sondern um ein auf die konkrete Ware bezogenes,typisiertes Absatzhindernis.b) MedizinprodukteAnders als Arzne<strong>im</strong>ittel sind vom Verbraucher <strong>im</strong> Rahmen des <strong>Widerrufsrecht</strong>esretournierte Medizinprodukte nicht stets nicht mehrverkehrsfähig und daher auch nicht stets vom <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgenommen.Vielmehr muss nach Art des Produktes und ggf. der Eingriffshandlungdes Verbrauchers differenziert entschieden werden. 4Zwar ist es auch nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 MPG verboten, Medizinproduktein den Verkehr zu bringen, wenn der begründete Verdacht besteht,dass sie die Sicherheit und die Gesundheit der Patienten, der Anwenderoder <strong>Dr</strong>itter bei sachgemäßer Anwendung, Instandhaltung undihrer Zweckbest<strong>im</strong>mung entsprechender Verwendung über ein nachden Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaften vertretbares Maßhinausgehend unmittelbar oder mittelbar gefährden. Diese abstraktgenerellenRisiken bestehen aber nicht bei jedem Medizinprodukt. 5So sind etwa Hyaluron-Natrium-Fertigspritzen, die zur Faltenbehandlungeingesetzt werden, als Medizinprodukt einzuordnen. 6 Da beider Anwendung jedoch Arzne<strong>im</strong>ittel <strong>im</strong> Körper freigesetzt werden,können bei einer Rücksendung nach Auslieferung und zeitweiliger Aufbewahrungdurch den Verbraucher die gleichen Risiken entstehen wiebei der Lagerung von Arzne<strong>im</strong>itteln. 7 Die typisierte Unzumutbarkeit für1AG Köln, NJW 2008, 236.2Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2008, 3751, 3755.3Mand, NJW 2008, 190, 191.4Vgl. Mand, WRP 2007, 1405, 1408.5Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2008, 3751, 3755.6OLG Frankfurt a.M., WRP 2007, 216.7Mand/Könen, WRP 2007, 1405, 1408.


D. Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> 157den Unternehmer ist gegeben, weil ein sich rechtskonform verhaltenderUnternehmer die Ware gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 MPG nicht mehr inVerkehr bringen darf, und zwar unabhängig davon, ob die Pr<strong>im</strong>ärverpackungoder weitere Verpackungsebenen geöffnet wurden oder dasPaket mit dem Produkt völlig unangetastet ist. Er kann z.B. nicht ausschließen,dass die Fertigspritzen in der Sonne gelegen haben und nichtmehr ohne Gesundheitsgefährdung eingesetzt werden können.Hingegen kann ein Rollstuhl, der ebenfalls ein Medizinprodukt ist,auch wenn er vollständig ausgepackt oder auch in Gebrauch genommenwurde, ohne weiteres wieder in Verkehr gebracht werden. 1 Die Kostenfür eine etwaige Reinigung und Prüfung durch den Händler sind diesemzumutbar. Wurde der Rollstuhl nicht nur in Gebrauch genommen,sondern auch genutzt, ist dies über den Wertersatzanspruch des Unternehmerszu kompensieren.Schließlich gibt es Medizinprodukte, bei denen erst eine best<strong>im</strong>mteEingriffshandlung des Verbrauchers, insbesondere die Öffnung derPr<strong>im</strong>ärverpackung, dazu führt, dass sie vom <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgenommensind. So entschied das OLG Hamburg 2 zutreffend, dass Kontaktlinsennicht bereits dann vom <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgenommen sind,wenn nicht die Blisterverpackung (= Verkaufsverpackung), sondernlediglich in die Umverpackung vom Verbraucher geöffnet wurde. Dennbei Öffnen der Umverpackungen der sich in Blistern befindlichen Kontaktlinsenbzw. in Flaschen befindlichen Kontaktlinsenpflegemittelkönnen die Produkte unter hygienischen Gesichtspunkten nicht beeinträchtigtwerden. Diese Gefahrenlage kann erst dann entstehen, wennauch die Blister geöffnet und z.B. die Kontaktlinsen ausprobiert oderdie Kontaktlinsenpflege-Behältnisse geöffnet würden. Daher steht nunauch § 4 MPG diesem Ergebnis nicht entgegen.Allerdings kann der Unternehmer nach diesseitiger Auffassung Wertersatzverlangen, wenn die Umverpackung vollständig fehlt und vonihm neu beschafft werden muss. Denn anders als die Versandverpackung,bei deren Verlust der Verbraucher keinen Wertersatz schuldet,ist die Umverpackung Bestandteil der Ware, so dass sich ein Wertersatzanspruchbereits aus dem allgemeinen Rücktrittsrecht ergibt (teilweiserVerlust der empfangenen Leistung, § 346 Abs. 2 Nr. 3 BGB).c) HygieneartikelEin pauschaler Ausschluss von „Hygieneartikeln“ vom <strong>Widerrufsrecht</strong>,wie er zuweilen in Versandhändler-AGB zu finden ist, ist schon deshalbunwirksam, weil er gegen das Transparenzgebot verstößt. Denn es ist1Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2008, 3751, 3755.2OLG Hamburg, WRP 2007, 1121 = GRUR-RR 2007, 402.


158 Teil 2 – Anwendungsbereichnicht klar, welche Produkte genau unter diesen Begriff fallen sollen.Ähnlich wie bei einem Ausschluss von Waren, bei denen die „Originalverpackung“geöffnet wurde, ist der Begriff des „Hygieneartikels“ zupauschal, um einen Ausschluss des <strong>Widerrufsrecht</strong>es zu begründen.Gemeinhin werden darunter Waren verstanden, die unmittelbar mit dermenschlichen Haut oder Körperflüssigkeiten in Kontakt kommen, z.B.Kissen, Bettzeug, Schlafsäcke, Matratzen, Zahnbürsten, Nasenhaarschneider,Earphones, Erotikspielzeug, Verhütungsmittel, Int<strong>im</strong>schmucketc. Teilweise werden darunter aber auch Kleidungsstücke(z.B. Unterwäsche, Strumpfhosen, Socken), Produkte der Körperpflege(z.B. Cremes, Lotionen, Deoroller, Parfüm) oder auch solche Warenverstanden, die mit Lebensmitteln (z.B. Friteusen, Eierkocher, Kaffeemaschinenoder Saftpressen) oder Tieren in Berührung kommen (z.B.Hundebetten, Katzenkratzbäume, Mäusekäfige).Die Beeinträchtigung der Hygiene best<strong>im</strong>mter Warengruppen ist ähnlichwie die Gefährdung der Gesundheit ein die weitere Verkehrsfähigkeitausschließendes Kriterium. Einer solchen Auslegung steht wederein Analogieverbot noch der Grundsatz enger Auslegung von Ausnahmetatbeständenentgegen, weil eine andere Sichtweise dem Gleichbehandlungsgrundsatzund der Berufsausübungsfreiheit widersprechenwürde. Angesichts der Heterogenität dieser Warengruppe ist allerdingsnoch stärker zu differenzieren als bei Medizinprodukten und insbesondereauf das Öffnen verschiedener Verpackungsebenen abzustellen. Nurals grobe Orientierung kann die Regel dienen, dass, wenn die Pr<strong>im</strong>ärverpackungder Hygiene-Ware geöffnet und die Ware eindeutig inGebrauch genommen wurde, sie regelmäßig nicht mehr verkehrsfähigund damit nicht mehr wiederverkäuflich ist, so dass dem Unternehmereine Rücknahme nicht zumutbar ist. Zur Rücksendung geeignet sindmeist jedoch solche Produkte, die in ihrer Verkaufsverpackung belassenwurden und diese absolut unversehrt ist 1oder eindeutig festgestelltwerden kann, dass das Produkt mit Sicherheit nicht in Gebrauch genommenwurde. Dies gilt aber nicht für sämtliche Hygieneprodukte. 2aa) Kissen, Bettzeug, Schlafsäcke, Matratzen etc.Bettwaren wie Kissen, Bettzeug, Schlafsäcke oder Matratzen werdenregelmäßig in Plastikfolie eingeschweißt ausgeliefert. <strong>Das</strong> Öffnen dieserVerkaufsverpackungen beziehungsweise weiterer Verpackungsebenenführt für sich allein noch nicht dazu, dass die Ware nicht mehr verkehrsfähigist. Denn nach der Verkehrsanschauung können auch Bettwarenohne Abzug verkauft werden, wenn sie sich nicht mehr in der1Kaestner/Tews, WRP 2005, 1335, 1346.2Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2005, 3377, 3379.


D. Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> 159Pr<strong>im</strong>ärverpackung befinden oder einmal ausgepackt und wieder neuverpackt wurden. 1Zudem lassen sich die Produkteigenschaften nurzuverlässig durch in Augenscheinname oder Fühlen prüfen, wenn dieseWaren aus der Pr<strong>im</strong>ärverpackung genommen werden. Eine Matratzewird überdies auch <strong>im</strong> stationären Handel regelmäßig durch kurzesProbeliegen überprüft. Auch das Probeschlafen über eine Nacht istdenkbar und angesichts des hohen Preises qualitativ hochwertiger Matratzenzur Prüfung der über den <strong>Onlinehandel</strong> erworbenen Ware auchnachvollziehbar, wenn die Matratze in der Pr<strong>im</strong>ärverpackung belassenoder gleichwertig (z.B. durch einen Matratzenschoner) geschützt wird.Hingegen ist das Probeschlafen in ausgepackten Bettdecken und -kissen nicht üblich und führt nach der Verkehrsanschauung dazu, dassdie Ware nicht mehr veräußert werden kann, weil hygienische Bedenkenbestehen, auf Produkte zurückzugreifen, die nicht rückstandsfreivon Schweiß oder anderen Körperflüssigkeiten eines vorherigen Käuferssind. Eine Reinigung solcher Produkte ist den Händlern nur zumutbar,wenn sie in einem angemessenen Verhältnis zum Warenwert steht, wasinsbesondere der Fall ist, wenn es sich um sehr hochpreisige Produkte,wie zum Beispiel Outdoor-Schlafsäcke mit hoher Temperaturresistenzhandelt. Kann ein solcher Schlafsack <strong>im</strong> Wert von 400 € angesichtseiner „normalen“ Nutzungshandlung des Verbrauchers (z.B. eine Nachtin freier Natur schlafen, nicht jedoch zwei Wochen auf einem feuchtfröhlichenRockfestival) mit Kosten in Höhe von 20 € gereinigt werden,dürfte dies unterhalb der Umsatzrendite des Händlers liegen und ist mitder Entkonfiguration eines Built-to-Order-PC zu vergleichen, die derHändler ebenfalls hinzunehmen hat. 2Im Gegensatz dazu wäre dieseReinigung eines Kissens <strong>im</strong> Wert von 18 € weder für den Händler zumutbarnoch für den Verbraucher wirtschaftlich sinnvoll, weil derWertersatzanspruch des Händlers den Kaufpreis übersteigen würde.Bei dieser Warengruppe stellt sich jedoch stets die Frage, wie eineBenutzung durch den Verbraucher festgestellt und ggf. nachgewiesenwerden kann. Sind äußerlich keine Gebrauchsspuren erkennbar, genügtbei dieser Warengruppe nach der Verkehrsanschauung nicht allein dieabstrakte Möglichkeit, dass die Ware möglicherweise benutzt wurde,um sie vom <strong>Widerrufsrecht</strong> auszunehmen. Der Händler hat daher <strong>im</strong>Zweifel darzulegen und zu beweisen, dass eine Eingriffhandlung desVerbrauchers vorlag, die zum Ausschluss der Ware vom <strong>Widerrufsrecht</strong>berechtigt.1Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2008, 3751, 3755.2Vgl. dazu oben Teil 2 D II 5.


160 Teil 2 – Anwendungsbereichbb) Zahnbürsten, Nasenhaarschneider, Earphones etc.Als Hygieneprodukte <strong>im</strong> engeren Sinne dürften solche Produkte gelten,die bei best<strong>im</strong>mungsgemäßer Ingebrauchnahme in Körperöffnungenwie Nase, Mund und Ohr eingeführt werden. Produkte wie Zahnbürsten,Nasenhaarschneider oder auch Earphones werden auch aus diesemGrund meist in Blister-Verpackungen als Verkaufsverpackung ausgeliefert,so dass auch <strong>im</strong> stationären Handel keine Möglichkeit besteht, dasProdukt jenseits einer Inaugenscheinnahme in anderer Weise zu „testen“.1Die meisten dieser Produkte sind daher nach der Verkehrsanschauungbereits dann nicht mehr verkehrsfähig, wenn die Pr<strong>im</strong>ärverpackung(Blister) einmal geöffnet wurde. Denn es ist ausgeschlossen, eine Zahnbürsteweiterzuveräußern, mit der sich vielleicht nicht tatsächlich, jedochmöglicherweise ein Vorbesitzer bereits die Zähne geputzt hat. 2Eine Ausnahme mag allein für besonders hochwertige Produkte wieHifi-Earphones gelten, die durch Auswechseln von Filzüberzügen ineinem verkaufsfähigen Zustand zurückversetzt werden können, wennder Verbraucher nachweist, dass keine intensive Nutzungshandlung(z.B. Musikhören be<strong>im</strong> Jogging) vorlag, sondern die Ware nur kurz inGebrauch genommen wurde. Die hierdurch verursachten Beeinträchtigungensind dem Händler zumutbar (z.B. neue Verpackung) oder überden Wertersatzanspruch zu kompensieren (z.B. Auswechseln von Filzüberzügen).3cc) Erotikspielzeug, Verhütungsmittel, Int<strong>im</strong>schmuck etc.Eine recht häufig <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong> vorzufindende Warengruppe ist dasSort<strong>im</strong>ent von Erotikshops. Zu nennen sind hier etwa Liebespuppen,Dildos, Analplugs, Cockrings, Penispumpen, Urinbeutel oder Rektalduschen.4Ebenso wie bei Kondomen oder Int<strong>im</strong>schmuck wird hier dasÖffnen der Pr<strong>im</strong>ärverpackung ohne Weiteres eine Widerrufsausschlusslage<strong>im</strong> Sinne der 3. Variante schaffen. Denn ein sich sozialkonformverhaltender Händler kann solche Waren allein wegen der abstraktenGefahr der Ansteckung mit ernsthaften Krankheiten nicht wieder inVerkehr bringen. Hinzu kommt, dass solche Waren auch <strong>im</strong> einschlägigenstationären Handel lediglich durch den Augenscheinname der unversehrtenPr<strong>im</strong>ärverpackung geprüft werden können. 51Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2008, 3751, 3755.2Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2008, 3751, 3755.3Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2008, 3751, 3755.4Die Beispiele sind eine kleine Auswahl aus dem Sort<strong>im</strong>ent des Händlershttp://www.venize.de (Stand: 5.4.<strong>2009</strong>).5Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2008, 3751, 3755.


D. Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> 161dd) Strumpfhosen, Socken, Unterwäsche etc.Ein Unterfall der „Hygieneartikel“ sind best<strong>im</strong>mte Kleidungsstücke, diedirekt auf der Haut getragen werden, wie z.B. Strumpfhosen, Socken,Unterwäsche, Bademoden oder (vor allem in Erotikshops vorzufindende)Latex-Catsuits. Kleidungsstücke können nicht generell vom <strong>Widerrufsrecht</strong>mit der Begründung ausgeschlossen werden, dass sie durch diebest<strong>im</strong>mungsgemäße Benutzung, d.h. das Anprobieren der Kleidungsstücke,<strong>im</strong>mer unverkäuflich werden. Ziel des Fernabsatzrechts ist esgerade, dem Verbraucher durch die Einräumung eines <strong>Widerrufsrecht</strong>sdie Möglichkeit verschaffen, die Ware zu testen. Insbesondere bei Kleidungsstückenist die Anprobe wichtig, um die Kaufentscheidung treffenzu können. 1Gegen eine pauschale Ausnahme von auf der Haut getragener Wäschevom Widerrufrecht lässt sich einwenden, dass auch <strong>im</strong> Einzelhandelüblicherweise eine Anprobe solcher Artikel möglich ist, solange sieüber anderer Unterwäsche oder Bekleidung erfolgt. Da dieses Verhaltenauch in einem Ladengeschäft nicht überprüft werden kann, muss erstrecht dem <strong>im</strong> Fernabsatz bestellenden Käufer eine entsprechende Anprobemöglichkeitzustehen. 2<strong>Das</strong> OLG Frankfurt a. M. hat daher denpauschalen Ausschluss des <strong>Widerrufsrecht</strong>s für Unterwäscheartikel zuRecht für unzulässig erklärt. 3Diese können erst dann vom Widerrufausgenommen werden, wenn der Händler durch eindeutige Gebrauchsspurenein Tragen der Kleidungsstücke nachweisen kann, so dass ernach der Verkehrsanschauung die Ware nicht mehr weiterveräußernkönnte bzw. sein Wertersatzanspruch den Kaufpreisrückerstattungsanspruchdes Verbrauchers übersteigt.Auch das Öffnen der Pr<strong>im</strong>ärverpackung bei solchen Produkten führtnicht dazu, dass die Ware nicht mehr verkehrsfähig ist. Vielmehr werdensogar sehr häufig ausgepackte Wäschestücke <strong>im</strong> stationären Handelzu reduzierten Preisen verkauft. Hingegen ist aber auch allein der Umstand,dass gebrauchte Unterwäsche offenbar Abnehmer finden kann,die sogar zuweilen höhere Preise als für unbenutzte Unterwäsche zuzahlen bereit sind, nach der hier vertretenen Auffassung kein anerkennenswerterGrund für die Versagung eines Widerrufsausschlusses fürden Fall der Nichteinhaltung zuvor erwähnter Anprobeanforderungen.Denn dem Unternehmer kann nicht zugemutet werden, nur aufgrundvon Eingriffshandlungen des Verbrauchers während der Widerrufsfrist1jurisPK-BGB/Junker, § 312d, Rn. 40; Palandt/Grüneberg, § 312d Rn. 9; Becker/<strong>Föhlisch</strong>,NJW 2008, 3751, 3755.2Kaestner/Tews, WRP 2005, 1335, 1349; Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2008, 3751,3755.3OLG Frankfurt a. M., GRUR-RR 2007, 56 = NJW-RR 2007, 482 = MMR2007, 322 = CR 2007, 387.


162 Teil 2 – Anwendungsbereichsich völlig andere Absatzkanäle zu erschließen, zumal viele Internethandelsplattformenden Verkauf benutzter Unterwäsche ausdrücklichnicht gestatten. 1ee) Crèmes, Lotionen, Deoroller, Parfum etc.Angebrochene Kosmetika sind meist nach Benutzung unverkäuflich undkönnen nicht rückstandslos zurückgegeben werden. 2 Dies gilt etwa fürCremes, Lotionen oder Make-up, deren Pr<strong>im</strong>ärverpackung geöffnetwurde (Öffnen oder Abziehen von Schutzfolie), Rouge oder Puder, ausdem mit Fingern oder Pinseln Teile entnommen wurden oder Mascaras,Lippenstifte oder Deoroller, die zum Auftragen auf den Körper verwendetwurden. Solche Produkte kann ein seriöser Verkäufer keinemweiteren Kunden mehr anbieten, zumal auch die Gefahr der Übertragungvon Herpes-Viren o.ä. besteht. Weiterhin setzt bei einem Teildieser Produkte auch ein Prozess des Verderbens ein. Der EuropäischeRat sprach sich bei Schaffung der FARL zwar dagegen aus, „Erzeugnisseder Körperpflege“ vom <strong>Widerrufsrecht</strong> auszuschließen (BegründungIII 7 vii). 3 Dies spricht aber nicht gegen die vorstehende Betrachtungsweise,weil es hier nicht um geöffnete oder benutzte, sondern unversehrteKosmetika ging. 4Eine Ausnahme, d.h. kein Ausschluss des <strong>Widerrufsrecht</strong>es gilt alleinfür solche Kosmetik-Produkte, die mit zumutbarem Aufwand wieder ineinen wiederverkaufsfähigen Zustand versetzt werden können oder fürdie auch weiterhin nach der Verkehrsanschauung ein Markt besteht. Sokann ein Kajalstift, der nicht sichtbar verkürzt ist, sondern nur einmalkurz getestet wurde, durch kurzes „Anspitzen“ in einen wiederverkaufsfähigenZustand versetzt werden. Ein Parfüm-Flakon, aus demeinige Male gesprüht wurde, kann entweder aufgefüllt oder auch alsTester verkauft werden. 5<strong>Das</strong> LG Wuppertal 6 löst diese Fälle nicht über § 312d Abs. 4 Nr. 1BGB, sondern meint, angebrochene Kosmetika seien nicht mehr ver-1So heißt es z.B. in den eBay-Bedingungen: „Gebrauchte Unterwäsche und Damenstrumpfhosen,auch gereinigt, dürfen auf eBay generell nicht angeboten werden.“,http://pages.ebay.de/help/policies/used-clothing.html (Stand: 5.4.<strong>2009</strong>).2Unklar Grabitz/Hilf/Micklitz, Richtlinie 97/7/EG, Rn. 95: „Als Ausnahmeregelungist die Vorschrift eng auszulegen, weshalb Fernabsatzverträge über Kosmetikader Richtlinie <strong>im</strong> vollen Umfang unterliegen.“3Gemeinsamer Standpunkt (EG) Nr. 19/95 vom Rat v. 29.06.1995.4Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2008, 3751, 3756.5Eine Markenrechtsverletzung liegt be<strong>im</strong> Verkauf von Parfumtestern nicht vor,weil Erschöpfung nach § 24 Abs. 1 MarkenG eingetreten ist, BGH GRUR 2007, 882(anders noch: OLG Frankfurt, GRUR-RR 2007, 200, OLG Hamburg MMR 2007,256 und OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.09.2006 – I-20 U 68/06).6LG Wuppertal, BeckRS 2008, 03864.


D. Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> 163kehrsfähig und gelten als verbraucht i.S.v. § 346 Abs. 2 Nr. 2 BGB.Nach dem Öffnungsvorgang eines jeden Behältnisses (Flaschen, Tuben,Dosen), in dem sich Kosmetika oder Körperpflegemittel befinden, seiendiese Stoffe wie nicht mehr vorhanden (untergegangen) anzusehen, sodass der Kunde Wertersatz i.H.v. 100% des Kaufpreises leisten mussbzw. keinen Anspruch auf Rückerstattung des Kaufpreises habe. Einebesondere Aufklärungspflicht des Kunden hierüber sieht das Gerichtnicht, weil der gänzliche oder teilweise Verbrauch <strong>im</strong>mer diese Folgehabe und eine besondere Aufklärungspflicht über die Folgen desVerbrauchs <strong>im</strong> Gegensatz zu den Folgen der Ingebrauchnahme <strong>im</strong> Gesetznicht angeordnet sei. Diese Sichtweise überzeugt nicht, weil hierdurchder Verbraucher schlechter gestellt wäre als wenn das <strong>Widerrufsrecht</strong>von vornherein ausgeschlossen wird. 1ff) Friteusen, Eierkocher, Kaffeemaschinen, Saftpressen etc.Küchenmaschinen oder Gartengeräte, die mit biologischem Materialbest<strong>im</strong>mungsgemäß in Berührung kommen, wie z.B. Friteusen, Eierkocher,Kaffeemaschinen, Saftpressen, Rasenmäher, beutellose Staubsaugero.ä. können zwar auch <strong>im</strong> stationären Handel regelmäßig nichtgenutzt, sondern nur in Augenschein genommen werden. Würde manjedoch das <strong>Widerrufsrecht</strong> bereits deshalb ausschließen, weil solcheWaren einmal in Gebrauch genommen und gereinigt werden müssen,wäre dies eine unangemessene Aushöhlung des <strong>Widerrufsrecht</strong>es, dasdem Verbraucher die Funktionsprüfung der vorher nicht gesehenenWare gerade ermöglichen soll. Eine Reinigung ist dem Händler zumutbarund führt nicht dazu, dass die Ware nicht mehr verkehrsfähig ist.Solche Fälle sind daher über den Wertersatzanspruch zu lösen, derfreilich bei besonders intensiven Nutzungshandlungen bis zu 100% desKaufpreises ausmachen kann. Allerdings kann ein Ausschluss vom<strong>Widerrufsrecht</strong> in solchen Fällen schon deshalb nicht erfolgen, weilderartige Nutzungshandlungen nicht zuverlässig beschrieben werdenkönnen.Entsprechendes gilt für Hundebetten, Katzenkratzbäume, Mäusekäfigeoder ähnliche Waren, die mit Tieren in Kontakt kommen. Auchdiese können – je nach Nutzungsintensität – in wiederverkaufsfähigenZustand gebracht werden bzw. mit Preisabschlägen verkauft werden,die der Händler <strong>im</strong> Rahmen des Wertersatzanspruchs kompensierenkann.1Vgl. dazu oben Teil 2 D III 3 d).


164 Teil 2 – Anwendungsbereichd) VerbrauchsmaterialienAngebrochene Verbrauchsmaterialien wie Tintenpatronen, Lasertoner,Stempelkissen o.ä. zeichnen sich dadurch aus, dass sie durch Berührungmit der Luft einem Verderblichkeitsprozess ausgesetzt sind. Allein dieEntnahme aus der Pr<strong>im</strong>ärverpackung (i.d.R. Folie) kann zwar nochnicht zum Ausschluss des <strong>Widerrufsrecht</strong>es führen, da der Verbraucherein berechtigtes Interesse hat, durch Inaugenscheinnahme u.U. komplexerProdukte die Kompatibilität mit seinem Gerät zu prüfen. Wird dieWare dann innerhalb der Widerrufsfrist zurück gesendet, kann sie wiederverpackt und weiterverkauft werden.Wurden solche Materialien jedoch (z.B. nach Abziehen weitererSchutzstreifen, Entfernen von Versiegelungsfolien oder -kappen) in<strong>Dr</strong>ucker eingesetzt oder sonst wie angebrochen, haben sie nur <strong>im</strong> Einzelfallnoch einen Wiederverkaufswert (z. B. teure, noch zu 99% gefüllteLasertoner-Patrone). Solche Artikel sind nur dann zur Rücksendunggeeignet, wenn sich üblicherweise ein Markt für diese (geöffneten) Materialienfeststellen lässt und keine gesetzliche Regelung entgegensteht. 1Der Verbraucher muss <strong>im</strong>mer die Möglichkeit haben, solche Warenungeöffnet zurück zu schicken. Lässt sich mangels Versiegelung durchden Hersteller nicht feststellen, ob die Ware ausgepackt, angebrochen,benutzt oder ausgetauscht wurde, kann dies nicht zu Lasten desVerbrauchers gehen.e) Computerkomponenten<strong>Das</strong> OLG <strong>Dr</strong>esden 2 hat noch unter Geltung von § 3 Abs. 2 Nr. 1 FernAbsGzutreffend entschieden, dass RAM-Bausteine, Motherboardsund Speichermedien keine auf Grund ihrer Beschaffenheit für eineRücksendung nicht geeigneten Waren sind. Zwar könne die Ware infolgeder Benutzung faktisch wertlos geworden sein. Da dieses Risikodes Wertverlustes jedoch nicht auf einer Abnutzung, Vermischung oderdergleichen, sondern darauf beruht, dass der Markt eine „abstrakteGefahr“ (z.B. Virenbefall) sehe, ist der Ausnahmetatbestand nicht anwendbar.<strong>Das</strong> in § 312d Abs. 4 Nr. 1, 3. Var. typisierte Risiko mussaber gerade auf einer Beschaffenheit der Sache beruhen, die diese infolgeder Eingriffshandlung des Verbrauchers aufweist. Einmal vomVerbraucher während der Widerrufsfrist eingebaute, d.h. benutzteComputerkomponenten können jedoch nach der Verkehrsanschauungauch ein weiteres Mal separat veräußert oder in Gesamtsysteme eingebautwerden, wenn sie einem vorherigen Test unterzogen wurden.1Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2005, 3377, 3379.2OLG <strong>Dr</strong>esden, MMR 2002, 172. So auch LG Frankfurt, JurPC Web-Dok.298/2003.


D. Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> 165Zu beachten ist allerdings, dass auch in einem stationären Ladengeschäftsolche Komponenten nicht durch Einbau in den eigenen Computer– etwa auf Kompatibilität – „getestet“, sondern nur in der Verkaufsverpackungin Augenschein genommen werden können. EinEinbau ist daher keine Prüfung, sondern eine Ingebrauchnahme derWare, die Wertersatzansprüche auslösen kann. 1f) Batterien und LeuchtmittelTeilweise wird ohne nähere Begründung behauptet, genutzte Batterienoder Leuchtmittel seien nicht zur Rücksendung geeignet und daher vom<strong>Widerrufsrecht</strong> ausgeschlossen. 2Jeder Begründungsansatz ist aber tautologisch.Diese Produkte sollen gerade deshalb vom <strong>Widerrufsrecht</strong>ausgeschlossen sein, weil die Gefahr der Nutzung besteht und eine Nutzungnicht oder so gut wie nicht nachweisbar ist. Es ist z.B. technischnicht möglich, eine teure Aquarienlampe mit begrenzter Lebensdauerdaraufhin zu testen, ob sie während der Widerrufsfrist in Betrieb war.Möglich wäre es allenfalls, bereits deutlich entleerte Batterien durchzumessen,die dann auch nicht mehr verkauft werden können und vom<strong>Widerrufsrecht</strong> ausgenommen sind bzw. bei denen der Händler 100%Wertersatz verlangen könnte. Allein die einmalige Nutzung oder dasAuspacken aus der Verkaufsverpackung mit der Folge, dass eine Nutzungmöglicherweise stattgefunden hat, führt jedoch nicht zur Verkehrsunfähigkeitder Ware, so dass der Ausschluss der 3. Variante nichtgreift.g) LebewesenFraglich ist, ob lebende Pflanzen und Tiere auf Grund ihrer Beschaffenheitungeeignet für eine Rücksendung sind. Dies wird mit der Begründungverneint, dass es sich bei <strong>im</strong> Fernabsatz angebotenen lebendenPflanzen und Tieren offensichtlich (sonst könnten Sie nicht <strong>im</strong> Fernabsatzvertrieben werden) gerade um Lebewesen handelt, die für eineVersendung geeignet sind. 3 Auch besteht durchaus ein Schutzbedürfnisdes Verbrauchers, der z.B. einen als friedlich beschriebenen Hund voneinem Tierschutzverein aus Griechenland über das Internet „bestellt“,der sich später als bissig herausstellen könnte. Hier entsprach das Produktnicht der Beschreibung und konnte erst durch Inaugenscheinnahmegetestet werden. Es spricht nichts dagegen, den Kaufvertrag über einsolches Tier zu widerrufen und den Hund – natürlich artgerecht in einer1Hierzu ausführlich unten Teil 4 D II 2.2Mielke, c’t 2008, 154, 155.3Kaestner/Tews, WRP 2005, 1335, 1349.


166 Teil 2 – Anwendungsbereichentsprechenden Transportbox, die auch bei der Hinsendung verwendetwurde – zurückzusenden.Eine Ausnahme vom <strong>Widerrufsrecht</strong> ist daher nur für die Fälle geboten,in denen sehr kurzlebige Lebewesen (z. B. Eintagsfliegen) angebotenwerden, die noch während oder kurz nach der Widerrufsfrist eingehenwerden, 1 oder wenn es um Lebewesen geht, bei denen ähnlich wiebei Arzne<strong>im</strong>itteln keine Lagerung auf dem Transportweg oder be<strong>im</strong>Verbraucher sichergestellt werden kann, die eine Aufrechterhaltung derVerkehrsfähigkeit garantiert (z.B. Nützlinge oder Teichpflanzen). Be<strong>im</strong>Kauf von lebenden Bonsai-Pflanzen, Einsiedlerkrebsen oder Bananenstaudenerfolgt hingegen kein Ausschluss aus dem <strong>Widerrufsrecht</strong>. 2h) SoftwaredownloadsDie Gesetzesmaterialien verweisen weiterhin auf Softwaredownloadsals nicht zur Rücksendung geeignete Waren. 3Auch nach der h.M. inder Literatur ist hier das <strong>Widerrufsrecht</strong> gemäß § 312d Abs. 4 Nr. 1, 3.Var. ausgeschlossen, weil die Software wegen der Möglichkeit derWeiterbenutzung nicht „rückstandslos“ zurückgegeben werden könne.Der Verbraucher könne nur eine Kopie der Datei zurücksenden. 4Zutreffendwird Software also überwiegend als Ware und nicht als Dienstleistungeingeordnet.Nicht überzeugend ist allerdings die Ausnahme vom <strong>Widerrufsrecht</strong>,da die Software durchaus zurückgegeben oder gelöscht werden kannund durch DRM-Systeme wie Testversionen, Lizenzcodes oder Registrierungenausgeschlossen werden kann, dass der Verbraucher weiterhinvon der Software profitiert. 5 Es bleibt dem Unternehmer unbenommen,für eine nachweisbare Nutzung der Software während der WiderrufsfristWertersatz zu verlangen. Eine Ausnahme von Downloads vom<strong>Widerrufsrecht</strong> <strong>im</strong> Rahmen des § 312d Abs. 4 Nr. 1, 3. Var. BGB würdeallerdings zu einer Umgehung des speziell für Software geschaffenenAusnahmetatbestandes der Entsiegelung (§ 312d Abs. 4 Nr. 2 BGB)führen. 6 Eine andere Auslegung ist mit dem Grundsatz der engen Auslegungvon Ausnahmetatbeständen nicht vereinbar.1Kaestner/Tews, WRP 2005, 1335, 1349.2Kaestner/Tews, WRP 2005, 1335, 1349.3BT-<strong>Dr</strong>ucks 14/2658, S. 44.4AnwKomm/Ring, § 312d Rn. 43, 44; MünchKommBGB/Wendehorst, § 312dRn. 27 f; Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 312d Rn. 36; Palandt/Grüneberg,§ 312d Rn. 9; Staudinger/Thüsing, § 312d Rn. 50; Lorenz, JuS 2000, 833, 839;Meents, CR 2000, 610, 613; Schmitt, CR 2001, 838, 844; Pauly, MMR 2005, 811,814.5Vgl. Hoeren/Sieber/<strong>Föhlisch</strong>, Teil 13.4 Rn. 260.6Erman/Saenger, § 312d Rn. 24; Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2005, 3377, 3380.


D. Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> 167i) EnergielieferungBezüglich homogener leitungsgebundener Güter lässt sich die Meinungvertreten, dass das <strong>Widerrufsrecht</strong> hier bereits aus teleologischen Gründennicht anzuwenden ist. 1 Der BGH 2 hat die Ansicht vertreten, dass essich bei Energielieferverträgen um Fernabsatzverträge über Waren handelt,so dass dem Kläger ein <strong>Widerrufsrecht</strong> zusteht, wenn es nichtdurch § 312d Abs. 4 Nr. 1 Fall 3 BGB ausgeschlossen ist. Ob ein Ausnahmevorliegt oder nicht, hat der BGH jedoch offen gelassen und dieFrage dem EuGH vorgelegt. Eine Wertersatzpflicht, wie sie nach § 346BGB besteht, könnte mit Art. 6 FARL unvereinbar sein. Da aber ohneeine solche der Widerruf für den Unternehmer unzumutbar wäre, könntedies dafür sprechen, dass bei zum Verbrauch best<strong>im</strong>mten und tatsächlichverbrauchten Waren das <strong>Widerrufsrecht</strong> gemäß Art. 6 Abs. 3Spiegelstrich 3 Fall 3 FARL ausgeschlossen ist, so der BGH. 35. ZwischenergebnisDer Anwendungsbereich der Vorschrift bereitet für die betroffenenUnternehmer große Schwierigkeiten. Europäischer und deutscher Gesetzgeberhaben es versäumt, eine Konkretisierung der praktisch bedeutsamenVariante vorzunehmen, obwohl zahlreiche Handelsverbändedies gefordert hatten. Dies ist umso bedauerlicher, als die meisten Fälle,in denen die Rücknahme der Ware dem Unternehmer unzumutbar ist,unter diesen Tatbestand zu subsumieren sind. Die Unergiebigkeit derWortsinn-, systematischen und historisch-teleologischen Auslegungführt dazu, dass bei der Auslegung pr<strong>im</strong>är auf objekt-teleologischeKriterien zurückzugreifen ist. Hier ist unter Beachtung der Art. 3 und12 GG entscheidend, ob in gleichartigen Situationen ein Unternehmerohne sachliche Rechtfertigung mit dem <strong>Widerrufsrecht</strong> belastet wirdund der andere nicht. Der Blick auf die Umsetzungen in anderen Mitgliedsstaatenlegt nahe, insbesondere das Kriterium der Wiederverkäuflichkeitbei der Interpretation zu berücksichtigen. Auch die Systematikspricht dafür, dass die fehlende Wiederverkäuflichkeit zu einem Ausschlussdes <strong>Widerrufsrecht</strong>s führt.Die extensive Auslegung der Ausnahmevorschrift über den Wortlauthinaus ist jedoch nicht geeignet, einen gesetzlichen Missstand zu korrigieren.Die Ausnahmevorschrift des § 312d Abs. 4 Nr. 1, 3. Var. BGBist kein Auffangtatbestand für alle Fälle, in denen eine Rücknahmewirtschaftlich unzumutbar erscheint, etwa bei verkörperten geistigen1Buchmann/Hirschmann, N&R Beilage 1/<strong>2009</strong>, 1, 3 ff.2BGH, Beschluss v. 18.3.<strong>2009</strong> – VIII ZR 149/08.3BGH-Pressemitteilung 59/09 v. 18.3.<strong>2009</strong>.


168 Teil 2 – AnwendungsbereichLeistungen. Andererseits kann es ausreichen, wenn die Beschaffenheitder Ware gerade durch die einmalige Versendung oder die Rücksendungoder einen Verbrauchereingriff während der Widerrufsfrist verändertwird und dadurch für den Unternehmer für eine Weiterveräußerungungeeignet wird. Hierbei ist allerdings <strong>im</strong> Rahmen der gebotenenengen Auslegung eine besonders hohe Anforderung an die Feststellungeiner Widerrufsausschlusslage zu stellen. Nach der hier vertretendenAuffassung muss jedoch bei der 3. Variante <strong>im</strong> Interesse der Rechtssicherheitverlangt werden, dass die Beschaffenheitsänderung zur Beseitigungder weiteren Verkehrsfähigkeit der Ware <strong>im</strong> Rahmen ihrer ursprünglichenZweckbest<strong>im</strong>mung führt. Bloße Beeinträchtigungen derVerkehrsfähigkeit werden schließlich über die dem Unternehmer zustehendenWertersatzansprüche kompensiert.Die typisierte Unzumutbarkeitslage für den Unternehmer kann vorliegen,wenn die gelieferte Ware mit anderen Stoffen be<strong>im</strong> Verbraucherverbunden oder vermischt wird. Ein Ausschluss des <strong>Widerrufsrecht</strong>snach Variante 3 wegen Öffnens der Verpackung kann nur bei best<strong>im</strong>mtenWaren vorliegen, in denen eine den anderen Ausschlusstatbeständenvergleichbare, typisierte Gefahrenlage vorliegt, insbesondere auch beierheblichen Wertersatzansprüchen. Erreicht der Wertverlust, der <strong>im</strong>Wege des Wertersatzes vom Unternehmer bei entsprechender Vereinbarungverlangt werden kann, nahezu die Höhe des Warenwertes, wäreder Verbraucher bei Geltendmachung des Wertersatzanspruchs schlechtergestellt, als wenn er von vornherein darüber informiert wordenwäre, dass ein best<strong>im</strong>mter Nutzungsumfang zum Ausschluss des <strong>Widerrufsrecht</strong>sführen kann.Anders als Arzne<strong>im</strong>ittel sind vom Verbraucher <strong>im</strong> Rahmen des <strong>Widerrufsrecht</strong>esretournierte Medizinprodukte nicht stets nicht mehrverkehrsfähig. In diesem Fall bedarf es einer differenzierten Betrachtung,ähnlich wie <strong>im</strong> Fall von Verbrauchsmaterialien, Computerkomponenten,Batterien, Leuchtmittel und Lebewesen. Eine Ausnahme, d.h.kein Ausschluss des <strong>Widerrufsrecht</strong>es gilt allein für solche Kosmetik-Produkte, die mit zumutbarem Aufwand wieder in einen wiederverkaufsfähigenZustand versetzt werden können oder für die auch weiterhinnach der Verkehrsanschauung ein Markt besteht. Nicht überzeugendist allerdings die Ausnahme vom <strong>Widerrufsrecht</strong> für Downloads,da die Software durchaus zurückgegeben oder gelöscht werden kannund durch DRM-Systeme ausgeschlossen werden kann, dass derVerbraucher weiterhin von der Software profitiert.


D. Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> 169IV. Schnell verderbliche WarenUnter schnell verderbliche Waren i.S.v. § 312d Abs. 4 Nr. 1, 4. Var.BGB fallen frische Lebensmittel wie Frischmilch (nicht H-Milch), Obstoder Wurst, sofern diese nicht ohnehin nach § 312b Abs. 3 Nr. 5 BGBvom Anwendungsbereich des Fernabsatzrechtes ausgenommen sind,sowie frische Pflanzen, z.B. Schnittblumen, wobei das Vorliegen diesesMerkmals aus ex ante-Perspektive zu beurteilen ist. 1Ebenso wie beiWaren, deren Verfallsdatum zu überschreiten droht, ist unter Berücksichtigungder üblichen Warenumschlagszeiten darauf abzustellen, ob<strong>im</strong> Falle eines erneuten Verkaufs der Ware eine Schlechterfüllung vorläge.2 Waren, deren Haltbarkeitsdatum überschritten würde, können vonKonsumenten mit Sitz in Polen und der Slowakei gleichwohl retourniertwerden, da es hier keine entsprechende Ausnahme gibt. 3Zutreffend weist Schmidt-Räntsch darauf hin, dass die abstrakte Gefahr,auf der Ware „sitzen zu bleiben“ nur das Motiv der Ausnahme ist.Entscheidend ist die objektiv bestehende Verderblichkeit der Ware. 4Diese ist bei Lebensmitteln sehr unterschiedlich und bei den meistenArzne<strong>im</strong>itteln nicht gegeben. 5Für die Feststellung der Verderblichkeitbedarf es einer Festsetzung des Verfalls nach anerkannten technischenNormen, 6 d.h. der Unternehmer kann das <strong>Widerrufsrecht</strong> nicht dadurchumgehen, dass er z.B. Pralinen, die objektiv 3 Monate haltbar sind miteinem Haltbarkeitsdatum von 1 Woche willkürlich kennzeichnet.Nicht ohne weiteres erfasst werden z.B. Tee, Konservendosen, Weinoder Bonsai-Pflanzen. 7Zum belgischen Recht hat das Cour d’appelBrüssel entschieden, dass Obstbäume und ähnliche Produkte nicht alsschnell verderbliche Produkte gelten. 8 Der Verbraucher haftet aber beifehlerhafter Lagerung oder Verwendung einer ungeeigneten Rücktransportverpackungauf Schadensersatz. Wenn nur die abstrakte Gefahrbesteht, dass die Ware aufgrund nicht fachgerechter Lagerung oderBehandlung durch den Verbraucher an Verwendbarkeit eingebüßt hatund daher nicht mehr an andere Verbraucher abgegeben werden kann1Erman/Saenger, § 312d, Rn. 25.2Aigner/Hofmann, Fernabsatzrecht <strong>im</strong> Internet, Rn. 106.3Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium, S. 589.4Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 312d Rn. 38.5Unzutreffend daher Palandt/Grüneberg, § 312d Rn. 9; Staudinger/Thüsing,§ 312d Rn. 56 und Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312d, Rn. 18, dieArzne<strong>im</strong>ittel pauschal unter diese Fallgruppe subsumieren.6Erman/Saenger, § 312d, Rn. 25.7Vgl. Kaestner/Tews, WRP 2005, 1335, 1346.8CA Brüssel, Urteil v. 21.1.1999 – P. Bakker Hillegom ./. Ets. Gonthier. In Belgiengab es bereits vor Umsetzung der FARL ein entsprechendes <strong>Widerrufsrecht</strong> <strong>im</strong>Gesetz über Handelspraktiken v. 14.7.1991. Vgl. Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium,S. 590.


170 Teil 2 – Anwendungsbereichoder sogar nicht mehr abgegeben werden darf, liegt ein Ausschluss des<strong>Widerrufsrecht</strong>s nach der 3. Variante („zur Rücksendung nicht geeignet“)vor. 1 Die Ware ist dann nicht mehr verkehrsfähig, auch wenn sieobjektiv noch haltbar ist und mithin vom Wortlaut der 4. Variantenicht erfasst wird.V. Entsiegelte DatenträgerGelieferte Software, Audio- und Videoaufzeichnungen sind nach§ 312d Abs. 4 Nr. 2 BGB vom <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgenommen, soferndie Datenträger entsiegelt worden sind, z. B. durch Öffnen der Cellophanhülleeiner CD, 2 Durchtrennen eines Aufklebers an einer DVD etc.Wenn von vornherein kein Siegel vorhanden ist, wie z.B. bei einigenMusik-CDs, muss der Unternehmer also auch unversiegelte Ware zurücknehmen.Die Ausnahme geht zurück auf Art. 6 Abs. 3, 4. Spiegelstrich FARLund wurde von Estland und Griechenland nicht übernommen. 3DerPassus aus der FARL „die vom Verbraucher entsiegelt worden sind“ istin den übrigen Mitgliedsstaaten nicht überall einheitlich umgesetztworden. Lettland 4 und Polen 5 stellen auf das Öffnen, Tschechien 6 aufdas Beschädigen der Originalverpackung der Software ab. In Portugalerlischt das <strong>Widerrufsrecht</strong> nur be<strong>im</strong> Bruch best<strong>im</strong>mter Siegel. 7In Luxemburg8 und Spanien 9 finden sich ausdrückliche Ausnahmen auch fürSoftware-Downloads. Die EU-Rechtskonformität dieser Umsetzungenwird allerdings bezweifelt. 101. Entsiegelung§ 312d Abs. 4 Nr. 2 BGB setzt voraus, dass eine zum Schutze des Urheberrechtsverwendete Sperre überwunden wird. <strong>Das</strong> <strong>Widerrufsrecht</strong>1A.A. für Arzne<strong>im</strong>ittel und Lebensmittel: MünchKommBGB/Wendehorst, § 312dRn. 32.2Hk-VertriebsR/Tonner, § 312d Rn. 32.3Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium, S. 590.4Art. 15 Abs. 4 FernabsatzVO (LV): „wenn der Verbraucher die Verpackung geöffnethat“.5Art. 10 Abs. 3 Nr. 2 VerbraucherschutzG (PL): „wenn der Verbraucher die Originalverpackungentfernt hat“.6§ 53 Abs. 7 (d) ZGB (CZ): „wenn der Verkäufer die Originalverpackung beschädigt“.7Art. 7 (d) der portugiesischen RVO Nr. 143/2001: „selo de garantia de inviolabilidade”.8Art. 5 Abs. 4 (d) FernabsatzG (LU).9Art. 45 (c) EinzelhandelG (ES).10Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium, S. 591.


D. Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> 171ist also nicht von vornherein ausgeschlossen, sondern erlischt, sobaldder Verbraucher den Datenträger entsiegelt. Systematisch ist die Vorschriftalso dem § 312d Abs. 3 ähnlich. 1 Ebenso wie in den Fällen des§ 312d Abs. 4 Nr. 1, 3. Var. führt eine Eingriffshandlung des Verbraucherszum Wegfall des <strong>Widerrufsrecht</strong>s. Die Entsiegelung muss vomVerbraucher vorgenommen werden. Kein Wegfall des <strong>Widerrufsrecht</strong>sliegt dann vor, wenn der Händler <strong>im</strong> Auftrag des Verbrauchers Softwareauf dem gekauften PC aufgespielt hat. 2Teilweise wird vorgeschlagen, bei Lieferung von Software auch ein<strong>Widerrufsrecht</strong> einzuführen mit der Maßgabe, dass sich der Verbraucherverpflichtet, etwaige bis dahin erstellte Installationen der Softwareauf seiner Hardware zu löschen. 3 Hintergrund sei, dass häufig erst nachder Erstinstallation für den Verbraucher erkennbar ist, ob er die bestellteSoftware nutzen kann bzw. ob sie mit der bestellten Software übereinst<strong>im</strong>mt.Dieser Vorschlag ist angesichts des Schutzzwecks des Fernabsatzrechtsnachvollziehbar, da der Kunde die Möglichkeit haben soll,die Ware zu testen. Allerdings besteht auch bei einem Kauf <strong>im</strong> Ladengeschäftkeine Möglichkeit, Software vorher auf Kompatibilität zu überprüfen.Zudem ist es schwer zu kontrollieren, ob der Kunde die Softwaretatsächlich gelöscht hat.a) Physische SiegelKein Siegel i.S.d. § 312d Abs. 4 Nr. 2 BGB ist ein Tesafilmstreifen, dernur verhindern soll, dass die CD bzw. DVD während des Versandesnicht aus der Hülle fällt und zerstört wird. 4Ein Tesafilmstreifen wirdvom Verbraucher nicht als Siegel angesehen, das die Rücksendung derWare ausschließt. Im Handel mit CDs und DVDs ist der Kunde vielmehreine andere Art der Versiegelung gewohnt, die regelmäßig für ihneinen Warnhinweis darstellt, dass er be<strong>im</strong> Öffnen der Ware, diese möglicherweisewerde behalten müssen. Ein Siegel ist weiterhin eine besondereForm der Sicherstellung der Unversehrtheit von Gegenständenoder Behältnissen. Ein solches Siegel kann vom Kunden nach der Öffnungder Ware auch nicht ohne weiteres ersetzt werden. Diese Voraussetzungenerfüllt der Tesafilmstreifen nicht.Weiterhin reicht für die Annahme einer Ausnahme vom <strong>Widerrufsrecht</strong>nach § 312d Abs. 4 Nr. 2 BGB nicht aus, dass die Entsiegelung1Kamanabrou, WM 2000, 1425.2AG Hoyerswerda, VuR <strong>2009</strong>, 70 m. Anm. Bücker.3BStMdJ-Stellungnahme, S. 5.4LG Dortmund, JurPC Web-Dok. 44/2007, zust<strong>im</strong>mend Schlömer/Dittrich, BB2007, 2129.


172 Teil 2 – Anwendungsbereichvom Kunden oder von einem <strong>Dr</strong>itten vorgenommen wurde. 1 Der Gesetzeswortlautist unmissverständlich, so dass das <strong>Widerrufsrecht</strong> lediglichdann entfällt, wenn der Datenträger vom Verbraucher selbst entsiegeltworden ist. Ist kein Siegel vorhanden, kommt auch keine Entsiegelungin Betracht. Dies stellt Art. 19 Abs. 1 e) VRRL-E noch einmal ausdrücklichklar, wenn es dort – anders als in der FARL – heißt, dassversiegelte („sealed“) Datenträger entsiegelt werden müssen.b) Elektronische SiegelEine Entsiegelung ist nicht gegeben, wenn das Kennwort der zurHauptplatine gehörigen Software (BIOS) bekannt gegeben wird, 2 da dieBIOS-Software als der Hardware zugehörige Grundausstattung zwingendbereits bei den Konfigurierungsarbeiten des Unternehmers oderHerstellers benutzt werden muss und somit bereits entsiegelt ist. Fraglichist auch, ob BIOS-Software überhaupt urheberrechtlich geschütztist, so dass der Schutzzweck der Norm tangiert wäre. Eine solche elektronischeEntsiegelung ohne weitere Urheberrechtssperren wird vom§ 312d Abs. 4 Nr. 2 BGB nicht erfasst. 3 Der Fall ist vergleichbar mitdem, dass eine uneingeschweißte CD geliefert wird.Der Begriff der Entsiegelung ist allerdings nicht darauf beschränkt,dass die Audio- oder Videoaufzeichnung oder auch die Software physischentsiegelt wird. 4 Bei der Entsiegelung kommt es <strong>im</strong>mer nach demSchutzzweck der Norm darauf an, dass eine erkennbar zur Wahrungeines Urheberrechts geschaffene Sperre überwunden wird, 5was auchdurch Eingabe eines Lizenzcodes geschehen kann. Möglich ist also aucheine elektronische Versiegelung, wenn die Software ihre volle Funktionalitätbzw. zeitlich uneingeschränkte Nutzbarkeit erst durch Eingabeeines Codes erhält. 62. TreibersoftwareDie Ausnahme des § 312d Abs. 4 Nr. 2 BGB ist nicht einschlägig, sofernlediglich Datenträger mit frei verfügbarer Treibersoftware entsiegeltwerden, die ebenso von der Herstellerseite <strong>im</strong> Internet geladenwerden könnte. Werden solche Treiber-CDs entsiegelt, können die1LG Hamburg, Urteil v. 14.10.2005 – 406 O 166/05, zitiert nach juris, abrufbarunter: http://lrha.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=ha&nr=1907 (Stand: 5.4.<strong>2009</strong>).2LG Frankfurt, CR 2003, 412 = ITRB 2003, 170.3Hk-VertriebsR/Tonner, § 312d Rn. 32.4Hk-VertriebsR/Tonner, § 312d Rn. 33.5LG Frankfurt, CR 2003, 412 = ITRB 2003, 170.6Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 312d Rn. 40.


D. Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> 173Software und die zugehörige Hardware ebenfalls zurückgegeben werden.Denn hier sind Urheberrechte nicht gefährdet und nur durch Installierendes Gerätetreibers kann die Hardware geprüft werden. 1 Sinnund Zweck der Regelung ist es vor allem, illegale Kopien und dahereine die Aneignung des wirtschaftlichen Werts des Produkts zu verhindern.2Aus diesem Gesichtspunkt scheint eine teleologische Reduktionder Regelung geboten, so dass gelieferte Software, die aber auch freiverfügbar ist, nicht vom Anwendungsbereich erfasst ist. 33. DownloadsÜberwiegend wird auch der Download von Musik, Fotos, Videos, e-Books oder Software zutreffend als Warenlieferung eingestuft, weil eskeinen Unterschied macht, ob Dateien durch einen körperlichen Datenträgeroder über das Internet übertragen werden. 4 Teilweise wird angenommen,auch online übertragene Dateien könnten versiegelt werden,z.B. durch Datenkompr<strong>im</strong>ierung. 5 Da die Versiegelung nicht physischerNatur sein muss, können in der Tat Programme auch durch Lizenzcodesversiegelt werden.Downloads ohne solche Codes unterfallen aber schon dem Wortlautnach nicht dem Ausnahmetatbestand der Entsiegelung und auch nichtdem des § 312d Abs. 4 Nr. 1, 3. Var. BGB. Wünschenswert wäre dieAufnahme eines ausdrücklichen Ausnahmetatbestandes in das Gesetz. 6Eine analoge Anwendung der Ausnahmevorschriften scheidet jedochaus. 7Daher gibt es, was sachgerecht ist, auch keine Bevorzugung derelektronischen Vertriebsformen gegenüber anderen Formen des Fernabsatzes.Wird ein Buch in Dateiform per Download als eBook vermarktet,scheidet ein <strong>Widerrufsrecht</strong> ebenso wenig aus, wie wenn es alsPrintmedium vertrieben wird. 81Hoeren/Sieber/<strong>Föhlisch</strong>, Teil 13.4 Rn. 259. So auch Staudinger/Thüsing, § 312dRn. 60; Brönneke, MMR 2004, 127, 28; Junker, NJW 2005, 2829, 2832f.2MünchKommBGB/Wendehorst, § 312d, Rn. 63.3Junker, NJW 2005, 2829, 2832f..4Hk-VertriebsR/Micklitz, § 312b Rn. 28; MünchKommBGB/Wendehorst, § 312bRn. 31; Staudinger/Thüsing, § 312b Rn. 16; Ende/Klein, Grundzüge des Vertriebsrechts<strong>im</strong> Internet, S. 133; Härting, Fernabsatzgesetz, § 1 Rn. 53f; Lorenz, JuS 2000,833, 84; Bunz, ZGS <strong>2009</strong>, 111, 113.5Schmitt, CR 2001, 838, 844; Bunz, ZGS <strong>2009</strong>, 111, 113.6Schirmbacher, Verbrauchervertriebsrecht, S. 237 schlägt de lege ferenda vor,dass kein <strong>Widerrufsrecht</strong> für Verträge besteht, „deren wesentliche Leistung in derÜberlassung elektronischer Daten an Verbraucher besteht.“7Wie hier: Hoeren, Internetrecht, 03/<strong>2009</strong>, S. 376; a.A. die h.M., vgl. oben Teil 2D III 4 h).8A.A. Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 312d Rn. 36.


174 Teil 2 – AnwendungsbereichVI. Zeitungen, Zeitschriften und IllustrierteNach § 312d Abs. 4 Nr. 3 BGB sind Zeitungen, Zeitschriften und Illustriertevom <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgenommen. Der Gesetzgeber liefertkeine differenzierte Begründung für diese Ausnahme, sondern meintnur, ein <strong>Widerrufsrecht</strong> sei für den Unternehmer – wie bei den anderenAusnahmen – „nicht zumutbar“. 1Der Grund wird in der Literaturdarin gesehen, dass eine Zeitung schon am nächsten Tag veraltet unddamit letztlich unverkäuflich sei. 2Wie schon diese Begründung zeigt,gilt dies aber nur für Zeitungen und längst nicht für alle Zeitschriftenund Illustrierte. Eine wissenschaftliche Fachzeitschrift, der SPIEGELoder ein GEO-Heft von 1984 haben zuweilen sogar einen höherenMarktwert als die aktuelle Ausgabe der gleichen Reihe. Zudem sind dieVerbraucher bei diesen Warengruppen durch das <strong>Widerrufsrecht</strong> besondersschutzbedürftig, weil gerade Zeitschriftenabonnements besondershäufig mit unlauteren, aggressiven Vertriebsmethoden verkauftwerden. 3Es gibt also nur einen Grund für die Ausnahme: die Zeitschriftenlobbyhat auf europäischer Ebene besonders gute Arbeit geleistet. MitBlick auf den Gleichheitsgrundsatz und die Berufsausübungsfreiheit istdie Ausnahme höchst bedenklich. Unklar ist insbesondere, warum Büchermangels hinreichender Relevanz der Aktualität 4nicht ausgenommensind, kann doch der Wert eines Reiseführers oder eines aktuellenBestsellers nach Benutzung deutlich stärker vermindert sein als der vonwissenschaftlichen Periodika. 5Weil die Buchhändlerlobby dies zu späterkannt hat, wurde ihr seinerzeit <strong>im</strong> Vermittlungsverfahren die missratene40-EUR-Klausel spendiert. 6Auch einem Händler von RAM-Bausteinen wird man schwer vermitteln können, warum sein Produkt,das viel schneller veraltet und <strong>im</strong> Preis verfällt als eine Zeitschrift, vom<strong>Widerrufsrecht</strong> nicht ausgenommen ist, wenn Zeitschriften aus demJahr 1969 es wären.Die Ausnahmevorschrift ist also mit Blick auf die verfassungsrechtlichenBedenken besonders eng auszulegen. Erfasst werden nach demeindeutigen Wortlaut zunächst nur <strong>Dr</strong>uckerzeugnisse und nicht elektronischePublikationen, die man als „Dateien“ hätte bezeichnen müs-1FernAbsG-RegE, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/2658, S. 44.2Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 312d Rn. 41.3Dies war Anlass für den BesVetrG-RegE v. 21.07.2008, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 16/10734 v.31.10.2008.4So Erman/Saenger, § 312d, Rn. 27.5Vgl. Staudinger/Thüsing, § 312d Rn 62; Hk-VertriebsR/Micklitz, § 312d Rn. 34.6Siehe dazu oben Teil 1 B IV 4.


D. Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> 175sen. 1Weiterhin sind auch nur periodisch erscheinende <strong>Dr</strong>uckwerkeausgenommen, die mit einer gewissen Häufigkeit veröffentlicht werden,also nicht etwa ein jährlich erscheinender Kalender. 2Nach der hiervertretenden Ansicht sind mit Blick auf den Gleichheitsgrundsatz überdiesnur solche Zeitschriften und Illustrierte ausgenommen, die vergleichbaraktuell sind wie Zeitungen, d.h. jeweils nur die zum Zeitpunktder Bestellung aktuelle Ausgabe der Zeitschrift. Verträge überalle anderen Zeitschriften können widerrufen werden.§ 312d Abs. 4 BGB schließt zwar die Anwendung anderweitiger Best<strong>im</strong>mungenüber das Bestehen eines <strong>Widerrufsrecht</strong>s nicht aus. 3Sokann <strong>im</strong> Fall eines Abonnementvertrags unter den Voraussetzungen§§ 505 Abs. 1 S. 2 und 3, 491 Abs. 2 Nr. 1 BGB ein <strong>Widerrufsrecht</strong>nach § 505 Abs. 1 S. 1 BGB bestehen. 4 Meist liegen die Werte der Zeitschriftenabonnementsjedoch (bewusst) unter dem Grenzwert von200 €. Mit Änderung des § 312d Abs. 4 Nr. 3 BGB <strong>im</strong> Rahmen desGesetzes zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung und zur Verbesserungdes Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen 5 sollenVerbraucher vor besonders häufig vorkommenden unlauteren Telefonvertriebsmethoden<strong>im</strong> Zeitschriftenhandel besser geschützt werden, sodass das <strong>Widerrufsrecht</strong> hier bei telefonischem Vertrieb nicht entfällt.VII. Wett- und Lotterie-Dienstleistungen<strong>Das</strong> <strong>Widerrufsrecht</strong> ist nach § 312d Abs. 4 Nr. 4 BGB bei Verträgenüber die Erbringung von Wett- und Lotteriedienstleistungen ausgeschlossen.Wesentliches Merkmal und Grund für die Ausnahme ist hierdas spekulative Element. 6 Während es bei Wettdienstleistungen um dieRichtigkeit einer best<strong>im</strong>mten Behauptung geht, handelt es sich bei Lotteriedienstleistungenum reine Glücksspiele, bei denen aus der Zahl derTeilnehmer aufgrund eines best<strong>im</strong>mten Systems Gewinner ermitteltwerden. 7Ist hingegen das rein spekulative Element nicht gegeben, wiez.B. bei Geschicklichkeitsspielen <strong>im</strong> Internet, bei denen eine Einfluss-1Staudinger/Thüsing, § 312d Rn. 62; Härting, Fernabsatzgesetz, § 3 Rn. 86; a.A.Wilmer/Hahn, Fernabsatzrecht, § 312d Rn. 32; Meents, Verbraucherschutz <strong>im</strong> Internet,S. 223; Waldenberger, K&R 1999, 345, 351;.2OLG Hamburg, NJW 2004, 1114.3Erman/Saenger, § 312d Rn. 21.4Erman/Saenger, § 312d Rn. 27.5BesVetrG-RegE, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 16/10734 v. 31.10.2008 (in Kraft getreten am 4.8.<strong>2009</strong>, BGBl. I <strong>2009</strong>, S. 2413).6MünchKommBGB/Wendehorst, § 312d Rn. 42.7Wilmer/Hahn, Fernabsatzrecht, § 312d, Rn. 33.


176 Teil 2 – Anwendungsbereichmöglichkeit des Verbrauchers auf den Spielverlauf besteht, liegt keinFall des § 312d Abs. 4 Nr. 4 BGB vor. 1Strittig ist, ob nur staatlich genehmigte Wett- und Lotteriedienstleistungenerfasst sind 2 oder darunter alle Dienstleistungen mit einem spekulativenoder aleatorischen Element zu verstehen sind. <strong>Das</strong> OLGKarlsruhe 3 ist der Ansicht, dass die Auffassung zu weit gehe, hierunterfielen nur staatlich genehmigte und nach § 763 BGB rechtsverbindlicheWetten, da § 312d Abs. 4 Nr. 4 BGB der Umsetzung von Art. 6 Abs. 3Spiegelstrich 6 FARL diene und deshalb nicht nach den Begriffen desdeutschen Zivilrechts, sondern <strong>im</strong> Lichte der Richtlinie auszulegen sei.Da nicht ersichtlich ist, dass der Gesetzgeber in diesem Punkt über daseuropäische Mindestniveau hinausgehen wollte, ist diese Auslegungzutreffend.Die bloße Weiterleitung von online abgegebenen Lottotipps an eineLottogesellschaft ist kein gemäß § 312d Abs. 4 Nr. 4 BGB vom <strong>Widerrufsrecht</strong>ausgenommener Vertrag. 4Abgesehen davon, dass der Wortlautnur die Wett- und Lotteriedienstleistungen selbst und nicht derenVermittlung erfasst, 5 hat die Ausnahme ihren Grund in der besonderenStruktur von Wettgeschäften, die auf den Eintritt eines ungewissenzukünftigen Ereignisses abstellen und bei denen üblicherweise dieChancen zu einem best<strong>im</strong>mten Zeitpunkt von den Wettpartnern eingeschätztwerden. Von solchen Ungewissheiten, Spekulationen und aleatorischenReizen ist hingegen die Geschäftsbesorgung durch den Vermittlernicht betroffen. Es sind keine Gründe erkennbar, warum derVerbraucher nicht widerrufen können soll. 6Mit Änderung des § 312d Abs. 4 Nr. 4 BGB <strong>im</strong> Rahmen des Gesetzeszur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung und zur Verbesserungdes Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen 7entfällt das<strong>Widerrufsrecht</strong> bei telefonischem Vertrieb von Wett- und Lotteriedienstleistungennicht mehr. Hintergrund ist, dass solche Leistungenbesonders häufig unter Missachtung lauterkeitsrechtlicher Vorschriftenvertrieben wurden. Zudem soll das <strong>Widerrufsrecht</strong> – wie bei Finanzdienstleistungen– nur noch dann erlöschen, wenn der Vertrag vonbeiden Seiten auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers erfüllt ist,1Erman/Saenger, § 312d, Rn. 28.2So die Rechtslage in Frankreich, Article L121-20-2 VerbraucherGB (FR): «Ledroit de rétractation ne peut être exercé, sauf si les parties en sont convenues autrement,pour les contrats: ... 6. De service de paris ou de loteries autorisés.»3OLG Karlsruhe, MMR 2002, 618, 619.4OLG Karlsruhe, MMR 2002, 618, 619.5Vgl. oben Teil 2 D VII.6OLG Karlsruhe, MMR 2002, 618, 619.7BesVetrG-RegE, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 16/10734 v. 31.10.2008 (in Kraft getreten am 4.8.<strong>2009</strong>, BGBl. I <strong>2009</strong>, S. 2413).


D. Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> 177bevor der Verbraucher sein <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgeübt hat (§ 312d Abs. 3BGB-E).VIII. AuktionenGemäß § 312d Abs. 4 Nr. 5 BGB sind solche Verträge vom <strong>Widerrufsrecht</strong>ausgenommen, die in Form von Versteigerungen i.S.d. § 156 BGBgeschlossen werden. Im Unterschied zu Art. 3 Abs. 1, 5. Spiegelstrichder europäischen FARL n<strong>im</strong>mt das deutsche Recht Versteigerungen nurvom <strong>Widerrufsrecht</strong> und nicht insgesamt vom Anwendungsbereich desFernabsatzrechts aus. Nach Art. 19 Abs. 1 h) VRRL-E sollen Auktionenkünftig vom <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgenommen sein. Über Jahre wurdein Literatur und Rechtsprechung kontrovers diskutiert, ob Internet-Auktionen nach § 312d Abs. 4 Nr. 5 BGB vom <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgeschlossensind oder nicht. Hierbei kommt es auf die Frage an, ob daskonkrete Geschäftsmodell tatsächlich eine Auktion <strong>im</strong> Sinne derAusnahmevorschrift ist. Die Rechtsprechung hat überwiegend angenommen,dass Verkäufe gegen Höchstgebot über die derzeit größteAuktionsplattform eBay keine Versteigerungen <strong>im</strong> Sinne der Ausnahmevorschriftsind. 11. <strong>Das</strong> eBay-Urteil des BGHDer BGH 2hat die Frage eindeutig beantwortet und entschieden, dassbei Kaufverträgen zwischen einem gewerblichen Anbieter und einemVerbraucher, die <strong>im</strong> Rahmen von Internet-Auktionen, wie sie von eBay,hood und anderen Anbietern angeboten werden, durch Angebot undAnnahme gemäß §§ 145 ff. BGB und nicht durch einen Zuschlag nach§ 156 BGB zustande kommen. Kaufverträge <strong>im</strong> Rahmen der Internet-Auktionen von eBay würden nicht in der Form einer Versteigerungi.S.d. § 156 BGB geschlossen. Nach § 156 S. 1 BGB komme bei einerVersteigerung der Vertrag erst durch den Zuschlag zu Stande. Der Zuschlagsei die Willenserklärung des Auktionators, mit der dieser dasGebot eines Bieters ann<strong>im</strong>mt. 3 An einem solchen Zuschlag fehle es beider von eBay durchgeführten Internet-Auktionen, die damit keine Ver-1LG Hof, CR 2002, 844 = MMR 2002, 760; LG Memmingen, MMR 2004, 769= CR 2004, 850; AG Itzehoe, MMR 2004, 637 = CR 2004, 705; AG Osterholz-Scharmbeck, ITRB 2003, 239 mit Anm. Günther; LG Hof, ITRB 2002, 288 = JurPCWeb-Dok. 368/2002; AG Kehl, JurPC Web-Dok. 243/2003; a.A. AG Bad Hersfeld,MMR 2004, 500 = CR 2004, 625.2BGH NJW 2005, 53 = BB 2005, 235 = MMR 2005, 37 m. Anm. Spindler = CR2005, 53 mit Anm. Wiebe.3BGHZ 138, 339, 342 = NJW 1998, 2350.


178 Teil 2 – Anwendungsbereichsteigerungen i.S.d. § 156 BGB darstellten. In den Best<strong>im</strong>mungen überden Vertragsschluss in § 7 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen voneBay, denen die Parteien vor der Teilnahme an Internet-Auktionenzust<strong>im</strong>men, sei ein Zuschlag i.S.d. § 156 BGB nicht vorgesehen undwürde auch von eBay nicht erteilt. <strong>Das</strong> <strong>Widerrufsrecht</strong> des Verbraucherssei daher nicht nach § 312d Abs. 4 Nr. 5 BGB ausgeschlossen. 1Dies ergibt sich nach Auffassung des BGH zunächst aus dem eindeutigenWortlaut des Gesetzes. In der Vorschrift wird ausdrücklich auf§ 156 BGB Bezug genommen. Auch aus der auf die Art des Zustandekommensdes Vertrags abstellende Formulierung, nach welcher derFernabsatzvertrag „in der Form“ von Versteigerungen nach § 156 BGBgeschlossen worden sein muss, ergebe sich keine andere Bewertung.Eine Erweiterung des Anwendungsbereichs der Vorschrift auf Versteigerungen,bei denen der Fernabsatzvertrag nicht in der Form des § 156BGB geschlossen wird, sei aus dem Gesetzeswortlaut deshalb nichtherzuleiten. 2Auch aus der Systematik des Gesetzes folge das Erfordernis einer restriktivenAuslegung des § 312d Abs. 4 Nr. 5 BGB. Die Stellung derNorm als Ausnahme von dem gesetzlichen Grundsatz spreche für einerestriktive Handhabung der Vorschrift und damit gegen eine erweiterndeAuslegung, nach der auch Internet-Auktionen, bei denen der Vertragnicht in der Form des § 156 BGB geschlossen wird, von der Ausnahmeregelungerfasst würden.Weiterhin ergebe sich auch aus den Gesetzesmaterialien keine andereWertung. Aus der FARL, die Versteigerungen vom Anwendungsbereichdes Fernabsatzrechts ganz ausn<strong>im</strong>mt, könne für eine erweiternde Auslegungdes § 312d Abs. 4 Nr. 5 BGB nichts hergeleitet werden, da dieRichtlinie <strong>im</strong> Hinblick auf die Verwirklichung des bezwecktenVerbraucherschutzes nur Mindestvorgaben für die Mitgliedstaatenenthält. Auf Grund der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusseswurde – so der BGH weiter – der Verbraucherschutz <strong>im</strong> deutschenRecht bei den <strong>im</strong> Rahmen von Versteigerungen geschlossenen Kaufverträgengegenüber dem Regierungsentwurf und der FARL in zweifacherHinsicht verstärkt. Erstens sei der Anwendungsbereich des Fernabsatzgesetzes(§ 1 FernAbsG) bewusst auf Versteigerungen ausgedehnt worden,um dem Verbraucher auch hier die vom Unternehmer nach § 2FernAbsG zu erbringenden Informationen zuteil werden zu lassen. 3Zweitens habe der dafür nach der Beschlussempfehlung in § 3 Abs. 2Nr. 5 FernAbsG vorgesehene Ausnahmetatbestand gegenüber § 11BGH NJW 2005, 53.2BGH NJW 2005, 53.3Begründung des Rechtsausschusses zu § 1 FernAbsG, BT-<strong>Dr</strong> 14/3195, S. 30.


D. Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> 179Abs. 3 Nr. 7 c des Regierungsentwurfs eine <strong>im</strong> Wortlaut bewusst engereFassung erhalten, indem zur Konkretisierung des Versteigerungsbegriffsausdrücklich auf § 156 BGB Bezug genommen wurde. 12. GegenansichtenDie überwiegende Ansicht in der Literatur teilt die Argumentation desBGH. 2Zum gleichen Ergebnis kommt mit anderer Begründung eineAuffassung, die Onlineauktionen zwar unter § 156 BGB subsumierenwill, jedoch eine Umgehung der Pflichten aus dem Fernabsatzrechtsieht. Deswegen sei auch in diesem Fall ein <strong>Widerrufsrecht</strong> desVerbrauchers zu bejahen. 3Die Entscheidung ist aber auch auf Kritik gestoßen. 4Demnach bestündenkeine erheblichen Unterschiede zwischen klassischen, „echten“Versteigerungen i.S.d. § 156 BGB und den typischerweise bei Onlineauktionenpraktizierten Verkaufsvorgängen. In beiden Fällen sei dieSituation durch die Ungewissheit über den Ausgang des Wettbewerbszwischen den verschiedenen Bietern und durch den besonderen Preisbildungsmechanismusgekennzeichnet. In beiden Fällen bestehe nichtnur das schützenswerte Bedürfnis des Anbieters nach Transparenz desVersteigerungsmechanismus, sondern vor allem nach Rechtssicherheitbezüglich der Frage, ob der Vertrag unmittelbar mit Abgabe desHöchstgebots zu Stande gekommen sei. 5Ein <strong>Widerrufsrecht</strong> des Höchstbietenden liefe aber gerade diesemschutzwürdigen Bedürfnis nach Rechtssicherheit zuwider. Unerheblichsei, dass bei der Onlineauktion der Zuschlag durch einen best<strong>im</strong>mtenVertragsschlussautomatismus ersetzt werde, denn auch hier sei dieEndgültigkeit des Warenerwerbs Wesensvoraussetzung einer funktionierendenVersteigerung. Eine unterschiedliche Behandlung von klassischenVersteigerungen und Onlineauktionen lasse sich auch <strong>im</strong> Hin-1BGH NJW 2005, 53.2Hk-VertriebsR/Tonner, § 312d, Rn. 36; MünchKommBGB/Wendehorst, § 312d,Rn. 47; Erman/Saenger, § 312d, Rn. 27; Lütcke, Fernabsatzrecht, § 312d, Rn. 90 ff.;Aigner/Hofmann, Fernabsatzrecht <strong>im</strong> Internet, Rn. 110; Reich/Nordhausen,Verbraucher und Recht <strong>im</strong> elektronischen Geschäftsverkehr, Rn. 66; Brönneke,<strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten, S. 11; Kamanabrou, WM 2000, 1417,1424; Lorenz, JuS 2000, 833, 840; Kaestner/Tews, WRP 2005, 1335, 1347; a.A.schon vor der BGH-Entscheidung: Lettl, JuS 2002, 219, 222; Meents, CR 2000, 610,614.3Heiderhoff, MMR 2001, 640, 642.4Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 312d Rn. 33; Spindler/Wiebe/Wiebe, S. 53 ff.;Leible/Sosnitza/Hoffmann, Rn. 242 ff.; Spindler, MMR 2005, 40; Borges, DB 2005,319, 323; Obergfell, MMR 2005, 495.5Obergfell, MMR 2005, 495; ebenso Hoeren/Müglich/Nielsen/Bruns/Träger,S. 149 f.; Braun, JZ 2008, 330, 334.


180 Teil 2 – Anwendungsbereichblick auf die Schutzwürdigkeit des Verbrauchers nicht rechtfertigen, dasich für ihn durch die Vertragsgestaltung i.S.d. §§ 145 ff. BGB keinegrößeren Gefahren ergäben als bei einem erst nach Höchstgebot erteiltenZuschlag i.S.v. § 156 BGB, da er in beiden Fällen an sein Gebotgebunden sei. 1Aus § 312d Abs. 4 Nr. 5 BGB ergebe sich weiterhin,dass der Gesetzgeber den Schutz der Vertriebsform „Versteigerung“höher als den des Verbrauchers stellt. Nicht zuletzt sei der Widerruf fürden Unternehmer besonders nachteilig, weil die übrigen Gebote ihreWirksamkeit verloren haben und er die Auktion von vornherein wiederorganisieren muss. 2Außerdem handele es sich bei § 156 BGB keineswegs um eine definitorischeVorschrift, die den Begriff „Versteigerung“ als Rechtsbegriffunverrückbar festlegte. 3 Der Wille des Gesetzgebers sei es, alle Auktionen,die best<strong>im</strong>mungsgemäß mit einem Vertragsschluss enden, aus demAnwendungsbereich des <strong>Widerrufsrecht</strong>s auszuschließen. Eine Abweichungsei nur bei solchen Versteigerungen zulässig, bei denen sich derUnternehmer vorerst nicht binden wollte. 4 Weiterhin sei auf den Normzweckder Vorschrift und auf den Begriff der Versteigerung abzustellen.Der Verbraucher sei nicht als schützwürdiger anzusehen, als bei derTeilnahme an einer „Live-Internetauktion“. Auch in einem solchen Fallsei er nicht in der Lage, die Ware vor Ersteigerung zu besichtigen undzu prüfen. Demgegenüber entgingen dem Verkäufer <strong>im</strong> Falle des Scheiternsder Vertragsabwicklung alle anderen Vertragsschlusschancen.Maßgebliche Zwecksetzung der Ausnahmevorschrift für Versteigerungenkönne damit nur sein, die Funktionsfähigkeit von Versteigerungenaufrechtzuerhalten. 5Unter den Begriff der Versteigerungen nach Art 3 Abs 1, 5. SpiegelstrichFARL sollten alle echten Versteigerungen fallen, die nach Ansichtdes damaligen Gesetzgebers zwei kennzeichnende Elemente aufwiesen,nämlich die „Maßgeblichkeit allein des höchsten Gebots“ und „dasFehlen eines Annahmespielraums des Einlieferers und des Versteigerers.“6Diese Voraussetzungen erfüllten aber sowohl die Versteigerungenmit einem Zuschlag als auch die Online-Versteigerungen, bei denenin den Bedingungen festgelegt werde, dass die Feststellung des Höchstgebotsähnlich wie der Zuschlag als Annahme dieses Höchstgebots zu1Obergfell, MMR 2005, 495.2Braun, JZ 2008, 330, 332, 334.3Obergfell, MMR 2005, 495.4Braun, JZ 2008, 330, 334 unter Berufung auf BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/2658, S. 33 undBT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/3195, S. 6, 30.5Obergfell, MMR 2005, 495.6Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 312d Rn. 45.


D. Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> 181bewerten sei. 1Schließlich sei aufgrund der BGH-Rechtsprechung <strong>im</strong>Fall eBay die Missbrauchsgefahr <strong>im</strong> Hinblick auf das <strong>Widerrufsrecht</strong>enorm gestiegen. 23. StellungnahmeDem BGH ist darin zuzust<strong>im</strong>men, dass eBay-Versteigerungen nichtgem. § 312d Abs. 4 Nr. 5 BGB vom <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgenommensind. 3 Der deutsche Gesetzgeber hatte seinerzeit einmal mehr das europäischeNiveau zugunsten des Verbrauchers bewusst überschritten,indem er sich entschied, Versteigerungen nicht generell vom Anwendungsbereichdes Fernabsatzrechtes auszunehmen und nur Versteigerungeni.S.d. § 156 BGB vom <strong>Widerrufsrecht</strong> auszunehmen. Daraufwurde seitens der Verbraucherverbände bewusst hingewirkt. 4DerVerbraucher ist auch schutzbedürftig, da mindestens ebenso viele unseriöseUnternehmer über Auktionsplattformen handeln wie über Online-Shops unter eigenen Domains.Die teleologischen Argumente, es werde unsachgemäß in den Preisfindungsmechanismuseingegriffen 5 oder das <strong>Widerrufsrecht</strong> werde aufspekulative Geschäfte erweitert, 6 überzeugen nicht. Denn dies gilt letztlichfür alle Internet-Geschäfte über Verkaufsportale und Online-Shops.Einer der Hauptgründe der Verbraucher, <strong>im</strong> Internet Waren zu bestellen,ist der, dass die Ware meist günstiger ist. Jeder Internet-Unternehmer muss gleichwohl das weit reichende <strong>Widerrufsrecht</strong>beachten und die Kosten einiger Missbrauchsfälle auf alle Kunden umlegen.Einer Nutzung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s in nachweisbarer Schädigungsabsichtmuss aber bei allen Internet-Vertriebsformen unter Verwirkungsgesichtspunktenentgegengetreten werden können. 71Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 312d Rn. 45.2Obergfell, MMR 2005, 495; Braun, JZ 2008, 330, 332 f.3Hoeren/Müller, NJW 2005, 948, 949; a.A. Wiebe, CR 2005, 56; Spindler,MMR 2005, 40; Borges, DB 2005, 319, 323.4So heißt es in der AgV-Stellungnahme v. 15.3.2000 auf S. 2: „Durch §1 Abs. 3Ziffer 7c sollen Auktionen vom Anwendungsbereich des Fernabsatzgesetzesausgenommen werden. Dabei sollen nur Auktionen <strong>im</strong> Sinne von §34b GewOerfasst werden, während „Verkäufe gegen Höchstgebot“ weiterhin in den Anwendungsbereichdes Fernabsatzgesetzes fallen sollen. <strong>Das</strong> ist dem Wortlaut nicht zuentnehmen, der entsprechend klar gefasst werden sollte. Uns erreichen in jüngsterzeit zunehmend mehr Beschwerden, die sich gegen Internet“auktionen“ richten, dieregelmäßig wohl eher als Verkäufe gegen Höchstgebot zu qualifizieren sein werden.“5Borges, DB 2005, 319, 321.6Obergfell, MMR 2005, 495, 499.7Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2005, 3377, 3379.


182 Teil 2 – AnwendungsbereichIX. Produkte, deren Preis auf den FinanzmärktenSchwankungen unterliegtGemäß § 312d Abs. 4 Nr. 6 BGB sind Verträge über Waren und Finanzdienstleistungenvom <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgenommen, deren Preisauf dem Finanzmarkt Schwankungen unterliegt, auf die der Unternehmerkeinen Einfluss hat und die innerhalb der Widerrufsfrist auftretenkönnen. Diese Ausnahme geht nicht auf die FARL zurück, sondern aufArt. 6 Abs. 2 a) FARLFDL. Die Erstreckung dieser Ausnahme auch aufWaren ist vor dem Hintergrund der FARL gemeinschaftsrechtlich nichtunbedenklich, da hierdurch zusätzliche Warengruppen ausgenommenwerden, die der Europäische Gesetzgeber in der FARL nicht ausgenommenhat. Fraglich ist also, ob der vom Europäischen Gesetzgebervorgeschriebene Mindeststandard eingehalten oder zu Ungunsten desVerbrauchers unterschritten ist. 1Diese Bedenken können durch gemeinschaftsrechtskonforme Auslegungder Vorschrift ausgeräumt werden. Erfasst werden demnach nursolche Waren, die unmittelbar auf Finanzmärkten gehandelt werdenund nicht etwa Produkte, die nur mittelbar von den Entwicklungen aufden Finanzmärkten abhängen. <strong>Das</strong> <strong>Widerrufsrecht</strong> soll den Verbrauchernur vor übereilter Entscheidung schützen, ihm jedoch nicht Gelegenheitzu Spekulationen geben, z.B. durch Widerruf einer Wertpapierorder,nachdem das Wertpapier an Wert verloren hat. 2Aufgrund derPreisschwankungen bei volatilen Finanzinstrumenten und dem überragendenBestandsinteresse des Unternehmers muss das Schutzbedürfnisdes Verbrauchers zurücktreten. Daher sind solche Verträge nach§ 312d Abs. 4 Nr. 6 BGB vom <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgenommen. Häufigwird es sich um Einzelanschaffungen bei einem bestehenden Depotvertraghandeln, die bereits nach § 312b Abs. 4 Satz 1 BGB von den Fernabsatzvorschriftenausgenommen sind. Die neue Ausnahme findet sichnun aber auch in Art. 19 Abs. 1 b) VRRL-E.<strong>Das</strong> Argument, dass der Verbraucher mit dem <strong>Widerrufsrecht</strong> nichtspekulieren soll, gilt gleichermaßen auch für Waren, die auf Finanzmärktengehandelt werden, wie zum Beispiel Anlagegold. Anderenfallswürde das Preis- bzw. Kursrisiko in unangemessener Weise auf denUnternehmer verlagert. 3 <strong>Das</strong> LG Duisburg 4 ist überdies der Ansicht,dass auch Heizöl unter § 312d Abs. 4 Nr. 6 BGB falle und somit generellvom Widerruf ausgeschlossen sei, unabhängig davon, ob die Befül-1Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312d, Rn. 33; Härting/Schirmbacher,DB 2003, 1777, 1781.2Finke, Der Fernabsatz von Finanzdienstleistungen, S. 71 f.3BT-<strong>Dr</strong>ucks. 15/2946, S. 22.4LG Duisburg, MMR 2008, 356.


D. Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> 183lung des Kundentanks schon begonnen hat oder nicht. Die Aufzählungder Finanzdienstleistungen in der Ausnahmevorschrift sei nicht abschließend.<strong>Das</strong> <strong>Widerrufsrecht</strong> sei bei Heizöllieferungen nach § 312dAbs. 4 Nr. 6 BGB ausgeschlossen, weil Gegenstand des Vertrages Heizölund damit eine Ware ist, deren Preis auf dem Finanzmarkt Schwankungenunterliegt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat und dieinnerhalb der Widerrufsfrist auftreten können. Zu den in der Vorschriftgenannten Waren gehörten auch die an den Börsen gehandelten Rohstoffe.Der Ausschluss des <strong>Widerrufsrecht</strong>s rechtfertige sich daraus, dassdem Unternehmer dieses Risiko nicht einseitig aufgebürdet werdensolle.Problematisch ist bei Waren die genaue Grenzziehung. So wird Rohölan den Börsen gehandelt, nicht jedoch sämtliche Veredelungsprodukte.Soweit es sich um einen unmittelbar an der Börse gehandelten Rohstoffhandelt, greift die Ausnahme ihrem Sinn und Zweck nach ein.Nicht vom <strong>Widerrufsrecht</strong> gemäß § 312d Abs. 4 Nr. 6 BGB ausgenommensind jedoch RAM-Bausteine oder weitere Produkte, die starkenPreisschwankungen unterliegen. Denn hierbei handelt es sich nichtum Schwankungen auf den Finanzmärkten, sondern auf den Handelsmärktenallgemein. Eine derart weite Auslegung ist schon vom Wortlautnicht gedeckt und würde auch dem Grundsatz der engen Auslegungvon Ausnahmetatbeständen widersprechen.X. ZwischenergebnisDie bunt gemischten Ausnahmetatbestände stellen sich ebenso wie dieAusnahme von Fernabsatzrecht in erster Linie als Resultat eines intensivenLobbyismus und weniger als sachgerechte Vorschriften dar, diekonsistent die Zumutbarkeit einer Rückabwicklung für den Unternehmerberücksichtigen. Nicht nachvollziehbar ist etwa, warum Heizöloder Zeitschriften ohne weiteres vom <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgenommensind, während benutzte Friteusen, getragene Unterwäsche, vomVerbraucher „geprüfter“ Piercingschmuck oder Erotikspielzeug sichnicht ohne weiteres unter die Ausnahmetatbestände subsumieren lassen,auch wenn solche Waren nach Rückgabe <strong>im</strong> Rahmen des <strong>Widerrufsrecht</strong>esunverkäuflich sind.Angesichts dieser nicht marktgerechten Risikoverteilung wurde daherschon frühzeitig gefordert, mehr Verträge in den Ausnahmekatalogaufzunehmen bzw. diesen zu präzisieren. 1 In letzter Zeit schlug Schirmbachervor, die Ausnahmetatbestände genereller zu fassen, indem ein<strong>Widerrufsrecht</strong> nicht für Verträge bestehen soll, „über Waren und1Arnold, CR 1997, 526, 531.


184 Teil 2 – AnwendungsbereichDienstleistungen, die für den Unternehmer nicht oder nur mit erheblichenPreisabschlag erneut absetzbar sind, insbesondere…“ 1Die jahrelange, kontroverse Diskussion der einzelnen Interessengruppenmacht es schwierig, den historischen Willen des Gesetzgebers zuermitteln. Aus der Entstehungsgeschichte kann lediglich das Ziel einerengen Auslegung der Ausnahmen gefolgert werden und die einzelnenAusnahmen wirken eher wie das Ergebnis erfolgreicher Lobbyarbeit alswie die Umsetzungen eines fundierten Konzeptes. Auch Wortsinn undhistorisch-teleologische Auslegung sind bei der Ergründung der Normwenig hilfreich und die Grundsätze der engen Auslegung von Ausnahmebest<strong>im</strong>mungenund des Analogieverbotes helfen nur bedingt weiter.Vielmehr sind häufig objektiv-teleologische Kriterien und die Verfassungals Auslegungsmaßstab heranzuziehenBezüglich BTO-Produkten hielt der BGH zwei Abgrenzungskriterienfest; nämlich wenn sich einerseits die verbundenen Komponenten nichtmehr rückgängig machen lassen oder wenn die Ware andererseits nichtoder nur mit erheblichen wirtschaftlichen Einbußen wieder verkäuflichist. Völlig unklar ist jedoch, welche Artikel nach §312 Abs. 4 Nr. 1, 3.Alt. BGB „aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendunggeeignet sind“. Die deshalb dringend geforderte Klarstellung durch deneuropäischen Gesetzgeber blieb jedoch bislang aus. Stattdessen entziehtdieser sich der Diskussion, indem er <strong>im</strong> VRRL-E vorsieht, diese zentraleAusnahme zu streichen.1Schirmbacher, Verbrauchervertriebsrecht, S. 237 f.


Teil 3 – Widerrufsfrist und AusübungTeil 3 – Widerrufsfrist und AusübungA. WiderrufsfristA. WiderrufsfristI. Regelmäßige WiderrufsfristDie regulären Widerrufsfristen unterscheiden sich in den EU-Mitgliedsstaaten. Art. 6 Abs. 1 FARL gibt eine Fristlänge von mindestenssieben Werktagen vor, diese wurde aber längst nicht in allen Staatenumgesetzt. Vielmehr variieren die Fristen in den verschiedenen Mitgliedsstaatenzwischen 7 Werktagen, 8, 10, 14 und 15 Tagen. DieEuropäische Kommission stellt daher in ihrem Bericht über die Anwendungder FARL in den Mitgliedsstaaten 1fest, dass gerade die unterschiedlichenWiderrufsfristen ein Paradebeispiel für die Zusammenhanglosigkeitder gemeinschaftsrechtlichen Best<strong>im</strong>mungen und nationaleDisparitäten als Folge der Inanspruchnahme der Mindestklauselseien. 27 Werktage beträgt die Fristlänge für Verbraucher mit Sitz in Österreich,3 Belgien, 4 Bulgarien, 5 Frankreich („jours francs“), 6 Irland, 7 Litauen,8 Luxemburg, 9 Niederlande, 10 Slowakei, 11 Spanien 12 und <strong>im</strong> VereinigtenKönigreich. 138 Werktage Widerrufsfrist sieht das ungarische Recht 14 vor. 10 Tagegelten für polnische 15 Konsumenten, in Griechenland, 16 Italien 17 undRumänien gelten 10 Werktage.1KOM(2006) 514 endgültig v. 21.9.2006 zur Umsetzung der Richtlinie1997/7/EG.2Für Verbraucher aus der Schweiz gibt es z. Zt. Gar kein gesetzliches <strong>Widerrufsrecht</strong><strong>im</strong> Fernabsatz.3§ 5e Abs. 2 S. 1 KSchG.4Art. 79 § 1 Nr. 2 GHP.5Art. 55 Abs. 1 Verbraucherschutzgesetz (BG).6Art. L121-20 VerbraucherGB (FR).7Art. 6 Abs. 1 (a) FernabsatzG (IE).8Art. 18 Abs. 1 VerbraucherschutzG (LT).9Art. 5 Abs. 1 Art. 6 FernabsatzG (LU).10Art. 46d Abs. 1 S. 1 BGB (NL).11§ 12 Abs. 1 S. 1 VerbraucherschutzG (SK).12Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium, S. 596.13Art. 11 Abs. 2 DSRs.14Art. 4 Abs. 2 FernabsatzVO (HU).15Art. 7 Abs. 1 S. 1 VerbraucherschutzG (PL).16Art. 4 Abs. 9 VerbraucherschutzG (GR).17Art. 64 Abs. 1 VerbraucherGB (IT).


186 Teil 3 – Widerrufsfrist und Ausübung14 Tage beträgt die Widerrufsfrist in Zypern, 1 der TschechischenRepublik, 2 Dänemark, 3 Estland, 4 Finnland, 5 Deutschland („ZweiWochen“), Portugal, 6 Schweden 7 und Lettland. 8Malta 9 und Slowenien 10 gewähren Verbrauchern 15 Tage <strong>Widerrufsrecht</strong>.Wegen dieser Zersplitterung und den damit einhergehenden Schwierigkeitenfür Onlinehändler, in andere Mitgliedsstaaten zu liefern undfür Verbraucher, in anderen Mitgliedsstaaten einzukaufen, schlug dieKommission in Art. 12 Abs. 1 VRRL-E ein <strong>Widerrufsrecht</strong> mit einereuropaweit einheitlichen Frist von 14 Tagen vor. 11II. Beginn der regelmäßigen FristDie ordnungsgemäße Belehrung über das <strong>Widerrufsrecht</strong> und die Erfüllungder fernabsatzrechtlichen Mitteilungspflichten nach § 312c Abs. 2BGB sind ebenso wie die Erfüllung aller Pflichten <strong>im</strong> elektronischenGeschäftsverkehr nach § 312e Abs. 1 S. 1 BGB Voraussetzung für denBeginn der Widerrufsfrist. Bei Warenlieferung wie <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong> istfür den Fristbeginn zudem der Eingang der Ware be<strong>im</strong> Verbrauchererforderlich (§§ 312d Abs. 2 S. 1, 355 Abs. 3 S. 2 BGB).1. Eingang der WareDie Widerrufsfrist beginnt gemäß § 312d Abs. 2 S. 1 BGB abweichendvon § 355 Abs. 2 S. 1 BGB bei der Lieferung von Waren nicht vor demTage ihres Eingangs be<strong>im</strong> Empfänger.1Art. 7 FernabsatzG (CY).2Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium, S. 597.3Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium, S. 597.4§ 56 Abs. 1 Schuldrechtsgesetz (EE).5Kapitel 6, § 15 Abs. 1 a.E. Verbraucherschutzgesetz (FI).6Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium, S. 596.7Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium, S.596.8Art. 9 FernabsatzVO (LV).9Art. 6 Abs. 1 S. 1 FernabsatzVO (MT).10Art. 43c Abs. 1 S. 1 VerbraucherschutzG (SI)..11Malta unterstützt zwar eine solche Harmonisierung, tut sich aber schwer, denhohen Standard aufzugeben: „Malta supports the harmonisation of the cooling offperiod across Member States; since it would s<strong>im</strong>plify matters for both consumers andtraders alike. Malta has one of the longest cooling-off periods across the EU, anddoes not want to reduce it.”, Malta’s Replies to the Questions for Public Consultationon the Communication from the Commission to the Council, the EuropeanParliament and the European Economic and Social Committee on the <strong>im</strong>plementationof Directive 1997/7/EC of the European Parliament and of the Council of 20May 1997 on the Protection of Consumers in respect of Distance Contracts, 20November 2006, p. 3:


A. Widerrufsfrist 187a) Eingang be<strong>im</strong> VerbraucherDer Begriff des „Eingangs“ ist ebenso zu interpretieren wie der Begriffder „Ablieferung“ bei § 438 Abs. 2 BGB. Demnach muss die Waredergestalt in den Machtbereich des Verbrauchers gelangen, dass dieserdie Möglichkeit hat, die Sache zu untersuchen. 1 Dies bedeutet bei der inFernabsatzrecht meist vereinbarten Schickschuld, dass der Empfängerdie Sache in Empfang genommen haben muss und der Empfang auchnicht fingiert werden kann, wenn sich der Verbraucher in Annahmeverzugbefindet. 2Ohnehin ist fraglich, ob die Nichtannahme der Waredurch den Verbraucher <strong>im</strong>mer als Annahmeverzug zu werten ist, da derWiderruf auch durch Rücksendung der Ware erklärt werden kann unddie Nichtannahme <strong>im</strong> Regelfall eine Rücksendung der Ware auslöst,wenn sie nicht be<strong>im</strong> Versender abgeholt wird, so dass dies auch alskonkludenter Widerruf gewertet werden kann. 3b) Annahme durch den „Nachbarn“In den AGB nahezu aller Paketversender 4 sind Klauseln enthalten, wonachder Versender angeblich seine Pflichten gegenüber dem Absendererfüllt, wenn an einen „Nachbarn“ zugestellt wird. Im Verhältnis vonUnternehmer und Verbraucher zählt jedoch die tatsächliche Ablieferungan den Kunden selbst und nicht an irgendeinen Nachbarn sowohl fürden kaufrechtlichen Gefahrübergang (vgl. § 474 Abs. 2 BGB) als auchfür den Lauf der fernabsatzrechtlichen Widerrufsfrist. N<strong>im</strong>mt ein <strong>Dr</strong>itterdie Ware in Empfang, läuft die Frist also nur, wenn dieser vomVerbraucher zuvor als Empfänger benannt wurde.Daher stellt sich die Frage, ob solche Klauseln überhaupt wirksamsind. <strong>Das</strong> OLG Düsseldorf 5 entschied zutreffend, dass solche Klauselnunwirksam sind, weil sie intransparent seien und die Interessen desAbsenders in unzulässiger Weise missachten. Wer genau unter die1BGH NJW 2000, 1415 zu § 438 Abs. 2 BGB; Mankowski, Beseitigungsrechte,S. 796.2Mankowski, Beseitigungsrechte, S. 796.3Vgl. dazu Teil 3 B II 3.4z.B. § 4 Abs. 3 DHL-AGB; „DHL darf Sendungen… einem Ersatzempfängeraushändigen… Ersatzempfänger sind… 2. andere, in den Räumen des Empfängersanwesende Personen, sowie dessen Hausbewohner und Nachbarn, sofern den Umständennach angenommen werden kann, dass sie zur Annahme der Sendungenberechtigt sind…“, oder § 2.4 Hermes-Logistik-AGB: „Der absendende Auftraggeberist damit einverstanden, dass die Übergabe auch an eine andere Person erfolgen darf,von der den Umständen nach angenommen werden kann, dass sie zur Annahme derSendung berechtigt ist. Hierzu zählen insbesondere in den Räumen des Adressaten(Empfänger) anwesende Mitglieder und Angestellte des Haushaltes des Empfängerssowie unmittelbare Nachbarn des Adressaten. …“5OLG Düsseldorf, BeckRS 2007, 05065.


188 Teil 3 – Widerrufsfrist und Ausübung„Nachbarn“ <strong>im</strong> Sinne solcher Klauseln fallen soll, ist meist nicht erkennbar.Zudem sei auch der Nachbar <strong>im</strong> engsten Sinne, d.h. der Bewohnerdes angrenzenden Einfamilienhausgrundstücks oder der nebender eigenen gelegenen Miet- bzw. Eigentumswohnung, ein <strong>Dr</strong>itter, dender frachtbriefmäßige Empfänger sich nicht aussuchen konnte und mitdem ihn keineswegs zwingend eine persönliche Beziehung oder einbesonderes Vertrauensverhältnis verbindet. Vielmehr sei es allgemeinbekannt, dass Nachbarn untereinander nicht selten gleichgültig odersogar verfeindet sind. Nach Wahl des Frachtführers an einen solchen<strong>Dr</strong>itten statt an den Empfänger zuzustellen, missachte die berechtigtenInteressen des Vertragspartners in grober Weise.Demnach könnte der Absender gemäß § 425 HGB gegen den Versenderwegen eines Transportverlustes vorgehen, es besteht aber auchdie Möglichkeit, dass der Empfänger die Absenderrechte geltend macht(§ 421 Abs. 1 S. 2 HGB). Die erste Möglichkeit wird meist be<strong>im</strong> Versandder Ware zum Verbraucher zum Zuge kommen, die zweite bei derRücksendung <strong>im</strong> Rahmen des <strong>Widerrufsrecht</strong>s durch den Verbraucher,da der Unternehmer in beiden Fällen die Transportgefahr trägt (§ 474Abs. 2, 357 Abs. 2 S. 2 BGB), so dass der Verbraucher auch bei Rücksendungkeine Motivation hat, dem Verlust nachzugehen.c) Hinterlegung be<strong>im</strong> VersenderDurch die Hinterlegung auf dem „Postamt“ oder be<strong>im</strong> Spediteur hatder Verbraucher noch keine Möglichkeit, die Ware zu untersuchen, sodass dies nicht genügen kann, von einem Eingang auszugehen. 1DieFARL definiert dem in Art. 6 Abs. 1 genannten Begriff des „Eingangs“der Ware nicht. Daher wird von einzelnen Mitgliedstaaten derzeit dieFrage, ob bei Zustellung eines Pakets in Abwesenheit des Verbrauchersder Tag, an dem der Postbote die Unzustellbarkeitsbenachrichtigung <strong>im</strong>Postkasten des Empfängers hinterlässt, oder der Tag, an dem der Empfängerdas Paket <strong>im</strong> Postamt abholt, als Tag des Eingangs be<strong>im</strong>Verbraucher zählt, unterschiedlich beantwortet. 2 Art. 12 Abs. 2 VRRL-E stellt aber nun auch auf europäischer Ebene klar, dass die Widerrufsfristbei Fernabsatzverträgen über Waren an dem Tag zu laufen beginnt,an dem der Verbraucher oder ein vom Verbraucher benannter<strong>Dr</strong>itter, der nicht der Beförderer ist, in den Besitz der einzelnen bestelltenWaren gelangt.Durch Hinterlegung auf dem „Postamt“ bzw. bei einem privaten Logistik-Unternehmenerlangt der Verbraucher also noch keinen Besitz an1MünchKommBGB/Wendehorst, § 312d Rn. 88; Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 312d Rn. 18 f.2KOM(2006) 514 endgültig v. 21.9.2006 zur Umsetzung der Richtlinie 1997/7/EG, S. 11.


A. Widerrufsfrist 189der Ware. Dies ergibt sich auch <strong>im</strong> Umkehrschluss aus Erwägensgrund38 VRRL-E, wonach die eingeführte Best<strong>im</strong>mung über den kaufvertraglichenRisikoübergang (Art. 23 Abs. 2 VRRL-E) nicht gelten soll, wennder Verbraucher die Inbesitznahme der Waren pflichtwidrig hinauszögert„z.B., wenn er die Waren nicht innerhalb der von der Post angegebenenFrist be<strong>im</strong> Postamt abholt“. Damit wird klargestellt, dass dieHinterlegung bei der Post unter Geltung des VRRL-E dem Verbrauchernoch nicht Besitz verschafft, d.h. nicht von einem Eingang auszugehenist.Nichts anderes kann auch dann gelten, wenn der Verbraucher sichdie Ware an eine DHL Packstation liefern lässt. Auch in diesem Fall hater bis zur Abholung keine Gelegenheit, die Ware zu prüfen. Letztlich istdie Nutzung der Packstation nichts anderes als die Nutzung der Abholmöglichkeitbei der Post, auch wenn der Verbraucher hier quasidurch Lieferung an die Packstation die Widerrufsfrist selbst herauszögernkann, indem er die Sendung nicht sofort abholt. Die Deutsche Postbefördert an den Kunden unter einer Packstation-Adresse gerichteteSendungen <strong>Dr</strong>itter zum vereinbarten Ort und legt sie dort in den Automatenein. Ist die Kapazität eines Automaten erschöpft, wird die Sendungentweder in einen anderen Paketautomaten eingelegt oder in einePostfiliale transportiert und dort zur Abholung bereitgehalten (§ 4Abs. 2 Packstation AGB 1 ). Die Annahmeverweigerung ist nach demÖffnen des Paketautomaten ausgeschlossen (§ 5 Abs. 3 PackstationAGB), d.h. zuvor kann durchaus die Annahme verweigert und so konkludentder Widerruf erklärt werden, indem das Paket nicht abgeholtwird. In den Paketautomaten wird die Lieferung bis zu neun Kalendertagefür den Verbraucher aufbewahrt, danach geht sie automatisch anden Absender zurück. Die Lagerzeit kann nicht verlängert werden. 2d) Lieferung von peius oder aliudDie Lieferung mangelhafter Sachen hat keinen Einfluss auf den Beginnder Widerrufsfrist. 3Mit Blick auf den Schutzzweck des Fernabsatzrechtsmacht es keinen Unterschied, ob die Ware mangelhaft ist oderdem Verbraucher aus anderen Gründen nicht gefällt. In beiden Fällenhat er eine Prüfungsmöglichkeit, so dass er entweder vom <strong>Widerrufsrecht</strong>Gebrauch machen oder Gewährleistungsansprüche ausüben kann.Wünscht der Verbraucher Neulieferung oder Reparatur, verlängert sich1Abrufbar unter: http://www.dhl.de//mlm.nf/dhl/<strong>im</strong>ages/download/dhl_de/agb/agb_packstation_k_070101.pdf (Stand: 5.4.<strong>2009</strong>).2Siehe FAQ „Bis wann muss ich meine Sendung an der Packstation abgeholt haben“unter http://www.dhl.de (Stand: 5.4.<strong>2009</strong>).3MünchKommBGB/Wendehorst, § 312d Rn. 90; MünchKommBGB/Masuch,§ 355 Rn. 60; Staudinger/Thüsing, § 312d Rn. 22.


190 Teil 3 – Widerrufsfrist und Ausübungdie Widerrufsfrist allerdings nicht um die Liefer- bzw. Reparaturzeit, dadurch den Nacherfüllungswunsch nicht das Widerrufs-, sondern dasGewährleistungsrecht ausgeübt wurde.Strittig ist, ob eine aliud-Lieferung die Frist in Gang setzt. Dafür wirddie neue Regelung in § 434 Abs. 3 BGB angeführt, die aliud und peiusausdrücklich gleich stellt. Ebenso spreche für diese Auffassung, dass derVerbraucher gegen willkürliche Zusendung anderer Waren durch§ 241a BGB hinreichend geschützt werde. 1 Dagegen wird zutreffendvorgebracht, dass der Verbraucher sich bei Lieferung einer anderenWare gerade kein Bild von der bestellten Ware machen kann. Um überdie Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>es entscheiden zu können, müsse derVerbraucher zumindest in Möglichkeit bekommen, die Ware zu prüfen,sei sie auch mangelhaft. Bei einem aliud sei dies aber gerade nicht möglich.Zudem könnte der Unternehmer das <strong>Widerrufsrecht</strong> so auch umgehen,indem er dem Verbraucher zunächst eine andere Ware liefert. 2Daher setzt die aliud-Lieferung anders als die Lieferung einer mangelhaftenWare keine Widerrufsfrist in Gang.e) SukzessivlieferungenDie Widerrufsfrist beginnt gemäß § 312d Abs. 2 S. 1 BGB abweichendvon § 355 Abs. 2 S. 1 BGB bei der wiederkehrenden Lieferung gleichartigerWaren nicht vor dem Tage des Eingangs der ersten Teillieferung.Art. 6 Abs. 1 FARL sieht eine solche Differenzierung nicht vor. Daherwird in der deutschen Regelung teilweise eine Abweichung von derFARL zulasten des Verbrauchers gesehen, die vom Mindestharmonisierungsprinzip(Art. 14 FARL) nicht gedeckt sei. Im Wege der richtlinienkonformenAuslegung sei daher auch bei Sukzessivlieferungsverträgen§ 312d Abs. 2, 2. Var. BGB anzuwenden. 3 In der Tat ist unklar, obErwägensgrund 10 FARL, wonach „den Best<strong>im</strong>mungen der Richtliniezumindest zu dem Zeitpunkt nachgekommen werden muss, zu dem dererste einer Reihe von sukzessiven Vorgängen oder der erste einer Reihevon getrennten Vorgängen erfolgt“ sich auf Informationspflichten beziehtoder auch den Beginn der Widerrufsfrist meint.Diesen Bedenken kann aber durch eine gemeinschaftskonforme engeAuslegung der deutschen Vorschrift Rechnung getragen werden. Nurbei Lieferung gleichartiger Waren (z.B. mehrbändiges Lexikon) beginntdie Frist mit Eingang der ersten Teillieferung. Der Verbraucher mussalso schon aus der ersten Teillieferung auf die Eigenschaften der restlichenLieferungen schließen können, damit er entscheiden kann, ob er1MünchKommBGB/Wendehorst, § 312d Rn. 90.2Staudinger/Thüsing, § 312d Rn. 22; MünchKommBGB/Masuch, § 355 Rn. 60;Mankowski, Beseitigungsrechte, S. 796.3Hk-VertriebsR/Tonner, § 312b Rn. 10; Mankowski, Beseitigungsrechte, S. 798.


A. Widerrufsfrist 191am Vertrag festhalten will oder nicht. 1 Auch die regelmäßige Lieferungunterschiedlicher Bücher führt daher nicht dazu, dass dem Verbraucherfür jede einzelne Teillieferung ein <strong>Widerrufsrecht</strong> zusteht, für das die14tägige Frist jeweils mit Eingang der einzelnen Ware zu laufen beginnt.2Gerade bei solchen <strong>im</strong> Fernabsatz geschlossenen Dauerschuldverhältnissen,die häufig durch unlautere Vertriebsmethoden oder sogenannte Vertragsfallen zu Stande kommen, ist der Verbraucher besondersschutzbedürftig. Daher ist für die Berechnung der Widerrufsfristauf den vollständigen Eingang aller Waren abzustellen. 3 Dies führt auchnicht zu unbilligen Ergebnissen, weil es dem Unternehmer unbenommenbleibt, für eine Nutzung der Ware Wertersatz zu verlangen.Erst Recht bei zusammengehörigen, aber nicht gleichartigen Waren(z.B. Kamera mit Tasche, Notebook mit Zubehör oder Software) beginntdie Frist nicht vor Ablieferung des letzten Teils. 4 Bei solchen einheitlichenVerträgen wird der Schutzzweck des Fernabsatzrechts nurerreicht, wenn der Verbraucher auch noch nach der letzten Teillieferungden gesamten Vertrag widerrufen kann. 5Es ist nur möglich, denVertragsgegenstand zu beurteilen, wenn alle Teile eingetroffen sind.Zudem sind die Teillieferungen häufig gar nicht vom Verbraucher erwünscht,sondern werden vom Unternehmer so festgelegt, weil er best<strong>im</strong>mteTeile nicht auf Lager hat. Es wäre sogar möglich, das <strong>Widerrufsrecht</strong>absichtlich zu umgehen, indem die Lieferung best<strong>im</strong>mter Teilebewusst verzögert wird. Der Verbraucher wird hingegen nicht sein<strong>Widerrufsrecht</strong> bzgl. der ersten Lieferung ausüben, wenn er noch aufein zusammengehöriges Teil wartet, denn dann müsste er bei Lieferungdes zweiten Teils das erste Teil noch einmal bestellen. Diese aufwendigeVorgehensweise ist nicht sachgerecht. 6Unklar ist, ob sich die Rechtslage mit Inkrafttreten des VRRL-E ändernwird. Nach Art. 12 Abs. 2 VRRL-E beginnt die Widerrufsfrist beiWarenlieferungen <strong>im</strong> Fernabsatz an dem Tag zu laufen, an dem derVerbraucher in den Besitz „der einzelnen bestellten Waren“ gelangt.Dies spricht zunächst dafür, dass die Widerrufsfrist auch bei Teillieferungenjeweils bei Eingang des einzelnen Teils zu laufen beginnt. Erwägensgrund26 VRRL-E führt jedoch dazu aus, dass wenn der Verbrau-1Vgl. FernAbsG- RegE, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/2658, S. 43.2So aber Staudinger/Thüsing, § 312d Rn. 28; MünchKommBGB/Wendehorst,§ 312d Rn. 92; Lütcke, Fernabsatzrecht, § 312d Rn. 40.3Palandt/Grüneberg, § 312d Rn. 4; Erman/Saenger § 312d Rn. 12; Mankowski,Beseitigungsrechte, S. 797; Tonner, BB 2000, 1413, 1417; Roth, JZ 2000, 1013,1018;4OLG Frankfurt, CR 2002, 638, 639 m. Anm. Schirmbacher.5Staudinger/Thüsing, § 312d Rn. 28.6a.A. MünchKommBGB/Wendehorst, § 312d Rn. 92 f; Lütcke, Fernabsatzrecht,§ 312d Rn. 30.


192 Teil 3 – Widerrufsfrist und Ausübungcher mehr als eine Ware bei demselben Gewerbetreibenden bestellt, erberechtigt sein soll, das <strong>Widerrufsrecht</strong> in Bezug auf jede einzelne bestellteWare auszuüben. Werden die Waren getrennt geliefert, so soll dieWiderrufsfrist zu laufen beginnen, wenn der Verbraucher den Besitz anjeder einzelnen Ware erlangt. Wird eine Ware in verschiedenen Teilengeliefert, so sollte die Widerrufsfrist zu laufen beginnen, wenn derVerbraucher den Besitz an dem letzten Teil erlangt. Der Entwurf unterscheidetalso zwischen „getrennt gelieferten“ und „in verschiedenenTeilen“ gelieferten Waren. Auf die Gleichartigkeit der Waren soll esnicht ankommen.Somit wird künftig entscheidend sein, ob von vornherein ein Sukzessivlieferungsvertraggeschlossen wird, der die Lieferung mehrerer Warenzu best<strong>im</strong>mten Zeitpunkten vorsieht, zum Beispiel die Lieferungeines mehrbändigen Lexikons oder auch die Lieferung verschiedenerBücher über einen best<strong>im</strong>mten Zeitraum. Werden hingegen mehrereWaren auf einmal bestellt und können diese nur deswegen nicht zusammengeliefert werden, weil der Unternehmer ein best<strong>im</strong>mtes Teilnicht auf Lager hat (z.B. Digitalkamera mit Tasche), soll die Widerrufsfristerst bei Eingang des letzten Teils beginnen. 1f) ZwischenergebnisFür den Eingang der Ware be<strong>im</strong> Verbraucher muss sie dergestalt inseinen Machtbereich gelangen, dass dieser die Möglichkeit hat, dieSache zu untersuchen. Daraus folgt, dass die tatsächliche Ablieferungan den Kunden selbst sowohl für den kaufrechtlichen Gefahrübergang(vgl. § 474 Abs. 2 BGB) als auch für den Lauf der fernabsatzrechtlichenWiderrufsfrist maßgeblich ist. N<strong>im</strong>mt ein <strong>Dr</strong>itter die Ware in Empfang,läuft die Frist also nur, wenn dieser vom Verbraucher zuvor als Empfängerbenannt wurde. Unzulässig sind daher hiervon abweichendeKlauseln. Durch die Hinterlegung auf dem „Postamt“ oder be<strong>im</strong> Spediteurhat der Verbraucher noch keine Möglichkeit, die Ware zu untersuchen,so dass dies nicht genügen kann, um von einem Eingang auszugehen.Nichts anderes kann auch dann gelten, wenn der Verbraucher sichdie Ware an eine DHL Packstation liefern lässt. Anders als die Lieferungmangelhafter Sachen kann die Lieferung eines aliud keinen Einflussauf den Beginn der Widerrufsfrist haben. Bei Teillieferungen mussder Verbraucher schon aus der ersten Teillieferung auf die Eigenschaftender restlichen Lieferungen schließen können, damit er entscheidenkann, ob er am Vertrag festhalten will oder nicht. Ist dies nicht möglich,läuft die Frist erst mit Eingang aller Lieferungen.1Diese Ansicht vertritt Staudinger/Thüsing, § 312d Rn. 28 <strong>im</strong> Ergebnis schon zumgeltenden Recht.


A. Widerrufsfrist 1932. Mitteilung der Widerrufsbelehrung in TextformDie Frist beginnt gemäß § 355 Abs. 2 S. 1 BGB mit dem Zeitpunkt, zudem der Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein <strong>Widerrufsrecht</strong>,die ihm entsprechend den Erfordernissen des eingesetztenKommunikationsmittels seine Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteiltworden ist. 1 Dieser Tag wird bei der Fristberechnung nicht mitgerechnet(§ 187 Abs. 1 BGB) und es müssen die weiteren Voraussetzungenerfüllt sein.Gemäß § 126b BGB muss die Widerrufsbelehrung in einer Urkundeoder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneteWeise abgegeben werden. Auch nach § 312c Abs. 2 BGB i.V.m. § 1Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV muss der Unternehmer dem Verbraucher dieerforderlichen Informationen zum <strong>Widerrufsrecht</strong> „mitteilen“, da anderenfallsdie Frist nicht zu laufen beginnt (§ 312d Abs. 2 S. 1 BGB). DieMitteilung der fernabsatzrechtlichen Informationen in Textform hatden Zweck, dem Verbraucher die Rechtsverfolgung zu erleichtern,indem er seine Rechte nach Vertragsschluss schwarz auf weiß nachschlagenkann. 2a) Richtlinienkonforme AuslegungDer Textformbegriff des § 126b BGB wird in der FARL nicht verwendet.Daher gibt es unterschiedliche Ansätze, diesen Begriff auszulegen.Zum Teil werden einerseits die Maßstäbe des § 126b BGB als zu strengempfunden, da die Nennung der Person des Erklärenden und dieKenntlichmachung des Erklärungsabschlusses hier <strong>im</strong> Hinblick auf§ 312c Abs. 2 BGB i.V.m. § 1 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 1 BGB-InfoV nichterforderlich seien, so dass die Vorschrift insoweit teleologisch zu reduzierensei. 3 Zum anderen wichen nach dieser Ansicht die Gesetzesanforderungenunzulässig von den Maßstäben der FARL ab, da die Textformnach § 126b BGB eine dauerhafte Verfügbarkeit der Informationen inSchriftform nicht gewährleisten könne, da diese nicht wie der Begriffdes „dauerhaften Datenträgers“ auf den Zugang be<strong>im</strong> Verbraucherabstelle. <strong>Das</strong> Erfordernis der „Mitteilung“, wodurch der nationaleGesetzgeber diese Abweichung zu kompensieren versuche, könne Richtlinienkonformitätnicht mit hinreichender Klarheit herstellen. Es bedürfesich daher der Korrektur <strong>im</strong> Wege richtlinienkonformer Auslegung. 4Nach überwiegender Auffassung sind die §§ 126b, 130 BGB inhaltlichdeckungsgleich mit den Anforderungen des Begriffs des dauerhaf-1Zum Inhalt der korrekten Widerrufsbelehrung siehe unten Teil 5 B IV.2Vgl. Mankowski, CR 2001, 767, 769; D. Arnold, CR 1997, 526, 530.3MünchKommBGB/Wendehorst, § 312c Rn. 105.4MünchKommBGB/Wendehorst, § 312c Rn. 106.


194 Teil 3 – Widerrufsfrist und Ausübungten Datenträgers. 1Eine hiervon abweichende Auslegung sei mit demZiel des nationalen Gesetzgebers, die speziell für den elektronischenGeschäftsverkehr entwickelte neue Form in der Rechtspraxis zu etablieren,nicht vereinbar. Dazu käme, dass der in der FARL verwendeteBegriff des dauerhaften Datenträgers von dieser nicht näher definiertwird. Eine Definition sei in Art 2 lit. f FARLFDL zu finden. Diese seiaufgrund des Vorschlags des damaligen deutschen Vertreters auf§ 361a Abs. 3 BGB a.F. zurückzuführen, so dass keine inhaltlichenUnterschiede zwischen den beiden Begriffen „Textform“ und „dauerhafterDatenträger“ bestünden. 2Um eine richtlinienkonforme Auslegung des Textformerfordernisseszu gewährleisten, muss es sich nach beiden Ansichten bei der Mitteilungsformaus § 312c Abs. 2 BGB um ein Medium handeln, das geeignetist, die Informationen für eine deren Zweck entsprechenden Dauerzu speichern und unverändert wiederzugeben. 3Erforderlich ist also,dass für den Unternehmer keinerlei Möglichkeit besteht, die Informationennachträglich zu verändern. Eine Speicherung der Informationenauf der Festplatte des Verbrauchers ist hingegen nicht erforderlich. 4Richtigerweise ist davon auszugehen, dass die Schriftzeichen neben derWiderrufsfrist auch die Garantie- und Gewährleistungsfrist überdauernmüssen. 5Mit dem Erfordernis der „Mitteilung“ in Textform erfolgt zudem eineAnpassung der nationalen Regelungen an die Voraussetzungen desArt. 5 Abs. 1 FARL. <strong>Das</strong> Mitteilen verlangt den Zugang der Informationenbe<strong>im</strong> Verbraucher. 6Dieser ist nach den allgemeinen Regeln zubest<strong>im</strong>men. <strong>Das</strong> Erfordernis eines Zugangs be<strong>im</strong> Verbraucher machtzugleich deutlich, dass dieser in der Lage versetzt werden muss, dieInformationen ohne größeren technischen Aufwand zu lesen. 7 Darüberhinaus muss stets gewährleistet sein, dass die Wiedergabe der gespeichertenDaten durch die gebräuchlichen Betriebssysteme und Programmeausgeführt werden kann. 81Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 312c Rn. 29; AnwKomm/Ring, Rn 89 f;Felke/Jordans, WM 2004, 166, 169;2Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 312c Rn. 29.3MünchKommBGB/Wendehorst, § 312c Rn. 108, 112.4So aber noch Hoeren/Müglich/Nielsen/Bruns/Träger, S. 147 f.5Roßnagen/Brönneke/Zander-Hayat, § 312c Rn. 165 (<strong>im</strong> Erscheinen).6Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 312c Rn. 31; Roßnagel/Brönneke/Zander-Hayat, § 312c Rn. 163 (<strong>im</strong> Erscheinen); MünchKommBGB/Wendehorst, § 312c Rn.112.7 Roßnagel/Brönneke/Zander-Hayat, § 312c Rn. 163 (<strong>im</strong> Erscheinen).8MünchKommBGB/Wendehorst, § 312c Rn. 110; vgl. auch Roßnagel/Brönneke/Zander-Hayat, § 312c Rn. 163 (<strong>im</strong> Erscheinen).


A. Widerrufsfrist 195b) Brief, FaxMöglich und aus Beweisgründen am sichersten ist es, dem Verbraucherdie Belehrung auf konventionellem Weg, nämlich in Papierform zurVerfügung zu stellen. Häufige Orte sind die Rechnungsrückseite oderein zusätzliches Informationsblatt mit der Lieferung. Da <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong>stets Ware übersendet wird, kann mit dieser auch die Belehrungverschickt werden. Die Belehrung per Fax dürfte eher selten sein, daviele Verbraucher kein Fax haben und die Kosten (Organisation, Telekommunikationskosten)für den Unternehmer zu hoch sind.c) E-MailDer Unternehmer kann dem Verbraucher zur Wahrung der Textformdie Belehrung auch per E-Mail übersenden, 1wenn die Informationendurch Schriftzeichen wiedergegeben werden, die ohne ein zusätzlichesProgramm gelesen werden können und der Nachweis des Zugangsgelingt. Möglich ist demnach z.B. die Verwendung der Formate HTMLund TXT. Unzulässig sind hingegen die Formate DOC oder RTF, weildurch das Öffnen solcher Dateien erhebliche Sicherheitsrisiken entstehen(z.B. Makro-Viren) und zudem kostenpflichtige Programme installiertsein müssen. Die Textform ist ferner nicht gewahrt, wenn derVerbraucher die Informationen aus einer ZIP-Datei zunächst auspackenmuss, 2da die entsprechenden Programme zum Entpacken noch längstnicht auf allen Rechnern installiert sind und viele Verbraucher überhauptnicht wissen, wie sie ein ZIP-File lesen können.Zulässig ist hingegen das Bereitstellen von PDF-Files, da dieses Formatals weitgehend sicher anzusehen und der kostenfreie Acrobat Readermittlerweile standardmäßig auf jedem Computer installiert ist. 3 BeiVerwendung eines sicheren Dateiformats ist ein Zugang be<strong>im</strong> Verbraucherauch dann anzunehmen, wenn die Mail in seiner Mailbox ist,unabhängig davon, ob er die Datei öffnet oder nicht. 4Denn derVerbraucher, der aktiv am E-Commerce teiln<strong>im</strong>mt, signalisiert damitauch, dass er sichere Dokumente in elektronischer Form akzeptiert.Die Mitteilung in Textform durch Zusendung der Belehrung per E-Mail dürfte der praktisch häufigste Weg sein. Der Unternehmer versendetzusammen mit der Bestätigung des Zugangs (§ 312e Abs. 1 Nr. 31BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/2658, S. 40; Bülow/Artz, NJW 2000, 2049, 2055; Härting, Internetrecht,Rn. 493; Mankowski, CR 2001, 767, 772.2Roßnagel/Brönneke/Zander-Hayat, § 312c Rn. 163 (<strong>im</strong> Erscheinen).3A.A. noch Hoeren/Sieber/<strong>Föhlisch</strong>, Teil 13.4 Rn. 216 und Roßnagel/Brönneke/Zander-Hayat,§ 312c Rn. 163 (<strong>im</strong> Erscheinen).4MünchKommBGB/Wendehorst, § 312c Rn. 114; Bülow/Artz, NJW 2000, 2049,2055; Gaertner/Gierschmann, DB 2000, 1601, 1602; Kamanabrou, WM 2000,1417, 1423.


196 Teil 3 – Widerrufsfrist und AusübungBGB) oder zusammen mit der Annahme der Bestellung die Widerrufsbelehrungper E-Mail. Die Übersendung von Datenträgern (z.B. CDs,DVDs, Disketten) ist problematisch, weil nicht davon ausgegangenwerden kann, dass jeder Verbraucher die technischen Möglichkeitenbesitzt, diese Trägermedien lesen zu können. So enthalten z.B. aktuelleNotebooks i.d.R. kein Diskettenlaufwerk mehr, ältere Modelle verfügenhäufig nicht über ein DVD-Laufwerk. Eine solche Mitteilungsformdürfte aber auch eher ein theoretischer Fall sein.d) Texte auf InternetseitenDie Frage, ob eine Information über das <strong>Widerrufsrecht</strong> auf einer Internetseitebereits eine „Mitteilung <strong>im</strong> Textform“ i.S.d. §§ 355, 126b BGBund somit eine den Fristlauf auslösende Widerrufsbelehrung sein kann,ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.aa) RechtsprechungDie überwiegende Rechtsprechung 1lehnt dies mit unterschiedlicherBegründung ab. Ein Internetauftritt erfülle die von § 126b BGB gefordertePerpetuierungsfunktion BGB nicht. 2 Der Text verbleibe nur danndauerhaft be<strong>im</strong> Verbraucher, wenn dieser ihn aufgrund eines eigenenzusätzlichen Willensentschlusses ausdruckt oder abspeichert, wovon inder Regel jedoch nicht ausgegangen werden könne. 3Außerdem habenicht der Empfänger der Widerrufsbelehrung die Erfüllung der dieTextform best<strong>im</strong>menden Merkmale zu leisten, sondern der Unternehmerhabe die Belehrung in Textform mitzuteilen. 4 Schließlich würde ineinem solchen Fall die Länge der Widerrufsfrist vom Zufall abhängen,was auf Unternehmerseite zu unaufklärbarer Unsicherheit führen würde.5 Anders haben hierzu – soweit ersichtlich – nur das LG Flensburg 6und das LG Paderborn 1 entschieden. Demnach sei der Textform i.S.d.1Vgl. LG Dortmund, Beschluss v. 19.7.2007 – 10 O 113/07; KG Berlin, MMR2007, 185; KG Berlin, MMR 2008, 339; LG Berlin, JurPC Web-Dok. 102/2008;OLG Naumburg, CR 2008, 247 = NJW-RR 2008, 776 = MMR 2008, 548; OLGJena, WRP 2007, 1008; OLG Stuttgart, MMR 2008, 616, 617; LG Kleve, MMR2007, 332; OLG Hamburg, BB 2006, 2327 = MMR 2006, 675 (m. Anm. Hoffmann);LG Heilbronn, MMR 2007, 536 = CR 2008, 129; LG Hanau, Urteil v.12.6.2007 – 5 O 34/07; OLG Köln, MMR 2007, 713.2OLG Naumburg, CR 2008, 247 = NJW-RR 2008, 776 = MMR 2008, 548;OLG Jena, WRP 2007, 1008; OLG Stuttgart, MMR 2008, 616, 617; LG Kleve,MMR 2007, 332.3OLG Stuttgart, MMR 2008, 616, 617; AG Wuppertal, JurPC Web-Dok.24/<strong>2009</strong>4LG Kleve, MMR 2007, 332; OLG Düsseldorf, BeckRS 2008, 08624.5LG Kleve, MMR 2007, 332; LG Hanau, Urteil v. 12.6.2007 – 5 O 34/07.6LG Flensburg, MMR 2006, 686 = JurPC Web-Dok. 116/2006 = CR 2007, 112.


A. Widerrufsfrist 197§ 126b BGB genüge getan, wenn für den Verbraucher eine Speicherungs-und Ausdrucksmöglichkeit besteht. Eine dauerhafte Verfügbarkeitder Widerrufsbelehrung werde bei der Auktionsplattform eBaydadurch gewährleistet, dass sie bei einem Zuschlag zusammen mit demAngebot noch 90 Tage <strong>im</strong> Log-In-Bereich des Kunden gespeichert undfür diesen abrufbar bleibe.Dem hält das OLG Hamburg 2entgegen, dass es technisch möglichsei, diese Speicherung wieder aufzuheben. Außerdem sei sie nicht geeignet,den Gesetzeszweck zu erfüllen. Werde der Verbraucher nicht durcheine an ihn gerichtete Mitteilung des Verkäufers über das <strong>Widerrufsrecht</strong>aufmerksam gemacht, könne ihm dieses nicht dadurch hinreichenddeutlich vor Augen geführt werden, dass eBay einen mit „MeineBay“ überschriebenen Dienst anbietet, in dem das gesamte Angebotmit seinen sämtlichen Einzelheiten allein für den Erwerber weiterhinaufbewahrt wird. 3Nach Auffassung des LG Heilbronn 4 hingegen genüge zwar die Speicherungeines Textes auf einer Internetseite für sich gesehen durchausden Anforderungen an die Textform i.S.d. § 126 b BGB. Denn derentsprechende Text sei vorbehaltlich einer Abänderung oder Löschungdurch die zugriffsbefugte Person zunächst einmal perpetuiert. Eine„Mitteilung“ in Textform i.S.d. § 355 Abs. 2 S. 2 BGB an den Verbrauchersetzte jedoch begrifflich voraus, dass diesem „ein Exemplar derBelehrung verbleiben muss“ d.h. <strong>im</strong> Falle eines Internettextes eine hinreichendePerpetuierung <strong>im</strong> Zugriffsbereich des Verbrauchers eingetretenist. Eine Zwischenspeicherung be<strong>im</strong> Verbraucher reiche hierfürnicht aus, da diese bei Erreichen der Speicherkapazitäten vom Betriebssystemgelöscht werden und durch erneuten Aufruf der Internetseiteeine zwischenzeitlich erfolgte Aktualisierung übernommen werdenkönne. 5 Eine Speicherung <strong>im</strong> sog. Cache des Rechners des Verbraucherssei auch nicht zwingend, vielmehr gebe es Browser, die auf eine Zwischenspeicherungdes Textes auf der lokalen Festplatte des Verbrauchersverzichten. 6 Es sei auch zweifelhaft, ob eine mögliche Zwischenspeicherung<strong>im</strong> Cache des Rechners des Verbrauchers bereits als„Mitteilung“ <strong>im</strong> erforderlichen Sinne angesehen werden kann.1LG Paderborn, MMR 2007, 191 = CR 2007, 465.2OLG Hamburg, MMR 2006, 675 (m. Anm. Hoffmann) = K&R 2006, 526 =CR 2006, 854 = MD 2007, 332 = GRUR-RR 2007, 174 = NJW-RR 2007, 839.3OLG Hamburg, MMR 2007, 320 = CR 2007, 753; OLG Jena, WRP 2007,1008; OLG Köln, MMR 2007, 713.4LG Heilbronn, MMR 2007, 536 = CR 2008, 129.5LG Hanau, Urteil v. 12.6.2007 – 5 O 34/07.6So auch LG Karlsruhe, JurPC Web-Dok. 85/2008; OLG Jena, WRP 2007,1008.


198 Teil 3 – Widerrufsfrist und Ausübungbb) LiteraturIm Schrifttum wird teilweise angenommen, die Voraussetzungen des§ 126b BGB seien erfüllt, sofern die Internetseite heruntergeladen werdenkann und damit be<strong>im</strong> Empfänger dauerhaft abrufbar ist. 1 Erforderlichsei, dass der Empfänger die Informationen ohne weiteres am Bildschirmlesen kann, so lange nur sichergestellt ist, dass er den Inhalt derDatei (z.B. durch Ausdruck oder elektronische Speicherung) zu seinerdauerhaften Verwendung konservieren kann. Darauf, ob er von dieserMöglichkeit tatsächlich Gebrauch macht, solle es hingegen nicht ankommen.2Der Inhalt einer E-Mail sei nachträglich veränderbar, eineInformation auf der eBay-Angebotsseite könne der Verkäufer hingegennicht ändern, sofern das Angebot und das erste Gebot abgegeben sindoder weniger als zwölf Stunden bis zum Angebotsende verbleiben. Dahersei die Möglichkeit des Verbrauchers, die Bedingungen des <strong>Widerrufsrecht</strong>sauch nach Vertragsschluss in unveränderter Form aufzurufenund nachzulesen, gewährleistet. 3 Weiterhin obliege es dem Verbraucher,seine E-Mails abzurufen und/oder auszudrucken, so dass hinsichtlichdes Zugangs keine Unterschiede zu der Internetbelehrung bestünden.Außerdem würden die E-Mails auf dem Server des Anbieters und nichtauf dem eigenen Rechner gespeichert.Dieser Ansicht wird jedoch entgegengehalten, dass es nicht daraufankomme, ob der Verbraucher seine E-Mail tatsächlich abruft odernicht. Entscheidend sei, dass die Erklärung dem Verbraucher so zugehe,dass dieser sie zur Kenntnis nehmen könne und sie dem Zugriff desUnternehmers entzogen ist. 4Die bloße Möglichkeit der Speicherungerfülle das Textformerfordernis daher nicht. Eine aufgerufene Internetseitesei nicht geeignet, von dem Verbraucher dauerhaft wiederhergestelltzu werden, weil es hierzu vielmehr eines wesentlichen und vondem Verbraucher eigenhändig zu veranlassenden Zwischenschritts – dieSpeicherung des Internetseiteninhalts – bedürfe. Es sei allerdings nichtAufgabe des Verbrauchers, die Eignung zur dauerhaften Wiedergabeder die Informationen enthaltenden Datei selbst erst herbeizuführen. 5Eine aufgerufene Internetseite sei außerdem erst dann zur dauerhaftenWiedergabe geeignet, wenn es zu einer lokalen Speicherung ihresInhalts durch den Verbraucher kommt, sonst wäre es durchaus möglich,dass die Dateien bei erneutem Aufruf der Internetseite durch eine1MünchKommBGB/Einsele, 5. Aufl., § 126b, Rn. 9; Steins, WM 2002, 53, 59;Gaertner/Gierschmann, DB 2000, 1601, 1062; Waldenberger, K&R 1999, 345, 348.2Bamberger/Roth/Wendtland, 9. Edition, § 126b, Rn. 5.3Dietrich/Hofmann, CR 2007, 318, 320.4Woitkewitsch/Pfitzer, MDR 2007, 61, 62.5Bonke/Gellmann, NJW 2006, 3169, 3170; so auch Woitkewitsch/Pfitzer, MDR2007, 61, 62.


A. Widerrufsfrist 199in der Zwischenzeit veränderte Onlineversion aktualisiert und auf dieseWeise ersetzt worden sind. 1 Der Verbraucher habe zudem auch keinerleiEinfluss darauf, ob die Erklärung tatsächlich auch in der Zukunftabrufbar ist. 2Selbst wenn man annehme, die auf der Angebotsseiteaufgenommenen Informationen könnten vom Verkäufer nicht mehrverändert werden, müsse der Unternehmer beweisen, dass der Verbraucherdie Seite tatsächlich heruntergeladen hat. 3 Denkbar seien aber auchFälle, in denen der Verbraucher keine Möglichkeit zur Speicherungoder Ausdruck der Vertragsbest<strong>im</strong>mungen hat, wenn z.B. der Vertragohne einen PC, sondern durch ein mobiles Endgerät zustande kommt. 4Diese Ansicht werde auch durch den Willen des historischen Gesetzgebersgestützt, der eine dauerhafte Wiedergabe nur annehme, wennder Verbraucher die Informationen tatsächlich abspeichert oder ausdrucktund sie so dem Zugriff des Unternehmers entzieht. 5Deshalberfolge eine dauerhafte Speicherung auch nicht <strong>im</strong> Arbeitsspeicher oderdurch etwaige automatische Speicherungen auf der Festplatte des Nutzers.Wenn eine Zwischenspeicherung überhaupt erfolge, handele essich um eine flüchtige Speicherung, die für den Nutzer nicht ohne weiteresreproduzierbar sei. 6Schließlich sei es die Pflicht des Verkäufers,dem Verbraucher die Widerrufsbelehrung mitzuteilen. Es bedürfe alsoeiner individuellen Mitteilung, die bei einer an die Allgemeinheit gerichtetenInformation nicht gewahrt sei. Somit fehle es am Zugang derBelehrung <strong>im</strong> Einzelfall. 7 Diese werde nicht erreicht, wenn der Verbraucherauf eine bloße Download- bzw. Ausdruckmöglichkeit verwiesenwird. 8cc) StellungnahmeZur Mitteilung in Textform kann das Bereithalten einer abrufbarenWiderrufsbelehrung daher allenfalls durch das Herunterladen oderAusdrucken der Belehrung durch den Verbraucher führen. Dies wirdder Unternehmer in aller Regel weder substantiiert vortragen nochbeweisen können 9 . Ob insoweit die Rechtsprechung über eine einge-1Bonke/Gellmann, NJW 2006, 3169, 3170; so auch Woitkewitsch/Pfitzer, MDR2007, 61, 62;2Schirmbacher, CR 2006, 673, 677; so auch Buchmann, K&R, 2007, 14, 16.3Kaestner/Tews, WRP 2004, 509, 512.4Schlömer/Dittrich, K&R 2006, 373, 377.5Woitkewitsch/Pfitzer, MDR 2007, 61, 62; so auch Schlömer/Dittrich, K&R,2006, 373, 377.6Schirmbacher, CR 2006, 673, 677.7Woitkewitsch/Pfitzer, MDR 2007, 61, 62.8Schirmbacher, CR 2006, 673, 677.9Staudinger/Kaiser, § 355 Rn. 42.


200 Teil 3 – Widerrufsfrist und Ausübungschränkte Darlegungslast 1 des Beweisführers und eine sekundäre Darlegungslastdes Beweisgegners anwendbar ist, muss <strong>im</strong> Ergebnis verneintwerden. Denn die für diese Fallgruppe typische Situation einer unverschuldetenBeweisnot liegt hier nicht vor: Der Unternehmer kann dieBeweisnot in zumutbarer Weise vermeiden durch Erfüllung der Textformper Mailübersendung.Der Gesetzgeber hat den aus Art. 5 Abs. 1 FARL und Art. 2 f)FARLFDL stammenden Begriff des „dauerhaften Datenträgers“, dernoch in § 2 Abs. 3 FernAbsG enthalten war und in § 361a Abs. 3 BGBa.F. näher definiert wurde, wieder aufgegeben. Im Zuge der Schuldrechtsreformwurde auf Empfehlung des Rechtsausschusses und zurVereinheitlichung der Rechtssprache ein Verweis auf den Begriff derTextform gemäß § 126b BGB eingeführt. Demnach ist ausreichend,wenn die Erklärung in einer Weise abgegeben wird, die zur dauerhaftenWiedergabe in Schriftzeichen geeignet ist, sofern die Person des Erklärendengenannt und der Abschluss der Erklärung erkennbar gemachtwird. Diese Änderung wurde in der Literatur z.T. als nicht gemeinschaftskonformkritisiert. 2Nach anderer Auffassung genügen die Anforderungender Textform den Vorgaben der Richtlinie. 3Eine richtlinienkonforme Auslegung des § 126b BGB führt dazu,dass den Vorgaben des europäischen Rechts entsprochen wird. 4Hiersind zwei Korrekturen erforderlich. Einerseits sind die Nennung derPerson des Erklärenden und die Kenntlichmachung des Abschlusses derErklärung anders als bei Willenserklärungen <strong>im</strong> Kontext von § 312cBGB unnötig, so dass die Vorschrift insoweit teleologisch zu reduzierenist. 5Ausreichend ist, dass für den Verbraucher aus dem Informationsdokumentselbst erkennbar ist, von wem die Informationen stammenund wo das Dokument endet. Andererseits kommt es nach Art. 5Abs. 1 FARL anders als bei § 126b BGB auf den tatsächlichen Zugangder Information be<strong>im</strong> Verbraucher i.S.d. § 130 Abs. 1 S. 1 BGB an, sodass der Begriff des „Mitteilens“ gemeinschaftskonform so auszulegenist. 6 Wenn der Gesetzgeber also fordert, dass dem Verbraucher eine Belehrungin Textform „mitgeteilt“ wird, so bringt er damit – wie auch1Vgl. zuletzt: BGH, NJW-RR 2008, 1136 = MMR 2008, 531.2MünchKommBGB/Wendehorst, § 312c Rn. 104 ff.; Finke, Der Fernabsatz vonFinanzdienstleistungen an Verbraucher, S. 140, 183; zweifelnd Roßnagel/Brönneke/Zander-Hayat, § 312c Rn. 213Felke/Jordans, WM 2004, 166, 169.4Staudinger/Thüsing, § 312c Rn. 38.5MünchKommBGB/Wendehorst, § 312c Rn. 105.6BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/7052, S. 191; Hk-VertriebsR/Micklitz, § 312c Rn. 57; Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch,§ 312c Rn. 21; MünchKommBGB/Wendehorst, § 312cRn. 106.


A. Widerrufsfrist 201die Entstehungsgeschichte deutlich zeigt 1– eindeutig zum Ausdruck,dass die Widerrufsbelehrung nicht nur in der vorgeschriebenen Textformerstellt sein, sondern in dieser dem Verbraucher auch zugehenmuss, 2 denn es ist zwischen Einhaltung der Textform und Zugang derBelehrung zu unterscheiden. 3 Bei einer bloßen Kenntnisnahme der Veröffentlichungder Belehrung auf der eBay-Seite fehlt es aber an einer„Mitteilung“ in Textform, also dem Zugang einer entsprechend perpetuiertenErklärung, denn die Belehrung muss dem Verbraucher in einerzur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneten Form auchzugehen und dieser muss auf die unveränderte Erklärung zugreifenkönnen, wann es ihm beliebt. 4Es trifft daher nicht zu, wenn die Ansicht vertreten wird, es bestündekein Unterschied zwischen der (dauernden) Abrufbarkeit auf einer Internetseiteund der Übersendung einer E-Mail, da der Absender so oderso keinen Einfluss auf die Wahrnehmung durch den Empfänger habe. 5Dem Gesetzgeber kam es aus Gründen des Verbraucherschutzes und <strong>im</strong>Hinblick auf die Dokumentationsfunktion der Textform darauf an,dass die Belehrung in hinreichend (i.S.v. § 126b BGB) perpetuierterForm in den Herrschaftsbereich des Verbrauchers gelangt. 6<strong>Das</strong>s derVerbraucher auch eine in diesem Sinne zugegangene Erklärung (etwaeine E-Mail) u.U. tatsächlich nicht zur Kenntnis n<strong>im</strong>mt, rechtfertigt esnicht, die bloße Möglichkeit zum Speichern oder Ausdrucken der abrufbereitgehaltenen Internetseite der zugegangenen Erklärung gleichzustellen.7Es ist deshalb unerheblich, dass eBay die flüchtige Information zum<strong>Widerrufsrecht</strong> noch 90 Tage nach Vertragsschluss bereithält. 8 Zudemist eBay dem Verbraucher gegenüber auch nicht zu deren Speicherungverpflichtet, d.h. der Verbraucher hat auf die Speicherung und die dauerndekünftige Abrufbarkeit der Erklärung keinen Einfluss, sie kannvielmehr jederzeit aufgehoben werden. 9 <strong>Das</strong> Bereithalten einer abrufbarenWiderrufsbelehrung kann daher allenfalls erst dadurch zur Mitteilungin Textform führen, wenn der Verbraucher die Belehrung tatsächlichherunterlädt oder ausdruckt, was regelmäßig nicht nachweisbar1OLG Köln, MMR 2007, 713, 715; Buchmann, MMR 2007, 347, 349.2OLG Stuttgart, MMR 2008, 616, 617.3Staudinger/Kaiser, § 355 Rn. 41; Andrzejewski, Die Umsetzung der Fernabsatzrichtliniein Deutschland und Polen, S. 43; Roßnagel/Brönneke/Zander-Hayat,§ 312c Rn. 167.4OLG Stuttgart, MMR 2008, 616, 617; Buchmann, K&R, 2007, 14, 16.5<strong>Föhlisch</strong>/Hoffmann, NJW <strong>2009</strong>, 11756OLG Stuttgart, MMR 2008, 616, 617.7OLG Stuttgart, MMR 2008, 616, 617.8<strong>Föhlisch</strong>/Hoffmann, NJW <strong>2009</strong>, 1175; Woitkewitsch/Pfitzer, MDR 2007, 61, 64.9OLG Stuttgart, MMR 2008, 616, 617.


202 Teil 3 – Widerrufsfrist und Ausübungist. 1 Die temporäre Zwischenspeicherung während des Aufrufs der Seitegenügt hierfür nicht. 2e) Rechtslage nach dem VRRL-EArt. 2 Abs. 10 VRRL-E definiert „dauerhafter Datenträger“ künftig als„jedes Instrument, das es dem Verbraucher oder dem Gewerbetreibendengestattet, an ihn persönlich gerichtete Informationen derart zuspeichern, dass er sie in der Folge für eine für die Zwecke der Informationenangemessene Dauer einsehen kann, und das die unveränderteWiedergabe der gespeicherten Informationen ermöglicht.“ Erwägensgrund16 konkretisiert die Begriffsbest<strong>im</strong>mung und nennt insbesonderebest<strong>im</strong>mte Unterlagen auf Papier, USB-Sticks, CD-ROMs, DVDs, Speicherkartenund das Festplattenlaufwerk des Computers, auf dem E-Mails oder PDF-Files gespeichert werden. Gemäß Art. 11 Abs. 4 solleder Gewerbetreibende verpflichtet sein, die Informationen, u.a. zum<strong>Widerrufsrecht</strong> „auf einem dauerhaften Datenträger zu bestätigen, …es sei denn, der Verbraucher hat die Informationen bereits vor demAbschluss des Fernabsatzvertrags auf einem dauerhaften Datenträgererhalten.“ In Art. 5 Abs. 1 FARL heißt es, dass der Verbraucher eineBestätigung der Informationen schriftlich oder auf einem anderen fürihn verfügbaren dauerhaften Datenträger erhalten muss, „soweit ihmdiese Informationen nicht bereits vor Vertragsabschluß schriftlich oderauf einem anderen für ihn verfügbaren dauerhaften Datenträger erteiltwurden.“Der Verzicht auf die Formulierung „erteilt wurden“ spricht vordergründigdafür, dass der europäische Gesetzgeber es künftig für dieWahrung des Textformerfordernisses auch genügen lassen will, wennder Verbraucher entsprechende Informationen aus dem Internet herunterlädt.Allerdings setzt die neue Definition des dauerhaften Datenträgerseindeutig voraus, dass die Informationen an den Verbraucher „persönlichgerichtet“ sind. Websites sind aber gerade an die Allgemeinheitund nicht an eine best<strong>im</strong>mte Person gerichtet. Auch wird ein Internet-Server, auf dem Websites abgelegt sind, nicht in den Beispielen desErwägensgrundes 16 genannt. Allerdings können best<strong>im</strong>mte Websitesauch an den Verbraucher persönlich gerichtet sein, zum Beispiel dieaktuell diskutierten LogIn-Bereiche bei eBay, auf die nur der VerbraucherZugriff hat und in denen die Widerrufsbelehrung eine best<strong>im</strong>mteZeit lang gespeichert wird. Diese können auch für eine „angemesseneDauer“ eingesehen werden, wie es die neue Definition verlangt. Es muss1Staudinger/Kaiser, § 355 Rn. 42; <strong>Föhlisch</strong>/Hoffmann, NJW <strong>2009</strong>, 1175.2<strong>Föhlisch</strong>/Hoffmann, NJW <strong>2009</strong>, 1175; Bonke/Gellmann, NJW 2006, 3169,3170; Schirmbacher, CR 2006, 673, 677.


A. Widerrufsfrist 203dem Verbraucher auch lediglich „gestattet“ sein, die Informationen zuspeichern. Dies spricht dafür, dass der europäische Gesetzgeber z.B.PDF-Download-Möglichkeiten in LogIn-Bereichen für die Form desdauerhaften Datenträgers genügen lassen will.f) ZwischenergebnisDer Textformbegriff des § 126b BGB wird in der FARL nicht verwendet,dieser bedarf daher einer richtlinienkonformen Auslegung. Dafürmuss es sich bei der Mitteilungsform aus § 312c Abs. 2 BGB um einMedium handeln, das geeignet ist, die Informationen für eine derenZweck entsprechenden Dauer zu speichern und unverändert wiederzugeben,wozu die Bereitstellung auf einer Internetseite nicht genügt.<strong>Das</strong> Erfordernis eines Zugangs be<strong>im</strong> Verbraucher macht zugleich deutlich,dass dieser in der Lage versetzt werden muss, die Informationenohne größeren technischen Aufwand zu lesen.Die Mitteilung in Textform ist durch die Übersendung von Brief, Faxoder E-Mail möglich. Im letzten Fall ist die Verwendung der FormateHTML, TXT oder PDF-Files, nicht jedoch von DOC oder RTF oderZIP-Datei zulässig, weil durch das Öffnen solcher Dateien erheblicheSicherheitsrisiken entstehen (z.B. Makro-Viren) und zudem kostenpflichtigeProgramme installiert sein müssen. Dem Textformerfordernisgenügen auch Informationen auf der Internetseite nicht, insbesonderefehlt es hier an der Dauerhaftigkeit und dem Zugang bei Verbraucher.Zur Mitteilung in Textform kann das Bereithalten einer abrufbarenWiderrufsbelehrung nur durch das Herunterladen oder Ausdruckendurch den Verbraucher führen. Dies wird der Unternehmer in allerRegel weder substantiiert vortragen noch beweisen können. Dies könntesich in Zukunft nur dahingehend ändern, dass nach dem VRRL-EDownload-Möglichkeiten in personalisierten LogIn-Bereichen für dieForm des dauerhaften Datenträgers als ausreichend angesehen werden,nicht jedoch auf allgemein zugänglichen Websites.3. Mitteilung fernabsatzrechtlicher Informationen in TextformDie Widerrufsfrist beginnt gemäß § 312d Abs. 2 BGB abweichend von§ 355 Abs. 2 S. 1 BGB nicht vor Erfüllung der Informationspflichtengemäß § 312c Abs. 2 BGB. Der Unternehmer muss dem Verbrauchergemäß § 312c Abs. 2 Nr. 2 BGB i.V.m. § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BGB-InfoV spätestens bis zur vollständigen Erfüllung bzw. Warenlieferungalle vorvertraglichen Informationen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 – 12 BGB-InfoV und weitere Informationen (§ 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BGB-InfoV)in Textform mitteilen.


204 Teil 3 – Widerrufsfrist und Ausübunga) FormDie Frist beginnt erst zu laufen, wenn die fernabsatzrechtlichen Pflichtinformationenformgerecht mitgeteilt werden. Die Informationen müssenebenso wie die Widerrufsbelehrung in Textform mitgeteilt werden,d.h. die Bereitstellung auf einer Internetseite genügt nicht. 1aa) TransparenzgebotAnders als in § 312c Abs. 1 BGB („klar und verständlich“) ist weder in§ 312c Abs. 2 noch in § 1 Abs. 4 BGB-InfoV ausdrücklich ein Transparenzgebotverankert. In § 1 Abs. 4 BGB-InfoV wird zwar auf den Inhaltder Informationen gemäß § 1 Abs. 1 BGB-InfoV Bezug genommen,nicht jedoch auf das Transparenzgebot. Auch die FARL und der VRRL-E enthalten keine Aussagen zu einem nachvertraglichen Transparenzgebot.Art. 4 Abs. 2 FARL („klar und verständlich“) erfasst nur die vorvertraglicheInformation und Art. 5 FARL enthält kein gesondertesTransparenzgebot. Art. 11 Abs. 1 VRRL-E verzichtet hinsichtlich dervorvertraglichen Informationen sogar auf das Erfordernis der klarenund verständlichen Mitteilung, sondern schreibt nur vor, dass die Informationenin „einfacher und verständlicher Sprache abgefasst undlesbar sein“ müssen. Art. 11 Abs. 4 VRRL-E, der die Bestätigung aufeinem dauerhaften Datenträger regelt, enthält hingegen überhaupt keinTransparenzgebot.Gleichwohl wird zu Recht darauf hingewiesen, dass das in § 312cAbs. 1 niedergelegte Transparenzgebot auf die nachvertraglichen Informationen„ausstrahlt“. 2Auch die nachvertraglichen Informationenmüssen klar und verständlich sein, d.h. sie müssen in einer für einenLaien verständlichen Sprache abgefasst sein und dürfen nicht untereiner Vielzahl anderer Angaben „versteckt“ werden. 3 Es wäre widersinnig,wenn der Unternehmer seiner Pflicht nach § 312c Abs. 2 BGBdurch eine schwer verständliche, aber hervorzuhebende Informationnachkommen könnte. 4Die Verankerung eines gesonderten Transparenzgebotesin § 312c Abs. 2 BGB ist aber auch nicht notwendig. DieInformationen müssen schon deshalb in einer klaren Sprache gefasstsein, weil es sich um dieselben Informationen handelt, für die § 312cAbs. 1 BGB die inhaltliche Transparenz anordnet. Würden diese Angabenin einer Flut von weiteren Klauseln versteckt, dürfte stets der Anwendungsbereichder Vorschriften über allgemeine Geschäftsbedingun-1Vgl. oben Teil 3 A II 2 d).2Hk-VertriebsR/Micklitz, § 312c Rn. 48; Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher,§ 312c, Rn. 164; MünchKommBGB/Wendehorst, § 312c Rn. 115; Härting,Fernabsatzgesetz, § 2 Rn. 196.3Vgl. zum vorvertraglichen Transparenzgebot ausführlich Teil 5 A II 1.4Härting, Fernabsatzgesetz, § 2 Rn. 196.


A. Widerrufsfrist 205gen eröffnet sein, so dass der Verbraucher durch das identische („klarund verständlich“) Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB geschütztist.bb) Integration in AGBFrüher wurde vereinzelt vertreten, fernabsatzrechtliche Informationenkönnten nicht in Allgemeine Geschäftsbedingungen integriert werden,da es sich um subjektive Rechte <strong>im</strong> Sinne des Gemeinschaftsrechts handelt.1 Schon der deutsche Gesetzgeber des FernAbsG vertrat jedoch zuRecht die Auffassung, dass die Integration von Pflichtinformationen inAGB grundsätzlich möglich ist. 2 Auch das Bundesjustizministerium alsVerordnungsgeber geht in § 1 Abs. 4 Satz 3 BGB-InfoV ausdrücklichdavon aus, dass die textformgebundenen Informationen auch in AGBmitgeteilt werden können. Einige Pflichtinformationen wie die wesentlichenMerkmale der Ware oder Dienstleistung (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 BGB-InfoV) und der Gesamtpreis (§ 1 Abs. 1 Nr. 7 BGB-InfoV) könnennatürlich nicht in AGB integriert werden, da es sich um produktspezifischeInformationen handelt.Der Verbraucher ist durch eine Zusammenfassung von Pflichtinformationenund AGB auch nicht schlechter gestellt. Im Gegenteil: Nebendem Transparenzgebot aus § 312c Abs. 1 BGB, das auf die nachvertraglichenInformationspflichten ausstrahlt, ist er zusätzlich durch jenesin § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB geschützt. Es dient dem Verbraucherschutz,wenn möglichst viele Pflichtinformationen auf einer Seite gebündelt undnicht über verschiedene Seiten verstreut werden. Der Unternehmer kanndaher die textformgebundenen fernabsatzrechtlichen Informationenauch in AGB erteilen. 3Werden Informationen in AGB integriert, müssen die Informationenzu ladungsfähiger Anschrift und Vertretungsberechtigtem (§ 1 Abs. 1Nr. 3 BGB-InfoV), zum <strong>Widerrufsrecht</strong>, zu eventuellen Kündigungsbedingungenund Vertragsstrafen (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 BGB-InfoV) sowie zuKundendienst, Gewährleistungs- und Garantiebedingungen (§ 1 Abs. 4Satz 1 Nr. 3 b) BGB-InfoV) in einer „hervorgehobenen und deutlichgestalteten Form“ erteilt werden, z.B. durch ein auffälliges <strong>Dr</strong>uckbild,räumliche Trennung vom Vertragstext, Fett- oder Farbdruck, Einrahmungenoder durchgezogenen Trennlinien. Bei einer Hervorhebung vongleich sieben Informationen kann die Formatierung – gerade bei vor-1So aber Reich, EuZW 1997, 581, 584.2Begründung FernAbsG-RegE, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 12/2658, S. 38.3Hk-VertriebsR/Micklitz, § 312c Rn. 35; MünchKommBGB/Wendehorst, § 312cRn. 86, 115f.; Staudinger/Thüsing, § 312c Rn. 32; Fuchs, ZIP 2000, 1273, 1278.


206 Teil 3 – Widerrufsfrist und Ausübungbildlich kurzen AGB – freilich nicht die gleiche Signalwirkung erzielenwie bei der Hervorhebung nur des <strong>Widerrufsrecht</strong>es. 1Angesichts der umfangreichen Hervorhebungserfordernisse, die eherzur Unübersichtlichkeit kurzer AGB führen, ist eine vereinzelt geforderteoptische Trennung von Informationspflichten und sonstigen AGB 2nicht sachgerecht und findet <strong>im</strong> Gesetz keine Stütze. Sie ist überdiesauch gar nicht möglich, denn bei vielen Informationen aus § 1 Abs. 1BGB-InfoV handelt es sich thematisch nicht um reine Informationen,sondern um Allgemeine Geschäftsbedingungen, 3 da Vereinbarungen mitdem Verbraucher erforderlich sind, so z.B. bei den Versandkosten (§ 1Abs. 1 Nr. 8 BGB-InfoV) der Mindestlaufzeit (§ 1 Abs. 1 Nr. 8 BGB-InfoV) der Vereinbarung der Tragung von Rücksendekosten bei Ausübungdes <strong>Widerrufsrecht</strong>es („40-EUR-Klausel“, § 357 Abs. 2 Satz 3)oder die Ersetzung des <strong>Widerrufsrecht</strong>es durch ein Rückgaberecht(§ 356 BGB). Würde man diese Klauseln einmal als Informationspflichtund einmal als Geschäftsbedingung darstellen müssen, führte dies zueiner verwirrenden Dopplung mit Inkonsistenzen, die das Gegenteil vonTransparenz erreicht.b) InhaltIn § 1 Abs. 1 Nr. 1 – 12 und § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BGB-InfoV wirdder Unternehmer in einem verschachtelten Regelungssystem zur Mitteilungeiner Vielzahl von Informationen verpflichtet, die <strong>im</strong> Wesentlichenunverändert aus der FARL übernommen wurden. Zudem wurden füralle Fernabsatzverträge Informationspflichten aus der FARLFDL unkritischintegriert, was zu inhaltlichen Unklarheiten führt und denVerbraucherschutz nicht erhöht. Überschneidungen gibt es mit handelsundgesellschaftsrechtlichen Regelungen zu Pflichtangaben auf Geschäftsbriefen(§§ 37a Abs. 1, 125a Abs. 1, 177a HGB, 35a GmbHG,80 AktG, 25a GenG, 7 PartGG); seit Anfang 2007 gelten diese Pflichtenauch ausdrücklich für E-Mails. Weiterhin enthält § 5 TMG teilidentischePflichten zur Anbieterkennzeichnung in flüchtiger Form auf derWebsite. Zu Recht wird daher darauf hingewiesen, dass es für denUnternehmer sehr schwierig ist, alle Erfordernisse zu beachten. 4In dem VRRL-E wurde die Zahl der Informationen nach Art. 5Abs. 1 und 9 VRRL-E erfreulicherweise deutlich reduziert. So soll <strong>im</strong>Vergleich zu § 1 Abs. 1 BGB-InfoV keine Pflicht mehr bestehen, zuinformieren: über Unternehmensregister und –nummer (Nr. 1), Vertreterin anderen Mitgliedsstaaten (Nr. 2), über die „ladungsfähige“ An-1Vgl. Palandt/Grüneberg, § 1 BGB-InfoV, Rn. 23.2Hk-VertriebsR/Micklitz, § 312c Rn. 36.3Boente/Riehm, Jura 2002, 222, 225.4PWW/Medicus, § 355, Rn. 13.


A. Widerrufsfrist 207schrift (Nr. 3), darüber, wie der Vertrag zustande kommt (Nr. 4), überLeistungsvorbehalte, die nach deutschem Recht ohnehin nur sehr eingeschränktmöglich sind 1(Nr. 6), über das „Nichtbestehen“ des <strong>Widerrufsrecht</strong>s(Nr. 10), über die die Kosten des Fernkommunikationsmittels(Nr. 11) sowie über die Gültigkeitsbefristung (Nr. 12).aa) Identität, Unternehmensregister, RegisternummerGemäß § 312c Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 BGB-InfoV ist derVerbraucher über die Identität des Unternehmers zu informieren. Art. 5Abs. 1 b) VRRL-E spricht von der „Identität des Gewerbetreibenden,wie sein Handelsname“. 2 Auch nach geltendem Recht ist unter Identitätdie Bezeichnung einer Person oder eines Unternehmens in einer Weisezu verstehen, die geeignet ist, sie von anderen Personen oder Unternehmenzu unterscheiden. 3 Im Hinblick auf die Angabe des Namens bzw.der Firma sind die Anforderungen mit denen in § 5 TMG – nicht bezüglichder Erreichbarkeit, aber bezüglich des Inhalts – identisch, sodass die Rechtsprechung und Literatur zu dieser Norm und der Vorgängervorschrift§ 6 TDG insoweit herangezogen werden kann. Zunennen ist der korrekte (Firmen-) Name. Bei natürlichen Personen gemäߧ 12 BGB ist nicht nur ein Nachname, sondern auch ein Vornameanzugeben. 4 Gleiches gilt für nicht rechtsfähige BGB-Gesellschaften.Die Angabe eines Künstlernamens oder Pseudonyms kann ausreichen,wenn die Person unter diesem zweifelsfrei zu identifizieren ist. 5Bezeichnet sich ein Verkäufer lediglich als "fachhandel 1a", erfüllt erdie Pflicht zur Angabe der Identität hingegen nicht. 6Bei einer GbRreicht <strong>im</strong> Namen die Angabe eines Gesellschafters aus, da es hier lediglichum die Unterscheidungskraft der Bezeichnung der GbR geht. Eskönnen aber auch mehrere oder alle Gesellschafter genannt werden.Daher werden auch Sachbezeichnungen bzw. Kombinationen aus SachundPersonenbezeichnung für zulässig erachtet. Der Zusatz „GbR“ darfzur Gewährleistung der Unterscheidungskraft jedoch nicht fehlen.Firmen, gleich ob eingetragene Einzelkaufleute, Personenhandelsgesellschaftenoder Kapitalgesellschaften, müssen nach §§ 18 ff. HGB denvollständigen Firmennamen einschließlich des Rechtsformzusatzes (z.B.1Vgl. BGH, NJW 2005, 3567.2Nach § 5 Nr. 1 TMG muss der Diensteanbieter seinen „Namen“ bereit halten,was inhaltlich mit der Identität identisch ist.3Roßnagel/Brönneke, § 312c BGB Rn. 83.4LG Berlin, MMR 2003, 202 = CR 2003, 139; KG Berlin, MMR 2007, 440 =NJW-RR 2007, 1050 = GRUR-RR 2007, 328; Stickelbrock, GRUR 2004, 111, 113.5Bräutigam/Leupold/Pelz, B I Rn. 21; Bettinger/Leistner/Bettinger, Teil 3 A Rn.37; Hoeren, WM 2004, 2461, 2462; a.A. Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 1BGB-InfoV, Rn. 7.6So zutreffend das OLG Naumburg, CR 2006, 779 zu § 6 TDG.


208 Teil 3 – Widerrufsfrist und Ausübung„e.K.“, „Ltd.“, „GmbH & Co. KG“) nennen. Häufig bezeichnen sichEinzelgewerbetreibende als „Firma“ unter einer Fantasiebezeichnungund benennen sich selbst als „Geschäftsführer“. Der Systematik desHGB nach kann aber nur ein eingetragener Kaufmann oder eine Handelsgesellschafteine Firma i.S.d. § 17 HGB führen. Daher ist be<strong>im</strong> nichteingetragenen Einzelgewerbetreibenden der Zusatz „Firma“ keine korrekteErfüllung der fernabsatzrechtlichen Informationspflicht und überdiesirreführend i.S.d. §§ 3, 4 Nr. 1 UWG. Es wird der Eindruck erweckt,es handele sich um eine <strong>im</strong> Register eingetragene Firma. Deshalbdarf der Einzelgewerbetreibende stets nur mit Vor- und Zunamen undeiner Geschäfts- bzw. Branchenbezeichnung auftreten.Der Zusatz „Geschäftsführer“ ist als Irreführung über die Unternehmensgrößeebenfalls wettbewerbswidrig i.S.d. §§ 3, 4 Nr. 1 UWG undstellt eine Verletzung der Informationspflicht des § 312c BGB dar. ImUnternehmen des Einzelgewerbetreibenden gibt es nämlich nicht wiebei der GmbH einen Geschäftsführer <strong>im</strong> technischen Sinne. Daher handeltes sich bei diesem Zusatz (sogar be<strong>im</strong> eingetragenen Kaufmann)um eine Irreführung über die Größe des Unternehmens. Zulässig istjedoch die Angabe „Geschäftsführung“, da dieser Zusatz nicht aufeinen echten Geschäftsführer i.S.d. § 35 GmbHG hindeutet, sondernnur klarstellt, wer tatsächlich die Geschäfte führt. Im Fall eines Konzernsmuss das genaue Unternehmen, das Vertragspartei wird, angegebenwerden. Nicht ausreichend ist dafür, wenn unter Rubriken wie„Konzern“ oder „Unternehmen“ die Leistungsverteilung <strong>im</strong> Konzernersichtlich wird. 1Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 BGB-InfoV ist bei entsprechender Eintragungüber das Unternehmensregister sowie die Registernummer oder einegleichwertige Kennung zu informieren. Darunter versteht der Gesetzgeberneben dem Handelsregister „alle denkbaren weiteren Register“, 2z.B. auch – bei wirtschaftlich tätigen Vereinen – das Vereinsregistersowie – bei Einzelgewerbetreibenden ohne Handelsregistereintrag – dasGewerberegister. Dies wird mit Blick auf Art. 5 ECRL („vergleichbareöffentliche Register“) in richtlinienkonformer Auslegung bereits für § 5Nr. 4 TMG gefordert, da diese Angaben privaten Personen und Verbändendie Rechtsdurchsetzung erleichtern. 3 Bei Vorhandensein mehrererRegister ist jedoch nur das statusrelevante Register bzw. das Registeranzugeben, aus dem sich Identität und Rechtsform des1Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 1 BGB-InfoV, Rn. 6.2BT-<strong>Dr</strong>ucks. 15/2946, S. 25.3Spindler/Schuster/Micklitz, § 5 TMG, Rn. 54; Roßnagel/Brönneke, § 5 TMG,Rn. 66; zust<strong>im</strong>mend zur Vorgängervorschrift Spindler/Schmitz/Geis/Spindler, § 6TDG, Rn. 31.


A. Widerrufsfrist 209Unternehmers ergibt, 1zumal nicht alle Gemeinden Gewerberegisternummernvergeben. 2Sind ausländische Gesellschaften mit deutscherNiederlassung nicht in einem deutschen Register eingetragen, müssendas ausländische Register und die Registernummer offen gelegt werden.3 Art. 5 und 9 VRRL-E kennen keine Pflicht zur Angabe von Unternehmensregisteroder Registernummer, so dass diese Angaben nichtmehr nach Art. 11 Abs. 4 VRRL-E in Textform zu bestätigen wären.Die Mitgliedsstaaten dürfen wegen des Vollharmonisierungsprinzipseine Regelung wie in § 1 Abs. 1 Nr. 1 BGB-InfoV daher für allgemeineFernabsatzgeschäfte nicht aufrecht erhalten (vgl. auch Art. 11 Abs. 5VRRL-E), sondern es bliebe nur bei der flüchtigen Informationspflichtnach Art. 5 ECRL.Die Angaben zur Identität, zum Unternehmensregister und zur Registernummerkönnen klar und verständlich in der Zugangsbestätigungs-E-Mail, der Bestellannahme-E-Mail, auf der Rechnung oder auch in mitder Ware gelieferten AGB alternativ oder kumulativ mitgeteilt werden.An diesen Stellen können auch die (zugehörigen) unternehmerbezogenenPflichtangaben des § 1 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BGB-InfoV mitgeteiltwerden.bb) Identität eines Vertreters <strong>im</strong> Mitgliedsstaat des VerbrauchersUnternehmer <strong>im</strong> Fernabsatz müssen seit 8.12.2004 gemäß § 1 Abs. 2Nr. 2 BGB-InfoV zusätzlich „die Identität eines Vertreters des Unternehmersin dem Mitgliedstaat, in dem der Verbraucher seinen Wohnsitzhat, wenn es einen solchen Vertreter gibt, oder die Identität einer anderengewerblich tätigen Person als dem Anbieter, wenn der Verbrauchermit dieser geschäftlich zu tun hat, und die Eigenschaft, in der diesePerson gegenüber dem Verbraucher tätig wird“ informieren. DiesePflicht stammt aus Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 b und c FARLFDL, dem Gesetzgebererschien angesichts des Verhältnisses von Aufwand und Informationswertjedoch eine Ausdehnung auf alle Fernabsatzverträge sinnvoll. 4Da sie <strong>im</strong> VRRL-E nicht mehr enthalten ist, dürfte diese Pflicht fürallgemeine Fernabsatzgeschäfte nicht aufrecht erhalten werden können.Die derzeitige Vorschrift bezweckt, den Verbraucher bei grenzüberschreitendenGeschäften zusätzlich über einen einbezogenen Vertreteroder Ansprechpartner zu informieren, der näher am Wohnsitz des1Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 1 BGB-InfoV, Rn. 8.2So kennt z.B. das Bezirksamt Spandau von Berlin, Abt. Personal, Wirtschaft undOrdnungsamtsangelegenheiten – Fachbereich Gewerbe- und Ordnungsangelegenheiten– die Gewerberegisternummer nicht.3LG Frankfurt, JurPC Web-Dok. 153/2003 = MMR 2003, 597; Staudinger/Thüsing§ 312c BGB Rn. 56.4BT-<strong>Dr</strong>ucks. 15/2946, S. 25.


210 Teil 3 – Widerrufsfrist und AusübungVerbrauchers ist und an den sich der Verbraucher daher aus sprachlichenund örtlichen Gründen leichter wenden kann. 1 Der sog. Auslandsvertretersoll es dem Verbraucher bei Unternehmen mit internationalerReichweite erleichtern, einen Kontakt zum Unternehmen herzustellen.Daher ist der Begriff des Auslandsvertreters i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 2, 3BGB-InfoV möglichst weit zu fassen.Etwas dunkel ist, wer bei allgemeinen Fernabsatzverträgen zum Personenkreisder „anderen gewerblich tätigen“ Personen zählt, mit denender Verbraucher „geschäftlich zu tun hat“. Erfasst sind alle Personen,die <strong>im</strong> Auftrag des Unternehmers <strong>im</strong> Mitgliedsstaat des Verbraucherstätig werden, und die am Vertragsschluss mit dem Verbraucher beteiligtsind. 2 Gemeint sind in erster Linie die <strong>im</strong> Vertrieb von Finanzproduktentypischerweise eingesetzten selbständigen Vertreter, Makler oder andereFinanzvermittler. 3 Wegen der gebotenen weiten Auslegung ist auch beiallgemeinen Fernabsatzgeschäften eine Niederlassung <strong>im</strong> Rechtssinnenicht erforderlich. Vielmehr genügt es, dass das Unternehmen sich <strong>im</strong>jeweiligen Mitgliedsstaat einer Einrichtung bedient, um die unternehmerischenAngelegenheiten über diese Einrichtung vor Ort zu erledigen.Daher handelt es sich z.B. bei einer bloßen Beschwerdestelle des Unternehmensschon um einen Auslandsvertreter. In Betracht kommen fernerauch Servicestellen, die ggf. nicht als Niederlassung <strong>im</strong> Rechtssinne zuqualifizieren sind, solange sie nur die Belange des ausländischen Unternehmenswahrnehmen. In den wenigsten Fällen wird der Unternehmerdem Verbraucher all diese Stellen in Textform mitteilen.Umgekehrt dürfen nicht <strong>im</strong>mer alle Auslandsgesellschaften genanntwerden. Häufig gründen Onlinehändler z.B. eine englische L<strong>im</strong>ited, umweniger Kapital zu binden und gleichzeitig das Haftungsrisiko zu begrenzen.Hierbei handelt es sich oft aber lediglich um Briefkastenfirmen,deren Gründung völlig legal auch kommerziell angeboten wird, 4das tatsächliche Geschäft wird aber zu keinem Zeitpunkt vom VereinigtenKönigreich aus betrieben. Wird das Geschäft dann tatsächlich ausschließlichvon Deutschland aus betrieben, dürfte die Angabe einer UK-Niederlassung auch vor dem Hintergrund des § 1 Abs. 1 Nr. 2 BGB-InfoV irreführend sein, da dies auf einen (weiteren) Sitz der Firma inUK hindeutet und so auch über die Unternehmensgröße (bzw. die internationaleBetätigung des Unternehmens) täuscht. Ferner könnte derKunde veranlasst sein, sich bei Problemen direkt an die „Hauptadresse“1Kaestner/Tews, WRP 2005, 379, 381.2Staudinger/Thüsing, § 312c Rn. 57.3Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 1 BGB-InfoV Rn. 26; Härting/Schirmbacher,CR 2002, 809, 811.4So kann z.B. unter http://www.go-l<strong>im</strong>ited.de/ eine englische Ltd. für 260 € einfach„bestellt“ werden. (Stand: 6.4.<strong>2009</strong>)


A. Widerrufsfrist 211zu wenden, weshalb auch aus diesem Grund eine „Scheinadresse“ inEngland nicht genannt werden sollte, ohne darauf hinzuweisen, dass essich bloß um eine der Registrierung dienende Anschrift handelt. Wirddie Ltd. jedoch tatsächlich in UK betrieben, ist gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2BGB-InfoV eine etwaige Zweigniederlassung in Deutschland unbedingtaufzuführen.cc) Ladungsfähige Anschriften, Vertretungsberechtigter§ 1 Abs. 1 Nr. 3 BGB-InfoV fordert seit dem OLGVertrÄndG explizitdie Angabe der „ladungsfähigen Anschrift“ und geht insoweit zugunstendes Verbrauchers über Art. 4 Abs. 1 a) FARL hinaus, da derVerbraucher auch in Fällen, in denen keine Vorauszahlung verlangtwird, seine Rechte durchsetzen können soll. 1 Gemeint ist die ladungsfähigeAnschrift i.S.v. § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO mit Straße, Hausnummer,Postleitzahl und Ort, die dem Nutzer eine effektive Rechtsverfolgungermöglicht. Die Angabe einer Postfachanschrift genügt den Anforderungendes § 1 Abs. 1 Nr. 3 BGB-InfoV nicht. 2Ladungsfähig ist auchdie Anschrift einer <strong>im</strong> Handelsregister eingetragenen Niederlassung,wobei bei mehreren Niederlassungen diejenige anzugeben ist, die dasInternet-Angebot betreibt.Art. 5 Abs. 1 b) VRRL-E spricht zwar – wie die FARL – nur nochvon „Anschrift … des Gewerbetreibenden … und gegebenenfalls Anschrift… des Gewerbetreibenden, für den er handelt.“ Ob dies <strong>im</strong> Zugeder Vollharmonisierung dazu führen wird, dass künftig wieder die Angabeeiner Postfach-Anschrift genügt, 3ist aber zweifelhaft. Denn dieNennung nur der Postfachadresse erwies sich in der Praxis als unbefriedigend.Bei seriösen Firmen ist zwar eine Postfachadresse durchausausreichend, weil sie ihren Zweck, eine Kommunikation aufzunehmen,erfüllt. 4 Zu berücksichtigen war aber, dass gerade Postfachadressen vonunseriösen Unternehmen missbraucht werden. Viele Verbraucher habenkeine Möglichkeit, die hinter einer Postfachadresse stehende wirklicheAdresse des Postfachinhabers in Erfahrung zu bringen. 5Sinn der Nennung der Anschrift ist vor allem, dass der Verbraucherrechtliche Ansprüche gegen den Unternehmer geltend machen könnensoll. Dies erfordert <strong>im</strong> Falle der Klageerhebung die Kenntnis der ladungsfähigenAnschrift <strong>im</strong> Sinne von § 253 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 130Nr. 1 ZPO. Da Klagen und Anträge auf Erlass einstweiliger Verfügun-1vgl. BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/2658, S. 38.2OLG Hamburg, NJW 2004, 1114, 1115; Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 1BGB-InfoV, Rn. 10.3So BGH NJW 2002, 2391, 2392 zu § 355 Abs. 2 S. 1 BGB.4Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 1 BGB-InfoV, Rn. 10.5Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 1 BGB-InfoV, Rn. 10.


212 Teil 3 – Widerrufsfrist und Ausübunggen nicht an Postfach-Adressen zugestellt werden können, reicht alleindie Information über das Postfach nicht aus. 1Die Möglichkeit einer(fingierten) Zustellung nach §182 ZPO in derartigen Fällen ist nichtausreichend, da dabei die Gefahr eines erheblichen Zeitverlustes undletztlich auch eines ins Leere Laufen der Klage und etwaiger nachfolgenderVollstreckungsversuche zu befürchten sind. Daher ist auch künftigunter „Anschrift“ die ladungsfähige Anschrift zu verstehen.Korrespondierend mit der Pflicht zur Angabe der Identität eines Vertreters<strong>im</strong> Mitgliedsstaat des Verbrauchers sind Unternehmer <strong>im</strong> Fernabsatzseit Umsetzung der FARLFDL nach § 1 Abs. 1 Nr. auch verpflichtet,über „jede andere Anschrift, die für die Geschäftsbeziehungzwischen [dem Unternehmer], seinem Vertreter oder einer anderengewerblich tätigen Person gemäß Nummer 2 und dem Verbrauchermaßgeblich ist“ zu informieren. Dem Zweck der Vorschrift entsprechendsind nur solche Anschriften gemeint, an die der Verbraucherauch Klageschriften adressieren könnte.§ 1 Abs. 1 Nr. 3 BGB-InfoV verlangt schließlich (anders als derVRRL-E) bei juristischen Personen, Personenvereinigungen oder –gruppen die Information über den Namen „eines“ Vertretungsberechtigten.Sofern nur ein Vertretungsberechtigter existiert, ist die Benennungunproblematisch. Strittig ist hingegen, ob bei einer Gesamtvertretungsbefugnisdie Nennung eines Vertretungsberechtigten ausreicht.Dafür wird vorgebracht, dass nach § 171 Abs. 3 ZPO a.F. eine Klageschriftan einen Vertreter zugestellt werden könnte, und nach § 171ZPO n.F. nunmehr jeder rechtsgeschäftlich hierfür bestellte Vertretergeeignete Person ist. 2Da aber die effektive Rechtsverfolgung sichergestelltwerden soll und nach § 130 Nr. 1 ZPO in Klageschriften die Benennungder nötigen Anzahl der Vertretungsberechtigten erfordert, sinddiese zu benennen. 3Aus dem gleichen Grund genügt es auch nicht, nur einen gewillkürtenVertretungsberechtigten (Prokurist, Handlungsbevollmächtigteroder sonst rechtsgeschäftlich Bevollmächtigte) zu benennen. 4Auch istnicht ausreichend, wenn anstelle des gesetzlichen Vertreters lediglichPersonen angeführt werden, die „für den Inhalt verantwortlich“ sind. 5Der oder die Vertretungsberechtigten sind mit Vor- und Zunamen zu1Vgl. Roßnagel/Brönneke, § 5 TMG Rn. 55.2Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 1 BGB-InfoV, Rn. 9; Aigner/Hofmann,Fernabsatzrecht <strong>im</strong> Internet, Rn. 371; Hoenike/Hülsdunk, MMR 2002, 415, 418.3Roßnagel/Brönneke, § 5 TMG Rn. 57; Spindler/Schmitz/Geis/Spindler, § 6 TDG,Rn. 24.4Roßnagel/Brönneke, § 5 TMG Rn. 56; Spindler/Schmitz/Geis/Spindler, § 6 TDG,Rn. 24; Kaestner/Tews, WRP 2002, 1011, 1013.5OLG München, CR 2002, 55.


A. Widerrufsfrist 213benennen. 1 Nicht erforderlich ist jedoch die Benennung aller gesetzlichAlleinvertretungsberechtigten, da die Vorschrift des § 1 Abs. 1 Nr. 3BGB-InfoV nicht bezweckt, sämtliche potenziellen Haftungsadressaten(z.B. nach § 64 Abs. 2 GmbHG) zu benennen. 2Die GmbH & Co. KG wird als Kommanditgesellschaft durch dieGmbH als Komplementärin vertreten. Daher reicht nicht die bloßeAngabe der GmbH selbst. Vielmehr müssen <strong>im</strong> Impressum weitereAngaben zur GmbH folgen, damit der Rechtsverkehr nicht nur über dieHaftungsbeschränkung der Komplementärin, sondern auch über dieIdentität derselben informiert ist. Bezüglich der GmbH sind also zusätzlichFirma, Registergericht und Registernummer, sowie Vor- und Zunamender Geschäftsführer zu benennen. Bei der AG ist der Vorstandvertretungsberechtigt. Jedoch reicht auch hier nicht die bloße Angabe„vertreten durch den Vorstand“. Vielmehr müssen der Vorstand (inkl.Angabe des Vorsitzenden) und auch der Vorsitzende des Aufsichtsratesmit vollem Namen genannt werden.dd) Wesentliche Merkmale der Ware und Zustandekommen des VertragesNach § 1 Abs. 1 Nr. 4 BGB-InfoV muss der Unternehmer demVerbraucher Informationen über „wesentliche Merkmale der Ware“zur Verfügung stellen. Diese Pflicht ergibt sich auch aus Art. 5 Abs. 1 a)VRRL-E („die wesentlichen Merkmale des Produkts in dem für denTräger und das Produkt angemessenen Umfang“). Art. 7 Abs. 4 a)UGP-Richtlinie stuft das Weglassen der „wesentlichen Merkmale desProdukts in dem für das Medium und das Produkt angemessenen Umfang“als irreführend ein. Art. 6 Abs. 1 b) UGP-Richtlinie nennt beispielhaftals potenziell zur Irreführung geeignete wesentliche Merkmale„Verfügbarkeit, Vorteile, Risiken, Ausführung, Zusammensetzung,Zubehör, Kundendienst und Beschwerdeverfahren, Verfahren undZeitpunkt der Herstellung oder Erbringung, Lieferung, Zwecktauglichkeit,Verwendung, Menge, Beschaffenheit, geografische oder kommerzielleHerkunft oder die von der Verwendung zu erwartenden Ergebnisseoder die Ergebnisse und wesentlichen Merkmale von Tests oderUntersuchungen, denen das Produkt unterzogen wurde“. Dies wird zueiner erheblichen Ausweitung der lauterkeitsrechtlichen Informationspflichtführen, so etwa zu der Pflicht, auf negative Testergebnisse (z.B.Stiftung Warentest „mangelhaft“) ausdrücklich hinzuweisen.1LG Berlin, WRP 2004, 1198.2Bräutigam/Leupold/Pelz, B I Rn. 23; a.A. Roßnagel/Brönneke, § 5 TMG Rn. 57;Bizer/Trosch, DuD 1999, 621, 622.


214 Teil 3 – Widerrufsfrist und AusübungNach Auffassung des deutschen Gesetzgebers müssen zur Erfüllungder fernabsatzrechtlichen Informationspflicht jedoch nicht alle Einzelheitenaufgezählt werden, sondern der Verbraucher soll nur in die Lageversetzt werden, das Leistungsangebot des Unternehmers für die Zweckedes konkreten Vertragsschlusses zu bewerten und mit anderen Angebotenzu vergleichen. 1Es muss sich um solche Merkmale handeln,ohne deren Kenntnis ein verständiger Durchschnittsverbraucher, dersich einen Marktüberblick verschafft hat, den Vertrag nicht schließenwürde. 2Die deskriptiven Angaben begründen nicht automatisch eineGarantiehaftung nach § 276 Abs. 1 S. 1 BGB. 3Je preiserheblicher einMerkmal ist, umso eher ist es anzugeben. 4Hierzu gehören zunächst die Produktbezeichnung und Produktabbildung.Zu informieren ist vor allem über Qualitätsmerkmale, die dasProdukt charakterisieren. Anzugeben sind auch Fehler, die den Wertder angebotenen Ware mindern (z.B. Gebrauchtware, Retourenware). 5Bei technischen Geräten sind z.B. Hersteller, Typenbezeichnung undwichtige technische Daten zu nennen. Einige Produktinformationenkönnen auch verallgemeinert in AGB enthalten sein. Da diese <strong>im</strong> Gegensatzzu transparenten Leistungsbeschreibungen der Inhaltskontrolleunterliegen, ist eine Platzierung dort jedoch nicht <strong>im</strong>mer sinnvoll. Regelungenzu Leistung und Gegenleistung, welche getrennt von der eigentlichenLeistungsbest<strong>im</strong>mung in AGB formuliert sind, können allein ausdiesem Grund intransparent und unwirksam sein. 6 Typischerweise sinddie wesentlichen Merkmale der Ware in Textform daher getrennt vonAGB in E-Mails und zusätzlich in Warenbegleitpapieren (wie z.B. auchBedienungsanleitungen) enthalten.Der Verbraucher muss gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 4 BGB-InfoV darüberinformiert werden, „wie der Vertrag zustande kommt“. Der Gesetzgeberhielt die Aufnahme dieser Pflicht, die in der FARL nicht vorgesehenist, insbesondere mit Blick auf Internetversteigerungen für erforderlich,die teilweise so gestaltet sind, dass der Vertrag direkt mit Höchstgebotdes Verbrauchers zustande kommt, teilweise so, dass noch eine Annahmedes Höchstgebotes erforderlich ist. 7Da die Pflicht in demVRRL-E nicht mehr enthalten ist, darf künftig keine derartige Informationspflichtmehr aufrecht erhalten bleiben (Art. 4 VRRL-E). Ihrem1FernAbsG-RegE, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/2658, S. 38.2Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 1 BGB-InfoV, Rn. 11; MünchKommBGB/Wendehorst, § 312c Rn. 22; Härting, Internetrecht, Rn. 469.3FernAbsG-RegE, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/2658, S. 38 f.; Lütcke, Fernabsatzrecht, § 312cRn. 17.4Staudinger/Thüsing, Art. 240 EGBGB Rn. 95Kaestner/Tews, WRP 2004, 391, 398.6Lapp, ITRB 2004, 187.7BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/3195, S. 31.


A. Widerrufsfrist 215Wortlaut nach gilt die derzeit gültige Norm allerdings auch für Verträge,die über Onlineshops abgeschlossen werden. Eine teleologischeReduktion ist nicht geboten, da der Verbraucher <strong>im</strong> Regelfall über denVertragsabschluss nicht <strong>im</strong> Klaren ist und eine Aufklärung hierübernicht dem Willen des Gesetzgebers widerspricht. 1Viele Verbraucher werden beispielsweise bereits das Warenangebot<strong>im</strong> Onlineshop für ein verbindliches Vertragsangebot halten und derMeinung sein, dass der Vertrag bereits mit ihrer Bestellung zustandekommt, was <strong>im</strong> Regelfall nicht zutrifft, da es sich bei dem Angeboti.d.R. um eine invitatio ad offerendum handelt und der Verbrauchererst das Vertragsangebot abgibt. Der Unternehmer muss also stets darüberinformieren, wann der Vertragsschluss erfolgt. 2Dies entsprichtauch dem Schutzzweck der Norm, dem Verbraucher eine informierteEntscheidung zu ermöglichen, da z.B. die Information, dass der Unternehmersich vorbehält, die Bestellung binnen 14 Tagen durch Auslieferungder Ware anzunehmen, den Verbraucher von seiner Bestellungabhalten kann, wenn er die Ware früher benötigt.Hingegen kann die Information, dass die Annahme der Bestellungunmittelbar nach Absenden derselben durch eine E-Mail zustandekommt, den Verbraucher motivieren, bei diesem und nicht einem anderenUnternehmer zu kaufen. Der Unternehmer muss dem Verbraucheraber nur die Handlung benennen, die nach seiner Rechtsansicht denVertrag zustande bringt, ohne dass sich dadurch an der objektivenRechtslage etwas ändert. 3Häufig wird die Vertragsschlussinformationjedoch nicht mit der objektiven Rechtslage übereinst<strong>im</strong>men, etwa wennder Unternehmer den Vertrag erst mit Auslieferung zustande kommenlassen will, dem Verbraucher jedoch unmittelbar nach dessen Bestellungeine Rechnung mit Zahlungsaufforderung zukommen lässt, die diesernach dem objektiven Empfängerhorizont nur als Vertragsannahmeverstehen kann.Strittig ist, ob ein eBay-Händler selbst über das Zustandekommendes Vertrags aufklären muss. So wird angenommen, auch bei Verkäufenüber die Plattform eBay müsse der Unternehmer selbst gemäß § 1Abs. 1 Nr. 4 BGB-InfoV darüber informieren, welche Erklärungen desKäufers eine vertragliche Bindung herbeiführen und durch welche1Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 1 BGB-InfoV, Rn. 14 f.2LG Magdeburg, NJW-RR 2003, 409; AnwKomm/Ring, § 1 BGB-InfoV Rn. 25;Staudinger/Thüsing, Art 240 EGBGB Rn. 10; Lütcke, Fernabsatzrecht, § 312c Rn.18; a.A. Härting, Fernabsatzgesetz, § 2 Rn. 91. § 2 Abs. 2 Nr. 2 FernAbsG enthieltdie Verpflichtung zu informieren „wann der Vertrag zustande kommt“.3BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/7052, S. 209; AnwKomm/Ring, § 1 BGB-InfoV, Rn. 27.


216 Teil 3 – Widerrufsfrist und AusübungHandlung der Vertrag zustande kommt. 1Dem wird entgegengehalten,dass die Pflicht bei einem Verkaufsangebot über die Plattform eBaybereits dadurch eingehalten ist, dass der Verkauf über diese Plattformabgewickelt wird und die entsprechenden Fragen in den AGB von eBaykonkret geregelt sind. 2 Zudem werden auch <strong>im</strong> Bestellablauf durch denPortal-Betreiber entsprechende Informationen erteilt und verlinkt. EigeneInformationen des Verkäufers seien dann nicht erforderlich. 3Diesezweite Ansicht ist vorzugswürdig, jedoch mit der Maßgabe, dass derUnternehmer dann auf seiner eigenen Internetseite durch „sprechendeLinks“ wie z.B. „Vertragsschluss“ auf die eBay-AGB verweisen muss. 4Hinsichtlich der nachvertraglichen Informationspflicht, die für denFristlauf maßgeblich ist, reicht es aus, wenn die Information zum Vertragsschluss– unter Wahrung des Transparenzgebotes – in den eBay-AGB enthalten ist, weil der Kunde dort solche Informationen regelmäßigerwartet. Allerdings ist nicht sichergestellt, dass der Verbraucherdiese auch spätestens mit der Lieferung in Textform erhält, wie es nach§ 312c Abs. 2 BGB erforderlich ist.ee) Mindestlaufzeit bei DauerschuldverhältnissenNach § 1 Abs. 1 Nr. 5 BGB-InfoV ist bei Verträgen, die dauernde oderregelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt haben (z.B. Zeitschriftenabonnements),die Mindestlaufzeit anzugeben, d.h. der Zeitraum,der als unterste Grenze für das Bestehen der vertraglichen Bindungbis zur Beendigung durch Zeitablauf oder ordentliche Kündigungvereinbart ist. 5Wird die Mindestlaufzeit nicht in einer E-Mail odereinem individuellen Kundenanschreiben mitgeteilt, sondern in AGBgeregelt, gelten die Beschränkungen des § 309 Nr. 9 BGB. Da bei Ratenlieferungsverträgender Umfang der Leistungspflicht schon bei Vertragsschlussfeststeht, fallen diese nicht unter Nr. 5, sondern unterNr. 9. 6 Sofern zur Beendigung des Vertrages die Einhaltung einer Kündigungsfristerforderlich ist, muss auch diese mitgeteilt werden. 7ff) LeistungsvorbehalteDer Unternehmer ist nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 BGB-InfoV verpflichtet,dem Verbraucher Informationen über „einen Vorbehalt, eine in Quali-1LG Lübeck, Urteil v. 11.03.2008, 8 O 5/08; LG Leipzig, Beschluss v.03.03.2008, 04 HK 0 597/08.2Kaestner/Tews, WRP 2004, 391, 3978.3LG Frankenthal, JurPC Web-Dok. 117/2008.4Vgl. LG Lübeck, MMR 2008, 554 = K&R 2008, 483; zum vorvertraglichenfernabsatzrechtlichen Transparenzgebot ausführlich Teil 5 A II 1.5Erman/Saenger, § 312c Rn. 9.6Lütcke, Fernabsatzrecht, § 312c Rn. 24.7Palandt/Grüneberg, § 1 BGB-InfoV Rn. 4.


A. Widerrufsfrist 217tät und Preis gleichwertige Leistung (Ware oder Dienstleistung) zuerbringen, und einen Vorbehalt, die versprochene Leistung <strong>im</strong> Fall ihrerNichtverfügbarkeit nicht zu erbringen“ zur Verfügung zu stellen. DieseInformationspflicht geht nicht auf Art. 4, sondern auf Art. 7 Abs. 3Satz 2 FARL zurück. Der VRRL-E enthält keine entsprechende Informationspflichtmehr. Die Informationspflicht der FARL und der BGB-InfoV führt freilich nicht dazu, dass Austausch- und Leistungsvorbehalteallgemein zulässig sind. Vielmehr setzen § 308 Nr. 3 und Nr. 4 BGBdem Unternehmer enge Grenzen, wenn solche Vorbehalte in AGB enthaltensind. Keinesfalls kann einfach der Wortlaut des § 1 Abs. 1 Nr. 6BGB-InfoV in AGB wiedergegeben werden, um einen wirksamen Austauschvorbehaltzu begründen. Die Informationspflicht hat einen sehreingeschränkten Anwendungsbereich. Die meisten Konsumgüter (z.B.Mobiltelefone, Kleidung) können nicht einfach ohne Einverständnis desVerbrauchers einseitig ausgetauscht werden. Zulässig ist eine Gestaltung,bei der bereits die Leistungsbeschreibung offen formuliert wird. 1Auch ein Vorbehalt, die versprochene Leistung <strong>im</strong> Fall ihrer Nichtverfügbarkeitnicht zu erbringen, kann bei standardisierten Internet-Geschäften nur in wenigen Fällen vereinbart werden. Denkbar sindeinerseits die Beschränkung einer Gattungsschuld auf den Vorrat („Solangeder Vorrat reicht“) und andererseits der (transparente) Ausschlussder Lieferung bei unverschuldetem Ausbleiben der Selbstbelieferungtrotz Abschluss eines kongruenten Deckungsgeschäfts (Selbstbelieferungsvorbehalt).2 Der BGH geht allerdings offenbar davon aus, dass dieVereinbarung einer beschränkten Vorratsschuld bei Internet-Geschäftenüberhaupt nicht möglich ist, da der Verbraucher davon ausgehe, dassdie bestellbaren Produkte auch lieferbar sind und der Unternehmeranderenfalls den Online-Katalog aktualisiert. 3In beiden Fällen mussdarüber hinaus § 308 Nr. 8 BGB beachtet werden, wonach der Unternehmersich <strong>im</strong> Falle eines Leistungsvorbehalts zugleich verpflichtenmuss, den Verbraucher unverzüglich (§ 121 Abs. 1 S. 1 BGB) über dieNichtverfügbarkeit zu informieren und Gegenleistungen des Verbrauchersunverzüglich zu erstatten.Vor diesem Hintergrund wurden bereits einige Klauseln <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong>,mit denen der Unternehmer über Leistungsvorbehalte informierenwollte, für unwirksam erklärt. Die Klausel „Sollte ein vom Kundenbestelltes Produkt wider Erwarten trotz rechtzeitiger Disposition ausvon uns nicht zu vertretenden Gründen nicht verfügbar sein, sind wir1Vgl. MünchKommBGB/Wendehorst, § 312c Rn. 30. z.B. Speicherkarte MicroSD-HC/ Transflash 4GB, Hersteller: Sandisk, Kingston, Maxflash je nach Lieferbarkeit.2zu den Voraussetzungen: BGH, NJW 1985, 855, 857.3BGH, MMR 2005, 531, 532 (Internet-Versandhandel). Vgl. oben Rn. 140.


218 Teil 3 – Widerrufsfrist und Ausübungberechtigt, anstatt des bestellten Produktes ein in Qualität und Preisgleichwertiges Produkt zu liefern“ berücksichtigt nicht das Interesse derKunden an best<strong>im</strong>mten Funktions- und Nutzungsmerkmalen oder einembest<strong>im</strong>mten Design. Sie genügt nicht den Anforderungen an dieWirksamkeit eines Änderungsvorbehalts nach § 308 Nr. 4 BGB und istdaher unwirksam. 1Die Klausel „Sollte ein best<strong>im</strong>mter Artikel nichtlieferbar sein, senden wir Ihnen in Einzelfällen einen qualitativ undpreislich gleichwertigen Artikel (Ersatzartikel) zu.“ ist unter Berücksichtigungder sich daran anschließenden Sätze „Auch diesen könnenSie bei Nichtgefallen innerhalb von 14 Tagen zurückgeben. Sollte einbestellter Artikel oder Ersatzartikel nicht lieferbar sein, sind wir berechtigt,uns von der Vertragspflicht zur Lieferung zu lösen; ...“ gemäߧ§ 307 Abs. 1, 308 Nr. 4 BGB unwirksam. 2 Auch eine Klausel, die demVerkäufer ermöglicht, einen qualitativ hochwertigen Ersatzartikel zuschicken, wenn der bestellte Artikel nicht mehr lieferbar ist, verstößtgegen § 475 Abs. 1 BGB sowie gegen §§ 307 Abs. 1, 308 Nr. 4 BGB. 3Ebenso unwirksam ist wegen Verstoßes gegen das Klauselverbot in§ 309 Nr. 2a BGB die Klausel „Teillieferungen und Teilabrechnungensind zulässig“. 4Bei eBay-Angeboten stellt ein Leistungsvorbehalt einnicht zu berücksichtigendes widersprüchliches Verhalten i.S.v. § 242BGB dar. 5gg) Gesamtpreis, Preisbestandteile, Steuern, BerechnungsgrundlageSeit Umsetzung der FARLFDL ist nach § 1 Abs. 1 Nr. 7 BGB-InfoVn.F. zu informieren über den „Gesamtpreis der Ware oder Dienstleistungeinschließlich aller damit verbundenen Preisbestandteile sowie alleüber den Unternehmer abgeführten Steuern oder, wenn kein genauerPreis angegeben werden kann, über die Grundlage für seine Berechnung,die dem Verbraucher eine Überprüfung des Preises ermöglicht“.Der Begriff ist identisch mit dem Begriff des Endpreises i.S.v. § 1PAngV. 6Die Ansicht, dass bei „zusammengesetzten Gesamtpreisen“über die einzelnen Bestandteile zu informieren sei, 7ergibt sich weder1OLG Frankfurt, CR 2006, 195 = MMR 2006, 325.2BGH, NJW 2005, 3567 = BB 2005, 2487 = MMR 2005, 833 = CR 2006, 74(Ls.); kritisch dazu: Dohmgoergen, K&R 2006, 27.3LG Hamburg, CR 2004, 136 m. Anm. <strong>Föhlisch</strong> = MMR 2004, 190 = VuR2004, 27.4KG Berlin, BB 2008, 341 (Ls.) = WRP 2008, 383 (Ls.) = MD 2008, 351 =GRUR-RR 2008, 308.5Kaestner/Tews, WRP 2004, 391, 3979.6LG Bonn, VuR 2002, 257, 258; Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 1 BGB-InfoV, Rn. 16; MünchKommBGB/Wendehorst, § 312c BGB Rn. 35; Palandt/Grüneberg,§ 1 BGB-InfoV Rn. 5; Kaestner/Tews, WRP 2004, 391, 398.7Hk-VertriebsR/Micklitz, § 312c BGB Rn. 87.


A. Widerrufsfrist 219aus dem Gesetzeswortlaut noch ist sie vom Schutzzweck geboten, daallein der zu zahlende Endpreis für den Verbraucher von Interesse ist.Art. 5 Abs. 1 c) VRRL-E, der den Inhalt der derzeit geltenden § 1Abs. 1 Nr. 7 und 8 BGB-InfoV bzw. Art. 4 Abs. 1 c) und d) FARLzusammenfasst, verpflichtet den Gewerbetreibenden insoweit zur Informationüber den „Preis einschließlich aller Steuern und Abgabenoder in den Fällen, in denen der Preis aufgrund der Beschaffenheit desProdukts vernünftigerweise nicht <strong>im</strong> Voraus berechnet werden kann,die Art der Preisberechnung.“Die über den Unternehmer abgeführte Steuer ist die Mehrwertsteuer,so dass diese in den Preis einzurechnen ist. Ein Unternehmer, der inverschiedene Länder liefert und den jeweiligen Schwellenwert überschreitet,muss die landesübliche Umsatzsteuer berechnen, die erst eingerechnetwerden kann, wenn der Kunde sein Lieferland eingegebenhat. Zu des „sonstigen Preisbestandteilen“ i.S.v. § 1 Abs. 1 PAngV undmithin zu den „damit verbundenen Preisbestandteilen“ gehören z.B. <strong>im</strong>Kfz-Handel auch die Überführungskosten, jedenfalls dann, wenn sieobligatorisch anfallen. 1 Sonstige weitere Preisbestandteile sind z.B. vomUnternehmer erhobene Kosten für das ausgewählte Zahlverfahren.Aufschläge von z.B. 3% oder einem Fixbetrag pro Kreditkartentransaktionsind durchaus üblich und seit 2007 ist laut AGB der Kreditkartenunternehmendie Auferlegung auf den Verbraucher auch erlaubt.Während die einzelnen Preisbestandteile auf der Internetseite vor Absendender Bestellung des Verbrauchers von Faktoren abhängen können,die sich erst <strong>im</strong> Verlauf der Bestellung ergeben, wie z.B. Liefermenge,Bestellwert, Liefergebiet oder Zahlungsart, steht der Endpreisnach Abgabe der Vertragserklärung fest, so dass der Endpreis an einerStelle und nicht verteilt auf mehrere Seiten zu nennen ist. Undenkbar istauch, dass <strong>im</strong> Rahmen der formgebundenen Information nach § 312cAbs. 2 BGB kein genauer Preis angegeben werden kann, so dass derUnternehmer nur über die Grundlage für die Preisberechnung, die demVerbraucher eine Überprüfung des Preises ermöglicht, informierenmüsste. Denn bei Lieferung wird anders als vor Abgabe der Vertragserklärungdes Verbrauchers der genaue zu zahlende Preis bereits deshalbfeststehen, weil er dem Verbraucher zu diesem Zeitpunkt in Rechnunggestellt wird.Wie der BGH 2ausdrücklich auch für Internet-Geschäfte klar stellte,sind Versandkosten keine Bestandteile des Gesamtpreises i.S.v. § 1Abs. Nr. 7 BGB-InfoV. <strong>Das</strong> ergibt sich schon daraus, dass sie in § 11LG Krefeld, MMR 2008, 125; OLG Schleswig, MD 2007, 505; LG Wuppertal,MD 2008, 336.2BGH, NJW 2006, 211, 212 <strong>im</strong> Anschluss an BGH GRUR 1997, 479 („Münzangebot“).


220 Teil 3 – Widerrufsfrist und AusübungAbs. 1 Nr. 8 BGB-InfoV als mögliche zusätzliche Kosten aufgeführt sind.Diese Differenzierung entspricht der Unterscheidung zwischen dem dieUmsatzsteuer und sonstige Preisbestandteile einschließenden Endpreisi.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV und zusätzlich anfallenden Liefer- undVersandkosten gem. § 1 Abs. 2 Nr. 1 und 2 PAngV. Die Trennung vonWarenpreis und Versandkosten beruht darauf, dass be<strong>im</strong> Vertrieb <strong>im</strong>Wege des Versandhandels regelmäßig Preisaufschläge für Versandkostenanfallen, die zumeist eine variable, mit wachsendem Umfang der Bestellung– bezogen auf das einzelne Stück – abnehmende Belastung darstellenund dass dies dem Verbraucher auch allgemein bekannt ist.hh) Liefer- und Versandkosten, weitere Steuern und KostenNach § 1 Abs. 1 Nr. 8 BGB-InfoV muss der Unternehmer den Verbraucherinformieren über „gegebenenfalls zusätzlich anfallende Liefer- undVersandkosten sowie einen Hinweis auf mögliche weitere Steuern oderKosten, die nicht über den Unternehmer abgeführt oder von ihm in Rechnunggestellt werden“. Diese Pflicht fasst Art. 5 Abs. 1 c) VRRL-E mit derInformationspflicht des derzeit geltenden § 1 Abs. 1 Nr. 7 BGB-InfoVbzw. Art. 4 Abs. 1 c) FARL zusammen und ermöglicht auch bei Versandkostenangabenanders als nach geltendem Recht ausdrücklich die Nennungeiner Berechnungsgrundlage oder aber des schlichten Hinweises,dass solche Kosten anfallen können. Demnach ist der Gewerbetreibendeverpflichtet, den Verbraucher zu informieren über „gegebenenfalls allezusätzlichen Fracht-, Liefer- oder Zustellkosten oder in den Fällen, indenen diese Kosten vernünftigerweise nicht <strong>im</strong> Voraus berechnet werdenkönnen, die Tatsache, dass solche zusätzliche Kosten anfallen können“.Dies dürfte in der Praxis insbesondere bei einem grenzüberschreitendenVersand und bei Angeboten einer Vielzahl von Waren mit unterschiedlichenGewichten oder Größen eine Rolle spielen, da es hier fürOnlinehändler häufig sehr aufwändig ist, die genauen Lieferkostenabschließend zu ermitteln. Vorvertraglich hat die Pflicht zur Nennungder Versandkosten häufig Darstellungsschwierigkeiten bereitet, wennsich ein Onlinehändler gezielt an Verbraucher aus verschiedenen Ländernrichtet; die Nichtnennung aller Versandkosten ist hier bei nennenswertemAuslandsumsatz oder generell als wettbewerbswidrig eingestuftworden. 1Wie bei dem Gesamtpreis spielt aber auch bei denVersandkosten die Option, eine Berechnungsgrundlage zu nennen,hinsichtlich der textformgebundenen Information deshalb keine Rolle,1Vgl. OLG Hamm, MMR 2007, 663 = CR 2008, 197 (Ls.); LG Berlin, Urteil v.24.06.2008 – 16 O 894/07; KG Berlin, K&R 2007, 530 = MD 2007, 1146 = GRUR2008, 87 = MMR 2008, 45 = WRP 2007, 1380 (Ls.) = NJW-RR 2008, 352; KGBerlin, MMR 2007, 532.


A. Widerrufsfrist 221weil bei der Lieferung diese Kosten feststehen müssen, damit sie inRechnung gestellt werden können.Nach geltendem Recht sind die Versandkosten der Höhe nach zu beziffern.1 Durch Neufassung des § 1 Abs. 1 Nr. 7 BGB-InfoV ermöglicht derdeutsche Gesetzgeber dem Unternehmer seit 2004 die Angabe einer Berechnungsgrundlagehinsichtlich des Gesamtpreises. Unklar ist, warumnicht auch bei den Versandkosten die Angabe einer Berechnungsgrundlageausreichen soll, 2 wie dies nach § 1 Abs. 2 S. 3 PAngV möglich ist, der<strong>im</strong> Gesetzgebungsverfahren nicht verändert wurde. Es ist davon auszugehen,dass der Gesetzgeber eine entsprechende Änderung des § 1 Abs. 1Nr. 8 BGB-InfoV schlichtweg vergessen hat. Auch hinsichtlich der Versandkostenist daher die Angabe der Berechnungsgrundlage ausreichend,wenn auf diese eindeutig hingewiesen wird. 3Anderenfalls wäre es z.B.unmöglich, einen Katalog für mehrere Länder zu drucken. Der Verbrauchermuss die Kosten aber <strong>im</strong>mer leicht berechnen können. Werden dieVersandkosten z.B. in Abhängigkeit vom Gewicht erhoben, muss auchdas Gewicht jeder angebotenen Ware genannt werden.Der Unternehmer muss nach § 1 Abs. 1 Nr. 7 BGB-InfoV über möglicheweitere Steuern oder Kosten informieren, die nicht über ihn abgeführtoder von ihm in Rechnung gestellt werden. Hierunter fallen z.B. Nachnahmekosten(auch Inkassogebühr oder Übermittlungsentgelt genannt)und Zölle. 4 Unklar ist, ob die Zölle vorvertraglich je nach Lieferland undArtikel explizit genannt werden müssen oder ausreicht, dass auf eine allgemeineInformationsseite der Zollverwaltung verlinkt wird. Der pauschaleHinweis darauf, dass Zölle anfallen, dürfte nicht ausreichen, da derVerbraucher hiermit wenig anfangen kann und so <strong>im</strong> Unklaren über denzu zahlenden Betrag bleibt. Daher sollten die Zollgebühren so genau wiemöglich beziffert werden oder ein Hinweis auf die ihnen zugrunde liegendenZollregelungen erfolgen. Nachvertraglich wird der Kunde stets –wenn nicht durch den Unternehmer, dann durch den Logistiker bzw. dieZollverwaltung – über die Zusatzkosten in Textform informiert werden.Eine klare und verständliche Information des Verbrauchers über zusätzlichzum Warenpreis anfallende Liefer- und Versandkosten kannlaut BGH auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen erfolgen. 5Einegesonderte Ausweisung in der Bestätigungs-E-Mail ist also nicht erfor-1LG Frankfurt a.M., WRP 2002, 1309;2Härting/Schirmbacher, CR 2005, 48, 50.3So auch OLG Hamm, MMR 2007, 663 = CR 2008, 197 (Ls.); Kaestner/Tews,WRP 2005, 379, 381.4So zutreffend Schmittmann/Görris, Steuerliche Aspekte des Fernabsatzrechts,S. 172 f.5BGH NJW 2006, 211 = CR 2006, 120 = MMR 2006, 101, 120. Ebenso dieVorinstanz OLG Frankfurt Urteil v. 28.10.2004 – 1 U 21/04.


222 Teil 3 – Widerrufsfrist und Ausübungderlich, der Unternehmer muss diesen Posten aber ohnehin deutlich inder Rechnung aufführen, so dass der Verbraucher Transparenz bezüglichdieser Kosten hat.ii) Einzelheiten hinsichtlich der Zahlung und Lieferung oder ErfüllungDer Unternehmer muss den Verbraucher nach § 1 Abs. 1 Nr. 9 BGB-InfoV über die „Einzelheiten hinsichtlich der Zahlung und der Lieferungoder Erfüllung“ informieren. Der Begriff „Einzelheiten“ ist in deneuropäischen Richtlinien nicht näher definiert. Auch die verschiedenenSprachfassungen der FARL unterscheiden sich, so dass Unsicherheitüber den genauen Inhalt besteht. 1Art. 9 (a) VRRL-E spricht nun von„Modalitäten der Zahlung, Lieferung und Erfüllung“. Zweck derFARL ist es, den Verbraucher nicht durch vage Angaben über die verschiedenenLiefer- und Zahlungsmöglichkeiten <strong>im</strong> Unklaren zu lassen.Allerdings ist auch die Pflicht vage formuliert. Es sind demnach auchsolche Angaben zu machen, die über das typischerweise bei Vertragsverhandlungenmit Verbrauchern zur Sprache kommende hinausgehen. 2Ähnlich wie die Pflichten zur Information über Gesamtpreis und Versandkosten(vorher: Berechnungsgrundlage, nachher: konkrete Kosten)unterscheidet sich die Pflicht zur Information über die Einzelheiten derZahlung vor- und nachvertraglich. Während der Unternehmer vorvertraglichüber sämtliche von ihm angebotenen, 3 zur Auswahl stehendenZahlungsarten informieren muss, macht diese allgemeine Informationnach Abgabe der Vertragserklärung des Verbrauchers keinen Sinnmehr. Vielmehr ist es hier erforderlich, die konkret ausgewählte Zahlungsartin Textform mitzuteilen. Die vorvertragliche Information sollden Verbraucher in die Lage versetzen, die für ihn günstigste, sichersteoder aus sonstigen Gründen bevorzugte Zahlungsart auszuwählen,wohingegen die nachvertragliche der Dokumentation der individuellenvertraglichen Konditionen dient. Schon wegen § 1 Abs. 1 Nr. 7 BGB-InfoV ist aber in beiden Fällen ein Hinweis erforderlich, ob eine Zahlungsartmit besonderen Gebühren belegt ist (z.B. 3% Aufschlag beiKreditkartenzahlung). <strong>Das</strong>s die Gewährung von Skonto oder Rabattenbei best<strong>im</strong>mten Zahlungsarten (z.B. 3% Rabatt bei Vorkasse) eine Vergünstigungfür den Verbraucher darstellt, enthebt den Unternehmernicht davon, hierauf hinzuweisen. 41Hk-VertriebsR/Micklitz, § 312 Rn. 90. Die deutsche Formulierung „Einzelheiten“reicht weiter als die englische und französische, in der es heißt „arrangements“und französisch „modalités“.2Erman/Saenger, § 312c Rn. 13.3Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 1 BGB-InfoV, Rn. 17.4Staudinger/Thüsing, Art 240 EGBGB Rn. 17; Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch,§ 1 BGB-InfoV, Rn. 17; Lütcke, Fernabsatzrecht, § 312c Rn. 40; a.A. Härting,Fernabsatzgesetz, § 2 Rn. 128.


A. Widerrufsfrist 223Nach richtiger Auffassung kann der Unternehmer <strong>im</strong> Rahmen der Privatautonomiedie zulässigen Zahlungsmittel frei beschränken, d.h. insbesondere– bei fragwürdiger oder unbekannter Kreditwürdigkeit desVerbrauchers – auf Vorauszahlung bestehen. 1Dies stellt bei Internet-Geschäften keine nach § 309 Nr. 2 a) BGB unzulässige Einschränkungdes Leistungsverweigerungsrechts dar, da der Unternehmer mindestens ingleichem Maße wie der Verbraucher Gefahr läuft, dass der unbekannteVertragspartner zahlungsunfähig ist oder wird und die bereits gelieferteWare nicht mehr zurückgeholt und verwertet werden kann.Der Unternehmer muss den Verbraucher neben der Zahlungsart auchüber den Zeitpunkt der Zahlung informieren, auch wenn dieser nichtvon der gesetzlichen Regelung des § 271 Abs. 1 BGB abweicht, 2 z.B. dieFälligkeit bei Lieferung auf offene Rechnung, aber auch der Abbuchungszeitpunktbei Zahlung per Kreditkarte oder Lastschrift. Für dieVertragsentscheidung des Verbrauchers ist es von entscheidender Bedeutung,ob der Kaufpreis für eine Ware, die erst in drei Wochen geliefertwerden kann, schon bei Bestellung, mit Auslieferung oder erst einigeTage nach Erhalt der Ware abgebucht wird. Die nachvertraglicheInformationspflicht dient dann der Dokumentation der konkreten vertraglichenVereinbarung. Über die rechtlichen Folgen von Versäumnissenbei Zahlung oder Lieferung muss der Unternehmer gemäß Nr. 9hingegen nicht informieren. 3 Hierbei handelt es sich nicht um Einzelheitender Zahlung oder Erfüllung, sondern um Folgen aus der Nichterfüllung,die aufgrund gesetzlicher Vorschriften eintreten. Es würde dieInformationspflichten des Unternehmers überspannen, wenn er denVerbraucher nicht nur über dessen pr<strong>im</strong>äre Leistungspflichten, sondernauch über die Rechtsfolgen einer Vertragsverletzung aufzuklären hätte.Nach § 1 Abs. 1 Nr. 9 BGB-InfoV ist der Unternehmer verpflichtet,dem Verbraucher Informationen über die „Einzelheiten hinsichtlich …der Lieferung oder Erfüllung“ zur Verfügung zu stellen. Hier sind alleInformationen zu nennen, auf die ein vernünftiger Verbraucher unterBerücksichtigung der Verkehrsanschauung Wert legt, 4 insbesondere zurVerfügung stehende Lieferarten (z.B. Express-Versand, Einsatz vonPostIdent-Verfahren, Speditionslieferung nach Terminabsprache,Selbstabholung, ggf. Mitwirkungsleistungen des Verbrauchers 5etc.)1OLG Hamburg, NJW 2007, 2264 = GRUR-RR 2007, 287; Staudinger/Thüsing,§ 312c Rn. 68.2MünchKommBGB/Wendehorst, § 312c Rn. 37.3Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 1 BGB-InfoV, Rn. 17; Staudinger/ThüsingArt 240 EGBGB Rn. 17; Härting § 2 FernAbsG Rn. 127; Lütcke, Fernabsatzrecht,§ 312c BGB Rn. 42.4Siehe nur Palandt/Grüneberg, § 1 BGB-InfoV Rn. 6; MünchKommBGB/Wendehorst,§ 312c Rn. 38.5Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 1 BGB-InfoV, Rn. 17.


224 Teil 3 – Widerrufsfrist und Ausübungsowie Zeitpunkt und Ort der Leistungserbringung. Während bei dervorvertraglichen Information sämtliche zur Auswahl stehenden Lieferartenzu nennen sind, beschränkt sich die nachvertragliche Informationauf die konkret ausgewählte Versandart. Werden optional sowohl ein„versicherter“ als auch „unversicherter“ Versand angeboten, ist vordem Hintergrund des § 474 Abs. 2 BGB zur Vermeidung einer Irreführungdarauf hinzuweisen, dass der Unternehmer in jedem Fall die Versandgefahrträgt. 1Auch bei Geschäften <strong>im</strong> Versandhandel übern<strong>im</strong>mtder Verkäufer grundsätzlich keine Bringschuld, sondern eine Schickschuld.2 Leistungsort bei eBay-Auktionen ist der Wohnsitz des Verkäufers.Der Käufer ist daher mangels ausdrücklicher anderweitiger Vereinbarungberechtigt, die Ware dort unter Wegfall der Portokostenabzuholen. 3Gleiches gilt vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarungauch <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong> über Online-Shops.Art. 7 Abs. 1 FARL sieht zwar vor, dass der Lieferer die Bestellungspätestens binnen 30 Tagen nach Bestellung des Verbrauchers ausführenmuss. Der deutsche Gesetzgeber hielt eine Umsetzung des Art. 7Abs. 1 FARL jedoch nicht für notwendig, da die deutsche Regelung in§ 271 Abs. 1 BGB, wonach vertragliche Verpflichtungen <strong>im</strong> Zweifelsofort zu erfüllen sind, den Verbraucher besser stelle als die europäischeVorgabe. 4Diese Nichtumsetzung ist problematisch, da <strong>im</strong> deutschenRecht hinsichtlich der Lieferung – anders als bei Zahlungsansprüchengemäß § 357 Abs. 1 S. 2 BGB – bei Lieferansprüchen kein automatischerVerzug eintritt. 5 Gemäß Art. 22 Abs. 1 VRRL-E muss der Gewerbetreibendedie Waren künftig binnen höchstens dreißig Tagen nachAbschluss des Vertrags liefern, sofern die Vertragsparteien nichts anderesvereinbart haben, so dass <strong>im</strong> Zuge der Vollharmonisierung eineUmsetzungsvorschrift erforderlich wird. Wird die Leistung bei allenangebotenen Produkten sofort erbracht, kann hierüber in AGB oder –<strong>im</strong> Rahmen des § 312c Abs. 2 BGB – z.B. in einer nach der Bestellungversendeten Bestätigungs-E-Mail wiederholt werden; eine Textform-Information erst zusammen mit der Lieferung der Ware über die Lieferzeit,wie sie nach dem Wortlaut der Vorschrift möglich wäre, ist für denVerbraucher hingegen sinnlos. 61LG Saarbrücken, WRP 2007, 578; LG Hamburg, Beschluss v. 6.11.2007 – 315O 888/07; a.A. LG Hamburg, MMR 2007, 461.2BGH, CR 2004, 51 = NJW 2003, 3341.3AG Koblenz, MMR 2007, 270.4BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/2658, S. 18.5Artz, VuR 1999, 249, 250 und Bodewig, DZWir 1997, 447, 454. Vgl. auch Teil4 A III 1.6Siehe dazu unten Teil 3 A II 3 d) cc).


A. Widerrufsfrist 225Häufig sind jedoch nicht alle angebotenen Produkte sofort lieferbar,sondern müssen erst bei Lieferanten bestellt oder vom Hersteller produziertwerden. Der BGH geht aber davon aus, dass der von der Werbungeines Internet-Versandhauses angesprochene Durchschnittsverbraucherin der Regel erwartet, dass die beworbene Ware unverzüglich versandtwerden kann, wenn nicht auf das Bestehen einer abweichenden Lieferfristunmissverständlich hingewiesen wird. 1 Wird also auf der Produktseite2<strong>im</strong> Online-Shop und anschließend in Textform keine Lieferzeitgenannt, muss die Ware sofort lieferbar sein. Problematisch ist in diesemZusammenhang die Angabe von „voraussichtlichen“ Lieferzeiten.So ist die Klausel „Die Lieferzeit ergibt sich aus dem elektronischenKatalog. Angaben über die Lieferfristen sind unverbindlich, soweitnicht ausnahmsweise der Liefertermin verbindlich und schriftlich zugesagtwurde“ unzulässig, da die Lieferzeit offen gehalten wird. 3DerFristbeginn der Lieferzeit darf auch nicht von einem Ereignis <strong>im</strong> Bereichdes Verwenders abhängig sein. 4Auch ist nach der Rechtsprechung eine Klausel „Eine Übergabe anden Paketdienst erfolgt in der Regel 1-2 Tage nach Zahlungseingang...Bitte beachten sie bei der Bestellung, dass die Lieferzeiten der Postmeist bis zu 10 Tagen dauern können. ...“ unzulässig, 5die Angabe„Angaben über die Lieferfrist verstehen sich als voraussichtliche Lieferzeiten.“allerdings nicht. 6Es kommt stets darauf an, ob der Durchschnittskundeohne Schwierigkeiten und ohne rechtliche Beratung inder Lage ist, die vorgegebene Lieferfrist selbst zu erkennen und zu berechnen.Die Informationen über die Lieferzeit müssen gemäß § 1Abs. 1 Nr. 9 BGB-InfoV so genau wie möglich angegeben werden. Dieexakte Lieferzeitangabe ist jedoch wegen der regelmäßig erfolgendenWeitergabe der Ware an ein Transportunternehmen meist gar nichtmöglich. Daher reichen ungefähre Angaben (z.B.: 2 bis 5 Tage). Auchdie Angabe einer Ca.-Lieferzeit ist grundsätzlich möglich. <strong>Das</strong> KG 7hatte die betreffende Klausel (in den dortigen AGB) ihrem Gesamteindrucknach so eingestuft, dass die Lieferzeit in das Belieben des Händlersgestellt gewesen sei. Dies ist jedoch bei der bloßen Angabe einernäher umgrenzten Ca.-Lieferzeit auf der Produktseite und in der E-Mailnicht der Fall, da der Händler sich bei Überschreiten der ungefähren1BGH, MMR 2005, 531, 532 (Internet-Versandhandel).2LG Koblenz, WRP 2006, 1037.3OLG Frankfurt, WRP 2005, 922.4KG Berlin, NJW 2007, 2266 = GRUR-RR 2007, 291; LG Frankfurt, MMR2008, 857.5KG Berlin, NJW 2007, 2266 = GRUR-RR 2007, 291.6LG Frankfurt, MMR 2008, 857.7KG Berlin, NJW 2007, 2266 = GRUR-RR 2007, 291.


226 Teil 3 – Widerrufsfrist und AusübungLieferzeit an der Angabe festhalten lassen muss und <strong>im</strong> Gegensatz zumFall des KG die Lieferzeit gerade nicht in sein Belieben gestellt ist.jj) Bestehen, Nichtbestehen, Einzelheiten und Rechtsfolgen des <strong>Widerrufsrecht</strong>sIm Zuge der Umsetzung der FARLFDL wurde die Pflicht des Unternehmers,den Verbraucher vor Abgabe von dessen Vertragserklärung über dasWiderrufs- bzw. Rückgaberecht zu informieren, <strong>im</strong> allgemeinen Fernabsatzrechtganz erheblich ausgeweitet. Während vor Umsetzung derFARLFDL lediglich über das Bestehen eines Widerrufs- oder Rückgaberechtesinformiert werden musste, ist seit 8.12.2004 schon vorvertraglichüber das Bestehen, Nichtbestehen, Einzelheiten der Ausübung und Rechtsfolgendes Widerrufs oder der Rückgabe zu informieren, einschließlichInformationen über den Betrag, den der Verbraucher zu entrichten hat,wenn er vor Ablauf der Widerrufsfrist von seinem <strong>Widerrufsrecht</strong>Gebrauch gemacht und der Unternehmer mit Ausführung einer Dienstleistungbereits begonnen hat. Es ist zu bezweifeln, ob eine derart ausführlicheWiderrufsbelehrung schon vor Vertragsschluss sachdienlich ist. 1Die Ausweitung der Informationspflicht führt in der Praxis dazu,dass dem Verbraucher die vollständige Widerrufsbelehrung bereits vorseiner Vertragserklärung informationshalber zur Verfügung gestelltwerden muss. 2 Soweit es um die für den Fristablauf relevante texformgebundeneInformationspflicht nach § 312c Abs. 2 BGB geht, stehtdiese zwar neben der Pflicht zur Belehrung nach § 355 Abs 1 BGB, wiesich auch aus § 1 Abs. 4 S. 2 BGB-InfoV ergibt. Inhaltlich st<strong>im</strong>menInformations- und Belehrungspflicht jedoch weitgehend überein, mitder Besonderheit, dass gemäß § 312c Abs. 2 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1Nr. 10 BGB-InfoV auch in Textform über das Nichtbestehen zu informierenist, was sich aus dem Wortlaut des § 355 Abs. 1 BGB nichtergibt. Beide Pflichten können also gleichzeitig durch eine korrekteWiderrufsbelehrung in Textform erfüllt werden, 3 sofern ergänzend nochüber das Nichtbestehen in Textform informiert wird. 4Eine Information über das Nichtbestehen darf jedoch nur dann erfolgen,wenn das <strong>Widerrufsrecht</strong> tatsächlich nicht besteht, da derVerbraucher anderenfalls in die Irre geführt werden kann. Sieht ein1Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312c, Rn. 125; Hoeren/Sieber/<strong>Föhlisch</strong>,Teil 13.4 Rn. 267.2Kaestner/Tews, WRP 2005, 379, 381; Pauly, MMR 2005, 811, 813.3Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 312b Rn. 8; Aigner/Hofmann, MMR Beilage8/2001, 30, 34; Mankowski CR 2001, 767, 773.4Ausführlich zur vorvertraglichen Informationspflicht nach § 312c Abs. 1 BGBi.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV: Teil 5 A; ausführlich zur Belehrungspflichtnach § 355 Abs. 1 BGB: Teil 5 B.


A. Widerrufsfrist 227Verkäufer in der Widerrufsbelehrung bei seinen Verkäufen auf derVerkaufsplattform eBay vor, dass das <strong>Widerrufsrecht</strong> nicht für Versteigerungengelten soll, so ist dies zur Irreführung geeignet. 1Der BegriffVersteigerung wird <strong>im</strong> Allgemeinen Sprachgebrauch auch für Verkäufegegen Höchstgebot verwendet. Ohne Erläuterung, um welche Art vonVersteigerung es sich handelt, ist der Begriff mehrdeutig und irreführend.Weiterhin dürfen die gesetzlich abschließend normierten Ausschlussgründeauch nicht erweitert werden bzw. durch offene Formulierungender Eindruck erweckt werden, dass es noch weitere Ausschlussgründegebe. Eine AGB-Klausel über das Nichtbestehen, die mit den Wendungen„entsprechend“ und „unter anderem“ unter Nennung von § 312dAbs. 4 BGB einzelne Ausschlussfälle aufzählt, lässt den Verbraucherdarüber <strong>im</strong> Unklaren, ob lediglich die Fälle des § 312d Abs. 4 BGBgemeint sind oder auch andere Fälle. 2 Die Klausel „<strong>Das</strong> Rückgaberechtbesteht entsprechend § 312d Abs. 4 BGB u.a. nicht bei Verträgen“ verstößtdaher gegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB (Transparenzgebot). 3Art. 5 Abs. 1 e) und Art. 9 (b) VRRL-E sehen eine Pflicht zur Aufklärungüber das Nichtbestehen nicht mehr vor. Demnach ist nur noch„gegebenenfalls [über] das Bestehen eines <strong>Widerrufsrecht</strong>s“ (Art. 5Abs. 1 e) VRRL-E) bzw. „sofern ein <strong>Widerrufsrecht</strong> besteht“ (Art. 9 (b)VRRL-E) zu informieren, so dass die strengere deutsche Norm insoweitnicht aufrecht erhalten bleiben dürfte.kk) Zusätzliche Kosten des FernkommunikationsmittelsNach § 1 Abs. 1 Nr. 11 BGB-InfoV ist der Verbraucher über unüblicheKosten für die Benutzung des Fernkommunikationsmittels zu informieren,sofern diese über den Unternehmer in Rechnung gestellt werden.Besonders zu informieren ist der Verbraucher <strong>im</strong>mer dann, wenn fürdas Fernkommunikationsmittel Preise anfallen, die die üblichen Sätzeübersteigen, 4 wie z.B. bei Dialern oder 0190-, 0900- oder 0180-Rufnummern. Nicht erfasst von der Vorschrift werden die üblichenKosten der Internetverbindung oder Download-Kosten. Laut LG Saarbrückenbraucht bei Werbung <strong>im</strong> Internet unter Angabe einer 0700-Nummer nicht darauf hingewiesen zu werden, dass die Nummer entgeltpflichtigist und in welcher Höhe ein Entgelt pro Anruf zu zahlenist. 5Der Wortlaut des § 1 Abs. 1 Nr. 11 BGB-InfoV wurde in Umset-1OLG München, WRP 2008, 1396 (Ls.).2OLG München, MMR 2008, 677.3OLG München, MMR 2008, 677.4AnwKomm/Ring, § 1 BGB-InfoV Rn. 49.5LG Saarbrücken, JurPC Web-Dok. 169/2004.


228 Teil 3 – Widerrufsfrist und Ausübungzung von Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 g) FARLFDL geringfügig geändert. DemSchutzzweck der Norm entsprechend muss die Information gleich zuBeginn der Internetnutzung bzw. in unmittelbarer Nähe genannterRufnummern erteilt werden. Eine Mitteilung in Textform nach erfolgterNutzung macht hingegen wenig Sinn. 1Art. 5 Abs. 1 FARL siehtdaher auch keine Bestätigung in Textform vor. Art. 5 und 9 VRRL-Esehen weder vor- noch nachvertragliche Informationen zu zusätzlichenKosten des Fernkommunikationsmittels mehr vor.ll) Gültigkeitsdauer der InformationenWährend § 1 Abs. 1 Nr. 11 BGB-InfoV a.F. vor Umsetzung derFARLFDL ausschließlich eine Information über die Gültigkeitsdauerbefristeter Angebote verlangte, ist nach geltendem Recht allgemein überdie „Gültigkeitsdauer der zur Verfügung gestellten Informationen“ zuinformieren. Damit hat der Gesetzgeber die in Art. 3 Abs. 2 e)FARLFDL vorgesehene Informationspflicht auf alle Fernabsatzverträgeausgeweitet. Die alte Rechtslage ging zurück auf Art. 4 Abs. 1 h) FARL,Art. 5 Abs. 1 FARL sah allerdings zu keinem Zeitpunkt eine Bestätigungin Textform vor. Bei Internet-Geschäften ist die Befristung desAngebots auf der Website der häufigste Anwendungsfall dieser Informationspflicht.2Der Unternehmer muss die Zeitspanne nennen, innerhalbderer er seine Leistung unter normalen Umständen allen Verbrauchernals invitatio ad offerendum oder als Angebot i.S.v. §§ 145 ff.BGB zum Erwerb anträgt. 3 Bei interaktiven Internet-Angeboten erwartetder Verbraucher aber ohnehin, dass das Angebot mit Ablauf derBefristung aktualisiert wird oder weiterhin gilt. Eine Mitteilung in Textformnach einer Bestellung <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong> macht hingegen wenigSinn. 4 Denn wenn der Kunde das Produkt erworben und die zugehörigenInformationen mitgeteilt bekommen hat, interessiert ihn nicht, obdas Angebot künftig noch gilt oder nicht. Art. 5 und 9 VRRL-E sehenkünftig auch keinerlei Informationen zur Gültigkeitsdauer mehr vor.mm) Kündigungsbedingungen bei DauerschuldverhältnissenNach § 1 Abs. 4 Nr. 3 a), Abs. 2 Nr. 3 BGB-InfoV ist der Unternehmerverpflichtet, bei Dauerschuldverhältnissen, die für eine längere Zeit alsein Jahr oder auf unbest<strong>im</strong>mte Zeit geschlossen wurden, oder die einekürzere Laufzeit haben, sich aber ohne Kündigung auf unbest<strong>im</strong>mte1Dazu sogleich Teil 3 A II 3 d) cc).2Vgl. BT-<strong>Dr</strong>ucks. 15/2946, S. 26. Staudinger/Thüsing, § 312c Rn. 73 nennt alsweiteres Beispiel, dass sich die ladungsfähige Anschrift des Unternehmers in nähererZeit ändert, so dass schon die neue Anschrift zu nennen sei.3AnwKomm/Ring, § 1 BGB-InfoV Rn. 50; Erman/Saenger, § 312c Rn. 16.4Dazu sogleich Teil 3 A II 3 d) cc).


A. Widerrufsfrist 229Zeit verlängern, 1die vertraglichen Kündigungsbest<strong>im</strong>mungen einschließlichetwaiger Vertragsstrafen spätestens mit Lieferung in Textformmitzuteilen. Vertragliche Kündigungsbest<strong>im</strong>mungen werden ohnehinnur Vertragsbestandteil, wenn sie wirksam einbezogen wurden,so dass auf diese schon nach § 305 Abs. 2 Nr. 1 BGB vor Vertragsschlusshingewiesen werden muss. Nach Art. 5 f) VRRL-E ist künftigausdrücklich bereits vorab zu informieren über „gegebenenfalls … dieBedingungen der Kündigung unbefristeter Verträge.“ Wie derzeit <strong>im</strong>deutschen Recht sind nach Art. 5 Abs. 1, 4. Spiegelstrich FARL lediglichauf einem dauerhaften Datenträger „die Kündigungsbedingungenbei unbest<strong>im</strong>mter Vertragsdauer bzw. einer mehr als einjährigen Vertragsdauer.“zu bestätigen. Der VRRL-E bringt somit eine Verbesserungfür den Verbraucher.nn) Kundendienst und Gewährleistungsbest<strong>im</strong>mungenDer Unternehmer genügt der Pflicht zur Information über den Kundendiensti.S.v. § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 b) BGB-InfoV, wenn er eine Ansprechstellebenennt und über deren Erreichbarkeit informiert (z.B.Service-Hotline). 2Die Serviceleistungen (z.B. Schulung-, Wartungs-,Reparatur-Dienste) müssen nicht <strong>im</strong> Einzelnen erläutert werden, wennnicht der Unternehmer vertraglich zur Erbringung dieser Dienste verpflichtetist. 3Wenn spezielle Dienstleistungen Gegenstand des Fernabsatzvertragessind (z.B. Wartungsvertrag), muss der Unternehmer überdiese schon nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 BGB-InfoV informieren. Steht hingegendem Verbraucher kein Kundendienst zur Verfügung, ist auch keinHinweis hierauf erforderlich. 4 Dies stellt nun Art. 5 Abs. 1 f) VRRL-Eklar, wonach „gegebenenfalls das Bestehen und die Bedingungenvon Kundendienstleistungen und gewerblichen Garantien“ hingewiesenwerden muss. <strong>Das</strong> „gegebenenfalls“ fehlt in der FARL, die in Art. 5Abs. 1, 3. Spiegelstrich „Informationen über Kundendienst und geltendeGarantiebedingungen“ nur nachvertraglich verlangt.Fraglich ist, ob derzeit aus § 1 Abs. 1 Abs. 4 Nr. 3 b) BGB-InfoV einePflicht des Unternehmers abzuleiten ist, den Verbraucher über dieGewährleistungs- und Garantiebedingungen aufzuklären. Weicht derUnternehmer zu Ungunsten des Verbrauchers vom Gesetz ab, muss derVerbraucher nach allgemeiner Meinung darauf aufmerksam gemachtwerden. 5Zu informieren ist nach richtiger Auffassung auch über dar-1Lütcke, Fernabsatzrecht, § 312c Rn. 97.2Lütcke, Fernabsatzrecht, § 312c Rn. 92.3Härting, Internetrecht, Rn. 501.4Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 1 BGB-InfoV, Rn. 52.5AnwKomm/Ring, § 1 BGB-InfoV, Rn. 74; Härting, Fernabsatzgesetz, § 2 Rn.174 ff.


230 Teil 3 – Widerrufsfrist und Ausübungüber hinaus vereinbarte Garantien oder Herstellergarantien. 1 Teilweisewird in der Literatur angenommen, dass auch die gesetzlichen Gewährleistungsvorschriftenerklärt werden müssten. 2 Dem hat der BGH 3 zuRecht widersprochen, der ann<strong>im</strong>mt, ein Unternehmer müsse bei Nichtabweichungvon den gesetzlichen Best<strong>im</strong>mungen noch nicht einmal aufderen Geltung hinweisen.Es entspricht nicht dem Schutzzweck des Fernabsatzrechts und kannnicht Aufgabe des Unternehmers sein, in verbrauchergerechter Sprachedie Best<strong>im</strong>mungen der §§ 434 ff. BGB aufzuklären. 4Der Verbraucherist auch bei dem Hinweis „Es gelten die gesetzlichen Gewährleistungsbest<strong>im</strong>mungen“in der Lage, von seinen Rechten Gebrauch zu machen,ohne dass er einer Rechtsberatung durch den Unternehmer bedarf. DieGegenansicht verkennt, dass in Art. 5 Abs. 1, 3. Spiegelstrich FARLzwar kein „gegebenenfalls“ steht, jedoch nicht von gesetzlichen Gewährleistungsbedingungen,sondern „Garantiebedingungen“ die Redeist. Daher genügt bei Geltung des Gesetzes auch ein Hinweis auf dieses. 5Anderenfalls müsste der Gesetzeswortlaut vollständig wiederholt werden,um nicht den Eindruck eingeschränkter Rechte zu erwecken undzudem allgemeinverständlich erklärt werden, um nicht gegen dasTransparenzgebot zu verstoßen. Eine solche Pflicht haben weder dereuropäische noch deutsche Gesetzgeber beabsichtigt. Vielmehr besteht –auch unter Berücksichtigung des spezifischen Charakters von Fernabsatzgeschäften– kein besonderes Interesse des Verbrauchers an einerInformation über die gesetzlichen Gewährleistungsbest<strong>im</strong>mungen.oo) Allgemeine GeschäftsbedingungenDer Unternehmer muss dem Verbraucher seit 8.12.2004 nach § 312cAbs. 2 BGB die Vertragsbest<strong>im</strong>mungen einschließlich der AGB (sofernverwendet) auch bei allgemeinen Fernabsatzgeschäften in Textformmitteilen. Diese Verpflichtung ist in der FARL nicht vorgesehen undbesteht nach den europäischen Vorgaben nur bei Finanzdienstleistungen.Auch der VRRL-E sieht eine vergleichbare Pflicht nicht vor. Derzeitist ein bloßer Hinweis auf die elektronische Abrufbarkeit der Ver-1Staudinger/Thüsing, § 312c Rn. 121; Palandt/Grüneberg, § 1 BGB-InfoV, Rn.13; Lütcke, Fernabsatzrecht, § 312c Rn. 13.2Erman/Saenger, § 312c Rn. 33; MünchKommBGB/Wendehorst, § 312c Rn. 66;Hk-VertriebsR/Micklitz, § 312c Rn. 105f; Wilmer/Hahn, Fernabsatzrecht, § 1 BGB-InfoV Rn. 33.3BGH, NJW 2008, 1595 = K&R 2008, 372 = GRUR 2008, 532 = CR 2008, 446m. Anm. Schirmbacher = MMR 2008, 461 = MD 2008, 6314BGH, NJW 2008, 1595 = K&R 2008, 372 = GRUR 2008, 532 = CR 2008, 446m. Anm. Schirmbacher = MMR 2008, 461 = MD 2008, 631; Härting, Internetrecht,Rn. 499; Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 1 BGB-InfoV, Rn. 52.5A.A. MünchKommBGB/Wendehorst, § 312c Rn. 67.


A. Widerrufsfrist 231tragsbest<strong>im</strong>mungen <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong> jedoch nicht gesetzeskonform,sondern führt zu einer Verlängerung der Widerrufsfrist auf sechs Monate.Die AGB müssen also z.B. per E-Mail oder mit der Lieferung inTextform vollständig mitgeteilt werden, was häufig nicht geschieht,zumal auch viele Standardregelungen in Onlineshops, die nicht gebündeltin einem Dokument „AGB“ enthalten sind, gleichwohl als solchezu qualifizieren sind.c) BelehrungszeitpunktDer Unternehmer muss dem Verbraucher gemäß § 312c Abs. 2 Nr. 2BGB i.V.m. § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BGB-InfoV die fernabsatzrechtlichenInformationen „alsbald … spätestens bis zur Lieferung an denVerbraucher“ in Textform mitteilen. Die Formulierung entspricht <strong>im</strong>Wesentlichen Art. 5 Abs. 1 FARL, wobei das Wort „alsbald“ vomdeutschen Gesetzgeber stammt. Nach Art. 11 Abs. 4 VRRL-E sind demVerbraucher künftig die textformgebundenen Informationen „innerhalbeiner angemessenen Frist nach dem Abschluss eines Fernabsatzvertragsauf einem dauerhaften Datenträger zu bestätigen, und zwar spätestensbei der Lieferung der Waren …, es sei denn, der Verbraucher hat dieInformationen bereits vor dem Abschluss des Fernabsatzvertrags aufeinem dauerhaften Datenträger erhalten.“aa) Frühester ZeitpunktSchon die Formulierung der FARL legt nahe, dass dem Verbraucher dieInformationen bereits vor Vertragsschluss in Textform mitgeteilt werdenkönnen. Dies wird auch <strong>im</strong> deutschen Recht mit dem Wort „spätestens“zum Ausdruck gebracht. 1Nach Ansicht einiger Gerichte ist eineWiderrufsbelehrung vor Vertragsschluss sogar erforderlich, um eineverlängerte Frist nach § 355 Abs. 2 S. 2 BGB zu verhindern. 2 Die nachvertraglichenInformationen kann der Unternehmer dem Verbraucheralso auch schon vorvertraglich erteilen. Damit kann er sowohl die voralsauch die nachvertragliche Informationspflicht erfüllen, wenn erdabei auch die Textform einhält. Dafür spricht auch § 312c Abs. 2 S 1Nr. 1 BGB, wonach bei Finanzdienstleistungen die Textform-Informationen bereits vor Abgabe der Vertragserklärung mitgeteiltwerden müssen. Was bei Finanzdienstleistungen gesetzlich vorgeschriebenist, kann bei anderen Dienstleistungen und Warenlieferungen nichtunzulässig sein. 31FernAbsG-RegE, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/2658, S. 39; AnwKomm/Ring Rn. 78.2Vgl. dazu sogleich Teil 3 A III 1 b) bb).3Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 312c Rn. 27.


232 Teil 3 – Widerrufsfrist und AusübungTeilweise wird allerdings die Ansicht vertreten, dass eine zu frühe Informationserteilungweit vor Abgabe der Vertragserklärung problematischist, weil die Appellfunktion verloren gehe. Es sei denkbar, dass dieInformationen dem Verbraucher schon so früh übermittelt werden, dassnicht zu erwarten sei, dass er sie <strong>im</strong> Zeitpunkt des Vertragsschlussesnoch vor Augen hat, z.B. durch einen Werbe-Flyer in seinem Briefkastenmit den notwendigen Informationen, wenn der VertragsschlussMonate später <strong>im</strong> Internet erfolgt. 1 Insbesondere bei langwierigen Entscheidungsprozessenoder nach Einholung vieler Angebote sei nichtgesichert, dass der Verbraucher die einmal erteilten Informationen biszum Vertragsschluss aufbewahrt hat. Daher dürften die textformgebundenenInformationen frühestens erteilt werden, wenn die Bestellungdes Verbrauchers offenkundig unmittelbar bevorsteht. 2Dagegen wird vorgebracht, weder § 312c noch § 1 Abs. 3 BGB-InfoV gäben eine Grundlage für diese Sichtweise. 3Der Verbraucherwerde vielmehr besser informiert, weil er vor Vertragsschluss bereits dieDetails kenne und auch der Zweck der Informationspflichten werde soerreicht. Die Informationen sollen den Verbraucher allerdings in dieLage versetzen, eine informierte Entscheidung über den Vertragsschlusszu treffen. Dies ist nicht gewährleistet, wenn er die Informationen zwarirgendwann <strong>im</strong> Vorfeld erhalten, aber bei Vertragsschluss überhauptnicht mehr vor Augen hat. 4 Der BGH hat aus diesem Grund zutreffendentschieden, dass sich die Widerrufsbelehrung auf eine konkrete Vertragserklärungdes Verbrauchers beziehen muss. 5Diese Überlegungenlassen sich auch auf weitere Informationen wie Zahlungsbedingungen,Versandkosten oder Lieferzeiten übertragen.Der Streit hat allerdings aus zwei Gründen wenig Bedeutung. Erstensist es <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong> aus technischen Gründen so gut wie unmöglich,die textformgebundenen Informationen vor Abgabe der Vertragserklärungdes Kunden zu übermitteln, weil der Kunde und seine Kommunikationsdatenhäufig erst <strong>im</strong> Moment der Abgabe seiner Vertragserklärungbekannt werden. Zweitens ist es lange Zeit vor Abgabe derVertragserklärung des Kunden auch inhaltlich meist nicht möglich,sämtliche Informationen in Textform mitzuteilen, da sich die konkretenInformationen erst <strong>im</strong> Verlauf der Bestellung ergeben, etwa, welche1Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312c, Rn. 73 zu Informationen vorVertragsschluss allgemein.2MünchKommBGB/Wendehorst, § 312c Rn. 98 zu den textformgebundenen Informationen.3Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 312c Rn. 27; Härting, Fernabsatzgesetz,§ 2 Rn. 197; Lütcke, Fernabsatzrecht, § 312c Rn. 102 f; Grigoleit, NJW 2002, 1152,1157.4Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312c, Rn. 74.5BGH, NJW 2002, 3398 = WRP 2002, 1263. Vgl. auch Teil 3 A III 1 e).


A. Widerrufsfrist 233Zahlungsarten dem konkreten Kunden in Abhängigkeit von seinerBonität zur Verfügung stehen oder was ihn – abhängig vom Wohnortund der Bestellmenge – der Versand der Ware genau kostet.bb) Spätester ZeitpunktBei Warenlieferungen sind dem Verbraucher die Informationspflichtenspätestens „bis zur Lieferung“ in Textform mitzuteilen. Mit Lieferungist der Eingang der Ware i.S.v. § 312d Abs. 2 S. 1 BGB gemeint, 1 d.h.der Händler kann die Informationen auf den Warenbegleitpapierenmitteilen, zeitgleich eine E-Mail versenden o.ä. Hinsichtlich der Widerrufsfristist auch die Vorschrift des § 355 Abs. 2 S. 2 BGB zu beachten,wonach sich die Frist bei einer Belehrung über das <strong>Widerrufsrecht</strong> nachVertragsschluss verlängert.Allerdings ist die Mitteilung der Lieferzeit (§ 1 Abs. 1 Nr. 9 BGB-InfoV) für den Verbraucher mit Lieferung der Ware zu spät und nichtmehr von Interesse. Denn diese Angabe dient der Dokumentation dervereinbarten Lieferzeit vor der Lieferung, um <strong>im</strong> Streitfall die Lieferungeinklagen zu können. Daher kann man die Vorschrift nur so sinnvollzugunsten des Verbraucherschutzes auslegen, dass die voraussichtlicheLieferzeit bereits vorher genannt werden muss, weil die Pflichtangabedem Verbraucher sonst nichts nützt. Insofern ist davon auszugehen,dass die Textform-Angabe dieser Informationen <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong> spätestensin der Bestätigungsmail zu erfolgen hat, um der Pflicht zur Mitteilungspflicht„alsbald“ zu genügen.d) ZwischenergebnisDie textformgebundenen Informationspflichten <strong>im</strong> Fernabsatz sindunnötig umfangreich, zu unpräzise und machen mit Blick auf den angeordnetenBelehrungszeitpunkt für den Verbraucher vielfach nur bedingtSinn.aa) Unnötiger Umfang der InformationenZweifelhaft ist, welchen Zweck die Informationspflicht in Textform aus§ 1 Abs. 2 Nr. 2 BGB-InfoV für den Verbraucher <strong>im</strong> allgemeinen Fernabsatzrechtgenau hat und welcher Mehrwert damit genau verbundenist. Unter die Vorschrift fällt nahezu jeder Auslands-Kooperationspartner,der irgendwie mit dem Unternehmer zu tun hat. Gleichwohlnützt die Möglichkeit der Kommunikation mit diesem dem Verbraucherwenig, wenn der Auslandsvertreter keinerlei Einfluss auf die Erfüllungoder Auflösung des Vertrages hat. Hierdurch droht nahezu jedemUnternehmer, der irgendwie auf Auslandsmärkten aktiv ist, eine Ver-1Siehe dazu oben Teil 3 A II 1.


234 Teil 3 – Widerrufsfrist und Ausübunglängerung der Widerrufsfrist oder die Abmahnung durch einen Konkurrenten,wenn er etwa seinen lokalen Erfüllungsgehilfen nicht dezidiertbenennt. Dies hat mit dem Ziel, dem Verbraucher eine informierteEntscheidung über den Kauf einer vorher nicht gesehenen Ware zuermöglichen und die Informationen hierüber beweiskräftig zu dokumentieren,nicht viel zu tun, sondern schießt über dieses Ziel hinaus.Sinnvoll ist zwar die Information über das Nichtbestehen des <strong>Widerrufsrecht</strong>es,die nach richtiger Auffassung ohnehin schon vor Umsetzungder FARLFDL zu erteilen war. 1Im Übrigen wird der Durchschnittsverbraucherdie Detail-Informationen zum <strong>Widerrufsrecht</strong> inseine Verkaufentscheidung jedoch nicht mit einbeziehen, so dass dieAusweitung keinen nennenswerten Verbraucherschutzeffekt hat.Bis zur Umsetzung der FARLFDL waren die Informationen über Angebotsbefristungen(§ 1 Abs. 1 Nr. 12 BGB-InfoV n.F.) und Kosten fürFernkommunikationsmittel (§ 1 Abs. 1 Nr. 12 BGB-InfoV n.F.) nichtnoch einmal in Textform mitzuteilen, was Sinn machte, da Befristungenzu diesem Zeitpunkt keine Rolle mehr spielen können und Kosten ohnehinangefallen sind. 2 Bei der Umstrukturierung zum 8.12.2004 ist dieÜbernahme dieser Regelung vermutlich wegen eines Redaktionsversehensvergessen worden, so dass vieles dafür spricht, dass die Angaben –in teleologischer Reduktion der Norm – nach wie vor nicht in Textformmitgeteilt werden müssen. 3Der Weg des VRRL-E, die Anzahl der Informationen zu reduzieren,ist richtig. Ein Großteil der Probleme ist jedoch schon derzeit vom deutschenGesetzgeber gemacht, indem für Finanzdienstleistungen konzipierteInformationspflichten mit allgemeinen Informationspflichtenvermischt wurden. Es wäre begrüßenswert, wenn sich insoweit dasVollharmonisierungsprinzip des VRRL-E durchsetzt und eine sinnloseAusweitung durch nationale Vorschriften nicht mehr möglich wäre.bb) Unklarer Inhalt der InformationenDie Pflicht, über das Zustandekommen des Vertrages zu informieren(§ 1 Abs. 1 Nr. 4 BGB-InfoV), ist zwar von der Intention her sinnvoll,tatsächlich ist der Unternehmer hiermit jedoch häufig überfordert, weiler nicht weiß, wie der Vertrag zustande kommt oder verschiedeneRechtsmeinungen darüber bestehen. Dies führt dazu, dass der Verbraucherzwar informiert wird, die Information jedoch häufig falsch undsogar irreführend ist. Es stellt sich die Frage, ob der Verbraucher nichtbesser gestellt wäre, wenn er nicht durch dem Unternehmer abgenötigte1Hk-VertriebsR/Micklitz, § 312c Rn. 94; Mankowski, CR 2001, 767, 769f.2Härting, Fernabsatzgesetz, § 2 Rn. 158.3Härting, Internetrecht, Rn. 495.


A. Widerrufsfrist 235fragwürdige Rechtsansichten verwirrt wäre, sondern sich <strong>im</strong> Konfliktfalleinfach über die objektive Rechtslage beraten lassen würde.Die Pflicht gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 6 BGB-InfoV, dem Verbraucher Informationen„einen Vorbehalt, eine in Qualität und Preis gleichwertigeLeistung (Ware oder Dienstleistung) zu erbringen, und einen Vorbehalt,die versprochene Leistung <strong>im</strong> Fall ihrer Nichtverfügbarkeit nicht zuerbringen“ mitzuteilen, überfordert den Unternehmer regelmäßig. Vielfachwird angenommen, dass solche Vorbehalte wirksam vereinbartwerden können, weil darüber zu informieren ist. Nur die wenigstensolcher Klauseln halten jedoch einer inhaltlichen Kontrolle stand.Wenig präzise ist der Begriff der „Einzelheiten“ der Zahlung undLieferung oder Erfüllung (§ 1 Abs. 1 Nr. 9 BGB-InfoV). Nach richtigerAnsicht fallen hierunter insbesondere auch der Zahlungszeitpunkt unddie genaue Lieferzeit. Dies ergibt sich aber nicht zweifelsfrei aus demWortlaut und ist nicht abschließend geklärt. Wichtige Fragen wie derLauf der Widerrufsfrist, die Richtigkeit der Widerrufsbelehrung oderdie Wettbewerbswidrigkeit des Angebots hängen entscheidend vonhöchst unbest<strong>im</strong>mten Rechtsbegriffen ab.Auch in diesen Punkten geht der VRRL-E in die richtige Richtung, daauf die kritisierten Pflichten ganz verzichtet wird und auch der deutscheGesetzgeber gezwungen wäre, das insoweit vermeintlich höhereVerbraucherschutzniveau aufzugeben.cc) Bedingt sinnvoller Zeitpunkt der MitteilungNicht nur für die Information zur Lieferzeit, sondern auch bei anderenInformationen stellt sich die Frage, ob eine Mitteilungspflicht spätestensmit der Lieferung ausreicht, um dem Zweck der Vorschrift gerecht zuwerden. Eines der häufigsten Probleme <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong> ist, dass bezahlteWare überhaupt nicht geliefert wird. 1Die textformgebundenenInformationen, die dem Verbraucher den Beweis des Vertrages unddessen Konditionen ermöglichen sollen, erreichen diesen dann erst garnicht und können mithin auch ihren Zweck nicht ansatzweise erfüllen.Würde die Ware zwar theoretisch geliefert, jedoch unter erheblicherÜberschreitung der vereinbarten Lieferfrist oder zu einem anderen alsdem vereinbarten Preis, hat der Verbraucher ebenfalls bereits vor Lieferungein Interesse daran, sein <strong>Widerrufsrecht</strong> auszuüben, was erschwertwird, wenn er nicht über die nötigen Informationen in Textform verfügt.1Siehe z.B. Dirk Kunde, Warum online Einkaufen sich lohnt: „In den meisten Fällengeht es darum, dass bezahlt wurde, aber keine Ware ankommt“, schildert EddaCastelló, Leiterin der Abteilung Geld und Recht in der Verbraucherzentrale Hamburgihre Erfahrung mit Streitigkeiten <strong>im</strong> Online-Handel.


236 Teil 3 – Widerrufsfrist und AusübungBereits Art. 5 Abs. 1 FARL löst durch die dort gewählte Formulierung,die der deutsche Gesetzgeber ergänzt um ein „alsbald“ so übernommenhat, diese Problematik nicht. Abzuwarten bleibt, ob Art. 11Abs. 4 VRRL-E, wonach der Gewerbetreibende die Informationen„innerhalb einer angemessenen Frist nach dem Abschluss eines Fernabsatzvertragsauf einem dauerhaften Datenträger zu bestätigen ,und zwar spätestens bei der Lieferung der Waren.“ hier Abhilfe schaffenwird. Gerichte könnten zu dem Ergebnis kommen, dass eine Mitteilungzusammen mit der Lieferung binnen angemessener Frist nur erfolgt,wenn diese Lieferung 3-5 Werktage nach der Bestellung erfolgt,anderenfalls zumindest die wichtigsten Informationen zur Rechtsverfolgungwie wesentliche Produktmerkmale und Gesamtpreis (vgl. Art. 11Abs. 3 VRRL-E) sowie auch Identität des Gewerbetreibenden, vereinbarteLieferzeit und Widerrufsbelehrung vor der Lieferung per E-Mailoder sonst wie in Textform mitgeteilt werden müssen.Vorzugswürdig wäre allerdings eine Regelung, wie sie der deutscheGesetzgeber <strong>im</strong> Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie,des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtliniesowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- undRückgaberecht 1für die Mitteilung der Widerrufsbelehrung vorsieht,wonach die Informationen „unverzüglich nach Vertragsschluss in Textform“mitgeteilt werden müssen (vgl. § 357 Abs. 3 S. 2 BGB-E). 24. Erfüllung der Pflichten <strong>im</strong> elektronischen GeschäftsverkehrDie vierte Voraussetzung für den Lauf der Widerrufsfrist ist nach§ 312e Abs. 3 S. 2 BGB die Erfüllung aller Pflichten <strong>im</strong> elektronischenGeschäftsverkehr gemäß § 312e Abs. 1 S. 1 BGB. Diese Verknüpfungist – soweit ersichtlich – europaweit einmalig und verkompliziert dieBelehrung über den Beginn der Widerrufsfrist ungemein. § 312e BGBbezweckt nicht allein den Schutz des Verbrauchers, sondern von Kundendes Unternehmers, d.h. allen Personen, mit denen unter Verwendungvon Telemediendiensten Verträge geschlossen werden.Zweifellos findet § 312e BGB Anwendung, wenn sich der Unternehmereines Online-Shops oder einer elektronischen Bestellplattform, d.h.eines elektronischen Informations- und Kommunikationsdienstes mitinteraktivem Zugriff und unmittelbarer Bestellmöglichkeit i.S.v. § 1Abs. 1 S. 1 TMG bedient. Nach dem Gesetzeszweck ist nicht relevant,ob der Kunde aufgrund einer invitatio ad offerendum des Unternehmers1BGB-RegE, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 16/11643 v. 21.1.<strong>2009</strong> (Gesetz verkündet am 3.8.<strong>2009</strong>,BGBl. I <strong>2009</strong>, 2355).2Dazu Teil 7 B I 2 b).


A. Widerrufsfrist 237ein elektronisches Angebot (so z.B. in einem gewöhnlichen Online-Shop) abgibt oder eine offerte ad incertas personas elektronisch ann<strong>im</strong>mt(so z.B. bei über die Plattform eBay geschlossenen Kaufverträgen).1 Entscheidend ist, dass der Nutzer ohne Medienbruch seine Bestellungabgeben kann, z.B. durch Klick auf einen Hyperlink, einenBestellbutton etc. 2Irrelevant ist, ob die Erfüllung des Vertrages aufelektronischem Weg erfolgt, da § 312e BGB allein auf das Verpflichtungsgeschäftabstellt. 3 Nach § 312e Abs. 2 Satz 1 BGB sind die Pflichtendes § 312e Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 BGB verzichtbar, wenn derVertrag ausschließlich durch individuelle Kommunikation (z.B. per E-Mail) geschlossen wird. Solche Vertragsschlüsse ähneln eher solchenper Brief oder Telefon und weisen nicht die Besonderheiten des Online-Kaufs auf. 4a) Bereitstellung von KorrekturhilfenEine technische Bereitstellungspflicht findet sich in § 312e Abs. 1 Nr. 1BGB. Demnach hat der Unternehmer dem Kunden angemessene, wirksameund zugängliche Mittel zur Verfügung zu stellen, mit deren Hilfeder Kunde Eingabefehler vor Abgabe seiner Bestellung erkennen undberichtigen kann. Diese Pflicht muss der Unternehmer zum Zeitpunktder Eröffnung der Bestellmöglichkeit erfüllt haben. 5Der Ablauf desVertragsschlusses soll transparent ausgestaltet werden, um das Vertrauenin den Internet-Handel zu fördern. 6 Die Vorschrift schützt den Kundenauch vor solchen Eingabefehlern, die auf einem technischen Versehenbei der Handhabung des elektronischen Programms beruhen. 7ImLichte des Gemeinschaftsrechts ist unerheblich, ob der Irrtum des Kundenzur Anfechtung nach § 119 Abs. 1 BGB berechtigt. 8 Der Kunde istbei einem Irrtum infolge eines vom Unternehmer zu verantwortendenintransparenten elektronischen Bestellprozesses auch nicht zum Ersatzdes Vertrauensschadens nach § 122 BGB verpflichtet. 9Welche Korrekturhilfen bereitzustellen sind, hängt von der Komplexitätdes Bestellprozesses ab. Die Korrekturmöglichkeit hat sich an den1Lütcke, Fernabsatzrecht, § 312e, Rn. 24; Wilmer/Hahn/Hahn, § 312e, Rn. 18;MünchKommBGB/Wendehorst, § 312e Rn. 41; Bamberger/Roth/Masuch, § 312eBGB, Rn. 21; Boente/Riehm, Jura 2002, 222, 226; a.A. Hk-VertriebsR/Micklitz,§ 312e Rn. 40.2OLG Hamm, MMR 2003, 410, 411 (zu § 2 Abs. 2 Nr. 5 TDG).3Meub, DB 2002, 359, 362.4Begründung SMG-RegE, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/6040, S. 172.5Lütcke, Fernabsatzrecht, § 312e, Rn. 30.6Boente/Riehm, Jura 2002, 222, 225.7Wilmer/Hahn/Hahn, § 312e, Rn. 13; Grigoleit, WM 2001, 597, 601.8Hk-VertriebsR/Micklitz, § 312e Rn. 57.9Hoeren, MMR 1999, 192, 199.


238 Teil 3 – Widerrufsfrist und Ausübungdurchschnittlichen Kunden zu richten und darf keine besondere Sachkundeoder Fertigkeiten erfordern. 1Wird die Vertragserklärung desKunden – wie in den meisten Fällen – über verschiedene Einzelseitenund in mehreren Einzelschritten (Hinzufügen der Produkte zum Warenkorb,Eingabe der persönlichen Daten, Auswahl der Zahlungsart,Eingabe der Zahlungsdaten, Eingabe von Gutscheincodes etc.) erstellt,müssen alle Eingaben (z.B. Produkt, Anzahl, Lieferanschrift, Bankverbindungetc.) noch einmal auf einer zusammenfassenden Seite wiederholtwerden, damit der Kunde mögliche Fehler erkennen kann. Beieinfachen Bestellformularen die – ähnlich wie gedrucktes Formular –auf einer überschaubaren einzelnen Seite alle Bestellschritte vereinen, isthingegen keine zusammenfassende Seite erforderlich. Bei solchen Formularengenügt auch ein einzelner Button namens „Eingaben löschen“,um den Vorgaben des § 312e Abs. 1 Nr. 1 BGB zu entsprechen. 2Hingegen sind die Korrekturhilfen nicht angemessen, wenn der Kundebei mehrschrittigen Bestellprozessen zwar seine Erklärung nochmalsinsgesamt am Bildschirm sieht, er danach aber nur vor die Wahl gestelltwird, sie entweder unverändert zu übermitteln oder den gesamten Bestellablaufabzubrechen und zu wiederholen. 3In diesem Fall muss derKunde einzelne Seiten des Bestellablaufs (z.B. Eingabe der Lieferanschrift)durch Betätigung der „Zurück“-Buttons des Browsers oder (beibesonders langen Bestellabläufen) durch gezielte Links auf der Zusammenfassungsseite(z.B. „Bankverbindung korrigieren“) erreichen unddanach die Bestellung unter Aufrechterhaltung der übrigen Eingabenabschließen können. Die an die Angemessenheit anzulegenden Standardsrichten sich nach der „best practice“ <strong>im</strong> E-Commerce. 4Nutzt der Unternehmer eine elektronische Plattform wie z.B. eBay,hat er auf den technischen Ablauf des Bestellprozesses keinen Einfluss.Daher schuldet der Plattformbetreiber dem Unternehmer regelmäßig dieAusgestaltung seiner technischen Infrastruktur gemäß den Vorgabendes § 312e BGB. Wird der Plattformbetreiber den gestalterischen Vorgabennicht gerecht oder informiert nicht ausreichend über den Bestellablauf,geht dies nach § 278 BGB zu Lasten des Anbieters der Warenoder Dienstleistungen. 5b) InformationserteilungNach § 312e Abs. 1 Nr. 2 BGB i.V.m. § 3 BGB-InfoV muss der Unternehmerden Verbraucher über den Bestellablauf informieren. Dies kann1Bamberger/Roth/Masuch, § 312e BGB, Rn. 21.2Woitke, BB 2003, 2469, 2472.3MünchKommBGB/Wendehorst, § 312e Rn. 66; Kl<strong>im</strong>ke, CR 2005, 582, 583.4Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt/Spindler, S. 459, 469.5Leible/Sosnitz/Hoffmann, Rn. 251.


A. Widerrufsfrist 239durch deutliche Hinweise auf den einzelnen Seiten und aussagekräftigeBeschriftungen der Schaltflächen (z.B. „Weiter zur Dateneingabe“,„Jetzt bestellen“) erfolgen, aber auch mittels sprechender Links (z.B.„Bestellablauf“, „Hilfe“), die aus dem Bestellprozess auf separate Informationsseitenzum Bestellsystem verweisen. 1§ 312e Abs. 1 Nr. 2 BGB verpflichtet den Unternehmer, den Kunden„rechtzeitig vor Abgabe von dessen Bestellung“ zu informieren. DerBegriff der „Bestellung“ wird zutreffend weiter als der Begriff „Vertragserklärung“ausgelegt, da die Informationspflichten gerade dazu dienen,für den Kunden erkennbar zu machen, ob er eine unverbindliche Anfragestellt oder eine verbindliche Vertragserklärung abgibt. „Bestellung“ bedeutetdaher jede Art der Kontaktaufnahme, die dem Vertragsschlussvorgelagert ist, z.B. eine Anfrage nach der Verfügbarkeit. 2Keine Bestellung stellt hingegen die bloße Zwischenspeicherung ohneDatenübermittlung dar, etwa durch Klicken auf einen Button „In denWarenkorb“. 3Auch <strong>im</strong> Bereich der invitatio ad offerendum bedarf eskeines Schutzes vor voreilig abgegebenen Erklärungen durch Bereitstellungvon Korrekturhilfen, da der Kunde hier noch keine vertraglicheBindung zu befürchten hat. 4 Sofern es sich nicht um eine Vertragserklärungdes Kunden handelt, wird diese auch regelmäßig <strong>im</strong> Wege derIndividualkommunikation (z.B. E-Mail-Anfrage) und nicht über einautomatisches Bestellsystem erfolgen, so dass der Ausnahmetatbestanddes § 312e Abs. 2 BGB erfüllt ist. Der Begriff der Rechtzeitigkeit in§ 312e BGB ist in gleicher Weise auszulegen wie in § 312c BGB. 5aa) Technische Schritte des VertragsschlussesNach § 312e Abs. 1 Nr. 2 BGB i.V.m. § 3 Nr. 1 BGB-InfoV muss derUnternehmer den Kunden über den Vertragsschluss informieren. FürVerbraucher findet sich diese Vorschrift zusätzlich mit geringfügig abweichendemWortlaut in § 312c Abs. 1 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 4BGB-InfoV. Die Informationspflichten <strong>im</strong> Fernabsatz und E-Commercesind diesbezüglich nicht aufeinander abgest<strong>im</strong>mt, sondern verlangen„unverbunden nebeneinander“ 6eine Information über „die einzelnentechnischen Schritte, die zu einem Vertragsschluss führen“ (§ 3 Satz 1Nr. 1 BGB-InfoV) und „darüber, wie der Vertrag zustande kommt“1Vgl. hierzu MünchKommBGB/Wendehorst, § 312e Rn. 75 ff.2MünchKommBGB/Wendehorst, § 312e Rn. 63; Staudinger/Thüsing, § 312e Rn.38.3MünchKommBGB/Wendehorst, § 312e Rn. 64.4Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt/Spindler, S. 459, 466.5Vgl. oben Teil 3 A II 3 c) und Hk-VertriebsR/Micklitz, § 312e Rn. 75, der allerdingseine Übermittlung <strong>im</strong> Zeitpunkt oder kurz vor Abgabe der Bestellung für nichtmit dem Gesetz vereinbar hält.6Schulze/Schulte-Nölke/Micklitz, S. 189, 204.


240 Teil 3 – Widerrufsfrist und Ausübung(§ 1 Abs. 1 Nr. 4 BGB-InfoV). Im <strong>Onlinehandel</strong> muss aber zur klarenund verständlichen Information des Verbrauchers normenübergreifendüber den Ablauf der Bestellung informiert werden.§ 3 Nr. 1 BGB-InfoV verpflichtet den Unternehmer als Betreiber einesOnline-Shops, dem Kunden zu erklären, wie das Bestellsystem funktioniert.1Dies erfolgt meist durch Anzeige einer Statusleiste auf jedereinzelnen Seite des Bestellablaufs, die dem Kunden Auskunft darübergibt, welche Bestellschritte es gibt und welcher Schritt gerade durchlaufenwird. Möglich sind aber auch andere Gestaltungen, z.B. Informationenüber eine zentrale Hilfeseite, die aus dem Bestellverlauf herausverlinkt wird. Besonders wichtig für den Kunden ist es zu erfahren, mitwelchem Klick er eine verbindliche Vertragserklärung abgibt. 2Diesewichtige Information kann dem Kunden nicht in AGB mitgeteilt werden,sondern muss in unmittelbarer Nähe des Bestell-Buttons und/oderdurch Beschriftung desselben erteilt werden (z.B. „Jetzt bestellen“,„Bestellung absenden“ etc.)Umstritten ist die Frage, ob ein Händler, der das Portal eBay für denVerkauf nutzt, auf dem der Bestellablauf an zentraler Stelle sowie <strong>im</strong>Kaufprozess durch den Portalbetreiber erklärt wird, gleichwohl selbstInformationen zu den technischen Schritte des Vertragsschlusses zuerteilen hat. Dagegen wird vorgebracht, dass der Verbraucher durch dieeBay-AGB, die auch für ihn als eBay-Mitglied gelten, bereits Kenntnisvon den Informationen erlangt habe. 3Andere Gerichte gehen davonaus, dass der Unternehmer ungeachtet der Information durch denPortalbetreiber seine Kunden <strong>im</strong>mer selbst zusätzlich informieren müsse.4 In der Tat ist fraglich, ob sämtliche Informationen in „AGB“ untergebrachtwerden können, weil der Verbraucher best<strong>im</strong>mte Informationenzum Bestellablauf nicht unter dieser Bezeichnung erwartet. Richtigerweisesind aber Kombinationen aus eigenen und Verlinkungen auffremde Informationen möglich. Der Unternehmer kommt seinen Pflichtennach, indem er auf seiner Angebotsseite durch sprechende Links, 5die auf eigene, aber auch auf Informationsseiten oder AGB des Portalbetreibersverweisen können, die Pflichtinformationen erteilt. 6 Bei eBaysind viele dieser Informationen aber nicht nur in den Portal-AGB ent-1Ebenso Lütcke, Fernabsatzrecht, § 312e, Rn. 35.2Hk-VertriebsR/Micklitz, § 312c Rn. 76; Bamberger/Roth/Masuch, § 3 BGB-InfoV, Rn. 4; Härting, Internetrecht, Rn. 470.3LG Frankenthal, JurPC Web-Dok. 117/2008.4LG Lübeck, Urteil v. 11.03.2008, 8 O 5/08; LG Leipzig, Beschluss v. 03.03.2008, 04 HK 0 597/08.5Siehe dazu ausführlich unten Teil 5 A II 3 b).6Ähnlich insoweit LG Lübeck, MMR 2008, 554 = K&R 2008, 483.


A. Widerrufsfrist 241halten, sondern finden sich bereits direkt <strong>im</strong> Bestellablauf (z.B. derHinweis „Ihr Kauf ist bindend“ auf der letzen Gebotsseite), so dassinsoweit keine gesonderte Information durch den Unternehmer selbsterforderlich ist.bb) VertragstextspeicherungNach § 312e Abs. 1 i.V.m. § 3 Nr. 2 BGB-InfoV ist der Verbraucherdarüber zu informieren, ob der Vertragstext nach dem Vertragsschlussvom Unternehmer gespeichert wird und ob er dem Kunden zugänglichist. Es handelt sich insoweit zwar nicht um „Förmelei und wettbewerbsbehinderndeÜberregulierung“. 1Allerdings ist fraglich, ob dieseInformation für den Kunden tatsächlich von Interesse ist. Lebensfremdwäre die Annahme, eine Fehlvorstellung über die nachträgliche Verfügbarkeitdes Vertragstextes würde die vorvertragliche Willensbildung desKunden wesentlich beeinflussen. 2Eine Information über die Vertragstextspeicherung erwartet derKunde am ehesten in der Datenschutzerklärung, möglich ist aber aucheine Platzierung in AGB oder auf einer Informationsseite zum Bestellablauf.In den seltensten Fällen ist der vollständige „Vertragstext“ für denKunden nach Vertragsschluss abrufbar. Einige Shop-Systeme ermöglichenregistrierten Kunden zwar, den Bestellstatus online in einem Log-In-Bereich nachzuvollziehen; hier sind aber meist nicht alle essentialianegotii, sondern nur Teile des Vertragstextes verfügbar (z.B. bestellteWare und voraussichtliches Lieferdatum) und dies auch nicht dergestalt,dass die Angaben von dem Verbraucher einfach abgespeichertwerden könnten. Der Unternehmer ist auch nicht verpflichtet, die Vertragsbest<strong>im</strong>mungenelektronisch zu speichern oder für den Kundenzugänglich zu machen. 3 Es genügt, wenn er diesen (z.B. per E-Mail nachder Bestellung) dem Kunden „bei Vertragsschluss“ in speicherbarerForm zur Verfügung stellt (§ 312e Abs. 1 Nr. 4 BGB).cc) KorrekturhilfenDie Pflicht zur Bereitstellung von Korrekturhilfen wird ergänzt durchdie Pflicht nach § 312e Abs. 1 Nr. 2 BGB i.V.m. § 3 Nr. 3 BGB-InfoV,nach der über die bereitgestellten Korrekturhilfen zu informieren ist. Istdurch eine transparente Gestaltung des Bestellprozesses dieser aus sichheraus verständlich, kommt der Informationspflicht gegenüber derPflicht aus § 312e Abs. 1 Nr. 1 BGB keine große Bedeutung zu. Sie ist1LG Stuttgart, NJW-RR 2004, 911, 912.2Grigoleit, WM 2001, 597, 602.3Bamberger/Roth/Masuch, § 3 BGB-InfoV, Rn. 6; Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt/Spindler, S. 459, 471; Grigoleit, NJW 2002, 1151, 1157.


242 Teil 3 – Widerrufsfrist und Ausübungaber nicht überflüssig. 1Fehlt z.B. bei Angabe des Textes „ÜberprüfenSie bitte Ihre eingegebenen Daten“ jeglicher Hinweis, mit welchentechnischen Mitteln diese Prüfung erfolgen kann und insbesondere, wieerforderlichenfalls eine Korrektur vorzunehmen ist, liegt ein Verstoßgegen § 312e BGB vor. Die Informationspflicht nach § 312e Abs. 1 S. 1Nr. 2 BGB i.V.m. § 3 Nr. 3 BGB-InfoV stellt keinen Formalismus odereinen Hinweis auf Selbstverständlichkeiten dar, weil sich der Unternehmernicht auf die entsprechenden Computerkenntnisse und die Eigeninitiativedes Verbrauchers verlassen darf, sondern ihn klar undverständlich auf die technischen Mittel hinweisen muss. 2dd) VertragssprachenWenngleich der Verbraucher über die für den Vertragsschluss zur Verfügungstehenden Sprachen nach § 312e Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 3 Nr. 4BGB-InfoV erst unmittelbar vor Abschluss eines Vertrages <strong>im</strong> elektronischenGeschäftsverkehr informiert werden muss, wird es <strong>im</strong> Interessedes Unternehmers sein, den Kunden möglichst deutlich und frühzeitigauf sein mehrsprachiges Angebot hinzuweisen. Üblich ist z.B. durchverlinkte Flaggensymbole, mittels derer der Kunde zu der gewünschtenSprachversion wechseln kann, auf allen Seiten über bereit gestellteSprachversionen zu informieren. Es existiert jedoch keine Verpflichtung,den Vertragsschluss in mehreren Sprachen anzubieten. 3 Steht nureine Sprache zur Verfügung, bedarf es nach überwiegender Ansichtkeiner Information darüber. 4ee) VerhaltenskodizesSofern der Unternehmer Verträge <strong>im</strong> elektronischen Geschäftsverkehrschließt, hat er nach 312e Abs. 1 Nr. 2 BGB i.V.m. § 3 Nr. 5 BGB-InfoV über sämtliche einschlägigen Verhaltenskodizes, denen er sichunterwirft, sowie die Möglichkeit eines elektronischen Zugangs zudiesen Regelwerken zu informieren. Da es sich um eine anbieterbezogeneInformation handelt, erwartet der Kunde diese <strong>im</strong> Impressum oderin den AGB. Im Regelfall wird der Unternehmer auch schon auf derStartseite oder sogar auf allen Seiten über Verhaltenskodizes informieren,da er sich zu werblichen Zwecken solchen unterwirft und dieseInformation dementsprechend werblich nutzen will. Die Unterwerfungunter einen Verhaltenskodex trägt maßgeblich zur Einhaltung der einschlägigengesetzlichen Vorgaben bei, was angesichts der Fülle und1a.A. Palandt/Grüneberg, § 3 BGB-InfoV, Rn. 4.2LG Berlin, Urteil v. 17.6.2003 – 16 O 743/02.3MünchKommBGB/Wendehorst, § 312e Rn. 85.4LG Frankenthal, JurPC Web-Dok. 117/2008; Hk-VertriebsR/Micklitz, § 312eRn. 93; a.A. MünchKommBGB/Wendehorst, § 312e Rn. 87.


A. Widerrufsfrist 243Unübersichtlichkeit der Informations- und Aufklärungspflichten einnicht zu unterschätzender Aspekt ist. 1 Zudem werden die Unternehmer<strong>im</strong> Rahmen der Kodizes regelmäßig in ein besonderes Beschwerde- undSanktionssystem eingebunden, das vertrauensbildend wirkt und demVerbraucher die Rechtsverfolgung erleichtert. 2Hat sich der Unternehmerkeinem Verhaltenskodex unterworfen, bedarf es keiner Fehlanzeige.3 Auch Anhang I Nrn. 1 und 3 der UGPRL enthält nun Regelungenzu Verhaltenskodizes.c) ZugangsbestätigungAus § 312e Abs. 1 Nr. 3 und 4 BGB ergeben sich technische Gestaltungspflichten,die das Vertrauen in den elektronischen Geschäftsverkehrauch nach der Bestellung des Kunden gewährleisten sollen. Nach§ 312e Abs. 1 Nr. 3 BGB muss der Unternehmer dem Kunden denBestellzugang „unverzüglich“ bestätigen, d.h. der Unternehmer mussden Zugang „ohne schuldhaftes Zögern“ (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB)bestätigen. 4 Der Unternehmer hat auch keinen Grund zu zögern, da erdurch die Bestätigung noch keine Willenserklärung abgibt. Die Zugangsbestätigungerfolgt <strong>im</strong> E-Commerce meist automatisch per Auto-Reply des Servers, der die Bestellung entgegenn<strong>im</strong>mt. Diese Zugangsbestätigungstellt eine geschäftsähnliche Handlung und damit keine aufden Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung dar. Häufig werdenEingangsbestätigungen jedoch versehentlich so formuliert, dass sie ungewolltals Vertragserklärung aufgefasst werden. 5Maßgeblich für dieEinordnung ist der objektive Empfängerhorizont. Die Gerichte urteilenhöchst unterschiedlich über identische Formulierungen.Nach einem Urteil des LG Köln stellt eine automatisch generierte E-Mail-Bestätigung mit dem Inhalt „Wir werden Ihren Auftrag umgehendbearbeiten“ eine verbindliche Bestellannahme dar. 6Die Formulierung„Wir senden Ihre Bestellung an die bei dem jeweiligen Artikel angegebeneAdresse“ spricht nach AG Hamburg-Barmbeck für eine Annahmeder Kundenbestellung, 7 während das LG Hamburg darin lediglich eine1Vander, K&R 2003, 339, 342.2ausführlich zu diesem Aspekt <strong>Föhlisch</strong>, DuD 2004, 74 ff.3Lütcke, Fernabsatzrecht, § 312e, Rn. 41; Palandt/Grüneberg, § 3 BGB-InfoV,Rn. 6.4Vgl. ausführlich hierzu Lütcke, Fernabsatzrecht, § 312e, Rn. 49 ff.5Lütcke, Fernabsatzrecht, § 312e, Rn. 46; Bodenstedt, MMR 2004, 719 ff.;Stockmar/Wittwer, CR 2005, 118, 119.6LG Köln, MMR 2003, 481 = CR 2003, 613; a.A. AG Frankfurt, CR 2002, 765= VuR 2003, 34.7AG Hamburg-Barmbeck, MMR 2004, 772; ähnlich AG Hamburg-Barmbeck,NJW-RR 2004, 412.


244 Teil 3 – Widerrufsfrist und AusübungBestellbestätigung und noch keine Annahmeerklärung sieht. 1DiesesGericht sieht auch in den Worten „Wir haben Ihre Bestellung wie folgtaufgenommen“ keine Annahmeerklärung. 2 Laut AG Wolfenbüttel stellthingegen eine E-Mail, in der zum Ausdruck kommt, dass eine Vertragsbestätigungnachfolgen wird, noch keine Annahme des Vertragsangebots,sondern eine Zugangsbestätigung dar. 3Nach LG Gießen bedeutet die in einer E-Mail enthaltene Erklärung„...wir wünschen Ihnen viel Freude mit der Sie in Kürze erreichendenBestellung“ dann keine bindende Annahme eines Vertragsangebots,wenn die E-Mail unverzüglich und automatisiert mit dem Zusatz „keineAuftragsbestätigung“ gekennzeichnet verschickt wird. 4 Weder die E-Mail-Betreffzeile „Eingangsbestätigung“ noch eine anders lautendeVertragsschlussklausel ändern laut zutreffender Ansicht des AG Dieburgaber den Vertragsschlusszeitpunkt, wenn in der E-Mail der Satzenthalten ist „Die Lieferung erfolgt nach Zahlungseingang. Bitte überweisenSie den Rechnungsbetrag auf folgendes Konto…“ Durch Zusageder Lieferung und Aufforderung zur Zahlung wird nach dem Empfängerhorizontbereits die Annahme der Bestellung erklärt. 5Gleiches gilt,wenn eine Zahlungsaufforderung am Bildschirm erscheint. Sobald dieseErklärung die Schnittstelle zum Verbraucher passiert, ist der Vertraggeschlossen.Der Unternehmer muss den Zugang der Bestellung „auf elektronischemWege“ bestätigen. Damit ist gemeint, dass der Unternehmer sichzur Bestätigung eines Telemediendienstes bedienen muss. 6Dies wirdhäufig eine E-Mail sein, es reicht aber auch aus, wenn dem Verbrauchernach der Bestellung am Bildschirm angezeigt wird, dass seine Bestellungzugegangen ist. Denn auch diese Kommunikationsform stellt als letzterProgrammschritt eines interaktiven Warenkataloges einen Telemediendiensti.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 TMG dar. So kann der Unternehmer seinePflicht auch gegenüber solchen Kunden erfüllen, die über keine E-Mail-Adresse verfügen oder diese aus Datenschutzgründen nicht preisgebenwollen. Der Regelfall wird freilich die E-Mail sein, weil mit dieserzugleich die Pflichten nach § 312c Abs. 2 BGB (teilweise) erfüllt werdenkönnen.1LG Hamburg, MMR 2005, 121 = CR 2005, 605.2LG Hamburg, NJW-RR 2004, 1568 = CR 2005, 227; ebenso LG Essen, NJW-RR 2003, 1207.3AG Wolfenbüttel, CR 2003, 622 = MMR 2003, 492.4LG Gießen, CR 2003, 856 = NJW-RR 2003, 1206.5AG Dieburg, Urteil v. 17.2.2005 – 22 C 425/04.6Vgl. Hk-VertriebsR/Micklitz, § 312e Rn. 101.


A. Widerrufsfrist 245d) Speicherbarkeit der Vertragsbest<strong>im</strong>mungenNach § 312e Abs. 1 Nr. 4 BGB muss der Unternehmer dem Kunden dieMöglichkeit verschaffen, die Vertragsbest<strong>im</strong>mungen einschließlich derAllgemeinen Geschäftsbedingungen „bei Vertragsschluss“ abzurufenund in wiedergabefähiger Form zu speichern. Abrufen ist inhaltlichgleichzusetzen mit der Möglichkeit, die letzte Seite vor Abgabe derBestellung und die AGB ausdrucken zu können, was sich bereits aus§ 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB herleiten lässt. 1 Mit wiedergabefähiger Formist die elektronische Form gemeint, d.h. der Kunde muss Dateien aufeinem Datenträger speichern können. 2Sofern sämtliche essentialia negotiinoch einmal auf der Bestellseite aufgelistet sind, lassen sich diesevor Abgabe der Bestellung in der Regel zwar ausdrucken, aber technischhäufig nicht ohne weiteres abspeichern (z.B. einfache ausgefüllteFormulare), sondern werden meist mit der Zugangsbestätigung oderBestellannahme per E-Mail an den Kunden geschickt.<strong>Das</strong> ist ausreichend, da der Kunde vor Abgabe seiner Vertragserklärungschon durch § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB geschützt ist, der über dasKriterium der Zumutbarkeit eine Speicherbarkeit, zumindest aber<strong>Dr</strong>uckbarkeit der AGB sicherstellt. Es genügt daher auch, wenn dervollständige Vertragstext erst nach Abgabe der Vertragserklärung desKunden, spätestens bis zur vollständigen Vertragserfüllung speicherbarist. 3Die Vorschrift will nicht die §§ 305 ff. BGB verschärfen, die denVerbraucher vorvertraglich ausreichend schützen. 4Die Pflicht ist aucherfüllt, wenn dem Kunden ein Link auf die Online-AGB und Vertragstextzur Verfügung gestellt wird. 5Die Zusendung per E-Mail ist aberempfehlenswert, weil bei Fernabsatzverträgen die Vertragsbest<strong>im</strong>mungen<strong>im</strong>mer auch in Textform mitgeteilt werden müssen. Nicht erforderlichist, dass die Speicherungsmöglichkeit über dasselbe elektronischeMedium gewährleistet wird, mit Hilfe dessen der Vertrag zustandegekommen ist. 6e) ZwischenergebnisDie Verknüpfung des Widerrufsfristbeginns mit der Erfüllung allerPflichten <strong>im</strong> elektronischen Geschäftsverkehr ist – soweit ersichtlich –1Hk-VertriebsR/Micklitz, § 312e Rn. 105.2MünchKommBGB/Wendehorst, § 312e Rn. 107; Glatt, ZUM 2001, 390, 391.3So auch MünchKommBGB/Wendehorst, § 312e Rn. 108 und Grigoleit, NJW2002, 1151, 1157; a.A. Hk-VertriebsR/ Micklitz, § 312e Rn. 105.4MünchKommBGB/Wendehorst, § 312e Rn. 102 f.; Lütcke, Fernabsatzrecht,§ 312e Rn. 57 ff; Boente/Riehm, Jura 2002, 222, 228; vgl. auch BT-<strong>Dr</strong>ucks.14/6040, S. 172.5Wilmer/Hahn/Hahn, § 312e, Rn. 16; Staudinger/Thüsing, § 312e Rn. 58.6Wilmer/Hahn/Hahn, § 312e, Rn. 16.


246 Teil 3 – Widerrufsfrist und Ausübungeuropaweit einmalig und verkompliziert die Belehrung über den Beginnder Widerrufsfrist unnötig. Zudem ist durch die Vielzahl der Voraussetzungenauf die Anzahl möglicher Fehlerquellen bei der Belehrungunnötig hoch. Zu begrüßen ist, dass diese durch den VRRL-E abgeschafftwird, was zu einer Vereinfachung der deutschen Vorschriftenführen würde. Da der Händler keinen Einfluss auf den technischenGeschehensablauf bei Internetplattformen wie eBay hat, schuldet derPlattformbetreiber dem Unternehmer regelmäßig die Ausgestaltungseiner technischen Infrastruktur gemäß den Vorgaben des § 312e BGB.Der Unternehmer ist allenfalls für die Informationserteilung verantwortlich,auch wenn diese in eBay-AGB enthalten sind. Der Verbrauchererwartet best<strong>im</strong>mte Informationen z.B. über den Bestellablaufnicht unter dieser Bezeichnung. Richtigerweise sind aber Kombinationenaus eigenen und Verlinkungen auf fremde Informationen möglich.III. Verlängerte Fristen<strong>Das</strong> europäische und das deutsche Recht kennen verschiedene verlängerteFristen, die jedoch nicht alle Sanktionscharakter haben. Wird erstnach Vertragsschluss über das <strong>Widerrufsrecht</strong> belehrt, verlängert sichdie Widerrufsfrist von 14 Tagen auf einen Monat (§ 355 Abs. 2 Satz 2BGB). Wird gar nicht oder fehlerhaft über das <strong>Widerrufsrecht</strong> belehrt,verlängert sich die Widerrufsfrist auf unbest<strong>im</strong>mte Zeit (§ 355 Abs. 3Satz 3 BGB). Bei Verletzung von Pflichten aus § 312c Abs. 2 oder§ 312e Abs. 1 Satz 1 BGB verlängert sich die Widerrufsfrist auf sechsMonate (§ 355 Abs. 3 Satz 1 BGB).1. MonatsfristWird erst nach Vertragsschluss über das <strong>Widerrufsrecht</strong> belehrt, verlängertsich die Widerrufsfrist von 14 Tagen auf einen Monat (§ 355Abs. 2 Satz 2 BGB). Die Monatsfrist hatte ursprünglich allerdings keinenSanktionscharakter, sondern war zur Entlastung vor allem derFinanzdienstleister gedacht, die seit Umsetzung der Heiniger-Entscheidung bei fehlerhaften Belehrungen einem unbefristeten <strong>Widerrufsrecht</strong>ausgesetzt sind, obwohl dies europarechtlich nicht zwingendist. Entscheidend für die Länge der Widerrufsfrist ist also der Zeitpunktdes Vertragsschlusses und der formgerechten Belehrung. Hier bestehenzwischen „normalen“ Onlineshops und Auktionsplattformen wie eBaywesentliche Unterschiede.


A. Widerrufsfrist 247a) Vertragsschluss in Onlineshops und bei eBayIn einem Onlineshop kann der Vertragsschluss verschieden gestaltetwerden. In der Regel handelt es sich bei dem Warenangebot noch nichtum ein verbindliches Vertragsangebot, sondern um eine sogenannteinvitatio ad offerendum. 1In diesem Fall unterbreitet der Kunde mitseiner Bestellung ein verbindliches Vertragsangebot. Der Händler kanndieses dann annehmen oder nicht und erst in diesem Moment ist derVertrag geschlossen. Die Annahme erfolgt regelmäßig per E-Mail, kannaber auch durch Aussonderung oder Auslieferung erfolgen. Wird eineE-Mail versendet, kann diese eine bloße Bestätigung des Zugangs derBestellung i.S.v. § 312e Abs. 1 Nr. 3 BGB oder die Annahme der Bestellungdarstellen. Die Erklärungen in der E-Mail des Unternehmers sindnach dem objektiven Empfängerhorizont zu beurteilen. Wird der Kundez.B. zur Zahlung per Vorkasse aufgefordert oder hat die E-Mail bereitsdie Form einer Rechnung, kann der Verbraucher diese nur als Annahmeseiner Bestellung verstehen, auch wenn in der E-Mail an anderer Stelleerklärt wird, ein Vertrag sei noch nicht zustande gekommen. 2Im Fall von eBay ist hingegen bereits das Warenangebot ein verbindlichesVertragsangebot, das durch die Bestellung (Höchstgebot) desKunden angenommen wird, so dass in diesem Moment der Vertraggeschlossen ist (bei der „Sofort-Kaufen“-Option) oder mit Zeitablaufder Auktion zustande kommt (bei der „Auktion“-Option). 3 Bis zu diesemZeitpunkt besteht für den Unternehmer keine Möglichkeit, dieIdentität oder Kontaktdaten des Bieters zu erfahren, so dass eine Widerrufsbelehrungin Textform, d.h. per Brief, Fax oder E-Mail zwingenderst eine „juristische Sekunde“ nach Annahme des Angebotsdurch den Verbraucher erfolgen kann. 4b) BelehrungszeitpunktWird erst nach Vertragsschluss über das <strong>Widerrufsrecht</strong> belehrt, verlängertsich die Widerrufsfrist nach dem Wortlaut des § 355 Abs. 2Satz 2 BGB von zwei Wochen auf einen Monat. Nicht ausdrücklichgeregelt ist jedoch, wann genau die Textformbelehrung erfolgen muss,damit die reguläre Zweiwochenfrist zur Anwendung kommt.1So z.B. auch bei Angeboten auf dem amazon-marketplace, vgl. LG Berlin, MMR2007, 734 = CR 2008, 198 (Ls.) = ITRB 2008, 82; LG Stralsund, Urteil v.07.11.2008, 7 O 310/07.2AG Dieburg, Urteil v. 14.2.2005, 22 C 425/04.3Vgl. § 10 eBay AGB; OLG Stuttgart, MMR 2008, 616, 617; OLG Jena, WRP2007, 1008; OLG Köln, MMR 2007, 713; dazu auch Woitkewitsch/Pfitzer, MDR2007, 61, 63.4Bonke/Gellmann, NJW 2006, 3169, 3171.


248 Teil 3 – Widerrufsfrist und Ausübungaa) Vor Abgabe der VertragserklärungZuweilen wird vertreten, eine Textformbelehrung sei bereits „vor Abgabeder Vertragserklärung“ erforderlich, damit eine Zweiwochenfristzur Anwendung komme. Eine solche Ansicht verkennt jedoch die <strong>im</strong>Fernabsatzrecht verankerte Systematik der Zweistufigkeit der flüchtigenWiderrufsinformation und textformgebundenen Belehrung und findet<strong>im</strong> Gesetz keine Stütze. Anders als etwa bei Verträgen über Finanzdienstleistungenin § 312c Abs. 2 Nr. 2 BGB geregelt ist für die Anwendungder Zweiwochenfrist keine Information vor Abgabe der Vertragserklärungerforderlich, sondern eine Belehrung nicht nachVertragsschluss. Vor Abgabe der Vertragserklärung ist nach § 312cAbs. 1 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV lediglich eine nichtformgebundene Information über das <strong>Widerrufsrecht</strong> erforderlich.§ 355 Abs. 2 S. 2 BGB lässt nicht den Rückschluss zu, dass wenn eineBelehrung nach Vertragsschluss zu einer Monatsfrist führt, eine Belehrungvor Vertragsschluss zur Anwendung der Zweiwochenfrist erforderlichsei. 1Vielmehr wäre eine Belehrung in Textform vor Abgabe der Vertragserklärungsogar sinnlos, da eine solche Belehrung mangels hinreichendenBezugs auf das konkrete Rechtsgeschäft unwirksam ist. 2 Die Erteilungder Widerrufsbelehrung vor Vertragsabschluss entspricht nicht dengesetzlichen Erfordernissen. Dem mit der Einräumung eines <strong>Widerrufsrecht</strong>sbezweckten Schutz des Verbrauchers widerspricht es, dass seinegesetzlich vorgeschriebene Belehrung über das ihm zustehende Rechtzum Widerruf seiner auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungbereits vor deren Abgabe erteilt wird.Die Belehrung soll dem Verbraucher sein <strong>Widerrufsrecht</strong> klar unddeutlich vor Augen führen. Dieses Ziel wird aber nur dann erreicht,wenn sich die Belehrung auf eine konkrete Vertragserklärung desVerbrauchers bezieht. <strong>Das</strong> setzt voraus, dass der Verbraucher eine solcheVertragserklärung bereits abgegeben hat oder zumindest zeitgleichmit der Belehrung abgibt. Denn nur unter dieser Voraussetzung stehtihm eine Entscheidungsfreiheit zu, die durch die Gewährung einer nachträglichenÜberlegungsfrist wiederhergestellt werden soll. 3Dagegen isteine Widerrufsbelehrung, die dem Verbraucher bereits vor der Abgabeder Vertragserklärung erteilt worden ist, von vornherein mit dem mitzunehmendem zeitlichen Abstand <strong>im</strong>mer größer werdenden Risikobehaftet, dass dieser sie zum Zeitpunkt der Abgabe seiner Vertragserklärungbereits wieder vergessen hat. Dementsprechend vermag die dem1<strong>Föhlisch</strong>/Hoffmann, NJW <strong>2009</strong>, 1175.2Vgl. BGH, NJW 2002, 3396, 3398 = WRP 2002, 1263, 1265.3BGH, NJW 2002, 3396, 3398 = WRP 2002, 1263, 1265.


A. Widerrufsfrist 249Verbraucher eingeräumte Bedenkfrist unter dieser Voraussetzung ihrenSinn nicht zu erfüllen. 1bb) Vor VertragsschlussMöglich ist (bei Onlineshops) eine Belehrung nach Abgabe der Vertragserklärungdes Verbrauchers aber vor der Annahmeerklärung desUnternehmers, etwa zusammen mit der Bestätigung des Zugangs derBestellung nach § 312e Abs. 2 Nr. 3 BGB, also „vor Vertragsschluss“,aber nicht vor Abgabe der Vertragserklärung. Dies ist derzeit sicherlichdie sicherste Methode, um die Zweiwochenfrist bei Onlineshops zurAnwendung zu bringen. Erforderlich ist diese Methode jedoch nicht. 2cc) Bei VertragsschlussVielmehr ergibt sich <strong>im</strong> Umkehrschluss aus dem Wortlaut des § 355Abs. 2 S. 2 BGB, dass der Verkäufer den Verbraucher über das zweiwöchige<strong>Widerrufsrecht</strong> auch in Textform belehren kann, indem er dieWiderrufsbelehrung „bei“ Vertragsschluss, und zwar <strong>im</strong> Sinne von„zeitgleich mit der Annahmeerklärung“ übermittelt. 3 Eine Belehrung zudiesem Zeitpunkt ist jedoch bei eBay-Verkäufen anders als bei Onlineshopsnicht möglich. 4dd) Nach VertragsschlussDie aus Verbrauchersicht vergleichbaren Fälle des Vertragsabschlussesüber „normale“ Onlineshops einerseits oder über die Plattform eBayandererseits unterscheiden sich also aus juristischer Sicht. Während <strong>im</strong>ersten Fall für den Unternehmer ohne Weiteres die Möglichkeit besteht,durch Übersendung der Widerrufsbelehrung vor oder zeitgleich mitseiner Annahmeerklärung die zweiwöchige Widerrufsfrist zur Anwendungzu bringen, ist dies für einen eBay-Händler nach h.M. nicht möglich.Der eBay-Händler wäre also benachteiligt. <strong>Das</strong> ist umso verwunderlicher,als das eBay-Vertragsschlussmodell verbraucherfreundlicherist, da der Verbraucher mit seiner Bestellung in jedem Fall einen Erfüllungsanspruchund nicht noch die Ungewissheit hat, ob der Unternehmerseine Bestellung ann<strong>im</strong>mt oder nicht.Die Rechtsprechung n<strong>im</strong>mt dieses zweifelhafte Ergebnis bislang hin,indem die h.M. zur Textform zugrunde gelegt und auf den Wortlaut des§ 355 Abs. 2 S. 2 BGB abgestellt wird. Eine nähere Analyse von Syste-1BGH, NJW 2002, 3396, 3398 = WRP 2002, 1263, 1265.2<strong>Föhlisch</strong>/Hoffmann, NJW <strong>2009</strong>, 1175.3LG Berlin, MMR 2007, 734 = CR 2008, 198 (Ls.) = ITRB 2008, 82; LG MünchenI, Beschluss v. 1.12.2006, 7 O 21380/06; Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2005, 3377,3378; Buchmann, K&R, 2007, 14, 17.4<strong>Föhlisch</strong>/Hoffmann, NJW <strong>2009</strong>, 1175


250 Teil 3 – Widerrufsfrist und Ausübungmatik, Historie und Zweck der Norm findet nur vereinzelt statt. 1 Demgegenüberplädieren zahlreiche St<strong>im</strong>men in der Literatur für eine Fristlängevon zwei Wochen auch bei eBay. Hierfür werden unterschiedlicheArgumente vorgebracht.c) § 312c Abs. 2 BGB lex specialis gegenüber §§ 355ff. BGBVereinzelt wird angenommen, dass die Regelung des § 312c Abs. 2BGB als Spezialgesetz Vorrang vor dem allgemeinen § 355 Abs. 2 BGBhabe. 2 § 355 Abs. 2 BGB wolle jene Fälle regeln, bei denen eine Belehrungin Textform vor oder bei Vertragsschluss faktisch möglich sei.Soweit Sachverhalte bestünden, wie der Fall bei eBay, bei denen diesnicht möglich sei, greife als speziellere Norm § 312c Abs. 2 Nr. 2 BGBein. <strong>Das</strong> Spezialitätsverhältnis ergebe sich bereits aus der Systematik desGesetzes. § 312c Abs. 2 Nr. 2 BGB regele die Belehrungspflicht in Textformfür Warenlieferungen und § 312c Abs. 2 Nr. 1 BGB stelle wiederumeine Sonderregelung für Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungendar, wonach nur dort eine Belehrung in Textform vorVertragsschluss zu erfolgen habe. Für Online-Versteigerungen reiche esdemnach aus, wenn der Unternehmer seiner Informationspflicht, welcheu.a. die Widerrufsbelehrung gem. § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoVumfasst, „alsbald, spätestens bis zur vollständigen Erfüllung des Vertrages“nachkomme.Die überwiegende Rechtsprechung lehnt einen Vorrang des § 312cAbs. 2 BGB gegenüber den § 355 ff. BGB jedoch ab. 3 § 312c Abs. 2i.V.m. § 1 BGB-InfoV und §§ 355 ff. BGB regelten völlig unterschiedlicheProblemkreise. Auch habe der Gesetzgeber in § 312d Abs. 6 BGBausdrücklich best<strong>im</strong>mt, dass sich für best<strong>im</strong>mte Fernabsatzverträge dieWertersatzpflicht abweichend von § 357 Abs. 1 BGB best<strong>im</strong>me. DieseVorschrift mache keinen Sinn, wenn §§ 355 ff., insbesondere § 357BGB, bei Fernabsatzverträgen gar nicht gelten sollten. 4d) Teleologische Reduktion des § 355 Abs. 2 S. 2 BGBEine weit verbreitete Ansicht kommt <strong>im</strong> Wege der teleologischen Reduktiondes § 355 Abs. 2 S. 2 BGB zu dem Ergebnis, dass auch beieBay-Verkäufen eine zweiwöchige Frist Anwendung finden kann. Hierbeiwerden verschiedene Zeitspannen angenommen, binnen derer dieformgerechte Belehrung noch erfolgen darf.1So z.B. vom OLG Köln, MMR 2007, 713, 716.2OLG Hamburg, MMR 2007, 660 m. Anm. Solmecke; LG Flensburg, MMR2006, 686, 687; LG Paderborn, MMR 2007, 191; Kaufmann, CR 2006, 764, 766.3OLG Stuttgart, MMR 2008, 616, 617; OLG Köln, MMR 2007, 713 m.w.N.4OLG Stuttgart, MMR 2008, 616, 617;


A. Widerrufsfrist 251aa) Belehrung „alsbald nach Vertragsschluss“So wird argumentiert, die Einführung des § 355 Abs. 2 S. 2 sei miteinem Redaktionsversehen des Gesetzgebers zu erklären. 1 Die Norm seiso zu lesen, dass „nach Vertragsschluss“ in Bezug auf Fernabsatzgeschäfteersetzt werde durch „nicht alsbald nach Vertragsschluss.“ 2Hiergegen wird allerdings eingewendet, dass der Gesetzgeber bei demErlass des Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträgebei Finanzdienstleistungen (2004) die Regelung des § 355 BGBunverändert gelassen hat. 3Außerdem widerspreche die vorgeschlageneDeutung des Norminhalts dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift. 4Gegen dieses Gegenargument lässt sich jedoch anführen, dass der Gesetzgeberauch trotz Kenntnis gravierender Mängel der Musterwiderrufsbelehrung5 diese <strong>im</strong> Jahr 2004 ebenfalls nicht korrigiert hat und <strong>im</strong>Jahr 2008 sehr deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass er die Monatsfristfür eBay-Verkäufer für nicht sachgerecht hält und diese mithinnie beabsichtigt hat. 6bb) Keine Unterbrechung des GeschehensablaufsWeiterhin wird vertreten, von einer nachträglichen Belehrung <strong>im</strong> Sinneder Vorschrift sei nicht schon dann auszugehen, wenn die Widerrufsbelehrung<strong>im</strong> Anschluss an die zum Vertragsschluss führenden Erklärungenbeider Parteien mitgeteilt wird. Erforderlich sei vielmehr, dass zwischenVertragsschluss und Widerrufsbelehrung eine Unterbrechung desGeschehensablaufes liegt, weil es andernfalls auf den oftmals zufälligenUmstand ankäme, ob der Verbraucher zuerst das Vertragsformularunterzeichnet und dann die Widerrufsbelehrung ausgehändigt bekommtoder ob dies umgekehrt der Fall ist. 7 Daher sei die herrschende Rechtsprechungzur Monatsfrist in denjenigen Fällen problematisch, in denender Verbraucher nach Ablauf der Auktion in einem automatisiertenVorgang quasi sofort die notwendigen Informationen per E-Mail übersandterhält. Unter dieser Voraussetzung könne noch von einer Information„bei“ statt „nach“ Vertragsschluss gesprochen werden. 81Kaestner/Tews, WRP 2004, 509, 513.2Kaestner/Tews, WRP 2004, 509, 513; so auch Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2005,3377, 3378.3Schlömer/Dittrich, K&R 2006, 373, 377.4Buchmann, K&R, 2007, 14, 18 m.w.N; Bonke/Gellmann, NJW 2006, 3169,3172.5Diese wurden frühzeitig aufgezeigt von Masuch, NJW 2002, 2931.6<strong>Föhlisch</strong>/Hoffmann, NJW <strong>2009</strong>, 1175; Dazu sogleich unter Teil 3 A III 1 e) bb).7MünchKommBGB/Ulmer, 4. Aufl., § 355, Rn. 53; MünchKommBGB/Masuch,5. Aufl., § 355, Rn. 54; Martis/Meinhof, MDR 2004, 4, 6; Hoffmann, MMR 2006,676, 677.8Hoffmann, NJW 2007, 2594, 2595.


252 Teil 3 – Widerrufsfrist und Ausübungcc) Belehrung innerhalb der regelmäßigen LieferzeitSchließlich wird vertreten, der Anwendungsbereich des § 355 Abs. 2S. 2 BGB sei um die Fälle zu reduzieren, in denen zwischen Vertragsschlussund Widerrufsbelehrung nur die normale Lieferfrist der Wareliegt. 1 Die Konsequenz, dass die Norm zu einer Verlängerung der Fristbei eBay-Händlern führen könne, habe der Gesetzgeber bei der Novellierungdes § 355 Abs. 2 ersichtlich nicht bedacht. Neben der Gesetzgebungsgeschichtespreche auch der systematische Zusammenhang gegeneine Anwendung von § 355 Abs. 2 auf Fälle, in denen die Belehrung inTextform dem Vertragsschluss unmittelbar folgt, hebele diese Regelungdoch das Gefüge von vorvertraglichen formfreien und nachvertraglichenformgebundenen Informationen komplett aus. Auch der Zweckder Norm und die Betrachtung der Folgen einer eng am Wortlaut orientiertenAuslegung sprächen für eine teleologische Reduktion der Vorschrift.Daher sei die Norm einschränkend auszulegen und nur aufsolche Fälle anzuwenden, in denen zwischen Vertragsschluss und Widerrufsbelehrungdeutlich mehr Zeit als die regelmäßige Lieferfristliegt. 2e) StellungnahmeDer h.M. ist zuzust<strong>im</strong>men, dass § 312c Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB fürFernabsatzverträge keine den §§ 355 ff. BGB vorgehende Spezialregelungenthält. Ein Spezialitätsverhältnis zwischen den Vorschriften bestehtteilweise eher umgekehrt, da sich § 312c Abs. 2 Satz 1 BGB aufdie bei jedem Fernabsatzgeschäft vorzunehmenden Pflichtangaben bezieht,während z.B. § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB eine keineswegs verpflichtendeAbbedingung von §§ 357 Abs. 1 Satz 1, 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3,2. Hs. BGB betrifft. 3 Insgesamt geht es bei § 312c BGB um Informationspflichtenund deren Erfüllung, bei den §§ 355 ff. BGB darum, welcheRechtsfolgen aus einer zu einem best<strong>im</strong>mten Zeitpunkt erteiltenoder eben nicht erteilten Information erwachsen. 4Zutreffend ist jedoch schon nach jetziger Rechtslage entgegen derüberwiegenden Rechtsprechung von einer zweiwöchigen Widerrufsfristbei eBay-Verkäufen auch dann auszugehen, wenn die Belehrung unverzüglichnach Vertragsschluss in Textform mitgeteilt wird, z.B. durchVersand einer E-Mail unmittelbar nach Abschluss der Auktion. 5 Zwar1Schirmbacher, CR 2006, 673, 677.2Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312d, Rn. 68.3OLG Köln, GRUR-RR 2008, 88, 91; OLG Stuttgart, MMR 2008, 616, 617;OLG Düsseldorf, BeckRS 2008, 08624; Mankowski, jurisPR-ITR 10/2006 Anm. 3;Roggenkamp, jurisPR-ITR 7/2007 Anm. 3.4OLG Stuttgart, MMR 2008, 616, 617 zu § 357 Abs. 3 BGB.5<strong>Föhlisch</strong>/Hoffmann, NJW <strong>2009</strong>, 1175.


A. Widerrufsfrist 253ist der Gegenansicht insoweit zuzust<strong>im</strong>men, als die Tatsache, dass Anbieterwie z.B. eBay keine technischen Möglichkeiten vorsehen, dieBelehrung zusammen mit der Annahmeerklärung zu versenden, nichtals Argument dafür dienen kann, die Anforderungen an die Textformherabzusenken. 1Eine Einschränkung des Anwendungsbereichs ist jedochaus anderen Gründen geboten.aa) Systematik§ 355 Abs. 2 S. 2 BGB führt die Differenzierung des § 312c Abs. 2Nr. 1 und Nr. 2 und die Zweistufigkeit des Fernabsatzrechts aus vorvertraglicherflüchtiger Information einerseits und Textformbelehrungandererseits zwar nicht ad absurdum. 2 Denn auch § 355 Abs. 2 S. 2BGB fordert nicht eine zwingende Belehrung in Textform vor Vertragsschlussfür alle Arten von Fernabsatzgeschäften, 3sondern eine Belehrungbei Vertragsschluss, also nach Abgabe der Vertragserklärung undzusammen mit der Annahmeerklärung. 4 Für den Fernabsatz von Nicht-Finanzdienstleistungen gelten daher weniger strenge Regeln.Gleichwohl ist die Knüpfung einer vermeintlichen Sanktion an dieBelehrung in Textform noch vor dem Zeitpunkt, den Art. 5 Abs. 1FARL („spätestens zum Zeitpunkt der Lieferung“) vorsieht, ein Fremdkörperin der Systematik des Fernabsatzrechts. Die FARL kennt einedre<strong>im</strong>onatige Sanktionsfrist nur für den Fall, dass die textformgebundenenInformationspflichten überhaupt nicht erfüllt werden. Werdendie Pflichten nachgeholt, beginnt nach Art. 6 Abs. 1 FARL die reguläreFrist zu laufen. Die deutsche Monatsfrist stellt sich also als ein nationaleshöheres Verbraucherschutzniveau dar, das nach dem Mindestharmonisierungsprinzipder FARL zwar möglich ist, nach dem geplantenVollharmonisierungsprinzip des VRRL-E, in dem ebenfalls keine Monatsfristverankert ist, jedoch einen Verstoß gegen Gemeinschaftsrechtdarstellen würde. 5bb) EntstehungsgeschichteEindeutig gegen die Anwendung des § 355 Abs. 2 S. 2 BGB <strong>im</strong> Warenfernabsatzals Sanktion für eBay-Händler spricht die Entstehungsgeschichteder Norm. Am 30.6.2000 traten die wesentlichen Teile desFernAbsG in Kraft. Damals gab es keine Monatsfrist, sondern nur eineViermonatsfrist für den Fall, dass textformgebundene Informations-1Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten, S. 13; Woitkewitsch/Pfitzer,MDR 2007, 61, 62; Bonke/Gellmann, NJW 2006, 3169, 172.2So aber Schirmbacher, CR 2006, 673, 675.3So Schirmbacher, CR 2006, 673, 675.4Vgl. oben Teil II 2.5<strong>Föhlisch</strong>/Hoffmann, NJW <strong>2009</strong>, 1175.


254 Teil 3 – Widerrufsfrist und Ausübungpflichten nicht erfüllt werden (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 FernAbsG). Seit demSMG findet sich das allgemeine <strong>Widerrufsrecht</strong> in § 355 BGB. Im Zugeder weiteren Vereinheitlichung der besonderen <strong>Widerrufsrecht</strong>e 1 wurdedie Höchstfrist in § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB auf sechs Monate verlängert.Die Monatsfrist gab es jedoch auch zu diesem Zeitpunkt nochnicht. 2Da das vereinheitlichte <strong>Widerrufsrecht</strong> hinsichtlich der Höchstfristvon sechs Monaten nach Ansicht des historischen Gesetzgebers 3nichtmit den Vorgaben der Haustürwiderrufsrichtlinie vereinbar war, wurde§ 355 Abs. 3 Satz 3 BGB in hastiger Umsetzung des Heininger-Urteils 4durch das OLGVertrÄndG dahingehend neu gefasst, dass das <strong>Widerrufsrecht</strong>überhaupt nicht erlischt, wenn der Verbraucher nicht ordnungsgemäßüber sein <strong>Widerrufsrecht</strong> belehrt worden ist. Hiermit wurdedas Mindestniveau der FARL erneut erheblich überschritten, siehtdoch die Richtlinie ein Erlöschen des <strong>Widerrufsrecht</strong>es spätestens nachdrei Monaten vor. 5Bei dem OLGVertrÄndG handelt es sich um ein Artikelgesetz, dasam Ende der 14. Legislaturperiode unter großem Zeitdruck zahlreicheNeuregelungen einführte. Der Name täuscht darüber hinweg, dass inArt. 25 dieses Gesetzes mit der unendlichen Widerrufsfrist für sämtlicheVerbraucherverträge bei fehlerhafter Belehrung einer der folgenreichstenEingriffe in die Vertragsfreiheit des BGB vorgenommen wurde. ImRegierungsentwurf vom April 2002 6 waren noch gar keine Änderungenan § 355 BGB vorgesehen. Erst der Rechtsausschuss legte dann <strong>im</strong> JuniVorschläge vor, die der Heininger-Entscheidung Rechnung tragen solltenund eine endlose Frist bei fehlenden oder fehlerhaften Widerrufsbelehrungenvorsahen. 7Um diesen erheblichen Eingriff in die Berufsfreiheit zahlreicher Unternehmer,die ohne europarechtliche Notwendigkeit gleichwohl miteiner unendlichen Frist belastet wurden, zu kompensieren, ergriff derGesetzgeber <strong>im</strong> Laufe des Verfahrens zwei flankierende Maßnahmenzur Entlastung der Unternehmer. 8Erstens wurde die erste Version derMusterbelehrung eingeführt, um den Unternehmer angesichts der kom-1Ausführlich dazu: Rott, VuR 2001, 78 ff.2Teil 1 B V 1.3Ob diese Ansicht zutreffend war, ist nach einer aktuellen EuGH-Entscheidungzweifelhaft. Vgl. EuGH, Urteil v. 10.4.2008 – C-412/06, NJW 2008, 1865.4EuGH NJW 2002, 281 (Heininger ./. Hypo Vereinsbank).5<strong>Föhlisch</strong>/Hoffmann, NJW <strong>2009</strong>, 1175.6Gesetzentwurf Bundesregierung v. 11.04.2002 BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/8763.7Beschlussempfehlung und Bericht Rechtsausschuss, BT-<strong>Dr</strong>ucksache 14/9266,S. 20 und 45 f.8Meinhof, NJW 2002, 2273, 2275 spricht von „misslichen Konsequenzen“, die„relativiert werden“.


A. Widerrufsfrist 255plizierten Belehrungssituation und den unverhältnismäßig einschneidendenSanktionen bei Fehlern mittels eines „Formblatts“ eine korrekteBelehrung zu ermöglichen. 1 Zweitens wurde in § 355 Abs. 2 S. 2 BGBeine eigene Frist für die nachträgliche Belehrung geschaffen, die einenMonat beträgt. 2Diese zweite Maßnahme diente vor allem dazu, den Sorgen der Bankenvor einer europarechtlich nicht gebotenen endlosen Frist beiFalschbelehrungen zu begegnen. In der dritten Beratung des SMG formulierteder Rechts- und Wirtschaftsausschuss die Befürchtung, dasssich Banken noch Jahre nach Vertragsschluss den Widerrufen vonVerbrauchern ausgesetzt sähen, ohne dass dies mit einem EuGH-Urteiloder aus sonstigen Verbraucherschutzerwägungen zu rechtfertigen sei. 3Erst <strong>im</strong> Vermittlungsausschuss wurde eine Regelung gefunden, die eineNachbelehrung überhaupt gestattete. Insbesondere der Bundesrat wolltediese Möglichkeit ausdrücklich regeln. 4Die eher als verbraucherdennals bankenfreundlich bekannte Abgeordnete Höhn sprach sichhingegen energisch gegen die Einführung der Monatsfrist aus, da dieVerbraucher hierdurch gehindert würden, bei nicht rechtzeitiger formgerechterBelehrung unbefristet widerrufen zu können, etwa wenn ihmeine „Schrott<strong>im</strong>mobilie“ verkauft worden sei und er sich vom verbundenenKreditvertrag lösen wolle. 5Genau vor diesem endlosen <strong>Widerrufsrecht</strong>sollte dann die Monatsfrist die Unternehmer schützen. 6Vieles spricht mithin dafür, dass der Gesetzgeber das Problem derFristverlängerung (statt Fristbegrenzung) bei Belehrung nach Vertragsschlussbei Fernabsatzgeschäften überhaupt nicht gesehen hat. 7 Zumindesthatte die Monatsfrist ganz eindeutig keinen Sanktionscharakter,sondern Entlastungscharakter für Unternehmer. 8 Die nur auf der rechtlichenKonstruktion des Vertragsschlusses basierende Ungleichbehandlungder eBay-Händler gegenüber sonstigen Händlern <strong>im</strong> Fernabsatzdurch die gegenwärtig überwiegende Rechtsprechung soll durch eineausdrückliche Gesetzesänderung zum 31.10.<strong>2009</strong> abgeschafft werden. 91Diese gut gemeinte Aktion erwies sich später allerdings als Bärendienst. Dazu<strong>Föhlisch</strong>, MMR 2007, 139 ff.2<strong>Föhlisch</strong>/Hoffmann, NJW <strong>2009</strong>, 1175.3Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses, BR-<strong>Dr</strong>ucks. 503/1/02, S. 6;vgl. schon <strong>Dr</strong>. Norbert Röttgen, Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 240.Sitzung, 7.06.2002, Plenarprotokolle, S. 24094.4T<strong>im</strong>merbeil, NJW 2003, 569, 570, Fn. 10.5Höhn, Plenarprotokoll 777 des Bundesrates vom 21.6.2002, S. 374, 375.6<strong>Föhlisch</strong>/Hoffmann, NJW <strong>2009</strong>, 1175.7Schirmbacher, CR 2006, 673, 675.8<strong>Föhlisch</strong>/Hoffmann, NJW <strong>2009</strong>, 1175.9BGB-RegE, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 16/11643 v. 21.1.<strong>2009</strong>; Inkrafttreten nach Art. 11 geplantzum 31.10.<strong>2009</strong>. Dazu Teil 7 B I.


256 Teil 3 – Widerrufsfrist und AusübungAuch dies zeigt, dass der Gesetzgeber eine Ungleichbehandlung niebeabsichtigt hat. Eine Belehrung in Textform „unverzüglich nach Vertragsschluss“soll demnach der Belehrung bei Vertragsschluss gleichgestelltwerden.cc) Sinn und Zweck§ 355 Abs. 2 S. 2 BGB hat also die Zielrichtung, dass der Unternehmerdurch Nachholen der Belehrung in Textform verhindern können soll,dass dem Verbraucher ein unbefristetes <strong>Widerrufsrecht</strong> verbleibt. 1Dieebenso häufig behauptete Zielrichtung, der Unternehmer solle durch dievermeintliche Sanktion der Fristverlängerung angehalten werden, dieformgerechte Belehrung möglichst schon bei Vertragsschluss zu erteilen,ist historisch nicht belegt. Die Norm ist also keine Verbraucherschutz-,sondern eine Unternehmerschutzvorschrift.Es besteht auch kein Schutzbedürfnis des Verbrauchers, der eine E-Mail nicht zusammen mit der Bestellannahme, sondern direkt nachZustandekommen des Onlinegeschäfts erhält. Der Verbraucher ist gemäߧ 312c Abs. 1 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV bereitszuvor über sämtliche Einzelheiten und Rechtsfolgen des <strong>Widerrufsrecht</strong>esin flüchtiger Form zu informieren. Eine Anwendung des § 355Abs. 2 S. 2 BGB ist allenfalls dann gerechtfertigt, wenn zwischen demVertragsschluss und der Belehrung so viel Zeit liegt, dass der Verbrauchersich an den Inhalt des Vertrages kaum noch erinnern kann undsomit mehr Zeit braucht, um zu überlegen, ob er daran festhalten willoder nicht. 2 Einer Verlängerung bedarf es jedoch nicht, wenn der Vertragsschlussund die Widerrufsbelehrung in Textform in so kurzer zeitlicherFolge liegen, dass es keine Rolle spielt, was zuerst erfolgt. DerVerbraucher hat dann ausreichend Zeit, sich seiner Rechte ohne Veränderungsmöglichkeitdurch den Unternehmer „schwarz auf weiß“ Gewahrzu werden und ggf. von seinem <strong>Widerrufsrecht</strong> Gebrauch zu machen.3dd) GemeinschaftsrechtAngesichts des nicht vorhandenen Sanktionscharakters des § 355Abs. 2 S. 2 BGB wollte der Gesetzgeber zwar nicht das Mindestniveauder FARL durch Einführung einer zusätzlichen Sanktionsfrist bewusstüberschreiten; die Norm ist jedoch von der FARL gedeckt, die insoweitnur Mindestvorgaben macht. Allerdings ist § 355 Abs. 2 S. 2 BGB inseiner allgemeinen Geltung für alle Verbraucherverträge zumindest mit1MünchKommBGB/Masuch, 5. Aufl., § 355 Rn. 54; Hoffmann, MMR 2006,676, 677.2Schirmbacher, CR 2006, 673, 675.3<strong>Föhlisch</strong>/Hoffmann, NJW <strong>2009</strong>, 1175.


A. Widerrufsfrist 257Blick auf Finanzdienstleistungen gemeinschaftsrechtwidrig, weil diedem Vollharmonisierungsprinzip folgende FARLFDL eine Monatsfristnicht vorsieht. 1 Bei nachträglicher Erfüllung der Informationspflicht ausArt. 3 Abs. 1 Nr. 3 a) FARLFDL, die mit der in der Nachbelehrungi.S.d. § 355 Abs. 2 S. 2 BGB erfolgt, wird vielmehr gemäß Art. 6 Abs. 1S. 3, 2. Spiegelstrich FARLFDL der Lauf der regulären Widerrufsfristvon 14 Kalendertagen in Gang gesetzt, nicht eine Monatsfrist. Wegendes Vollharmonisierungsprinzips darf der deutsche Gesetzgeber hiervonnicht abweichen. Auch der VRRL-E sieht keine Monatsfrist bei spätererBelehrung vor, sondern nur eine dre<strong>im</strong>onatige Frist bei fehlender Belehrungüber das <strong>Widerrufsrecht</strong> (Art. 13 VRRL-E).Überdies wird die Ansicht vertreten, der EuGH habe mit Blick aufHaustürgeschäfte in der Heininger-Entscheidung dem Unternehmergenerell die Möglichkeit genommen, die Belehrung nachzuholen. 2 Auchaus diesem Grund könnte die Regelung des § 355 Abs. 2 S. 2 in ihrerGeltung für alle Verbrauchergeschäfte – u.a. auch Haustürgeschäfte –gemeinschaftsrechtswidrig sein. Angesichts dieser Bedenken wäre derGesetzgeber also gut beraten, die Vorschrift des § 355 Abs. 2 S. 2 ersatzloszu streichen, 3 oder zumindest eine differenzierte Regelung einzuführen,die den europäischen Vorgaben zu den verschiedenen Direktvertriebsformengenügt.2. Kauf auf ProbeDie Widerrufsfrist des fernabsatzrechtlichen <strong>Widerrufsrecht</strong>es kannnach zutreffender Auffassung des BGH 4 nicht durch die Billigungsfristdes Kaufs auf Probe (§ 454 BGB) ersetzt werden. Bei einem Kauf aufProbe kommt ein Kaufvertrag <strong>im</strong> Zweifel unter der aufschiebendenBedingung der Billigung der Ware durch den Käufer zu Stande. Da erstdie Billigung des Käufers den zunächst auf Probe abgeschlossenenKaufvertrag voll wirksam macht und den Käufer vertraglich bindet, istdie Billigung der maßgebliche Zeitpunkt, von dem an die Widerrufsfristfür die auf den Abschluss des Verbrauchervertrags gerichtete Willenserklärungdes Käufers zu laufen beginnt.Die mit der Billigungsfrist des § 455 BGB einerseits und des <strong>Widerrufsrecht</strong>snach § 312d BGB andererseits verfolgten Zwecke sind unterschiedlich.Während mit der Übergabe der Sache be<strong>im</strong> Kauf auf Probeder mit der Billigungsfrist verfolgte Zweck in erster Linie darin besteht,dem Käufer Gelegenheit zur Prüfung der Tauglichkeit der Sache zu1So auch Schirmbacher, CR 2006, 673, 676 und Domke, BB 2006, 61, 62.2Hk-VertriebsR/Tonner, § 355 Rn. 42.3Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312d, Rn. 66.4BGH, NJW-RR 2004, 1058 = MDR 2004, 929 = NJW 2005, 283 (Ls.).


258 Teil 3 – Widerrufsfrist und Ausübunggeben, will das Fernabsatzrecht vor den spezifischen Gefahren vonVerträgen schützen, bei denen der Verbraucher regelmäßig die Wareoder Dienstleistung sowie die Person seines Geschäftspartners vor Vertragsschlussnicht zu sehen bekommt. 1 Damit stehen die Zwecke nebeneinander,so dass dem Käufer die genannten Fristen auch in vollemUmfang erhalten bleiben müssen.Die Gegenansicht, 2 wonach die Fristen parallel laufen könnten, weilKauf auf Probe und <strong>Widerrufsrecht</strong> keine unterschiedlichen Zweckeverfolgten, überzeugt nicht. Der Gesetzgeber hat nach zahlreicher Kritikan dem Referentenentwurf des FernAbsG, der zunächst eine schwebendeUnwirksamkeit des Vertrages vorsah 3(sog. „Wirksamkeitsfassung“4 ), in § 361a BGB a.F. die sog. „Gebundenheitsfassung“ eingeführt,die auch heute in § 355 BGB verankert ist, wonach derVerbraucher an seine auf den Abschluss eines Vertrages mit einem Unternehmergerichtete Willenserklärung „nicht mehr gebunden“ ist,wenn er sie fristgerecht widerrufen hat. Damit sollte sichergestellt werden,dass der Verbraucher einen Erfüllungsanspruch gegen den Unternehmerhat. 5 Genau diesen Anspruch hat er bei einem Kauf auf Probejedoch nicht, da noch kein Vertrag geschlossen ist. Logische Voraussetzungdafür, dass die reguläre fernabsatzrechtliche Widerrufsfrist inGang gesetzt wird, ist damit das Wirksamwerden des Vertrags undnicht bloß die Übergabe der Ware. 6Eine Kombination beider Rechte führt demnach zu einer Kumulationder Fristen. Dieser BGH-Rechtsprechung trägt auch Gestaltungshinweis3 d) der Musterwiderrufsbelehrung (Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3BGB-InfoV) Rechnung, wonach die Belehrung über den Fristbeginn umeinen Hinweis zu ergänzen ist, dass die Frist nicht zu laufen beginnt,bevor der Kaufvertrag durch Billigung des gekauften Gegenstandes fürden Verbraucher bindend geworden ist.1BGH, NJW-RR 2004, 1058, 1059.2Aigner/Hofmann, Fernabsatzrecht <strong>im</strong> Internet, Rn. 96; Härting, Internetrecht,Rn. 545; kritisch auch Staudinger/Thüsing, § 312d Rn. 25.3FernAbsG-RefE v. 31. Mai 1999 abrufbar unter http://www.jura.unirostock.de/gersdorf/medienrecht/BRD_BundesR/fernag-entwurf.pdf(Stand:6.4.<strong>2009</strong>), S. 7: „§ 3 <strong>Widerrufsrecht</strong> (1) Die auf den Abschluss eines Fernabsatzvertragsgerichtete Willenserklärung des Verbrauchers wird erst wirksam, wenn er sienicht binnen einer Frist von 7 Werktagen widerruft.“4Vgl. Thole, <strong>Widerrufsrecht</strong>, S. 53 f.5Vgl. die Kritik von Waldenberger, K&R 1999, 345, 349f.6MünchKommBGB/Wendehorst, § 312d Rn. 85.


A. Widerrufsfrist 2593. <strong>Dr</strong>e<strong>im</strong>onatsfrista) Europäisches RechtArt. 6 Abs. 1 S. 4 FARL sieht vor, dass sich die Widerrufsfrist auf dreiMonate verlängert, falls der Lieferer die in Art. 5 FARL geregeltentextformgebundenen Informationspflichten <strong>im</strong> Fernabsatz nicht erfüllthat. 1Die gleiche Sanktion sieht Art. 13 VRRL-E vor, jedoch nur beieiner Nichtaufklärung über das <strong>Widerrufsrecht</strong>, nicht bei Verletzungsonstiger Informationspflichten. 2Eine Verlängerung der Frist bei Verletzungvon Pflichten <strong>im</strong> elektronischen Geschäftsverkehr, wie dies <strong>im</strong>deutschen Recht vorgesehen ist, kennt das europäische Recht seit jehernicht. Auch Art. 6 VRRL-E, der die Rechtsfolgen bei Verletzungen vonInformationspflichten regelt, knüpft anders als derzeit der deutsche§ 312d Abs. 2 S. 1 BGB keine Verlängerung der Widerrufsfrist an eineVerletzung der Informationspflichten, sondern schreibt in Abs. 1 nurfest, dass Zusatzkosten wie Versandkosten nicht verlangt werden können,wenn der Gewerbetreibende hierüber nicht informiert.Allerdings enthält Art. 6 Abs. 2 VRRL-E eine Öffnungsklausel, wonachsich die Folgen von Verstößen gegen die in Artikel 5 geregeltenInformationspflichten nach dem geltenden innerstaatlichen Rechtbest<strong>im</strong>men. Für den Fall eines Verstoßes gegen Artikel 5 sehen die Mitgliedstaatenin ihrem innerstaatlichen Recht wirksame vertragsrechtlicheRechtsbehelfe vor, heißt es dort. Daher könnten trotz Vollharmonisierungdie deutschen Regelungen zur Fristverlängerung bei Verstößengegen Informationspflichten <strong>im</strong> Fernabsatz und elektronischen Geschäftsverkehrevtl. aufrecht erhalten werden.Nach Erwägensgrund 27 VRRL-E will der europäische Gesetzgeberjedoch auch in zeitlicher Hinsicht Rechtssicherheit gewährleisten, sodass eine Begrenzung der Frist auf drei Monate in Fällen eingeführtwird, in denen der Gewerbetreibende seine vertraglichen Pflichten invollem Umfang erfüllt hat. Es soll demnach davon ausgegangen werden,dass der Gewerbetreibende seinen Pflichten in vollem Umfangnachgekommen ist, wenn er die vom Verbraucher bestellten Warengeliefert oder die bestellten Dienstleistungen vollständig erbracht hat, soder europäische Gesetzgeber. Dies spricht dagegen, dass die nationalenRechte längere Fristen aufrecht erhalten können. Wegen des Vollhar-1Lettland, Italien und Rumänien sehen eine (nicht ganz richtlinienkonforme) Verlängerungauf nur 90 Tage vor. Vgl. Schulte-Nölke, Kompendium, S. 582f.2Art. 13 VRRL-E: „Hat der Gewerbetreibende den Verbraucher unter Verstoßgegen die Artikel 9 Buchstabe b, 10 Absatz 1 und 11 Absatz 4 nicht über sein <strong>Widerrufsrecht</strong>aufgeklärt, so läuft die Widerrufsfrist drei Monate nach dem Tag ab, andem der Gewerbetreibende seinen anderen vertraglichen Verpflichtungen in vollemUmfang nachgekommen ist.“


260 Teil 3 – Widerrufsfrist und Ausübungmonisierungsgrundsatzes dürften die in Deutschland derzeit geregeltenFristverlängerungen auf einen Monat (§ 355 Abs. 2 S. 2 BGB), sechsMonate (§ 312e Abs. 3 S. 2 bzw. § 312d Abs. 2 S. 1 i.V.m. 355 Abs. 3S. 1 BGB) oder auf unbest<strong>im</strong>mte Zeit (§ 355 Abs. 3 S. 3 BGB) ab Inkrafttretender Richtlinie nicht aufrecht erhalten werden.b) Nationale Regelungen in den EU-MitgliedsstaatenWerden die Informationspflichten nicht erfüllt, verlängert sich die Widerrufsfristin Bulgarien, 1 Dänemark, 2 Estland, 3 Frankreich, 4 Irland, 5Luxemburg, 6 Malta, 7 Niederlanden, 8 Österreich, 9 Polen, 10 Portugal, inder Slowakei, 11 in Slowenien, 12 Spanien und Ungarn 13 bei Waren aufdrei Monate mit dem Tag ihres Eingangs bei dem Verbraucher, beiDienstleistungen mit dem Tag des Vertragsschlusses.In Belgien 14 verlängert sich die Widerrufsfrist auf drei Monate beginnendmit dem Tag nach ihrer Lieferung, bei Dienstleistungen mit demTag nach dem Vertragsabschluss. Darüber hinaus wird das Produkt alsunverlangt zugesandte Ware bzw. unverlangt erbrachte Dienstleistungbetrachtet, mit der Folge, dass der Verbraucher das Produkt wederbezahlen noch zurücksenden muss, wenn der Händler ihm nicht eine <strong>im</strong>Gesetz wörtlich vorgegebene, fettgedruckte Belehrung über das <strong>Widerrufsrecht</strong>,die sich auf der ersten Seite der Vertragsurkunde befindenmuss, übermittelt hat.In Finnland 15 verlängert sich die Widerrufsfrist zunächst auf 3 Monate.Wenn der Händler die Informationen innerhalb dieser 3 Monateübermittelt, beginnt die 14-Tage-Frist ab diesem Zeitpunkt zu laufen.Werden die Informationspflichten durch den Unternehmer gänzlichnicht erfüllt, ist der Vertrag für den Verbraucher nicht bindend. Er istallerdings verpflichtet, dem Unternehmer innerhalb eines Jahres mitzuteilen,ob er sich auf die fehlende Verbindlichkeit berufen will. Lässt derUnternehmer dem Verbraucher die Bestätigung zukommen, bevor er1Art. 55 Abs. 4 Verbraucherschutzgesetz (BG).2Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium, S.583.3§ 56 Abs. 1 Schuldrechtsgesetz (EE)4Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium, S.583.5Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium, S.583.6Art. 5 Abs. 2 FernabsatzG (LU).7Art. 6 Abs. 2 FernabsatzVO (MT).8Art. 46d Abs. 1 S. 2 BGB (NL).9§ 5e Abs. 3 S. 1 KSchG.10Art. 10 Abs. 2 S. 1 VerbraucherschutzG (PL).11Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium, S.583.12Art. 43c Abs. 4 VerbraucherschutzG (SI).13Art. 4 FernabsatzVO (HU).14Art. 80 § 2 GHP.15Kapitel 6, § 15 Abs. 2 und 3 i.V.m. § 20


A. Widerrufsfrist 261sich auf die fehlende Verbindlichkeit des Vertrages berufen hat, beginntdie allgemeine (vierzehntägige) Widerrufsfrist zu laufen.In Schweden 1 beträgt die Widerrufsfrist ein Jahr bei nicht vollständigerÜbermittlung der schriftlich zu bestätigenden Informationen. Werdenvorvertragliche Informationen nicht oder nicht vollständig übermittelt,verlängert sich die Widerrufsfrist auf 3 Monate.In Lettland, 2 Italien 3 und Rumänien verlängert sich die Frist auf 90Kalendertage.In Griechenland 4 wird der Vertrag in einem solchen Fall anfechtbar.In Litauen 5 beginnt die dre<strong>im</strong>onatige Widerrufsfrist am Tag des Vertragsschlusses,in der Tschechischen Republik 6mit Erhalt der vertraglichvereinbarten Leistung und in Zypern 7 und Großbritannien 8 beginntdie verlängerte Frist am Tag nach dem Tag des Vertragsschlusses.4. Sechsmonatsfrist<strong>Das</strong> <strong>Widerrufsrecht</strong> erlischt nach deutschem Recht gemäß § 312eAbs. 3 S. 2 BGB i.V.m. § 355 Abs. 3 S. 1 BGB erst nach sechs Monaten,wenn dem Kunden keine angemessenen Korrekturhilfen zur Verfügunggestellt wurden oder er sonstige Pflichten aus § 312e Abs. 1 Satz 1BGB verletzt hat. Gleiches gilt gemäß § 312d Abs. 2 S. 1 BGB, wenndie textformgebundenen fernabsatzrechtlichen Informationspflichtengemäß § 312c Abs. 2 BGB nicht erfüllt wurden.a) Verhältnis zur Nachbelehrung<strong>Das</strong> Gesetz trifft keine Aussage darüber, ob die Sechsmonatsfrist auch<strong>im</strong> Falle der Nachbelehrung gemäß § 355 Abs. 2 Satz 2 gilt. Dies würdedazu führen, dass bei einer Nachbelehrung kurz vor Ablauf der Sechsmonatsfristeine Frist liefe, die deutlich kürzer als zwei Wochen ist. MitRücksicht auf den Normzweck des § 355 BGB wird daher vorgeschlagen,§ 355 Abs. 3 S. 1 BGB dahin gehend teleologisch zu reduzieren,dass die Regelung <strong>im</strong> Fall einer nachträglichen Belehrung nach § 355Abs. 2 S. 2 BGB nicht anwendbar ist. 9 Vorzugswürdig erscheint demgegenüber,in der Nachbelehrung des § 355 Abs. 2 S. 2 keine „ordnungsgemäße“Widerrufsbelehrung i.S.d. § 355 Abs. 3 Satz 3 zu sehen. In1Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium, S. 583.2Art. 11 FernabsatzVO (LV)3Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium, S. 582.4Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium, S.583.5Art. 18 Abs. 1 VerbraucherschutzG (LT).6Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium, S. 584.7Art. 7 Abs. 2 FernabsatzG (CY).8Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium, S. 584.9T<strong>im</strong>merbeil, NJW 2003, 569, 570.


262 Teil 3 – Widerrufsfrist und Ausübungdiesem Fall greift die Erlöschensfrist des § 355 Abs. 3 S. 1 nicht, so dassdie Widerrufsfrist <strong>im</strong> Falle der Nachbelehrung frühestens nach Ablaufder Monatsfrist endet. 1Nach richtiger Auffassung ist auch eine nachträgliche Erfüllung derPflichten <strong>im</strong> elektronischen Geschäftsverkehr möglich, 2indem demKunden seine Bestelldaten und alle sonstigen Informationen mitgeteiltwerden und er über sein <strong>Widerrufsrecht</strong> in Textform belehrt wird. Einepauschale Verlängerung der Widerrufsfrist auf sechs Monate wäre indiesem Fall nicht vom Zweck der Vorschrift gedeckt und eine unverhältnismäßigeSanktion. 3b) Verhältnismäßigkeit der SanktionDie Verknüpfung der Verlängerung der Widerrufsfrist bei Verletzungenvon Pflichten <strong>im</strong> elektronischen Geschäftsverkehr (§ 312e Abs. 3 S. 2BGB) ist europarechtlich nicht zwingend, sondern stellt ein erhöhtesnationales Verbraucherschutzniveau dar. Eine überzeugende Begründungfür diese Regelung ist dem dokumentierten Gesetzgebungsverfahrennicht zu entnehmen. Im ersten Entwurf zum SMG 4heißt es lediglich,diese Regelung entspreche der parallelen Best<strong>im</strong>mung des § 312dAbs. 2 RegE für Fernabsatzverträge. Es sei kein Grund ersichtlich, warumder Lauf der Widerrufsfrist bei einem <strong>im</strong> elektronischen Geschäftsverkehrgeschlossenen Fernabsatzvertrag nur von der Erfüllung derInformationspflichten des § 312c Abs. 1 und 2 RegE, dagegen nichtvon den in diesen Fällen gleichermaßen vom Unternehmer zu beachtendenPflichten des § 312e Abs. 1 RegE abhängig sein sollte. Hier müsseden Unternehmer dieselbe Sanktion des hinausgeschobenen Fristbeginnstreffen. 5Einen Grund, warum die Widerrufsfrist nicht pauschal von der Erfüllungsämtlicher Pflichten <strong>im</strong> elektronischen Geschäftsverkehr abhängensollte, liefert der Gesetzgeber gleich selbst. Die weiteren schuldrechtlichenSanktionen bei Verstößen gegen die in § 312e Abs. 1 Satz 1 RegEnormierten Pflichten sollten nicht „statisch in dieser Vorschrift“ geregeltwerden, weil „die in § 312e Abs. 1 Satz 1 RegE geregelten Pflichtenvon derart unterschiedlicher Gewichtung und Art sind, dass dieBest<strong>im</strong>mung ein und derselben Rechtsfolge wie zum Beispiel die Einräumungeines <strong>Widerrufsrecht</strong>s … nicht sachgerecht wäre.“ In der Tatist nicht ersichtlich, warum die eher unbedeutende Nichtaufklärung1Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312d, Rn. 71.2MünchKommBGB/Wendehorst, § 312e Rn. 117; Bamberger/Roth/Masuch,§ 312e Rn. 38.3Kl<strong>im</strong>ke, CR 2005, 582, 585.4Begründung SMG-RegE, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/6040, S. 173 f.5Begründung SMG-RegE, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/6040, S. 173 f.


A. Widerrufsfrist 263über die Vertragstextspeicherung oder den Verhaltenskodex die gleicheeinschneidende Sanktion eines sechsmonatigen <strong>Widerrufsrecht</strong>es auslösensoll wie die viel schwerwiegendere Nichtbereitstellung von Korrekturhilfenoder Nichtaufklärung über die einzelnen Schritte des Vertragsschlusses.c) Teleologische Reduktion§ 312e Abs. 3 Satz 2 BGB muss daher seinem Zweck entsprechend soausgelegt werden, dass sich die Frist nur verlängert, wenn der Unternehmereine Pflicht verletzt, die für die Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>esvon Bedeutung ist. Unbedeutende Verstöße gegen die Pflicht zur Informationüber alle Verhaltenskodizes oder die Vertragstextspeicherungführen bei teleologischer Reduktion der Vorschrift nicht zur Verlängerungdes <strong>Widerrufsrecht</strong>es, 1da eine solche Rechtsfolge völlig unangemessenwäre und nicht dem Vertrauen in den elektronischen Geschäftsverkehrdient.5. Unbefristetes <strong>Widerrufsrecht</strong>Wird gar nicht oder fehlerhaft über das <strong>Widerrufsrecht</strong> belehrt, verlängertsich die Widerrufsfrist auf unbest<strong>im</strong>mte Zeit (§ 355 Abs. 3 Satz 3BGB). Die Widerrufsbelehrung ist fehlerhaft, wenn sie nicht den Erfordernissendes § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB entspricht. Der Haftungsmaßstabdes Verbrauchers beschränkt sich nach §§ 357 Abs. 1 Satz 1, 346Abs. 3 Nr. 3 BGB auf die diligentia quam in suis.Fraglich ist, ob auch bei allgemeinen Fernabsatzverträgen bei einerFehlinformation über das Nichtbestehen des <strong>Widerrufsrecht</strong>es die Widerrufsfristnicht zu laufen beginnt. 2 Diese Pflicht ergibt sich nicht aus§ 355 BGB, sondern aus § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV. Die Informationenzu „Bestehen oder Nichtbestehen“, „die Bedingungen“ und „Einzelheitender Ausübung“, insbesondere „die Rechtsfolgen des Widerrufsoder der Rückgabe“ sind auf Grund ihrer Verankerung in der BGB-InfoV kein Bestandteil der Widerrufsbelehrung nach § 355 Abs. 2BGB. 3In diesem Fall verlängert sich die Widerrufsfrist wegen Verletzungvon § 312c Abs. 2 BGB also „nur“ auf sechs Monate (§ 355Abs. 3 Satz 1 BGB). Bei nachweisbarer Kausalität besteht aber einSchadensersatzanspruch nach §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB gerichtetauf Änderung oder Aufhebung des Vertrages.1Staudinger/Thüsing, § 312e Rn. 62; Palandt/Grüneberg, § 312e Rn. 11.2So Rott, BB 2005, 53, 56.3Masuch, NJW 2002, 2931, 2932; Meinhof, NJW 2002, 2273, 2274.


264 Teil 3 – Widerrufsfrist und AusübungZwingend ist diese Sanktion entgegen der Meinung des historischenGesetzgebers indes nicht. Der EuGH 1hat vielmehr einige Jahre nachdem OLGVertrÄndG entschieden, dass die Richtlinie 85/577/EWG, diedamals Anlass für die Heininger-Entscheidung war, die wiederum dendeutschen Gesetzgeber zur Aufhebung jeglicher Befristung des <strong>Widerrufsrecht</strong>sbei Falschbelehrungen war, dahin auszulegen ist, dass dernationale Gesetzgeber für den Fall einer fehlerhaften Belehrung desVerbrauchers über die Modalitäten der Ausübung des mit Art. 5 Abs. 1HWiRL eingeführten <strong>Widerrufsrecht</strong>s vorsehen kann, dass dieses Rechtnicht später als einen Monat nach vollständiger Erbringung der Leistungenaus einem langfristigen Darlehensvertrag durch die Vertragsparteienausgeübt werden kann.6. Zwischenergebnis<strong>Das</strong> deutsche Recht kennt <strong>im</strong> Gegensatz zum europäischen viele unterschiedlichlange Fristen des <strong>Widerrufsrecht</strong>s, welche von zwei Wochenüber einen Monat, sechs Monate bis hin zu einer unbefristeten Widerrufsmöglichkeitreichen. Nicht alle Fristverlängerungen haben jedochSanktionscharakter. So wurde die Monatsfrist des § 355 Abs. 2 S. 2BGB eigentlich zum Schutz der Unternehmer vor einem unbefristeten<strong>Widerrufsrecht</strong> erlassen. Die Regelung bedarf der teleologischen Reduktiondahingehend, dass eine Belehrung unmittelbar nach Vertragsschlussgenügt, um die regelmäßige Frist auszulösen. Dies ist aus systematischen,historischen, teleologischen und gemeinschaftsrechtlichenÜberlegungen geboten. Dabei lässt sich der Zeitpunkt einer ausreichendenBelehrung hinreichend klar best<strong>im</strong>men: Die Belehrung ist rechtzeitig,wenn sie unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern erfolgt. BeiOnline-Geschäften wird dies i.d.R. direkt, d.h. wenige Minuten nachder Vertragsannahme der Fall sein, weil die Bestellung und auch der E-Mail-Versand meist vollständig automatisiert erfolgt. Auf diesem Wegelässt sich die nicht sachgerechte Ungleichbehandlung von eBay-Händlern und Online-Shops beseitigen.Nach dem VRRL-E wäre neben der regelmäßigen Zweiwochenfristnur noch eine Verlängerung der Frist auf drei Monate möglich, wennüber das <strong>Widerrufsrecht</strong> fehlerhaft oder nicht belehrt wird. Eine Verknüpfungdes Fristlaufs mit der Erfüllung sämtlicher textformgebundenerInformationspflichten ist nicht mehr vorgesehen. Dies würde dieBelehrung über den Fristbeginn stark vereinfachen und stellt eine angemesseneRegelung dar. Unverhältnismäßig ist hingegen die geltendeRegelung des § 312e Abs. 3 S. 2 BGB i.V.m. § 355 Abs. 3 S. 1 BGB.1EuGH, NJW 2008, 1865.


B. Ausübung 265Während eine Fristverlängerung bei Verletzung von Informationspflichten<strong>im</strong> Fernabsatz noch nachvollziehbar ist, gibt es keinen Grund, denUnternehmer mit einer sechsmonatigen Frist zu belasten, wenn er nichtüber die Speicherung des Vertragstextes informiert. § 312e Abs. 3 Satz2 BGB muss daher seinem Zweck entsprechend so ausgelegt werden,dass sich die Frist nur verlängert, wenn der Unternehmer eine Pflichtverletzt, die für die Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>es von Bedeutung ist.Im Hinblick auf den Vollharmonisierungsgrundsatz des VRRL-E dürftendie in Deutschland derzeit geregelten Fristverlängerungen auf einenMonat (§ 355 Abs. 2 S. 2 BGB), sechs Monate (§ 312e Abs. 3 S. 2 bzw.§ 312d Abs. 2 S. 1 i.V.m. 355 Abs. 3 S. 1 BGB) oder auf unbest<strong>im</strong>mteZeit (§ 355 Abs. 3 S. 3 BGB) ab Inkrafttreten der Richtlinie nicht aufrechterhalten werden.B. AusübungB. Ausübung<strong>Das</strong> <strong>Widerrufsrecht</strong> ist als einseitiges Gestaltungsrecht 1des Verbrauchersbedingungsfeindlich, d.h. einmal ausgeübt nach seinem Wirksamwerdenselbst unwiderruflich. 2Zur Wahrung der Widerrufsfristgenügt nach § 355 Abs. 1 S. 2, Halbs. 2 BGB die rechtzeitige Absendungder Widerrufserklärung oder der Sache. Da der Widerruf gemäߧ 349 BGB gegenüber dem anderen Teil, also dem Unternehmer zuerklären ist, handelt es sich um eine empfangsbedürftige Willenserklärung.Für die Wirksamkeit der Widerrufserklärung bedarf es also nach§ 130 Abs. 1 BGB des Zugangs be<strong>im</strong> Unternehmer, 3 der aber nichtinnerhalb der Widerrufsfrist erfolgen muss. 41Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312d, Rn. 85; Wilmer/Hahn/Hahn,§ 355, Rn. 4; MünchKommBGB/Masuch, § 355, Rn. 34; Härting, Internetrecht,S. 164, Rn. 657; Bülow/Artz/Bülow, S. 74 Rn. 11; Hk-VertriebsR/Tonner, § 355,Rn. 27; Thole, <strong>Widerrufsrecht</strong>, S. 111; Aigner/Hoffmann, Fernabsatzrecht <strong>im</strong> Internet,Rn. 196.2Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312d, Rn. 85; Wilmer/Hahn/Hahn,§ 355, Rn. 4; MünchKommBGB/Masuch, § 355, Rn. 34; jurisPK-BGB/Wildemann,§ 355, Rn. 19; Erman/Saenger, § 355, Rn. 7; Bamberger/Roth/Grothe, § 355, Rn.12; Härting, Internetrecht, S. 164, Rn. 657; Bülow/Artz/Bülow, S. 74 Rn. 11; Thole,<strong>Widerrufsrecht</strong>, S. 111; Aigner/Hoffmann, Fernabsatzrecht <strong>im</strong> Internet, Rn. 196.3Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312d, Rn. 86; MünchKommBGB/Wendehorst, § 312d, Rn. 74¸ Bamberger/Roth/Grothe, § 355, Rn. 13; HK-VertriebsR/Tonner,§ 355, Rn. 30.4Ebenso Hk-VertriebsR/Tonner, § 355, Rn. 30; Aigner/Hoffmann, Fernabsatzrecht<strong>im</strong> Internet, Rn. 196.


266 Teil 3 – Widerrufsfrist und AusübungDer Widerruf kann nach zutreffender Ansicht auch schon vor Erhaltder Ware ausgeübt werden. 1Auch zwischen Bestellung und Lieferungkönnen begründete Zweifel an der Rationalität des Geschäfts aufkommen,z.B. wenn der Anbieter seine textformgebundenen Pflichten nach§ 312c Abs. 2 BGB nicht einhält. Hier ist es legit<strong>im</strong> und spart Kosten,wenn der Verbraucher von seiner Bestellung Abstand n<strong>im</strong>mt, bevor derUnternehmer die Ware auf den Versandweg bringt.I. Widerrufserklärung in Textform<strong>Das</strong> <strong>Widerrufsrecht</strong> kann nach § 355 Abs. 1 S. 2, 1. Var. BGB durchErklärung in Textform (§ 126b BGB) ausgeübt werden, d.h. z.B. perBrief, Fax oder E-Mail. Aus Gestaltungshinweis 4 der Anlage 2 zu § 14Abs. 1 und 3 (Muster für die Widerrufsbelehrung) bzgl. des Widerrufsadressaten:„Zusätzlich können angegeben werden … und/oder, wennder Verbraucher eine Bestätigung seiner Widerrufserklärung an denUnternehmer erhält, auch eine Internet-Adresse.“ ergibt sich, dass derVerordnungsgeber auch den Widerruf über ein Website-Formular fürformgerecht hält. 2Hier kann für den Verbraucher der Nachweis desZugangs des Widerrufs schwerer fallen als bei anderen Textformen, jenachdem, ob und wenn ja wann er eine Bestätigung des Unternehmerserhält und welchen Inhalt diese hat. Durch eine formlose mündlicheErklärung kann der Widerruf nicht ausgeübt werden, auch wenn diesedauerhaft gespeichert und wiedergegeben werden kann. 3Damit bezwecktder deutsche Gesetzgeber eine Beweiserleichterung. 4Inhaltlich müssen der widerrufene Vertrag und die widerrufende Personidentifizierbar sein. 5 Weiterhin muss aus dem Inhalt der Erklärungdeutlich werden, dass der Verbraucher an den Vertrag nicht mehr gebundensein will. Häufig ist die Abgrenzung zur Gewährleistungschwierig, wenn der Verbraucher der irrigen Ansicht ist, ein Mangelführe zu einem direkten Kaufpreisrückerstattungsanspruch. Entscheidendist das Anspruchsziel des Verbrauchers (Kaufpreisrückerstattung),nicht eine etwaige Begründung des Widerrufs. Des Gebrauchs des Beg-1Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312d, Rn. 86; Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong>und Belehrungspflichten, S. 15 und MMR 2004, 127, 130.2Ebenso Zhang, <strong>Widerrufsrecht</strong>, S. 124.3Bamberger/Roth/Grothe, § 355, Rn. 12; ebenso MünchKommBGB/Wendehorst,§ 312d, Rn. 78; jurisPK-BGB/Wildemann, § 355, Rn. 22.4Bamberger/Roth/Grothe, § 355, Rn. 12; BT-<strong>Dr</strong>ucks 14/2658 S 47; Lorenz; JuS2000, 833, 837.5MünchKommBGB/Masuch, § 355, Rn. 34 f.; Bamberger/Roth/Grothe, § 355,Rn. 12; jurisPK-BGB/Wildemann, § 355, Rn. 24; Erman/Saenger, § 355, Rn. 7;AnwKomm/Ring Rn. 45; Zhang, <strong>Widerrufsrecht</strong>, S. 124.


B. Ausübung 267riffs „Widerruf“ bedarf es jedoch nicht. 1 Vielen Verbrauchern ist dieserBegriff gar nicht geläufig oder es wird umgangssprachlich von Rückgabeoder Umtausch gesprochen, so dass das Verbraucherschutzrechtseinen Schutzzweck nur entfalten kann, wenn auch solche umgangssprachlichenÄußerungen als Widerruf gedeutet werden, wenn derVerbraucher die Kaufpreisrückerstattung begehrt.Aus Verbraucherschutzgründen steht auch die Verwendung einer falschenjuristischen Terminologie (z.B. „Rücktritt“, „Kündigung“) derAusübung des Widerrufs nicht entgegen. 2 Gleiches gilt für eine Begründungdes Widerrufs mit Irrtum, Täuschung oder mangelhafter Leistung.3Anders ist liegt allerdings der Fall, wenn der Verbraucher dieRücksendung mit einem Mangel der Ware begründet und durch Verlangeneiner Neulieferung oder Kaufpreisreduzierung zum Ausdruckbringt, dass er am Vertrag festhalten und kaufvertragliche Nacherfüllungsansprüchegeltend machen will. Kein Widerruf liegt weiterhin vor,wenn der Verbraucher erklärt, er habe „eine Rücksendung“, ohne dieWare zurückzusenden oder den Grund der Rücksendung zu nennen.Hierin ist – <strong>im</strong> Gegensatz zur tatsächlichen kommentarlosen Rücksendung– keine wirksame Widerrufserklärung zu sehen. 4Nach § 355 Abs. 1 S. 2 Halbs. 1 BGB bedarf die Widerrufserklärungkeiner Begründung, da der Verbraucher seinen Widerruf in keiner Weiserechtfertigen müssen soll. 5 Daher ist auch jede Forderung des Händlers,den Rücksendegrund zu nennen, wie dies häufig auf Retourenscheinengeschieht, unzulässig. Bei der Gestaltung entsprechender Bittenist unbedingt darauf zu achten, dass klargestellt wird, dass die Nennungeines Grundes rein freiwillig ist und die Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>esnicht beeinträchtigt. Zur Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung undzur Wettbewerbswidrigkeit der Geschäftspraktik führen regelmäßigVerlangen nach vorheriger Ankündigung des Widerrufs oder der Rücksendung,Verwendung eines Retourscheines, Fre<strong>im</strong>achung des Paketes,Beifügen der Rechnung oder einer Rechnungskopie oder sonstige Bedingungen,an die die Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s geknüpft wird. 61Bamberger/Roth/Grothe, § 355, Rn. 12; MünchKommBGB/Masuch, § 355, Rn.34; Härting, Internetrecht, S. 164, Rn. 657; Bülow/Artz/Bülow, S. 74 Rn. 11; Zhang,<strong>Widerrufsrecht</strong>, S. 124.2AG Wuppertal, JurPC Web-Dok. 24/<strong>2009</strong>; Erman/Saenger, § 355, Rn. 7;MünchKommBGB/Wendehorst, § 312d, Rn. 75; Zhang, <strong>Widerrufsrecht</strong>, S. 124.3MünchKommBGB/Wendehorst, § 312d, Rn. 75.4AG Schopfhe<strong>im</strong>, MMR 2008, 427.5Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312d, Rn. 87; Erman/Saenger, § 355,Rn. 7; Lütcke, Fernabsatzrecht, § 312d, Rn. 23.6Vgl. jurisPK-BGB/Wildemann, § 355, Rn. 24.


268 Teil 3 – Widerrufsfrist und AusübungII. Rücksendung der SacheNach § 355 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. BGB kann der Widerruf auch durchRücksendung der Sache erklärt werden. Häufig bleibt bei dieser Ausübungsformunklar, ob der Verbraucher mit bloßer Rücksendung desPaketes eine Rückabwicklung des Vertrages oder Nacherfüllung desKaufvertrages begehrt, insbesondere, wenn defekte Ware ohne weitereErklärung oder nur mit der Erklärung, die Ware sei defekt, zurückgeschicktwird. Hier wird der Unternehmer <strong>im</strong> Zweifel von der für denVerbraucher vorteilhafteren konkludenten Erklärung ausgehen müssen.Hat der Verbraucher die Ware zu einem besonders günstigen Preiserworben, begehrt er aber möglicherweise Nacherfüllung durch Neulieferung,die für ihn günstiger ist als die Rückabwicklung des Vertrages.1. Ausübungsform des WiderrufsDer Widerruf durch Rücksendung bedeutet eine gewisse Erschwernisfür den Verbraucher, weil dieser gezwungen wird, innerhalb der Widerrufsfristein Postamt aufzusuchen und die Ware aus seinem Besitz zugeben, ohne die Gewissheit zu haben, dass der Händler auch den (vollen)Kaufpreis rückerstattet. Andererseits hat der Verbraucher den Vorteil,dass er mit dem Ablieferlieferbeleg, der bei einem Paketversandzum Leistungsumfang des Transportunternehmens gehört, zugleicheinen Zugangsnachweis für seinen Widerruf hat.Ein weiterer entscheidender Vorteil für den Verbraucher besteht darin,dass der Unternehmer <strong>im</strong> Fernabsatz gemäß § 357 Abs. 2 S. 2 BGBdie Gefahr der Rücksendung trägt. Obwohl die Rücksendung also e-benso wie die Widerrufserklärung eine empfangsbedürftige Willenserklärungdes Verbrauchers ist, kommt es entgegen § 130 Abs. 1 Satz 1BGB für deren Wirksamkeit nicht auf den Zugang be<strong>im</strong> Unternehmeran. 1 Vielmehr wird der Zugang fingiert. Der Widerruf durch Rücksendungist also bereits mit Absendung der Ware (§ 355 Abs. 1 S. 2 BGB)wirksam ausgeübt.Geht die Sache unter, muss der Unternehmer freilich gleichwohl <strong>im</strong>Nachhinein Kenntnis von der Ausübung des Widerrufs durch Rücksendungerlangen, damit die Kaufpreisrückerstattung fällig ist. Dies kanndadurch geschehen, dass der Verbraucher die Absendung der Sachewährend der Widerrufsfrist nachweist. Insofern ist der in der Muster-Widerrufsbelehrung des BMJ vorgesehene Passus „Verpflichtungen zurErstattung von Zahlungen müssen innerhalb von 30 Tagen erfüllt werden.Die Frist beginnt für Sie mit der Absendung Ihrer Widerrufserklä-1MünchKommBGB/Masuch, § 356, Rn. 26; jurisPK-BGB/Wildemann, § 356, Rn.22; Erman/Saenger, § 356, Rn. 8.


B. Ausübung 269rung oder der Sache, für uns mit deren Empfang.“ nicht falsch, da auchbei Untergang einer Sache, mit deren Rücksendung der Widerruf ausgeübtwurde, die 30-Tage-Frist für den Unternehmer erst ab Zugangeines (dann durch Übersendung des Absendebelegs erklärten) wiederholtenWiderrufs laufen kann. Anderenfalls könnte der Unternehmer inVerzug geraten, ohne dass er je von der Ausübung des Widerrufs unddamit seiner Rückerstattungspflicht erfahren hat.2. Einräumung eines Rückgaberechtes, § 356 BGBDurch Rücksendung der bestellten Ware und ohne weitere Erklärungan den Unternehmer wird auch das Rückgaberecht nach § 356 BGBausgeübt. Der Unternehmer kann gemäß § 312d Abs. 1 Satz 2 BGBdem Verbraucher bei Warenlieferungen anstelle des <strong>Widerrufsrecht</strong>es –auch bei Internetangeboten 1 – ein Rückgaberecht nach § 356 BGB einräumen.Dies bezweckt die Sicherung des Interesses des Anbieters amRückerhalt der gelieferten Waren. 2Während es be<strong>im</strong> <strong>Widerrufsrecht</strong>vorkommen kann, dass der Unternehmer der Ware „hinterher klagen“muss, weil der Verbraucher diese nicht sofort zurückschickt, sondernnur den Widerruf erklärt, ist der Unternehmer be<strong>im</strong> Rückgaberechtsicher, die Ware zeitnah zurück zu erhalten. 3Denn der Verbraucherkann sich, soweit die Ware paketversandfähig ist, nur durch Rücksendungder Ware vom Vertrag lösen. Wenn der Kunde den Kaufpreisschon gezahlt hat, wird der Unternehmer diesen aber auch bei Erklärungdes Widerrufs regelmäßig solange zurückhalten, bis auch die Wareunversehrt wieder eingetroffen ist.Hingegen muss der Unternehmer be<strong>im</strong> Rückgaberecht stets die Rücksendekostentragen, die be<strong>im</strong> <strong>Widerrufsrecht</strong> dem Verbraucher in best<strong>im</strong>mtenFällen durch Vereinbarung auferlegt werden können. Auchmuss der Verbraucher wegen der Regelung der Transportgefahr (§ 357Abs. 2 S. 2 BGB) nicht den Zugang der Ware, sondern nur deren Absendungnachweisen.1Vgl. Waldenberger, BB 1996, 2365, 2369 f.2MünchKommBGB/Masuch, § 356, Rn. 1.3Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312d, Rn. 101; Wilmer/Hahn/Hahn,§ 356 Rn. 1; MünchKommBGB/Masuch, § 356, Rn. 12; Erman/Saenger, § 356, Rn.1; jurisPK-BGB/Wildemann, § 356, Rn. 6; Aigner/Hoffmann, Fernabsatzrecht <strong>im</strong>Internet, Rn. 227; Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten, S. 18; Härting,Internetrecht, S. 169, Rn. 674; Schmittmann, K&R 2003, 385, 391.


270 Teil 3 – Widerrufsfrist und Ausübunga) EU-RechtskonformitätDie Regelung des § 312d Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. § 356 BGB beruhtebenso wie das <strong>Widerrufsrecht</strong> auf der Umsetzung der FARL. 1Eshandelt es sich um eine Bedingung und Einzelheit der Ausübung des<strong>Widerrufsrecht</strong>s, die die Mitgliedstaaten nach Erwägungsgrund 14 derRichtlinie treffen können. 2Obwohl die Richtlinie selbst keine Ersetzungsmöglichkeitenfür den Widerruf vorsieht, bestehen gegen die Vereinbarkeitder Regelung mit EG-Recht keine Bedenken. Nach Art. 249Abs. 3 EGV i.V.m. Art. 14 FARL sind die Mitgliedstaaten berechtigt,einen über den in der Richtlinie vorgesehenen Mindestmaßstab hinausgehendenVerbraucherschutz zu gewährleisten. Im Rahmen des eingeräumtenRückgaberechts genießt der Verbraucher eine gegenüber derMindestvorgabe der FARL verlängerte Rückgabefrist von zwei Wochensowie den Ausschluss einer Auferlegung der Rücksendekosten. Überdiesist das Recht bereits wirksam ausgeübt, wenn die Ware abgeschicktwird, nicht erst wenn sie zugeht. Diese Vorteile für den Verbraucherreichen für den Ausgleich der gewissen Erschwerung der Ausübung desRückgaberechts aus. 3b) Vereinbarung des RückgaberechtsNach § 356 Abs. 1 S. 1 BGB kann das <strong>Widerrufsrecht</strong> durch ein „uneingeschränktes“Rückgaberecht ersetzt werden. Ebenso wie das <strong>Widerrufsrecht</strong>darf selbstverständlich auch das Rückgaberecht nicht unzulässigeingeschränkt werden, etwa durch Klauseln, die den Kundenzur Ankündigung der Rücksendung, Frankierung des Paketes, Verwendungder Originalverpackung o.ä. verpflichten. Stellt der Unternehmerdie Vereinbarung des Rückgaberechts unter solche Bedingungen, findetkeine wirksame Ersetzung statt, so dass dem Verbraucher das gesetzliche(uneingeschränkte) <strong>Widerrufsrecht</strong> zusteht. § 356 BGB trifft keineweiteren Vorschriften über den Inhalt der Belehrung. Aus systematischenGründen sind daher die Best<strong>im</strong>mungen des § 355 Abs. 2 Satz 1BGB entsprechend anzuwenden. 4Die wirksame Vereinbarung ist aneine Reihe von Voraussetzungen geknüpft.1MünchKommBGB/Masuch, § 356, Rn. 5; a.A. jurisPK-BGB/Wildemann, § 356,Rn. 3.2FernAbsG-RegE, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/2658, S. 44 (zu § 361b BGB a.F.).3FernAbsG-RegE, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/2658, S. 44 (zu § 361b BGB a.F.); Münch-KommBGB/Masuch, § 356, Rn. 5; Bamberger/Roth/Grothe, § 356, Rn. 4; Anw-Komm/Ring, § 356 Rn. 5.4jurisPK-BGB/Wildemann, § 356, Rn. 18.


B. Ausübung 271aa) Rückgabebelehrung <strong>im</strong> VerkaufsprospektFür die Ersetzung des <strong>Widerrufsrecht</strong>es durch ein Rückgaberecht istnach § 356 Abs. 1 S. 1 BGB erforderlich, dass dieses „be<strong>im</strong> Vertragsschlussauf Grund eines Verkaufsprospektes“ eingeräumt wird. § 356Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB best<strong>im</strong>mt, dass <strong>im</strong> Verkaufsprospekt eine deutlichgestaltete Belehrung enthalten sein muss. Mit dem Begriff des Verkaufsprospektssind zwar pr<strong>im</strong>är <strong>Dr</strong>uckerzeugnisse gemeint. Nacheinhelliger Meinung reicht sind aber auch elektronische Präsentationenin lesbarer Form, z.B. CD-ROMs oder Internet-Shops vom Begriff umfasst,die Produktbeschreibungen und Konditionen enthalten. 1DieFlüchtigkeit von Internetpräsentationen n<strong>im</strong>mt der Gesetzgeber in§ 356 BGB ausdrücklich hin, da dort nur für die Rückgabebelehrung(Nr. 3), nicht aber für den Verkaufsprospekt (Nr. 1) das Textformerfordernisgilt. 2 Die Belehrung muss deutlich gestaltet sein, 3 damit das<strong>Widerrufsrecht</strong> wirksam ersetzt wird, so dass bei Einräumung einesRückgaberechts ein besonders hohes Maß an Transparenz (z.B. durcheinen Link namens „Rückgaberecht“ in der Menüleiste auf jeder Seite)empfehlenswert ist. 4Für die nach § 356 Abs. 1 S. 1 BGB erforderliche Kausalität zwischenVerkaufsprospekt und Vertragserklärung des Verbrauchers(„aufgrund eines Verkaufsprospekts“) gilt der Beweis des ersten Anscheins,da die Vermutung besteht, dass der Prospekt zumindest mitursächlichfür die Kaufentscheidung des Verbrauchers war. 5Die Belehrungkann aufgrund von § 355 Abs. 2 S 2 BGB auch nachgeholtwerden. 61So schon FernAbsG-RegE, BT-<strong>Dr</strong>ucks 14/2658, S. 6, 48; Rechtsausschuss, BT-<strong>Dr</strong>ucks 14/3195, S. 33; Bamberger/Roth/Grothe, § 356, Rn. 2; Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher,§ 312d, Rn. 103; MünchKommBGB/Masuch, § 356Rn. 9; Staudinger/Kaiser, § 356 Rn. 12; AnwKomm/Ring, § 356 Rn. 12; Meents,Verbraucherschutz bei Rechtsgeschäften <strong>im</strong> Internet, S. 65 ff; Härting, Internetrecht,S. 168, Rn. 672.; Bülow/Artz/Bülow, S. 93 Rn. 73; Rünz, Verbraucherschutz <strong>im</strong>Fernabsatz; Fuchs, ZIP 2000, 1273, 1285; Lorenz, JuS 2000, 833, 838.2Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312d, Rn. 105; Hk-VertriebsR/Tonner,§ 356, Rn. 6; Aigner/Hoffmann, Fernabsatzrecht <strong>im</strong> Internet, Rn. 232.3Wilmer/Hahn/Hahn, § 356 Rn. 9; Aigner/Hoffmann, Fernabsatzrecht <strong>im</strong> Internet,Rn. 231; Bülow/Artz/Bülow, S. 94 Rn. 77; zum Transparenzerfordernis Teil 5 AII.4Vgl. MünchKommBGB/Masuch, § 356, Rn. 19.5jurisPK-BGB/Wildemann, § 356, Rn. 12; Bülow/Artz/Bülow, S. 93 Rn. 74.6Bamberger/Roth/Grothe, § 356, Rn. 2; Erman/Saenger, § 356, Rn. 5; Münch-KommBGB/Masuch, § 356, Rn. 24; a.A. nur jurisPK-BGB/Wildemann, § 356, Rn.17.


272 Teil 3 – Widerrufsfrist und Ausübungbb) Kenntnisnahmemöglichkeit in Abwesenheit des UnternehmersFür die wirksame Einräumung eines Rückgaberechts ist es weiterhinerforderlich, dass der Verbraucher vom Verkaufsprospektinhalt in Abwesenheitdes Unternehmers Kenntnis nehmen kann (§ 356 Abs. 1 S. 2Nr. 2 BGB). Es bedarf also nur der Möglichkeit, nicht der tatsächlichenKenntnisnahme. 1 Ziel der Vorschrift ist es, dem Verbraucher Gelegenheitzu geben, unter Abwägung der entsprechenden Risiken eine informierte,vom Unternehmer unbeeinflusste 2 Entscheidung zu treffen. Ü-berwiegend wird zutreffend vertreten, eine zeitliche Beschränkung aufeine best<strong>im</strong>mte Zeitspanne sei unzulässig, da <strong>im</strong> Einzellfall unterschiedlicheFaktoren in Betracht zu ziehen sind und eine solchen Beschränkunggegen Wortlaut und Zweck des § 356 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGBverstößt. 3Vielmehr ist die Möglichkeit der Kenntnisnahme nur dann zu verneinen,wenn der Verbraucher binnen einer unangemessen kurzen Fristgezwungen wird, sich auf Grundlage des Verkaufsprospektes für odergegen das Geschäft zu entscheiden. In Onlineshops ist die Möglichkeitder eingehenden Kenntnisnahme gegeben, wenn der Verbraucher dieWare ohne zeitliche Beschränkung bestellen kann und lediglich durchdie Erschöpfung des Lagerbestandes l<strong>im</strong>itiert wird. Anders kann derFall liegen, wenn ein knapper Lagerbestand gezielt für Marketingaktionengenutzt wird (z.B. Rabattaktionen, „Live Shopping“) und derVerbraucher so zu übereilten Entscheidungen ohne Kenntnisnahme derKonditionen gedrängt wird. 4 Dies gilt umso mehr, wenn das Rückgaberechtnicht permanent in der Navigation des Shops, sondern erst aufder Bestellseite verlinkt wird. Solche Modelle sind allerdings eher <strong>im</strong>TV- als <strong>im</strong> Online-Shopping vorzufinden („Nur noch X Stück – rufenSie jetzt an!“).cc) Einräumung in TextformSchließlich ist Voraussetzung der wirksamen Ersetzung des Widerrufsdurchdas Rückgaberecht, dass dieses in Textform i.S.v. § 126b BGB 5eingeräumt wird (§ 356 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BGB). Die Belehrung in Text-1Bamberger/Roth/Grothe, § 356, Rn. 2; Erman/Saenger, § 356, Rn. 6; Staudinger/Kaiser,§ 356 Rn 21; Aigner/Hoffmann, Fernabsatzrecht <strong>im</strong> Internet, Rn. 234.2Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten, S. 25.3MünchKommBGB/Masuch, § 356, Rn. 21; Bamberger/Roth/Grothe, § 356, Rn.2; Erman/Saenger, § 356, Rn. 6; AnwKomm/Ring, § 356 Rn. 18; Palandt/Grüneberg,§ 356 Rn. 6; Aigner/Hoffmann, Fernabsatzrecht <strong>im</strong> Internet, Rn. 234.4Vgl. jurisPK-BGB/Wildemann, § 356, Rn. 19.5Vgl. zur Textform ausführlich Teil 3 A II 2.


B. Ausübung 273form muss die gleichen Angaben enthalten wie die Belehrung <strong>im</strong> Prospektund muss auch genau so deutlich gestaltet werden. 1Fraglich ist, wann die Einräumung in Textform erfolgen muss. § 356Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BGB enthält keine Vorgaben über den maßgeblichenZeitpunkt. Allerdings wird vereinzelt aus § 356 Abs. 1 Satz 1 BGB(„be<strong>im</strong> Vertragsschluss“) gefolgert, dass die Vorschrift Angaben zumZeitpunkt enthält. So waren das LG Leipzig 2 und das LG Berlin 3 derAnsicht, dass bei Verkäufen über die Plattform eBay dem Verbrauchernicht anstelle des <strong>Widerrufsrecht</strong>es ein Rückgaberecht eingeräumt werdenkönne, weil dieses nach § 356 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BGB in Textformvor Vertragsschluss einzuräumen sei. Auch <strong>im</strong> Schrifttum 4 wird vereinzeltvertreten, aus dem Wortlaut könne man bei restriktiver Auslegungschließen, dass die Einräumung des Rückgaberechts spätestens bei Vertragsschlussin Textform erfolgen müsse, da in § 356 Abs. 1 S. 2 BGBvon Voraussetzung die Rede sei, was sich wiederum auf § 356 Abs. 1S. 1 BGB beziehe, in dem es „bei Vertragsschluss“ heiße. Hingegenmeint das LG Düsseldorf 5zutreffend, das <strong>Widerrufsrecht</strong> könne auchbe<strong>im</strong> Handel über die Auktionsplattform eBay durch ein Rückgaberechtersetzt werden. Auf das Rückgaberecht müsse nach § 356 Abs. 1BGB nicht vor Vertragsschluss in Textform hingewiesen werden. Wiedas <strong>Widerrufsrecht</strong> hänge das Rückgaberecht in seinem Bestand nichtvon der Textform der Belehrung ab, diese sei lediglich für die Fristsetzungvon Bedeutung.Abgesehen davon, dass es in § 356 Abs. 1 S. 1 BGB nicht „bei“, sondern„be<strong>im</strong>“ heißt und dies keinesfalls gleichbedeutend mit „vor“ ist,sondern auch „unmittelbar nach“ Vertragsschluss sein kann, 6beziehtsich diese Angabe nach zutreffender Ansicht schon vom Wortlaut nichtauf den Zeitpunkt der Einräumung in Textform. Zwar verlangt dasGesetz in § 356 Abs. 1 S. 1 BGB, dass das <strong>Widerrufsrecht</strong> schon <strong>im</strong>Vertrag ersetzt wird, um dem Verbraucher frühzeitig Gewissheit darüberzu geben, ob ihm ein Widerrufs- oder Rückgaberecht zusteht;allerdings erfordert § 356 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BGB nicht, dass bereits zudiesem Zeitpunkt das Rückgaberecht in Textform mitgeteilt worden ist,denn dort findet sich überhaupt keine Angabe zum Zeitpunkt. 7Auch1MünchKommBGB/Masuch, § 356, Rn. 23; jurisPK-BGB/Wildemann, § 356, Rn.21.2LG Leipzig, Beschluss v. 27.6.2007 – 05 HK O 2050/07.3LG Berlin, Beschluss v. 7.5.2007 – 103 O 91/07.4Woitkewtisch/Pfitzer, MDR 2007, 61, 63; ebenso Aigner/Hoffmann, Fernabsatzrecht<strong>im</strong> Internet, Rn. 229.5LG Düsseldorf, Beschluss v. 20.11.2008 – 38 O 61/08; ebenso: LG Mainz, Beschlussv. 30.9.2008 – 10 HK O 63/08; Schlömer/Dittrich, K&R <strong>2009</strong>, 145, 150.6Dazu Teil 3 A III 1 f).7Schlömer/Dittrich, K&R 2007, 433, 437.


274 Teil 3 – Widerrufsfrist und Ausübungsystematisch macht die Gegenauffassung keinen Sinn, denn würde manverlangen, dass dem Verbraucher das Rückgaberecht schon bei Vertragsschlussin Textform mitgeteilt wird, so wäre § 356 Abs. 1 S. 2Nr. 1 BGB überflüssig.Auch aus der Entstehungsgeschichte des § 356 BGB ergibt sich, dassdas Rückgaberecht mit Blick auf das Internet gerade nicht davon abhängigsein sollte, dass dem Verbraucher der Verkaufsprospekt, in demeine deutlich gestaltete Belehrung über das Rückgaberecht enthaltensein muss, auf einem dauerhaften Datenträger beziehungsweise in Textformzur Verfügung steht. 1 Die <strong>im</strong> Gesetzentwurf zunächst vorgeseheneFormulierung der Vorschrift wurde aufgrund der Beschlüsse desRechtsausschusses nochmals angepasst und abgeändert. 2Auch in GestaltungshinweisNummer 1 der Anlage 3 zu § 14 Abs. 2 und 3 BGB-InfoV (Muster für die Rückgabebelehrung) wird ausdrücklich daraufhingewiesen, dass die Rückgabefrist „einen Monat“ beträgt, wenn dieseBelehrung in Textform erst nach Vertragsschluss mitgeteilt wird, sodass diese Möglichkeit bestehen muss.Es ist also davon auszugehen, dass die Einräumung des Rückgaberechtsauch nach Vertragsschluss erfolgen kann. 3Da allerdings dieEinräumung des Rückgaberechts nach Vertragsschluss eine Vertragsänderungdarstellt, bleibt die Vereinbarung der Ersetzung des <strong>Widerrufsrecht</strong>sbis zum Einverständnis des Verbrauchers schwebend unwirksam.In diesem Zeitraum finden die Vorschriften des § 355 BGB Anwendung.4Für den Fristbeginn ist dann die Nachholung der Einräumungder maßgebliche Zeitpunkt und die Rückgabefrist verlängert sich –soweit die Belehrung nicht unmittelbar nach Vertragsschluss erfolgt 5 –entsprechend § 355 Abs. 2 S. 2 BGB auf einen Monat. 6 Wird allerdingsüberhaupt nicht nachbelehrt, findet keine wirksame Ersetzung desRückgaberechtes statt, so dass das gesetzliche <strong>Widerrufsrecht</strong> greift, mitder Folge, dass über dieses überhaupt nicht belehrt wurde, da eineRückgabebelehrung keine Widerrufsbelehrung ist, so dass die Widerrufsfristnach § 355 Abs. 2 S. 1 BGB überhaupt nicht in Gang gesetztwird (unbefristetes <strong>Widerrufsrecht</strong>). 71BT-<strong>Dr</strong>ucksache 14/3195, S. 33.2Schlömer/Dittrich, K&R 2007, 433, 437.3So die ganz h.M., siehe nur MünchKommBGB/Masuch, § 356, Rn. 24; jurisPK-BGB/Wildemann, § 356, Rn. 21 m.w.N.4MünchKommBGB/Masuch, § 356, Rn. 24.5Zum Belehrungszeitpunkt „bei“ und der Fristlänge Teil 3 A III 1 b).6MünchKommBGB/Masuch, § 356, Rn. 24; jurisPK-BGB/Wildemann, § 356, Rn.21.7MünchKommBGB/Masuch, § 356, Rn. 25.


B. Ausübung 275Mit der vorgesehenen Änderung in § 356 Abs.1 Satz 2 BGB-E 1 wirdauf das Erfordernis der Textform für die Einräumung des Rückgaberechtszukünftig verzichtet. Damit wird die Regelung zum Rückgaberechtder des <strong>Widerrufsrecht</strong>s angeglichen. Die vorstehenden Streitfragenerledigen sich damit.c) PaketversandfähigkeitNach § 356 Abs. 2 S. 1 BGB ist es erforderlich, dass die Ware paketversandfähigist. Zweck dieser Regelung ist, dass dem Verbraucher die –<strong>im</strong> Gegensatz zur Absendung einer Widerrufserklärung mit mehr Aufwandverbundene – Rücksendung zumutbar sein und seine Rechtsausübungnicht vereiteln soll. Ist die Ware nicht paketversandfähig, wirddas Rückgaberecht durch bloßes Rücknahmeverlangen ausgeübt, fürdas nach § 356 Abs. 2 S. 2 BGB die Regelungen in § 355 Abs. S 2 BGBüber die Widerrufserklärung entsprechend gelten. Unstreitig ist diePaketversandfähigkeit dann nicht gegeben, wenn die Ware schon be<strong>im</strong>Versand durch den Unternehmer nicht als Paket, sondern mit einerSpedition transportiert wurde. Strittig ist, wann in anderen Fällen einePaketversandfähigkeit der Ware gegeben ist.aa) Deutsche Post AGÜberwiegend wird eine Paketversandfähigkeit verneint, wenn der beider Deutschen Post AG maßgebliche Grenzwert von 20 kg überschrittenist. 2Unbedeutend sei, ob die Rücksendung mit einem anderen Paketdiensterfolgen kann. 3Im Lichte der FARL, die ein Rückgaberechtnicht vorsieht, und nach dem Gebot der gemeinschaftskonformen Auslegungaus Art. 10 Abs. 1 S. 2 EG sei eine Interpretation des Begriffsnicht denkbar, wonach der der Verbraucher einen privaten Transporteurin Anspruch nehmen muss, um den Rückversand zu veranlassen. 4Es bleibe dem Verbraucher zwar unbenommen, einen anderen Versenderzu beauftragen, er dürfe hierzu jedoch nicht verpflichtet sein. Sinnund Zweck der Regelung sei es auch, den Verbraucher vor einem unzumutbarenTransport von schweren Paketen über lange Strecken zuschützen. 51BT-<strong>Dr</strong>ucks. 16/11643 v. 21.1.<strong>2009</strong>; dazu Teil 7 B I.2Aigner/Hoffmann, Fernabsatzrecht <strong>im</strong> Internet, Rn. 243 unter Berücksichtigungvon § 25 Abs. 5 PostO a.F.3Bamberger/Roth/Grothe, § 356, Rn. 4; MünchKommBGB/Masuch, § 356 Rn.27 und Fn 68; Staudinger/Kaiser, § 356 Rn. 38; Erman/Saenger, § 356 Rn. 10.4Bamberger/Roth/Grothe, § 356, Rn. 4 unter Berufung auf BT-<strong>Dr</strong>ucks 14/6857S. 57.5Hk-VertriebsR/Tonner, § 356, Rn. 10.


276 Teil 3 – Widerrufsfrist und Ausübungbb) Weitere private VersenderDie Gegenansicht 1sieht eine Paketversandfähigkeit auch in weiterenFällen als gegeben an. Es komme nicht allein darauf an, ob die DeutschePost AG einen Paketversand anbiete. Zum einen sei die frühereFormulierung „bei nicht postpaketversandfähigen Sachen“ aus § 8VerbrKrG a.F in § 356 BGB nicht zu finden. Zum anderen können dieAGB eines privaten Unternehmens wie die Deutsche Post AG nicht alsMaßstab gesetzt werden, da dadurch der freie Markt <strong>im</strong> Paketdienstaußer Acht bleibe. Der Verbraucher sei heutzutage auch gewöhnt, verschiedeneVersandunternehmen in Anspruch zu nehmen. Oft arbeite einHändler auch mit einem best<strong>im</strong>mten Transporteur zusammen und bieteeinen Abholservice oder Abgabe in best<strong>im</strong>mten Paketannahmestellenan. 2Daher sei es dem Verbraucher zuzumuten, die bestellte Ware alsPaket zurückzusenden, wenn er sie als Paket erhalten hat.cc) StellungnahmeDer Wortlaut des § 356 BGB lässt keinesfalls darauf schließen, dasseine Paketversandfähigkeit nur dann vorliegt, wenn die Deutsche PostAG diese Leistung anbietet. Andererseits läuft es dem Zweck der Vorschrift,dem Verbraucher die Rückgabe vergleichbar leicht wie die Abgabeder Widerrufserklärung zu machen, zuwider, wenn man stattdesseneine Nicht-Paketversandfähigkeit nur ann<strong>im</strong>mt, wenn die Sache nurmit einer Spedition versendet werden kann 3 und ansonsten jedes weitereVersandunternehmen, das einen Paketversand anbietet, als der Postgleichwertig einstuft. Denn nicht alle Versender ermöglichen demVerbraucher eine vergleichbar einfache Rücksendung und häufig sindauch nicht alle Versender bzw. möglichen Versandarten bekannt.Die Rücksendepflicht aus dem in ein Rückgewährschuldverhältnisgewandelten Fernabsatzvertrag ist nach § 241 Abs. 2 BGB unter Rücksichtauf die Interessen des anderen Teils auszuführen. 4 Wiegt nun einPaket 25 kg, kann es in einem Hermes Paketshop abgegeben werden, 5die Deutsche Post AG n<strong>im</strong>mt ein solches Paket nicht an. Bestehen nundiese zwei Möglichkeiten und weiß der Verbraucher dies, so muss erwegen dieser Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB die möglicheVariante auswählen, vorausgesetzt sie ist für ihn nicht mit Mehraufwandverbunden. In dem Beispiel des 25 kg Paketes, das an einen in1jurisPK-BGB/Wildemann, § 356, Rn. 25.2Vgl. jurisPK-BGB/Wildemann, § 356, Rn. 25.3So die BReg, BT-<strong>Dr</strong>ucks 14/6857, S 57.4Brönneke, MMR 2004, 127, 131.5Hier ist ein Versand bis 25 kg möglich, bei Abholung be<strong>im</strong> Verbraucher sogarbis 31,5 kg. Siehe http://www.hermes-logistik-gruppe.de/HLG/wg_hlg.nsf/contentByKey/KGRE-6MEACK-DE-p (Stand: 6.4.<strong>2009</strong>).


B. Ausübung 277einer Stadt wohnenden Kunden verschickt wurde, ist für diesen dieAbgabe in einem Hermes-Paketshop mindestens genauso einfach, wennnicht noch einfacher als die Abgabe in einer Post-Filiale, da die lokaleAbdeckung mit Abgabestellen genauso hoch oder höher ist und dieÖffnungszeiten vergleichbar oder besser sind. Überdies werden Paketeauf Veranlassung sogar einfach zu Hause abgeholt.Anders liegt der Fall, wenn ein 40 kg schweres Möbelstück in zweisperrigen Paketstücken mit GLS versendet wird. Hier handelt es sichzwar auch <strong>im</strong> einen „Paketversand“ und nicht Speditionsversand, esgibt aber keine vergleichbare Abdeckung mit Annahmestellen und eswürde dem Verbraucher auch erheblich Schwierigkeiten bereiten, solchePakete dorthin zu transportieren. Gleiches gilt, wenn der Verbraucherauf einer Nordsee-Insel wohnt, auf der es nur eine Postfiliale undkeine weiteren Versender gibt. Hier müssen die Konditionen der DeutschenPost AG allein maßgeblich für die Beurteilung der Versandfähigkeitsein.Fraglich ist auch, ob vom Verbraucher verlangt werden kann, dass ersich selbst über die verschiedenen Versandmöglichkeiten informiert. 1Der Verbraucher ist nicht verpflichtet, in dem ihm fremden PflichtenundInteressentenkreis des Unternehmers tätig zu werden und für dieseneinen möglichen Versender herauszusuchen. Im eigenen Interesse sollteder Unternehmer dem Verbraucher daher einen möglichen Rückversandwegdeutlich aufzeigen. 2Dem Verbraucher kann dann abverlangtwerden, diesen auch zu nutzen. Die Vorgaben der Deutschen Post AGfür Pakete können daher außer Betracht bleiben, wenn der Verbraucherauf eine geeignete Rücksendemöglichkeit hingewiesen worden ist, diekeinen erheblich größeren Aufwand verursacht als das Aufsuchen dernächsten Postfiliale oder -agentur. 3d) Ausübung vor Erhalt der LieferungDer Verbraucher kann auch das Rückgaberecht schon vor Versand derWare ausüben, indem er dem Unternehmer schriftlich erklärt, dass erkeine Lieferung der Ware mehr wünscht. Der Unternehmer kann nichtverlangen, dass der Verbraucher die Ware erst abn<strong>im</strong>mt, obwohl er zursofortigen Rücknahme verpflichtet ist (Dolo agit, qui petit, quod stat<strong>im</strong>redditurus est). Vielmehr wäre ein solches Verhalten geeignet, Hürdenbei der Ausübung des Rückgaberechtes aufzubauen. Wenn die Wareerst einmal ausgeliefert ist, ist eine Rückabwicklung mit viel mehrÜberwindung und Aufwand verbunden als eine „Stornierung“ vor1Brönneke, MMR 2004, 127, 131.2A.A. Aigner/Hoffmann, Fernabsatzrecht <strong>im</strong> Internet, Rn. 243.3Erman/Saenger, § 356, Rn. 9; Brönneke, MMR 2004, 127, 132.


278 Teil 3 – Widerrufsfrist und AusübungLieferung. Diesen Aufwand wird mancher Verbraucher scheuen. Dernationale Gesetzgeber darf nach Erwägensgrund 14 FARL nur die Bedingungenund Einzelheiten für die Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>esfestlegen. Der Verbraucher darf daher bei gemeinschaftskonformerAuslegung durch das Rückgaberecht nicht schlechter gestellt werden alsbei Geltung des gesetzlichen Regelfalls (<strong>Widerrufsrecht</strong>).3. Rücksendung durch Nicht-Annahme der LieferungAußer der gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Erleichterung der <strong>Widerrufsrecht</strong>sausübungdurch die bloße Rücksendung der Ware, sindkeine anderen konkludenten Formen zulässig. Insbesondere ist eineVerweigerung der Kaufpreiszahlung nicht ausreichend. 1Fraglich istdaher, ob dem Verbraucher ermöglicht werden muss, das WiderrufsoderRückgaberecht durch bloße Nichtannahme der Ware auszuüben.Dies führt zwangsläufig zu einer unfreien und damit für den Unternehmerkostspieligen Rücksendung. Daher wurde vorgeschlagen, demVerbraucher, der die Zusendung der Ware veranlasst hat, zumindest diePflicht aufzuerlegen, die Ware anzunehmen und dann zurückzusenden. 2Sieht der Versender jedoch kein besonderes kostenmin<strong>im</strong>ierendes Rücksendeverfahrenvor, muss der Verbraucher das Paket aber auch unfreiaufgeben können, weil er nicht gezwungen werden kann, hinsichtlichder Rücksendekosten in Vorleistung zu treten, falls er diese Kosten –wie <strong>im</strong> gesetzlichen Regelfall – nicht tragen muss. 3Die Nicht-Annahme des Paketes ist also vom wirtschaftlichen Ergebnisnichts anderes als eine unfreie Rücksendung. Die Verweigerung derAnnahme eines Paketes mit Veranlassung der Rücksendung durch denPostbediensteten ist daher zutreffend als Widerruf durch Rücksendungi.S.v. § 355 Abs. 1 S. 2 BGB 4oder als Ausübung des Rückgaberechtsnach § 356 BGB zu deuten. Voraussetzung ist freilich, dass derVerbraucher das Paket wirklich nicht haben wollte, z.B. weil ihm derHändler nach seiner Bestellung doch unzuverlässig erschien und er dieAuseinandersetzung scheut, die entstehen könnte, wenn die Ware ersteinmal in seinem Gewahrsam war oder auch, weil ihm die Ware schonaugrund des Eindrucks der Transportverpackung minderwertig erscheint.Wird ein Paket durch den Transporteur also automatisch anden Absender zurückgeschickt, besteht für Annahmeverzug kein1MünchKommBGB/Wendehorst, § 312d Rn. 79; FernAbsG-RegE, BT-<strong>Dr</strong>ucks.14/2658 S. 47.2WBZ-Stellungnahme v. 20.11.2006, S. 10.3Siehe dazu Teil 4 C I 3 und II..4AG Bautzen, Urteil v. 10.5.2008, 22 C 0083/07; Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher,§ 312d, Rn. 88.


B. Ausübung 279Raum, 1wenn der Kunde nicht nachträglich zu erkennen gibt, dass erden Händler an der Lieferpflicht festhalten möchte.Wird das Paket hingegen einfach nicht angenommen, weil derVerbraucher mehrfach nicht zu Hause ist und es versäumt, das Postamtoder die Packstation aufzusuchen, ist in der Nicht-Annahme keineRücksendung und auch keine konkludente Widerrufserklärung zu sehen,denn der Verbraucher will sich dann nicht vom Vertrag lösen,sondern kommt seiner Abnahmepflicht nicht nach. Auch wenn Warenicht angenommen und daraufhin in Kenntnis des Verbrauchers be<strong>im</strong>Versender eingelagert wird, wie dies z.B. Speditionsware oder auchSendungen aus dem Ausland häufig der Fall ist, besteht durchaus Raumfür Annahmeverzug, da hier kein durch die Rücksendung betätigtereindeutiger Wille für die Gestaltungserklärung erkennbar wird. 2Auchin solchen Fällen ist in der Nicht-Annahme keine Ausübung des Widerrufs-oder Rückgaberechtes zu sehen.4. ZwischenergebnisDie Möglichkeit, sich vom Vertrag nur durch Rücksendung der Warezu lösen, ist in den meisten Fällen für den Verbraucher vorteilhafter,kann aber auch für den Unternehmer vorzugswürdiger sein. Deshalbsteht die nach dem deutschen Recht zulässige Einräumung eines Rückgaberechtsin keinem Widerspruch zu den Vorgaben der FARL. Hierbeisind jedoch einige Besonderheiten zu beachten. In Onlineshops kann dieMöglichkeit der eingehenden Kenntnisnahme verneint werden, wennein knapper Lagerbestand gezielt für Marketingaktionen genutzt wirdund der Verbraucher so zu übereilten Entscheidungen ohne Kenntnisnahmeder Konditionen gedrängt wird. Dies gilt umso mehr, wenn dasRückgaberecht nicht permanent in der Navigation des Shops, sondernerst auf der Bestellseite verlinkt wird. Die Einräumung des Rückgaberechtsist auch bei eBay-Käufen möglich. Wortlaut, Systematik undEntstehungsgeschichte sprechen gegen die Annahme, eine Belehrung seizu einem best<strong>im</strong>mten Zeitpunkt notwendig, um wirksam zu sein.Eine Paketversandfähigkeit der gelieferten Ware ist neben der Versandmöglichkeitals Paket bis 20kg durch die Deutsche Post AG dannanzunehmen, wenn die Inanspruchnahme anderer Versender demVerbraucher die Ausübung seines Rückgaberechts nicht unzumutbarerschwert. Nicht alle Versender ermöglichen dem Verbraucher einevergleichbar einfache Rücksendung und häufig sind auch nicht alle1Brönneke, MMR 2004, 127, 130; a.A. AG Niebüll, Urteil v. 18.5.2005 – 8 C42/05.2Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2005, 3377, 3380.


280 Teil 3 – Widerrufsfrist und AusübungVersender bzw. möglichen Versandarten bekannt. Der Verbraucher istnicht verpflichtet, in dem ihm fremden Pflichten- und Interessentenkreisdes Unternehmers tätig zu werden und für diesen einen möglichen Versenderherauszusuchen. Im eigenen Interesse sollte der Unternehmerdem Verbraucher daher einen möglichen Rückversandweg deutlichaufzeigen. Dem Verbraucher kann dann abverlangt werden, diesenauch zu nutzen, wenn dies keinen erheblich größeren Aufwand darstellt.Mit Ausnahme der Nichtannahme des Paketes sind keine weiterenMöglichkeiten, den Vertrag konkludent zu widerrufen, zulässig. Bei derNichtannahme des gelieferten Pakets ist eine differenzierte Betrachtunggeboten. Wollte der Verbraucher die Ware nicht haben, kann dies alskonkludenter Widerruf angesehen werden, da die Nichtannahme vomwirtschaftlichen Ergebnis nichts anderes als eine unfreie Rücksendungist. Konnte der Verbraucher jedoch mehrmals nicht erreicht werden,obwohl er das Paket nach wie vor haben möchte, liegt Annahmeverzugvor.III. Ausübungsformen <strong>im</strong> Europäischen RechtDie FARL macht keine ausdrücklichen Vorgaben in Bezug auf die Formder Ausübung. Während nach deutschem Recht ein Widerruf in Textformoder durch Rücksendung der Ware möglich ist, reichen die Formvorgabenin den Rechtsordnungen der EU-Mitgliedsstaaten vom Einschreibenüber Schrift- und Textform bis hin zum formlosen (auchfernmündlichen) Widerruf.1. EinschreibenIn Italien muss der Widerruf per Einschreiben mit Empfangsbestätigungausgeübt werden. 1Alternativ kann der Widerruf zunächst per Telegramm,Fernschreiber, Fax oder E-Mail erfolgen, muss jedoch innerhalbvon 48 Stunden durch Zusendung des entsprechenden Einschreibensmit Rückschein bestätigt werden.1Art. 64 Abs. 1 VerbraucherGB (IT)


B. Ausübung 2812. Schriftform und TextformIn Großbritannien, 1 Litauen, 2 Polen, 3 der Slowakei, 4 Slowenien, 5 undZypern muss der Widerruf schriftlich erklärt werden, wobei in Großbritannienauch eine Erklärung in Textform auf einem dauerhaftenDatenträger dieser Form genügt. In der Slowakei gilt die Schriftformerfordernisnur, sofern nichts Abweichendes vereinbart und der Vertragebenfalls in Schriftform geschlossen wurde. In Griechenland kann derVerbraucher entweder in Text- oder Schriftform widerrufen. 6Die Widerrufserklärung in Zypern hat die folgenden Mindestbestandteileaufzuweisen: Den Entschluss, die Vertragserklärung zu widerrufen,das Datum, an dem die Erklärung aufgegeben wurde und denNamen und die Anschrift dessen, an den sich die Erklärung richtet. 73. Formlos und durch Rücksendung der SacheDie meisten EU-Mitgliedsstaaten haben keine formalen Voraussetzungenfür die Ausübung des Widerrufs festgeschrieben. In Belgien, Bulgarien,8 Dänemark, 9 Estland, 10 Finnland, 11 Frankreich, 12 Irland, 13 Lettland,14 Luxemburg, 1 Malta, den Niederlanden, Österreich, Portugal,1Art. 10 Abs. 3 DSRs2Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium, S. 594; Country report – Lithuania,S. 21.3Art. 7 Abs. 1 S. 1 VerbraucherschutzG (PL); Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium,S. 594.4Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium, S. 585.5Art. 43c Abs. 1 S. 1 VerbraucherschutzG (SI); a.A. Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium,S.594 (keine formalen Voraussetzungen für die Ausübung des<strong>Widerrufsrecht</strong>es).6Art. 4 Abs. 10 VerbraucherschutzG (GR); Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium,S. 594.7§ 7 Abs. 1 FernabsatzG (CY).8Art. 55 Abs. 1 Verbraucherschutzgesetz (BG).9Country report – Denmark, S. 19; Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium,S. 594.10§ 56 Abs. 1 Schuldrechtsgesetz (EE); Die englische Übersetzung des § 188Abs. 1 Schuldrechtsgesetz (EE) spricht davon, dass der Vertrag durch Vorlage einerentsprechenden Erklärung widerrufen wird („A party withdraws from a contract bysubmitting a declaration of withdrawal to the other party.“). § 194 Abs. 2 Schuldrechtsgesetz(EE) ergänzt hierzu, dass ein Widerruf auch in der Rücksendung desWare zu sehen ist („Return of a thing by a consumer within the term prescribed forthe return is also deemed to be withdrawal.“).11Kapitel 6, § 15 Abs. 1 a.E. Verbraucherschutzgesetz (FI).12Art. L121-20 VerbraucherGB (FR).13Art. 6 FernabsatzG (IE). Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium, S. 594.14Art. 9 FernabsatzVO (LV); engl. Übersetzung des Art. 14 FernabsatzVO (LV)erwähnt jedoch das Absenden eines schriftlichen Widerrufs („... but not later than


282 Teil 3 – Widerrufsfrist und AusübungRumänien, Schweden, Spanien, der Tschechischen Republik und Ungarn2bestehen an die Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s keine formalenAnforderungen. In Estland, Finnland und Spanien gilt explizit auch eineRücksendung der Ware als wirksamer Widerruf. In Portugal stellt auchein an den Lieferer oder die zu diesem Zweck vorgesehene Person gerichtetesEinschreiben eine zulässige Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>esdar.4. Ausübung nach dem VRRL-EIm Rahmen der Diskussion um einen gemeinsamen Referenzrahmenvertraten einige Sachverständige der Interessengruppen die Auffassung,eine völlig formlose Erklärung solle aus Gründen der Klarheit undRechtssicherheit nicht möglich sein, so dass ein min<strong>im</strong>ales Formerfordernisvorzusehen sei. 3Dem folgt nun auch Art. 14 VRRL-E, der dieAusübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s regelt. Anders als bislang nach deutschemRecht soll ein Widerruf durch bloße Rücksendung der Ware(§ 355 Abs. 1 S. 2, § 356 BGB) nicht mehr möglich sein. Vielmehr mussder Verbraucher den Widerruf auf einem dauerhaften Datenträger erklären,und zwar entweder in einer selbst formulierten Erklärung, oderindem er das Standard-Widerrufsformular des Anhangs I Teil B VRRL-E verwendet.a) Standard-Widerrufsformular<strong>Das</strong> geplante Standard-Widerrufsformular erschwert dem Verbraucherden Widerruf unnötig. Dem Verbraucher sollten möglichst wenig formaleAuflagen gemacht werden, ein schlichtes Rückzahlungsbegehrenbei Rücksendung der Ware sollte genügen. Es ist unnötig, dass einVerbraucher, der 20 einzelne Computerkomponenten bestellt hat, beiAusübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>es diese alle noch einmal auf das Widerrufsformularschreibt, wie es Anhang I Teil B VRRL-E vorsieht. Vielmehrsollte die Bezugnahme auf eine Bestellnummer genügen. 4 Derzeitist nach deutschem Recht das Verlangen des Händlers nach Beifügungder Originalrechung 5 oder einer Rechnungskopie eine unzulässige Einschränkungdes <strong>Widerrufsrecht</strong>s. <strong>Das</strong> Abschreiben einzelner Rechwithin30 calendar days from the day when the consumer has sent a writtenwithdrawal,...“), welcher die 30-tägige Frist zur Erstattung von Zahlungen auslöst.1Art. 5 Abs. 1 FernabsatzG (LU); Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium,S. 594.2Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium, S. 594.3Zweiter Fortschrittsbericht der Europäischen Kommission zum GemeinsamenReferenzrahmen (v. 25.7.2007 KOM (2007) 447 endgültig, S. 6.4<strong>Föhlisch</strong>, MMR <strong>2009</strong>, 75, 77.5LG Düsseldorf, WRP 2006, 1270 = CR 2006, 858 = MMR 2006, 833.


B. Ausübung 283nungsposten ist eine unsinnige Schikane, die in noch höherem Maßegeeignet ist, den Verbraucher vom Widerruf abzuhalten.b) Widerruf über WebsiteZu erheblichen Problemen dürfte die in Art. 14 Abs. 2 VRRL-E ausdrücklichvorgesehene Möglichkeit führen, ein Online-Formular für denWiderruf zu nutzen. Bei <strong>im</strong> Internet geschlossenen Fernabsatzverträgenkann der Gewerbetreibende demnach dem Verbraucher zusätzlich zuden in Absatz 1 genannten Möglichkeiten auch erlauben, das Standard-Widerrufsformular auf der Website des Gewerbetreibenden elektronischauszufüllen und abzuschicken. In diesem Fall hat der Gewerbetreibendedem Verbraucher unverzüglich per E-Mail eine Bestätigungüber den Eingang seines Widerrufs zu übermitteln.Vielfach werden solche Formulare jedoch nach dem Kauf nicht odernicht mehr vorhanden sein oder nicht funktionieren, nämlich dann,wenn der Verbraucher an einen unseriösen Händler geraten ist, vordem das <strong>Widerrufsrecht</strong> gerade schützen will. Aber auch lautere Unternehmerwerden versucht sein, den Widerruf des Verbrauchers <strong>im</strong> virtuellenNirvana verschwinden zu lassen, da kein Unternehmer sich denWiderruf wünscht. Die Annahme der Kommission, dass erfahrungsgemäßviele Verbraucher und Gewerbetreibende die Kommunikation überdie Website des Gewerbetreibenden vorziehen, 1lässt Kenntnisse derrealen Gefahren des Internets vermissen. 2c) Rücksendefrist für den VerbraucherNeu ist auch eine Frist zur Rücksendung der Ware für den Verbraucher.Die 30-Tage-Frist galt schon bislang nur für Zahlungsverpflichtungen.Damit ein Gewerbetreibender einem Verbraucher, der die Warenicht zurückgegeben hat, den Preis nicht erstatten muss, 3hat derVerbraucher gemäß Art. 17 Abs. 1 VRRL-E die Waren binnen vierzehnTagen ab dem Tag, an dem er dem Gewerbetreibenden seinen Widerrufmitteilt, an den Gewerbetreibenden zurückzusenden oder zu übergeben,es sei denn, der Gewerbetreibende hat angeboten, die Waren selbstabzuholen. Somit werden Fristsetzungen des Unternehmers zur Herausgabeder Widerrufs-Ware künftig entbehrlich, der Verbraucher gerätnach Ablauf von vierzehn Tagen automatisch in Verzug.1Erwägensgrund 29 VRRL-E.2<strong>Föhlisch</strong>, MMR <strong>2009</strong>, 75, 78.3Erwägensgrund 32 VRRL-E.


284 Teil 3 – Widerrufsfrist und Ausübung5. StellungnahmeEin gänzlich formloser Widerruf führt ebenso wie ein Widerruf übereine Website zu Beweisproblemen zu Lasten des Verbrauchers. DerHändler kann hier leicht behaupten, der Widerruf sei niemals ausgeübtworden. Hingegen ist ein Widerruf per Einschreiben eine zu großeHürde für den Verbraucher, der gerade <strong>im</strong> Internet bestellt, weil ernicht zu den üblichen Ladenöffnungszeiten ein Geschäft betreten kannoder möchte und dann durch eine solch strenge Form gezwungen wird,sich während noch restriktiverer Zeiten zur Post zu begeben, um sichnur so von dem unerwünschten Vertrag lösen zu können.Die bloße Rücksendung führt hingegen oft zu dem Problem, dass derHändler nicht weiß, ob der Kunde einen Widerruf, Nachbesserung oderNeulieferung wünscht. Zu Missverständnissen führen häufig auch vomHändler selbst erstellte Retourenformulare, auf denen der Rücksendegrund(freiwillig) angegeben werden soll. Ist ein Defekt der Ware derRücksendegrund, wird der Verbraucher häufig gleichwohl das <strong>Widerrufsrecht</strong>ausüben wollen, auch wenn er meint, er sei <strong>im</strong> Rahmen derGewährleistung berechtigt, direkt die begehrte Rückabwicklung desVertrages (und nicht erst Nacherfüllung) zu verlangen. Abgesehen davon,dass solche Formulare häufig unbewusst die Widerrufsbelehrungunzulässig einschränken, läuft der Verbraucher auch Gefahr, unbewusstdas nicht gewollte Gewährleistungsbegehren zu erklären.Am sinnvollsten erscheint daher eine Ausübungsform, die der geltendendeutschen Rechtslage nahekommt. Der Widerruf kann entweder inTextform oder durch Rücksendung der Ware erklärt werden. Bei derRücksendung sollte der Verbraucher aber deutlich machen müssen,dass er einen Widerruf wünscht. Diese Erklärung muss jedoch nicht als„Widerruf“ bezeichnet sein, sondern kann auch lauten: „Ich möchtemein Geld zurück.“ oder: „Ich habe an der Ware kein Interesse mehr.“Da der Verbraucher nach Art. 17 Abs. 1 VRRL-E ohnehin künftigverpflichtet werden soll, die Waren binnen vierzehn Tagen ab dem Tag,an dem er dem Gewerbetreibenden seinen Widerruf mitteilt, an denGewerbetreibenden zurückzusenden oder zu übergeben, ist der Widerrufmit gleichzeitiger Rücksendung der Ware die sinnvollste Form,zumal dann der Verbraucher auch einen Absendebeleg für den Widerrufhat (Paketeinlieferschein).IV. TeilwiderrufOft erklärt der Verbraucher den Widerruf nur in Bezug auf einen Teilder von ihm bestellten Waren. In Betracht kommen z.B. Konstellationen,in denen nur einzelne Vertragsteile dem Fernabsatzrecht oder dem


B. Ausübung 285Ausschluss- bzw. den Erlöschentatbestand des § 312b Abs. 3 oder des§ 312 d Abs. 4 BGB unterfallen, 1 Verträge, bei denen nur für einen Teilder Leistungen die Widerrufsfrist nicht abgelaufen ist oder auch Bestellungenmehrerer Waren, von denen der Verbraucher einige zurückgebenund andere behalten möchte.Ein Teilwiderruf ist bei Verträgen über eine nach objektiven Kriterienteilbare Leistung möglich. 2 Hier sind die gesetzlichen Best<strong>im</strong>mungen soauszulegen, dass ein möglichst umfassender Verbraucherschutz gewährtwird. 3 Bei der häufig <strong>im</strong> Fernabsatz vorkommenden Sammelbestellungmehrerer Personen oder der gleichzeitigen Bestellung mehrerer Vertragsgegenstände(z.B. mehrere Computerkomponenten, für die alle das<strong>Widerrufsrecht</strong> gilt) wäre das <strong>Widerrufsrecht</strong> erheblich eingeschränkt,würde man den Widerruf nur <strong>im</strong> Hinblick auf den Vertrag <strong>im</strong> Ganzenzulassen.Für diese Auslegung spricht die Absicht des Gesetzgebers, demVerbraucher ein uneingeschränktes Dispositionsrecht über die Ausübungdes <strong>Widerrufsrecht</strong>s zu geben und das <strong>Widerrufsrecht</strong> nicht vonbesonderen, für den Verbraucher erschwerenden Voraussetzungen abhängigzu machen. Auch die Tatsache, dass in § 357 Abs. 2 Satz 3 BGBdie Kostentragungspflicht der Rücksendung seit Dezember 2004 vondem „Preis der zurückzusendenden Sache“ abhängig ist und nicht vondem Vertragswert spricht dafür, dass der Gesetzgeber von der Zulässigkeiteines Teilswiderrufs ausgeht. 4V. Verwirkung<strong>Das</strong> <strong>Widerrufsrecht</strong> kann nicht mehr ausgeübt werden, wenn es verwirktwurde. Der BGH hat eine Verwirkungsmöglichkeit für den Fallzugelassen, dass der Verbraucher sein <strong>Widerrufsrecht</strong> längere Zeit nichtgeltend gemacht hat, obwohl er dazu in der Lage gewesen wäre, derUnternehmer sich also mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten desVerbrauchers darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass diesersein Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde und die verspäteteGeltendmachung daher gegen den Grundsatz von Treu und Glaubenverstößt. 5 Im <strong>Onlinehandel</strong> kommt eine solche Konstellation für dieFälle in Betracht, in denen aufgrund einer nicht ordnungsgemäßen Wi-1MünchKommBGB/Wendehorst, § 312d Rn. 101.2MünchKommBGB/Wendehorst, § 312d Rn. 101; MünchKommBGB/Masuch,§ 355 Rn. 21; AnwKomm/Ring, § 312d Rn. 52; Fuchs ZIP 2000, 1273, 1283, Fn.94.3So auch AG Wittmund, BeckRS 2008, 16403.4AG Wittmund, BeckRS 2008, 16403.5BGH, NJW-RR 2005, 180.


286 Teil 3 – Widerrufsfrist und Ausübungderrufsbelehrung das Widerrufsfrist unbefristet läuft (§ 355 Abs. 3 S. 3BGB). 1Für die Verwirkung wird man den Ablauf von deutlich mehr alssechs Monaten seit dem Zeitpunkt der ersten Warenlieferung bzw. desVertragsschlusses voraussetzen müssen, da sich aus § 355 Abs. 3 S. 1BGB ergibt, dass dem Unternehmer eine sechsmonatige Frist zumutbarist. 2 Des Weiteren ist ein best<strong>im</strong>mtes Verhalten des Verbrauchers erforderlich,das deutlich widersprüchlich zur Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>sist. Zwischen den beiden Voraussetzungen (sog. Zeitmoment und Umstandsmoment)bedarf es einer derartigen Wechselwirkung, so dass dieRückabwicklung des Vertrags für den Unternehmer eine unbillige Härtebedeuten würde. 3Die Rechtsfolgen des § 355 Abs. 3 S. 3 BGB tretenschließlich infolge einer Pflichtverletzung des Unternehmers ein, so dassdie Sanktion hierfür nicht durch die Annahme einer Verwirkung durchbloßen Zeitablauf angenommen werden kann. 4Nicht nachvollziehbar ist daher die Entscheidung des AG Bielefeld 5zur Verwirkung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s. <strong>Das</strong> Gericht nahm an, dass einVerbraucher, der sein <strong>Widerrufsrecht</strong> fristgemäß per E-Mail ausgeübt,die Ware aber innerhalb von fast sechs Monaten nicht an den Unternehmerzurückgeschickt hatte, sein <strong>Widerrufsrecht</strong> verwirkt hat. Abgesehendavon, dass dieser Zeitraum viel zu kurz ist, kann nicht ein Rechtverwirkt werden, dass bereits durch Widerrufserklärung in Textformausgeübt wurde. Anders hätte der Fall nur liegen können, wenn derUnternehmer nicht korrekt belehrt, der Verbraucher auf E-Mails undRetourenscheinangebote nicht reagiert und nach einem Jahr sein <strong>Widerrufsrecht</strong>durch Rücksendung der Ware ausgeübt hätte.VI. Rechtsmissbrauch, § 242 BGBUnerheblich ist, aus welchen Motiven der Verbraucher den Vertragwiderruft. Der Verbraucher kann das <strong>Widerrufsrecht</strong> auch dann ausüben,wenn er schon vor Vertragsschluss erkannt hat oder hätte erkennenmüssen, dass die erworbene Leistung für ihn nicht brauchbar seinwürde, z.B. eine best<strong>im</strong>mte Software nicht kompatibel mit der vorhandenenHardware ist oder ein Objektiv nicht auf das Kameramodellpasst, selbst wenn der Händler hierzu Fragen per E-Mail oder telefo-1MünchKommBGB/Wendehorst, § 312d Rn. 69. MünchKommBGB/Masuch,§ 355 Rn. 71.2MünchKommBGB/Wendehorst, § 312d Rn. 70.3Domke, BB 2005, 1582, 1584f.4Vgl. Domke, BB 2005, 1582, 1584.5AG Bielefeld, Beschluss v. 20.08.2008, 15 C 297/08.


B. Ausübung 287nisch beantwortet hat. 1 So können be<strong>im</strong> Verbraucher auch <strong>im</strong> NachhineinZweifel an der künftigen Leistungsfähigkeit oder -bereitschaft desVerkäufers aufkommen, etwa falls eine Nacherfüllung erforderlichwird. Auch das Prüfungsrecht darf nicht durch die Annahme von Missbraucheingeschränkt werden. So darf der Verbraucher mehrmals dasgleiche Kleidungsstück in verschiedenen Größen bestellen und dann diemeisten Teile gegen volle Kaufpreiserstattung wieder zurückgeben. 2Auch das Auffinden eines günstigeren Angebotes ist kein Grund, voneinem Missbrauch auszugehen. 3Ein Internet-Versandhandelsunternehmen ist nicht verpflichtet, miteinem Verbraucher erneut zu kontrahieren, mit dem sich das Vertragsverhältnisin der Vergangenheit wegen eines überproportional hohenAnteils an Rücksendungen bestellter Ware über einen längeren Zeitraumals unwirtschaftlich erwiesen hat. Auch ist nicht zu beanstandenoder unlauter, wenn solchen Kunden schriftlich angekündigt wird, dasseine erneute Belieferung abgelehnt wird, sofern keine Veränderung <strong>im</strong>Bestellverhalten erfolgt. Schließlich ist es auch datenschutzrechtlichzulässig, die für diese Entscheidung erforderlichen Daten über das Bestellverhaltenauch ohne Einwilligung des jeweiligen Kunden zu speichern.4Nach § 226 BGB ist die Ausübung eines bestehenden Rechtes jedochdann unzulässig, wenn sie den Umständen nach nur den Zweck habenkann, einem anderen Schaden zuzufügen. Eine rechtsmissbräuchlicheAusübung liegt auch bei vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäߧ 826 BGB vor. Eine reine Schädigungsabsicht (z.B. Bestellen zahlreicherWaren mit dem Vorsatz, die Lieferungen nicht anzunehmen) dürfteeher bei als Verbrauchern getarnten Konkurrenten vorkommen, abernicht durch potenzielle Kunden eines Händlers. Diese werden sichdurch ihr rechtsmissbräuchliches Verhalten auch <strong>im</strong>mer selbst einenVorteil verschaffen wollen. Folgende Fallgruppen tauchen in der Praxis<strong>im</strong>mer wieder auf.1. Ausnutzen von VersandkostenfreigrenzenViele Händler erlassen dem Verbraucher die Versandkosten, wenndessen Einkäufe einen gewissen Bestellwert überschreiten. Unter dieserGrenze sind vertraglich best<strong>im</strong>mte Versandkosten vereinbart. In solchenFällen ist es denkbar, dass der Verbraucher mehrere Waren bestellt, dieihn tatsächlich interessieren, um von der Versandkostenfreiheit zu pro-1MünchKommBGB/Wendehorst, § 312d Rn. 71.2a.A. offenbar Borges, DB 2005, 319, 320.3MünchKommBGB/Masuch, § 355 Rn. 72.4OLG Hamburg, WRP 2005, 1033 = MMR 2005, 617 = CR 2005, 902 (Ls.)


288 Teil 3 – Widerrufsfrist und Ausübungfitieren. 1 Hier ist es auch legit<strong>im</strong>, wenn der Verbraucher sich doch gegeneinige Produkte entscheidet, weil sie nicht seinen Vorstellungenentsprechen und einen Teilwiderruf ausübt. Bestellt er hingegen nurdeshalb mehr Ware, damit der Bestellwert die Versandkostenfreigrenzeüberschreitet, mit dem Vorsatz, diese auf jeden Fall wieder zurückzusenden,ist er nicht durch das <strong>Widerrufsrecht</strong> schützbedürftig. 2 Denn indiesem Fall geht es weder darum, dass der Verbraucher Zweifel an derZuverlässigkeit des Händlers hat noch darum, dass er die Ware einerPrüfung unterziehen möchte. Vielmehr will er ausschließlich die vomHändler ausgestellten Versandkonditionen zu dessen Schaden umgehen.2. Offensichtliches „Ausleihen“In Kenntnis des <strong>Widerrufsrecht</strong>es werden in hohem Maße Waren kostenlosausgeliehen. Die Praxis verzeichnet eine Fülle von Fällen, in denenes den Käufern offensichtlich nicht darum geht, den Kaufgegenstandzu erwerben. Beispiele dafür sind– Bei sportlichen Großereignissen werden vor wichtigen Spielen oderWettkämpfen Großbildfernseher bestellt und dann nach demGebrauch zurückgesandt.– Digitale Kameras werden <strong>im</strong> zweiwöchigen Urlaub benutzt und dannzurückgesandt. Oft befinden sich noch die Urlaubsbilder auf derSpeicherkarte.– Im Sommer verzeichnen viele Unternehmen einen großen Anstieg derBestellung von portablen Kl<strong>im</strong>ageräten, die nach Abklingen der Hitzewellezurückgesandt werden.– Hochzeitskleider oder Karnevalskostüme werden für den besonderenAnlass bestellt und dann retourniert.Es ist zwar legit<strong>im</strong>, eine Ware, die der Käufer sich anzuschaffen gedenkt,<strong>im</strong> Rahmen des <strong>Widerrufsrecht</strong>es zu prüfen. Dies darf jedochnicht dazu führen, dass der Händler unfreiwillig zum Verleiher wird.1Z.B. nicht eine CD für 10 €, sondern zwei CDs für 25 €, um bei dem Versandhändleramazon in den Genuss der Versandkostenfreiheit ab 20 € Bestellwert zukommen.2Z.B. nicht ein Waschbecken für 50 €, sondern zusätzlich noch eine Badewannefür 200 €, um über die Versandkostenfreigrenze von 150 € zu gelangen, ohne dassein solches Produkt benötigt wird. Be<strong>im</strong> Rückgaberecht oder bereits gezahlter Wareüber 40 € <strong>im</strong> Fall des <strong>Widerrufsrecht</strong>es muss der Händler diese auch noch auf seineKosten wieder abholen.


B. Ausübung 2893. Wettlauf der VersenderDie weitere Fallgruppe betrifft Kunden, die bei schwer lieferbaren Produktenmehrere Bestellungen bei verschiedenen Händlern platzierenund dann abwarten, welcher Händler als erstes liefert. Diese Bestellungwird dann angenommen, der Rest zurückgesandt. Beispiele hierfür sinddie Markteinführung des Apple iPod, die Markteinführung der SonyPlaystation oder die Neuerscheinung eines Harry Potter Romans. Auchhier liegt ein Missbrauchsfall vor. <strong>Das</strong> <strong>Widerrufsrecht</strong> soll nicht Gelegenheitverschaffen, verschiedene Händler gegeneinander auszuspielen,wenn klar ist, dass die Ware ohnehin nur einmal behalten wird.VII. BeweislastNach § 355 Abs. 1 S. 2 BGB reicht für die Wahrnehmung der zweiwöchigenFrist die rechtszeitige Absendung der Widerrufserklärung. Fürdie Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s und für den Zugang der Widerrufserklärungbe<strong>im</strong> Unternehmer trägt der Verbraucher die Beweislast, 1 zuseinen Gunsten greift hier aber der Beweis des ersten Anscheins ein. 2Diese Belastung des Verbrauchers wird zu Recht als eine „Schwachstelledes Verbraucherschutzes“ kritisiert, da der Händler den Zugangverhindern könnte. 3 Um dieses Ergebnis zu relativieren, wird in Analogiezu § 121 Abs. 1 S. 2 BGB zutreffend angenommen, dass auch einerechtzeitig abgesendete, aber verloren gegangene Widerrufserklärungzur Fristwahrung geeignet sein kann, wenn der Widerruf unverzüglichwiederholt wird. 4 Dies ist allerdings nur dann gerechtfertigt, wenn derVerbraucher alles seinerseits Erforderliche getan hat, damit die Erklärungzugeht, was <strong>im</strong> Einzelfall auch Erkundigungspflichten einschließenkann. 5Erstaunlicherweise verbraucherfreundlicher ist die Beweislast beiAusübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s durch Rücksendung oder durch Ausübungdes Rückgaberechts nach § 356 BGB. Die Regelung des § 355Abs. 1 S. 2 BGB findet nach § 356 Abs. 2 S. 2 BGB zwar entsprechende1Bamberger/Roth/Grothe, § 355, Rn. 13; Hk-VertriebsR/Tonner, § 355 Rn. 31;jurisPK-BGB/Wildemann, § 355, Rn. 29; MünchKommBGB/Wendehorst, § 312d,Rn. 74, 99; AnwKomm/Ring, § 355 Rn. 35; Lorenz, JuS 2000, 833, 836;.2MünchKommBGB/Masuch, § 355, Rn. 39; jurisPK-BGB/Wildemann, § 355, Rn.29.3MünchKommBGB/Wendehorst, § 312d, Rn. 74.4OLG <strong>Dr</strong>esden NJW-RR 2000, 354 (zu § 7 VerbrKrG); Bamberger/Roth/Grothe,§ 355, Rn. 13; jurisPK-BGB/Wildemann, § 355, Rn. 29; MünchKommBGB/Wendehorst,§ 312d, Rn. 74, 99.5jurisPK-BGB/Junker, § 312d, Rn. 3; MünchKommBGB/Wendehorst, § 312d,Rn. 99.


290 Teil 3 – Widerrufsfrist und AusübungAnwendung auf das Rückgaberecht. Nach der ausdrücklichen Regelungdes § 357 Abs. 2 S. 2 BGB hat der Unternehmer hier aber die Transportgefahrzu tragen. Obwohl die Rücksendung also ebenso wie dieWiderrufserklärung eine empfangsbedürftige Willenserklärung desVerbrauchers ist, kommt es entgegen § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB fürderen Wirksamkeit nicht auf den Zugang be<strong>im</strong> Unternehmer an. 1 Vielmehrwird der Zugang fingiert. Es sollte in Betracht gezogen werden,eine vergleichbare ausdrückliche Regelung für den Zugang der Widerrufserklärungzu schaffen, zumal die Erklärung nach dem VRRL-Ekünftig die einzige Ausübungsform des <strong>Widerrufsrecht</strong>es sein soll.Problematisch ist, dass einige Versender dem Verbraucher einen telefonischenWiderruf suggerieren, weil dem Kunden hierdurch der Beweisabgeschnitten werden kann. 2 Dies geschieht vor allem durch die Angabeeiner Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung. Wie ein solcher Fallzu behandeln ist, wird unterschiedlich beurteilt. Während nach einerAuffassung hierdurch lediglich die Abwicklung der Rücksendung erleichtertwird, 3wird zum Teil angenommen, dass die Angabe einerTelefonnummer in der Widerrufsbelehrung die Gefahr bergen könnte,dass der Verbraucher den Inhalt der Widerrufserklärung irrtümlichdahin versteht, er könne sein <strong>Widerrufsrecht</strong> auch telefonisch ausüben. 4Der Unternehmer muss darlegen und beweisen, wenn er der Meinungist, dass der Verbraucher das <strong>Widerrufsrecht</strong> rechtsmissbräuchlich ausgeübthat. Ein solcher Nachweis der Schädigungsabsicht, z.B. des Vorsatzes,die Ware von Vornherein zurückschicken zu wollen, wird in derPraxis so gut wie nie gelingen, so dass bislang auch keine solchen Fällebekannt geworden sind.1MünchKommBGB/Masuch, § 356, Rn. 26; jurisPK-BGB/Wildemann, § 356, Rn.22; Erman/Saenger, § 356, Rn. 8.2Kritisch auch Lorenz, JuS 2000, 833, 837.3LG Berlin, Beschluss v. 5.6.2008, 52 O 196/08; vgl. auch KG Berlin, K&R2007, 530 = MD 2007, 1146 = GRUR 2008, 87 = GRUR-RR 2008, 23 = MMR2008, 45 = WRP 2007, 1380 (Ls.) = NJW-RR 2008, 352.4OLG Frankfurt, BeckRS 2007, 19788; LG Lübeck, MMR 2008, 554 = K&R2008, 483. Dazu Teil 5 B IV 3 b) dd).


Teil 4 – Die Rückabwicklung des widerrufenen VertragesTeil 4 – Die Rückabwicklung des widerrufenen VertragesHinsichtlich der Rechtsfolgen des <strong>Widerrufsrecht</strong>s verweist § 357Abs. 1 S. 1 BGB auf die Best<strong>im</strong>mungen über das Rücktrittsrecht nach§§ 346 ff. BGB, soweit nicht ein anderes best<strong>im</strong>mt ist. Daher findenbe<strong>im</strong> wirksamen Widerruf §§ 346 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und Abs. 4,348 uneingeschränkt Anwendung. Die Regelung des § 346 Abs. 2 und3 wird zu Lasten des Verbrauchers in § 357 Abs. 3 modifiziert. Auchdie Regelung des § 347 über Ersatzansprüche für nicht gezogene Nutzungenund den Anspruch auf Aufwendungsersatz ist entsprechendanzuwenden. Vom Verweis nicht erfasst sind hingegen die §§ 350, 352bis 354, da diese ein vertragliches Rücktrittsrecht erfordern und auf dasgesetzliche <strong>Widerrufsrecht</strong> nicht übertragbar sind. 1A. LeistungsrückgewährA. LeistungsrückgewährI. RücksendungAus § 357 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 346 Abs. 1 BGB ergibt sich die Pflichtdes Verbrauchers, den ihm überlassenen Gegenstand zurückzugewähren.Nach § 346 Abs. 1 BGB ist die gelieferte Sache in Natur zurückzugewähren,d.h. so wie sie erbracht wurde. Es handelt sich somit um eineStückschuld, auch wenn die vertragliche Verbindlichkeit eine Gattungsschulddarstellt. 2 Dem Sinn und Zweck der Regelung entspricht es, dassnoch nicht erfüllte Pr<strong>im</strong>ärpflichten zugleich mit der Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>serlöschen. 3 Die Rückgewährpflicht wird durch § 357Abs. 2 S. 1 BGB konkretisiert. Der Verbraucher ist demnach nach Ausübungdes <strong>Widerrufsrecht</strong>s nach § 355 BGB zur Rücksendung der geliefertenWare verpflichtet.Durch die Rücksendepflicht darf der Verbraucher nicht von der Ausübungseines <strong>Widerrufsrecht</strong>s abgehalten werden. Dieser Überlegunghat der Gesetzgeber durch das Erfordernis der Paketversandfähigkeit(§ 357 Abs. 2 S. 1 BGB) Rechnung getragen. Daran sind die gleichenAnforderungen wie bei der Ausübung des Rückgaberechts nach § 356BGB und der Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s durch Rücksendung nach1MünchKomm-BGB/Masuch, § 357, Rn. 8.2jurisPK-BGB/Faust, § 346, Rn. 19; Bamberger/Roth/Grothe, § 346, Rn. 31; Erman/Röthel,§ 346, Rn. 3.3Bamberger/Roth/Grothe, § 346, Rn. 30.


292 Teil 4 – Die Rückabwicklung des widerrufenen Vertrages§ 355 Abs. 1 S. 2 BGB zu stellen. 1 Ist der Versand als Paket nicht möglich,ist der Verbraucher zu Rücknahmeverlangen und Bereithaltung derSache verpflichtet. 2<strong>Das</strong> Rücknahmeverlangen begründet eine Holschulddes Unternehmers, so dass er auch die Kosten der Abholung zuübernehmen hat. 3 Gemäß § 295 BGB wird der Unternehmer durch dasRücknahmeverlangen des Verbrauchers in Verzug gesetzt, so dass derVerbraucher gem. § 300 BGB nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeithaftet. 4Nicht geklärt ist die Frage, ob <strong>im</strong> Fall des Widerrufs den Händlerauch die Obliegenheit zur Demontage trifft, insbesondere dann, wenneine entsprechende Montage bei der Lieferung nicht <strong>im</strong> Vertrag vorgesehenwar. <strong>Das</strong>s der Widerruf ohne Grund erfolgen kann und nicht aufeiner Pflichtverletzung des Unternehmers beruht, spricht gegen einesolche Pflicht. Zwar wird der Verbraucher auch häufig deshalb widerrufen,weil die Ware nicht seinen Vorstellungen aufgrund der Anpreisungen<strong>im</strong> Internet entspricht, z.B. Verarbeitungsqualität und Soliditäteines in vielen Einzelteilen gelieferten Möbelstücks. In einem solchenFall hat er dann aber die Möglichkeit, Gewährleistungsansprüche geltendzu machen und so den Händler in die Demontagepflicht zu nehmen.5II. KaufpreisrückerstattungNach § 357 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 346 Abs. 1 BGB hat der Unternehmerdem Verbraucher den Kaufpreis zurückzuerstatten. Im Unterschiedzur Rückgewährpflicht handelt es sich hierbei nicht um eineStückschuld, sondern um eine Verpflichtung zur Rückgewähr der erhaltenenGeldsumme. 6 Vom Anspruch umfasst ist selbstverständlich auchdie Rückzahlung der aufgeschlagenen Umsatzsteuer. Die Klausel„Wenn Sie uns keinen best<strong>im</strong>mten Wunsch mitteilen, wird der Wert derRücksendung Ihrem Kundenkonto gutgeschrieben oder Sie erhaltenbe<strong>im</strong> Nachnahmekauf einen Verrechnungsscheck“ in Allgemeinen Geschäftsbedingungenfür den Internet-Versandhandel verstößt dahergegen das Transparenzgebot und ist unwirksam. 71Erman/Saenger, § 357, Rn. 6; siehe dazu Teil 3 B II 2 c).2Erman/Saenger, § 357, Rn. 7.3MünchKomm-BGB/Masuch, § 357, Rn. 16.4Erman/Saenger, § 357, Rn. 7.5Vgl. MünchKomm-BGB/Westermann, § 437, Rn. 37.6MünchKomm-BGB/Gaier, § 346, Rn. 17; Erman/Röthel, § 346, Rn. 3; jurisPK-BGB/Faust, § 346, Rn. 19; Bamberger/Roth/Grothe, § 346, Rn. 31.7BGH NJW 2006, 211 = CR 2006, 120.


A. Leistungsrückgewähr 293III. Rückgewähr Zug-um-ZugNach § 348 S. 1 BGB haben der Verbraucher und der Unternehmer ihreRückgewährpflichten Zug um Zug nach Maßgabe von § 274 Abs. 1BGB zu erfüllen. Zwischen ihren Pflichten besteht allerdings keine synallagmatischeBeziehung. 1 Dies ergibt sich bereits aus dem ausdrücklichenWortlaut der Regelung. Bei einem synallagmatischen Charakterwäre § 348 BGB wegen § 322 BGB überflüssig. Dies wird durch § 348S. 2 BGB bestätigt, wonach lediglich die §§ 320, 322 BGB und keineweitere Regelungen über den gegenseitigen Vertrag Anwendung finden. 2Insbesondere ist die Vorschrift des § 326 BGB nicht anzuwenden.Schuldet der Verbraucher Wertersatz, wird eine Zahlung des Differenzbetragszwischen Wertersatz und Kaufpreis nicht automatisch geschuldet.Dafür ist eine Aufrechnung erforderlich. 3Aus der Anwendbarkeit des §§ 320, 322 BGB folgt, dass sowohl derUnternehmer, als auch der Verbraucher das Recht hat, die eigene Leistungbis zur Erfüllung der Gegenleistung zurückzubehalten. Dies ist <strong>im</strong>Versandhandel ein Problem, da sich Verkäufer und Käufer zwecksLeistungsaustausches nicht begegnen, sondern eine der Parteien in Vorleistungtreten muss, entweder mit der Rückerstattung oder der Rücksendung.Der Verbraucher wird jedoch den Plasma-Fernseher nichtherausgeben, wenn er zweifelt, den (vollen) Kaufpreis zurück zu erhalten;ebenso wird der Unternehmer nicht 3.000 € überweisen, wenn ernicht weiß, ob die Ware überhaupt noch vorhanden ist. Daher spielenGarantie- und Treuhandmodelle <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong> in solchen Fällen einegroße Rolle. Kein Zurückbehaltungsrecht des Händlers entsteht jedenfallswegen vom Verbraucher behaupteten unrichtigen Kundebewertungen,weil die erforderliche Konnextität der Ansprüche fehlt. 4Fraglichist, ob es auch <strong>im</strong> geltenden Recht Regeln gibt, nach denen eine Parteiin Vorleistung treten muss.1. Rückerstattungspflicht des HändlersNach Art. 6 Abs. 2 S. 3 FARL hat der Unternehmer dem Verbraucherden Kaufpreis „so bald wie möglich in jedem Fall jedoch binnen 30Tagen“ zu erstatten. In den deutschen Best<strong>im</strong>mungen zu Fernabsatzgeschäftenfindet sich jedoch keine ausdrückliche Umsetzung dieser Vor-1BGH NJW 2002, 506, 507; MünchKommBGB/Gaier, § 348 Rn. 2; Anw-Komm/Hager, § 348 Rn. 1; Bamberger/Roth/Grothe, § 348 Rn. 2, jurisPK/Faust,§ 348 Rn. 7; Palandt/Grüneberg, § 348 Rn. 1.2Bamberger/Roth/Grothe, § 348, Rn. 2; MünchKommBGB/Gaier, § 348, Rn. 2.3Bamberger/Roth/Grothe, § 348, Rn. 3; MünchKommBGB/Gaier, § 348, Rn. 4;jurisPK-BGB/Faust, § 348, Rn. 6.4AG München, Urteil v. 2.4.2008, 262 C 34119/07.


294 Teil 4 – Die Rückabwicklung des widerrufenen Vertragesschrift. Die Bundesregierung 1 war seinerzeit der Ansicht, dass Deutschlandinsoweit von einer expliziten Umsetzung der 30-Tages-Frist in Art.6 Abs. 2 Satz 3 absehen konnte, da das deutsche Recht diese Regelungbereits vorsehe. Gem. § 271 BGB sei der von dem Verbraucher gezahlteBetrag sofort und nicht erst nach 30 Tagen zur Rückzahlung fällig.Zwar sei § 271 BGB disponibel. § 308 Nr. 1 BGB verbiete es dem Unternehmerjedoch, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unangemessenlange Leistungspflichten zu vereinbaren. Damit sei der Verbraucher sogestellt, wie es Art. 6 Abs. 2 und Art. 7 Abs. 1 und 2 der FARL vorsehen,da § 271 BGB ebenso für die Bewirkung der vertraglichen Leistungdurch den Unternehmer Gültigkeit habe. Es muss aber bezweifelt werden,ob eine derartige Norm in den Vorschriften eine effektive Umsetzungvon Art. 7 Abs. 2 FARL darstellt. 2Auch die Europäische Kommission meint, dass die Fristenregelungfür die Erstattung bereits geleisteter Zahlungen (Artikel 6 Absätze 1und 2) mit verschiedenen Mitgliedsstaaten noch zu erörtern sei. InDeutschland und Litauen werde in den entsprechenden gesetzlichenBest<strong>im</strong>mungen die zulässige Zeitspanne für die Erstattung von Rückzahlungennicht genannt. Für Ungarn sei die Umsetzung dieser Best<strong>im</strong>mungunklar; gleiches gelte für Österreich und Schweden in Bezug aufKonventionalstrafen. In Finnland müsse die Rückzahlung binnen 30Tagen nach Rücksendung der Waren erfolgen. Da die FARL sich darüberausschweige, ob die 30-Tage-Frist mit dem Zeitpunkt der Mitteilungdes Rücktritts vom Vertrag oder mit dem Tag des Eingang zurückgesandterWaren be<strong>im</strong> Lieferer beginnt, sei nicht klar, ob diegenannte Auslegung der diesbezüglichen Best<strong>im</strong>mung aus der Richtliniezulässig ist. 3Nach § 357 Abs. 1 S. 2 BGB i.V.m. § 286 Abs. 3 BGB befindet sichder Schuldner spätestens nach 30 Tagen, beginnend „mit der Widerrufs-oder Rückgabeerklärung des Verbrauchers“, in Verzug. 4Es wirdangenommen, dass § 348 BGB auf Fernabsatzverträge mit der Maßgabeanwendbar sei, dass der Unternehmer spätestens 30 Tage nach Ausübungdes <strong>Widerrufsrecht</strong>s bereits geleistete Zahlungen zu erstattenhat. 5 Die Ausübung durch Widerrufserklärung ist wirksam mit Zugangder Erklärung, die Ausübung durch Rücksendung durch Absenden derSache. 6Nach Art. 16 Abs. 1 VRRL-E hat der Unternehmer jede Zah-1BRD-Stellungnahme v. 21.09.2006, S. 7.2Hk-VertriebsR/Micklitz, § 312b Rn. 67; Artz, VuR 1999, 249.3KOM(2006) 514 endgültig v. 21.9.2006 zur Umsetzung der Richtlinie1997/7/EG, S. 4.4Vgl. Bamberger/Roth/Grothe, § 357 Rn. 2.5Rünz, Verbraucherschutz <strong>im</strong> Fernabsatz, S. 146.6Hierzu Teil 3 B I und III.


A. Leistungsrückgewähr 295lung, die er vom Verbraucher erhalten hat, binnen dreißig Tagen abdem Tag zurückzuzahlen, an dem die Mitteilung über den Widerruf beiihm eingegangen ist. Art. 16 Abs. 2 VRRL-E gewährt dem Händlerdarüber hinaus ein Zurückbehaltungsrecht bis zum Erhalt oder zurAbholung der Ware oder bis es dem Verbraucher gelingt, die Rücksendungnachzuweisen. Dadurch wird gewährleistet, dass der Verbraucherdie Ware überhaupt zurückschickt und dass der Gewerbetreibende sieauf Beschädigungen und Gebrauchsspuren untersuchen kann.2. Rücksendepflicht des VerbrauchersEine entsprechende Frist für eine Rücksendung der Sache durch denVerbraucher ist weder in der FARL noch <strong>im</strong> deutschen Recht geregelt.§ 286 Abs. 3 BGB gilt nur für Zahlungsansprüche, nicht für Herausgabeansprüche.Derzeit bleibt dem Unternehmer also nur die Möglichkeit,den Verbraucher durch Fristsetzung in Verzug zu setzen oder vertraglicheine best<strong>im</strong>mte Rücksendefrist zu vereinbaren. Letzteres ist abernur eingeschränkt möglich. § 348 BGB ist zwar kein zwingendes Recht,eine Einschränkung durch AGB <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong> scheidet allerdingswegen der Regelung des § 309 Nr. 2a BGB weitgehend aus. 1 Der Händlerkann wegen des Zurückbehaltungsrechts des Verbrauchers aus§ 320 BGB nicht verlangen, dass dieser die Ware bereits vor Erhalt desKaufpreises retourniert.Die Pflichten des Verbrauchers <strong>im</strong> Widerrufsfall sollen künftig klarergeregelt werden. Gemäß Art. 17 Abs. 1 VRRL-E hat der Verbraucherdie Waren binnen vierzehn Tagen ab dem Tag, an dem er dem Gewerbetreibendenseinen Widerruf mitteilt, zurückzusenden oder zu übergeben,es sei denn, dieser hat angeboten, die Waren selbst abzuholen.Diese Vorschrift betrifft allerdings nur den Fall, in dem eine Rücksendungmöglich ist. Keine entsprechende Regelung ist für die Konstellationgetroffen, in der der Verbraucher Wertersatz statt Rücksendungschuldet. Insofern bleibt es abzuwarten, ob § 357 Abs. 1 S. 1 BGBi.V.m. § 286 Abs. 3 BGB, die insoweit eine 30-Tages-Frist auch für denVerbraucher vorsehen, mit der neuen Richtlinie zu vereinbaren wäre.Kritisiert wird, dass durch die neue Regelung dem Verbraucher daswirksamste <strong>Dr</strong>uckmittel zur Durchsetzung seiner Rechte genommenund ihm das Insolvenzrisiko des Unternehmers aufgebürdet wird. 2 DieZurückbehaltung des Kaufpreises bis zur Rücksendung durch denVerbraucher ist jedoch auch schon derzeit ein gängiges und legit<strong>im</strong>esMittel des Unternehmers, den Erhalt der unversehrten Ware sicherzu-1MünchKommBGB/Gaier, § 348 Rn. 5; Bamberger/Roth/Grothe, § 348 Rn. 3.2Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten, S. 22.


296 Teil 4 – Die Rückabwicklung des widerrufenen Vertragesstellen. Zudem besteht diese Möglichkeit <strong>im</strong> deutschen Recht auchdeswegen, weil der Unternehmer statt des <strong>Widerrufsrecht</strong>es ein Rückgaberechteinräumen kann, bei dem der Verbraucher sich nur durchfristgerechte Rücksendung der Ware vom Vertrag lösen kann. DiesesProblem kann nicht durch eine einseitige Verlagerung des Risikos aufeine Partei, sondern nur die finanzielle Absicherung der Rückabwicklung,wie sie z.B. Trusted Shops anbietet, gelöst werden.IV. ZwischenergebnisAus der Anwendbarkeit der §§ 320, 322 BGB folgt, dass sowohl derUnternehmer als auch der Verbraucher das Recht haben, die eigeneLeistung bis zur Erbringung der Gegenleistung zurückzubehalten. Dieses„Henne-Ei“-Problem führt dazu, dass eine reibungslose Rückabwicklungauf dem Versandweg nicht möglich ist, sondern Käufer undVerkäufer sich zum Leistungsaustausch Zug-um-Zug real treffen müssen.Daher spielen Garantie- und Treuhandmodelle <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong> insolchen Fällen eine große Rolle. Dies umso mehr, als die derzeit geltendenRegelungen für die Rückgewährfristen entweder völlig fehlen (fürden Verbraucher) oder erörterungsbedürftig (für den Unternehmer)sind. <strong>Das</strong> bestehende Problem würde durch den VRRL-E gelöst werden.Diese klaren Regelungen, die für beide Seiten Rückgewährfristen setzen,sind begrüßenswert.B. GefahrtragungB. GefahrtragungI. Erfüllungsort und SachgefahrAuch be<strong>im</strong> Verbrauchsgüterkauf wird der Erfüllungsort nach § 269BGB best<strong>im</strong>mt. Wenn der Verkäufer auf Verlangen des Käufers dieSache an dessen Wohnort versendet, liegt <strong>im</strong> Zweifel auch dann eineSchickschuld vor, wenn der Verkäufer die Kosten der Versendung ü-bern<strong>im</strong>mt (§ 269 Abs. 3 BGB). Der BGH 1 hat klargestellt, dass auch <strong>im</strong><strong>Onlinehandel</strong> der Händler keine Bringschuld übern<strong>im</strong>mt. Handelt essich um eine Gattungsschuld, beschränkt sich deshalb mit der Übergabean die Transportperson die Schuld des Verkäufers <strong>im</strong> Sinne von § 243Abs. 2 BGB auf die übergebene Sache. Geht die verkaufte Sache aufdem Versandweg verloren, so wird der Händler gemäß § 275 Abs. 1BGB von seiner Verpflichtung zur Leistung frei. Die Klausel „Erfüllungsortist…“ verstößt bei Verbrauchsgüterkäufen also nicht gegen1BGH CR 2004, 51 = NJW 2003, 3341.


B. Gefahrtragung 297§ 307 BGB. Es soll überhaupt nicht entgegen dem Grundgedanken des§ 474 BGB eine dem § 447 BGB entsprechende Regelung getroffenwerden. 1 Eine Erfüllungsortklausel ist aber überflüssig, gibt sie ohnehinnur die Rechtslage nach dem Gesetz wieder. 2II. Gegenleistungs- oder PreisgefahrDavon zu trennen ist die Frage der Gegenleistungs- oder Preisgefahr,d.h. ob die von § 275 Abs. 1 BGB angeordnete Befreiung des Verkäufersvon der Leistungspflicht infolge des Untergangs der KaufsacheEinfluss auf die Zahlungsverpflichtung des Verbrauchers hat. 31. Versand durch den HändlerDie Verbrauchsgüterkaufrichtlinie überlässt die Regelung des Zeitpunktesdieses Gefahrübergangs dem nationalen Gesetzgeber. Die Abwälzungder Gegenleistungsgefahr ist <strong>im</strong> Versandhandel mit Verbrauchernin den meisten EU-Staaten nach geltendem Recht nicht möglich. Nachdeutschem Recht gilt die Gefahrtragungsregelung des § 447 BGB, derdurch § 474 Abs. 2 BGB <strong>im</strong> Bereich des Verbrauchsgüterkaufs verdrängtwird. 4Geht die Ware auf dem Transport unter oder wird siebeschädigt, geht dies zu Lasten des Händlers.In Belgien, Dänemark, Estland, 5 Finnland, 6 Frankreich, Großbritannien,Portugal und Schweden trägt der Verkäufer das Risiko für denVerlust oder die Beschädigung der Ware während des Transports, wennsich der Käufer nicht in Annahmeverzug befindet oder der Verbraucherselbst den Transport organisiert. 7Österreich bürdet dem Verbraucher<strong>im</strong> Fernabsatz hingegen die Transportgefahr auf, und zwar auch <strong>im</strong>Rahmen der Rücksendung nach Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>es. DerVerbraucher trägt die Gefahr eines Verlusts sowohl bei Hin- wie auchbei eventueller Rücksendung. 8 Nach Art. 23 Abs. 1 VRRL-E soll künftigdas Risiko für einen Verlust oder eine Beschädigung der Waren erstdann auf den Verbraucher übergehen, wenn er oder ein von ihm be-1Lorenz, ZGS 2003, 421, 422; a.A. LG Bad Kreuznach, VUR 2003, 80 = EWiR2003, 351 m. Anm. Mankowski.2Vgl. Cichon/Pighin, CR 2003, 435.3Lorenz, ZGS 2003, 421, 422.4Lorenz, ZGS 2003, 421, 422.5§ 214 Law of Obligations Act.6Chapter 6 § 18 Consumer Protection Act (CPA).7Antworten auf eine Umfrage-Rundmail des Euroinfo Kehl e.V. an die EuropäischenE-Commerce-Verbindungsstellen <strong>im</strong> Auftrag des Verfassers. Es liegen keinevollständigen Informationen vor, in welchen weiteren Ländern dies ebenso ist.8§ 429 ABGB Österreich.


298 Teil 4 – Die Rückabwicklung des widerrufenen Vertragesnannter <strong>Dr</strong>itter, der nicht der Beförderer ist, den Besitz an den Warenerworben hat.2. Rücksendung durch den VerbraucherNach der ausdrücklichen Regelung des § 357 Abs. 2 S. 2 BGB hat derUnternehmer auch bei der Rücksendung durch den Verbraucher dieTransportgefahr zu tragen. Untergang oder Verschlechterung der Sachehaben daher keine Auswirkungen auf den Rückerstattungsanspruch desVerbrauchers. Es handelt sich um eine Schickschuld des Verbrauchers,bei der der Unternehmer die Gefahr des zufälligen Untergangs trägt. 1Leistungsort ist der Wohnsitz bzw. der gewöhnliche Aufenthaltsort desVerbrauchers, 2 Erfolgsort ist der Sitz des Unternehmers. 3 Den Verbrauchertrifft lediglich die Obliegenheit, eine angemessene Verpackung zuverwenden; dies bedeutet allerdings nicht, dass er die Originalverpackungverwenden muss. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, schuldet ernach § 280 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 242 Abs. 2 BGB Schadensersatz, wenndie Ware auf dem Rücktransportweg infolge mangelnder Verpackunguntergeht und beschädigt wird. 4Art. 17 Abs. 1 VRRL-E trifft zur Frage der Gefahrtragung bei derRücksendung keine ausdrückliche Regelung. Allein die Kostentragungspflichtdes Verbrauchers für die unmittelbaren Kosten der Rücksendungder Waren wird geregelt. Dies könnte dafür sprechen, dass derVerbraucher, der den Transport selbst organisieren muss und denTransportvertrag schließt, künftig auch die Transportgefahr tragen soll.III. ZwischenergebnisDie FARL regelt die Übernahme der Transportgefahr bei Hin- undRücksendung nicht ausdrücklich. Während nach den Vorschriften vielerEU-Staaten keine Abwälzung der Gefahr auf den Verbraucher möglichist, haben sich einige Staaten für eine Entlastung des Unternehmersentschieden. Eine ausdrückliche Regelung in dem VRRL-E wäre wünschenswert,um eine Vereinheitlichung der Regelungen und Rechtssicherheitfür Unternehmer und Verbraucher in dieser praktisch bedeutsamenFrage zu erreichen.1AnwKomm/Ring, § 357, Rn. 38; jurisPK-BGB/Wildemann, § 357, RdNr. 26;MünchKomm-BGB/Masuch, § 357, RdNr. 16; Bamberger/Roth/Grothe, § 357,RdNr. 6.2MünchKomm-BGB/Masuch, § 357, RdNr. 16.3Bamberger/Roth/Grothe, § 357, RdNr. 6.4MünchKomm-BGB/Masuch, § 357, RdNr. 16; Hk-VertriebsR/Tonner, § 357Rn. 14.


C. Kostentragung 299C. KostentragungC. KostentragungArt. 6 Abs. 1 Satz 2 der FARL best<strong>im</strong>mt, dass die einzigen Kosten, diedem Verbraucher infolge der Ausübung seines <strong>Widerrufsrecht</strong>s auferlegtwerden können, die unmittelbaren Kosten der Rücksendung derWaren sind. Nach Art. 6 Abs. 2 FARL hat der Händler <strong>im</strong> Fall desWiderrufs die vom Verbraucher geleisteten Zahlungen kostenlos zuerstatten. Die Richtlinie enthält <strong>im</strong> Gegensatz zur Richtlinie 1999/44keine explizite Definition des Begriffs der Kosten, 1und auch <strong>im</strong> Gemeinschaftsrechtexistiert keine generelle oder übertragbare Definitiondieses Begriffs. Art. 6 Abs. 1 und 2 FARL spricht von solchen Kosten,„die dem Verbraucher infolge der Ausübung seines <strong>Widerrufsrecht</strong>sauferlegt werden“. Solche dem Verbraucher aufzuerlegen, ist nur fürdie „unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren“ erlaubt. DieseFormulierung und der Bezug auf „die einzigen Kosten, die demVerbraucher … auferlegt werden können“, zeigen, dass die Richtlinieneben diesen „unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren“ vonweiteren Kosten ausgeht, die jedoch nicht dem Verbraucher auferlegtwerden dürfen. 2Daraus, dass der Richtlinientext sich in Art. 6 Abs. 1 und 2 auf die„unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren“ bezieht, kanngeschlossen werden, dass es daneben auch „mittelbare Kosten“ gebenkann, was ebenfalls für eine weite Auslegung des Begriffs der Kosten <strong>im</strong>Sinne der FARL spricht. Systematische Argumente sprechen also dafür,den Begriff der Kosten <strong>im</strong> Sinne der FARL weit auszulegen. 3 Auch Sinnund Zweck der Best<strong>im</strong>mungen in Art. 6 FARL sprechen dafür, demKostenbegriff eine weite Bedeutung zu geben. In Erwägungsgrund 14wird hervorgehoben, dass die Frage, ob das <strong>Widerrufsrecht</strong> als einfunktionierendes Verbraucherrecht wirkt, insbesondere davon abhängt,welche finanziellen Auswirkungen mit seiner Inanspruchnahme verbundensind. 4 Damit es sich be<strong>im</strong> <strong>Widerrufsrecht</strong> um mehr als ein bloßformales Recht handelt, müssten die Kosten, die, wenn überhaupt, vomVerbraucher <strong>im</strong> Fall der Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s getragen wer-1Ausführlich dazu Buchmann, K&R 2008, 505, 508.2Schlussanträge der Generalanwältin v. 18. Februar <strong>2009</strong>, Rechtssache C-489/07,Nr. 68.3Schlussanträge der Generalanwältin v. 18. Februar <strong>2009</strong>, Rechtssache C-489/07,Nr. 70.4Schlussanträge der Generalanwältin v. 18. Februar <strong>2009</strong>, Rechtssache C-489/07,Nr. 72.


300 Teil 4 – Die Rückabwicklung des widerrufenen Vertragesden, auf die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren begrenztwerden.I. Rücksendekostenregelung in den EU-MitgliedsstaatenDerzeit ist die Rechtslage in den EU-Mitgliedsstaaten zu den Rücksendekostennicht derart zersplittert wie die Frage der Fristlänge. 1 Gleichwohlbestehen zahlreiche Unterschiede und nationale Besonderheiten,die eine einheitliche Belehrung für alle Länder unmöglich machen.Nach Art. 17 Abs. 1 VRRL-E soll der Verbraucher künftig stets dieRücksendekosten tragen. Dies ist bereits jetzt in den meisten Mitgliedsstaatender Fall. Abweichende Regelungen, die bei Geltung der Regelungendes VRRL-E nicht mehr zulässig sein würden, existieren derzeitz.B. noch in Deutschland und Finnland.1. Verbraucher trägt die KostenNach nahezu allen Europäischen Rechtsordnungen können demVerbraucher die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Warenauferlegt werden. Der Verbraucher hat in folgenden Ländern die direktenKosten der Warenrücksendung zu tragen: Belgien 2 Dänemark, 3Frankreich, 4 Griechenland, 5 Lettland, Litauen, 6 Malta, 7 Niederlande, 8Polen, 9 Slowakei, 10 Slowenien, 11 Spanien, Ungarn 12 und Zypern. 13In Italien, 14 Luxemburg 15 und Österreich 16 tragen die Verbraucher dieunmittelbaren Kosten der Rücksendung, wenn dies so vereinbart wurde.Auch in Estland 17 hat der Verbraucher die unmittelbaren Kosten der1Dazu Teil 3 A I.2Art. 80 § 1 i.V.m. 81 § 3 GHP.3Littler, Comparative Study, S. 19.4Art. L121-20-1 VerbraucherGB (FR).5Littler, Comparative Study, S. 36.6Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium, S.602.7Art. 6 Abs. 4 FernabsatzVO (MT).8Art. 46d Abs. 2 des BGB (NL).9Art. 12 Abs. 3 und 4 VerbraucherschutzG (PL); Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium,S. 60210§ 12 Abs. 4 S. 3 VerbraucherschutzG (SK).11Art. 43c Abs. 6 VerbraucherschutzG (SL).12Art. 4 Abs. 5 S. 2 FernabsatzVO (HU).13§ 7 Abs. 6 S. 2 FernabsatzG (CY).14Art. 67 Abs. 3 VerbraucherGB (IT).15Art. 6 FernabsatzG (LU).16§ 5g Abs. 2 KSchG.17§ 194 Abs. 4 Schuldrechtsgesetz (EE). Mitteilung der Kommission, KOM(2006) 514 endg. v. 21.09.2006.


C. Kostentragung 301Warenrücksendung zu tragen (in allen Fällen jedoch max<strong>im</strong>al i.H.v.10,- EUR).2. Unternehmer trägt die KostenIn Finnland 1muss der Händler die Kosten der Rücksendung tragen,wenn die Ware per Paket versendet werden kann. In Bulgarien, Portugal,Rumänien, Schweden und Tschechien haben die nationalen Gesetzgebernicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, dem Verbraucherdie Rücksendekosten aufzuerlegen. Daraus kann die Schlussfolgerunggezogen werden, dass die Gewährleistung eines höheren Schutzniveausgewünscht war und der Händler die Rücksendekosten übernehmenmuss.In Großbritannien 2 und Irland 3 muss die Rücksendung vertraglichvereinbart werden; der Verbraucher hat dann ebenfalls die direktenKosten der Rücksendung zu tragen. Erfolgt keine derartige Vereinbarung,muss der Unternehmer die Ware auf seine Kosten abholen. Bestehtjedoch eine vertragliche Rücksendeverpflichtung und kommt derVerbraucher dieser pflichtgemäß nach, muss der Unternehmer dieRücksendekosten erstatten.3. Kostentragung in Deutschlanda) Die „40-EUR-Klausel“Im deutschen Recht findet sich eine europaweit einmalig bürokratischeVorschrift zur Tragung der Rücksendekosten <strong>im</strong> Falle des Widerrufs,nach welcher der Verbraucher die Kosten der Rücksendung bei vertraglicherVereinbarung abhängig vom Wert der zurückgesendeten Ware zutragen hat (sog. „40-EUR-Regelung“). Diese kam erst auf Initiative desVermittlungsausschusses in das FernAbsG, um den mittelständischenBuchversandhandel bei einer Rücksendequote von 5-10% nicht auchnoch mit den Rücksendekosten zu belasten. 4 Vor Dezember 2004 wardie Kostentragungspflicht noch vom Bestellwert abhängig, nach geltendemRecht ist der Preis der zurückzusendenden Sache maßgeblich. DieseModifikation sollte verhindern, dass Käufer mehrere Waren miteinem Gesamtwert von über 40 Euro mit dem Vorsatz bestellen, be-1Kap. 6, § 17 Abs. 2 VerbraucherschutzG (FI).2Art. 14 Abs. 7 DSRs.3§ 7 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 5 FernabsatzG (IE).4Dazu Teil 1 B IV.


302 Teil 4 – Die Rückabwicklung des widerrufenen Vertragesst<strong>im</strong>mte Ware nicht zu behalten, um die Kostenauferlegung zu vermeiden.1Die Auferlegung der Rücksendekosten auf den Verbraucher bedarfder vertraglichen Vereinbarung, die auch in AGB erfolgen kann. 2 KeineÜberwälzung der Rücksendekosten auf den Verbraucher ist möglich,wenn die gelieferte nicht der bestellten Ware entspricht. Dies ist auchdann der Fall, wenn ein aliud den Gegenstand der Lieferung bildet oderwenn die gelieferte Ware mangelhaft ist. 3Die Tragung der Rücksendekosten ist seit Dezember 2004 auch nochdavon abhängig, ob die Gegenleistung oder eine Teilzahlung zum Zeitpunktdes Widerrufs noch nicht erbracht wurde. Der Vorschlag desBundesrates, 4 wonach dem Verbraucher wie in fast allen anderen europäischenLändern die Rücksendkosten unabhängig vom Warenwertund dem Zahlungszeitpunkt hätten auferlegt werden können, konntesich <strong>im</strong> Vermittlungsausschuss bedauerlicherweise nicht durchsetzen.Unstreitig muss der Verbraucher bei entsprechender Vereinbarung dieKosten der Rücksendung tragen, wenn er auf offene Rechnung bestelltund diese noch nicht bezahlt hat. Hat der Verbraucher per Überweisungoder Nachnahme Vorkasse geleistet, muss er die Kosten bei Warenüber 40 EUR nicht tragen. Überwiegend 5 wird davon ausgegangen,dass auch bei Wahl der Zahlungsarten Lastschrift und Kreditkartenzahlungmit Vornahme der Leistungshandlung schon die Gegenleistungerbracht wurde, jedoch nicht geleistet sei, wenn die Buchung mangelsDeckung nicht ausgeführt werden kann. 6Richtigerweise ist jedoch auf die endgültige Verfügungsgewalt desUnternehmers über den Kaufpreis abzustellen. Aufgrund der Widerspruchsmöglichkeitist die Lastschrift nicht schon mit Belastung desSchuldnerkontos eingelöst. 7 Bei einer Kreditkartenzahlung, die als Weisungi.S.d. §§ 675, 665 BGB grundsätzlich unwiderruflich ist, wird man1AnwKomm/Ring, § 357 Rn. 45 ff.; MünchKommBGB/Masuch, § 357, Rn. 18;Bamberger/Roth/Grothe, § 357, Rn. 8; jurisPK-BGB/Wildemann § 357, Rn. 34;Erman/Saenger, § 357, Rn. 9; Vander, MMR 2005, 139, 143; vgl. auch Härting,Fernabsatzgesetz, Anh. § 3 Rn. 51.2Erman/Saenger, § 357, Rn. 9; MünchKommBGB/Masuch, § 357, Rn. 22; Brönneke,MMR 2004, 127, 129.3MünchKommBGB/Masuch, § 357, Rn. 21. Bamberger/Roth/Grothe, § 357, Rn.8; jurisPK-BGB/Wildemann § 357, Rn. 35; Erman/Saenger, § 357, Rn. 11.4BT-<strong>Dr</strong>ucks. 15/2946, S. 32.5Vander, MMR 2005, 139, 143; Kaestner/Tews, WRP 2005, 1335, 1340; Bamberger/Roth/Grothe,§ 357, Rn. 8; jurisPK-BGB/Wildemann § 357, Rn. 33; Erman/Saenger,§ 357, Rn. 10; a.A. MünchKommBGB/Masuch, § 357, Rn. 19.6Vander, MMR 2005, 139, 143.7BGHZ 95, 103, 105ff.


C. Kostentragung 303darauf abstellen müssen, ob die Zahlung über einen geprüften 1 Online-Shop erfolgte. Ansonsten kann sich der Kunde leicht auf missbräuchlicheVerwendung berufen, so dass mangels Weisung des Karteninhaberskein Aufwendungsersatzanspruch besteht, 2 d.h. die Gegenleistung nochnicht erbracht ist. Nach dem Zweck der Regelung, Missbrauch in Fällenzu vermeiden, in denen der Unternehmer noch nicht über den Kaufpreisverfügt, ist diese Auslegung geboten. Diese Differenzierung isteinem Verbraucher aber nicht mehr transparent zu vermitteln.b) Bewertung der KostentragungsregelungDie Bundesregierung sieht in ihrer Stellungnahme zur FARL 3keinenAnlass zur Überarbeitung der komplizierten deutschen 40-EUR-Kostentragungsregelung. Vielmehr sei dies <strong>im</strong> Interesse der Beibehaltungder nationalen Gewohnheiten sachgerecht. Eine weitergehendeHarmonisierung würde zu einer Überreglementierung führen, so dieBundesregierung. Dies ist nicht nachvollziehbar, führt doch nicht dieavisierte Harmonisierung der Rücksendekostenregelung zu mehr Bürokratie,sondern die deutsche Regelung ist ein Musterbeispiel für Überreglementierung.Deutschland n<strong>im</strong>mt (zusammen mit Finnland) bereits mit der Kostenüberwälzungfür die Rücksendung auf den Händler eine Außenseiterpositionein. In den meisten Mitgliedsstaaten ist die Kostentragungdurch den Käufer vorgesehen. Dies entspricht auch einer angemessenenRisikoverteilung, da der Kunde von den Vorteilen des Fernabsatzes(regelmäßig günstigere Preise, Bequemlichkeit) profitiert, daher aberauch das mögliche Risiko einer notwendigen Rücksendung tragen sollte.Die alleinige Belastung des Händlers mit diesem Risiko erscheintunangemessen und schafft erhebliche Fehlanreize mit gravierendenNachteilen nicht nur für die Händler, sondern auch für die nicht missbräuchlichagierenden Verbraucher, die die verursachten Gesamtkostendurch höhere Endkundenpreise mittragen müssen. 4Die Erfahrungen in den anderen Mitgliedsstaaten bestätigen, dass derVerzicht auf eine Rücksendekostenregelung wie in Deutschland nicht zueiner Gefährdung eines angemessenen Verbraucherschutzniveaus führt. 5Vielmehr wird ein angemessenes Anreizsystem geschaffen, das Missbräuchedes <strong>Widerrufsrecht</strong>s durch „Bestellungen ins Blaue hinein“ etc.1MasterCard und VISA verlangen weltweit, dass sich alle E-Shop-Betreiber undPSPs regelmäßig nach den Standards MasterCard Site Data Protection (SDP) undVISA Account Information Security (AIS) zertifizieren lassen.2BGHZ 91, 221, 223ff.3BRD-Stellungnahme v. 21.09.2006, S. 7 f.4BITKOM-Stellungnahme v. 05.09.2006, S. 7.5Ebenso Rühl, EuZW 2005, 199, 201.


304 Teil 4 – Die Rückabwicklung des widerrufenen Vertragesetwas eindämmen kann. 1Letztlich bliebe es <strong>im</strong>mer noch besondersserviceorientierten Händlern freigestellt, die Übernahme der Rücksendekostenanzubieten, was eine besondere Distinktionsmöglichkeit <strong>im</strong>Wettbewerb darstellt. 2 So ausgestaltet, ist die Kostenregelung geeignet,den Wettbewerb zu beeinträchtigen, da kleinere und mittlere Unternehmen,die sich die Übernahme der Rücksendekosten i.d.R. nichtleisten können, gezwungen werden, diese in den Preis einzukalkulieren,was ihre Wettbewerbsfähigkeit einschränkt. 3Die Verbraucher bedürfen dieser Kostentragungsregelung nicht. Siesind es gewohnt, auch be<strong>im</strong> Umtausch wegen Nichtgefallens <strong>im</strong> stationärenHandel die Kosten des Rücktransports der Ware zum Händler zutragen. <strong>Das</strong> aufgrund des intensiven Wettbewerbs <strong>im</strong> Versandhandelund des Wettbewerbs zwischen Versandhandel und stationärem Handeldie Rücksendekosten vor Erlass des Fernabsatzgesetzes häufig freiwilligvom Versandhandel übernommen wurden, ist lediglich Ausdruck desfunktionierenden Marktes und liefert keine Rechtfertigung, in denMarkt einzugreifen. 4 Die jedenfalls grundsätzliche Kostentragung durchden Verbraucher hätte vor allem den großen Vorteil, dass sich damitdas Problem des Missbrauchs der Bestellmöglichkeit durch einzelneKunden zu Lasten aller Kunden kaum noch stellen würde. Die derzeitige40 €-Regelung ermuntert Kunden, die letztlich nichts kaufen wollen,lediglich dazu, in jedem Fall Waren <strong>im</strong> Wert von mehr als 40 € zubestellen. Die Notwendigkeit, die Rücksendekosten selbst zu tragen,würde die nicht ernsthafte Bestellung oder die Bestellung einer Vielzahlvon Modellen, von denen höchstens eins gekauft wird, weniger attraktivmachen. Außerdem entfiele die Gefahr übermäßiger Rücksendekosten.5 Denn der Verbraucher als Träger der Rücksendekosten würde diegünstigste Art der Rücksendung wählen. 6II. Unmittelbare Kosten der Rücksendung1. VersandkostenZu den unmittelbaren und auch „regelmäßigen“ (§ 357 Abs. 2 S. 3BGB) Kosten der Rücksendung zählen die Versandkosten. Soweit Kostenund Gefahr vom Händler getragen werden müssen, obwohl der1Härting, Fernabsatzgesetz, Anh. § 3 Rn. 51; Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2005, 3377,3380.2Rühl, EuZW 2005, 199, 201; BITKOM-Stellungnahme v. 05.09.2006, S. 7.3Rühl, EuZW 2005, 199, 200 f.4bvh-Stellungnahme Schuldrechtsreform, S. 23 f.5vgl. hierzu Rühl, EuZW 2005, 199, 200.6bvh-Stellungnahme Schuldrechtsreform, S. 23 f.


C. Kostentragung 305Verbraucher den Versand organisiert, stellen sich eine Reihe von Sonderproblemenrund um vertragliche Schadensminderung und Rücksichtnahme<strong>im</strong> Rückabwicklungsschuldverhältnis. Dies ist ein typischdeutsches Phänomen, weil in den meisten anderen Ländern derVerbraucher die Rücksendekosten trägt. Da nach deutschem Recht eineTransaktion für Händler mit geringen Margen oft allein durch die Belastungmit den Rücksendekosten zu einem Verlustgeschäft wird, sindUnternehmer bestrebt, diese Kosten gering zu halten und unnötig hoheKosten zu vermeiden. Handelt es sich um besonders wertvolle Ware,wird der Unternehmer dem Verbraucher nicht die günstigste, sonderneine besonders sichere Versandart auferlegen wollen, zumal er die Gefahrder Rücksendung trägt. Fraglich ist jedoch, inwieweit demVerbraucher hier Vorgaben gemacht werden dürfen.a) Frankierung des PaketesDie Literatur geht mit knapper Begründung davon aus, dass derVerbraucher die Waren unfrei 1 oder per Nachnahme 2zurücksendenkann. Zugleich scheide wegen der Möglichkeit der unfreien Rücksendungein Anspruch des Verbrauchers auf Bevorschussung der Rücksendekostenaus. 3Insbesondere sei eine Analogie zu § 669 BGB unzulässig.4 Zum Teil wird der Versand per Nachnahme auch dann als zulässigangesehen, wenn der unfreie Versand preisgünstiger wäre. Dies ergebesich aus § 357 Abs. 2 S. 2 BGB, der keine entsprechende Beschränkungfür den Verbraucher enthalte. 5Eine Vorleistungspflicht des Verbrauchers in Bezug auf die Kostender Rücksendung sei ausgeschlossen, sofern eine nach § 357 Abs. 2 Satz3 BGB zulässige Kostenvereinbarung nicht getroffen ist. 6 Der Verbraucherdürfe nicht gezwungen werden, mit einer fremden Leistungspflichtin Vorleistung zu treten. Zu keinem anderen Ergebnis führten die Schadensmin<strong>im</strong>ierungs-(§ 254 Abs. 2 Satz 1, 2. Alt. BGB) oder die Rücksichtnahmepflichtauf die Interessen des Vertragspartners (§ 241 Abs. 2BGB). Die gegenseitigen Rechtspflichten seien <strong>im</strong> Rahmen des § 357Abs. 2 S. 2 BGB ausdrücklich anders geregelt und dürften nicht mit1Kaestner/Tews, WRP 2005, 1335, 1342; Hk-VertriebsR/Tonner, § 357 Rn. 14und MünchKommBGB 4 /Ulmer, § 357 Rn. 14 unter Verweis auf die Regelung des § 8Abs. 2 VerbrKrG a.F. und die Kommentierung zu dieser Vorschrift; Münch-KommBGB/Masuch, § 357, Rn. 17; Bamberger/Roth/Grothe, § 357, Rn. 8; Erman/Saenger,§ 357, Rn. 8.2Palandt/Grüneberg, § 357 Rn. 5; Erman/Saenger, § 357, Rn. 8.3MünchKommBGB/Masuch, § 357, Rn. 17; Bamberger/Roth/Grothe, § 357, Rn.8; Erman/Saenger, § 357, Rn. 8.4Bamberger/Roth/Grothe, § 357, Rn. 8.5Erman/Saenger, § 357, Rn. 8.6OLG Hamburg, CR 2008, 396.


306 Teil 4 – Die Rückabwicklung des widerrufenen Vertragesallgemeinen Regelungen überspielt werden; darüber hinaus seien Vorleistungspflichteneiner Vertragspartei, wie hier die Zahlung des Portos,in der Regel die Ausnahme. 1aa) Unfreie RücksendungenDaher wird überwiegend zu Recht angenommen, eine Klausel, wonachpauschal eine unfreie Rücksendung nicht angenommen wird, sei wegen§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unzulässig. 2 Dies hat auch das OLG Hamburgin ständiger Rechtsprechung bestätigt. 3 Eine solche Best<strong>im</strong>mung widersprechedem klaren Wortlaut der gesetzlichen Regelung in § 357 Abs. 2Satz 2 BGB, wonach die Kosten der Rücksendung bei Widerruf undRückgabe der Unternehmer zu tragen hat. Da somit die Rücksendungder Ware <strong>im</strong> Falle des Widerrufs oder der Rückgabe zu den Vertragspflichtendes Unternehmers zu zählen sei, beinhalte die Belastung desVerbrauchers mit den Kosten der Rücksendung auch die Belastung miteiner Vorleistungspflicht, die dem gesetzlichen Leitbild der §§ 320 ff.BGB nicht entspreche. 4Darüber hinaus liege darin ein Verstoß gegen§§ 312c Abs. 1 S. 1 BGB, § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV, da unrichtigüber die Bedingungen der Ausübung des Widerrufs belehrt werde. 5Lehnt der Unternehmer die Annahme einer unfrei zurückgesandtenWare ab, gerät er in Gläubigerverzug nach § 300 BGB. 6bb) FrankierbitteZulässig ist hingegen, den Verbraucher um eine Frankierung des Paketszu „bitten“. Dies bringt allerdings die Schwierigkeit mit sich, die Aussageso zu formulieren, dass der Verbraucher keinesfalls auf eine entsprechendeVerpflichtung schließen könnte, da dies eine unzulässigeEinschränkung seines <strong>Widerrufsrecht</strong>s darstellen würde. 7Darüber hinausist es erforderlich, dass der Verbraucher gleichzeitig darüber aufgeklärtwird, dass von Gesetzes wegen der Unternehmer zur Kostentragungverpflichtet ist. 8Die Klausel „Bitte frankieren Sie das Paket1Brönneke, MMR 2004, 127, 131.2Kaestner/Tews, WRP 2005, 1335, 1342 m.w.N.3OLG Hamburg, MD 2007, 540 = WRP 2007, 674 = CR 2007, 455 = MMR2007, 530 = GRUR-RR 2007, 289; OLG Hamburg, K&R 2007, 655 = MD 2008,272 = CR 2008, 116 = GRUR-RR 2008, 137 (Ls.); OLG Hamburg, CR 2008, 396;OLG Hamburg, MMR 2008, 57 = CR 2008, 183.4OLG Hamburg, MD 2007, 540 = WRP 2007, 674 = CR 2007, 455 = MMR2007, 530 = GRUR-RR 2007, 289.5OLG Hamburg, K&R 2007, 655 = MD 2008, 272 = CR 2008, 116 = GRUR-RR 2008, 137 (Ls.).6MünchKommBGB/Masuch, § 357, Rn. 17; Kaestner/Tews, WRP 2005, 1335,1342.7Brönneke, MMR 2004, 127, 131.8OLG Hamburg, CR 2008, 396.


C. Kostentragung 307ausreichend, um Strafporto zu vermeiden. Wir erstatten Ihnen denPortobetrag dann umgehend zurück.“ ist nach zutreffender Ansicht desOLG Hamburg nicht zu beanstanden. 1Der Verbraucher wird nichtdarüber getäuscht, wer die Kosten für die Rücksendung der Ware zutragen hat. Der gesetzlichen Regelung des § 357 Abs. 2 Satz 2 BGBkann nicht entnommen werden, dass sie nur durch die Versandart „Unfrei/Empfängerzahlt“ befolgt werden kann. Eine solche Formulierungder Belehrung ist auch nicht nach § 312 c Abs. 2 BGB i. V. mit § 1Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV vorgeschrieben. Des Weiteren kann einesolche Bitte als einen Auftrag angesehen werden, so dass hierdurch einAufwendungserstattungsanspruch des Verbrauchers nach § 670 BGBentsteht. 2cc) StellungnahmeDie unfreie Rücksendung wirkt auf den ersten Blick verbraucherfreundlich,birgt aber die Gefahr, dass der Kunde die Absendung später nichtnachweisen kann, sofern er keinen Ablieferbeleg erhält. Auch kommenunfrei gesendete Pakete überdurchschnittlich oft auf dem Transportwegabhanden oder sind bei Ankunft „inhaltsgeschmälert“. Da der Unternehmernach deutschem Recht die Gefahr der Rücksendung trägt, hater ein berechtigtes Interesse daran, dass der Verbraucher bei der Rücksendungeine Versandart wählt, die ihn in die Lage versetzt, Regressansprüchegegen das Transportunternehmen nach § 421 Abs. 1 Satz 2HGB geltend zu machen. Man wird daher verlangen dürfen, dass derKunde die Ware zumindest als versichertes Standard-Postpaket zurücksendet; bei dieser Versandart ist auch eine Option „Empfänger zahlt“möglich.b) Verwendung von RetourenaufklebernDie Einschränkung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s auf lediglich originalverpackteWare ist unwirksam; 3 dies gilt unter Zugrundelegung der kundenfeindlichstenAuslegung auch, wenn dies als Bitte oder Obliegenheit formuliertwird, sofern die Klausel von den angesprochenen Verbraucherndahin gehend verstanden werden kann, dass sie zur Zurücksendung inder Originalverpackung verpflichtet seien, da ansonsten das Rückgaberechtnicht bestehe. 4Der Verbraucher könnte anderenfalls davon abgehaltenwerden, von seinem <strong>Widerrufsrecht</strong> Gebrauch zu machen,1OLG Hamburg, MMR 2008, 57 = CR 2008, 183.2Brönneke, MMR 2004, 127, 131.3LG Waldshut-Tiengen, JurPC Web-Dok. 255/2003; LG Arnsberg, WRP 2004,792; LG Frankfurt, WRP 2005, 922; siehe aber zu einem möglichen Ausschluss des<strong>Widerrufsrecht</strong>es Teil 2 D III 3 c).4OLG Hamm, NJW-RR 2005, 1582; LG Frankfurt, WRP 2005, 922.


308 Teil 4 – Die Rückabwicklung des widerrufenen Vertrageswenn er die Originalverpackung bereits entsorgt hat oder diese infolgeder Prüfung der Ware zerstört wurde.Dieser Gedanke wird vielfach ohne weitere Differenzierung auf weitereModalitäten der Rücksendung übertragen und angenommen, demVerbraucher dürfe keine Obliegenheit auferlegt werden, vom Unternehmerbereitgestellte Paketscheine zu verwenden. 1 Gegen die vertraglicheVerpflichtung des Verbrauchers, Retourenaufkleber zu verwenden,lässt sich einwenden, dass dies mit dem Grundgedanken, dem Verbrauchereine möglichst leichte Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s zu gewährleisten,in Widerspruch steht. Denkbar sind Situationen, in denen derVerbraucher bei Verlust des Retourenscheins auf die Ausübung des<strong>Widerrufsrecht</strong>s verzichtet. 2 Eine solche Verpflichtung würde weiterhindie Möglichkeit ausschließen, den Widerruf durch eine Nichtannahmedes Paketes zu erklären, der möglich ist. 3 <strong>Das</strong> OLG Hamm 4 entschieddemzufolge, dass die Klausel „Wichtiger Hinweis: Bitte … legen Sie denbeigefügten Rücksendeschein ausgefüllt dazu und verwenden sie für dieRücksendung den Retourenaufkleber (nur für Artikel dieser Lieferung)“gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB verstoße, wenn durch weitere Hinweiseder Eindruck entsteht, nur so sei die Rücksendung kostenfrei. Ähnlichentschied auch das LG Berlin. 5Von Gesetzes wegen sei dem Händlerkein Best<strong>im</strong>mungsrecht über den Transport eingeräumt, so dass insoweitkeine Möglichkeit bestehe, den Verbraucher hinsichtlich der Artund Weise der Retoure einzuschränken.Die Vereinbarung eines best<strong>im</strong>mten Rücksendewegs ist jedoch zulässig,wenn für den Verbraucher keine zusätzliche Belastung <strong>im</strong> Vergleichzu der unfreien Rücksendung per Post entsteht. 6 Liegt z.B. ein Hermes-Retourenaufkleber dem Paket bereits bei und wohnt der Verbraucher ineiner Stadt, in der es eine gute Abdeckung mit Hermes-Paketannahmestellengibt, ist nicht ersichtlich, warum der Verbraucher diesennicht benutzen soll und stattdessen unnötige Kosten durch eine unfreieRücksendung per DHL generieren darf. Anders liegt der Fall, wenn einsolcher Paketaufkleber erst telefonisch angefordert werden muss, auchwenn dies zu ortsüblichen Tarifen möglich ist, 7da der Verbraucherdann Gefahr läuft, die Widerrufsfrist zu versäumen oder davon auszugehen,er habe bereits durch den Telefonanruf widerrufen.1jurisPK-BGB/Wildemann, § 357, RdNr. 21.2Kaestner/Tews, WRP 2005, 1335, 1342.3Teil 3 B II 3.4OLG Hamm, NJW-RR 2005, 1582.5LG Berlin, 24.5.2007, 103 O 107/07; LG Berlin, 13.3.2007, 97 O 57/07.6WBZ-Stellungnahme v. 20.11.2006, S. 10.7Ähnlich auch LG Düsseldorf, VuR 2002, 452, in Bezug auf die Forderung, telefonischeine Retourennummer abzurufen; a.A. WBZ-Stellungnahme v. 20.11.2006,S. 10.


C. Kostentragung 309In einem liberalisierten Markt kann der Unternehmer mit best<strong>im</strong>mtenPaketlieferdiensten günstige Konditionen aushandeln und verlangen,dass der Verbraucher diese Retourenverfahren nutzt, wenn sie für ihnmindestens so einfach sind wie der Gang zum Postamt. Ob dies der Fallist, ist mit Hilfe einer Interessensabwägung festzustellen. Einzubeziehenist der Grundgedanke, dass die Rücksendungspflicht nur paketversandfähigeWare umfasst. 1Nach § 241 Abs. 2 BGB ist der Verbraucherverpflichtet, die Kosten für den Unternehmer gering zu halten, wenndieser ihm eine entsprechende Möglichkeit anbietet, die einem Vorschussder Rücksendekosten analog § 669 BGB gleichkommt. Diesführt dazu, dass der Verbraucher bei Nichtnutzung mitgelieferter Retourenaufkleber,eines Abholdienstes oder best<strong>im</strong>mter Rücknahmestellendie Differenzkosten zur gewählten teureren Rücksendeart (z.B.„Strafporto“ oder Inkassogebühr bei Nachnahme) tragen muss. 2c) Wahl einer best<strong>im</strong>mten VersandartDem Verbraucher darf zwar keine Obliegenheit auferlegt werden, einbest<strong>im</strong>mtes Versandunternehmen in Anspruch zu nehmen, 3 d.h. es dürfenverschiedene Versandunternehmen und nicht nur die Deutsche PostAG ausgewählt werden, soweit die erbrachten Transportleistungen undderen Entgelte vergleichbar sind. 4Be<strong>im</strong> Verbraucher darf auch beiHinweisen auf Kostenmin<strong>im</strong>ierung nicht die Vorstellung entstehen, dassdie Inanspruchnahme anderer Dienste eine Unwirksamkeit der Ausübungseines <strong>Widerrufsrecht</strong>s zur Folge haben könnte. So hat das OLGHamburg 5die AGB-Klausel „Bitte sprechen Sie die Rückabwicklungvorher mit uns ab“ für unzulässig erklärt. Diese könne bei denVerbrauchern zu dem unzutreffenden Eindruck führen, sie müssten sichwegen der Rücksendung <strong>im</strong> Hinblick auf die entstehenden Kosten mitdem Unternehmer vorher absprechen und sich diese etwa der Höhenach „genehmigen“ lassen, um eine vollständige Erstattungsfähigkeitsicherzustellen. Fraglich ist, ob dem Verbraucher zugemutet werdenkann, eine best<strong>im</strong>mte Versandart zu wählen.aa) Günstigste VersandartVon besonderer Bedeutung für die Versandhandelsunternehmen ist dieVerhinderung übermäßiger Rücksendekosten. Die Opt<strong>im</strong>ierung der1Brönneke, MMR 2004, 127, 131.2Ebenso Kaestner/Tews, WRP 2005, 1335, 1342; Brönneke, MMR 2004, 127,131.3jurisPK-BGB/Wildemann, § 357, RdNr. 21.4Teil 3 B II 2 c).5OLG Hamburg, CR 2008, 606 = MD 2008, 380; OLG Hamburg, CR 2008,396.


310 Teil 4 – Die Rückabwicklung des widerrufenen VertragesRücksendekosten dient allen Verbrauchern, da die angefallenen Rücksendekostenletztlich auf alle Verbraucher umgelegt werden müssen. 1Fraglich ist aber, ob aus § 241 Abs. 2 BGB eine Pflicht des Verbrauchersabgeleitet werden kann, einen Preisvergleich unter verschiedenenVersandmöglichkeiten vorzunehmen und dann den günstigsten Versandwegzu wählen. Diese Frage hat das LG Düsseldorf 2 verneint. Auchwenn dem Unternehmer nicht zuzumuten sei, überhöhte Kosten zutragen, sei er verpflichtet „regelmäßige“ Kosten zu erstatten, auch wennsie diese nicht den günstigsten Tarifen entsprechen. Auch das OLGHamburg erklärte eine AGB-Best<strong>im</strong>mung, wonach die Versandkosten<strong>im</strong> niedrigsten Satz zurückerstattet werden, für unzulässig. 3 Es sei zwarrichtig, dass der Unternehmer in der Regel lediglich verpflichtet sei, dieKosten für einen möglichst preisgünstigen Weg der Rückgabe zu übernehmenund der Verbraucher die Erstattung vermeidbarer Mehrkostennicht verlangen könne. Mit der Klausel lege sich der Unternehmer jedochfest, dass er stets nur den (denkbar) niedrigsten Kostenbetragerstatten wird. Zum einen laufe diese Einschränkung der gesetzgeberischenIntention zuwider, zum anderen erwecke sie den Eindruck, dieMöglichkeit einer unfreien Rücksendung <strong>im</strong> Rahmen des gesetzlichenRückgaberechts sei nicht gegeben.Anders ist die Situation zu behandeln, wenn der Unternehmer denVerbraucher auf einen günstigeren Versandweg hingewiesen hat, z.B.durch die Bereitstellung eines Retourenaufklebers. Im Vergleich zu dereinfachen Rücksendung, zu der der Verbraucher ohnehin nach Annahmeder Ware und Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s verpflichtet ist, erweistsich das Anbringen des Aufklebers als keine Erschwernis des <strong>Widerrufsrecht</strong>s.Ein Nichtfolgen der unternehmerischen Hinweise ist alseine Verletzung der gesetzlichen Rücksichtnahmepflicht des § 241Abs. 2 BGB anzusehen. Der daraus entstehende Schaden in Höhe derDifferenz zwischen den Kosten, die dem Unternehmer unter Verwendungdes durch ihn vorgeschlagenen Versandwegs entstehen würdenund die, die ihm durch den vom Verbraucher in Anspruch genommenenentstanden sind, sind ihm zu ersetzen. 4 Möglich ist also die Aufklärungüber die Erstattungspflicht des Verbrauchers bei Wahl einer unnötigteuren Versandart, 5z.B. durch einen Hinweis auf die „kostengünstigeund einfache Versendungsmöglichkeit mit dem beigelegten Retouren-1bvh-Stellungnahme Schuldrechtsreform, S. 24; ebenso Kaestner/Tews, WRP2005, 1335, 1345.2OLG Düsseldorf, VuR 2002, 452.3OLG Hamburg, CR 2008, 606 = MD 2008, 380; OLG Hamburg, CR 2008,396.4Kaestner/Tews, WRP 2005, 1335, 1344 f.5Kaestner/Tews, WRP 2005, 1335, 1343.


C. Kostentragung 311aufkleber“, einen best<strong>im</strong>mten günstigen Versandtarif oder die Möglichkeit,die Ware nach telefonischer Absprache mit dem Händler abholenzu lassen. 1bb) Expresszuschläge und ZusatzkostenZu den regelmäßigen Kosten der Rücksendung zählen nicht Mehrkosten,die etwa durch die Inanspruchnahme teuerer Abholdienste entstehen.2Dem Unternehmer kann trotz seiner grundsätzlichen Pflicht zurKostentragung nicht zugemutet werden, unnötig überhöhte Rücksendekostenzu übernehmen. <strong>Das</strong> AG Aachen ist der Ansicht, dass die Kostender nach § 357 Abs. 2 S. 1 vorgeschriebenen Rücksendung nach Treuund Glauben von Seite des Verbrauchers nicht durch Zusatzleistungenwie eine Expresssendung zu Lasten des verantwortlichen Unternehmerserhöht werden dürfen. 3Im Schrifttum wird das gleiche Ergebnis mitHilfe eines Schadensersatzanspruchs des Unternehmers aus § 280Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB begründet. 4Die Rücksendungspflichtdes Verbrauchers sei unter Rücksichtnahme auf die (finanziellen)Interessen des Vertragspartners nach Maßgabe von § 241Abs. 2 BGB zu erfüllen. Nicht zu solchen unnötigen Kosten zählt jedochdas Strafporto, das der Unternehmer zahlen muss, wenn der Widerrufdurch die Nichtannahme der Warenlieferung oder durch unfreieRücksendung erklärt wird, da diese Varianten möglich sind. 5cc) Versicherung des PaketesDer Unternehmer kann be<strong>im</strong> Versand besonders wertvoller Güter <strong>im</strong>Fall des Widerrufs auch andersherum das Interesse haben, dass derVerbraucher nicht die günstigste Versandart wählt, sondern eine solche,bei der die Risiken des Verlustes oder der Beschädigung auf dem Rücktransportmin<strong>im</strong>iert werden. So kann der Absender eines DHL-Päckchens oder einer Warensendung <strong>im</strong> Falle des Verlustes keine Ansprüchegegen den Transporteur geltend machen. Ein Standard-Paketbei DHL oder Hermes ist bis zu einem Betrag von 500 € versichert,wobei best<strong>im</strong>mte wertvolle Güter vom Versicherungsschutz ausgeschlossensind. Die Rücksendung einer wertvollen Uhr als Päckchenwürde angesichts der Gefahrtragung des Unternehmers einen Verstoßgegen Rücksichtnahmepflichten aus § 241 Abs. 2 BGB darstellen. Manwird daher verlangen dürfen, dass der Kunde die Ware <strong>im</strong>mer als versi-1Brönneke, MMR 2004, 127, 131.2Bamberger/Roth/Grothe, § 357, Rn. 8; jurisPK-BGB/Wildemann § 357, Rn. 36;Erman/Saenger, § 357, Rn. 9.3AG Aachen, Urteil v. 23.08.2006, 10 C 206/06.4Kaestner/Tews, WRP 2005, 1335, 1343; Brönneke, MMR 2004, 127, 131.5Siehe Teil 3 B II 3 und Teil 4 C II 1 a) aa).


312 Teil 4 – Die Rückabwicklung des widerrufenen Vertrageschertes Standard-Postpaket zurücksendet und in einigen Fällen aucheine besondere Transportversicherung (auf Kosten des Unternehmers)abschließt. 1Der Unternehmer muss hier allerdings einen entsprechendenRetourenaufkleber mitliefern oder dem Verbraucher das zusätzlichePorto vorab erstatten.d) ZwischenergebnisOnlinehändler tragen nach deutschem Recht die (unnötige) zusätzlicheBelastung, auch die Rücksendekosten übernehmen zu müssen. Dahersind sie bestrebt, diese gering zu halten und unnötig hohe Kosten zuvermeiden. Der Verbraucher darf jedoch nicht gezwungen werden, miteiner fremden Leistungspflicht in Vorleistung zu treten, so dass er dieWaren „unfrei“ oder per Nachnahme zurücksenden kann, was zwangsläufighöhere Kosten verursacht. Da der Unternehmer die Gefahr derRücksendung trägt, hat er aber ein berechtigtes Interesse daran, dassder Verbraucher bei der Rücksendung eine Versandart wählt, die ihn indie Lage versetzt, Regressansprüche gegen das Transportunternehmennach § 421 Abs. 1 Satz 2 HGB geltend zu machen. Man wird daherverlangen dürfen, dass der Kunde die Ware zumindest als versichertesStandard-Postpaket zurücksendet. <strong>Das</strong> Abschließen einer Transportversicherung(auf Kosten des Unternehmers) kann bei besonders wertvollenGegenständen verlangt werden. Der Unternehmer muss hier allerdingseinen entsprechenden Retourenaufkleber mitliefern oder demVerbraucher das zusätzliche Porto vorab erstatten.In den übrigen Fällen kann der Verbraucher zur Nutzung der Retourenscheineoder -aufkleber nur dann verpflichtet werden, wenn hierdurchfür ihn keine zusätzliche Belastung <strong>im</strong> Vergleich zu der unfreienRücksendung per Post entsteht. Ob dies der Fall ist, ist mit Hilfe einerInteressensabwägung festzustellen. Wählt der Verbraucher einen unverhältnismäßigteureren Versandweg, ist dies als eine Verletzung der gesetzlichenRücksichtnahmepflicht des § 241 Abs. 2 BGB anzusehen. Indiesem Fall muss er die Differenzkosten zur gewählten teureren Rücksendeartselber tragen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Verbraucherstets nach der günstigsten Transportmöglichkeit suchen muss. Esgeht lediglich um die Pflicht zur Vermeidung unnötiger Zusatzkosten(wie etwa durch eine Express-Sendung). Die Opt<strong>im</strong>ierung der Rücksendekostendient allen Verbrauchern, da die angefallenen Rücksendekostenletztlich auf alle Verbraucher umgelegt werden müssen.1Hoeren/Sieber/<strong>Föhlisch</strong>, Teil 13.4 Rn. 290.


C. Kostentragung 3132. NeuverpackungskostenDie Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>es kann nicht davon abhängig gemachtwerden, dass die Ware in Originalverpackung zurückgeschicktwird. 1Die Transportverpackung dient lediglich dem Schutz der Warevor transportbedingten Beschädigungen wird daher nicht vom § 346Abs. 2 BGB erfasst. 2Vom Verbraucher kann aber die Verwendungeiner Verpackung verlangt werden, welche die Ware gegen die typischenRisiken der Versendung schützt. 3Der Verbraucher haftet nach§ 280 Abs. 1 Satz 1 i.V.m § 241 Abs. 2 BGB für Beschädigung derWare bei Rücksendung infolge mangelhafter Verpackung 4 und muss soindirekt durch Erwerb einer geeigneten Transportverpackung für dieKosten einer Beschädigung der Transportverpackung aufkommen. Fürden Verlust oder die Beschädigung der Produktverpackung kann u.U.Wertersatz verlangt werden. 5III. Kosten des Versandes („Hinsendekosten“)Mögliche Kosten der „Hinsendung“ können Speditionskosten, Portokosten,Expresszuschläge, Nachnahmekosten etc. sein. Je nach Art derWare können diese Kosten ganz erheblich sein (z.B. bei Autoreifen,Möbeln, Waschmaschinen) und werden auch in der Preisgestaltungwerblich eingesetzt. Es stellt sich die Frage, ob der Verbraucher dieseKosten auch dann tragen muss, wenn der Vertrag nach einem Widerrufrückabgewickelt wird.1. Keine ausdrückliche RegelungSeit dem 1.6.2008 müssen dem Verbraucher nach französischem Recht 6<strong>im</strong> Falle eines Widerrufs auch ausdrücklich die Kosten für die Versendungzu ihm („Hinsendekosten“) vom Unternehmer erstattet werden.Im deutschen Recht ist diese wichtige Frage gesetzlich nicht ausdrücklichgeregelt. Demzufolge gehen die Ansichten zu diesem Thema weitauseinander.1Vgl. Teil 4 B III.2OLG Hamm, NJW-RR 2005, 1582.3OLG Hamm, NJW-RR 2005, 1582; Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2005, 3377, 3380.4MünchKommBGB/Ulmer, § 357 Rn. 13; Hk-VertriebsR/Tonner, § 357 Rn. 14.5Dazu Teil 4 D I 3 b).6Art. L121-20-1 VerbraucherGB (FR).


314 Teil 4 – Die Rückabwicklung des widerrufenen Vertragesa) Rückgewährpflicht und WertersatzNach einer verbreiteten Ansicht fallen die Kosten der Zusendung, dieder Käufer dem Verkäufer gezahlt hat, unter die Rückgewährpflicht desVerkäufers gemäß § 346 Abs. 1 BGB. 1 In diesem Fall steht dem Unternehmernach den deutschen Vorschriften ein Rückgewähranspruch fürdie von ihm erbrachte Transportleistung zu. Dies entspricht auch demgesetzlichen Leitbild des § 448 BGB, dass der Käufer die Hinsendekostenzu tragen hat. Auch <strong>im</strong> Versandhandel wird keine Schickschuldvereinbart, sondern Erfüllungsort nach § 269 Abs. 1 BGB ist der Sitzdes Unternehmers. 2Bei der Transportleistung handelt es sich um einenichtgegenständliche Leistung, für die Wertersatz nach § 346 Abs. 2Satz 1 Nr. 1 BGB geschuldet wird, da die Dienstleistung ihrer Naturnach nicht zurückgewährt werden kann. Der Wertersatzanspruch desVerkäufers würde dem Anspruch des Käufers auf Rückzahlung der vonihm übernommenen Kosten der Zusendung gegenüberstehen, so dass<strong>im</strong> Ergebnis keine Rückzahlungspflicht des Händlers besteht. 3b) Teil des KaufpreisesDiese Ansicht wird vom LG Karlsruhe 4 mit der Begründung abgelehnt,dass § 448 Abs. 1 BGB nur auf den Fall anzuwenden sei, dass derKaufvertrag bestehen bleibt und nicht auf seine Rückabwicklung. Gegeneinen Wertersatzanspruch des Verkäufers spreche weiterhin, dass essich bei den bezahlten Versandkosten aus Verbrauchersicht um eineLeistung an den Unternehmer handelt, die in unmittelbarem Zusammenhangmit dem Erwerb der Ware steht und daher wie der gezahlteWarenpreis nach § 346 BGB zurückzuerstatten ist. Würde man dieÜbersendung der Ware als eine Leistung des Unternehmers an sichansehen, müsste dann der Verbraucher auch die Rücksendekostenübernehmen, was nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 357 Abs. 2S. 2 BGB widerspreche. 5 Die Regelung des § 357 Abs. 2 S. 2 BGB machezugleich deutlich, dass der Verbraucher lediglich an den Rücksendekosten,nicht aber an den Hinsendekosten beteiligt werden dürfe. 61OLG Frankfurt, CR 2002, 638, 642; Hoeren/Sieber/<strong>Föhlisch</strong>, Teil 13.4 Rn. 287;Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2005, 3377, 3380; Kaestner/Tews, WRP 2005, 1335, 1339 f.;Würdinger/Ringshandl, MMR 2008, 49; Kazemi, MMR 2006, 246; Brönneke,MMR 2004, 127, 129; Braun, ZGS 2008, 129, 133 f.2Teil 4 B I; Kaestner/Tews, WRP 2005, 1335, 1339 f.3MünchKommBGB/Masuch, § 357 Rn. 24; Hoeren/Sieber/<strong>Föhlisch</strong>, Teil, 13.4Rn. 287; Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2005, 3377, 3380; Braun, ZGS 2008, 129, 133 f.;Schirmbacher, CR 2002, 642, 643.4LG Karlsruhe, MMR 2006, 245 (nicht rechtskräftig).5Kazemi, MMR 2006, 246 f.6Kazemi, MMR 2006, 246 f; a.A. Würdinger/Ringshandl, MMR 2008, 49.


C. Kostentragung 315c) Nicht kompensationsfähige VertragskostenHiergegen wird allerdings eingewendet, 1 dass ein Anspruch des Käufersauf Erstattung der Kosten der Zusendung nach Ausübung des Widerrufrechtsbereits deshalb ausscheidet, weil sie nicht von der Rückgewährpflichtnach § 346 Abs. 1 BGB erfasst würden. Es handele sichhierbei um Vertragskosten, die als Schadensposition <strong>im</strong> Rahmen derRückabwicklung nicht ausgeglichen werden könnten. Vor Inkrafttretendes Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes waren sie gemäß § 467 Satz 2BGB a.F. <strong>im</strong> Falle der Wandelung vom Verkäufer zu ersetzen. DieseVorschrift wurde allerdings nicht in das neue Recht übernommen, sodass eine Erstattung nunmehr nur noch <strong>im</strong> Rahmen eines SchadensoderAufwendungsersatzanspruchs erfolgen könne. 2 Dieser Ansicht hatsich auch der BGH angeschlossen. 32. Richtlinienkonforme AuslegungDer Verbraucher hätte allerdings stets Anspruch auf Rückerstattunggezahlter Versandkosten, wenn die FARL dahin auszulegen wäre, dassdie Kosten der Zusendung der Waren für den Fall des Widerrufs nichtdem Käufer auferlegt werden können. In diesem Fall müsste die Best<strong>im</strong>mungdes § 312d Abs. 1 BGB i.V. mit § 357 Abs. 1 S. 1 und § 346Abs. 1 BGB richtlinienkonform dahin ausgelegt werden, dass vom Käuferan den Verkäufer bereits gezahlte Hinsendekosten nach dem Widerrufeines Fernabsatzgeschäfts zurückzugewähren sind.a) Verbot der Auferlegung der HinsendekostenNach einer verbreiteten Auffassung in der Literatur hat der Unternehmer<strong>im</strong> Fall des Widerrufs eines Fernabsatzvertrages aufgrund einerrichtlinienkonformen Auslegung des deutschen nationalen Rechts dieKosten der Zusendung zu tragen. 4 Dies wird zum einen aus dem Wortlautdes Art. 6 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 FARL abgeleitet, zum anderenaus Erwägungsgrund 14 FARL, wonach <strong>im</strong> Fall der Ausübung des<strong>Widerrufsrecht</strong>s die Kosten, wenn überhaupt, dem Verbraucher nur1MünchKommBGB/Gaier, § 346 Rn. 19; Palandt/Grüneberg, § 346 Rn. 5; Pfeiffer,ZGS 2008, 48, 49; Jansen/Latta, JuS 2007, 550, 552 f;2Vgl. BT-<strong>Dr</strong>s. 14/6040, S. 225; MünchKommBGB/Gaier, § 346 Rn. 19.3BGH, NJW <strong>2009</strong>, 66, 67.4Erman/Saenger, BGB, § 357 Rn. 2; jurisPK-BGB/Junker § 312f BGB Rn. 28.1 ff.;Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten, S. 19; Kaestner/Tews, WRP2005, 1335, 1340; Kazemi, MMR 2006, 246 f; Würdinger/Ringshandl, MMR 2008,49 f; Brönneke, MMR 2004, 127, 129; Braun, ZGS 2008, 129, 133 f; Eichelberger,VuR 2008, 167, 168 f.; Schmittmann, K&R 2008, 500, 504; Hansen, ZGS 2006, 14,18; Jansen/Latta, JuS 2007, 550, 553 f.;


316 Teil 4 – Die Rückabwicklung des widerrufenen Vertragesinsoweit aufzuerlegen sind, als sie die unmittelbaren Kosten der Rücksendungder Waren betreffen. <strong>Das</strong> von der FARL verfolgte Ziel, denVerbraucher in die Lage zu versetzen, ohne Weiteres von dem Vertragzurückzutreten, könne nicht erreicht werden, wenn dieser die Hinsendekostentragen müsse. Denn wirtschaftlich gesehen belasteten dieseden Verbraucher <strong>im</strong> gleichen Maße wie die nach Art. 6 Abs. 1 S. 1FARL verbotenen Strafzahlungen. 1Weiterhin dürfe es für die rechtliche Beurteilung der Konstellationkeinen Unterschied machen, ob die Versandkosten <strong>im</strong> Produktpreisenthalten oder separat angegeben sind. 2 Die Best<strong>im</strong>mung in Art. 6Abs. 2 S. 1 FARL, dass „die vom Verbraucher geleisteten Zahlungen“zu erstatten sind, sei somit zu lesen wie „alle vom Verbraucher geleistetenZahlungen.“ 3 An diesem Ergebnis ändere der Wortlaut des Satz 1,der lediglich Ansprüche des Verbrauchers gegen den Unternehmernennt, nichts. Die Regelung des Art. 6 Abs. 2 S. 1 FARL sei in Bezugauf die geleisteten Zahlungen abschließend. Dies werde aus einer systematischenGesamtschau mit Art. 6 Abs. 1 S. 1 und 2 FARL deutlich. 4Eine solche Auslegung der Richtlinienvorgaben lasse sich dadurch begründen,dass eine abweichende Interpretation die Festsetzung höhererVersandkosten als „Risikozuschlag“ für einen möglichen Widerrufermöglichen würde. 5 Darüber hinaus sei eine solche Belastung des Verkäufersnicht unbillig, da er be<strong>im</strong> elektronischen Geschäftsverkehr Personalkosten,so wie Unterhaltskosten des Ladenlokals spare. 6Diese Auffassung wird <strong>im</strong> Ergebnis von der überwiegenden Rechtsprechunggeteilt. <strong>Das</strong> OLG Frankfurt 7hat noch unter Geltung desFernAbsG und des § 346 BGB a.F. ohne nähere Begründung entschieden,dass die Rückabwicklung des Fernabsatzgeschäftes auch die vomKunden bezahlten Versandkosten für die Lieferung der Kaufsache umfasst.Dem hat sich das AG Gütersloh angeschlossen. 8 <strong>Das</strong> LG Karlsruhesieht in der Berechnung und Einbehaltung einer Versandkostenpauschale<strong>im</strong> Falle der Rückabwicklung eines Fernabsatzvertrags gem.§§ 355, 356 BGB einen Verstoß gegen §§ 357 Abs. 2, 346 Abs. 1 BGB. 91Würdinger/Ringshandl, MMR 2008, 49, 50; ebenso Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong>und Belehrungspflichten, S. 19; Buchmann, K&R, <strong>2009</strong>, 40.2Buchmann, K&R, <strong>2009</strong>, 40.3Kaestner/Tews, WRP 2005, 1335, 1340.4Buchmann, K&R, <strong>2009</strong>, 40.5Buchmann, K&R, <strong>2009</strong>, 40.6Würdinger/Ringshandl, MMR 2008, 49.7OLG Frankfurt, CR 2002, 638 m. Anm. Schirmbacher; zust<strong>im</strong>mend auch Härting,Internetrecht, Rn. 593.8AG Gütersloh, Urteil v. 25.05.2005 – 10 C 314/05.9LG Karlsruhe, MMR 2006, 245 (nicht rechtskräftig). So auch AG Gütersloh,Urteil v. 25.5.2005 – 10 C 314/05.


C. Kostentragung 317Aus Art. 6 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 FARL ergebe sich, dass die Hinsendekostendem Verbraucher nicht auferlegt werden können. Andernfallsbestünde auch gerade bei geringwertigen Waren die Gefahr, dass derVerbraucher von der Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s abgehalten wird.Diese Auffassung hat auch das Berufungsgericht OLG Karlsruhe bestätigt.Die ausdrückliche Erwähnung der Rücksendekosten als die einzigenvom Verbraucher zu tragenden Kosten sowie die uneingeschränkteRückerstattungspflicht der geleisteten Zahlungen deuteten darauf, dassdie Kosten für den Versand der Ware zum Verbraucher e contrario vomLieferer zu tragen sind, bzw. von ihm zurückerstattet werden müssen,wenn der Verbraucher von seinem <strong>Widerrufsrecht</strong> Gebrauch macht. 1b) Auferlegung der Hinsendekosten möglichHiergegen wird allerdings eingewendet, aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 FARLergebe sich nicht zwingend, dass dem Käufer die Kosten der Zusendungnicht auferlegt werden könnten. 2 Art. 6 Abs. 2 Satz 1 FARL betreffe dieKaufpreiszahlung, während Satz 2 die Kosten des Widerrufs regele. Fürdie Kosten der Zusendung komme es danach allein darauf an, ob sievon Satz 2 erfasst würden oder dem durch die Richtlinie nicht geregeltenBereich unterfielen, in dem der nationale Gesetzgeber frei sei. Es se<strong>im</strong>it dem Wortlaut vereinbar und sinnvoll, zwischen „Zahlungen“ einerseitsund „Kosten“ andererseits zu unterscheiden, weil sich nach dererkennbaren Zielsetzung des Art. 6 Abs. 2 FARL die Kostenfrage erstnach erfolgtem Widerruf stelle. Würde dagegen angenommen, dassauch die Kosten von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 erfasst seien, dann fehle es aneiner Regelung für noch nicht geleistete Zahlungen. 3Hinzu komme die Formulierung „infolge der Ausübung seines <strong>Widerrufsrecht</strong>s“in Art. 6 Abs. 2 S. 1 BGB. Es sei eine Kausalbeziehungzwischen der Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s und den entstandenenKosten erforderlich. Die Hinsendekosten entstünden jedoch geradenicht „infolge“ des Widerrufs, sondern als Folge des Vorliegens einesVersandhandelskaufs. Zu keinem anderen Ergebnis könne ein Argumentführen, dass das in Frage stehende Merkmal in der spanischenFassung der Richtlinien nicht enthalten sei. 4Zum einen seien alleSprachfassungen gleichermaßen verbindlich, zum anderen komme denFassungen in den vier EG-Arbeitssprachen entscheidendes Gewicht zu,so dass von einer fehlerhaften Übersetzung in das Spanische auszugehen1OLG Karlsruhe K&R 2007, 586 = MMR 2008, 46 m. Anm. Würdinger/Ringshandl= CR 2008, 118 = VuR 2008, 75 = NJW-RR 2008, 1016.2Pfeiffer, ZGS 2008, 48, 50 ff.; Wenn, jurisPR-ITR 13/2007, Anm. 4.3Pfeiffer, ZGS 2008, 48, 50 ff.4So aber OLG Karlsruhe K&R 2007, 586 = MMR 2008, 46 m. Anm. Würdinger/Ringshandl= CR 2008, 118 = VuR 2008, 75 = NJW-RR 2008, 1016.


318 Teil 4 – Die Rückabwicklung des widerrufenen Vertragessei. Verhindert werden sollten lediglich solche zusätzlichen Kosten, diein Folge des Widerrufs auferlegt werden könnten. 1Auch könne dieAuferlegung der Zusendekosten den Verbraucher von der Ausübungseines <strong>Widerrufsrecht</strong>s nicht abhalten, da diese ihn bereits getroffenhaben. Der Schutzzweck der FARL beschränke sich darauf, denVerbraucher die Möglichkeit zu geben, die Ware ohne zusätzliche Kostenprüfen zu können. Entscheidend seien daher nur die Kosten, die aufder Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s selbst beruhen. 2Dementsprechendhat das LG Nürnberg-Fürth 3in einem Verbandsklageverfahren überzeugendgeurteilt, dass Art. 6 Abs. 2 Satz 2 der FARL der Belastung derKunden mit Hinsendekosten nicht entgegensteht, weil diese geradenicht infolge der Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s entstanden sind. DieseEinschätzung wurde vom OLG Nürnberg 4 geteilt.Schließlich wird argumentiert, dass Art. 6 Abs. 2 Satz 1 FARL nachdem Wortlaut nur die Ansprüche des Verbrauchers gegenüber demUnternehmer betreffe. Bei den Kosten der Zusendung gehe es aber umGegenansprüche des Unternehmers. Die FARL schließe insoweit lediglicheinen Anspruch auf Strafzahlung und auf Erstattung der dem Unternehmerdurch die Rückerstattung bereits erhaltener Zahlungen entstehendenKosten aus. Im Übrigen überlasse die FARL die nähereAusgestaltung dem nationalen Gesetzgeber. Die FARL schließe daherkeineswegs aus, dass der Unternehmer <strong>im</strong> Falle des Widerrufs Gegenansprüchegeltend machen könne, sei es auf Schadensersatz wegen unsachgemäßerVerpackung, sei es auf Wertersatz für Leistungen, die derKunde in Anspruch genommen hat, ihrer Natur nach aber nicht zurückgewährenkann. Die Annahme, dass es sich bei der Lieferung umeine Leistung des Unternehmers handele, für die der Kunde Wertersatzin Höhe der Hinsendekosten schulde, und sich die Rückzahlungsverpflichtungdes Unternehmers daher um die Hinsendekosten reduziere,sei folglich ohne Weiteres mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 FARL vereinbar. 5c) BGH-Vorlage an den EuGHDer BGH 6hat sich <strong>im</strong> Oktober 2008 mit allen in Schrifttum undRechtsprechung vertretenen Auffassungen auseinandergesetzt. Wederder Wortlaut des Art. 6 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 FARL nochderen Erwägungsgrund 14 führten demnach zu einem eindeutigen Ergebnis.Es lasse sich vertreten, dass durch die Formulierung „infolge der1Pfeiffer, ZGS 2008, 48, 52.2Pfeiffer, ZGS 2008, 48, 53.3LG Nürnberg, Urteil v. 6.12.2004, 7 O 9605/03.4OLG Nürnberg, NJW-RR 2005, 1581.5Wenn, jurisPR-ITR 13/2007, Anm. 4, C 3 b.6BGH, NJW <strong>2009</strong>, 66.


C. Kostentragung 319Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s“ nur die durch den Widerruf verursachtenKosten der Rücksendung geregelt werden, nicht dagegen die Kostender Zusendung, die <strong>im</strong> Zeitpunkt der Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>sbereits angefallen sind. 1Auch nach Erwägungsgrund 14 FARL solltenlaut BGH durch die Widerrufsmöglichkeit die Nachteile ausgeglichenwerden, die dadurch entstehen, dass der Verbraucher keine Gelegenheithatte, die Ware vor dem Erwerb zur Kenntnis zu nehmen.Es stehe aber in Frage, ob dieser Schutzzweck auch die Erstattung derKosten der Zusendung gebietet, weil der Verbraucher bei einem Erwerb<strong>im</strong> stationären Handel die für das Aufsuchen der Geschäftsräume anfallendenKosten ebenfalls zu tragen hätte und darüber hinaus die für dasErreichen des Geschäftslokals erforderliche Zeit aufwenden müsste. 2Daher wurde die Frage nach der Vereinbarkeit einer nationalen Regelung,nach der die Kosten der Zusendung der Waren auch dann demVerbraucher auferlegt werden können, dem EuGH vorgelegt. Wenn derEuGH eine Belastung des Verbrauchers mit den Hinsendekosten fürunzulässig erklärt, würde dies zu einer Preiserhöhung führen, da dieHändler über die Versandkosten hinaus, auch noch mit dem Verwaltungsaufwandund den nicht mehr neuen Waren belastet sind. 3d) Regelung in dem VRRL-EIn Art. 17 Abs. 1 S. 2 VRRL-E wird ausdrücklich festgelegt, dass derVerbraucher in Zukunft die Rücksendekosten zu tragen hat. Die Best<strong>im</strong>mungkorrespondiert allerdings mit Erwägungsgrund 30 VRRL-E,wonach bei Widerruf der Unternehmer dem Verbraucher alle Zahlungen,die er von ihm erhalten hat, zurückerstatten muss, einschließlich„Zahlungen für Aufwendungen des Gewerbetreibenden <strong>im</strong> Zusammenhangmit der Lieferung der Waren an den Verbraucher.“ Die neuenVorschriften sind sachgerecht, da jede Vertragspartei mit denjenigenKosten belastet wird, auf die sie selbst einwirken kann. 4 Darüber hinaussind keine Öffnungsklauseln mehr vorgesehen, so dass eine Vollharmonisierungin diesem Bereich erreicht werden kann.3. Eigene PositionDie Versandkosten müssen nach deutschem Recht vom Käufer getragenwerden, wenn diese als solche explizit ausgewiesen und mit dem Kundenvereinbart werden. Dies ergibt sich aus § 448 Abs. 1 BGB. Zudemverweist § 357 Abs. 1 BGB auf die allgemeinen Rücktrittsvorschriften1BGH, NJW <strong>2009</strong>, 66, 67.2BGH, NJW <strong>2009</strong>, 66, 68.3Buchmann, K&R, <strong>2009</strong>, 40.4Buchmann, K&R, <strong>2009</strong>, 40.


320 Teil 4 – Die Rückabwicklung des widerrufenen Vertragesin § 346 ff. BGB. Die Versandkosten sind verbraucht und können demHändler nicht zurückgegeben werden. Insoweit muss dann derVerbraucher Wertersatz nach § 346 Abs. 2 Nr. 1 BGB leisten, d.h. erbekommt bereits gezahlte Versandkosten nicht zurück erstattet. DieRücksendepflicht des Kunden, mit der die Hinsendung praktisch abgegoltenwerden soll, ist nicht das Korrelat der entgeltpflichtigen Versandleistung,sondern eine gesetzlich gesondert angeordnete Leistungspflichtdes Kunden in der Rückabwicklung, die zudem bei Abholfällengar nicht anfällt.Die Anordnung der grundsätzlichen Kostentragung durch den Händlerist kein Indiz für die gleichzeitige gewollte Belastung des Händlersmit den Hinsendekosten, die schließlich verbraucht sind und ihm nichtetwa verbleiben. 1Im Gegenteil: gerade wenn der Händler schon dieKosten der Rücksendung tragen muss, ist es unangemessen, wenn erauch noch die Hinsendekosten trägt. Für eine Auferlegung der Kostenauf den Verbraucher bedarf es zudem der Kausalität zwischen demWiderruf und den aufzuerlegenden Kosten. Die Hinsendekosten werdenjedoch widerrufsunabhängig dem Verbraucher in Rechnung gestellt. Esfehlt bereits an der Kausalität. 2Schließlich handelt es sich nicht umKosten i.S.v. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 FARL, sondern um in der Richtlinienicht geregelte Zahlungen.IV. ZwischenergebnisDeutschland n<strong>im</strong>mt bereits mit der Kostenüberwälzung für die Rücksendungauf den Händler eine Außenseiterposition in Europa ein. Inden meisten Mitgliedsstaaten ist die Kostentragung durch den Käufervorgesehen. Dies entspricht auch einer angemessenen Risikoverteilung,da der Kunde von den Vorteilen des Fernabsatzes (regelmäßig günstigerePreise, Bequemlichkeit) profitiert, daher aber auch das möglicheRisiko einer notwendigen Rücksendung tragen sollte. Die jedenfallsgrundsätzliche Kostentragung durch den Verbraucher hätte vor allemden großen Vorteil, dass sich damit das Problem des Missbrauchs derBestellmöglichkeit durch einzelne Kunden zu Lasten aller Kunden kaumnoch stellen würde.Unter diesen Gesichtspunkten haben die Händler ein berechtigtes Interessedaran, unnötig hohe Kosten zu vermeiden. Der Verbraucherkann allerdings zur Nutzung von Retourenscheinen oder -aufklebernnur dann verpflichtet werden, wenn hierdurch für ihn keine zusätzlicheBelastung <strong>im</strong> Vergleich zu der unfreien Rücksendung per Post entsteht.1Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2005, 3377, 3380.2Würdinger/Ringshandl, MMR 2008, 49, 50.


D. Wert- und Nutzungsersatz 321Auch die Hinsendekosten sind vom Käufer zu tragen, wenn diese alssolche explizit ausgewiesen und mit dem Kunden vereinbart werden.Die Versandkosten sind verbraucht und können dem Händler nichtzurückgegeben werden. Gerade wenn der Händler schon die Kosten derRücksendung tragen muss, ist es unangemessen, wenn er auch noch dieHinsendekosten trägt. Ein solches Ergebnis verstößt nicht gegen Regelungender FARL.D. Wert- und NutzungsersatzD. Wert- und NutzungsersatzAuf das Widerrufs- und das Rückgaberecht finden, soweit nicht einanderes best<strong>im</strong>mt ist, die Vorschriften über den gesetzlichen Rücktrittentsprechende Anwendung (§ 357 Abs. 1 S. 1 BGB). Im <strong>Onlinehandel</strong>kommt es nicht selten vor, dass der Händler eine Ware zurückerhält,die er aufgrund ihres Zustandes gar nicht oder zumindest nicht mehrals neuwertig und nur mit erheblichen Preisabschlägen weiterveräußernkann. Hier stellt sich die Frage, inwieweit vom Verbraucher, der dieVerschlechterung der Ware infolge Ingebrauchnahme oder Nutzung zuvertreten hat, Wert- oder Nutzungsersatz verlangt werden kann. DerVerbraucher hat zwar nach § 357 Abs. 3 S. 1 BGB abweichend von§ 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB Wertersatz für eine durch die „best<strong>im</strong>mungsgemäßeIngebrauchnahme“ der Sache entstandene Verschlechterungzu leisten, wenn er spätestens bei Vertragsschluss in Textform aufdiese Rechtsfolge und eine Möglichkeit hingewiesen worden ist, sie zuvermeiden. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Verschlechterung ausschließlichauf die „Prüfung“ der Sache zurückzuführen ist.I. Wertersatz nach allgemeinen Rücktrittsregeln1. Wertersatz für gezogene NutzungenMit Blick auf den erheblichen Wertverlust, der allein durch tatsächlicheGebrauchsüberlassung best<strong>im</strong>mter Waren entsteht, wurde schon frühzeitigauf die einseitige Verlagerung der finanziellen Risiken des <strong>Widerrufsrecht</strong>esauf den Unternehmer hingewiesen. 1 Um diese zu kompensieren,hat der Verbraucher gemäß §§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 und Abs. 2Nr. 1 BGB nach Widerruf des Fernabsatzvertrages Wertersatz für diegezogenen Nutzungen zu leisten. § 346 Abs. 2 Nr. 1 BGB findet vorallem bei unkörperlichen Dienstleistungen und der Gebrauchsüberlas-1Schmidt-Räntsch, VuR 2000, 427, 433.


322 Teil 4 – Die Rückabwicklung des widerrufenen Vertragessung als Hauptleistungspflicht Anwendung. 1§ 346 Abs. 2 Nr. 1 BGBerfasst daher Fälle, in denen die empfangene Leistung nicht in einerSache oder einem Recht besteht und deshalb nicht rückübertragen werdenkann. 2 Der „Wertersatz für Nutzung“ kann einerseits auf den Ausgleichdes Vorteils gerichtet sein, den der Verbraucher durch die Nutzungerlangt hat (Nutzungswertersatz). Andererseits kann derWertersatz jedoch auch auf eine Entschädigung für durch die Nutzungentstandene Schäden abzielen (Abnutzungswertersatz).a) NutzungsersatzBei dem Nutzungsersatz infolge eines Widerrufs geht es um Wertersatzfür die gezogenen Gebrauchsvorteile (§ 100 BGB). Ohne Bedeutung fürden Wertersatzanspruch ist, ob von der Nutzungsmöglichkeit tatsächlichGebrauch gemacht wurde. 3Der Wertersatz für die Nutzung darfaber nicht so ausfallen, dass das <strong>Widerrufsrecht</strong> faktisch ausgehöhltwird, 4sondern muss <strong>im</strong> Lichte der Vorgaben des Art. 6 Abs. 1 FARLermittelt werden.aa) Zeitanteilige lineare WertminderungFür die Ermittlung des Wertes von Nutzungen kommt es nach überwiegenderAnsicht auf die zeitanteilige lineare Wertminderung <strong>im</strong> Vergleichzwischen tatsächlicher Gebrauchsdauer und voraussichtlicherGesamtnutzungsdauer („Wertverzehr“) an. 5Danach entscheidet alsoder Umfang der tatsächlichen Nutzung <strong>im</strong> Verhältnis zur voraussichtlichenGesamtnutzungsdauer. Daher ist derjenige Teil des Werts zu ersetzen,der dem Anteil der Nutzungsdauer an der voraussichtlichen Gesamtnutzungsdauerentspricht, wobei maßgeblich dabei der Wert <strong>im</strong>Zeitpunkt des Gefahrübergangs ist.Ausgehend von einer zweiwöchigen Widerrufsfrist dürften die administrativenKosten für die Ermittlung und Fakturierung der Nutzungsersatzhöhediese regelmäßig übersteigen, so dass in der Praxis in denallermeisten Fällen dieser Anspruch nicht geltend gemacht wird. Wirdz.B. ein Handy <strong>im</strong> Wert von 300 € (inkl. Mwst), 6 das eine voraussichtlicheGesamtnutzungsdauer von fünf Jahren hat, 7 während der regelmäßigenWiderrufsfrist genutzt, wird hierfür eine Nutzungsgebühr i.H.v.1MünchKommBGB/Gaier, § 346, Rn. 20; Bamberger/Roth/Grothe, § 346, Rn.39.2jurisPK-BGB/Faust, § 346, Rn. 30.3Erman/Röthel, § 346, Rn. 8; jurisPK-BGB/Faust, § 346, Rn. 92.4Brönneke, MMR 2004, 127, 133.5BGHZ 115, 47, 54 f.; BGH NJW 1996, 250, 252; MünchKommBGB/Gaier,§ 346, Rn. 26 m.w.N; Bülow/Arzt/Bülow, S. 131 f., Rn. 219.6Bülow/Arzt/Bülow, S. 132, Rn. 220.7AfA-Tabelle Nr. 6.13.2.2.


D. Wert- und Nutzungsersatz 3232,30 € fällig, also weniger als 1% des Kaufpreises. Bei einer Bohrmaschinezum gleichen Preis wären es 1,44 €, weil hier von einer achtjährigenGesamtnutzungsdauer ausgegangen wird, 1 bei einem Notebook 2<strong>im</strong>merhin 3,84 €. Zudem müssen wegen der FARL die § 357 Abs. 1,346 Abs. 1 und 2 Nr. 1 BGB restriktiv interpretiert werden, so dass einNutzungsersatz nicht in Betracht kommt, wenn zwar eine Nutzungsmöglichkeitbestand, jedoch nicht davon Gebrauch gemacht wurde, z.B.die Ware überhaupt nicht ausgepackt oder das Kfz nicht zugelassenwurde.bb) Durchschnittliche MietkostenTeilweise wird zur Berechnung auch auf die durchschnittlichen Mietkostenfür ein entsprechendes Produkt abgestellt. 3<strong>Das</strong> AG Augsburghat z.B. entschieden, dass für die best<strong>im</strong>mungsgemäße Ingebrauchnahmeeines Fernsehers für 30 Betriebsstunden 250 EUR Wertersatz beanspruchtwerden können. 4Zumindest bei Gegenständen, deren Wertdurch Gebrauch oder Zeitablauf nicht vermindert wird, wie z.B. Antiquitäten,sei eine Bemessung der Gebrauchsvorteile aufgrund desdurchschnittlichen Miet- oder Pachtzinses 5 sinnvoll. Dem ist zuzust<strong>im</strong>men.Ansonsten könnte sich ein Verbraucher Uhren, Schmuck, Gemäldeoder Plastiken quasi als private Wanderausstellung gratis nach Hausebestellen und müsste hierfür angesichts der hohen Preise nachdeutschem Recht nicht einmal die Rücksendekosten tragen. Eine derartigeBesserstellung des Verbrauchers <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong> war weder vomGesetzgeber bezweckt noch ist sie aus Verbraucherschutzgründen geboten.Auch bei Waren, die typischerweise nicht nur verkauft, sondern gleichermaßenauch vermietet werden, ist nicht die zeitanteilige lineareWertminderung, sondern der durchschnittliche Mietpreis zugrunde zulegen. Anderenfalls würden Verkäufer von Party-Musikanlagen, Bierzelt-Garnituren,Geschirr oder Home-Sw<strong>im</strong>ming-Pools unfreiwillig zuVerleihern ihrer Produkte. Auch hier ist jedoch <strong>im</strong> Lichte der FARLdarauf abzustellen, dass der Verbraucher die Ware nachweisbar genutzthat; ansonsten kann keine Nutzungsentschädigung geltend gemachtwerden. Auch der Käufer solcher Produkte darf keine finanziellenNachteile haben, wenn bei ihm <strong>im</strong> Nachhinein Zweifel an Preis oderQualität des Produktes oder der Seriosität des Verkäufers aufkommen.1AfA-Tabelle Nr. 5.3.2.23 Jahre Nutzungsdauer, AfA-Tabelle Nr. 6.14.3.2.3Lütcke, Fernabsatzrecht, § 357 Rn. 37.4AG Augsburg, Urteil v. 30.10.2006 – 23 C 4461.5Bamberger/Roth/Grothe, § 346, Rn. 36; jurisPK-BGB/Faust, § 346, Rn. 97.


324 Teil 4 – Die Rückabwicklung des widerrufenen Vertragesb) AbnutzungsschadenVereinzelt wird die Meinung vertreten, dass ein möglicher Nutzungsersatzanspruchnach § 346 Abs. 2 Nr. 1 BGB mit dem Abnutzungsschadenwegen best<strong>im</strong>mungsgemäßer Ingebrauchnahme deckungsgleich seiund sich daher nach § 357 Abs. 3 BGB richte. 1 Der Abnutzungsschadenstehe dem Nutzungsgewinn <strong>im</strong> Regelfall spiegelbildlich gegenüber, d.h.Wertersatz- und Nutzungsersatzverpflichtung seien deckungsgleich.Würde man dem Verbraucher in diesem Fall eine Vergütungsverpflichtungfür die gezogenen Nutzungen auferlegen, bedeute dies eine Umgehungi.S.d. § 312f BGB, weil dem Unternehmer der Wertersatz für diebest<strong>im</strong>mungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache vollumfänglich alsNutzungsersatz zustünde. 2Dies überzeugt nicht. § 357 Abs. 3 BGB ist in der Sache eine Abweichungvon § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB. Daraus folgt nicht, dass derVerbraucher, der den Vertrag widerrufen hat, bereits mit Ingebrauchnahmeder Sache zum Wertersatz verpflichtet wäre. Gemäß § 346Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB hat der Schuldner nämlich nur Wertersatz zuleisten, soweit sich der empfangene Gegenstand verschlechtert hat. 3 Isteine Verschlechterung eingetreten, kann der Wertersatzanspruch deutlichhöher sein als der Nutzungsersatzanspruch. Für ein Kfz <strong>im</strong> Wertvon 15.000 € wäre für eine vierzehntägige Nutzung z.B. ein Nutzungsersatznach AfA-Tabelle 4i.H.v. 95,89 € fällig. Fährt der Verbraucherwährend der Widerrufsfrist mit dem Kfz nach Griechenland in denUrlaub und zurück, kommt als Abnutzungsschaden für abgefahreneReifen, Lackschäden, Zigarettengeruch, Kratzer am Handschuhfach,verschmutzte Sitze und Teppiche sowie sonstigen Verschleiß je nachAbnutzungsgrad möglicherweise ein ganz anderer Betrag zustande. Voneiner Deckungsgleichheit kann keine Rede sein. Vielmehr ist der Abnutzungsschadenan anderer Stelle, nämlich in § 357 Abs. 3 BGB geregelt.Die Verschlechterung infolge der best<strong>im</strong>mungsgemäßen Ingebrauchnahmekann noch höher als die lineare Wertminderung oder der Abnutzungsschadensein. Im obigen Kfz-Beispiel betrüge der Wertverlustinfolge der Zulassung allein 20%, 5 d.h. 3.000,- €. Zu Recht werden andiesen Anspruch höhere Anforderungen in § 357 Abs. 3 BGB gestellt.1Woitkewitsch/Pfitzer, MDR 2007, 61, 67. Dazu sogleich Teil 4 D II.2Woitkewitsch/Pfitzer, MDR 2007, 61, 66.3BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/6857 v. 31.8.2001, S. 58 (Gegenäußerung BReg zum SMG).46 Jahre Nutzungsdauer, AfA-Tabelle Nr. 4.2.1.5Arnold/Dötsch, NJW 2003, 187.


D. Wert- und Nutzungsersatz 325c) Vereinbarkeit mit GemeinschaftsrechtZum Teil wurde bereits der Nutzungswertersatz als Verstoß gegen dieVorgabe des Art. 6 Abs. 2 Satz 2 FARL eingestuft. 1Hier wird eineParallele zum Quelle-Urteil des EuGH 2gezogen. In seinem Urteil zuNutzungsersatz <strong>im</strong> Rahmen der Gewährleistung hat der EuGH entschieden,dass dem Verkäufer keine Nutzungsersatzansprüche zustehen,wenn er eine Nacherfüllung in Form einer Neulieferung untern<strong>im</strong>mt. Inseiner Entscheidung verdeutlicht der EuGH, dass als Kosten alle finanziellenBelastungen zu sehen sind, die den Verbraucher abhalten können,seine Ansprüche geltend zu machen. 3 Daher seien auch Nutzungsersatzansprüche„Kosten“ in diesem Sinne. Da eine Wertersatzpflichtden Verbraucher auch von der Ausübung seines <strong>Widerrufsrecht</strong>s abhaltenkönnte, ist ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 S. 2 FARLnicht ausgeschlossen.Zum österreichischen Recht hat das HG Wien 4 hingegen entschieden,dass die in § 5g KSchG getroffene Regelung, nach der der Verbraucherdem „Unternehmer ein angemessenes Entgelt für die Benützung, einschließlicheiner Entschädigung für eine damit verbundene Minderungdes gemeinen Wertes der Leistung, zu zahlen“ hat, nicht gegen Art. 6Abs. 2 Satz 2 FARL verstoße. <strong>Das</strong> fernabsatzrechtliche <strong>Widerrufsrecht</strong>solle den Verbraucher einem Käufer, der die Ware vor Vertragsabschlusssieht und überprüfen kann, gleichstellen. Die FARL möchte den<strong>im</strong> Wege eines Fernabsatzgeschäfts kaufenden Verbraucher nicht besserals bei einem Verkauf unter Anwesenden stellen. 5Dem Konsumentenstehe es frei, die Ware nach Erhalt zu prüfen und danach zurückzutreten.Ein Nutzungsersatzanspruch stehe dem nicht entgegen.aa) EuGH-Vorlage durch das AG Lahr<strong>Das</strong> AG Lahr 6 hat die Frage nach der Vereinbarkeit der § 357 Abs. 1BGB i.V.m. § 346 Abs. 1 BGB mit Art. 6 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2FARL dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt. Fraglich ist, inwieweitdie Überlegungen des EuGH <strong>im</strong> Bezug auf den Nutzungsersatzbei Gewährleistung auf den Nutzungsersatz bei Widerruf übertragenwerden können. Hierbei ist zunächst zu beachten, dass sowohl dieFernabsatz-, als auch die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie einen „Kosten-Begriff verwenden. Eine Übertragung der Argumentation zum Fall der1Micklitz/Reich, BB 1999, 2093, 2095; Tonner, BB 2000, 1413, 1416; Rott, VuR2001, 78, 81.2EuGH, NJW 2008, 1433 = EuZW 2008, 310 = CR 2008, 481.3EuGH, NJW 2008, 1433 = EuZW 2008, 310 = CR 2008, 481.4HG Wien, MMR 2005, 830.5HG Wien, MMR 2005, 830.6AG Lahr, MMR 2008, 270 = BB 2008, 694.


326 Teil 4 – Die Rückabwicklung des widerrufenen VertragesNachbesserung auf den Widerrufsfall ist allerdings wegen der gravierendenUnterschiede beider Konstellationen abzulehnen. Zum einensind die Mitgliedstaaten nach Erwägungsgrund 14 FARL <strong>im</strong> Unterschiedzu der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie berechtigt, Bedingungenund Einzelheiten der Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s näher zu best<strong>im</strong>men.1 Zum anderen hat <strong>im</strong> ersten Fall der Unternehmer seine Vertragspflichtenordnungsgemäß erfüllt, während <strong>im</strong> zweiten wegen seinerSchlechtleistung eine Nachbesserung erforderlich ist. Eine Gleichbehandlungder Situation bei Lieferung eines vertragswidrigen Verbrauchsgutsmit einem Widerruf, ohne dass dem Händler eine Pflichtverletzungvorzuwerfen ist, ist nicht gerechtfertigt. 2Würde der EuGH einen Verstoß des § 357 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 346Abs. 1 BGB gegen europarechtliche Normen bejahen, hätte dies erheblicheAuswirkungen auf den <strong>Onlinehandel</strong>. Verbraucher könnten dannnoch mehr als bislang das <strong>Widerrufsrecht</strong> missbrauchen, um Warenkostenfrei auszuleihen und danach gegen volle Kaufpreisrückerstattungzurückzusenden. Der Nachweis, dass eine Kaufabsicht vom Anfang annicht bestand, was möglicherweise zu einem Ausschluss des <strong>Widerrufsrecht</strong>swegen Missbräuchlichkeit führen könnte, wird in der Regel vomVerkäufer nicht zu führen sein. 3Eine solche Entscheidung hätte dannauch Auswirkungen auf die Widerrufsbelehrung selbst, die in diesemFall für eine ordnungsgemäße Belehrung nicht mehr tauglich wäre. Dieskönnte dazu führen, dass <strong>im</strong> Rahmen der Geschäfte, in denen dieseBelehrung verwendet wurde, die Verbraucher ihre Vertragserklärungzeitlich uneingeschränkt widerrufen könnten und zwar ohne Nutzungsforderungenzu befürchten. 4 Dies würde letztlich Preissteigerungen unddaher eine Belastung der Gesamtheit der Kunden als Folge haben sowieeine Schwächung der Wettbewerbsfähigkeit des <strong>Onlinehandel</strong>s gegenüberdem stationären Handel und der ausländischen Konkurrenz. 5bb) Schlussanträge der EuGH-GeneralanwältinNun liegen die Schlussanträge der slowenischen EuGH-GeneralanwältinVerica Trstenjak 6zu dieser Frage vor. Die Generalanwältinempfiehlt dem EuGH in ihrem Schlussantrag, die Vorlagefrage des AGLahr so zu beantworten, dass Art. 6 Abs. 1 und 2 FARL dahin gehendauszulegen ist, dass er einer nationalen gesetzlichen Regelung entgegen-1Buchmann, K&R 2008, 505, 509.2Buchmann, K&R 2008, 505, 508; Häuser, ITRB 2003, 17, 18 unter Berufungauf BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/6040, S. 199.3Teil 3 B VI und VII; Buchmann, K&R 2008, 505.4Buchmann, K&R 2008, 505, 506.5bvh-Stellungnahme Schuldrechtsreform, S. 25.6Schlussanträge der Generalanwältin v. 18. Februar <strong>2009</strong>, Rechtssache C-489/07.


D. Wert- und Nutzungsersatz 327steht, die generell besagt, dass der Verkäufer <strong>im</strong> Falle des fristgerechtenWiderrufs durch den Verbraucher Wertersatz für die Nutzung des geliefertenVerbrauchsguts verlangen kann. Es handele sich um Kosten <strong>im</strong>Sinne der Richtlinie, nach der lediglich die unmittelbaren Kosten derRücksendung auferlegt werden dürfen, wozu Wertersatz für die Nutzungnicht zähle. Damit werde dieser Wertersatz in Deutschland entgegenArt. 6 Abs. 1 FARL infolge der Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>sauferlegt. 1Es handele sich zwar nicht um eine Strafzahlung <strong>im</strong> Sinne von Art. 6FARL. 2Die Generalanwältin meint aber, Wertersatzansprüche stelltenKosten dar, die dem Verbraucher nicht auferlegt werden dürften. DieRichtlinie enthält <strong>im</strong> Gegensatz zur Richtlinie 1999/44 keine expliziteDefinition des Begriffs der Kosten, 3und auch <strong>im</strong> Gemeinschaftsrechtexistiert keine generelle oder übertragbare Definition dieses Begriffs.Art. 6 Abs. 1 und 2 FARL spricht von solchen Kosten, „die demVerbraucher infolge der Ausübung seines <strong>Widerrufsrecht</strong>s auferlegtwerden“. Solche dem Verbraucher aufzuerlegen, ist nur für die „unmittelbarenKosten der Rücksendung der Waren“ erlaubt. Diese Formulierungund der Bezug auf „die einzigen Kosten, die dem Verbraucher …auferlegt werden können“, zeigten, dass die Richtlinie neben diesen„unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren“ von weiterenKosten ausgehe, die jedoch nicht dem Verbraucher auferlegt werdendürfen. 4 Systematische Argumente sprächen also dafür, den Begriff derKosten <strong>im</strong> Sinne der FARL weit auszulegen. 5Auch Sinn und Zweck der Best<strong>im</strong>mungen in Art. 6 FARL sprächendafür, dem Kostenbegriff eine weite Bedeutung zu geben. In Erwägungsgrund14 wird hervorgehoben, dass die Frage, ob das <strong>Widerrufsrecht</strong>als ein funktionierendes Verbraucherrecht wirkt, insbesonderedavon abhängt, welche finanziellen Auswirkungen mit seiner Inanspruchnahmeverbunden sind. 6 Damit es sich be<strong>im</strong> <strong>Widerrufsrecht</strong> ummehr als ein bloß formales Recht handelt, müssten die Kosten, die,wenn überhaupt, vom Verbraucher <strong>im</strong> Fall der Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>sgetragen werden, auf die unmittelbaren Kosten der Rücksen-1Schlussanträge der Generalanwältin v. 18. Februar <strong>2009</strong>, Rechtssache C-489/07,Nr. 79.2Schlussanträge der Generalanwältin v. 18. Februar <strong>2009</strong>, Rechtssache C-489/07,Nr. 65.3Ausführlich dazu Buchmann, K&R 2008, 505, 508.4Schlussanträge der Generalanwältin v. 18. Februar <strong>2009</strong>, Rechtssache C-489/07,Nr. 68.5Schlussanträge der Generalanwältin v. 18. Februar <strong>2009</strong>, Rechtssache C-489/07,Nr. 70.6Schlussanträge der Generalanwältin v. 18. Februar <strong>2009</strong>, Rechtssache C-489/07,Nr. 72.


328 Teil 4 – Die Rückabwicklung des widerrufenen Vertragesdung der Waren begrenzt werden. Insbesondere die strukturelle Gefahreines eventuellen (Rechts-)Streits darüber, ob der Verbraucher die Sachenur auf ihre Tauglichkeit für seine Zwecke hin überprüft oder darüberhinaus Nutzungen (gegebenenfalls welche) aus ihr gezogen hat, könnteden Verbraucher davon abhalten, seine Rechte wahrzunehmen. Einerseitskönnte es ihn in der Praxis bereits vorsorglich davon abhalten,eine tatsächliche Überprüfung der Ware vor Rücksendung vorzunehmen,z. B. durch Zerreißen einer schützenden Plastikfolie. Denn eineunversehrte Plastikschutzfolie dokumentiert eindeutig Nichtnutzung,aber sie verhindert auch das Ansehen und Prüfen der Ware. 1Unter diesen Umständen würde das Recht des Verbrauchers, die Warenach Vertragsschluss überprüfen zu können, entgegen dem 14. ErwägungsgrundFARL zu einem bloß formalen Recht verkommen, so dieGeneralanwältin. Dies würde dem Sinn und Zweck der FARL widersprechen.2<strong>Das</strong> von der Kommission vorgebrachte Argument, dass inmanchen Fällen die Grenze zu ungerechtfertigter Bereicherung überschrittensein könnte, beispielsweise wenn eine Ware für einen speziellenAnlass <strong>im</strong> Fernabsatz bestellt und nach der anlassbezogenen Benutzungunter Widerruf des Vertrags wieder zurückgeschickt wird, könnenicht dafür herangezogen werden, eine alle Verbraucher belastendegenerelle Kostenregelung zu treffen. Die „Befürchtung eines Missbrauchsdurch Einzelne“ dürfe generell nicht dazu führen, den Schutzder gemeinschaftsrechtlich gewährleisteten Rechte für alle einzuschränken.3 Auch der Vorschlag der Kommission in Art. 17 Abs. 2 VRRL-E,wonach der Verbraucher für einen etwaigen Wertverlust der Warenhaftet, wenn dieser Wertverlust auf einen zur Prüfung der Eigenschaftenund des Funktionierens der Waren nicht notwendigen Umgang mitihnen zurückzuführen ist, sei als reiner Vorschlag für die Auslegung derin Kraft befindlichen FARL nicht ergiebig. 4d) StellungnahmeDer Generalanwältin ist darin zuzust<strong>im</strong>men, dass ein Wertersatzanspruchfür die bloße Möglichkeit der Nutzung dem Zweck der FARLzuwider läuft. 5Dies liefe praktisch auf eine nachträgliche Leihgebühr1Schlussanträge der Generalanwältin v. 18. Februar <strong>2009</strong>, Rechtssache C-489/07,Nr. 77.2Schlussanträge der Generalanwältin v. 18. Februar <strong>2009</strong>, Rechtssache C-489/07,Nr. 77.3Schlussanträge der Generalanwältin v. 18. Februar <strong>2009</strong>, Rechtssache C-489/07,Nr. 90.4Schlussanträge der Generalanwältin v. 18. Februar <strong>2009</strong>, Rechtssache C-489/07,Nr. 85.5Schlussanträge der Generalanwältin v. 18. Februar <strong>2009</strong>, Rechtssache C-489/07,Nr. 52.


D. Wert- und Nutzungsersatz 329hinaus und könnte den Verbraucher durch Auferlegung von Kostendavon abhalten, von seinem <strong>Widerrufsrecht</strong> Gebrauch zu machen. Esverbleibt weder eine Bereicherung be<strong>im</strong> Verbraucher noch ein Schadenbe<strong>im</strong> Unternehmer. 1 Der bloße Besitz der Ware während des Laufs derWiderrufsfrist kann keine ersatzpflichtige Nutzung darstellen. Der Nutzungsersatzanspruchnach § 346 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 BGB beziehtsich auch nicht auf die Wertverluste, die durch die reine (erstmalige)Ingebrauchnahme entstanden sind. 2Eine Abgrenzung zwischen„Ingebrauchnahme“ i.S.v. § 357 Abs. 3 S. 1 BGB und „Nutzung“ i.S.v.§ 346 Abs. 1 BGB führt auch oft in eine juristische Grauzone. 3 Maßgeblichhierfür ist die Intensität der Nutzung; wo die genaue Grenzeliegt, ist <strong>im</strong> Einzellfall sehr schwer zu beurteilen, 4zumal häufig nichtnachweisbar ist, ob die Sache überhaupt, einmalig oder mehrmals gebrauchtwurde. Die Abgrenzungsschwierigkeiten können aber nichtdazu führen, dass der Händler überhaupt keinen Nutzungsersatzanspruchmehr geltend machen kann. 5 Vielmehr ist dieser Anspruch durchrichtlinienkonforme Auslegung restriktiv zu handhaben.Die FARL lässt entgegen der Ansicht der Generalanwältin eine nationaleRegelung zum Wertersatz für tatsächlich gezogene Nutzung zu.Die deutsche Regelung zum Wertersatz für Nutzung kann nicht generellunter den Begriff der „Kosten“ <strong>im</strong> Sinne des Erwägungsgrundes 14bzw. von Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 der FARL subsumiert werden. Dieenglische Fassung der Richtlinie spricht auch nicht von „costs“, sondernvon „charge“, was eher mit „Gebühr“ oder „Entgelt“ als mit„Kosten“ übersetzt werden kann. Nicht unter „charge“ fallen kann die<strong>im</strong> Nutzungsersatz zum Ausdruck kommende Abschöpfung einer Bereicherung.Der Wortlaut der FARL ist objektiv mehrdeutig, zu untechnischund daher für Begriffsjurisprudenz untauglich. 6Die Zahlung eines Nutzungsentgelts für die tatsächliche Nutzungwird von der FARL nicht untersagt, sondern unterliegt dem Ermessender Mitgliedstaaten. Dies zeigt auch ein Vergleich mit der FARLFDL.Die FARL bezieht sich nicht nur auf die Lieferung von Waren, sondernumfasst auch das Anbieten von Dienstleistungen. Ein genereller Ausschlussdes Wertersatzes würde dazu führen, dass ein Unternehmerkeinen Wertersatz für die bereits erbrachten Dienstleistungen verlangen1OGH, VuR 2006, 242.2jurisPK-BGB/Faust, § 346, Rn. 50.3Schlussanträge der Generalanwältin v. 18. Februar <strong>2009</strong>, Rechtssache C-489/07,Nr. 49.4Der OGH Wien ist bspw. von einer Nutzung eines Flachbildschirms bei einemGebrauch über 43 ½ Stunden <strong>im</strong> Rahmen von acht Werktagen ausgegangen. OGH,VuR 2006, 242.5So aber Rott, VuR 2006, 218, 220.6Schinkels, ZGS 2005, 179.


330 Teil 4 – Die Rückabwicklung des widerrufenen Vertrageskönnte. Im Bereich der Finanzdienstleistungen wird in Art. 7 Abs. 1S. 1 FARLFDL ausdrücklich klargestellt, dass der Unternehmer dieunverzügliche Zahlung für die von ihm gemäß dem Fernabsatzvertragtatsächlich erbrachte Dienstleistung verlangen kann. Es würde einenVerstoß gegen das Gleichheitsgebot und einen nicht nachvollziehbarenPolitikwechsel darstellen, wenn der europäische Gesetzgeber den Wertersatzbei den Finanzdienstleistungen <strong>im</strong> Wege der Vollharmonisierunganordnet, aber bei allgemeinen Dienstleistungen anders hätte regelnwollen. Die Möglichkeit, Wertersatz für gezogene Nutzungen zu verlangen,ist nach der FARL also nicht generell ausgeschlossen, 1 so dassWertersatzverpflichtungen nicht insgesamt pauschal unter den Kostenbegriffsubsumiert werden können.Solche Regelungen hat der deutsche Gesetzgeber in § 346 Abs. 1,Abs. 2 Nr. 1 BGB und in § 357 Abs. 3 S. 1 BGB getroffen. Allerdingskann nach diesen Vorschriften auch dann Wertersatz verlangt werden,wenn die Ware nicht genutzt wurde. Hier wäre nach einem entsprechendenEuGH-Urteil eine gesetzgeberische Klarstellung wünschenswert,dass diese Form des Wertersatzes bei Ausübung des fernabsatzrechtlichen<strong>Widerrufsrecht</strong>es vom Unternehmer nicht beanspruchtwerden kann. Diese Regelungen können aber auch richtlinienkonformso ausgelegt werden, dass die Schutzzwecke der FARL und die berechtigtenInteressen des Unternehmers gleichermaßen gewahrt werden. 2Soweit man Wertersatz für die bloße Nutzungsmöglichkeit nicht mitdarunter fasst, stellen Wertersatzansprüche für die tatsächliche Nutzungder Ware keine Kosten i.S.d. FARL dar.Es ist kein schutzwürdiges Vertrauen darauf ersichtlich, dass demVerbraucher gegenüber für die Zeit der Nutzung keine Nutzungsersatzansprüchegeltend gemacht würden. 3<strong>Das</strong> eingeräumte <strong>Widerrufsrecht</strong>dient dazu, dem Verbraucher eine Begutachtung der Ware wie <strong>im</strong> Ladengeschäftzu ermöglichen. Erst nachdem dieser die feste Entscheidunggetroffen hat, dass er die Ware behalten will, sollte er diese auch alsEigentümer nutzen. 4 Bei entsprechenden Hinweisen in der Widerrufsbelehrungkann der Kunde selbst die Entstehung eines Wertverlustes dadurchvermeiden, dass er die Ware nicht in Gebrauch n<strong>im</strong>mt. DerVerbraucher ist insoweit auch nicht schutzbedürftig, da er schon dieEntscheidung getroffen hat, die Ware zu behalten und wie ein Eigentümerzu benutzen. Es ist konsequent, den Verbraucher für den Fall derRevidierung seiner Entscheidung mit dem Ersatz der Nutzung zu be-1Schinkels, ZGS 2005, 179, 180.2Ähnlich Rott, VuR 2006, 218, 219.3jurisPK-BGB/Faust, § 346, Rn. 31.4Buchmann, K&R 2008, 505, 508.


D. Wert- und Nutzungsersatz 331lasten. 1Die Pflicht zum Ersatz eines Wertverlustes unterscheidet sichwertungsmäßig klar von einer Kostentragungsregelung i.S.d. FARL. 2Der Verbraucher erleidet auch keinen Nachteil, da er durch die Nutzungder Ware entschädigt ist. Somit ist jegliche tatsächliche Nutzungzu vergüten und nicht nur diejenige, die Spuren der Abnutzung hinterlassenhat.Der Ausgleich der Wertminderung ist letztlich als Schadensersatz undnicht als eine Sanktion zu verstehen. 3 Bei saldierender Betrachtung undrestriktiver Handhabung führt die Pflicht zur Nutzungsentschädigungnicht zu einer Werteinbuße be<strong>im</strong> Verbraucher. 4 Die Nutzungsvergütungist auch nicht infolge der Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>es, sonderninfolge der Nutzung der Ware zu zahlen. 5 Es geht daher einzig um dieRückabwicklung von Vorteilen und Schäden, die durch die vorübergehendeBenutzung entstehen. 62. Wertersatz für Verbrauch etc.Nach § 346 Abs. 2 Nr. 2 BGB schuldet der Verbraucher Wertersatz,soweit er den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet,verarbeitet oder umgestaltet hat. Es handelt sich bei den Fallgruppen in§ 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB lediglich um typisierte Fälle der Unmöglichkeitoder Schlechterfüllung der Rückgewähr; die Regelung ist dahernicht abschließend zu verstehen. 7 Unter Verbrauch ist die best<strong>im</strong>mungsgemäßeVerwendung des empfangenen Gegenstands in einer Weise zuverstehen, die zu seinem Untergang führt (vgl. § 92 BGB). 8Darunterfällt nur der best<strong>im</strong>mungsgemäße Verzehr der Sachsubstanz, nicht jedochder Wertverzehr, den eine Sache durch ihren Gebrauch erfährt. Ineinem solchen Fall erfolgt der Ausgleich durch Herausgabe gezogenerNutzungen nach § 346 Abs. 1 BGB. 9Der Verbrauch kommt also nurbei verbrauchbaren Stoffen zum Tragen.Ein typischer Verbrauchsfall wäre etwa das Austrinken einer FlascheWein; hier erhält der Verbraucher selbstverständlich nicht den Kaufpreisrückerstattet. Gleiches gilt aber auch, wenn er nur die halbe Flascheaustrinkt, da die Ware durch diese Eingriffshandlung nicht mehr1Buchmann, K&R 2008, 505, 508.2bvh-Stellungnahme Schuldrechtsreform, S. 25.3Lapp/Lapp, CR 2008, 649, 654.4Brönneke, MMR 2004, 127, 132.5Meents, Verbraucherschutz bei Rechtsgeschäften <strong>im</strong> Internet, S. 204; Gößmann,MMR 1998, 88, 91; Fuchs, ZIP 2000, 1285; Häuser, ITRB 2003, 40, 42.6BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/6040 S. 199.7MünchKommBGB/Gaier, § 346, Rn. 37.8jurisPK-BGB/Faust, § 346, Rn. 33.9Erman/Röthel, § 346, Rn. 9; MünchKommBGB/Gaier, § 346, Rn. 38.


332 Teil 4 – Die Rückabwicklung des widerrufenen Vertragesverkehrsfähig sprich unverkäuflich ist. Richtigerweise ist in solchenFällen das <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgeschlossen, worüber vorab zu informierenist, weil die Ware nicht zur Rücksendung geeignet ist. 1Der BGH 2 hat in einem Vorlagebeschluss an den EuGH die Befürchtunggeäußert, wegen der Regelung des Art. 6 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2Satz 2 FARL könnte eine Wertersatzpflicht, wie sie nach deutschemRecht <strong>im</strong> Fall des Verbrauchs der Ware besteht, mit der FARL unvereinbarsein. Diese Ansicht ist jedoch völlig absurd. <strong>Das</strong> hieße, dass derKunde sich eine Tüte Chips bestellen und aufessen dürfte und dann denVertrag widerrufen könnte, ohne für die Chips zu bezahlen. Der BGH 3erkennt dann auch, dass ohne eine solche Wertersatzmöglichkeit derWiderruf für den Unternehmer „unzumutbar“ wäre. Daher könne Art.6 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 der FARL dafür sprechen, dass bei zumVerbrauch best<strong>im</strong>mten und tatsächlich verbrauchten Waren das <strong>Widerrufsrecht</strong>gemäß Art. 6 Abs. 3 Spiegelstrich 3 Fall 3 FARL ausgeschlossenist. 4<strong>Das</strong> LG Wuppertal 5 hat entschieden, dass bereits mit dem Öffnen jedesBehältnisses, in dem sich Kosmetika oder Pflegemittel befinden,deren Verbrauch beginne, weil diese <strong>im</strong> geschäftlichen Verkehr nichtmehr marktfähig und wie nicht mehr vorhanden (untergegangen) anzusehenseien. Kosmetika könnten also nicht wie andere Sachen inGebrauch genommen, sondern nur verbraucht werden. Nach dieserAnsicht beträgt der Wertersatz bei Kosmetika mit deren Anbrechenstets 100%, ohne dass der Verbraucher hierüber belehrt werden müsste.Diese Ansicht ist allerdings in dieser Pauschalität problematisch, danicht jedes Anbrechen von Kosmetika diese völlig wertlos macht, etwawenn eine Duftsubstanz aus einem Flakon dre<strong>im</strong>al versprüht wird odereinmal auf den Spender einer 500g Cremedose gedrückt wird.In einem vergleichbaren Fall zu Nahrungsergänzungsmitteln hat dasLG Dortmund 6anders entschieden, dass bei Öffnen der Verpackungnicht von einem Verbrauch, sondern von einer Ingebrauchnahme auszugehensei, wobei der Händler hinsichtlich der Höhe des Wertersatzesbeweispflichtig sei. Dies überzeugt nicht, da Nahrungsergänzungsmittelnicht gebraucht, sondern verbraucht werden und eine angefangenePackung eines solchen Produktes aus gesundheitlichen Gründen nicht1Teil 2 D III 3 c); Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2008, 3751, 3753f.2BGH, Beschluss vom 18.3.<strong>2009</strong> – VIII ZR 149/08; Pressemitteilung 59/09 v.18.3.<strong>2009</strong>.3BGH, Beschluss vom 18.3.<strong>2009</strong> – VIII ZR 149/08; Pressemitteilung 59/09 v.18.3.<strong>2009</strong>.4So allgemein bei einem erheblichen Wertersatzanspruch: Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW2008, 3751; vgl. Teil 2 D III 3 d) cc).5LG Wuppertal, Urteil v. 22.08.2006, 14 O 87/06, BeckRS 2008, 03864.6LG Dortmund, ITRB 2008, 58.


D. Wert- und Nutzungsersatz 333mehr verkauft werden darf, d.h. vom Unternehmer vernichtet werdenmuss. Der Unternehmer muss also nicht die Höhe des Wertersatzanspruchsbeweisen, da dieser durch die Eingriffshandlung des Verbrauchersstets die Höhe des Warenwertes erreicht, weshalb es aus Verbraucherschutzgründentransparenter ist, eine solche Ware ganz vom<strong>Widerrufsrecht</strong> auszunehmen und vorab hierüber zu informieren. 13. Wertersatz für Verschlechterung oder Unterganga) Verschlechterung der WareIst es für den Verbraucher unmöglich, den empfangenen Gegenstandzurückzugewähren, hat dies keine Auswirkungen auf sein gesetzliches<strong>Widerrufsrecht</strong>; gleiches gilt für eine Verschlechterung der Sache. 2 Verschlechterungund Untergang i.S.v. § 346 Abs. 2 Nr. 3 BGB sind Werteinbußen,die nicht durch best<strong>im</strong>mungsgemäßen Gebrauch entstandensind. Untergang ist die gänzliche Zerstörung einer Sache. 3 Dabei ist esnicht erforderlich, dass eine Sache physisch zerstört wird; entscheidendist vielmehr, dass die Sache nicht herausgegeben werden kann. Dahersind auch Verfügungen über die Sache <strong>im</strong> Wege der Zwangsvollstreckungerfasst. 4 Die Verschlechterung ist als Auffangtatbestand einzustufenund erstreckt sich auf jede sonstige nachteilige Veränderung derSubstanz oder Funktionstauglichkeit des empfangenen Gegenstands. 5Keine Anwendung findet die Regelung hingegen auf Marktpreiseinbußen.6 Der Katalog des § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB wird nicht als abschließendangesehen, so dass die Regelung auf jegliche vom Gesetzeswortlautnicht erfasste Fälle der subjektiven und objektivenUnmöglichkeit anzuwenden ist. 7Ohne Belang für die Wertersatzpflicht wegen des Charakters derNorm als Gefahrtragungsregel 8 ist weiterhin, ob der Untergang oder dieVerschlechterung vom Verbraucher verschuldet oder nach der Widerrufserklärungeingetreten ist. 9Es besteht keine Verpflichtung für denVerbraucher, Reparatur- oder Wiedererlangungsversuche zu unternehmen,wenn die Verschlechterung oder der Untergang vor Entstehen der1Teil 2 D III 3 c); Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2008, 3751, 3753f.2Erman/Saenger, § 357, Rn. 14.3MünchKommBGB/Gaier, § 346, Rn. 41.4jurisPK-BGB/Faust, § 346, Rn. 48.5MünchKommBGB/Gaier, § 346, Rn. 41.6jurisPK-BGB/Faust, § 346, Rn. 48.7MünchKommBGB/Gaier, § 346, Rn. 43; Bamberger/Roth/Grothe, § 346, Rn.45.8Bamberger/Roth/Grothe, § 346, Rn. 43.9Erman/Röthel, § 346, Rn. 11; jurisPK-BGB/Faust, § 346, Rn. 46.


334 Teil 4 – Die Rückabwicklung des widerrufenen VertragesRückgewährpflicht eingetreten sind. Solche Maßnahmen sind allerdingserlaubt, um den Wertersatzanspruch abzuwenden oder auf den verbleibendenmerkantilen Minderwert zu reduzieren. 1Bei einem teilweisenVerbrauch kann weder der Unternehmer Wertersatz für den gesamtenGegenstand verlangen noch der Verbraucher seine Verpflichtung zurRückgewähr der „Restsache“ durch Leistung umfassenden Wertersatzesabwenden. 2 Im Falle der Zerstörung der erhaltenen Sache kann derVerbraucher die Wertersatzpflicht nicht durch Rückgabe einer anderenSache gleicher Art abwenden, da die Rückgabepflicht eine Stückschuldist. 3b) Verschlechterung der „Originalverpackung“Nicht <strong>im</strong>mer wird präzise zwischen den verschiedenen Verpackungsformenunterschieden. 4Der Begriff der „Originalverpackung“ beschreibtaus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise in der Regelnur undifferenziert alle Verpackungsebenen, die einen werblichen bzw.die Ware beschreibenden Aufdruck aufweisen oder sonst erkennbar zurHerstellerverpackung in Abgrenzung zur sonstigen Verpackung (meistVersandverpackung) gehören. Aus der Sicht des verständigen Verbrauchersvermag der Begriff der Originalverpackung allenfalls zu taugen,um zwischen der (meist neutralen) Versandverpackung und der Verkaufsverpackungzu differenzieren. 5Ob der Händler bei Beschädigung oder Verlust der Originalverpackungin einigen Fällen Wertersatz nach § 346 Abs. 2 Nr. 3 BGB geltendmachen kann, wird durch eine Auslegung des Gesetzeswortlautsnicht eindeutig beantwortet. In § 346 BGB werden unterschiedlicheBegriffe verwendet. Während § 346 Abs. 1 BGB von „empfangenenLeistungen“ spricht, ist in § 346 Abs. 2 Nr. 1 BGB vom „Erlangten“und in Nr. 2 und 3 vom „empfangenen Gegenstand“ die Rede. DieBegriffe des „Erlangten“ und des „empfangenen Gegenstands“ deutendarauf, dass damit alles aufgrund des Kaufvertrages Erhaltene gemeintist, wozu auch die Transportverpackung gehören kann. 6Einzubeziehen ist hier die Verkehrsanschauung, die auf die Verkehrsfähigkeitder Verpackung und die Verbrauchersicht abstellt. Hier sindan unterschiedliche Verpackungsarten auch unterschiedliche Anforderungenzu stellen. 7Es bedarf einer einzelfallbezogenen Prüfung der1jurisPK-BGB/Faust, § 346, Rn. 46.2MünchKommBGB/Gaier, § 346, Rn. 46.3jurisPK-BGB/Faust, § 346, Rn. 49.4Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2008, 3751, 3754.5Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2008, 3751, 3754.6Lapp/Lapp, CR 2008, 649, 650.7Lapp/Lapp, CR 2008, 649, 650.


D. Wert- und Nutzungsersatz 335Funktion und Bedeutung der Verpackung für die Ware und deren Verkehrsfähigkeit.Ergibt dies, dass die Verpackung für die Ware ein wertsteigernderFaktor ist, so stellt sie zugleich einen Bestandteil der Waredar und wird von den Wertersatzregelungen des § 346 BGB erfasst. 1 § 3Abs. 1 VerpackV unterscheidet drei Verpackungsebenen: Transportverpackung,Umverpackung und Verkaufsverpackung. Diese Differenzierungenlassen sich auch für die Wertersatzfrage fruchtbar machen. <strong>Das</strong>Öffnen oder Entfernen von reinen Transportverpackungen beeinträchtigtdie Verkehrsfähigkeit einer Ware regelmäßig nicht. Gleiches gilt fürUmverpackungen. Die Verkaufsverpackung besitzt hingegen meist Barriereeigenschaften,die die Wechselwirkungen zwischen Produkt undUmwelt ausschließen oder eindämmen sollen und nicht bloß die Logistikfunktionunterstützen (sog. Pr<strong>im</strong>ärverpackung). 2aa) Ware oder VerpackungIn einigen Fällen ist kaum abgrenzbar, ob es sich um eine Verpackungoder um einen Teil der Ware handelt, wie z.B. bei Covers von CDs undDVDs, die zum einen Schutzverpackung darstellen, zum anderen zusätzlicheInformationen über den Titel enthalten. Herangezogen werdenkönnen hier die Best<strong>im</strong>mungen der VerpackV. Nach deren Anhang Vgelten z.B. Klarsichtfolien um CD-Hüllen, Frischhalte- oder Aluminiumfolie,Etiketten, sowie Aufkleber, die auf anderen Verpackungsteilenbefestigt sind als Verpackungen, während CD-Hüllen z.B. keineVerpackungsqualität besitzen. Als ein Teil der Ware ist <strong>im</strong>mer eineaufwendige vom Hersteller stammende Originalverpackung zu sehen.Bei Miniaturmodellen oder Designer-Uhren führt das Fehlen der Produktverpackungzu einer erheblichen Minderung des Wertes der Ware.Ohne diese Originalverpackung ist das Produkt aus Verbrauchersichtunvollständig. Bei Markenprodukten bilden Ware und Verpackung ofteine kennzeichenmäßige Einheit, so dass die Ware nicht ohne Originalverpackungverkauft werden darf.bb) Pr<strong>im</strong>ärverpackungDer Unternehmer kann einen Wertersatzanspruch nach § 346 Abs. 2BGB nur für den Fall einer untergegangenen Pr<strong>im</strong>ärverpackung haben,während das bloße Öffnen eine „best<strong>im</strong>mungsgemäße Ingebrauchnahme“darstellt und daher vom Anwendungsbereich des § 357 Abs. 3BGB erfasst ist. Vom Unternehmer ist auch die Wertminderung durchZerstörung der Pr<strong>im</strong>ärverpackung jedenfalls dann zu tragen, wenn einePrüfung der Ware nur auf diese Weise möglich ist (vgl. § 357 Abs. 31Lapp/Lapp, CR 2008, 649, 651.2Vgl. Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2008, 3751, 3754.


336 Teil 4 – Die Rückabwicklung des widerrufenen VertragesS. 2 BGB). 1 <strong>Das</strong> vollständige Fehlen einer solchen Verpackung kann ausvielfachen Gründen zu Werteinbußen führen.Der Hersteller eines Parfüms kann den Vertrieb ohne Originalverpackungnach § 24 Abs. 2 MarkenG unterbinden. Fehlt die Verpackungeines Notebooks, kann dieses Produkt nur noch als „Bulkware“ mitentsprechenden Preisabschlägen verkauft werden. Bei best<strong>im</strong>mten Warenwerden auf Verkaufsverpackungen Produktkennzeichnungspflichtenerfüllt, z.B. Pflichtangaben nach dem Lebensmittel- oder Arzne<strong>im</strong>ittelrecht,Energiekennzeichnungspflichten, Hinweise auf Entsorgung vonBatterien, Sicherheitshinweise, Bedienungsanleitungen o.ä.. Der Händlerdarf solche Ware also nicht ohne diese Verpackung verkaufen undmuss <strong>im</strong> Falle es Verlustes eine neue beschaffen, was nicht <strong>im</strong>mer ohneWeiteres möglich ist. Dies ist nichts anderes, als wenn ein Teil der Warevom Verbraucher nicht herausgegeben werden kann, so dass er dieKosten für die Neubeschaffung der Verpackung tragen muss. 2Dahersteht dem Unternehmer hier Wertersatz für den Nachkauf einer Originalverpackungbei dem Hersteller zu. 3Da von dem Verbraucher damit ein sorgfältiger Umgang mit derProduktverpackung erwartet werden kann, erscheint die Bindung derAusübung des Widerrufs- oder Rückgaberechts an die Rücksendung inOriginalverpackung der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbse.V. nur als unwesentlicher weiterer Schritt. 4Nach Ansicht derWettbewerbszentrale erschwere es die Ausübung der Verbraucherrechtenicht unzumutbar, während der Widerrufsfrist die Originalverpackungaufzubewahren. Es sollte daher erwogen werden, dem Unternehmereine entsprechende Vertragsgestaltungsmöglichkeit einzuräumen.Selbstverständlich müsse klargestellt sein, dass die Beschädigung derProdukt- oder Originalverpackung durch bloßes Öffnen oder denTransport nicht zum Ausschluss der Verbraucherrechte führen kann,weil sonst die Warenprüfungsmöglichkeit des Verbrauchers eingeschränktwürde (§§ 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, 357 Abs. 3 S. 2 BGB). 5cc) TransportverpackungKeine Anwendung findet § 346 BGB hingegen auf standardisierteTransportverpackungen, die nicht individuell für die Ware vom Her-1Lapp/Lapp, CR 2008, 649, 653; Kaestner/Tews, WRP 2005, 1335, 1341; vgl.hierzu Teil 4 D II 2.2Kaestner/Tews, WRP 2005, 1335, 1341; Hoeren/Sieber/<strong>Föhlisch</strong>, Teil 13.4 Rn.293; Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2008, 3751, 3754; Lapp/Lapp, CR 2008, 649, 650.3Kaestner/Tews, WRP 2005, 1335, 1339.4WBZ-Stellungnahme v. 20.11.2006, S. 9.5WBZ-Stellungnahme v. 20.11.2006, S. 9.


D. Wert- und Nutzungsersatz 337steller erstellt wurden. Gleiches gilt auch für die Umverpackungen. 1 DerVerbraucher ist auch nicht verpflichtet, die Transportverpackung vomVerkäufer bei seiner Rücksendung zu verwenden. Auch das OLGHamm 2bestätigt, dass die Transportverpackung lediglich dem Schutzder Ware vor transportbedingten Beschädigungen dient und daher nichtvom § 346 Abs. 2 BGB erfasst wird.d) Verhältnis zu Wertersatz für gezogene NutzungenKeine Verschlechterung der Sache stellt die Abnutzung der Sache durchbest<strong>im</strong>mungsgemäßen Gebrauch dar. Daher besteht nach den allgemeinenRücktrittsregeln auch keine diesbezügliche Wertersatzpflicht desVerbrauchers. 3 Dies lässt sich damit begründen, dass in den Ersatz fürdie gezogenen Nutzungen die normale Abnutzung durch den best<strong>im</strong>mungsgemäßenGebrauch mit eingerechnet wird. Die Abgrenzung desbest<strong>im</strong>mungsgemäßen vom nicht best<strong>im</strong>mungsgemäßen Gebrauch richtetsich nach dem Vertragsinhalt, hilfsweise nach der gewöhnlichenVerwendung. 4Um eine Doppelkompensation zu vermeiden, wird zutreffendvorgeschlagen, dass der Verbraucher die nicht best<strong>im</strong>mungsgemäßgezogenen Nutzungen oder die durch diese Nutzungen eingetreteneWertminderung zu vergüten habe, je nachdem, was höher sei. 54. Höhe des WertersatzesBei der Berechnung des Wertersatzes ist gem. § 346 Abs. 2 S. 2 BGB dieGegenleistung zugrunde zu legen. Dies ist regelmäßig der vereinbarteKaufpreis. Gerade dann, wenn der Verbraucher widerruft, weil er – dasProdukt in den Händen – erkennt, dass ein überhöhter Preis verlangtwurde, wäre es allerdings nicht richtig, diesen hohen Preis als Ausgangspunktder Berechnung zu Grunde zu legen. 6 Vielmehr ist hier derdurchschnittliche Marktpreis der Berechnung zu Grunde zu legen. Diesist der objektive Verkehrswert, hilfsweise eine angemessene Vergütung. 7Hinsichtlich der Regelung des § 346 Abs. 2 S. 2 BGB wird weitergehendkritisiert, 8 es gehe um die Herstellung des Zustandes vor Vertrags-1Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2008, 3751, 3754; Kaestner/Tews, WRP 2005, 1335,1340 f.2OLG Hamm, NJW-RR 2005, 1582.3Erman/Röthel, § 346, Rn. 12.4jurisPK-BGB/Faust, § 346, Rn. 54.5jurisPK-BGB/Faust, § 346, Rn. 55.6Brönneke, MMR 2004, 127, 133.7jurisPK-BGB/Faust, § 346, Rn. 88; ebenso Härting, Fernabsatzgesetz, Anh. § 3Rn. 61.8jurisPK-BGB/Faust, § 346, Rn. 78; MünchKommBGB/Gaier, § 346, Rn. 44;Schinkels, ZGS 2005, 179, 184.


338 Teil 4 – Die Rückabwicklung des widerrufenen Vertragesschluss, so dass es keine Rechtfertigung gebe, sich an den Äquivalenzvorstellungender Parteien zu orientieren. 1 Daher wird für eine teleologischeReduktion dahingehend plädiert, dass der Unternehmer jedenfallskeinen Anspruch auf den erstrebten Gewinn hat. 2Die Höhe desWertersatzes habe sich am objektiven Wert der Sache zu orientieren.Andernfalls könnte es bei zufälligem Untergang der Ware zu einer Perpetuierungeines für den Verbraucher nachteiligem Leistungs-Gegenleistungsverhältnismit dem Wertersatzanspruch kommen.Im Schrifttum besteht keine einheitliche Meinung über den maßgeblichenZeitpunkt für die Berechnung des Wertersatzes bei nachträglichemEintritt der den Wertersatz begründenden Ereignisse. Zum Teil wirdauf die Rechtsfolgeseite der Gesetzesregelung abgestellt. In § 346 Abs. 2S. 1 Nr. 2 und Nr. 3 BGB wird die Verteilung der Sachgefahr geregelt.Dieser entspreche es, für die Wertermittlung den Zeitpunkt des Entstehensder Wertersatzpflicht zugrunde zu legen. 3 Nach einer zweiten Auffassungist für die Wertbemessung der Zeitpunkt der Erklärung desWiderrufs maßgeblich. 4 Werde also etwa Wertersatz nach § 346 Abs. 2Satz 1 Nr. 3 BGB geschuldet und sei der Marktpreis für die betreffendeSache zwischen Vertragsschluss und Rücktritt um 10% gestiegen, seidie Wertberechnung auf der Basis einer um 10% erhöhten Gegenleistungvorzunehmen. 5 Nach dem österreichischen OGH Wien 6 soll hingegender Aufwand maßgeblich sein, den der Käufer hätte vornehmenmüssen, um sich den Gebrauchsnutzen einer gleichwertigen Sachedurch Kauf und Weiterverkauf nach Gebrauch zu verschaffen. KeinenEinfluss auf die Berechnung des Wertersatzes könne das Inverkehrbringeneines neuen Modells haben. 7 Auch der BGH 8 hat entschieden, dassbe<strong>im</strong> Rücktritt aus dem Vertrag die Höhe des Wertersatzes an der Höheder Gegenleistung auch dann zu bemessen ist, wenn die letzte deutlichunter dem tatsächlichen Wert des Gegenstandes liegt.5. Erleichterter Haftungsmaßstab§ 346 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BGB best<strong>im</strong>mt, dass die Pflicht zum Wertersatzentfällt, wenn <strong>im</strong> Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Ver-1MünchKommBGB/Gaier, § 346, Rn. 44, ebenso jurisPK-BGB/Faust, § 346, Rn.78.2Erman/Saenger, § 357, Rn. 5; Häuser, ITRB 2003, 40, 41.3MünchKommBGB/Gaier, § 346, Rn. 44; Erman/Röthel, § 346, Rn. 15; Staudinger/Kaiser,§ 346 Rn. 161.4jurisPK-BGB/Faust, § 346, Rn. 77.5jurisPK-BGB/Faust, § 346, Rn. 82.6Vgl. OHG, VuR 2006, 242.7Kritisch Rott, VuR 2006, 218, 220.8BGH, JuS <strong>2009</strong>, 271 mit Anm. Faust.


D. Wert- und Nutzungsersatz 339schlechterung oder der Untergang be<strong>im</strong> Berechtigten eingetreten ist,obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheitenanzuwenden pflegt (diligentia quam in suis). Zu den erfasstenRücktrittsrechten gehören ohne Weiteres auch das <strong>Widerrufsrecht</strong>nach § 312d Abs. 1 BGB. 1 Nachlässigkeit in eigenen Angelegenheiten indiesem Sinne ist nach überwiegender Meinung unschädlich, soweit einabsolutes Min<strong>im</strong>um an Sorgfalt beachtet wird, dessen Nichtbeachtungauch in eigenen Angelegenheiten als grob sorgfaltswidrig erschiene. 2Vertreten wird, dass dieser empirische Standard seine Grenze <strong>im</strong> Wortlautdes § 277 BGB finde. 3 Demnach könne die Haftung für Sorgfalt ineigenen Angelegenheiten nicht strenger sein als eine normale Fahrlässigkeitshaftung.Abweichend hiervon wird die Ansicht vertreten, maßgeblichfür den Ausschluss des Wertersatzanspruchs sei nur das aus§ 254 BGB bekannte „Verschulden gegen sich selbst“ (Außerachtlassungder Sorgfalt, die nach Lage der Sache erforderlich erscheint, umsich selbst vor Schaden zu bewahren). 4Hiergegen wird jedoch eingewendet,dass jeder ein Recht darauf habe, in eigenen Angelegenheitenunvernünftig zu sein. 5Die diligentia quam in suis gilt jedenfalls nur, sofern der Verbraucherüber sein <strong>Widerrufsrecht</strong> nicht ordnungsgemäß belehrt worden ist oderer nicht anderweitig Kenntnis erlangt (§ 357 Abs. 3 S. 3 BGB). Dieanderweitige Kenntniserlangung hat den Inhalt einer ordnungsgemäßenWiderrufsbelehrung zu umfassen. Eine bloße Kenntnis von der Widerrufsmöglichkeitist nicht ausreichend. 6Die Beweislast bezüglich derordnungsgemäßen Belehrung sowie der anderweitigen Kenntniserlangungtrage der Unternehmer, während der Verbraucher beweisen müsse,dass er die eigenübliche Sorgfalt beachtet hat. 7 Dies lässt sich damitbegründen, dass das <strong>Widerrufsrecht</strong> des Verbrauchers nicht auf einerPflichtverletzung des Unternehmers beruht. Außerdem ist demVerbraucher die schwebende Wirksamkeit des Vertrages bewusst, sodass er gesteigerte Pflichten hinsichtlich des Vertragsgegenstandes inKauf zu nehmen hat. 8Im Lichte der FARL, die den Verbraucher vomspezifischen Fernabsatzrisiko befreien will, ist eine Anwendung derVorschrift jedoch nur für den Fall zulässig, dass die Prüfung überschrittenist. 91Bamberger/Roth/Grothe, § 346, Rn. 56 m.w.N.2Erman/Röthel, § 346, Rn. 30; MünchKommBGB/Gaier, § 346, Rn. 56.3Häuser, ITRB 2003, 40, 41.4MünchKommBGB/Gaier, § 346, Rn. 56.5jurisPK-BGB/Faust, § 346, Rn. 70.6MünchKommBGB/Masuch, § 357, Rn. 44; jurisPK-BGB/Faust, § 357, Rn. 44.7jurisPK-BGB/Faust, § 357, Rn. 44; MünchKommBGB/Masuch, § 357, Rn. 47.8MünchKommBGB/Masuch, § 357, Rn. 44; Bülow/Arzt/Bülow, S. 131, Rn. 216.9Schinkels, ZGS 2005, 179, 183.


340 Teil 4 – Die Rückabwicklung des widerrufenen Vertrages6. ZwischenergebnisEuGH-Generalanwältin Trstenjak hat in ihrem Schlussantrag empfohlen,die deutsche Regelung zu Wertersatz für die Nutzung der Warewährend der Widerrufsfrist als nicht mit der FARL vereinbar zu bewerten.Würde der EuGH einen Verstoß des § 357 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 346Abs. 1 BGB gegen europarechtliche Normen bejahen, hätte dies erheblicheAuswirkungen auf den <strong>Onlinehandel</strong>. Verbraucher könnten dannnoch mehr als bislang das <strong>Widerrufsrecht</strong> missbrauchen, um Warenkostenfrei auszuleihen und danach gegen volle Kaufpreisrückerstattungzurückzusenden.Der Generalanwältin ist darin zuzust<strong>im</strong>men, dass ein Wertersatzanspruchfür die bloße Möglichkeit der Nutzung dem Zweck der FARLzuwider läuft. Dies könnte den Verbraucher durch Auferlegung vonKosten davon abhalten, von seinem <strong>Widerrufsrecht</strong> Gebrauch zu machen.Jedoch lässt die FARL entgegen der Ansicht der Generalanwältineine nationale Regelung zum Wertersatz für tatsächlich gezogene Nutzungzu, da es sich be<strong>im</strong> Wertersatz nicht generell um „Kosten“ handelt.Soweit man Wertersatz für die bloße Nutzungsmöglichkeit nichtmit darunter fasst, stellen Wertersatzansprüche für die tatsächlicheNutzung der Ware keine Kosten i.S.d. FARL dar. Die Abgrenzungsschwierigkeitenzwischen „Ingebrauchnahme“ i.S.v. § 357 Abs. 3 S. 1BGB und „Nutzung“ i.S.v. § 346 Abs. 1 BGB können aber nicht dazuführen, dass der Händler überhaupt keinen Nutzungsersatzanspruchmehr geltend machen kann. Vielmehr ist dieser Anspruch durch richtlinienkonformeAuslegung restriktiv zu handhaben.Die Zahlung eines Nutzungsentgelts für die tatsächliche Nutzungwird von der FARL nicht untersagt, sondern unterliegt dem Ermessender Mitgliedstaaten, wie auch ein Vergleich mit der FARLFDL deutlichmacht. Darüber hinaus ist kein schutzwürdiges Vertrauen des Verbrauchersdarauf ersichtlich, dass ihm gegenüber für die Zeit der Nutzungkeine Nutzungsersatzansprüche geltend gemacht würden. Erst nachdemer die feste Entscheidung getroffen hat, dass er die Ware behalten will,sollte er diese auch als Eigentümer nutzen. Der Ausgleich der Wertminderungist letztlich als Schadensersatz und nicht als eine Sanktion zuverstehen.Wird eine Sache verbraucht, ist sie nicht mehr verkehrsfähig (z.B. eineangebrochene Flasche Wein). Bei Verbrauch der Sache greift dahereine Wertersatzpflicht in Höhe des Wertes der Sache, falls das <strong>Widerrufsrecht</strong>in solchen Fällen nicht ohnehin ausgeschlossen ist. Ist dieVerpackung der Ware verschlechtert, ist die Verkehrsanschauung maßgeblich,die auf die Verkehrsfähigkeit der Verpackung und die Verbrauchersicht<strong>im</strong> Einzelfall abstellt. Ergibt dies, dass die Verpackung für die


D. Wert- und Nutzungsersatz 341Ware ein wertsteigernder Faktor ist, so stellt sie zugleich einen Bestandteildieser dar und wird von den Wertersatzregelungen des § 346 BGBerfasst. Bei der Originalverpackung kann dies der Fall sein, soweit essich um eine spezielle Verpackung des Herstellers handelt und nichtbloß um eine standardisierte Transportverpackung.Hinsichtlich der Berechnung der Höhe des zu leistenden Wertersatzeswerden unterschiedliche Konzeptionen entwickelt. In teleologischerReduktion des § 346 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BGB wird zutreffend auf denobjektiven Wert der Ware abgestellt, auch dann wenn dieser deutlichunter dem tatsächlichen Wert des Gegenstandes liegt. Der erleichterteHaftungsmaßstab gilt nur für den Fall einer nicht ordnungsgemäßenBelehrung, weil dem Verbraucher die schwebende Wirksamkeit desVertrages bewusst ist, so dass er gesteigerte Pflichten hinsichtlich desVertragsgegenstandes in Kauf zu nehmen hat.II. Wertersatz für Verschlechterungen infolge best<strong>im</strong>mungsgemäßerIngebrauchnahmeMit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz wurde eine verschärfteVerbraucherhaftung be<strong>im</strong> Widerruf eingeführt. Der Unternehmer hatnach § 357 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB Anspruch auf Wertersatz für eineüber die Prüfung hinausgehende, durch die best<strong>im</strong>mungsgemäße Ingebrauchnahmeder Sache entstandene Verschlechterung, wenn er denVerbraucher spätestens bei Vertragsschluss in Textform auf dieseRechtsfolge und die Möglichkeit ihrer Vermeidung hingewiesen hat.Darin liegt eine erhebliche Abweichung gegenüber den sonst maßgeblichenRechtsfolgen des Rücktrittsrechts. Die Regelung in § 357 Abs. 3BGB stellt eine Abkehr von § 361a Abs. 2 Satz 6 BGB a.F. dar, wonachder Verbraucher, der von seinem <strong>Widerrufsrecht</strong> Gebrauch macht, demUnternehmer die durch die best<strong>im</strong>mungsgemäße Ingebrauchnahme dererhaltenen Sache entstandene Wertminderung nicht zu ersetzen hatte.<strong>Das</strong>s der Verbraucher bereits mit Ingebrauchnahme der Sache zumWertersatz verpflichtet ist, wurde bereits frühzeitig als mit der FARLunvereinbar kritisiert. 1 Hingegen best<strong>im</strong>mt Art. 17 Abs. 2 VRRL-E nunausdrücklich, dass der Verbraucher für einen Wertverlust der Warenhaftet, wenn dieser auf eine Nutzung der Ware über die Prüfung hinauszurückzuführen ist.1BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/6857 v. 31.8.2001, S. 23 Nr. 76 (Stellungnahme BRat SMG).


342 Teil 4 – Die Rückabwicklung des widerrufenen Vertrages1. Vereinbarkeit mit GemeinschaftsrechtIn der Literatur werden erhebliche Zweifel geäußert, ob die Regelungdes § 357 Abs. 3 S. 1 BGB richtlinienkonform ist. 1 Diese Zweifel werdenaus Art. 6 Abs. 2 S. 2 FARL abgeleitet, wonach die einzigen Kosten,die dem Verbraucher infolge der Ausübung seines <strong>Widerrufsrecht</strong>sauferlegt werden können, die Kosten der unmittelbaren Rücksendungsind. Die Pflicht, Wertersatz für die infolge der best<strong>im</strong>mungsgemäßenIngebrauchnahme entstandene Verschlechterung zu verlangen, sei europarechtlichdeutlich kritischer als der Anspruch auf Ausgleich von Nutzungsvorteilengem. § 357 Abs. 1 BGB i.V.m. § 346 Abs. 1 BGB, 2 dessenRichtlinienkonformität ebenfalls bestritten wird. 3a) Verstoß gegen Art. 6 FARLVielfach wird ein Verstoß des § 357 Abs. 3 S. 1 BGB gegen Art. 6Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 FARL angenommen. Dem nationalen Gesetzgeberstehe nach Art. 6, 14 FARL die Regelung der Modalitäten des<strong>Widerrufsrecht</strong>s nur insoweit zu, als sie kostenneutral ist. 4Wenn dieeinzigen Kosten, die dem Verbraucher infolge der Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>esauferlegt werden dürfen, die unmittelbaren Kosten derRücksendung der Waren sind, bestehe für Nutzungs- oder Wertersatzkein Raum. 5 Der Verbraucher werde hier mit finanziellen Lasten („Kosten“<strong>im</strong> europarechtlichen Sinne) belastet, denen keine Bereicherung aufseiner Seite gegenüberstehe. Die durch den <strong>im</strong> Lichte des Erwägungsgrunds14 zu interpretierenden Art. 6 Abs. 1 S. 2 der Fernabsatzrichtliniegezogenen europarechtlichen Grenzen seien damit überschrittenworden. 6 Zum einen sei die Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>es kausal fürdie Kosten für den Wertersatz, zum anderen sei es für den Verbraucherbei der Ausübung seines <strong>Widerrufsrecht</strong>s ohne Bedeutung, ob es sichum Kosten der Rücksendung oder um Wertersatz für Verschlechterunghandelt. 7 Der Verbraucher dürfe nicht bloß eine formale Rechtspositionohne praktischen Nutzen haben. Der Verbraucher solle mit Ausnahmeder von ihm zu tragenden Kosten der Rücksendung nach dem Widerruf1Arnold/Dötsch, NJW 2003, 187, 188; Brönneke, MMR 2004, 127, 132; Fischer,K&R 2004, 223 ff.2Brönneke, MMR 2004, 127, 132; a.A. Gößmann, MMR 1998, 91.3Teil 4 D I c); AG Lahr, MMR 2008, 270 = BB 2008, 694; hierzu Buchmann,K&R 2008, 505, 507 ff.4jurisPK-BGB/Wildemann, § 357, Rn. 42.5Schulze/Schulte-Nölke/Mankowski, S. 357, 371; Reich/Nordhausen, Verbraucherund Recht <strong>im</strong> elektronischen Geschäftsverkehr, S. 114; Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt/Ring,S. 347, 362; Brönneke, MMR 2004, 127, 132.6Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten, S. 20; Brönneke, MMR2004, 127, 132.7jurisPK-BGB/Wildemann, § 357, Rn. 42.


D. Wert- und Nutzungsersatz 343finanziell so dastehen, als hätte er den Fernabsatzvertrag nicht geschlossen.1§ 357 Abs. 3 S. 1 BGB verstöße dann nicht gegen Gemeinschaftsrecht,wenn der Begriff der Prüfung aus § 357 Abs. 3 S. 2 BGB so weitausgelegt wird, dass dieser auch eine „prüfungsbedingte Wertminderung“umfasse. Eine solche Auslegung entspreche allerdings nicht dergesetzgeberischen Intention. Außerdem seien es insbesondere dieschwierigen Abgrenzungsfälle, die die Richtlinienwidrigkeit begründeten.2Darüber hinaus werde auch gegen Art. 12 Abs. 1 FARL verstoßen.3Durch die Regelung des § 357 Abs. 3 S. 1 BGB überlasse derGesetzgeber dem Verbraucher die Wahl, die Sache in Gebrauch zunehmen. In diesem Fall muss er aber mit erheblichen Wertersatzansprüchenrechnen oder auf sein <strong>Widerrufsrecht</strong> verzichten. Die erheblichenWertverluste erschwerten die Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s odermachten diese sogar unmöglich. Ein solcher Verzicht sei mit der Regelungder Art. 12 Abs. 1 FARL nicht vereinbar. 4b) Kein Verstoß gegen Art. 6 FARLDie Gegenauffassung 5 führt an, gegen einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 2Satz 2 FARL spreche, dass die Kosten nicht unmittelbar auf die Ausübungdes <strong>Widerrufsrecht</strong>es zurückzuführen seien. Die Regelung seisachgerecht und gemeinschaftskonform. 6Der Verbraucher habe esselbst in der Hand, die Sache vor oder nach Ingebrauchnahme zurückzu senden. Eine Wertminderung sei also nicht Folge des Widerrufs,sondern der Ingebrauchnahme. Der Zusatz „in Folge der Ausübung des<strong>Widerrufsrecht</strong>s“ sei auf deutschen Wunsch in Art. 6 Abs. 2 Satz 2FARL aufgenommen worden, um Ansprüche auf Nutzungsentschädigungnicht abzuschneiden. 7 Auch das Handelsgericht Wien 8 entschiedfür das österreichische Recht, dass die Auferlegung eines angemessenenNutzungsentgelts für eine Benutzung der übersendeten Ware nach § 5gKSchG keinen Entscheidungsdruck auf den Konsumenten darstelle, weiles in dessen Belieben verbleibt, ob er eine Ware benutzt oder unbenutztan den Verkäufer retourniert. Die gesetzliche Regelung eines Entgeltsfür die Benutzung stehe nicht <strong>im</strong> Widerspruch zu Art. 6 Abs. 2 Satz 21Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten, S. 20.2Fischer, K&R 2004, 223, 229 f.3Rott, VuR 2001, 78, 85.4Rott, VuR 2001, 78, 85.5Schulze/Schulte-Nölke/Lorenz , S. 329, 351f.; Grigoleit, NJW 2002, 1151, 1154;Gößmann, MMR 1998, 88, 91.6Schulze/Schulte-Nölke/Lorenz , S. 329, 351f.; Grigoleit, NJW 2002, 1151, 1154.7Gößmann, MMR 1998, 88, 91.8HG Wien, MMR 2005, 830.


344 Teil 4 – Die Rückabwicklung des widerrufenen VertragesFARL. Dies bestätigt auch der OHG 1 und betont, dass für Sachverhalte,bei denen eine intensive Nutzung des Kaufobjekts vor der Ausübungdes <strong>Widerrufsrecht</strong>s erfolgt, die FARL keine Regelung vorsehe, sodassdem nationalen Gesetzgeber in dieser Hinsicht ein Gestaltungsspielraumzustehe. Für den Unternehmer bestehe letztlich keine Möglichkeit,auf die Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s Einfluss zu nehmen. 2Dem ist insoweit zuzust<strong>im</strong>men, als es bei Wertersatzansprüchen infolgeder Nutzung der Ware nicht um Kosten geht, die infolge des Widerrufsentstehen, sondern um die Rückabwicklung von Vorteilen undSchäden, die durch eine vorhergehende Ingebrauchnahme oder Nutzungentstehen. Kosten entstehen also nicht durch Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>es,sondern durch Benutzung der Ware durch den Kunden. 3Diese Frage regelt die FARL nicht, sondern es ist Sache der Mitgliedstaaten,weitere Bedingungen und Einzelheiten für den Fall der Ausübungdes <strong>Widerrufsrecht</strong>s festzulegen (Art. 14 FARL). 4c) Richtlinienkonforme AuslegungProblematisch ist ein Wertersatz infolge best<strong>im</strong>mungsgemäßer Ingebrauchnahmeallerdings dann, wenn kein Abnutzungsschaden der Warevorliegt und die Verschlechterung nicht auf Mängeln der Sache selbst,sondern auf Marktgepflogenheiten beruht, die außerhalb des Verantwortungsbereichsdes Verbrauchers stehen. <strong>Das</strong> bei Einführung derRegelung des § 357 Abs. 3 S. 1 BGB häufig angeführte Beispiel desInternetvertriebs eines Fahrzeugs macht dies deutlich. Die Erstzulassungeines Fahrzeugs führt dazu, dass es als Gebrauchtwagen anzusehen ist,was einen etwa zwanzigprozentigen Wertverlust zur Folge hat. Mit demtechnischen Abnutzungsgrad oder Wert des Fahrzeugs hat dies nichtszu tun. 5Auch Neuwagen weisen – bei entsprechenden Überführungsfahrten– durchaus beachtliche km-Stände auf, die belegen, dass dasFahrzeug gefahren wurde, ohne dass ein solches Fahrzeug den Neuwagen-Statushierdurch verliert. Der Grund hierfür wird in der noch bestehendenPreisbindung bei Kfz und überhöhten Neuwagenpreisengesehen. 6Kfz-Händler gewährten ihren Kunden faktisch durch eineTageszulassung Rabatte, die sie sonst nicht geben könnten. Dieser Hintergrundlasse die Berechtigung der Regelung des § 357 Abs. 3 Satz 1und 2 BGB in einem anderen Licht erscheinen. 71OHG, VuR 2006, 242.2Häuser, ITRB 2003, 17, 18 f.3Bamberger/Roth/Grothe, § 357 Rn. 12; Erman/Saenger, § 357, Rn. 16.4Begründung SMG-RegE, BT-<strong>Dr</strong>ucksache 14/6040, S. 199.5Brönneke, MMR 2004, 127, 132, Fn. 36.6Brönneke, MMR 2004, 127, 132, Fn. 36.7Brönneke, MMR 2004, 127, 132, Fn. 36.


D. Wert- und Nutzungsersatz 345Die Vorschrift ist daher richtlinienkonform so auszulegen, dass derUnternehmer nur Anspruch auf Wertersatz hat, wenn eine objektiveVerschlechterung der Sache in Form eines Abnutzungsschadens infolgebest<strong>im</strong>mungsgemäßer Ingebrauchnahme vorliegt. Dieser kann nichtnach § 346 Abs. 2 Nr. 3 BGB beansprucht werden, da diese Norm nurVerschlechterungen infolge nicht best<strong>im</strong>mungsgemäßer Ingebrauchnahmeerfasst. Gleichwohl kann der Verbraucher, der über die Wertersatzfolgeund die Möglichkeit ihrer Vermeidung vor der Ingebrauchnahmein Textform aufgeklärt wird, durch entsprechend sorgsamenUmgang in Form der Prüfung einen Abnutzungsschaden und damit denWertersatzanspruch vermeiden. Für andere Verschlechterungen infolgebest<strong>im</strong>mungsgemäßer Ingebrauchnahme kann kein Wertersatz gem.§ 357 Abs. 3 S. 1 BGB beansprucht werden.2. Kein Wertersatz bei „Prüfung“Der Wertersatzanspruch gem. § 357 Abs. 3 S. 1 BGB besteht nicht,wenn die Verschlechterung ausschließlich auf die „Prüfung“ der Sachezurückzuführen ist. (§ 357 Abs. 3 S. 2 BGB). Nach Ansicht der EuGH-Generalanwältin Trstenjak 1gehörten zu einer kostenlos möglichen„Probe“ die Ansicht, die Anprobe und auch das Ausprobieren. DennBestandteil einer Kaufentscheidung sei <strong>im</strong> Hinblick auf viele Waren,beispielsweise Kleidung und technische Geräte, auch eine Beurteilungihrer Gebrauchseigenschaften. Beispielsweise gehe es be<strong>im</strong> Anprobierenvon Kleidung und Schuhen nicht nur um das Ansehen, sondern auchum das Anziehen und probeweise Tragen. Dem Verbraucher die kostenlosePrüfung der <strong>im</strong> Fernabsatz bestellten Ware zu ermöglichen, seiHauptziel des <strong>Widerrufsrecht</strong>s nach der FARL. 2a) Abgrenzung zur IngebrauchnahmeDie Kritiker der deutschen Regelung zum Wertersatz sehen die europarechtlichenVorgaben nur durch eine äußerst restriktive Interpretationdes § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB und eine extensive Interpretation desAbs. 3 Satz 2 eingehalten. Der Verbraucher brauche jede Wertminderung,die notwendigerweise aus der Prüfung der Sache herrührt, demUnternehmer nicht zu ersetzen. 3 Der Begriff der Prüfung sei weit auszulegen,so dass auch eine vorübergehende Ingebrauchnahme noch unter1Schlussanträge der Generalanwältin v. 18. Februar <strong>2009</strong>, Rechtssache C-489/07,Nr. 46.2Schlussanträge der Generalanwältin v. 18. Februar <strong>2009</strong>, Rechtssache C-489/07,Nr. 48.3Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt/Ring, S. 347, 364.


346 Teil 4 – Die Rückabwicklung des widerrufenen Vertragesden Begriff der Prüfung fallen soll, ohne dass den Verbraucher eineWertersatzpflicht träfe. 1aa) Angleichung an den stationären HandelDer Verbraucher ist jedoch nach § 357 Abs. 3 S. 2 BGB nicht bereitsdann freigestellt, wenn eine Ingebrauchnahme zu Prüfungszweckenerfolgt; vielmehr müsse die Prüfung der Ware ohne best<strong>im</strong>mungsgemäßeIngebrauchnahme unmöglich sein. 2 <strong>Das</strong> Prüfungsrecht <strong>im</strong> Fernabsatzist keine über das Mindest-Schutzniveau der FARL hinausgehende Regelung,zumal eine solche Überschreitung rechtspolitisch auch nichtgeboten ist. 3 Nach Erwägensgrund 14 der FARL sollen die Möglichkeitendes Verbrauchers <strong>im</strong> Fernabsatz möglichst nahe an diejenigen angeglichenwerden, die er <strong>im</strong> stationären Handel hätte. Ein Rasenmäherkann aber auch <strong>im</strong> Ladengeschäft nicht best<strong>im</strong>mungsgemäß inGebrauch genommen, sondern nur besichtigt werden. RAM-Bausteinekönnen regelmäßig nicht aus der Verpackung genommen, geschweigedenn in den mitgebrachten PC eingebaut werden. Auch Waschmaschinen,Toaster und Friteusen können <strong>im</strong> Ladengeschäft nicht in Gebrauchgenommen, sondern nur in Augenschein genommen werden. 4 Die Fernabsatzrichtliniemöchte den <strong>im</strong> Wege eines Fernabsatzgeschäfts kaufendenVerbraucher einem Käufer, der die Ware vor Vertragsabschlusssieht und überprüfen kann, gleichstellen, aber nicht besser stellen alsden Käufer in einem Ladengeschäft. 5bb) Vergleich mit dem „Ladengeschäft“In vielen Fällen lässt sich also ein kostenloses Prüfungsrecht nicht durchein besonderes Schutzbedürfnis des Verbrauchers <strong>im</strong> Vergleich zumstationären Handel rechtfertigen. Eine Auslegung des Begriffs der „Prüfung“muss unter Berücksichtigung des objektivierten Willens des Gesetzgeberserfolgen. 6 Der Gesetzgeber hatte seinerzeit erkannt, dass dieÜbernahme des durch Ingebrauchnahme eintretenden Wertverlustesdurch den Unternehmer nach § 361a Abs. 2 Satz 6 BGB a.F. unbilligwar. 7Bei der Wahl des Begriffs Prüfung hatte der Gesetzgeber offensichtlichdie naive Vorstellung, dass allein durch die Prüfung der Sacheregelmäßig eine erhebliche Wertminderung nicht eintreten kann, was1jurisPK-BGB/Wildemann, § 357, Rn. 43.2Bamberger/Roth/Grothe, § 357 Rn. 13.3Vgl. Aigner/Hofmann, Fernabsatzrecht <strong>im</strong> Internet, Rn. 141.4Hoeren/Sieber/<strong>Föhlisch</strong>, Kap. 13.4, Rd. 298.5HG Wien, MMR 2005, 830.6Hoeren/Sieber/<strong>Föhlisch</strong>, Kap. 13.4, Rd. 299.7BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/6014, S. 199.


D. Wert- und Nutzungsersatz 347wirtschaftlich unzutreffend ist. 1<strong>Das</strong> Prüfungsrecht ist daher in Anlehnungan Erwägungsgrund 14 FARL so auszulegen, dass es ausschließlichdie <strong>im</strong> Falle des Erwerbs derselben Ware <strong>im</strong> stationären Handelinsoweit eingeräumten Möglichkeiten umfasst. Auch die Musterwiderrufsbelehrungmacht die Möglichkeiten <strong>im</strong> Ladengeschäft zum Maßstab.2Eine Ingebrauchnahme ist hingegen dann zu bejahen, wenn derVerbraucher die Sache wie sein Eigentum verwendet. 3cc) Stellungnahme<strong>Das</strong> Dilemma der Abgrenzung zwischen Prüfung und Ingebrauchnahmebesteht darin, dass eine qualitative Abstufung zwischen Prüfung undIngebrauchnahme nicht <strong>im</strong>mer möglich ist, da eine Sache meist nurdadurch geprüft werden kann, dass sie (zumindest kurz) in Gebrauchgenommen wird. 4Die bloße Besichtigung der Kaufsache ist die einzigrealistische Möglichkeit für den Verbraucher zu vermeiden, dass erWertersatz infolge Ingebrauchnahme zahlen muss. 5Eine Besichtigungist aber regelmäßig keine „Prüfung“. In der Praxis ist es also häufigschwer, die Grenze zwischen Prüfung einerseits und Ingebrauchnahmeund Nutzung andererseits zu ziehen. Es handelt sich dabei in vielenFällen gar nicht um eine deutlich sichtbare Grenzziehung, sondern umeine erhebliche Grauzone. 6Der Vergleich mit dem Ladengeschäft kann jedenfalls nicht dazu führen,dass eine <strong>im</strong> Fernabsatz gekaufte Antenne nicht zu Hause am Fernsehgerätausprobiert werden darf, obwohl dies <strong>im</strong> Ladengeschäft nichtmöglich wäre. 7 Die FARL dient gerade der Kompensation von Gefahrenaufgrund der Unsichtbarkeit des Vertragspartners und des Produkts. 8Ferner bestehen je nach Anbieter für dasselbe Produkt <strong>im</strong> PräsenzhandelUnterschiede zwischen den Arten der Präsentation. So ist es inFachmärkten üblich, Elektrogeräte vor dem Kauf an dafür extra bereitgehaltenenTestern auf Funktionsfähigkeit zu prüfen, während in Supermärktensolche Möglichkeiten in der Regel nicht zur Verfügung1Aigner/Hofmann, Fernabsatzrecht <strong>im</strong> Internet, S. 96, Rn. 148; Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt/Ring, S. 359.2Ebenso Kaestner/Tews, WRP 2005, 1335, 1346 ff; i.E. auch bvh-StellungnahmeSchuldrechtsreform, S. 29.3Ebenso Kaestner/Tews, WRP 2005, 1335, 1346.4Hoeren/Sieber/<strong>Föhlisch</strong>, Kap. 13.4, Rd. 296; jurisPK-BGB/Wildemann, § 357,Rn. 43.5Henssler/Westphalen/Graf v. Westphalen, § 357 Rn. 8.6Vgl. Schlussanträge der Generalanwältin v. 18. Februar <strong>2009</strong>, Rechtssache C-489/07, Nr. 49.7Lapp/Lapp, CR 2008, 649, 653.8Fischer, K&R 2004, 223, 229.


348 Teil 4 – Die Rückabwicklung des widerrufenen Vertragesgestellt werden. 1Der Vergleich mit dem Ladengeschäft ist daher nurbedingt tauglich.Gleichwohl muss dieser Vergleich herangezogen werden, um zu einerzutreffenden Abgrenzung von Prüfung und Ingebrauchnahme zu gelangen.Hierbei spielt auch eine Rolle, ob die Ware überhaupt <strong>im</strong> stationärenHandel erhältlich ist. Die 23teilige Küchenmaschine, die es ausschließlich<strong>im</strong> Versandhandel zu erwerben und sonst nirgendwo zubesichtigen gibt, darf intensiver geprüft werden als der Marken-Tintenstrahldrucker, der in jedem Kaufhaus angeboten wird. Überdieswird zutreffend dafür plädiert, den Anwendungsbereich des § 357Abs. 1 S. 1, 2 BGB dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass derVerbraucher Wertersatz nur insoweit schuldet, als die Verschlechterungauf einem Gebrauch beruht, der nicht unerheblich über einen zur Prüfungder Sache angemessenen Umfang hinaus geht. 2 Es wäre nicht mehrmit der FARL vereinbar, wenn der Verbraucher für die gesamte Verschlechterungeinstehen müsste, wenn das Maß seiner Nutzung dasMaß einer Prüfung überschreitet. Denn eine diesbezügliche Prognosewürde den Verbraucher von einer angemessenen Prüfung der Sacheabhalten. 3 Ihm werden in der Regel auch keine Kriterien für die Bemessungeines angemessenen Wertersatzes genannt, 4 so dass er nicht hinreichendinformiert ist, um einen solchen in Kauf zu nehmen.b) EinzelfälleKleidungsstücke dürfen kurz anprobiert werden (Dessous oder Bademodenüber anderer Kleidung), andere Waren dürfen aus der Verpackunggenommen, ausprobiert und betrachtet werden, wenn <strong>im</strong> stationärenHandel üblicherweise Vorführprodukte zur Verfügung stehen.Ein Öffnen der Verpackung ohne Wertersatzpflicht ist ausgeschlossen,wenn dies auch <strong>im</strong> stationären Handel nicht erlaubt ist, z.B. bei Headsets.Auch <strong>im</strong> Ladengeschäft können nicht Blisterverpackungen zerschnittenund Earphones in die Ohren gesteckt werden. Werden Computerbauteilezu „Prüfungszwecken“ in den eigenen PC eingebaut, stelltdies eine die Wertersatzpflicht auslösende Ingebrauchnahme dar, 5 ebensowie das Benutzen von Toastern, Friteusen oder Kaffeemaschinen.Hier ist der Wertersatzanspruch ungleich höher als bei Kameras, mitdenen Urlaubsvideos oder 200 Fotos angefertigt wurden. Die kurzeInbetriebnahme einer Kamera durch Aufnahme einzelner Bilder und1Lapp/Lapp, CR 2008, 649, 653 f.2Schinkels, ZGS 2005, 179, 183.3Schinkels, ZGS 2005, 179, 182.4Rott, VuR 2006, 218, 220 f., der sogar die Nennung eines konkreten Geldbetragsfordert.5Vgl. Kaestner/Tews, WRP 2005, 1335, 1345.


D. Wert- und Nutzungsersatz 349kurzer Videos stellt hingegen lediglich eine Prüfung dar, wie sie auch <strong>im</strong>stationären Handel in der Regel erfolgt. 1 Bei Großbildfernsehern, 2 mitdenen die WM-Spiele gesehen werden, besteht in erster Linie Anspruchauf Nutzungsersatz nach § 346 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr.1 BGB.Bei Mobiltelefonen entsteht eine Wertersatzpflicht des Verbrauchers,wenn das Telefon über einen längeren Zeitraum benutzt, umfangreicheKonfigurationen vorgenommen oder voreingestellte Funktionen desNetzbetreibers durch Umprogrammierung der auf dem Mobiltelefonbefindlichen Software verändert wurden. Allerdings stellen das Ausbrechenund Einlegen einer SIM-Karte bereits eine Ingebrauchnahme dar,da diese „Prüfung“ <strong>im</strong> stationären Handel ebenfalls nicht möglich ist. 3Demgegenüber ist eine reine Prüfung der Ware z.B. dann zu bejahen,wenn ein <strong>im</strong> Fernabsatz gekauftes Kfz auf einem Privatgelände Probegefahren wird. Auch das vorsichtige Durchblättern eines Buches ohneHinterlassung von Knickstellen ist eine Prüfung. 4<strong>Das</strong> Auspacken der Ware und das Entsiegeln müssen vielfach <strong>im</strong>Rahmen einer Prüfung kostenlos möglich sein. 5Zuweilen ist in einemsolchen Fall jedoch das <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgeschlossen, z.B. bei entsiegeltenDatenträgern gem. § 312d Abs. 4 Nr. 2 BGB oder wenn dieWare durch die Entsiegelung nicht mehr verkehrsfähig und damit unverkäuflichwird. 6 Bei erotischen Hilfsmitteln stellt beispielsweise schondas Öffnen der Produktverpackung eine Ingebrauchnahme dar, weil dieWare danach nicht erneut veräußert werden darf. Ähnlich sieht es beiLebensmitteln aus, die nicht bereits nach § 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB vom<strong>Widerrufsrecht</strong> ausgeschlossen sind, z. B. Dosennahrung oder Getränkein Flaschen. Eine Prüfung darf in diesem Fall wie <strong>im</strong> Lebensmitteleinzelhandelnur die optische Prüfung und das Lesen der Packungsbeschriftungumfassen. Alles, was darüber hinaus geht, z. B. das Öffneneiner Dose, Flasche oder sonstigen Verkaufsverpackung oder die Entnahmeeines separat verpackten Lebensmittels aus einer größeren Umverpackungist als eine Ingebrauchnahme einzustufen. 71Kaestner/Tews, WRP 2005, 1335, 1346.2Vgl. AG Augsburg, Urteil v. 30.10.2006 – 23 C 4461; OHG, VuR 2006, 242.3Kaestner/Tews, WRP 2005, 1335, 1346.4BT-<strong>Dr</strong>ucks 14/6040 S. 200.5jurisPK-BGB/Wildemann, § 357, Rn. 43; Rott, VuR 2001, 78, 85.6Teil 2 D III.7Kaestner/Tews, WRP 2005, 1335, 1348.


350 Teil 4 – Die Rückabwicklung des widerrufenen Vertrages3. Höhe des WertersatzesDie Höhe des Wertersatzes richtet sich gemäß § 357 Abs. 1 S. 1 BGBnach § 346 Abs. 2 S. 2 BGB. 1 Probleme tauchen in den Konstellationenauf, in denen trotz einer intensiven Nutzung keine Gebrauchsspurensichtbar sind, so z.B. be<strong>im</strong> Speichern digitaler Daten auf der Speicherkarteeiner Digitalkamera. In solchen Fälle wird der Wertersatzanspruchsehr gering ausfallen. 2Sehr hoch fällt der Wertersatz hingegenfür die Ingebrauchnahme von Haushaltswaren wie Friteusen aus, da indieser Situation sich der Ersatzanspruch nicht nur auf die Wertminderungerstreckt, sondern auch auf die notwendigen Kosten, die Warewieder in einen Zustand zu versetzen, in dem sie verkaufsfähig ist. 3 Beigetragenen Textilien bedarf es einer Differenzierung. Wenn die Warenach einer Reinigung noch als neu verkauft werden könnte, richtet sichder Wertersatzanspruch nach den Reinigungskosten. Ansonsten hat derVerbraucher die volle Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem Wertals „Secondhand-Ware“ zu ersetzen. 4 Bei Lebensmitteln kann die Höhedes Wertersatzes den vollen Warenwert erreichen, wenn die Ware nichtmehr verkaufsfähig ist. Wird allerdings eine Bierflasche aus einem „sixpack“geöffnet, schuldet der Verbraucher einen Wertsatz nur für dieseeinzige Flasche, da die anderen ohne weiteres weiterveräußerbar sind.4. BelehrungszeitpunktEbenso wie die Anwendung der regulären Widerrufsfrist setzt die Berechtigungdes Unternehmers, Wertersatz für eine durch die best<strong>im</strong>mungsgemäßeIngebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterungzu beanspruchen, eine formgerechte Belehrung zu einembest<strong>im</strong>mten Zeitpunkt voraus. Gemäß § 357 Abs. 3 S. 1 BGB muss derVerbraucher diesen Wertersatz nur leisten, wenn er „spätestens beiVertragsschluss“ in Textform auf diese Rechtsfolge und eine Möglichkeithingewiesen worden ist, sie zu vermeiden. Bei eBay-Verkäufenkann – anders als bei Onlineshops – die Belehrung jedoch erst unmittelbarnach der Annahmeerklärung des Verbrauchers erfolgen. 5Daherverneinen die meisten Gerichte einen solchen Wertersatzanspruch beieBay-Verkäufen. 6<strong>Das</strong> LG Berlin hat sogar entschieden, dass eine Wi-1Vgl. Teil 4 D I 4.2Kaestner/Tews, WRP 2005, 1335, 1347.3Kaestner/Tews, WRP 2005, 1335, 1348.4Kaestner/Tews, WRP 2005, 1335, 1348.5Teil 3 A III 1 b).6Vgl. LG Dortmund, Beschluss v. 19.7.2007 – 10 O 113/07; OLG Stuttgart,MMR 2008, 616, 617; LG Karlsruhe, JurPC Web-Dok. 85/2008; OLG Köln,


D. Wert- und Nutzungsersatz 351derrufsbelehrung, die für eBay-Verkäufe verwendet wird und die nichtdarauf hinweist, dass Wertverluste wegen best<strong>im</strong>mungsgemäßer Ingebrauchnahmeaußer Betracht bleiben, fehlerhaft und wettbewerbswidrigsei. 1 Es stellt sich die gleiche Problematik wie bei der Verlängerungder Widerrufsfrist nach § 355 Abs. 2 S. 2 BGB. 2a) Spätestens mit LieferungAbzulehnen ist die vereinzelt vertretene Ansicht, 3 dass § 312c Abs. 2BGB systematischen Vorrang vor § 357 Abs. 1 S. 1 BGB hat. Ein Spezialitätsverhältniszwischen den Vorschriften besteht teilweise eher umgekehrt,da sich § 312c Abs. 2 Satz 1 BGB auf die bei jedem Fernabsatzgeschäftvorzunehmenden Pflichtangaben bezieht, während § 357Abs. 3 Satz 1 BGB eine keineswegs verpflichtende Abbedingung von§§ 357 Abs. 1 Satz 1, 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 2. Hs. BGB betrifft. 4 Ausdiesem Grund ist es nicht möglich, den in § 312c Abs. 2 BGB genanntenZeitpunkt (spätestens mit Lieferung der Ware) als maßgeblich fürdie rechtzeitige Belehrung in Textform zugrunde zu legen.b) Vor VertragsschlussSoweit das KG 5 den Zeitpunkt „bei“ in § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB sogarso auslegen will wie den gleichen Begriff in § 305 Abs. 2 BGB, wonachfür die Einbeziehung von AGB ein Hinweis und die zumutbare Kenntnisnahmemöglichkeit„vor“ Abgabe der Vertragserklärung desVerbrauchers erforderlich ist, 6 vermag dies nicht zu überzeugen. Dafürspricht zunächst der eindeutige Wortlaut der Regelung – „bei“ undnicht „vor“ Vertragsschluss. Sinn und Zweck der Regelung ist es, demVerbraucher zu ermöglichen, einen Wertersatzanspruch des Unternehmerszu vermeiden, wenn er dessen Hinweise hierzu befolgt. Nach§ 312c Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV ist der Verbraucherbereits umfassend über die Einzelheiten der Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>sin flüchtiger Form (auf der Internetseite) zu informieren unddamit ausreichend geschützt. Eine Vorabbelehrung „in Textform“ istjedoch gerade nicht erforderlich. 7 Ferner erfüllt die Textform auch –anders als <strong>im</strong> Fernabsatz von Finanzdienstleistungen – keine Warnfunk-MMR 2007, 713; OLG Düsseldorf, BeckRS 2008, 08624; OLG München, MMR2008, 677; KG Berlin, BeckRS 2008, 18601.1LG Berlin, K&R 2007, 424 (m. Anm. Buchmann/Tilse) = CR 2008, 198 (Ls.).2<strong>Föhlisch</strong>/Hoffmann, NJW <strong>2009</strong>, 1175; Vgl. Teil 3 A III 1.3Kaufmann, CR 2006, 764, 766; OLG Hamburg, MMR 2007, 660 m. Anm.Solmecke; LG Flensburg, MMR 2006, 686, 687; LG Paderborn, MMR 2007, 191.4<strong>Föhlisch</strong>, MMR 2008, 545, 546; Teil 3 A III 1 e).5KG Berlin, MMR 2008, 541.6Vgl. hierzu nur MünchKommBGB/Basedow, § 305, Rn. 72 m.w.N.7<strong>Föhlisch</strong>, MMR 2008, 545, 546.


352 Teil 4 – Die Rückabwicklung des widerrufenen Vertragestion, sondern eine Dokumentationsfunktion. Es genügt daher demSchutzzweck, wenn der Verbraucher seine Rechte nach der Bestellungper E-Mail oder mit der Warenlieferung, also vor Ingebrauchnahme,noch einmal schwarz auf weiß nachlesen kann.c) Vor IngebrauchnahmeEine solche Auslegung lässt sich auch aus den Gesetzesmaterialien ableiten.Die BReg hat zunächst eine Belehrung „vorher“ 1 bzw. „zuvor“ 2vorgeschlagen. Von „vor Vertragsschluss“ war aber zu keinem Zeitpunktdie Rede. Vielmehr hieß es <strong>im</strong> DiskE des BMJ v. 4.8.2000 bzgl.des Wertersatzanspruchs: „... wenn er vor Ingebrauchnahme hieraufhingewiesen und ihm auch eine Möglichkeit aufgezeigt wurde, dieseFolge zu vermeiden...“ 3 Auch in den Änderungsanträge des BRat hieß es<strong>im</strong>mer nur „vorher“, 4 an einer Stelle heißt es sogar, die Hinweise müssten„als Begleithinweis der gelieferten Sache beigefügt sein.“ 5 Die BReghat daraufhin den Wortlaut in „spätestens bei Vertragsschluss“ 6 geändert;so lautete dann auch die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses(„bei“ statt „vorher“), die auf die Gegenäußerung der BRegBezug n<strong>im</strong>mt. 7Von „vor Vertragsschluss“ war also nie die Rede, es ging <strong>im</strong>mer um„vor Ingebrauchnahme“. <strong>Das</strong> ist auch nachvollziehbar, da ein Textform-Hinweisvor Ingebrauchnahme, also z.B. mit der Lieferung ausreicht,um die Wertersatzpflicht zu vermeiden. Die bloße Abgabe derVertragserklärung bzw. der Vertragsschluss kann niemals die Wertersatzpflichtauslösen, so dass der Verbraucher hier noch nicht schutzwürdigist. Der Zeitpunkt „bei Vertragsschluss“ ist also teleologischreduziert so zu verstehen, dass eine Textformbelehrung „<strong>im</strong> unmittelbarenAnschluss an den Vertragsabschluss“ ausreichend ist, um den Wertersatzanspruchdes § 357 Abs. 3 S. 1 BGB geltend machen zu können. 8Eine abweichende Betrachtung würde dazu führen, dass VerbraucherWaren über eBay erwerben, diese benutzen und nach Ablauf der Widerrufsfristohne weiteres zurückgeben. Die Unternehmer müssten dabeidas Risiko tragen, die Artikel bei voller Kaufpreiserstattung als1BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/6040, S. 18.2BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/6040, S. 199.3BMJ-DiskE v. 4.8.2000, S. 395.4BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/6857, S. 24.5BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/6857, S. 23.6BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/6857, S. 58.7BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/7052, S. 194.8Woitkewitsch/Pfitzer, MDR 2007, 61, 66, die allerdings bei eBay-Geschäftenohne weitere Begründung annehmen, dass eine solche Belehrung dort nicht erfolgenkönne, also auch dann nicht, wenn unmittelbar nach Auktionsende eine entsprechendeE-Mail mit der Belehrung verschickt wird.


D. Wert- und Nutzungsersatz 353gebrauchte Waren zurückgesendet zu bekommen. Dies könnte Auswirkungenauf die Preise haben, was nicht <strong>im</strong> Interesse der Verbraucherliegt. 1d) Unverzüglich nach VertragsschlussIn diese Richtung geht auch der Gesetzentwurf zur Neuordnung derVorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht, 2mit dem dieUngleichbehandlung von Online-Shops und eBay-Händlern in SachenWertersatz voraussichtlich zum 31.10.<strong>2009</strong> aufgehoben werden soll.Analog zur Angleichung der Widerrufsfrist plant der Gesetzgeber auch,den Belehrungszeitpunkt in der Regelung zum Wertersatz für einedurch die best<strong>im</strong>mungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandeneVerschlechterung so zu ändern, dass dieser Wertersatz bei Online-Shops und eBay-Verkäufen gleichermaßen zweifellos beansprucht werdenkann. Hierzu wird der § 357 Abs. 3 BGB entsprechend geändert,indem nach Satz 1 folgender Satz eingefügt wird: „Bei Fernabsatzverträgensteht ein unverzüglich nach Vertragsschluss in Textform mitgeteilterHinweis einem solchen bei Vertragsschluss gleich, wenn der Unternehmerden Verbraucher rechtzeitig vor Abgabe von dessenVertragserklärung in einer dem eingesetzten Fernkommunikationsmittelentsprechenden Weise über die Wertersatzpflicht und eine Möglichkeitzu ihrer Vermeidung unterrichtet hat.“ Hiermit will der Gesetzgeberausweislich der Gesetzesbegründung 3 eine rechtliche Gleichbehandlungvon Internetauktionshäusern mit „normalen“ Internetshops erreichenund die verfehlte herrschende Rechtsprechung korrigieren.5. Verhältnis zu den allgemeinen WertersatzansprüchenEine Doppelsanktionierung des Verbrauchers durch verschiedene Wertersatzansprüchemuss vermieden werden. Der Wertersatz für die gezogenenNutzungen bei best<strong>im</strong>mungsgemäßem Gebrauch umfasst jedochnicht den Wertverlust durch Abnutzungsschäden wegen best<strong>im</strong>mungsgemäßerIngebrauchnahme. 4Daher können die beiden Ansprüche nebeneinandergeltend gemacht werden. Auch ein Anspruch auf Wertersatzwegen Verschlechterung der Sache nach § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 3BGB besteht parallel, da dieser – anders als der Anspruch nach § 357Abs. 3 S. 1 BGB – stets auf einer Verschlechterung infolge nicht best<strong>im</strong>mungsgemäßerIngebrauchnahme beruht.1Dietrich/Hofmann, CR 2007, 318, 321.2BT-<strong>Dr</strong>ucks. 16/11643 (Gesetz verkündet am 3.8.<strong>2009</strong>, BGBl. I <strong>2009</strong>, S. 2355).3BT-<strong>Dr</strong>ucks. 16/11643, S. 106.4Teil 4 D I 1 b).


354 Teil 4 – Die Rückabwicklung des widerrufenen Vertrages6. ZwischenergebnisDie Vorschrift des § 357 Abs. 3 BGB ist richtlinienkonform so auszulegen,dass der Unternehmer nur Anspruch auf Wertersatz hat, wenn eineobjektive Verschlechterung der Sache in Form eines Abnutzungsschadensinfolge best<strong>im</strong>mungsgemäßer Ingebrauchnahme vorliegt. DerVerbraucher, der über die Wertersatzfolge und die Möglichkeit ihrerVermeidung vor der Ingebrauchnahme in Textform aufgeklärt wird,kann durch entsprechend sorgsamen Umgang in Form der Prüfungeinen Abnutzungsschaden und damit den Wertersatzanspruch vermeiden.<strong>Das</strong> Dilemma der Abgrenzung zwischen Prüfung und Ingebrauchnahmebesteht darin, dass eine qualitative Abstufung zwischen Prüfungund Ingebrauchnahme nicht <strong>im</strong>mer möglich ist, da eine Sache meist nurdadurch geprüft werden kann, dass sie (zumindest kurz) in Gebrauchgenommen wird. Der Vergleich mit dem Ladengeschäft ist daher nurbedingt tauglich, da je nach Anbieter für dasselbe Produkt <strong>im</strong> PräsenzhandelUnterschiede zwischen den Arten der Präsentation bestehen.Hierbei spielt auch eine Rolle, ob die Ware überhaupt <strong>im</strong> stationärenHandel erhältlich ist. Ist dies nicht der Fall, ist eine intensivere Prüfungzulässig. Der Anwendungsbereich des § 357 Abs. 1 S. 1, 2 BGB dahingehendteleologisch zu reduzieren, dass der Verbraucher Wertersatz nurinsoweit schuldet, als die Verschlechterung auf einem Gebrauch beruht,der nicht unerheblich über einen zur Prüfung der Sache angemessenenUmfang hinaus geht.Ein Hinweis vor Ingebrauchnahme reicht aus, um die Wertersatzpflichtzu vermeiden. Die bloße Abgabe der Vertragserklärung bzw. derVertragsschluss kann niemals die Wertersatzpflicht auslösen, so dassder Verbraucher hier noch nicht schutzwürdig ist. Der Zeitpunkt „beiVertragsschluss“ ist also teleologisch reduziert so zu verstehen, dasseine Textformbelehrung „<strong>im</strong> unmittelbaren Anschluss an den Vertragsabschluss“ausreichend ist, um den Wertersatzanspruch des § 357Abs. 3 S. 1 BGB geltend machen zu können. Eine abweichende Betrachtungwürde dazu führen, dass Verbraucher Waren über eBay erwerben,diese benutzen und nach Ablauf der Widerrufsfrist ohne jegliche Vergütungzurückgeben.III. Verhältnis zum Ausschluss des <strong>Widerrufsrecht</strong>esEs besteht in der Praxis erhebliche Unklarheit darüber, welche Warengem. § 312d Abs. 4 Nr. 1, 3. Var. BGB aufgrund ihrer Beschaffenheitnicht zur Rücksendung geeignet sind. Nach der jetzigen Rechtslage istbeispielsweise streitig, ob getragene Unterwäsche oder Bademode, be-


D. Wert- und Nutzungsersatz 355nutzter Piercingschmuck, geöffnete Cremes, angebrochene Lebensmittel(deren Haltbarkeitsdatum nicht abzulaufen droht und bei denen keineGefahr des Verderbs besteht) u. ä. grundsätzlich rückgabefähig sind.Klar ist lediglich, dass der Unternehmer auf die Geltendmachung desWertersatzes angewiesen ist, wenn der Wiederverkaufswert aufgrundder (best<strong>im</strong>mungsgemäßen) Nutzung herabgesetzt ist. In vielen Fällenwird bei den genannten Artikeln aber ein Wiederverkauf nicht mehrmöglich sein. In diesen Fällen kann der Wertverlust, der <strong>im</strong> Wege desWertersatzes vom Unternehmer bei entsprechender Vereinbarung verlangtwerden kann, in Höhe des vollständigen Warenwertes ausfallen. 1Damit wäre der Verbraucher aber schlechter gestellt, als wenn er vonvornherein darüber informiert worden wäre, dass ein best<strong>im</strong>mter Nutzungsumfangzum Ausschluss des <strong>Widerrufsrecht</strong>s führen kann. 2DieSchlechterstellung ergibt sich aus der Tatsache, dass der Verbraucherdie Ware bei Kenntnis ggf. weiter verwendet hätte oder er – wenn er dieWare an den Unternehmer zurückgesandt hätte und erst dann erfährt,dass er den Kaufpreis nicht zurückerhält – eventuell einen Anspruch aufHerausgabe des wertlos gewordenen Gegenstands geltend machenmuss. 3Daher sind Waren, bei denen der Wertersatzanspruch für dieVerschlechterung infolge best<strong>im</strong>mungsgemäßer Ingebrauchnahme dieHöhe des Warenwertes erreicht, zur Rücksendung nicht geeignet undmithin vom <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgenommen. 4IV. Weitergehende AnsprücheNach § 357 Abs. 4 BGB sind weitergehende Ansprüche ausgeschlossen.Die Regelung ist eine gesetzliche Klarstellung, dass die Rückabwicklungsvorschriftendes § 357 BGB vorbehaltlich etwaiger Abweichungenin Spezialvorschriften eine abschließende Regelung enthalten und sonstigeAnsprüche nach dem BGB nicht bestehen. 5 Als solche Sonderregelngelten die Best<strong>im</strong>mungen zu Widerrufs- bzw. Rückgaberecht nach§§ 355, 356 BGB. 6 Die Vorschrift bezieht sich auch nicht auf die Ansprüche,die sich durch die Verweise aus § 357 Abs. 1 und 2 BGB ergeben.7 So steht dem Unternehmer u.U. ein Anspruch aus § 285 BGB zu,da es sich hierbei nur um den Ersatz für einen durch die Verweisung auf1WBZ-Stellungnahme v. 20.11.2006, S. 11 f.2Teil 2 D III 3 d) cc); Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2008, 3751, 3753 u. 3756.3WBZ-Stellungnahme v. 20.11.2006, S. 11 f.4Teil 2 D III 3 d) cc).5MünchKommBGB/Masuch, § 357 Rn. 52; Bamberger/Roth/Grothe, § 357 Rn.16.6AnwKomm/Ring, § 357 Rn. 104; Bamberger/Roth/Grothe, § 357 Rn. 16.7MünchKommBGB/Masuch, § 357 Rn. 53.


356 Teil 4 – Die Rückabwicklung des widerrufenen Vertragesdas Rücktrittsrecht gemäß § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB an sich bestehendenAnspruch, nicht aber um einen weitergehenden Anspruch handelt. 1Weitergehende Schadensersatzansprüche, deliktsrechtliche Ansprücheund solche aus c.i.c. werden nur <strong>im</strong> Wege der teleologischen Reduktionund für den Fall für möglich gehalten, dass sie ohne Zusammenhangmit dem Widerrufs- bzw. Rückgaberecht entstanden sind. 21jurisPK-BGB/Wildemann, § 357, Rn. 46; MünchKommBGB/Masuch, § 357 Rn.53.2Bamberger/Roth/Grothe, § 357 Rn. 16.


Teil 5 – Informations- und BelehrungspflichtTeil 5 – Informations- und BelehrungspflichtA. Information auf InternetseitenA. Information auf InternetseitenGemäß § 312c Abs. 1 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV hat einUnternehmer dem Verbraucher rechtzeitig vor Abgabe von dessen Vertragserklärungdie Information zur Verfügung zu stellen, ob ein Widerrufs-oder Rückgaberecht besteht oder nicht. Darüber hinaus muss erüber die Bedingungen, Einzelheiten der Ausübung, und die Rechtsfolgendes Widerrufs oder der Rückgabe informieren.1. Deutsches RechtI. UmfangDie Bundesregierung betonte in ihrer Stellungnahme zur FARL, 1dassdie Fülle der verbraucherrechtlichen Informationspflichten eine Belastungdarstellt. Bei der Überarbeitung der Richtlinie solle beachtet werden,dass die Unternehmer bereits mit den bestehenden Regelungenspürbar belastet würden. Ausführliche Informationen würden nicht<strong>im</strong>mer zu einer besseren Unterrichtung des Verbrauchers beitragen,sondern könnten auch eine gegenteilige Wirkung zeigen, „da die Fähigkeitund Bereitschaft des durchschnittlichen Verbrauchers, Informationenaufzunehmen und zu berücksichtigen, ab einer best<strong>im</strong>mten Informationsmengeerfahrungsgemäß abnehmen.“ Dieselbe Bundesregierungentschied sich <strong>im</strong> Jahr 2004 jedoch, einen Gesetzentwurf 2vorzulegen,nach dem die Fernabsatzvorschriften für Finanzdienstleistungen in dasallgemeine Fernabsatzrecht integriert wurden und belastete damit eineVielzahl der Unternehmer unnötig mit erheblich ausgeweiteten Informationspflichten.Insoweit ist die Politik der Bundesregierung nichtbesonders konsequent.Art. 4 Abs. 1 f) der FARL begründet keine Verpflichtung des Onlinehändlers,dem Verbraucher weitergehende Informationen über die Bedingungen,Einzelheiten der Ausübung und Rechtsfolgen des <strong>Widerrufsrecht</strong>svor Abgabe von dessen Vertragserklärung zur Verfügung zustellen. Eine derartige Vorabinformation hat der Europäische Gesetzgeberlediglich in der Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 a) und d) FARLFDL vorgesehen.1BRD-Stellungnahme v. 21.9.2006.2FernAbsÄG-RegE, BR-<strong>Dr</strong>ucks. 84/04 v. 30.01.2004, S. 7 (Neufassung des § 1Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV).


358 Teil 5 – Informations- und BelehrungspflichtBei der Umsetzung ins deutsche Recht wurden diese Pflichten allerdingsauch auf das allgemeine Fernabsatzrecht übertragen, so dass seit8.12.2004 der Unternehmer schon vorvertraglich über das Bestehenoder Nichtbestehen, die Bedingungen, Einzelheiten der Ausübung undRechtsfolgen des <strong>Widerrufsrecht</strong>es informieren muss.a) Hinweis auf Bestehen oder NichtbestehenGemäß § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV ist der Verbraucher darüber aufzuklären,ob ihm ein <strong>Widerrufsrecht</strong> nach § 312d BGB zusteht odernicht. Die entsprechenden Informationen sind daher auch dann zu erteilen,wenn das <strong>Widerrufsrecht</strong> nach Maßgabe von § 312d Abs. 4 BGBausgeschlossen ist oder gemäß § 312d Abs. 3 BGB nachträglich erlischt.1Dadurch wird für den Verbraucher ersichtlich, ob der Unternehmersich auf einen Ausnahmetatbestand berufen will. 2 Die Informationspflichtüber das Nichtbestehen resultiert aus der gestiegenenBekanntheit des <strong>Widerrufsrecht</strong>s <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong> be<strong>im</strong> durchschnittlichinformierten Verbraucher und soll falsche Erwartungen bzw. eineüberraschende Wirkung eines Ausschlusses verhindern. 3Der Hinweis auf Nichtbestehen des <strong>Widerrufsrecht</strong>s umfasst auchdas nachträgliche Erlöschen nach § 312d Abs. 3 BGB, was insbesonderebei Kombinationsprodukten (z.B. Handykauf- und Mobilfunkvertrag)eine Rolle spielt. Bereits in Art. 6 Abs. 3, 1. Spiegelstrich FARLund auch Art. 19 Abs. 1 a) VRRL-E wird der Erlöschenstatbestand alsein Fall genannt, in dem das <strong>Widerrufsrecht</strong> nicht besteht. Auch dieInteressenlage des Verbrauchers ist dieselbe, vielfach ist er sogar nochschutzwürdiger, weil das Erlöschen von unseriösen Anbietern („Vertragsfallen“)4gezielt genutzt wird, um den Verbraucher in die Irre zuführen. Im deutschen Recht nehmen Brönneke/Zander-Hayat an, dassvorab die Tatbestände der § 312d Abs. 3 BGB als auflösende Bedingungendes <strong>Widerrufsrecht</strong>es zu nennen sind, weil § 1 Abs. 1 Nr. 10BGB-InfoV eine Information über die „Bedingungen“ des <strong>Widerrufsrecht</strong>svorschreibt. 5Ein Rückgriff auf diese gegenüber der Europäischen Vorgabe erweiterteInformationspflicht ist jedoch angesichts der Gleichsetzung von1MünchKommBGB/Wendehorst, § 1 BGB-InfoV Rn. 40; Roßnagel/Brönneke/Zander-Hayat, § 312c Rn. 121 (<strong>im</strong> Erscheinen); jurisPK-BGB/Junker, § 312c Rn.21.1; Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 1 BGB-InfoV Rn. 34.2Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312c Rn. 123; Kaestner/Tews, WRP2004, 509, 511.3Roßnagel/Brönneke/Zander-Hayat, § 312c Rn. 137 (<strong>im</strong> Erscheinen); Brönneke,<strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten, S. 40; Rott, BB 2005, 53, 56.4Siehe dazu: http://www.verbraucherrechtliches.de/category/internet-vertragsfallen/(Stand: 7.4.<strong>2009</strong>).5Roßnagel/Brönneke/Zander-Hayat, § 312c Rn. 138 (<strong>im</strong> Erscheinen).


A. Information auf Internetseiten 359Erlöschen und Nichtbestehen in der Systematik der FARL nicht nötig.Der Verbraucher ist auch dann über das Erlöschen zu informieren,wenn der Vertragsschluss, die Einverständniserklärung des Kunden mitder Leistungserbringung und die Leistungserbringung selbst unmittelbarzusammenfallen, wie dies bei einem R-Gespräch der Fall ist. 1Denngerade in solchen Fällen ist die Überrumpelungsgefahr besonders großund der Verbraucher durch das Erlöschen des <strong>Widerrufsrecht</strong>es ohneAlternative besonders schutzbedürftig. Daher hat der Unternehmer seinGeschäftsmodell so zu gestalten, dass dem Verbraucher die Tragweiteseines Verhaltens bewusst wird, was auch bei R-Gesprächen durcheinen kurzen Ansagetext ohne Weiteres möglich ist.aa) Erforderlicher KonkretisierungsgradOb und welcher Ausnahmetatbestand des § 312d Abs. 4 BGB in Betrachtkommt, hat der Unternehmer nach der objektiven Rechtslage zuermitteln, 2was angesichts der unklaren Rechtslage zu den teils sehrunklaren Ausnahmetatbeständen 3kein leichtes Unterfangen ist. Hierstellt sich die Frage, wie konkret der Unternehmer den Verbraucherüber einen Ausschluss zu informieren hat. Entweder kann er lediglichdie gesetzlichen Ausnahmetatbestände wiederholen, sofern er sich daraufberufen will, oder er nennt konkret die Produkte, bei denen nachseiner Ansicht das <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgeschlossen ist. Hierbei ist zubedenken, dass <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong> (wie auch <strong>im</strong> Katalogversandhandel)die vorvertragliche Widerrufsinformation in Form der vollständigenWiderrufsbelehrung an einer zentralen Stelle und nicht pro Produkterfolgt.Eine konkrete Information über das Nichtbestehen kann unproblematischerfolgen, wenn der Händler lediglich eine Art von Produktenverkauft, z.B. ausschließlich CDs, die versiegelt sind. Schwierig wird esbei Mischsort<strong>im</strong>enten: Verkauft ein Händler z.B. sowohl Bücher alsauch CDs und weiterhin T-Shirts mit Standard-Motiven oder vomKunden selbst übermittelten Bildmotiven, sind für dieses Sort<strong>im</strong>entmehrere Ausnahmen einschlägig, jedoch nicht bei allen Produkten.Erfolgt die Widerrufsinformation an zentraler Stelle, z.B. in AllgemeinenGeschäftsbedingungen, müssten hier also bei Annahme einer konkretenInformationspflicht die Produkte, die vom Widerruf ausgenommensind, exakt bezeichnet (z.B. mit Artikelnummer) und neue Artikeljeweils eingepflegt werden.1a.A. BGH NJW 2006, 1974 und Roßnagel/Brönneke/Zander-Hayat, § 312c Rn.138 (<strong>im</strong> Erscheinen).2jurisPK-BGB/Junker, § 312c Rn. 21.1; Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 1BGB-InfoV Rn. 34.3Siehe dazu Teil 2 D.


360 Teil 5 – Informations- und BelehrungspflichtAus Verbraucherschutzgesichtspunkten spricht jedoch einiges dafür,dass der Unternehmer den Verbraucher konkret darüber informierenmuss, ob der jeweilige Artikel vom <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgenommen ist.Der Verbraucher kann so besser vor falschen Erwartungen geschütztwerden als bei einem allgemeinen Hinweis. Verkauft der Händler z.B.Möbel, die teilweise nach Kundespezifikation angefertigt, teilweisejedoch nicht vom <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgenommen sind, nützt ein allgemeinerHinweis in der zentralen Widerrufsinformation dem Verbrauchernichts, da er gleichwohl nicht weiß, ob „sein“ Produkt nun zurückgegeben werden kann oder nicht. Auch bei einem Erlöschen des <strong>Widerrufsrecht</strong>esist häufig unklar, worin die „Ausführung der Dienstleistung“(z.B. Ausbrechen der SIM-Karte, Telefonieren, Download etc.)besteht. 1Dies würde den Händler aber vor die schwierige Aufgabe stellen, Artikelaus seinem Warensort<strong>im</strong>ent z.B. unter die unbest<strong>im</strong>mten Rechtsbegriffedes § 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB einzuordnen, deren Anwendungsbereichnoch weitgehend <strong>im</strong> Dunkeln liegt. Eine Wiederholungdes § 312d Abs. 4 BGB allenfalls mit einer exemplarischen Nennungder mit Sicherheit vom <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgenommenen Artikel (z.B.entsiegelte CDs) muss daher genügen, um die Informationspflicht nach§ 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV n.F. zu erfüllen. 2 Diese Information kannbei hinreichender Gewissheit auch direkt auf der Produktseite erfolgen.Zu beachten ist dann, dass dieselbe Information nach § 312c Abs. 2BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV noch einmal in Textformerteilt werden muss, was häufig technische Schwierigkeiten bereitet.Einfacher ist es daher für den Händler, die Informationen über Ausnahmeartikelan zentraler Stelle vorvertraglich und in Textform zuerteilen.Unzulässig ist jedoch eine Klausel, wonach das Widerrufs- bzw.Rückgaberecht „entsprechend § 312d Abs. 4 BGB unter anderem nichtbei Verträgen...“ bestehe, da die Kombination der Wendungen „entsprechend“und „unter anderem“ darauf deutet, dass über die in derBest<strong>im</strong>mung aufgeführten Ausschlussfälle hinaus ein Ausschluss des<strong>Widerrufsrecht</strong>s auch in weiteren Fällen vereinbart wird. 3Wie dasOLG München zutreffend entschied, wird der Durchschnittsverbraucherregelmäßig nicht § 312d Abs. 4 BGB nachlesen und selbst be<strong>im</strong>Nachlesen der Norm verbleiben ernsthafte Zweifel, ob mit der Wendung„unter anderem“ nur die in der Klausel nicht wiedergegebenenAusschlussfälle gemäß § 312d Abs. 4 BGB gemeint sind oder auch1Änderung durch BesVertG-RegE.2Hoeren/Sieber/<strong>Föhlisch</strong>, Teil 13.4 Rn. 270; zust<strong>im</strong>mend Roßnagel/Brönneke/Zander-Hayat,§ 312c Rn. 137 (<strong>im</strong> Erscheinen).3OLG München, MMR 2008, 677.


A. Information auf Internetseiten 361andere Fälle, weil es am Anfang von § 312d Abs. 4 BGB heißt: „soweitnicht ein anderes best<strong>im</strong>mt ist“. 1bb) Nennung nicht einschlägiger AusnahmenUnterliegen die vom Unternehmer angebotenen Produkte nicht einemder in § 312d Abs. 4 BGB abschließend genannten Ausschlusstatbestände,stellt sich die Frage, welche Auswirkungen eine Nennung nichteinschlägiger Ausnahmetatbestände <strong>im</strong> Rahmen der Widerrufsinformationnach § 312c Abs. 1 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV hat.Kaestner/Tews 2 nennen das Beispiel der Wiedergabe des Gesetzestextesdes § 312d Abs. 4 Nr. 5 BGB zur Ausnahme der „Versteigerungen(§ 156 BGB)“ bei eBay-Auktionen. Vom durchschnittlich informiertenund verständigen Verbraucher könne nicht erwartet werden, dass diesemdie Unterschiede zwischen Versteigerungen i.S.v. § 156 BGB undanderen Versteigerungen geläufig sind. In einem solchen Fall sei dahereine ordnungsgemäße Information über die Bedingungen des <strong>Widerrufsrecht</strong>si.S.v. § 312c Abs. 1 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 10 zu verneinen.3 Ebenso entschied das OLG München. Sehe ein Verkäufer in derWiderrufsbelehrung bei seinen Verkäufen auf der VerkaufsplattformeBay vor, dass das <strong>Widerrufsrecht</strong> nicht für Versteigerungen gelten soll,so sei dies zur Irreführung geeignet. Der Begriff Versteigerung werde <strong>im</strong>allgemeinen Sprachgebrauch auch für Verkäufe gegen Höchstgebotverwendet. Ohne Erläuterung, um welche Art von Versteigerung es sichhandelt, sei der Begriff mehrdeutig und irreführend. 4Diese Sichtweise zur Fehlaufklärung über das Nichtbestehen ist zutreffend.Der Unternehmer muss den Verbraucher korrekt informieren.Diese Pflicht kann er durch eine Fehlinformation nicht erfüllen. Vielmehrdürfte eine solche Fehlinformation meist auch auf einer Fehleinschätzungder gesetzlichen Ausschlusslage beruhen. So wird vielfachirrig 5 angenommen, dass Ware, die erst auf Bestellung des Kunden vomHersteller produziert wird, nach Kundenspezifikation angefertigt sei.Die Ausnahme des § 312d Abs. 4 Nr. 1, 1. Var. BGB wird dann ganzbewusst genannt, um den Kunden vom Widerruf abzuhalten. SolcheFehlinformationen sind unlauter und lösen auch die hierfür vorgesehenenSanktionen <strong>im</strong> vertraglichen Verhältnis zum Kunden aus. Gleichesgilt, wenn der Unternehmer Waren anbietet, von denen er meint, sieseien nicht zur Rücksendung geeignet, obwohl dies zumindest in dieserPauschalität für sein Sort<strong>im</strong>ent nicht zutrifft. Auch hier muss er „Farbe1OLG München, MMR 2008, 677.2Kaestner/ Tews, WRP 2005, 1335, 1345.3Kaestner/ Tews, WRP 2005, 1335, 1345.4OLG München, WRP 2008, 1396 (Ls.).5Vgl. hierzu Teil 2 D II 4.


362 Teil 5 – Informations- und Belehrungspflichtbekennen“, will er nicht Gefahr laufen, den Verbraucher mit einer zuallgemeinen Information in die Irre zu führen.cc) Rechtsfolge bei Nichtaufklärung über das NichtbestehenDer Gesetzgeber hat <strong>im</strong> Fernabsatzrecht keine ausdrückliche Best<strong>im</strong>munggetroffen, welche Rechtsfolgen eine Verletzung der Informationspflichtenaus § 312c Abs. 1 S. 1 hat. 1Die nach § 312d Abs. 2 und§ 355 Abs. 2 BGB vorgesehenen Fristverlängerungen gelten für dieVerletzung der nachvertraglichen, textformgebundenen Informationspflichten.Damit kommt der vorvertraglichen Informationspflicht überdas <strong>Widerrufsrecht</strong> <strong>im</strong> unmittelbaren rechtlichen Verhältnis zwischenUnternehmer und Verbraucher weit weniger Bedeutung zu. 2Der Unternehmer kann sich gemäß § 242 BGB (venire contra factumproprium) nicht auf das Nichtbestehen berufen, wenn er die Informationunterlassen hat. 3Überdies wird, wenn über eine objektiv gegebeneAusnahme <strong>im</strong> Rahmen der Widerrufsinformation nicht aufgeklärt wird,auch ein vertragliches <strong>Widerrufsrecht</strong> eingeräumt. Zudem handelt essich bei der Informationspflicht um eine gesetzlich konkretisierteSchutzpflicht i.S.d. § 241 Abs. 2 BGB. Beruht die Verletzung mindestensauf Fahrlässigkeit des Unternehmers, kann der Verbraucher Schadensersatznach §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB verlangen.§ 312c Abs. 1 BGB wird auch als Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGBangesehen, 4so dass auch diese Norm als Anspruchsgrundlage dienenkann. Der Schadensersatzanspruch ist dann auf Aufhebung des Vertrags<strong>im</strong> Wege der Naturalrestitution nach § 249 Abs. 1 BGB gerichtet,so dass der Verbraucher sich vom Vertrag lösen kann. 5b) Bedingungen, Einzelheiten der Ausübung und Rechtsfolgen§ 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV best<strong>im</strong>mt weiterhin, dass der Verbraucherauch über die Bedingungen, Einzelheiten der Ausübung, insbesondereNamen und Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zuerklären ist, und die Rechtsfolgen des Widerrufs oder der Rückgabe,einschließlich über den Betrag, den der Verbraucher <strong>im</strong> Fall des Widerrufsoder der Rückgabe gemäß § 357 Abs. 1 BGB für die erbrachteDienstleistung zu zahlen hat, aufzuklären ist.1MünchKommBGB/Wendehorst, § 312c, Rn. 138.2Roßnagel/Brönneke/Zander-Hayat, § 312c Rn. 46 (<strong>im</strong> Erscheinen).3MünchKommBGB/Wendehorst, § 312c, Rn. 139.4MünchKommBGB/Wendehorst, § 312c, Rn. 139; Roßnagel/Brönneke/Zander-Hayat, § 312c Rn. 50 (<strong>im</strong> Erscheinen); Mand/Könen, WRP 2007, 841, 847; Ende/Klein,Grundzüge des Vertriebsrechts <strong>im</strong> Internet, S. 171.5MünchKommBGB/Wendehorst, § 312c, Rn. 139.


A. Information auf Internetseiten 363Der Gesetzgeber hielt die erhebliche Überschreitung des EuropäischenMindestniveaus (Art. 14 FARL) durch Ausweitung der Vorgabendes Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 a) und d) FARLFDL auf alle Fernabsatzverträgefür „sachgerecht“. Eine unbillige Belastung des Unternehmers werde„nicht zuletzt“ dadurch vermieden, dass dieser das Muster der Anlage 2zur BGB-InfoV verwenden kann. 1 Diese Erweiterung ist jedoch <strong>im</strong> Gesetzgebungsverfahrenzu Recht auf Widerstand gestoßen. So wurdeeingewendet, der Versandhandel werde in unzumutbarer und europarechtlichnicht erforderlicher Weise belastet, weil die erweiterten Informationspflichtenfür das sensible Finanzgeschäft gedacht waren. 2DieRegelungen würden <strong>im</strong> Versandhandel für den Konsumenten erst relevant,wenn er die Ware nach Erhalt ggf. zurücksenden möchte. 3Der weit gefasste Wortlaut des § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV verweistauf den Regelungsgehalt der §§ 355 ff. BGB. Zu den erforderlichenInformationen zählen zunächst solche, die Beginn, Dauer, Berechnungund Wahrnehmung der Widerrufsfrist betreffen. 4 Hier muss überdie Möglichkeiten zur Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s hinaus auch diePerson, an die die entsprechende Erklärung bzw. die zurückzugebendeWare zu adressieren ist, benannt werden. 5Der Verbraucher ist auchdarauf aufmerksam zu machen, dass die Widerrufserklärung keinerBegründung bedarf. Zu den Rechtsfolgen gehören die Verpflichtung zurRückgabe der empfangenen Ware (§§ 357 Abs. 1 S. 1, 346 Abs. 1), dieKostentragung der Rücksendung (§ 355 Abs. 2 S. 2 und 3) sowie derHinweis, dass der Verbraucher unter best<strong>im</strong>mten Voraussetzungen füreine Verschlechterung der Ware bzw. die Unmöglichkeit der RückgabeWertersatz schuldet. 6Die Ausweitung der Informationspflicht führt dazu, dass demVerbraucher die vollständige Widerrufsbelehrung bereits vor seinerVertragserklärung informationshalber zur Verfügung gestellt werdenmuss. 7Wie die Vorschrift des § 1 Abs. 4 S. 2 BGB-InfoV deutlichmacht, besteht die Pflicht, die Informationen aus § 1 Abs. 1 Nr. 10BGB-InfoV dem Verbraucher in Textform mitzuteilen, und zwar nebender Belehrungspflicht aus § 355 Abs. 1 BGB. Beiden Pflichten ist jedochschon aus Transparenzgründen durch Verwendung einer einheitlichenWiderrufsbelehrung nachzukommen, so dass bei Verwendung des Mus-1BT-<strong>Dr</strong>ucks. 15/2946, S. 26.2Antrag des Freistaates Bayern v. 22.9.2004, BR-<strong>Dr</strong>ucks, 644/2/04.3Empfehlungen der Ausschüsse v. 13.9.2004, BR-<strong>Dr</strong>ucks. 644/1/04, S. 3.4MünchKommBGB/Wendehorst, § 312c, Rn. 41; Erman/Saenger § 312c BGB Rn31; Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 1 BGB-InfoV Rn. 31.5Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 1 BGB-InfoV Rn. 31; MünchKommBGB/Wendehorst, § 312c, Rn. 42.6MünchKommBGB/Wendehorst, § 312c, Rn. 42.7Kaestner/Tews, WRP 2005, 379, 381; Pauly, MMR 2005, 811, 813.


364 Teil 5 – Informations- und Belehrungspflichtters aus der Anlage 2 des § 14 BGB-InfoV zugleich die Pflicht aus § 355BGB erfüllt wird. 12. Europäisches RechtDeutschland ist nicht der einzige EU-Mitgliedsstaat, der über die Vorgabender FARL hinausgehende vorvertragliche Informationspflichtendes Unternehmers über das <strong>Widerrufsrecht</strong> vorsieht. In keinem anderenStaat haben die zusätzlichen Informationspflichten jedoch einen sogroßen Umfang wie in Deutschland.a) Geltendes Recht in den MitgliedsstaatenSo haben neben Deutschland auch Belgien, 2 Finnland, 3 Italien, 4 Slowenien5 und Spanien 6 ausdrücklich eine vorvertragliche Information überdas Nichtbestehen des <strong>Widerrufsrecht</strong>s vorgesehen. In den einzelnenRechtsordnungen sind auch Regelungen verankert, die nähere Informationenüber die Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s vorschreiben. So ist inItalien 7über Voraussetzungen und das Verfahren der Ausübung des<strong>Widerrufsrecht</strong>s vor dem Vertragsabschluss zu informieren. EntsprechendeRegelungen enthalten auch die Rechtsordnungen von Bulgarien 8und Slowenien. 9 Eine Aufklärung über die Rücksendekosten ist in Belgien10 und Luxemburg 11 erforderlich. Außer in Deutschland ist allerdingsin keinem weiteren EU-Mitgliedsstaat erforderlich, dass derVerbraucher bei allgemeinen Fernabsatzgeschäften bereits vor Abgabeseiner Vertragserklärung über sämtliche Rechtsfolgen des Widerrufsinformiert wird.b) Auswirkungen des VRRL-EDie für alle von der Richtlinie erfassten Verbrauchergeschäfte geltendevorvertragliche Informationspflicht des Unternehmers ist in Art. 5Abs. 1 VRRL-E geregelt. Im Bezug auf das <strong>Widerrufsrecht</strong> stellt e) klar,1Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 1 BGB-InfoV Rn. 36; ausführlich hierzusogleich Teil 5 B I 1.2Art. 78 Nr. 6 GHP und Art. 12 Nr. 6 des Gesetzes über freie Berufe; Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium, S. 570.3Kapitel 6, § 13 Verbraucherschutzgesetz (FI); Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium,S. 570.4Art. 51 Abs. 1 (f) VerbraucherGB (IT).5Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium, S. 570.6Art. 40 Abs. 1 (k) EinzelhandelG (ES).7Art. 51 Abs. 1 (g) VerbraucherGB (IT).8Art. 52 Abs. 1 Nr. 7 Verbraucherschutzgesetz (BG).9Art. 43b Abs. 1 S. 6 VerbraucherschutzG (SI).10Art. 78 Abs. 7 GHP; Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium, S. 570.11Art. 3 Abs. 1 (f) FernabsatzG (LU).


A. Information auf Internetseiten 365dass der Unternehmer dem Verbraucher „gegebenenfalls das Besteheneines <strong>Widerrufsrecht</strong>s“ mitzuteilen hat. Spezielle Informationspflichtenfür Unternehmer be<strong>im</strong> Abschluss eines Fernabsatzvertrags ergeben sichaus Art. 9 und 11 VRRL-E. In Art. 9 VRRL-E wird der Inhalt bzw. derUmfang der Informationspflichten best<strong>im</strong>mt und in Art. 11 VRRL-Edie jeweiligen Formerfordernisse. So hat der Unternehmer demVerbraucher die in Art. 9 a) VRRL-E vorgeschriebenen Informationenvor dem Abschluss des Vertrags in einer den benutzten Fernkommunikationsmittelnangepassten Weise zu erteilen oder verfügbar zu machen;sie müssen in klarer und verständlicher Sprache abgefasst undlesbar sein. Art. 9 a) VRRL-E verweist wiederum auf Art. 5 Abs. 1VRRL-E, so dass <strong>im</strong> Ergebnis der Unternehmer vorvertraglich nur überdas Bestehen des <strong>Widerrufsrecht</strong>s zu belehren hat.Dem Wortlaut des Richtlinienentwurfs ist es zwar nicht eindeutig zuentnehmen, ob der Verbraucher vor dem Vertragsschluss nur über dasBestehen oder aber auch über das Nichtbestehen eines <strong>Widerrufsrecht</strong>saufzuklären ist. Aus den Best<strong>im</strong>mungen der Art. 11 Abs. 4, Art. 9VRRL-E, die den Umfang der Informationen in Textform vorschreiben,wird allerdings klar, dass nach dem neuen VRRL-E keine vorvertraglichenInformationen über Einzelheiten der Ausübung und Rechtsfolgendes <strong>Widerrufsrecht</strong> zur Verfügung zu stellen sind. Sollte sich der VRRL-E so durchsetzen, wären nach Art. 4 (Vollharmonisierungsgrundsatz)keine abweichenden nationalen Best<strong>im</strong>mungen mehr zulässig, auchwenn diese ein höheres Verbraucherschutzniveau gewährleisten.Somit wären nach Inkrafttreten der neuen Richtlinie über dieVerbraucherrechte die nationalen deutschen Regelungen über den Umfangder vorvertraglichen Informationspflicht des Unternehmers <strong>im</strong>Fernabsatzrecht nicht mehr mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar. DieInformationspflichten und die übrigen Best<strong>im</strong>mungen zum <strong>Widerrufsrecht</strong>sollen nun zwar auf nationaler Ebene nach dem BGB-RegE 1inArt. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB-E neu geregelt werden. Bedauerlicherweiseist <strong>im</strong> Rahmen des neuen BGB-RegE jedoch noch keine Reduzierungder Informationspflichten vorgesehen. Sollte sich der VRRL-E durchsetzen, wäre dies nachzuholen.3. Bewertung des InformationsumfangsDer Umfang der vorvertraglichen Informationspflichten nach deutschemRecht ist unangemessen. Sinnvoll ist zwar eine Information überdas Nichtbestehen des <strong>Widerrufsrecht</strong>es, die nach richtiger Auffassungohnehin schon vor ausdrücklicher Verankerung in § 1 Abs. 1 Nr. 101BGB-RegE, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 16/11643 v. 21.1.<strong>2009</strong>.


366 Teil 5 – Informations- und BelehrungspflichtBGB-InfoV zu erteilen war 1 und auch nach dem VRRL-E zu erteilen ist.Denn diese Information schützt den Verbraucher vor Bestellungen solcherWaren, die er bei Nichtgefallen nicht zurückgeben kann. Die Ausweitungder Informationspflicht für Finanzdienstleistungen hinsichtlichder Belehrung über Einzelheiten und Rechtsfolgen auf das allgemeineFernabsatzrecht ist aus Gründen des Verbraucherschutzes unnötig undbegegnet mit Blick auf die Berufsausübungsfreiheit des Unternehmerserheblichen Bedenken. Zudem sieht auch die UGPRL nur einen Hinweisauf das Bestehen vor. 2Der Verbraucher soll vor Abgabe seiner Vertragserklärung über dieInformationen verfügen, die er für seine Entscheidung über den Vertragsschlussbenötigt. Es ist nicht ersichtlich, was der Verbraucher miteiner umfangreichen Information über die Einzelheiten der Ausübungund Rechtsfolgen des <strong>Widerrufsrecht</strong>es vor Vertragsschluss anfangensoll, z.B. wissen muss, ob ein kostenloses RMA-Verfahren zur Verfügungsteht oder wie Wertersatz infolge best<strong>im</strong>mungsgemäßer Ingebrauchnahmevermieden werden kann. Es genügt, wenn solche Informationenzusammen mit der Warenlieferung erteilt werden, also vorIngebrauchnahme. 3Die Erweiterung der Informationen zum <strong>Widerrufsrecht</strong> bereits aufder Website verursacht dem Unternehmer jedoch erhebliche Kosten undhat keinen nennenswerten Verbraucherschutzeffekt. Abgesehen vondem zur Verfügung zu stellenden Platz für umfangreiche Informationen,der anderweitig für Produktpräsentationen genutzt werden kann, istauch die permanente Pflege umfangreicher Texte, die möglicherweisean verschiedenen Stellen vorhanden sind (AGB, <strong>Widerrufsrecht</strong>, FAQetc.), kostenintensiv und Nachlässigkeiten können schnell weitere Kostenin Form von Abmahnungen verursachen. Selbst bei Verwendungder bis zum 31.3.2008 geltenden Musterbelehrung des BMJ auf Internetseitenwaren Händler wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen ausgesetzt,weil der Text nicht zur vorvertraglichen Information geeignetgewesen sei. 4In der Konsequenz müssten also zwei sich geringfügigunterscheidende, umfangreiche Informations- und Belehrungstexteeingesetzt werden, einmal auf der Website und einmal in der E-Mailbzw. in Papierform mit der Lieferung. Damit wird die Fehleranfälligkeitsignifikant erhöht, was nicht <strong>im</strong> Sinne des Verbraucherschutzes ist.Der unnötige Umfang der vorvertraglichen Informationspflicht führtauch außerhalb des Internets zu unsachgemäßen Ergebnissen. Eine1Hk-VertriebsR/Micklitz, § 312c Rn. 94; Mankowski, CR 2001, 767, 769f.2Dazu Teil 5 C II 2 b).3Dazu Teil 4 D II 4 c).4KG, MMR 2007, 185 = CR 2007, 331 = K&R 2007, 104. Dazu ausführlich Teil6 B II 1 a).


A. Information auf Internetseiten 367Kleinanzeige mit Bestellcoupon ist praktisch nicht mehr zu realisieren, 1und auch Geschäftsmodelle <strong>im</strong> M-Commerce sind nur noch dann gesetzeskonformzu realisieren, wenn es einer Widerrufsbelehrung nichtbedarf. 2Die gemeinschaftsrechtlich nicht geforderte Ausdehnung derfür Finanzkonzerne konzipierten Regelungen auf eBay-Powersellerdurch den deutschen Gesetzgeber ist gründlich misslungen und sollteschnellstens rückgängig gemacht werden. Es ist erfreulich, dass derEuropäische Gesetzgeber mit dem VRRL-E die vorvertragliche Informationspflichtverbindlich auf ein vernünftiges Maß reduzieren will. Derdeutsche Gesetzgeber sollte in Betracht ziehen, bereits <strong>im</strong> Zuge derNeuordnung der Vorschriften des <strong>Widerrufsrecht</strong>s die vorvertraglicheInformationspflicht entsprechend zu reduzieren.II. FormNach § 312c Abs. 1 BGB hat der Unternehmer dem Verbraucher dieInformationen nach § 1 Abs. 1 BGB-InfoV „in einer dem eingesetztenFernkommunikationsmittel entsprechenden Weise klar und verständlich“zur Verfügung zu stellen, d.h. bei Internet-Geschäften in einerdem Internet entsprechenden Weise. Die Gesetzesbegründung der Vorgängervorschriftdes § 2 Abs. 2 FernAbsG gibt wenig Aufschluss überdie Bedeutung dieser gestalterischen Vorgabe. Dort heißt es unter Bezugnahmeauf Art. 4 Abs. 2 FARL nur, das Transparenzgebot des § 2Abs. 2 FernAbsG könne je nach den Umständen des Einzelfalles überdas Transparenzgebot des AGB-Rechts hinausgehen. 31. Fernabsatzrechtliches TransparenzgebotDie Frage, ob eine Information klar und verständlich zur Verfügunggestellt wird, kann nicht für alle Informationen nach § 1 Abs. 1 BGB-InfoV gleich beantwortet werden. Über den Gesamtpreis der Ware(Nr. 7) ist der Verbraucher an anderer Stelle und in anderer Weise zuinformieren als über die Identität des Unternehmers (Nr. 1-3) oder das<strong>Widerrufsrecht</strong> (Nr. 10). Anders als eine Information zum Anbietererwartet der Verbraucher z.B. eine Information zu Preisangaben nichtin einer Navigationsleiste, sondern unmittelbar neben dem Preis, wo sieauch wegen § 1 Abs. 6 PAngV platziert sein muss. Die heterogenenInformationspflichten werden von weiteren Transparenzvorgaben, z.B.solchen der PAngV oder des TMG, überlagert. <strong>Das</strong> fernabsatzrechtliche1Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2005, 3377, 3378.2Pauly, MMR 2005, 811, 813; Taeger/Rose, K&R 2007, 233, 238 f.3Begründung FernAbsG-RegE, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/2658, S. 38.


368 Teil 5 – Informations- und BelehrungspflichtTransparenzgebot ist aber jedenfalls dann nicht gewahrt, wenn nichtmindestens die Voraussetzungen erfüllt sind, die nach § 305 Abs. 2BGB für die Einbeziehung und nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB für dieinhaltliche Transparenz von AGB gelten. 1Ergänzend und konkretisierend kann <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong> auf dasTransparenzgebot des E-Commerce-Rechts zurückgegriffen werden,denn dieses ist ja gerade für Informationsvermittlung <strong>im</strong> Internet konzipiert.Im Mittelpunkt steht der europarechtliche Begriff der „Klarheit“,der sich mehrfach in der ECRL findet, etwa in Art. 10 („klar,verständlich und unzweideutig“) und in § 312e Abs. 1 Satz 1 Nr. 2BGB mit der fernabsatzrechtlichen Begrifflichkeit „klar und verständlich“umgesetzt wurde. § 6 TMG 2verwendet zwar nicht die Begriffe„klar und verständlich“, sondern „klar zu erkennen“, „klar identifizierbar“und „klar und unzweideutig“. Auch diese Informationen müssenohne Aufwand wahrnehmbar und ohne komplizierte Verweisungenerreichbar sein. 3 In gemeinschaftskonformer Auslegung sind daher auchdie Angaben nach § 312c Abs. 1 und § 312e Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB„leicht erkennbar“ und „unmittelbar erreichbar“ vorzuhalten. Trotzverwirrender Begriffsvielfalt in §§ 5, 6 TMG und §§ 312c, 312e BGBist das Transparenzgebot des E-Commerce-Rechts vor dem gemeinschaftsrechtlichenHintergrund wesensgleich mit dem Transparenzgebotdes Fernabsatzrechts. 4Ob die Transparenzvorgaben erfüllt sind, hängt vom zugrunde liegendenVerbraucherleitbild ab. Abzustellen ist hierbei auf das vomEuGH 5 <strong>im</strong> Wettbewerbsrecht entwickelte Leitbild des durchschnittlichinformierten und verständigen Verbrauchers, der der Werbung die derSituation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt. Dieses Bild legtauch der BGH in ständiger Rechtsprechung zugrunde und hat es fürInternet-Geschäfte hinsichtlich der Informationspflichten des allgemeinenLauterkeitsrechts (UWG, PAngV) konkretisiert. Demnach ist derUmstand, dass der interessierte Internet-Nutzer die benötigten Informationenselbst nachfragen muss, bei der Best<strong>im</strong>mung des Grades derAufmerksamkeit zu berücksichtigen. 6Der Kaufinteressierte werde erfahrungsgemäßdiejenigen Seiten aufrufen, die er zur Information überdie von ihm ins Auge gefasste Ware benötigt oder zu denen er durch1Hoeren/Sieber/<strong>Föhlisch</strong>, Teil 13.4 Rn. 94.2So auch schon früher § 7 TDG.3BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/6098, S. 22.4LG Stuttgart, NJW-RR 2004, 911; Hoenike/Hülsdunk, MMR 2002, 415, 416;Aigner/Hofmann, Fernabsatzrecht <strong>im</strong> Internet, Rn. 280 ff., 366; Staudinger/Thüsing,§ 312c Rn. 29.5EuGH, EuZW 1998, 526.6BGH GRUR 2005, 438, 441 (Epson-Tinte).


A. Information auf Internetseiten 369Links auf Grund einfacher elektronischer Verknüpfung oder durchklare und unmissverständliche Hinweise auf dem Weg bis hin zumVertragsschluss geführt wird. Im Urteil „Internet-Versandhandel“ 1 setztder BGH diese Linie fort. Die kaum widerlegbare Begründung: EinVerbraucher, der bis auf die Webseiten und die dortigen Angebote einesAnbieters gelangt, hat erfahrungsgemäß bereits die Fähigkeit, einenelektronischen Verweis zu erkennen.2. KlarheitKlar zur Verfügung gestellt ist eine Information, dann, wenn sie deutlicherkennbar ist. 2Im elektronischen Geschäftsverkehr bedeutet dies,dass die Schrift unabhängig von der benutzten Hard- und Softwareunproblematisch lesbar für den durchschnittlichen Nutzer sein muss.Dem wird nicht entsprochen, wenn die gesetzlich gebotenen Informationenin einem deutlich kleineren Schriftgrad als die übrigen Schriftzeichenauf derselben Webseite dargestellt werden. 3a) GrafikenFraglich ist, ob die Informationspflicht auch dergestalt erfüllt werdenkann, dass der Text in Form einer Grafik eingeblendet wird. DiesesVerfahren wurde vor allem aus zwei Gründen von Händlern eingesetzt.Erstens lassen sich Grafiken nicht von potenziellen Abmahnern auftextliche Fehler untersuchen. Zweitens kann Text in Form einer Grafik,die in z.B. mehreren Auktionen eingebunden ist, durch einmaliges Austauschender Grafik an allen Stellen geändert werden, so dass nicht jedeeinzelne Auktion aktualisiert werden muss.<strong>Das</strong> OLG Frankfurt entschied hierzu, dass die Einblendung der Widerrufsinformationnach § 312c Abs. 1 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 BGB-InfoV in Form einer externen Grafikdatei den gesetzlichen Anforderungennicht gerecht werde, wenn die Einblendung der Grafik aus technischenGründen nicht erfolge, wenn auf solche (eBay-)Angebote überMobilfunkgeräte zugegriffen wird. 4<strong>Das</strong>s ein solches Vorgehen nichtgewährleiste, dass die Informationen unabhängig vom verwendetenBrowser und auch für sehbehinderte Verbraucher abrufbar sind, hatauch das LG Berlin entschieden. In solchen Fällen obliege dem Onlinehändlerdie Darlegungs- und Beweislast dafür, dass auch bei Verwen-1BGH, MMR 2005, 531, 532 (Internet-Versandhandel) m. Anm. Kaufmann.2Roßnagel/Brönneke/Zander-Hayat, § 312c Rn. 66 (<strong>im</strong> Erscheinen).3Roßnagel/Brönneke/Zander-Hayat, § 312c Rn. 67 (<strong>im</strong> Erscheinen); Meents,Verbraucherschutz bei Rechtsgeschäften <strong>im</strong> Internet, S. 164.4OLG Frankfurt, JurPC Web-Dok. 185/2007 = CR 2008, 259 (Ls.).


370 Teil 5 – Informations- und Belehrungspflichtdung einer Grafik die Übermittlung der Information gewährleistet ist. 1Hinzu komme, dass der Inhalt der verlinkten Datei jederzeit, auch währenddes Angebotszeitraumes, geändert werden kann, ohne dass demVerbraucher dies bewusst wird, die Suchfunktion des Browsers in Grafikdateiennicht funktioniert und die Lesbarkeit des Ausdrucks derAngebotsseite – abhängig vom verwendeten Browser und <strong>Dr</strong>ucker –eingeschränkt sein könne. 2Die Rechtsprechung zur Unzulässigkeit einer Belehrung durch eineGrafik erging konkret zum sog. eBay-WAP-Portal, d.h. einer besonderenVersion dieses Handels-Portals, das für den Zugriff über Mobilfunkgeräteopt<strong>im</strong>iert ist. Zum Zeitpunkt der Entscheidung wurdenbest<strong>im</strong>mte Grafiken bei Nutzung dieser Version in der Tat <strong>im</strong> Browsernicht angezeigt. <strong>Das</strong> heißt aber nicht, dass die Widerrufsinformation inForm von Grafiken generell unzulässig ist. Zunächst können Grafikenvon sämtlichen Internetbrowsern ebenso angezeigt und ausgedrucktwerden wie Text. Sie müssen natürlich ebenso wie ein Informationstextklar ausgestaltet sein, d.h. eine entsprechende Größe haben, lesbareSchrift enthalten etc. <strong>Das</strong> Problem der Nichtlesbarkeit durch blindeNutzer lässt sich so lösen, dass entweder ein Alternativtext oder eineandere technische Lösung verwendet wird, die das Vorlesen der Informationermöglicht. Allerdings sind solche Vorlesemöglichkeiten auchbe<strong>im</strong> Einsatz von Text häufig nicht vorhanden, weil auch solche Websitesnicht ohne Weiteres barrierefrei programmiert sind. Eine Veränderbarkeitdes enthaltenen Textes ist auch bei Verwendung von HTMLgegeben und kein Argument gegen den Einsatz von Grafiken.Soweit der Händler bzw. das Portal also sicherstellt, dass eine Grafikvon allen darauf zugreifenden Endgeräten angezeigt werden kann oder– was technisch möglich ist – den Zugriff best<strong>im</strong>mter Endgeräte verhindert,ist gegen eine Widerrufsinformation in Form einer Grafik nichtseinzuwenden.b) PlugInsEine Information ist nicht klar, wenn sie in einem Format vorgehaltenwird, dass von einem gängigen Browser nicht ohne Weiteres interpretiertwerden kann. Nicht ausreichend ist daher, wenn die Angaben erstdurch Installation von zusätzlichen Programmen oder Steuerungselementen(z.B. ActiveX, JavaScript, Flash, MS Word etc.) lesbar sind, daein Nutzer nicht gezwungen werden kann, auch frei verfügbare Programmezu installieren, wenn er dies aus Sicherheits-, Kompatibilitäts-1LG Berlin, Beschluss v. 09.10.2007, 15 S 5/07.2LG Berlin, Urteil v. 24.06.2008, 16 O 894/07.


A. Information auf Internetseiten 371oder sonstigen Gründen nicht möchte. 1 Die Angaben sind daher in demFormat vorzuhalten, in dem auch das übrige Angebot gehalten ist, d.h.<strong>im</strong> Regelfall in HTML. Ist aber die gesamte Seite nur mit best<strong>im</strong>mtenPlugIns darstellbar, können diese auch für die Anzeige der Informationenverwendet werden, denn wenn der Nutzer die Seite nicht wahrnehmenkann, muss er auch deren Anbieterkennzeichnung nicht lesenkönnen. 2Möglich ist allerdings mittlerweile die Bereitstellung von Informationen<strong>im</strong> PDF-Format. 3Zwar kann der Download des Adobe-Readersmit einem Modem einige Zeit dauern. Jedoch n<strong>im</strong>mt der Einsatz langsamerVerbindungen ab und mittlerweile wird diese Software auf nahezujedem PC standardmäßig vorinstalliert oder auf einer CD kostenfre<strong>im</strong>itgeliefert. PDF-Dokumente können zudem auch mit älteren Versionendes Adobe-Readers angezeigt werden. Schließlich ist das PDF einesder sichersten <strong>im</strong> Internet eingesetzten Textformate. Der Verbrauchersollte aber gleichwohl auf eine kostenfreie Download-Möglichkeit <strong>im</strong>Internet hingewiesen werden, damit er weiß, wie er den Text lesenkann. 4c) Scrollboxen<strong>Das</strong> OLG Frankfurt a.M. 5 entschied weiterhin, dass eine in einer kleinenScrollbox untergebrachte Widerrufsbelehrung den gesetzlichenAnforderungen an die Klarheit und Verständlichkeit des § 312c Abs. 1BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV nicht gerecht wird. AufGrund der geringen Größe des Scrollkastens könne der Leser jeweilsnur einen sehr kleinen Teil des gesamten Belehrungstextes zur Kenntnisnehmen. Dadurch werde die Verständlichkeit der Belehrung selbst fürden mit dem Scrollen vertrauten Nutzer in einer mit dem Gesetz nichtmehr zu vereinbarenden Weise beeinträchtigt.Diese Bewertung trifft in der Tat für solche Scrollboxen zu, in denen– wie <strong>im</strong> entschiedenen Fall – lediglich zwei oder drei Zeilen der Widerrufsbelehrungsichtbar sind. Hier ist dem Verbraucher, der meist nichtdie vollständige Belehrung <strong>im</strong> Detail liest, nicht möglich, sich durch ein„Querlesen“ einen Eindruck von der Widerrufsinformation zu verschaffen.Auch das genaue Lesen n<strong>im</strong>mt sehr viel mehr Zeit in Anspruch alsbei einem Text ohne Scrollbox. Bei einem größeren Scrollkasten, wie er1Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312c Rn. 61; Hoeren/Sieber/<strong>Föhlisch</strong>,Teil 13.4 Rn. 92; Woitke, NJW 2003, 871, 873; Ernst, GRUR 2003, 759, 760.2Ebenso Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312c Rn. 61; a.A. Brunst,MMR 2004, 8, 10.3a.A. noch Hoeren/Sieber/<strong>Föhlisch</strong>, Teil 13.4 Rn. 92.4Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312c Rn. 61.5OLG Frankfurt a.M., K&R 2007, 417 = MMR 2007, 603 = CR 2008, 124.


372 Teil 5 – Informations- und Belehrungspflichtetwa derzeit auf der Plattform eBay auf Artikelseiten standardisiert fürdie Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorhanden ist, 1ist jedoch eineandere Beurteilung geboten. Hier wird die Information klar erteilt.3. Erkennbarkeit und ErreichbarkeitAus dem fernabsatzrechtlichen Transparenzgebot ergibt sich, dass dieInformationen nach § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV ohne Weiteres fürden Verbraucher auffindbar sein müssen. Diese Anforderung kann manentweder aus dem Begriff der Klarheit ableiten 2oder aber aus demwesensgleichen Transparenzgebot des E-Commerce-Rechts, 3das eineleichte Erkennbarkeit und unmittelbare Erreichbarkeit voraussetzt. <strong>Das</strong>ich die Informationen <strong>im</strong> E-Commerce und Fernabsatz inhaltlich unterscheiden,ist hinsichtlich der Platzierung eine differenzierte Betrachtungsweisegeboten. Zur verbrauchergerechten Information sind diefernabsatzrechtlichen Pflichtinformationen bzw. die Links, die zu diesenInformationen führen, daher je nach Art der Information an passenderStelle <strong>im</strong> Bestellverlauf zu integrieren, und zwar dort, wo ein durchschnittlicherInternetnutzer sie typischerweise erwartet. 4a) Keine Zwangsführung über InformationstexteNach zwei älteren Entscheidungen des OLG Frankfurt 5 und des OLGKarlsruhe 6 noch unter Geltung des FernAbsG ist nicht ausreichend, dassder Verbraucher mittels eines Links informiert wird. Der Unternehmerkomme bei Fernabsatzverträgen der vorvertraglichen Informationspflichtauf seinen Internetseiten nur nach, wenn der Nutzer die erforderlichenInformationen aufrufen muss, bevor er den Vertrag schließt.Bei einem Fernabsatzgeschäft <strong>im</strong> Internet genüge der Unternehmerseiner Verpflichtung zur klaren und unmissverständlichen Angabe seinerIdentität und Anschrift nicht, wenn diese Informationen für denVerbraucher nur über einen Link „Kontakt“ zu erreichen und dortunter der Überschrift „Impressum“ angeführt sind. Bei einer solchen„Zwangsführung“, die <strong>im</strong> Hinblick auf die Beweisbarkeit der Informationserteilungsinnvoll sein mag, genügt der Unternehmer auf jeden Fall1Hier sind gleichzeitig sechs Zeilen des Textes sichtbar.2Roßnagel/Brönneke/Zander-Hayat, § 312c Rn. 68f. (<strong>im</strong> Erscheinen).3Siehe oben unter Teil 5 A II 1.4Aigner/Hofmann, Fernabsatzrecht <strong>im</strong> Internet, Rn. 284.5OLG Frankfurt, ITRB 2002, 54 = CR 2001, 782 = MMR 2001, 529. Hinsichtlichanfallender Liefer- und Versandkosten reicht laut OLG Frankfurt jedoch aucheine Verlinkung auf AGB aus, OLG Frankfurt, Urteil v. 28.10.2004, 1 U 21/04.6OLG Karlsruhe, CR 2002, 682 = GRUR 2002, 730 = NJW-RR 2002, 1127 =MMR 2002, 618.


A. Information auf Internetseiten 373seinen Informationspflichten, sie ist jedoch nach den gesetzlichen Vorgabennicht erforderlich. 1So hat auch der BGH 2bestätigt, dass die Ansicht, die vorvertraglichenInformationen <strong>im</strong> Fernabsatz müssten <strong>im</strong> Online-Bestellformularaufgelistet sein oder <strong>im</strong> Laufe eines Bestellvorgangs zwangsweise aufgerufenwerden, weder dem Wortlaut noch Sinn und Zweck der Vorschriftenzu entnehmen ist. Eine solche Gestaltungsweise ist also nichterforderlich, um den Anforderungen des § 312c Abs. 1 Satz 1 BGB aneine klare und verständliche Zurverfügungstellung der Informationeni.S. von § 1 Abs. 1 BGB-InfoV <strong>im</strong> Internet zu genügen.Diese Sichtweise ist zutreffend. Der Unternehmer schuldet keinen Informationserfolg,sondern muss dem Verbraucher nur eine realistischeMöglichkeit verschaffen, die Informationen zur Kenntnis zu nehmen. 3Dies wurde <strong>im</strong> Rahmen der Umsetzung der FARLFDL durch die Änderungin § 312c Abs. 1 BGB (Ersetzung der Formulierung „informieren“durch „Informationen zur Verfügung stellen“) ausdrücklich klargestellt,entsprach jedoch schon nach vorherigem Wortlaut der europarechtskonformenAuslegung, da auch Art. 4 Abs. 1 FARL nur davon spricht,dass der Verbraucher über die Informationen „verfügen“ muss. 4Zudem ist die Sichtweise der alten Rechtsprechung des OLG Karlsruheund OLG Frankfurt nicht mediengerecht und entspricht nicht demVerbraucherleitbild, das der BGH 5 für Werbung <strong>im</strong> Internet zugrundelegt. Es ist davon auszugehen, dass ein Verbraucher, der bereits aktiveine Internetseite des Unternehmers aufsucht, erfahrungsgemäß über dieFähigkeit verfügt, einen elektronischen Verweis zu erkennen. Der Kaufinteressentwird dabei aber nur diejenigen über einen elektronischenVerweis verknüpften Seiten aufrufen, zu denen er durch Verweise aufGrund einfacher elektronischer Verknüpfung oder durch klare undunmissverständliche Hinweise auf den Weg bis hin zum Vertragsschlussgeführt wird. Voraussetzung ist also, dass ein solcher Hinweis entsprechendklar ausgestaltet, d.h. „sprechend“ ist.1Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 312c Rn. 12, 20; Roßnagel/Brönneke/Zander-Hayat,§ 312c Rn. 68. (<strong>im</strong> Erscheinen); Hoeren/Sieber/<strong>Föhlisch</strong>, Teil 13.4 Rn.95.2BGH, NJW 2006, 3633 = GRUR 2007, 159 = MMR 2007, 40 = MDR 2007,230 = WM 2006, 2281= WRP 2006, 1507 = ZIP 2006, 2041 = ZUM 2006, 922 =K & R 2006, 575.3Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2005, 3377, 3378; ebenso schon Mehrings, BB 1998,2373, 2378.4FernAbsG-RegE, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 15/2946, S. 20; ebenfalls schon FernAbsG-RegE zu§ 2 Abs. 2, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/2658, S. 38; Pützhoven, Verbraucherschutz, S. 60f.;Kaestner/Tews, WRP 2005, 379, 380.5BGH, MMR 2005, 531 (Internetversandhandel); BGH GRUR 2003, 889, 890(Internet-Reservierungssystem); BGH MMR 2005, 309 (Epson-Tinte).


374 Teil 5 – Informations- und BelehrungspflichtAuch wenn es nicht erforderlich ist, kann über das <strong>Widerrufsrecht</strong>natürlich vorvertraglich dergestalt informiert werden, dass der vollständigeText der Widerrufsbelehrung auf der Bestellseite über demBestell-Button platziert wird. 1 Eine solche Gestaltung ist auch vorbildlichtransparent. Angesichts des nun ganz erheblichen Umfangs derInformation besteht jedoch seitens des Unternehmers das Bedürfnis,eine kompaktere Form zu finden. Wie bei anderen Informationen kannauch die Information über das <strong>Widerrufsrecht</strong> mittels eines sprechendenLinks zur Verfügung gestellt werden.b) Zwangsführung über „sprechende Links“Nach ganz h.M. genügt bei Fernabsatzverträgen <strong>im</strong> Internet die Abrufbarkeitder Pflichtangaben über „sprechende Links“. 2Dem folgt nunauch die Rechtsprechung. Nach einem Urteil des LG Stuttgart erfordertdie Informationspflicht des Unternehmers nach § 312c Abs. 1 BGBnicht, dass der Verbraucher zwangsweise zu den Informationen geführtwerden muss. Dabei greift das Gericht in gemeinschaftskonformer Auslegungzutreffend auf das Transparenzgebot des Art. 5 Abs. 1 ECRLzurück. 3Laut OLG München können – ebenfalls unter Heranziehungdes Transparenzgebots des E-Commerce-Rechts – Informationen zurAnbieterkennzeichnung, die über einen doppelten Link mittels „Kontakt“und „Impressum“ aufgerufen werden können, den Anforderungendes Transparenzgebots gemäß § 312c Abs. 1 Satz 1 BGB genügen. 4Auch der Europäische Gesetzgeber will in dem VRRL-E die Informationspflichtenso anpassen, dass den technischen Zwängen, denen best<strong>im</strong>mteMedien unterworfen sind, Rechnung getragen werden kann,z.B. der beschränkten Anzahl der Zeichen auf best<strong>im</strong>mten Displays vonMobiltelefonen oder dem Zeitrahmen, dem Werbespots <strong>im</strong> Fernsehenunterliegen. Hier sollen künftig nur noch wesentliche Merkmale derWare sowie der Gesamtpreis genannt werden müssen und die Verbraucher<strong>im</strong> Übrigen an eine andere Informationsquelle verwiesen werden1Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312c Rn. 53.2Palandt/Grüneberg, § 312c Rn. 2; MünchKommBGB/Wendehorst, § 312c Rn.30; Staudinger/Thüsing, § 312c Rn. 30; Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 312cRn. 12, 20; Roßnagel/Brönneke/Zander-Hayat, § 312c Rn. 68. (<strong>im</strong> Erscheinen);Hoeren/Sieber/<strong>Föhlisch</strong>, Teil 13.4 Rn. 95; Aigner/Hofmann, Fernabsatzrecht <strong>im</strong>Internet, Rn. 287; Härting, Internetrecht, Rn. 445; Lütcke, Fernabsatzrecht, § 312cRn. 65; Ende/Klein, Grundzüge des Vertriebsrechts <strong>im</strong> Internet, S. 156f; Kaufmann,MMR 2005, 533, 534; Günther, ITRB 2002, 9, 10; Steins, WM 2002, 53, 56; Hoenike/Hülsdunk,MMR 2002, 415, 417; Ott, WRP 2003, 945, 955; zweifelnd nochdie ältere Literatur: Meents, Verbraucherschutz bei Rechtsgeschäften <strong>im</strong> Internet,S. 189; Arnold, CR 1997, 526, 530; Hoeren/Oberscheidt, VuR 1999, 371;3LG Stuttgart, NJW-RR 2004, 911, 912.4OLG München, MMR 2004, 36 = CR 2004, 53.


A. Information auf Internetseiten 375können, z.B. durch Angabe einer gebührenfreien Telefonnummer odereines Hypertext-Links zu einer Webseite des Gewerbetreibenden, aufder die einschlägigen Informationen unmittelbar abrufbar und leichtzugänglich sind. 1 In Art. 11 Abs. 3 VRRL-E wird also der vom BGH <strong>im</strong>deutschen Recht schon etablierte „sprechende Link“ <strong>im</strong> europäischenRecht weiter fortgeschrieben. 2Allerdings muss der Verbraucher auch eine realistische Chance haben,die dahinter liegenden Informationsseiten abzurufen. Die Unterrichtungist nicht ausreichend, wenn sie in kleiner Schrift an versteckterStelle einer Werbeanzeige erscheint. 3 Ein Link auf Pflichtinformationensoll so angeordnet und gestaltet sein, dass ein Durchschnittsverbraucherihn auch bei flüchtiger Betrachtung weder übersehen noch missverstehenkann, sondern klar ersieht, welcher Art Informationen sich hinterdem Link verbergen. 4 Dies ist eine Frage des Einzelfalls je nach Webdesign.Im Regelfall reicht aus, dass der Link so gestaltet ist wie auch dieübrigen Links auf Produktkategorien, z.B. unterstrichen oder mit einemMouseover-Effekt versehen. Nicht erforderlich ist die Verwendung vongelben Warndreiecken, überd<strong>im</strong>ensionalen Ausrufezeichen oder rotenStrahlensternen. 5Doch die Erkennbarkeit als Link ist nur ein Aspekt,<strong>im</strong> Weiteren stellt sich die Frage, wie ein Link auf die Widerrufsinformationbezeichnet und platziert sein muss, damit er sprechend ist.aa) Bezeichnung des LinksDie Bezeichnung des sprechenden Links auf die Widerrufsinformationmuss so gewählt werden, dass der Verbraucher sofort erkennt, welcheInformation sich dahinter verbirgt. Denkbar sind zwei Möglichkeiten:entweder die Verwendung eines Oberbegriffs für eine best<strong>im</strong>mte Kategorievon Informationen oder eine ausdrückliche Bezeichnung für diekonkrete Information. Nicht verwendet werden darf eine unzutreffendekonkrete Bezeichnung. Zuzust<strong>im</strong>men ist insoweit dem OLG Hamm, 6dass die Belehrung des Verbrauchers über das <strong>Widerrufsrecht</strong> als kaufbezogenund nicht verkäuferbezogen einstuft, so dass ein Hinweis nichtauf der Impressums-Seite erfolgen kann. Der durchschnittlicheVerbraucher, der sich über sein <strong>Widerrufsrecht</strong> informieren will,kommt nicht auf die Idee, auf den Link „mich“ zu klicken, so dass1Erwägensgrund 21 VRRL-E.2Vgl. <strong>Föhlisch</strong>, MMR <strong>2009</strong>, 75, 76.3OLG Hamburg, GRUR-RR 2004, 82, 84 = CR 2003, 927.4Mankowski, CR 2001, 767, 771.5Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312c Rn. 56.6OLG Hamm, NJW 2005, 2319 = MMR 2005, 540 = GRUR-RR 2005, 285 =CR 2005, 666.


376 Teil 5 – Informations- und Belehrungspflichtdieser Begriff nicht „sprechend“ ist. Dieser Ansicht hat sich auch dasOLG Jena 1 angeschlossen.Zur Verwendung eines Oberbegriffs entschied das LG Traunstein, 2dass es rechtlich nicht zu beanstanden sei, wenn ein eBay-Shop dasImpressum auf der „Mich“-Seite und den Hinweis auf das <strong>Widerrufsrecht</strong>des Verbrauchers unter „Lieferbedingungen“ auf der Seite „Shop-Bedingungen“ wiedergibt. Hingegen sieht das OLG Hamburg 3in derBezeichnung „mehr Info“ oder „Service“ keinen hinreichend sprechendenLink, wenn dahinter Informationen zu weiteren Preisbestandteilenabrufbar sind. Je nach Kontext und Platzierung könnten ebenso gutInformationen über den Anbieter, das Bestellsystem oder das Produktabrufbar sein, so dass die Informationsvermittlung für den Verbrauchernicht klar und verständlich sei. Ähnlich entschied das OLG Frankfurt 4 ,dass es nicht genüge, dass der Käufer, der bereits um sein <strong>Widerrufsrecht</strong>wisse, „mit mehr oder weniger Phantasie“ in der Lage ist, auf derInternetseite hierüber Näheres in Erfahrung zu bringen. Die Widerrufsbelehrunghabe vielmehr auch den Zweck, den Käufer darüber zu informieren,dass ihm überhaupt ein <strong>Widerrufsrecht</strong> zusteht. DiesenZweck könne ein Link nur erfüllen, wenn seine Kennzeichnung bereitserkennen lässt, dass Informationen über ein <strong>Widerrufsrecht</strong> aufgerufenwerden können. Nach Ansicht des LG Berlin reicht der Button„Rechtsbelehrung“ als Hinweis auf die Widerrufsinformation nicht aus,da eine Vielzahl von Rechten denkbar sei, über die der Händler belehrenkönnte. 5Legt man den Maßstab, dass nur ein Link namens „<strong>Widerrufsrecht</strong>“dem vorvertragliche Informationserfordernis genügt, für sämtlicheInformationen nach § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV an, müsste für jedeInformation ein konkreter Begriff als Linkbezeichnung verwendet werden,z.B. „Anbieteridentität“, „ladungsfähige Anschrift“, „Zustandekommendes Vertrages“, „Leistungsvorbehalt“, „Zahlungseinzelheiten“etc. Damit wäre aber der Vorteil, den sprechende Links <strong>im</strong>Gegensatz zur Zwangseinblendung der Informationstexte bieten, nämlicheine Erhöhung der Übersichtlichkeit durch Bündelung und Strukturierungbest<strong>im</strong>mter Informationen, zunichte gemacht. Viele Verbraucherwerden mit dem Begriff „<strong>Widerrufsrecht</strong>“ faktisch auch wenigeranfangen können als mit dem Terminus „Bedingungen“, weil es sich1OLG Jena, GRUR-RR 2006, 283, 284.2LG Traunstein, MMR 2005, 781 = ZUM 2005, 663 = CR 2006, 74 (nichtrechtskräftig).3OLG Hamburg, JurPC Web-Dok. 27/2005 = CR 2005, 366 = MMR 2005, 467.4OLG Frankfurt, GRUR-RR 2007, 56 = MMR 2007, 322 = NJW-RR 2007, 482.5LG Berlin, Beschluss v. 09.10.2007, 15 S 5/07.


A. Information auf Internetseiten 377um einen juristischen Fachbegriff handelt, der nicht jedem Laien umgangssprachlichgeläufig ist.Vielmehr bezeichnen Verbraucher das damit bezeichnete Recht häufigals „Rückgabe“ oder auch „Umtausch“. Unter „Lieferbedingungen“oder auch „AGB“ erwarten Verbraucher hingegen auch und geradeInformationen zu Rückgabemöglichkeiten. Auch die Begriffe „Kundeninformationen“,„Verbraucherinformationen“, „Gesetzliche Informationen“oder „Rechtliche Informationen“ sind für den durchschnittlichenVerbraucher so verständlich, dass dieser dahinter sowohl die Informationen<strong>im</strong> Fernabsatz als auch E-Commerce erwartet. Je konkreter allerdingsdie Bezeichnung für die dahinter stehenden Informationen undje kürzer die Verweiskette ist, desto eher ist das Transparenzgebot eingehalten.Bei allzu allgemeinen Bezeichnungen des ersten Glieds derVerweiskette besteht die Gefahr, dass dem Verbraucher die dahinterverborgene Information nicht „klar und verständlich“ zur Verfügunggestellt wird.Angesichts der strengen Rechtsprechung zur Linkbezeichnung undwegen der herausragenden Bedeutung der Informationen zum <strong>Widerrufsrecht</strong>empfiehlt sich daher zusätzlich zu Kategorie-Links die – ohneWeiteres mögliche – Verwendung von ausdrücklichen Links namens„Ihr 14tägiges <strong>Widerrufsrecht</strong>“ bzw. (wenn dieses vereinbart wird)„Rückgaberecht“ oder „<strong>Widerrufsrecht</strong> für Verbraucher“, die auf diejeweiligen Passagen der allgemeinen Informationsseiten oder auf besondereInformationsseiten verweisen. Die Bezeichnung „Geld-zurück-Garantie“ stellt allerdings eine irreführende Werbung mit Selbstverständlichkeiteni.S.v. §§ 3 Abs. 3 i.V.m. Anhang Nr. 10 UWG dar,wenn lediglich die gesetzlichen Mindestvorgaben eingehalten werdenund nicht durch Fristverlängerung, Insolvenzabsicherungen o.ä. darüberhinausgegangen wird. 1bb) Platzierung des LinksWeiterhin stellt sich die Frage, wo ein Link auf die Widerrufsinformationin einem Online-Shop platziert sein muss. Häufig anzutreffen sindGestaltungen, in denen der Verweis in einer Navigationsleiste zusammenmit Links auf die Versandkosten, Datenschutzbest<strong>im</strong>mungen oderdas Impressum vorhanden ist. <strong>Das</strong> allein genügt jedoch nicht. Zwarweiß jeder Verbraucher, dass hinter der Internet-Seite ein Anbieter bzw.Unternehmer steht und wird daher in einer Menüleiste nach dem Begriff„Impressum“ oder „Anbieterkennzeichnung“ suchen. Nicht jederVerbraucher weiß aber von der Existenz des <strong>Widerrufsrecht</strong>es, so dassdie Gefahr besteht, dass eine diesbezügliche Information übersehen1Kaestner/Tews, WRP 2005, 1335, 1338.


378 Teil 5 – Informations- und Belehrungspflichtwird, wenn ein Scrollen des Bildschirms oder sonstiges Suchen erforderlichist. Die Information zum <strong>Widerrufsrecht</strong> kann daher ihre verbraucherschützendeFunktion nur entfalten, wenn der Link auf diese Information<strong>im</strong> Bestellverlauf zwangsweise passiert wird, 1z.B. über demBestell-Button platziert wird. Erforderlich ist also keine Zwangsführungüber den Informationstext, aber eine Zwangsführung über den sprechendenLink.Die Information zum <strong>Widerrufsrecht</strong> muss also ebenso wie ein Hinweisauf AGB nach § 305 Abs. 2 Nr. 1 BGB auf der Bestellseite gegebenwerden, 2 ohne dass dem Verbraucher zugemutet werden kann, wie nacheinem Impressum in einer Fußzeile danach zu suchen. Die vollständigeInformation zum <strong>Widerrufsrecht</strong> selbst (ausführlicher Text) kann aufeiner besonderen Informationsseite, zusammen mit anderen Pflichtinformationen,auf einer allgemeinen Informationsseite oder auch in AGBzur Verfügung gestellt werden. Ein Hinweis auf das Nichtbestehen oderErlöschen eines <strong>Widerrufsrecht</strong>es sollte bei einem einheitlichen Sort<strong>im</strong>ent,bei dem stets eine Ausnahme greift (z.B. Domain-Bestellungen,Foto-Abzüge, volatile Finanzgeschäfte), wegen der Warnfunktion ebenfallsin unmittelbarer Nähe des Bestell-Buttons platziert werden. Einesolche Gestaltung ist auch bei einfachen Bestellsystemen mit vertretbaremAufwand möglich, z.B. mit dem Text „Ihre Bestellung ist verbindlich,ein Widerruf ist nicht möglich“.cc) Schritte bis zum InformationstextSchließlich ist zu klären, in wie vielen Schritten der Verbraucher deneigentlichen Informationstext erreichen muss. Denn häufig werdenVerweisketten eingesetzt, z.B. „Kontakt-Impressum“ in dem vom BGH 3entschiedenen Fall. <strong>Das</strong> LG Lübeck entschied unter Bezugnahme aufden BGH, dass das Erreichen einer Informationsseite über zwei Linksregelmäßig kein langes Suchen erfordert und mithin zur Wahrung desfernabsatzrechtlichen Transparenzgebotes genügt. 4Diese 2-Schritt-Regel bei fernabsatzrechtlichen Informationen ist sachgerecht. 5EineErreichbarkeit in nur einem Schritt ist jedoch sicherer, weil durch mehrereBegriffe in der Verweiskette auch das Risiko steigt, dass derVerbraucher hinter einem dieser Begriffe nicht die gesuchte Informationvermutet (z.B. die Widerrufsinformation unter der Bezeichnung „GesetzlicheInformationen“). Eine direkte Verlinkung auf der Bestellseite1So schon Aigner/Hofmann, Fernabsatzrecht <strong>im</strong> Internet Rn. 288: „Gebot der ablauforientiertenPlatzierung“.2Vgl. Mehrings, BB 1998, 2373, 2374 f.3BGH, NJW 2006, 3633.4LG Lübeck, MMR 2008, 554 = K&R 2008, 483.5Hoeren/Sieber/<strong>Föhlisch</strong>, Teil 13.4 Rn. 81.


A. Information auf Internetseiten 379mit dem Wort „<strong>Widerrufsrecht</strong>“ auf die Widerrufsinformationen istauch ohne weiteres möglich, weil ein Link auch auf einen einzelnenAbschnitt eines längeren Dokumentes verweisen kann (sog. Ankerverweis).Ein Scrollen des Bildschirms lässt sich angesichts der Vielzahl der zuerteilenden Informationen und dem Bedürfnis des Unternehmers, dieseauf einer Seite zu bündeln, in vielen Fällen nicht vermeiden. Wenn Informationengebündelt auf einer Seite („Verbraucherinformationen“o.ä.) bereitgestellt werden, empfiehlt sich ein Inhaltsverzeichnis amAnfang der Seite, das auf einzelne Passagen des nachstehenden Textesoder auf weitere Unterseiten verweist. Die Information über das <strong>Widerrufsrecht</strong>kann dann z.B. durch die Verweiskette „Verbraucherinformationen“(Link auf der Bestellseite) und Zeile <strong>im</strong> Inhaltsverzeichnisnamens „<strong>Widerrufsrecht</strong>“ als weiterer Link auf der Seite „Verbraucherinformationen“,der dann direkt auf die Passage zum <strong>Widerrufsrecht</strong>verweist, erfolgen.Scrollen kann jedoch selbst ein weiterer Schritt in der Verweiskettezur eigentlichen Information sein oder sogar dazu führen, dass dasTransparenzgebot nicht eingehalten wird. Wenn sich aus dem oberenTeil einer Informationsseite nicht hinreichend deutlich ergibt, dass sich<strong>im</strong> unteren Seitenteil die Information zum <strong>Widerrufsrecht</strong> befindet,fehlt es an einer mediengerechten Art und Weise der Übermittlung dieserAngaben. 1In diesem Sinne hat auch das OLG Brandenburg 2 entschieden, dassnicht klar und verständlich über das Bestehen eines <strong>Widerrufsrecht</strong>sinformiert werde, wenn vor dem Erreichen der entsprechenden Informationen„umfangreich“ gescrollt und dann ein doppelter Link betätigtwerden muss. Hier stellt sich allerdings die Frage nach einer praktikablenGrenze, weil die Länge einer Bildschirmseite von der Art des Angebotesabhängt und eine „Bildschirmseite“ keine feste Größe ist, sondernvon der Bildschirmauflösung, Browser, Schriftgröße, angezeigten Symbolleistenetc. abhängt. In der Praxis haben sich schon aus Gründen derNutzerfreundlichkeit (Usability) Seitenlängen von nicht mehr als dreiBildschirmseiten bei 1024 x 768 Pixeln (ohne zusätzliche Symbolleistenund ohne Veränderung der Schriftgröße) bewährt. Man kann daher dasTransparenzgebot als gewahrt ansehen, wenn der Verbraucherzwangsweise, d.h. ohne Scrollen, sondern durch Platzierung über demBestell-Button, über den ersten sprechenden Link geführt wird undsodann entweder direkt (1-Schritt-Kette) oder durch Klick eines weiterenLinks <strong>im</strong> Inhaltsverzeichnis der Informationsseite oder durch Scrol-1Vgl. Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312c Rn. 54.2OLG Brandenburg, WRP 2006, 1035 (Ls.) = MDR 2007, 43


380 Teil 5 – Informations- und Belehrungspflichtlen über nicht mehr als drei Bildschirmseiten bei 1024 x 768 Pixeln (2-Schritt-Kette) zu der Information zum <strong>Widerrufsrecht</strong> gelangt.4. VerständlichkeitSchließlich erfordert das Transparenzgebot <strong>im</strong> Fernabsatzrecht, dass dieInformationen nach § 312c Abs. 1 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. Nr. 10BGB-InfoV verständlich sind. Hier kann, auch wenn die Informationennicht in AGB, sondern auf einer separaten Informationsseite enthaltensind, ohne Weiteres auf das von der Rechtsprechung entwickelte undjetzt ausdrücklich in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB normierte Transparenzgebotdes AGB-Rechts zurückgegriffen werden. 1a) Juristische Fachsprache<strong>Das</strong> Transparenzgebot ist eingehalten, wenn die Information vomrechtsunkundigen Durchschnittsverbraucher leicht zu begreifen und inSinn und Bedeutung ohne Einholung von Rechtsrat leicht zu erfassenist. 2Juristische Fachbegriffe sind also, soweit möglich, zu vermeiden.Eine Information verstößt gegen das Transparenzgebot, wenn siesprachlich so verschachtelt und gedanklich so schwer nachvollziehbarist, dass sie für einen aufmerksamen und sorgfältigen Vertragspartnernicht verständlich ist. Teilweise wird die Ansicht vertreten, es sei generellverboten, gesetzliche Vorschriften oder juristische Fachbegriffe zuverwenden, da solche Fachkenntnisse von dem Durchschnittskundennicht zu erwarten sind. 3Die Ansicht, dass in der Widerrufsbelehrung keine Rechtsbegriffe genanntwerden dürfen, würde jedoch dazu führen, dass eine Informationin dem von § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV geforderten Umfang objektivunmöglich ist. Dies wird deutlich an der Diskussion über die Informationzum Fristbeginn. 4 Der Passus aus der bis zum 31.3.2008 geltendenMusterbelehrung „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“wurde als Verstoß gegen höherrangiges Recht eingestuft. Diegeltende Musterbelehrung für ein Fernabsatzgeschäft <strong>im</strong> elektronischenGeschäftsverkehr lautet daher: „Die Frist beginnt nach Erhalt dieserBelehrung in Textform, jedoch nicht vor Eingang der Ware be<strong>im</strong> Empfänger(bei der wiederkehrenden Lieferung gleichartiger Waren nichtvor dem Eingang der ersten Teillieferung) und auch nicht vor Erfüllungunserer Informationspflichten gemäß § 312c Abs. 2 BGB in Verbin-1Härting, Internetrecht, Rn. 457; Hoenike/Hülsdunk, MMR 2002, 415, 417.2Roßnagel/Brönneke/Zander-Hayat, § 312c Rn. 72 (<strong>im</strong> Erscheinen).3MünchKommBGB/Wendehorst, § 312c, Rn. 85; zust<strong>im</strong>mend Roßnagel/Brönneke/Zander-Hayat,§ 312c Rn. 73 (<strong>im</strong> Erscheinen).4Ebenso Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten, S. 33.


A. Information auf Internetseiten 381dung mit § 1 Abs. 1, 2 und 4 BGB-InfoV sowie unserer Pflichten gemäߧ 312e Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 3 BGB-InfoV.“Ein Verzicht auf juristische Fachsprache und Nennung von Paragrafenist nicht möglich, solange nicht die zugrunde liegende Rechtslage selbstvereinfacht wird. Daher ist bezüglich der vorvertraglichen Informationzum <strong>Widerrufsrecht</strong> das fernabsatzrechtliche Transparenzgebot auchdann gewahrt, wenn der Unternehmer die zur Verdeutlichung diesesRechts erforderlichen Rechtsvorschriften nennt.b) FremdspracheInsbesondere mit Blick auf den grenzübergreifenden Handelsverkehr istdie Frage nach der Sprache, in der die vorvertraglichen Informationenanzugeben sind, von Bedeutung. Dies wird weder vom europäischennoch vom nationalen Gesetzgeber ausdrücklich festgeschrieben (vgl.Erwägungsgrund 8 FARL). 1Insbesondere ist der Unternehmer nichtverpflichtet, die Amtssprache des Staates, in dem er seinen Sitz hat, zuverwenden. 2Der Einsatz einer Fremdsprache kann dazu führen, dassdie Information für den Verbraucher nicht verständlich ist. Ist derVerbraucher in der Lage, das Produkt in einer Fremdsprache auszuwählenund den Bestellprozess in dieser Sprache zu durchlaufen, kann –anders als bei einfachen Angaben zum Impressum – nicht <strong>im</strong>mer davonausgegangen werden, dass er auch eine Widerrufsbelehrung oder komplizierteKlauselwerke (AGB mit Pflichtinformationen) in dieser Spracheversteht. 3Ab einer gewissen Komplexität der Informationen müssen diese zumindestin englischer Sprache (Lingua Franca des Internet), 4 idealerweiseaber <strong>im</strong>mer auch in der Sprache des belieferten Best<strong>im</strong>mungslandes 5vorgehalten werden. Dem Transparenzgebot entsprechend ist auf denAdressatenkreis abzustellen. Die Pflichtinformationen sind in der Spracheder überwiegend angesprochenen Verbraucher zu halten. 6Einegezielte Sprachvermischung dergestalt, dass der Unternehmer das Angebotin einer Sprache hält, die Informationspflichten jedoch in eineranderen erfüllt, verstößt gegen das Verständlichkeitsgebot und ist daher1Vgl. Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten, S. 30.2Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten, S. 31.3a.A. MünchKommBGB/Wendehorst, § 1 BGB-InfoV, Rn. 87; Hoeren/Müglich/Nielsen/Bruns/Träger,S. 143; Waldenberger, BB 1996, 2365, 2369.4Reich, EuZW 1997, 581, 584; Fuchs, ZIP 2000, 1273, 1278; AnwKomm/Ring,§ 312c Rn. 38.5Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312c Rn. 36; Hk-VertriebsR/Micklitz, § 312 c, Rn. 45; Marx, WRP 2000, 1227, 1232; Kamanabrou, WM 2000,1417, 1422; ausführliche zum Sprachproblem Mankowski, VuR 2001, 359 ff.6Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten, S. 32.


382 Teil 5 – Informations- und Belehrungspflichtunzulässig. 1Daraus folgt, dass wenn die Angebotsseite mehrsprachigeingerichtet ist, auch die Vorabinformationen in allen verwendetenSprachen dargestellt werden müssen. 2 Vorgeschlagen wird überdies, diebereits für die Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen bestehendeHinweispflicht auf verwendete Sprachen auf die allgemeinenFernabsatzgeschäfte auszuweiten. 3 Die Benutzung einer anderen als derfür die Vertragsanbahnung verwendeten Sprache ist auch nach geltendemRecht nur dann zulässig, wenn der Verbraucher darauf bereits vorVertragschluss hingewiesen worden ist. 45. Integration der Widerrufsinformation in AGBSchon der Gesetzgeber vertrat die Auffassung, dass die Integration vonPflichtinformationen in AGB grundsätzlich möglich ist. 5Bei den meistenInformationen in § 1 Abs. 1 BGB-InfoV handelt es sich thematischauch nicht um reine Informationen, sondern um allgemeine Geschäftsbedingungen,6da Vereinbarungen mit dem Verbraucher erforderlichsind.a) Zulässigkeit des VerbundkonzeptesDie Integration der Widerrufsinformation in AGB ist aus zwei Gründensinnvoll. Erstens handelt es sich vielfach nicht um reine Informationen,sondern zugleich auch Vereinbarungen und zweitens erhöht die Integrationdie Transparenz für den Verbraucher. Der Unternehmer kanndaher die Informationen auch in AGB erteilen. 7 Häufig übersehen undauch in der BGB-InfoV nicht thematisiert wird, dass die Tragung vonRücksendekosten bei Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>es („40-EUR-Klausel“, § 357 Abs. 2 Satz 3) oder die Ersetzung des <strong>Widerrufsrecht</strong>esdurch ein Rückgaberecht (§ 356 BGB) keine bloßen Informationensind, sondern vertraglich vereinbart werden müssen. Will der Unternehmerdem Verbraucher die Rücksendekosten bei Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>esin den zulässigen Fällen auferlegen oder sicherstellen,dass er die Ware bei Vertragsauflösung zeitnah zurück erhält, muss erdiese Vereinbarungen zum Widerrufs- bzw. Rückgaberecht zumindestauch in AGB einbinden.1Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312c Rn. 33; Roßnagel/Brönneke/Zander-Hayat, § 312c Rn. 75 (<strong>im</strong> Erscheinen).2Roßnagel/Brönneke/Zander-Hayat, § 312c Rn. 75 (<strong>im</strong> Erscheinen).3Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten, S. 30 f.4Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten, S. 32.5Begründung FernAbsG-RegE, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 12/2658, S. 38.6Boente/Riehm, Jura 2002, 222, 225.7Hk-VertriebsR/Micklitz, § 312c Rn. 35; MünchKommBGB/Wendehorst, § 312cRn. 38; Staudinger/Thüsing, § 312c Rn. 32; Fuchs, ZIP 2000, 1273, 1278.


A. Information auf Internetseiten 383AGB sind zugleich der Ort, an dem der Verbraucher rechtliche Informationentypischerweise erwartet. Die Tatsache, dass es sich bei denInformationen um subjektive Rechte <strong>im</strong> Sinne des Gemeinschaftsrechtshandelt, schließt eine Umsetzung in AGB nicht aus. 1 Der Anspruch aufInformationserteilung kann <strong>im</strong> Internet-Geschäft nicht individuell erfülltwerden, sondern macht eine Standardisierung unabdingbar. DerVerbraucher ist dadurch nicht schlechter gestellt, sondern neben demTransparenzgebot aus § 312c Abs. 1 BGB zusätzlich durch jenes in§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB geschützt. Es dient dem Verbraucherschutz,wenn möglichst viele Pflichtinformationen auf einer Seite gebündeltwerden, die der Verbraucher leicht ausdrucken und der Unternehmermit vertretbarem Aufwand aktuell halten kann. Eine solche Seite kannspäter auch zur texformgebundenen Mitteilung eingesetzt werden, wasnach dem Willen des Gesetzgebers gemäß § 1 Abs. 4 Satz 3 BGB-InfoVbei Berücksichtigung der weiteren Hervorhebungserfordernisse ausdrücklichmöglich ist.b) Sprechender Link auf die AGB-PassageFraglich ist, ob dem durchschnittlichen Verbraucher klar ist, dass erdurch einen Klick auf den Link „AGB“ den Hinweis auf das <strong>Widerrufsrecht</strong>findet, handelt es sich doch nicht um eine Vereinbarung, sondernum ein nicht dispositives Verbraucherrecht. Zwar sind Oberbegriffefür rechtliche Informationen auch als erster Schritt in derVerweiskette auf dem Weg zum <strong>Widerrufsrecht</strong> zulässig. Allerdingstendiert die Rechtsprechung dazu, nur konkrete Bezeichnungen des<strong>Widerrufsrecht</strong>es zuzulassen. Nach diesseitiger Ansicht wäre auch einLink „AGB“ ausreichend, soweit dieser auf ein Inhaltsverzeichnis führt,von dem aus in einem zweiten Schritt direkt die Widerrufsinformationerreicht wird oder diese Information als erster Absatz der AGB direktsichtbar ist. 2Ausreichend ist jedenfalls ein Hinweis in Form einer Kombinationaus einem Teil der Informationen zum <strong>Widerrufsrecht</strong> und einem Linkauf weitere Einzelheiten in AGB, z.B. „Verbraucher können ihre Vertragserklärunginnerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründenin Textform (z. B. Brief, Fax, E-Mail) oder durch Rücksendung derSache widerrufen. Hier finden Sie die Einzelheiten zuIhrem <strong>Widerrufsrecht</strong>.“ Idealerweise sollte auf die entsprechende Passagein den AGB mittels eines Ankerverweises zusätzlich durch einen1So aber Reich, EuZW 1997, 581, 584.2Vgl. dazu oben Teil 5 A II 3 b) aa).


384 Teil 5 – Informations- und BelehrungspflichtLink namens „<strong>Widerrufsrecht</strong>“ hingewiesen werden, der an passenderStelle <strong>im</strong> Bestellverlauf (z.B. über dem Bestell-Button) platziert ist. 1c) Kein vorvertragliches HervorhebungserfordernisDie Pflichtinformationen zum <strong>Widerrufsrecht</strong> dürfen in AGB nichtversteckt werden oder dort in einer Flut von Klauseln untergehen, denndann wäre das fernabsatzrechtliche Transparenzgebot verletzt. Werdenkurze AGB (z.B. nur für den Warenverkauf an Verbraucher mit Sitz inDeutschland) verwendet, haben diese außer Regelungen, über die nach§ 1 Abs. 1 oder Abs. 4 BGB-InfoV ohnehin zu informieren ist, häufigkeine oder nur sehr wenige andere Themen zum Gegenstand (z.B. Eigentumsvorbehalt),da die Möglichkeit vertraglicher Vereinbarungendurch § 475 BGB stark eingeschränkt ist.Nicht gesetzlich erforderlich ist hingegen eine Hervorhebung der Widerrufs-Informationenwie <strong>im</strong> Rahmen deren Bestätigung in Textformnach § 1 Abs. 4 BGB-InfoV. 2Gleichwohl empfiehlt sich zur Wahrungdes fernabsatzrechtlichen Transparenzgebotes auch <strong>im</strong> Rahmen derflüchtigen Information bei Einbettung der Widerrufsinformation inAGB eine deutliche Hervorhebung, zumal es sich bei dem AGB-Dokument auf der Internet-Seite meist auch um das später in Textformübermittelte handeln wird. Gesetzlich vorgeschrieben ist diese abernicht, so dass es auch nicht wettbewerbswidrig ist, wenn die Informationnicht hervorgehoben wird. 36. ZwischenergebnisDie Frage, ob eine Information klar und verständlich zur Verfügunggestellt wird, kann nicht für alle Informationen nach § 1 Abs. 1 BGB-InfoV gleich beantwortet werden. <strong>Das</strong> fernabsatzrechtliche Transparenzgebotist aber jedenfalls dann nicht gewahrt, wenn nicht mindestensdie Voraussetzungen erfüllt sind, die nach § 305 Abs. 2 BGB fürdie Einbeziehung und nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB für die inhaltlicheTransparenz von AGB gelten. Ergänzend und konkretisierend kann <strong>im</strong><strong>Onlinehandel</strong> auf das Transparenzgebot des E-Commerce-Rechts zurückgegriffenwerden, denn dieses ist ja gerade für Informationsvermittlung<strong>im</strong> Internet konzipiert.Dieses ist gewahrt, wenn die Information deutlich erkennbar ist, undnicht z. B. eine wesentlich kleinere Schriftgröße als auf der übrigen Seite1Ebenso Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312c Rn. 57.2KG, NJW 2006, 3215, 3216; Roßnagel/Brönneke/Zander-Hayat, § 312c Rn. 67(<strong>im</strong> Erscheinen); a.A. Hk-VertriebsR/Micklitz, § 312c Rn. 36.3a.A. noch LG Berlin, Beschluss v. 18.4.2006 – 16 O 318/06 sowie ohne nähereBegründung OLG Frankfurt, GRUR-RR 2007, 56.


A. Information auf Internetseiten 385aufweist. Auch Grafiken erfüllen generell dieses Kriterium, soweit derHändler bzw. das Portal sicherstellt, dass eine Grafik von allen daraufzugreifenden Endgeräten angezeigt werden kann oder den Zugriff best<strong>im</strong>mterEndgeräte verhindert. Nicht ausreichend ist, wenn die Angabenerst durch Installation von zusätzlichen Programmen oder Steuerungselementen(sog. PlugIns). Dies ist nur legit<strong>im</strong>, wenn die gesamteSeite nur mit best<strong>im</strong>mten PlugIns darstellbar ist. Zulässig ist die Bereitstellungder Informationen in PDF-Format, wenn auf eine kostenfreieDownload-Möglichkeit <strong>im</strong> Internet hingewiesen wird. Abstand zunehmen ist von kleinen Scrollboxen, in denen lediglich zwei oder dreiZeilen der Widerrufsbelehrung sichtbar sind. Hier ist dem Verbraucher,nicht möglich, sich durch ein „Querlesen“ einen Eindruck von derWiderrufsinformation zu verschaffen. Bei einem größeren Scrollkasten,die sechs Zeilen des Textes anzeigen, wird die Information klar erteilt.Auch ein Link zur Erfüllung der Informationspflichten kann ausreichendsein. Der Unternehmer schuldet keinen Informationserfolg, sondernmuss dem Verbraucher nur eine realistische Möglichkeit verschaffen,die Informationen zur Kenntnis zu nehmen. Der Link muss klarund verständlich ausgestaltet sein. Dies ist eine Frage des Einzelfalls jenach Webdesign. Im Regelfall reicht es aus, dass der Link so gestaltetist wie auch die übrigen Links auf Produktkategorien, z.B. unterstrichenoder mit einem Mouseover-Effekt versehen. Die Bezeichnung des sprechendenLinks auf die Widerrufsinformation muss so gewählt werden,dass der Verbraucher sofort erkennt, welche Information sich dahinterverbirgt. Hierbei ist auf das Verständnis des durchschnittlichenVerbrauchers abzustellen. Denkbar sind zwei Möglichkeiten: entwederdie Verwendung eines Oberbegriffs für eine best<strong>im</strong>mte Kategorie vonInformationen oder eine ausdrückliche Bezeichnung für die konkreteInformation.Gestaltungen, in denen der Verweis in einer Navigationsleiste zusammenmit Links auf die Versandkosten, Datenschutzbest<strong>im</strong>mungenoder das Impressum vorhanden ist, genügen jedoch nicht. Nicht jederVerbraucher weiß von der Existenz des <strong>Widerrufsrecht</strong>es, so dass dieGefahr besteht, dass eine diesbezügliche Information übersehen wird,wenn ein Scrollen des Bildschirms oder sonstiges Suchen erforderlichist. Die Information zum <strong>Widerrufsrecht</strong> kann daher ihre verbraucherschützendeFunktion nur entfalten, wenn der Link auf diese Information<strong>im</strong> Bestellverlauf zwangsweise passiert wird, z.B. über dem Bestell-Button platziert wird. Erforderlich ist also keine Zwangsführung überden Informationstext, aber eine Zwangsführung über den sprechendenLink.Auch ein Link „AGB“ ist ausreichend, soweit dieser auf ein Inhaltsverzeichnisführt, von dem aus in einem zweiten Schritt direkt die Wi-


386 Teil 5 – Informations- und Belehrungspflichtderrufsinformation erreicht wird oder diese Information als erster Absatzder AGB direkt sichtbar ist. Die Integration der Widerrufsinformationin AGB ist aus zwei Gründen sinnvoll. Erstens handelt es sich vielfachnicht um reine Informationen, sondern zugleich auchVereinbarungen und zweitens erhöht die Integration die Transparenzfür den Verbraucher.Es gilt eine 2-Schritt-Regel, nach der das Erreichen einer Informationsseiteüber zwei Links zur Wahrung des fernabsatzrechtlichen Transparenzgebotesgenügt. Eine Erreichbarkeit in nur einem Schritt ist jedochsicherer, weil durch mehrere Begriffe in der Verweiskette auch dasRisiko steigt, dass der Verbraucher hinter einem dieser Begriffe nichtdie gesuchte Information vermutet (z.B. die Widerrufsinformation unterder Bezeichnung „Gesetzliche Informationen“). Ein Scrollen des Bildschirmslässt sich angesichts der Vielzahl der zu erteilenden Informationenund dem Bedürfnis des Unternehmers, diese auf einer Seite zu bündeln,in vielen Fällen nicht vermeiden. Wenn Informationen gebündeltauf einer Seite („Verbraucherinformationen“ o.ä.) bereitgestellt werden,empfiehlt sich ein Inhaltsverzeichnis am Anfang der Seite, das auf einzelnePassagen des nachstehenden Textes oder auf weitere Unterseitenverweist.Die vorvertraglichen Informationen zum <strong>Widerrufsrecht</strong> müssen darüberhinaus leicht zu begreifen sein, um das Transparenzgebot zu erfüllen.Komplizierte Schachtelsätze und juristische Fachsprache sind zuvermeiden. Dennoch ist es dem Unternehmer gar nicht möglich, auf dieNennung jeglicher Paragrafen zu verzichten. Solange nicht die zugrundeliegende Rechtslage selbst vereinfacht wird, ist das fernabsatzrechtlicheTransparenzgebot auch dann gewahrt, wenn der Unternehmer die zurVerdeutlichung dieses Rechts erforderlichen Rechtsvorschriften nennt.Im grenzüberschreitenden <strong>Onlinehandel</strong> müssen die Informationen abeiner gewissen Komplexität zumindest in englischer Sprache, idealerweiseaber <strong>im</strong>mer auch in der Sprache des belieferten Best<strong>im</strong>mungslandesvorgehalten werden. Eine gezielte Sprachvermischung dergestalt,dass der Unternehmer das Angebot in einer Sprache hält, die Informationspflichtenjedoch in einer anderen erfüllt, verstößt gegen das Verständlichkeitsgebotund ist daher unzulässig.III. ZeitpunktSeit 8.12.2004 befindet sich in § 312c Abs. 1 BGB die klare Verpflichtungder Verfügbarkeit der Informationen für den Verbraucher „rechtzeitigvor Abgabe von dessen Vertragserklärung“. Nach dem altenGesetzeswortlaut „vor Vertragsschluss“ war denkbar, dass der Unternehmerden Verbraucher erst informiert, nachdem dieser schon an seine


A. Information auf Internetseiten 387Erklärung gebunden war. Diese Auslegung hätte jedoch dem Schutzzweckdes Fernabsatzrechts widersprochen, dem Verbraucher eine informierteEntscheidung zu ermöglichen. Auch aus Art. 3 Abs. 1 FARLergibt sich, dass der Verbraucher zu informieren ist, bevor er durch einAngebot gebunden ist. Seit Umsetzung der FARLFDL ist klar, dass derVerbraucher vor Abgabe seiner auf den Abschluss eines Vertrages gerichtetenWillenserklärung zu informieren ist, gleich ob es sich um einAngebot oder eine Annahme handelt. 1Der Begriff der Rechtzeitigkeit ist <strong>im</strong> Gesetz nicht näher definiert.Dieser ist daher in Übereinst<strong>im</strong>mung mit Ziel und Zweck der FARLauszulegen. Um die Nachteile gegenüber dem stationären Handel auszugleichen,muss der Verbraucher die Informationen so zeitig vor Vertragsschlusszur Kenntnis nehmen können, dass er eine wohl überlegteund freie Entscheidung für oder gegen den Vertrag treffen kann. 21. Frühester ZeitpunktBei der Ermittlung des frühesten Zeitpunktes, zu dem die Informationspflichtendes § 312c Abs. 1 BGB erfüllt werden können, ist darauf zuachten, dass der Verbraucher diese <strong>im</strong> Zeitpunkt des Vertragsschlussesnoch vor Augen hat, da er sonst nicht in der Lage wäre, eine informierteEntscheidung zu treffen. 3Dieses Kriterium ist <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong> erfüllt,wenn das fernabsatzrechtliche Transparenzgebot eingehaltenwird, wonach eine Zwangsführung über die Widerrufsinformationerforderlich ist. In diesem Fall erfolgt die Information unmittelbar vorAbgabe der Vertragserklärung und erfüllt so ihren Zweck. Problematischwäre eine Gestaltung, wonach der Verbraucher nur einmalig beiRegistrierung als Kunde eines Online-Shops auf die Widerrufsinformationhingewiesen würde, diese bei nachfolgenden Bestellungen jedochnicht mehr abrufbar wäre. In einem solchen Fall wäre jedoch bereitsdas Transparenzgebot nicht erfüllt, so dass sich die Frage des rechzeitigenHinweises nicht stellt.2. Spätester ZeitpunktDem Verbraucher müssen die notwendigen Informationen in einemZeitpunkt mitgeteilt werden, in dem er sich noch in keiner Weise zurEingehung eines Vertrags verpflichtet oder gar schon vertraglich gebundenfühlt. Bei gewöhnlichen Online-Shops wird diese Vorgabe in1RegE-Begründung, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 15/2946, S. 20.2jurisPK-BGB/Junker, § 312c Rn. 26 m.w.N; Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten,S. 25.3Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312c Rn. 73f.


388 Teil 5 – Informations- und Belehrungspflichtder Regel eingehalten, da der Verbraucher den Zeitpunkt seiner Vertragserklärungselbst best<strong>im</strong>mt. 1Anders kann es jedoch bei sehr kurzlaufenden Internet-Auktionen oder sog. Live-Shopping-Modellen aussehen,d.h. Verkäufen, bei denen nur eine best<strong>im</strong>mte Anzahl von Produktenfür begrenzte Zeit zur Verfügung steht. Der Verbraucher darf inkeinem Fall durch zu kurze Überlegensfristen unter <strong>Dr</strong>uck gesetzt werden.2 Dem Zweck der §§ 312c Abs. 1 BGB, 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoVentsprechend ist eine Information dann als rechtzeitig anzusehen,wenn sie zusammen mit allen üblichen Informationen, die der Verbraucherzum Treffen seiner Entscheidung braucht, zur Verfügung gestelltwird. 3Eine starre Frist für den Zeitpunkt zwischen Informationserteilungund Abgabe der Vertragserklärung ist nicht sachgerecht, sondern es ist<strong>im</strong> Einzelfall zu prüfen, ob der Verbraucher genügend Zeit hatte, dieInformationen vor Abgabe seiner Vertragserklärung zur Kenntnis zunehmen. Bei Internetangeboten, die mit extrem kurzen Angebotsphasenoperieren, müssen die Informationen schon abrufbar sein, bevor derVerbraucher sich auf der Bestellseite befindet und nur noch wenigeMinuten Zeit zur Kenntnisnahme hat. Hierbei ist es unzulässig, dasAngebot so zu gestalten, dass der Verbraucher zu einer übereilten Entscheidungveranlasst wird, in dem der Zeitraum dem Zurverfügungstellender Information und der Abgabe der Vertragserklärung unnötigverkürzt wird. 4 Möglich ist etwa die Verlinkung der Widerrufsinformationzusätzlich in einer Navigationsleiste, so dass der Text nicht nurvon der Bestellseite aus, sondern unabhängig von einer Bestellung – wiedie Anbieterkennzeichnung – ständig verfügbar ist. Der Verbraucher,der sich bewusst auf ein Live-Shopping einlässt, zeigt hiermit aber auch,dass er mit einem kurzen Zeitraum zur Kenntnisnahme der Informationeinverstanden ist.Ist das Internetangebot hingegen – vergleichbar einem gedrucktenProspekt mit mehrwöchiger Gültigkeitsdauer – über einen längerenZeitraum abrufbar, reicht es aus, wenn die Informationen erst unmittelbarvor Abgabe der Vertragserklärung des Verbrauchers verfügbarsind. 5Eine Werbeanzeige, die lediglich das Interesse des Verbraucherswecken, ihn jedoch nicht zum Treffen einer Kaufentscheidung bringensoll, braucht daher noch nicht die in § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV1MünchKommBGB/Wendehorst, § 1 BGB-InfoV, Rn. 78.2BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/2658, S. 38.3Roßnagel/Brönneke/Zander-Hayat, § 312c Rn. 62 (<strong>im</strong> Erscheinen).4Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312c Rn. 80.5MünchKommBGB/Wendehorst, § 312c Rn. 25; Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312c Rn. 79; Staudinger/Thüsing, § 312c Rn. 20; Mankowski, CR2001, 767, 770.


B. Belehrung in Textform 389eingeführten Informationen zu enthalten. 1Entsprechend müssen ineinem Onlineshop die Widerrufsinformationen noch nicht auf Produktseiten,sondern erst nach Einleitung des Bestellvorgangs verfügbar sein.Die allein von Micklitz vertretene Ansicht, eine mit dem Vertragsschluss(nahezu) zusammenfallende Information sei ausgeschlossen, dadem Verbraucher in der Regel ein dreitägiger Zeitraum belassen werdenmüsse, um seinen Meinungsbildungsprozess abzuschließen, 2mag aufFinanzgeschäfte zutreffen, ist aber mit Blick auf Onlinekäufe völligabwegig. Ein Verbraucher, der ein Buch, eine CD oder eine Digitalkamera<strong>im</strong> Internet kaufen möchte, hat sich zuvor über Preissuchmaschinenoder Shopping-Portale ausführlich über Vergleichsangebote undKonditionen informiert und möchte nicht gezwungen werden, seinKonsumbedürfnis für mehrere Tage zu zügeln, um vor vermeintlichenRisiken seines Internet-Einkaufs geschützt zu werden.B. Belehrung in TextformB. Belehrung in TextformGemäß § 312c Abs. 2 Nr. 2 BGB i.V.m. § 1 Abs. 4 Nr. 1, Abs. 1Nr. 10 BGB-InfoV muss der Unternehmer dem Verbraucher die Informationenzum <strong>Widerrufsrecht</strong> noch einmal in aller Ausführlichkeit inTextform mitteilen und ihn gemäß § 355 BGB über das Widerrufrechtbelehren. Die Inhalte der Belehrung nach § 355 BGB und der Informationennach § 312c BGB überschneiden sich, sind aber nicht identisch.Zunächst stellt sich daher die Frage, ob beide Pflichten mit einem Belehrungstexterfüllt werden können.I. Verbindung von Informations- und BelehrungspflichtNur vereinzelt wird angenommen, dass die Regelung des § 312c Abs. 2BGB als Spezialgesetz Vorrang vor dem allgemeinen § 355 Abs. 2 BGBhabe. 3Die überwiegende Rechtsprechung lehnt einen Vorrang des§ 312c Abs. 2 BGB gegenüber den § 355 ff. BGB jedoch ab. 4 Die letztgenannteAnsicht ist zutreffend, 5 weshalb beide Pflichten für den Onlinehändlermaßgeblich sind.1Roßnagel/Brönneke/Zander-Hayat, § 312c Rn. 64 (<strong>im</strong> Erscheinen).2Hk-VetriebsR/Micklitz, §312c Rn. 32; dagegen: Palandt/Grüneberg, § 312c, Rn.5; Staudinger/Thüsing, 312c Rn. 20; für wertende Einzelfallbetrachtung Finke, DerFernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher, Rn. 83ff. mit Hinweisen zueinzelnen FDL-Geschäften.3OLG Hamburg, MMR 2007, 660 m. Anm. Solmecke; LG Flensburg, MMR2006, 686, 687; LG Paderborn, MMR 2007, 191; Kaufmann, CR 2006, 764, 766;4OLG Stuttgart, MMR 2008, 616, 617; OLG Köln, MMR 2007, 713 m.w.N.5Siehe dazu Teil 3 A III 1 c) und e).


390 Teil 5 – Informations- und Belehrungspflicht1. Pflichterfüllung in einem AktBe<strong>im</strong> Vergleich der Regelungen des §§ 312c, 355 BGB fällt auf, dasshinsichtlich der inhaltlichen Anforderungen an die textförmige Widerrufsbelehrunggewisse Diskrepanzen bestehen. Insbesondere bedarf esnach § 355 Abs. 2 S. 1, Abs. 1 BGB keiner Belehrung über die Rechtsfolgendes <strong>Widerrufsrecht</strong>s, wie dies in § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoVvorgesehen ist. Eine doppelte Widerrufsbelehrung würde jedoch Verwirrungstiften. 1Der Unternehmer kann nach § 1 Abs. 4 S. 2 BGB-InfoV der textformgebundenen Informationspflicht durch Verwendungder Muster-Widerrufsbelehrung in Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV nachkommen.Daraus folgt, dass die unternehmerischen Pflichten aus§§ 312c Abs. 2, 355 BGB zwar nebeneinander stehen, aber durch eineneinheitlichen Akt erfüllt werden können. 2Es dient nicht dem Transparenzziel der Belehrungserfordernisse, denVerbraucher mit einer Flut von Informationen an verschiedenen Stellenund auf verschiedenen Datenträgern zu überschütten, die er am Endenicht mehr auseinander halten kann. 3 So können zwar etwa die Hinweiseauf die Rechtsfolgen des <strong>Widerrufsrecht</strong>es nach § 357 Abs. 3 BGB inder Widerrufsbelehrung enthalten sein, möglich ist aber auch eine Unterbringungan anderer Stelle in den AGB, ohne dass diese Hinweisedann hervorgehoben sein müssten. 4Der Übersichtlichkeit dient diesindes nicht. Im Rahmen einer einheitlichen Widerrufsbelehrung in Textform,die auch den Anforderungen des § 312c Abs. 2 i.V.m. § 1 Abs. 4S. 1 Nr. 1 BGB-InfoV genügen muss, ist unabhängig davon, ob § 355Abs. 2 S. 1, Abs. 1 BGB eine Belehrung über die Rechtsfolgen oderandere Modalitäten des Widerrufs vorsieht, über diese Aspekte zu belehren.2. Hervorhebung bei Integration in AGBIn § 1 Abs. 4 Satz 3 BGB-InfoV findet sich der Hinweis, dass ein erweitertesVerbundkonzept zulässig ist. 5Die nachvertragliche Informationzum <strong>Widerrufsrecht</strong> kann nicht nur mit der Widerrufsbelehrung nach§ 355 BGB verbunden werden, sondern überdies der gesamte Text inAGB integriert werden, wenn dies in einer „hervorgehobenen und deut-1So schon Aigner/Hofmann, Fernabsatzrecht <strong>im</strong> Internet, Rn. 164.2Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 1 BGB-InfoV Rn. 56; MünchKommBGB/Wendehorst, § 1 BGB-InfoV Rn. 152; Härting, § 3 FernAbsG Rn. 20; Lütcke, Fernabsatzrecht,§ 312d Rn. 45; Aigner/Hofmann, Fernabsatzrecht <strong>im</strong> Internet, Rn. 164;Mankowski CR 2001, 767, 773 f.3MünchKommBGB/Wendehorst, § 1 BGB-InfoV Rn. 152.4LG Trier, NJOZ 2004, 3887.5Vgl. dazu auch Teil 5 A II 5.


B. Belehrung in Textform 391lich gestalteten Form“ erfolgt. Die Belehrung muss gegenüber demübrigen Vertragstext drucktechnisch unübersehbar hervortreten, z.B.durch ein auffälliges <strong>Dr</strong>uckbild, räumliche Trennung vom Vertragstext,Fett- oder Farbdruck, Einrahmungen oder durchgezogenen Trennlinien.1Entscheidend ist, dass der Verbraucher die Informationen zum<strong>Widerrufsrecht</strong> als optische Besonderheit wahrn<strong>im</strong>mt und diese keinesfallsübersieht. 2 Werden auch andere Teile des Vertragstextes gleichartighervorgehoben, kann die Wirkung aufgehoben werden. 3Werden inAGB also auch die Informationen zu Anbieter und Gewährleistunghervorgehoben (z.B. durch Fettdruck), muss die Widerrufsbelehrungnoch hervorgehobener sein (z.B. durch Fettdruck und einen Rahmen).Optisch auffällige Stilmittel allein führen jedoch noch nicht dazu,dass eine Widerrufsbelehrung hinreichend deutlich gestaltet und hervorgehobenist, z.B. bei fehlendem Kontrast zwischen den gewähltenSchrift- und Hintergrundfarben (schwarz auf blau) oder bei Fettdruckin kleinerer Schrift, wenn hierdurch der Text schwerer lesbar wird. 4 Soentschied das LG Paderborn, 5dass eine Widerrufsbelehrung den Anforderungendes § 355 Abs. 2 BGB nicht genüge, wenn Vertragstextund Widerrufsbelehrung gleichermaßen – in kaum unterscheidbaren –Grautönen hinterlegt sind, wobei der Vertragstext in großen Lettern,die Widerrufsbelehrung hingegen klein gedruckt ist. Auch die Verwendungeines roten Strichs oberhalb der Belehrung genüge nicht zur Erfüllungdes Deutlichkeitsgebots, wenn das gesamte Formular in der entsprechendenFarbe umrandet ist, so dass sich die Stilmittel wiederholenund sich die Belehrung nicht unübersehbar vom übrigen Vertragstextabhebt.Schwierig ist die Hervorhebung in den Fällen, in denen die AGB einschließlichder Widerrufsbelehrung in einer <strong>im</strong> reinen Textformat gehaltenenE-Mail versendet werden (sog. Plaintext-Mail). Häufig erlaubt dieOnline-Shop-Software lediglich dieses Format. Hier ist jedoch eineHervorhebung nicht unmöglich, so dass nicht der Verbraucher auf die1So schon die Rechtsprechung zu den früheren <strong>Widerrufsrecht</strong>en, BGH MDR1994, 660; BGH NJW 1996, 1964; Palandt/Grüneberg, § 355 Rn. 15; Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch,§ 1 BGB-InfoV Rn. 55; MünchKommBGB/Wendehorst,§ 312c Rn. 117; Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312c Rn. 167f; Roßnagel/Brönneke/Zander-Hayat,§ 312c Rn. 169 (<strong>im</strong> Erscheinen); Härting, Internetrecht,Rn 504 f.2MünchKommBGB/Wendehorst, § 312c Rn. 117; Roßnagel/Brönneke/Zander-Hayat, § 312c Rn. 169 (<strong>im</strong> Erscheinen).3BGH NJW 1996, 1964; vgl. Roßnagel/Brönneke/Zander-Hayat, § 312c Rn. 169(<strong>im</strong> Erscheinen).4Roßnagel/Brönneke/Zander-Hayat, § 312c Rn. 169 (<strong>im</strong> Erscheinen).5LG Paderborn, NJW-RR 2007, 499.


392 Teil 5 – Informations- und BelehrungspflichtBedeutung der Best<strong>im</strong>mungen deutlich hinzuweisen ist. 1Zwar sindkeine Rahmen, Farben, Hinterlegungen oder Fettdrucke möglich. DerHändler kann aber die Widerrufsbelehrung ebenso durch zwei Reihenmit Sternchen, Plus-Zeichen o.ä. ober- und unterhalb des Textes deutlichaus den AGB hervorheben.II. FormSowohl § 312c Abs. 2 BGB als auch § 355 Abs. 2 BGB setzen eineWiderrufsbelehrung in Textform (§ 126b BGB) voraus. Die Mitteilungder fernabsatzrechtlichen Informationen in Textform hat den Zweck,dem Verbraucher die Rechtsverfolgung zu erleichtern, indem er seineRechte nach Vertragsschluss schwarz auf weiß nachschlagen kann. 2 DieInformationen können z.B. per E-Mail, Fax, Lieferschein, Rechnungsrückseiteetc. mitgeteilt werden. Nicht ausreichend ist es, die Informationenlediglich <strong>im</strong> Internet bereit zu halten, da der Zugriff auf die Websitevon deren Bereitstellung <strong>im</strong> Netz abhängt und vom Verbrauchernicht beeinflusst werden kann. 3Obwohl weder in § 312c Abs. 2 BGB noch in § 1 Abs. 4 BGB-InfoVausdrücklich ein Transparenzgebot verankert ist, strahlt das in § 312cAbs. 1 niedergelegte Transparenzgebot auf die nachvertraglichen Informationenaus. 4 Dies bedeutet nichts anderes, als dass auch die nachvertraglichenWiderrufsinformationen klar und verständlich sein müssen,d.h. in einer für einen Laien verständlichen Sprache abgefasst undnicht unter einer Vielzahl anderer Angaben „versteckt“. 5Unabhängigvon § 312c BGB fordert auch § 355 Abs. 2 S. 1 BGB eine „deutlichgestaltete Belehrung“. Diese Voraussetzung ist dann erfüllt, wenn derText vom durchschnittlichen Verbraucher unter normalen Umständenunproblematisch lesbar ist. 6 Die Anforderungen des Deutlichkeitsgebotsdes § 355 Abs. 2 S. 1 BGB decken sich <strong>im</strong> Wesentlichen mit denen desTransparenzgebotes. 71So aber Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312c Rn. 169.2Vgl. Mankowski, CR 2001, 767, 769; D. Arnold, CR 1997, 526, 530.3Vgl. ausführlich zur Textform Teil 3 A II 2.4Hk-VertriebsR/Micklitz, § 312c Rn. 48; Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher,§ 312c, Rn. 164; MünchKommBGB/Wendehorst, § 312c Rn. 115; Härting,Fernabsatzgesetz, § 2 Rn. 196.5Vgl. hierzu ausführlich Teil 3 A II 3 a) aa).6Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten, S. 28.7Vgl. MünchKommBGB/Wendehorst, § 355 Rn. 49.


B. Belehrung in Textform 393III. ZeitpunktMangels systematischer Vorrangigkeit des § 312c Abs. 2 BGB vor§ 355 Abs. 2 BGB ist auch für die Ermittlung des Zeitpunktes derPflichtenerfüllung auf beide Vorschriften gleichermaßen abzustellen.Erfolgt die Pflichtenerfüllung in einem Akt, ist logischerweise der frühereZeitpunkt maßgeblich.1. Information nach § 312c Abs. 2 BGBDer Unternehmer muss dem Verbraucher gemäß § 312c Abs. 2 Nr. 2BGB i.V.m. § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BGB-InfoV die textformgebundenenInformationen zum <strong>Widerrufsrecht</strong> bei Warenlieferungen „alsbald… spätestens bis zur Lieferung an den Verbraucher“ in Textform mitteilen.Die nachvertraglichen Informationen kann der Unternehmer demVerbraucher also auch schon vorvertraglich erteilen, soweit hierdurchnicht die Appellfunktion verloren geht. 1 Mit Lieferung ist der Eingangder Ware i.S.v. § 312d Abs. 2 S. 1 BGB gemeint, d.h. der Händler kanndie Informationen auf den Warenbegleitpapieren mitteilen, zeitgleicheine E-Mail versenden o.ä.2. Belehrung nach § 355 BGB§ 355 BGB hingegen nennt keinen genauen Zeitpunkt für die Widerrufsbelehrungin Textform. Der Unternehmer kann grundsätzlich seineBelehrungspflicht jederzeit nach Vertragsschluss erfüllen. Allerdings isthinsichtlich der Widerrufsfrist auch die Vorschrift des § 355 Abs. 2 S. 2BGB zu beachten, wonach sich die Frist bei einer Belehrung über das<strong>Widerrufsrecht</strong> nach Vertragsschluss verlängert, so dass eine rechtzeitigeWiderrufsbelehrung vom Unternehmer faktisch erzwungen wird, 2will er die Monatsfrist vermeiden. 3IV. InhaltNach § 312c Abs. 2 S. 1 BGB i.V.m. § 1 Abs. 4 S. 1 Nr. 1, Abs. 1Nr. 10 BGB-InfoV hat der Unternehmer über das Bestehen oder Nichtbestehen,die „Bedingungen“ und „Einzelheiten der Ausübung“, insbesonderedie „Rechtsfolgen des Widerrufs oder der Rückgabe“ zu informieren.Nach § 355 Abs. 2 S. 1, Abs. 1 BGB hat der Unternehmerden Verbraucher in Textform über „seine Rechte“ deutlich zu belehren.1Siehe hierzu ausführlich Teil 3 A II 3 c) aa).2Aigner/Hofmann, Fernabsatzrecht <strong>im</strong> Internet, Rn. 162.3Dazu Teil 3 A III 1 e).


394 Teil 5 – Informations- und BelehrungspflichtDie Widerrufsbelehrung muss auch die Namen und Anschrift desjenigen,gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, einen Hinweis auf denFristbeginn und darauf, dass der Widerruf keine Begründung enthaltenmuss, in Textform oder durch Rücksendung der Sache innerhalb derWiderrufsfrist gegenüber dem Unternehmer zu erklären ist und dass zurFristwahrung die rechtzeitige Absendung genügt (§ 355 Abs. 1 S. 2BGB), enthalten. Nach der Rechtsprechung des BGH ist eine „möglichstumfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis desVerbrauchers eindeutige Belehrung“ erforderlich. 1Der Verbraucher ist in der Widerrufsbelehrung nicht nur über seinePflichten, sondern auch über seine Rechte zu informieren. 2 Andernfallsliegt eine einseitige Darstellung vor, die geeignet ist, Unsicherheit be<strong>im</strong>Verbraucher darüber hervorzurufen, inwieweit der Unternehmer ingleicher Weise verpflichtet ist. Sie wird dem Ziel, den Verbrauchermöglichst unmissverständlich zu belehren, nicht gerecht. Andererseitssoll der Verbraucher mit den erteilten Informationen nicht überfordertwerden, da dies dem Zweck der Informationsvorschriften zuwiderlaufenwürde. Daher bedarf es einer Einschränkung der Informationspflichtauf diejenigen Informationen, die in Bezug auf die Entscheidung,ob das <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgeübt werden soll oder nicht, die entscheidendeRolle spielen. Hierzu zählen insbesondere Informationen, dieRückgewähr- und Herausgabeanspruch des Verbrauchers gegen denUnternehmer betreffen. 3Unnötige, unklare oder falsche Zusätze wiez.B. der Lauf der Widerrufsfrist beginne „nicht jedoch, bevor die aufAbschluss des Vertrages gerichtete Willenserklärung vom Auftraggeberabgegeben wurde“ widersprächen dem Deutlichkeitsgebot. 41. Bestehen oder NichtbestehenWenn eine Widerrufsbelehrung erfolgt, wird der Verbraucher hierdurchdarüber aufgeklärt, dass das <strong>Widerrufsrecht</strong> besteht. Auf ein etwaigesNichtbestehen, wozu auch das nachträgliche Erlöschen gehört, ist entsprechendhinzuweisen. 5Eine Fehlinformation über das Nichtbestehenführt dazu, dass die Informationspflicht des § 312c Abs. 2 BGB nichterfüllt ist. Beispiele für solche Fehlinformationen aus der Rechtspre-404.31 BGH NJW 1993, 1013.2BGH MMR 2007, 514 m. Anm. <strong>Föhlisch</strong> = NJW 2007, 1946 = K&R 2007,Witt, NJW 2007, 3759, 3760.4BGH GRUR 2002, 1085.5Vgl. zum Inhalt der Informationspflicht über das Nichtbestehen Teil 5 A I 1 a),zu den Ausnahmen vom Anwendungsbereich des Fernabsatzrecht und des <strong>Widerrufsrecht</strong>sTeil 2 C und E.


B. Belehrung in Textform 395chung sind: Nennung der Ausnahme „Versteigerung“ bei eBay-Auktionen, 1 Entsiegelung von Datenträgern durch <strong>Dr</strong>itte, 2 Nennungvon Ausnahmen mit dem Zusatz „unter anderem“, 3 vermeintliche Ausnahmebei Vermittlung von Eintrittskarten, 4 Ausnahme für ungeöffneteKontaktlinsen, 5 Öffnen einer Tesafilm-Versiegelung, 6 vermeintlicheAusnahme von Standard-Software, 7 entkonfigurierbaren Built-to-OrderPCs 8 oder RAM-Bausteinen. 92. BedingungenDer Verbraucher ist darüber aufzuklären, dass der Widerruf keine Begründungenthalten muss. Daher sind Belehrungen, in denen dieserHinweis fehlt, oder die zwingend vorsehen, dass ein Rücksendegrundgenannt werden muss, fehlerhaft.a) Form der AusübungWeiterhin muss der Unternehmer über die zulässigen Formen der Widerrufsausübungnach § 355 Abs. 1 S. 2 Halbs. 1 BGB aufklären, d.h.darüber, dass der Widerruf in Textform oder durch Rücksendung derSache erfolgen kann. Teilweise wird angenommen, dass bei der Belehrungüber die Form des Widerrufs eine Wiedergabe des Gesetzestextesnicht ausreiche, sondern der Unternehmer den Begriff der „Textform“beispielhaft (per Brief, E-Mail oder Telefax) zu erklären habe. 10Beiderartigen Anforderungen würde der Unternehmer jedoch Gefahr laufen,eine nicht ganz korrekte oder missverständliche Auslegung desGesetzes zu liefern und damit den Verbraucher in die Irre zu führen.Dem Verbraucher muss daher nicht erklärt werden, was sich hinterdem Begriff „Textform“ verbirgt, 11er kann dies vielmehr selbst beiBedarf durch Lektüre des Gesetzes herausfinden. Will der Unternehmerdem Verbraucher gleichwohl Informationen liefern und werden verschiedeneTextformen deutlich nur exemplarisch aufgelistet, wird auchdie Belehrung nicht dadurch fehlerhaft, dass die Möglichkeit eines Wi-1OLG München, WRP 2008, 1396 (Ls.).2LG Hamburg, Urteil v. 14.10.2005, 406 O 166/05.3OLG München, MMR 2008, 677.4AG Wernigerode, MMR 2007, 402.5OLG Hamburg, WRP 2007, 1121 (Ls.) = GRUR-RR 2007, 402.6LG Dortmund, JurPC Web-Dok. 44/2007.7LG Memmingen, JurPC Web-Dok. 116/2004.8BGH, MMR 2003, 463 = NJW 2003, 1665.9OLG <strong>Dr</strong>esden, MMR 2002, 172.10Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312d Rn. 41 unter Berufung auf LGMünchen I, Urteil v. 19. 2. 2004 – 2 O 15 288/03.11OLG München, NJW-RR 2005, 573, 574.


396 Teil 5 – Informations- und Belehrungspflichtderrufs per Fax als genannt wird, obwohl keine Faxnummer vorhandenist. 1b) Länge und Beginn der FristDer Verbraucher ist über die Länge der Widerrufsfrist aufzuklären,binnen derer er das <strong>Widerrufsrecht</strong> ausüben kann. Die Widerrufsfristbeträgt regelmäßig zwei Wochen, § 355 Abs. 1 S. 2 BGB. Erfolgt dieBelehrung in Textform erst „nach Vertragsschluss“ i.S.d. § 355 Abs. 2S. 2 BGB, ist die Belehrung über eine zweiwöchige Frist falsch. 2 Ebensofalsch ist auch eine Belehrung über eine Frist von vier Wochen, 3 da diesetwas anderes ist als ein Monat und das Gesetz eine Vierwochenfristnicht vorsieht. In einem solchen Fall sieht nun auch Gestaltungshinweis1 der BMJ-Musterbelehrung die Belehrung über eine Widerrufsmöglichkeit„… innerhalb von einem Monat…“ vor.§ 187 Abs. 1 BGB best<strong>im</strong>mt, dass wenn für den Anfang einer Fristein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebendist, wie der Erhalt der Belehrung in Textform sowie die Lieferungder Ware, bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnetwird, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. Strittig ist, obInformationen über die Berechungsmethode nach §§187 ff. BGB zuerteilen sind 4oder nicht 5 . Jedenfalls muss eine Formulierung gewähltwerden, die den Verbraucher in der Lage versetzt, den Beginn der Widerrufsfristrichtig zu ermitteln. Fraglich ist daher, ob in der Belehrungder Tag der Erfüllung aller Voraussetzungen des Fristbeginns oder derTag danach als Zeitpunkt des Fristbeginns anzugeben ist. Diese Frageist strittig.aa) Beginn „am Tag nach“Teilweise wird davon ausgegangen, dass eine Belehrung fehlerhaft sei,wenn die Regelung des § 187 Abs. 1 BGB nicht einbezogen wird. Es seiso zu belehren, dass die Frist „am Tag nach“ Erhalt der Textmitteilungund Ware beginne. 6 Der anders belehrte Verbraucher könne sonst irrigdavon ausgehen, die Frist beginne bereits an dem Tag zu laufen, an demdie Belehrung in Textform und die Ware bei ihm eingetroffen sind. Es1Vgl. LG Kempten, Urteil v. 26.02.2008, 3 O 146/08.2Siehe nur OLG Naumburg, CR 2008, 247 = NJW-RR 2008, 776 = MMR 2008,548 = GRUR-RR 2008, 321 (Ls.); OLG Stuttgart, MMR 2008, 616; LG Karlsruhe,JurPC Web-Dok. 85/2008; LG Dortmund, Beschluss v. 19.07.2007, 10 O 113/07.3OLG Hamburg, Beschluss vom 26.3.2007, 3 W 58/07.4MünchKommBGB/Wendehorst, § 1 BGB-InfoV Rn. 41.5Roßnagel/Brönneke/Zander-Hayat, § 312c Rn. 122 (<strong>im</strong> Erscheinen).6LG Halle, CR 2006, 709, 710; LG Dortmund, Beschluss v. 19.07.2007, 10 O113/07; OLG Hamm, MMR 2008, 176 = CR 2008, 451; Palandt/Grüneberg, § 14BGB-InfoV Rn. 5; Buchmann MMR 2007, 347, 351.


B. Belehrung in Textform 397handele sich hierbei um eine Abweichung zu Gunsten des Verbrauchersvom europäischen Mindestniveau, die wegen Art. 14 FARL unbedenklichsei. 1In Art. 12 Abs. 2 VRRL-E ist vorgesehen, dass die Frist „andem Tag“ zu laufen beginnt, an dem der Verbraucher in den Besitz derbestellten Waren gelangt.bb) Beginn „mit“Hiergegen wird allerdings zutreffend von Faustmann 2 eingewendet, eineBelehrung, dass die Frist „mit“ Erhalt der Belehrung in Textform undder Warenlieferung beginne, versetze den Verbraucher in die Lage, denLauf der Widerrufsfrist korrekt zu errechnen. Für die Bewertung derFormulierung sei es allein maßgeblich, ob der Verbraucher von einemkorrekten Fristende ausgehe. Bei der Fristberechnung werde ein Laiekorrekt davon ausgehen, dass diese Frist zwei Wochen oder einen Monatspäter mit dem Tag endet, dessen Name oder Zahl demjenigen Tagentspricht, an dem er Ware und Widerrufsbelehrung erhalten hat. EineInformation dahingehend, dass die Widerrufsfrist am Tag nach Erhaltder Ware und der Widerrufsbelehrung in Textform beginne, verwirreden Verbraucher eher, so dass er den Fristablauf mit der Methode derGegenansicht falsch ermittelte und dadurch seinen Widerruf eventuelleinen Tag zu spät erkläre. 3Diese Ansicht ist vorzugswürdig. § 187 Abs. 1 BGB benennt ausdrücklichden Tag des Ereignisses als Fristbeginn, lediglich die Fristberechnungbeginnt am Tag nach Belehrungserhalt. 4Im Hinblick auf§ 188 Abs. 2 BGB ist es aus Gründen des Verbraucherschutzes sogarerforderlich, den Tag des maßgeblichen Ereignisses mitzuteilen, da derLaie anderenfalls irregeführt wird. Der Verbraucher wird eine Belehrung,dass die Frist „mit“ Erhalt zu laufen beginne richtigerweise soverstehen, dass die Frist am selben Wochentag bzw. dem Tag mit identischerkalendarischer Bezeichnung endet.cc) Beginn „nach“Die seit 1.4.2008 geltende Muster-Widerrufsbelehrung 5verwendet fürden Fristbeginn die Formulierung „Die Frist beginnt nach Erhalt dieserBelehrung in Textform…“ Auch dies wird mit dem Argument kritisiert,dem Verbraucher werde hierdurch nicht klar, wann genau die Frist zu1Buchmann, MMR 2007, 347, 351.2Faustmann, VuR 2006, 384.3LG Braunschweig, MMR 2008, 59 m. Anm. Faustmann/Lehmann = CR 2008,331; Faustmann, VuR 2006, 384 m.w.N.4Faustmann/Lehmann, MMR 2008, 60.5Vgl. ausführlich zur Verwendung eines Belehrungsmusters Teil 6.


398 Teil 5 – Informations- und Belehrungspflichtlaufen beginnt. 1Die Formulierung entspricht jedoch der Rechtsprechungdes BGH, 2 wonach eine nähere Erläuterung der §§ 187, 188,193 BGB nicht erforderlich ist 3 und trägt weiterhin dem noch ungenauformulierten Wortlaut des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB Rechnung. Die Formulierungist auch nicht falsch, weil der Erhalt der Belehrung in Textformu.a. Voraussetzung für den Fristlauf ist und die Frist nach Erhaltdieser Belehrung zu laufen beginnt. Somit ist auch diese Formulierungmöglich, um über den Beginn der Widerrufsfrist zutreffend zu belehren.4c) Voraussetzungen des FristbeginnsErhebliche Schwierigkeiten bereitet die Formulierung einer „richtigen“Belehrung über die Voraussetzungen des Fristbeginns, die demVerbraucher seine Rechte deutlich macht, wie es § 355 Abs. 2 S. 1 BGBfordert. Diese muss zugleich vollständig und transparent sein. Dies istjedoch angesichts der Vielzahl teils sehr unbest<strong>im</strong>mter Voraussetzungen,von denen der Beginn der Frist abhängig ist, 5 kein leichtes Unterfangen.Demzufolge gab es auch eine Vielzahl verschiedener Ansätze:Die stark vereinfachte Nennung der Voraussetzungen, die teilweiseNennung nur einiger Voraussetzungen unter der Annahme, dass dieweggelassenen erfüllt seien, die Nennung aller für den Fristbeginn maßgeblichenEreignisse mit oder ohne vollständige Angabe aller zugehörigengesetzlichen Regelungen bis hin zur Nennung eines konkreten Datumsdes Fristablaufs.aa) Vereinfachte Nennung der VoraussetzungenUm nicht sämtliche Voraussetzungen für den Beginn der Widerrufsfristin der Belehrung aufzählen zu müssen, enthielten viele Belehrungen,u.a. auch die bis zum 31.3.2008 geltende BMJ-Musterbelehrung dieFormulierung „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt …“, wobei derSatz mit verschiedenen Varianten wie „… dieser Belehrung“, „… einernoch gesondert in Textform mitzuteilenden Belehrung“ oder „… dieserBelehrung in Textform und der Ware“ fortgesetzt wurde. Schon frühzeitigwurde kritisiert, die Formulierung „frühestens“ mache demVerbraucher nicht deutlich, dass er möglicherweise auch weit jenseitsvon zwei Wochen nach Erhalt der Widerrufsbelehrung die Möglichkeit1Lejeune, CR 2008, 226, 228; Buchmann, K&R 2008, 12, 14.2BGH, NJW 1994, 1800, 1801. Vgl. auch die Begründung zur <strong>Dr</strong>itten Verordnungzur Änderung der BGB-Informationspflichten-Verordnung v. 12.3.2008, BundesanzeigerNummer 42, S. 957, 958.3Rössel, ITRB 2008, 136, 137.4Masuch, NJW 2008, 1700, 1701.5Siehe zu diesen Voraussetzungen Teil 3 A II.


B. Belehrung in Textform 399hat, von seinem <strong>Widerrufsrecht</strong> Gebrauch zu machen, da insbesonderefür Fernabsatzverträge und Verträge <strong>im</strong> elektronischen Geschäftsverkehr,aber auch für Verbraucherkreditverträge der Beginn der Widerrufsfristan weitere Voraussetzungen als den Erhalt der Widerrufsbelehrunggeknüpft ist. 1<strong>Das</strong> OLG Hamburg sah in der Formulierung„frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ zwar einen Verstoß gegen dieBelehrungspflicht, allerdings unterhalb der wettbewerbsrechtlichenBagatellgrenze. 2Dem ist entgegen zu halten, dass die Widerrufsbelehrung keineRechtsmittelbelehrung ist, die über jedes Detail jeder denkbaren Fallgestaltunginformieren muss, sondern dem Verbraucher nach dem Willendes Gesetzgebers seine Rechte nur grundsätzlich verdeutlichen soll.Die Vereinfachung schafft sogar Transparenz, von der bei einer Aufzählungaller Informationen der §§ 1 und 3 BGB-InfoV keine Rede mehrsein könnte, wie man an der später vorgeschlagenen 4 DIN A4-Seitenlangen, vorgeschlagenen Belehrung sehen konnte. 3Gleichwohl hieltendie Instanzengerichte eine Belehrung über den Fristbeginn mit demWort „frühestens“ nur vereinzelt für richtig. So meinte das LG Braunschweig,4 die Formulierung „Die Widerrufsfrist beginnt frühestens mitErhalt der Ware und einer in Textform gesondert mitzuteilenden Widerrufsbelehrung“enthalte die gesetzlich geforderten Angaben. NachAnsicht des LG Münster 5genügt die Formulierung „Die Frist beginntfrühestens mit Erhalt dieser Belehrung.“ den gesetzlichen Anforderungen,weil sie exakt dem Wortlaut des (bis zum 31.3.2008 geltenden)Musters der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 u. 3 BGB-InfoV entspricht.Kürzlich entschied jedoch der 11. Zivilsenat des BGH 6 über eine Widerrufsbelehrungnach dem HWiG. Demnach widerspricht der Zusatzin einer Widerrufsbelehrung, der Lauf der Widerrufsfrist beginne „frühestens,wenn Ihnen diese Belehrung über ihr <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgehändigtworden ist, jedoch nicht bevor Sie die von uns gegengezeichneteAusfertigung des Darlehensvertrages erhalten haben“, nicht dem Deutlichkeitsgebotdes § 2 Abs. 1 Satz 2 HWiG a.F. Aus dem Zusammen-1LG Halle, NJOZ 2006, 1951, 1954; Masuch, NJW 2002, 2931, 2932; Bodendiek,MDR 2003, 1, 3; Palandt/Grüneberg, § 14 BGB-InfoV Rn. 5 sowie <strong>im</strong> FolgendenOLG Düsseldorf, CR 2008, 539; OLG München, MMR 2008, 677; OLGHamm, CR 2007, 387; LG Karlsruhe, JurPC Web-Dok. 85/2008; LG Dortmund,Beschluss v. 19.7.2007 – 10 O 113/07; LG Berlin, MMR 2007, 734; Faustmann,VuR 2006, 384; Buchmann, MMR 2007, 347.2OLG Hamburg, K&R 2007, 655 = MIR 2007, Dok. 366 = MD 2008, 272 =CR 2008, 116 = GRUR-RR 2008, 137 (Ls.).3<strong>Föhlisch</strong>, MMR 2007, 749, 750.4LG Braunschweig, MMR 2008, 59.5LG Münster, CR 2006, 782 = K&R 2006, 480 = MMR 2006, 762.6BGH, Urteil v. 13.1.<strong>2009</strong>, XI ZR 118/08.


400 Teil 5 – Informations- und Belehrungspflichthang werde klar, dass für den Fristbeginn die Aushändigung der Belehrungmaßgeblich ist, es sei denn, die Darlehensvertragsurkunde wirderst zu einem späteren Zeitpunkt übergeben. Nur dann beginnt dieWiderrufsfrist erst mit dem Erhalt der Urkunde. Angesichts dessen seider Zusatz auch nicht geeignet, die Aufmerksamkeit des Verbrauchersvon den übrigen Teilen der Widerrufsbelehrung abzulenken. DerVerbraucher werde durch die Verwendung des Wortes „frühestens“auch nicht über die für den Beginn der Widerrufsfrist maßgeblichenEreignisse <strong>im</strong> Unklaren gelassen.Auch wenn es sich um ein Urteil des Kreditsenats handelt, 1sind dieGerichte künftig an diese Bewertung des BGH gebunden. Auch in anderenWiderrufsbelehrungen ist mithin die Verwendung des Wortes „frühestens“unschädlich. Dies beseitigt in vielen Altfällen (Musterbelehrungvor dem 1.4.2008) die Rechtsunsicherheit. Eine Belehrung dahingehend,die Frist beginne „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ ist richtig, weilklar wird, dass für den Fristbeginn der Erhalt der Belehrung maßgeblichist, es sei denn, weitere Voraussetzungen für den Fristlauf sind nicht erfüllt.Nur dann beginnt die Widerrufsfrist erst mit Vorliegen dieser Voraussetzungen.Der Verbraucher ist durch das Wort „frühestens“ in derLage, sich über weitere Voraussetzungen durch Einholung von Rechtsratzu informieren und so z.B. in Erfahrung zu bringen, dass ihm Korrekturhilfenbei seiner Bestellung zur Verfügung gestellt werden mussten, daanderenfalls die Frist nicht zu laufen beginnt.bb) Nennung nur einiger VoraussetzungenZur Erhöhung der Transparenz wurde vorgeschlagen, sowohl das „frühestens“als auch einen Verweis auf die Pflichten <strong>im</strong> Fernabsatz und E-Commerce wegzulassen, 2etwa durch eine Belehrung „Verbraucherkönnen bei Fernabsatzgeschäften innerhalb von einem Monat nachErhalt der Ware und dieser Widerrufsbelehrung in Textform (z.B. alsBrief, Fax, E-Mail) ihre Vertragserklärung in Textform oder durchRücksendung der Ware ohne Angabe von Gründen widerrufen.“ Diestäuscht jedoch den Verbraucher über die weiteren Voraussetzungen desFristbeginns. So wird beispielsweise die Information darüber, ob derVertragstext gespeichert wird und dem Kunden zugänglich ist (§ 312eAbs. 1 Nr. 2 BGB i.V.m. § 3 S.1 Nr. 2 BGB-InfoV) von einer Vielzahlder Onlinehändler nicht erteilt, so dass die Widerrufsfrist gemäß § 312eAbs. 3 S. 2 i.V.m. § 355 Abs. 3 S. 1 BGB nicht zu laufen beginnt. Mankann freilich darüber streiten, ob diese EU-rechtlich nicht vorgegebene1Derzeit laufen be<strong>im</strong> BGH noch zwei weitere Verfahren in Sachen Widerrufsbelehrung,nämlich I ZR 66/08, in dem es um die Fragen Textform und Fristlänge geht,sowie VIII ZR 219/08 zu Fragen der Musterbelehrung bei Fernabsatzgeschäften.2So Buchmann, MMR 2007, 347, 353.


B. Belehrung in Textform 401Verknüpfung von Verletzung von Pflichten <strong>im</strong> E-Commerce und derLänge der Widerrufsfrist sachgerecht ist, 1 derzeit ist sie aber nun einmalgeltendes Gesetz und kann nicht in der Belehrung unterschlagen werden.Ein „frühestens“ versetzt den Verbraucher hingegen in die Lage,<strong>im</strong> Fall des Widerrufs Rechtsrat über die weiteren Voraussetzungeneinzuholen. 2Auch die Belehrung „Die Frist beginnt am Tag nachdem Sie die Wareund die Widerrufsbelehrung in Textform erhalten haben“ ist mangelsVerweises auf die Erfüllung der Informationspflichten gemäß § 312cAbs. 2 in Verbindung mit § 1 Abs. 1, 2, und 4 BGB-InfoV sowie derPflichten gemäß § 312e Abs. 1 S. I BGB in Verbindung mit § 3 BGB-InfoV als weitere Voraussetzungen für den Fristlauf unvollständig unddamit fehlerhaft. 3Weiterhin ist die vom KG 4 für die vorvertragliche Information überdas <strong>Widerrufsrecht</strong> vorgeschlagene Formulierung, dass die Frist „frühestensmit Erhalt einer in Textform noch gesondert mitzuteilendenWiderrufsbelehrung zu laufen beginnt“, ebenfalls nicht empfehlenswert.Problematisch an dieser Formulierung ist allerdings nicht, dass sie denfür den Fristbeginn erforderlichen Eingang der Ware nicht nennt, sodass be<strong>im</strong> Verbraucher der Eindruck entstehen könnte, schon die ineiner Bestätigungs-E-Mail enthaltene Widerrufsbelehrung setze denLauf der Widerrufsfrist in Gang. 5Denn durch das „frühestens“ wirdauch in diesem Fall klar, dass weitere Voraussetzungen für den Fristlauferforderlich sind, so dass keine Gefahr besteht, dass der Verbraucherallein bei Eingang der Belehrung von einem Beginn der Frist ausgeht.Ein Hinweis, dass zusätzlich der Erhalt der Ware für den Fristbeginnnötig ist, 6 kann gleichwohl nicht schaden und erhöht die Transparenz.Jedoch ist die vom KG vorgeschlagene Formulierung falsch, wenn dieWiderrufsbelehrung, wie häufig, in AGB eingebettet ist und derVerbraucher diese dann in Textform liest, denn dann beginnt genau indiesem Moment (und nicht erst mit „gesonderter“ Mitteilung) die Fristzu laufen. Die Verwendung zweier verschiedener Texte für die vor- undnachvertragliche Information ist weder <strong>im</strong> Interesse der Rechtsklarheitnoch für die Aufklärung eines Verbrauchers über sein <strong>Widerrufsrecht</strong>1Siehe dazu Teil 3 A III 4.2<strong>Föhlisch</strong>, MMR 2007, 514, 517.3LG Frankfurt, Urteil v. 07.10.2008, 2-18 O 242/08.4KG Berlin, VuR 2007, 37 (Ls.) = MD 2007, 115 = MMR 2007, 185 = ITRB2007, 104 m. Anm. Günther = CR 2007, 331 = K&R 2007, 104.5Dies bemängelt das OLG Düsseldorf, MMR 2008, 171 = VUR 2008, 55 =JurPC Web-Dok. 15/2008 = ITRB 2008, 153; ebenso LG Köln, CR 2008, 130.6So auch verlangt vom OLG Köln, MMR 2007, 713, 716 f.


402 Teil 5 – Informations- und Belehrungspflichtsinnvoll, da verschiedene Widerrufsbelehrungen nur Verwirrung stiften.1cc) Nennung sämtlicher VoraussetzungenWerden konkrete Voraussetzungen für den Beginn der Widerrufsfrist inder Belehrung benannt, muss dies entweder zusammen mit einem „frühestens“geschehen oder es sind alle Voraussetzungen vollständig zunennen. Dies sind (bei Lieferung von Waren) der Erhalt der Belehrungin Textform, der Eingang der Ware, die Erfüllung der Informationspflichten<strong>im</strong> Fernabsatz sowie der Pflichten <strong>im</strong> elektronischen Geschäftsverkehr.Angesichts der zahlreichen Kritik an dem „frühestens“hat das BMJ sich entschieden, in der seit 1.4.2008 geltenden Musterwiderrufsbelehrungalle vier Voraussetzungen aufzulisten. 2 Von den Kritikerndes „frühestens“ wurde auch stets auf die erhebliche Bedeutungder Nennung aller den Fristbeginn auslösenden Ereignisse für denVerbraucher hingewiesen, da andernfalls die Gefahr bestehe, dass er beiNichterfüllung der betreffenden weiteren Voraussetzungen die Frist fürdie Ausübung irrig für bereits abgelaufen hält. 3Nicht möglich ist allerdings, alle Informationspflichten <strong>im</strong> Fernabsatzund Pflichten <strong>im</strong> elektronischen Geschäftsverkehr vollständig in derBelehrung aufzulisten, weil die Belehrung hierdurch etwa 4 DIN A4Seiten lang wird und damit zwangsläufig gegen die Transparenzgeboteaus §§ 307 Abs. 1 Satz 2, 312c Abs. 1 und 355 Abs. 2 BGB verstößt.Die Belehrung muss vielmehr durch Aufbau und Umfang so ausgestaltetsein, dass Verbraucher in der Lage ist, tatsächlich davon Kenntnis zunehmen, 4 was bei einem vier Seiten langen Text nicht der Fall ist. EineEinarbeitung sämtlicher Voraussetzungen des Fristlaufs bei Geschäften<strong>im</strong> Fernabsatz und E-Commerce in die Belehrung führt also dazu, dassdie Belehrung vom Verbraucher nicht mehr verstanden wird. 5Hinzukommt, dass der Inhalt der einzelnen Pflichtinformationen, die aus derFARL weitgehend wörtlich übernommen wurden, selbst noch nichtabschließend geklärt ist. 6 Dies müsste dem Verbraucher über den Gesetzeswortlauthinaus erläutert werden. Mit einer Aufnahme dieser Vor-1Buchmann, MMR 2007, 347, 350 f.2Siehe ausführlich Teil 6 B III.3OLG München, MMR 2008, 677; OLG Düsseldorf, MMR 2008, 171 = VUR2008, 55 = JurPC Web-Dok. 15/2008 = ITRB 2008, 153; OLG Naumburg, CR2008, 247 = NJW-RR 2008, 776 = MMR 2008, 548 = GRUR-RR 2008, 321 (Ls.);LG Dortmund, Beschluss v. 19.07.2007, 10 O 113/07.4Buchmann, K&R 2008, 12, 14.5So schon die Stellungnahme der BReg auf eine Anfrage der FDP, BT-<strong>Dr</strong>ucks.16/3595, S. 3.6Vgl. dazu Teil 3 A II 3 b).


B. Belehrung in Textform 403aussetzungen würden also auch neue Auslegungsprobleme entstehen,und es wäre keine Klarheit für den Verbraucher gewonnen.Dennoch müssen die Voraussetzungen alle genannt werden. Dieskann entweder durch einen Pauschalverweis auf die „nach dem Fernabsatzrechterforderlichen Informationen“ und „für den elektronischenGeschäftsverkehr spezifischen Pflichten“ 1geschehen oder es werden,wie in der aktuellen Musterbelehrung, die entsprechenden Paragrafengenannt, d.h. darauf hingewiesen, dass die Frist nicht vor Erfüllung derInformationspflichten gemäß § 312c Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 1Abs. 1, 2 und 4 BGB-InfoV sowie den Pflichten gemäß § 312e Abs. 1Satz 1 BGB in Verbindung mit § 3 BGB-InfoV beginnt. Die Transparenzsolcher Ausführungen zum Fristanlauf wird aber auch insoweit inFrage gestellt, als der Verbraucher <strong>im</strong> Gesetz nachzuschlagen hat, welchedie Informationspflichten aus §§ 312c, 312e BGB sind, die maßgeblichfür den Fristbeginn sind. 2Entscheidend ist aber, dass dem Verbraucher seine Rechte nicht <strong>im</strong>Detail, sondern grundsätzlich deutlich gemacht werden, so dass er inder Lage ist, einen möglicherweise späteren Fristbeginn zu erkennen.Dies ist sowohl bei einem Pauschalverweis als auch bei Nennung derParagrafen der Fall. Sollte es <strong>im</strong> Falle der Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>esnötig sein, die Erfüllung der Pflichten in den Sonderfällen zu prüfen,kann sich der Verbraucher die Vorschriften ohne weiteres beschaffenoder einen Anwalt befragen. Zur weiteren Erläuterung kann der Unternehmerauch einen Link auf den Server des BMJ mit den Gesetzestexten3 setzen.dd) Angabe des konkreten FristendesBrönneke 4schlägt vor, statt der Voraussetzungen für den Beginn derWiderrufsfrist ein konkretes Fristende zu nennen. Eine richtige Belehrunganzufertigen sei durch die Vielzahl der Voraussetzungen für denUnternehmer recht komplex. Die dementsprechend formulierte Belehrungsei auch für den Verbraucher schwer verständlich. Sie bleibe mitder Angabe der den Fristlauf auslösenden Faktoren abstrakt, wodurchden Verbrauchern ein erheblicher Teil an Subsumtion zugemutet werde.5Dieser gordische Knoten lasse sich auf elegante Weise dadurchlösen, dass der Verbraucher statt über komplexe Umstände des Fristanfangsmit einem konkreten Kalenderdatum über das Fristende belehrtwird. Mit der FARL und dem VRRL-E lasse sich eine solche Belehrung1So der Belehrungsvorschlag von Bierekoven, ITRB 2007, 73, 75.2Lejeune, CR 2008, 226, 231.3Z.B. auf http://bundesrecht.juris.de/bgb/__312c.html.4Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten, S. 43 ff.5Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten, S. 43.


404 Teil 5 – Informations- und Belehrungspflichtohne weiteres vereinbaren, da darüber zu informieren ist, innerhalbwelcher Frist widerrufen werden kann, was durch die Angabe des Enddatumsder Frist erfüllt werde. 1Eine Lösung, bei der den Verbrauchern mit einer konkreten Datumsangabegesagt wird, bis man sie widerrufen können, sei ein einfachesund völlig klares Ergebnis, dass vernünftige Zweifel hinsichtlich desZeitrahmens, innerhalb dessen das Recht ausgeübt werden muss, genausobeseitigen würde wie die Frage, welche Angaben für den Fristlaufin welchem Detaillierungsgrad mitzuteilen sind. 2 Dem stehe auch nichtdie aktuell geltende Vorschrift des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB entgegen. <strong>Das</strong>Fristende sei für den Verbraucher entscheidend. Trotz des Wortlautes„Hinweis auf den Fristbeginn“ sei unter Beachtung von Sinn undZweck der Norm kein Anfangsdatum zu nennen, wenn das Datum desFristendes konkret angegeben wird. Der Sinn dieser Hinweispflicht liegedarin, den Verbraucher in Fällen, in denen keine konkreten Daten mitgeteiltwerden, die Ermittlung des Fristendes zu ermöglichen.<strong>Das</strong> Schrifttum hält die Nennung eines konkreten Datums für dasEnde der Widerrufsfrist hingegen bislang für „gefährlich“, 3da derVerbraucher nicht ohne weiteres den Beginn der Frist errechnen könne.Dies ist aber auch nicht erforderlich, weil nach Sinn und Zweck derBelehrungsvorschriften entscheidend ist, dass der Verbraucher weiß,wann er spätestens widerrufen kann. Vielmehr könnte die konkreteNennung eines Anfangsdatums den Verbraucher zu der irrigen Annahmeverleiten, das vorher ein Widerruf nicht möglich sei. 4Tatsächlichkann der Verbraucher jedoch auch schon vor Beginn der Frist widerrufen,z.B. nach Bestellung, aber vor Erhalt der Ware. 5Die Nennung eines konkreten Enddatums würde zwar die Belehrungverlockend einfach machen, ist aber aus mehreren Gründen problematisch.Zunächst wäre keine identische vorvertragliche Information zum<strong>Widerrufsrecht</strong> möglich, die angesichts der erweiterten Informationspflichtennach deutschem Recht den identischen Inhalt hat. Denn <strong>im</strong>vorvertraglichen Stadium weiß der Händler noch nicht, ob und wannder Kunde bestellt und wann die Ware geliefert wird, so dass kein konkretesDatum genannt werden kann. Zwei verschiedene Belehrungstextestiften jedoch Verwirrung be<strong>im</strong> Verbraucher. Zudem müsste hinsichtlichder vorvertraglichen Information die Frage nach Umfang undDetaillierungsgrad der Hinweise auf die Fristlaufvoraussetzungen nach1Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten, S. 44.2Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten, S. 44.3Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312d Rn. 40; Martin/Meinhoff,MDR 2004, 4, 7.4Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten, S. 44.5Zur Begründung siehe Teil 3 B.


B. Belehrung in Textform 405wie vor beantwortet werden. Weiterhin ist keine standardisierte Belehrungin Textform möglich, d.h. der Händler kann die Belehrung nicht –wie üblich – als statischen Text auf die Katalog- oder Rechnungsrückseitedrucken. Vielmehr müsste stets ein individuelles Datum eingedrucktwerden. Dies mag mit Hilfe moderner EDV noch möglich sein. 1Allerdings weiß der Händler <strong>im</strong> Zeitpunkt der Belehrungserstellungjedoch nicht, wann die Ware geliefert wird; erst ab diesem Datum dürftedie Frist aber gerechnet werden. Selbst bei großzügiger Kalkulationvon Versandzeiten kann es vorkommen, dass ein Paket länger unterwegsist, so dass die Belehrung wegen eines zu frühen Ablaufdatumsdann falsch ist.Vor allem kann es aber vorkommen und ist höchst wahrscheinlich,dass der Händler einige oder mehrere textformgebundene Informationspflichten<strong>im</strong> Fernabsatz oder Pflichten <strong>im</strong> elektronischen Geschäftsverkehrnicht erfüllt, die ebenfalls Voraussetzungen für den Beginn derFrist sind. So wird z.B. häufig nicht auf die Speicherung des Vertragstexteshingewiesen oder die Lieferzeit nicht noch einmal in Textformbestätigt. Hier ist dann nicht nur das konkrete Datum und mithin dieganze Belehrung fehlerhaft, weil die Frist mangels Erfüllung aller Voraussetzungennoch nicht zu laufen begonnen hat, sondern der Verbraucherkann dies noch nicht einmal anhand der Belehrung erkennen.Denn diese macht keinerlei Angaben zu den weiteren Voraussetzungendes Fristlaufs weder pauschal („Pflichten <strong>im</strong> Fernabsatz“, § 312c BGB),konkret („Mitteilung der Lieferzeit in Textform“) noch in Form eines„frühestens“. Somit werden dem Verbraucher wesentliche Informationenvorenthalten, die ihm mitgeteilt werden müssen, um ihm seineRechte deutlich zu machen.d) ZwischenergebnisDer Unternehmer ist nicht verpflichtet, die Textformerfordernisse beispielhaftzu erklären. Der Verbraucher kann dies vielmehr selbst beiBedarf durch Lektüre des Gesetzes herausfinden. Es ist zu beachten,dass die Widerrufsbelehrung keine Rechtsmittelbelehrung ist, die überjedes Detail jeder denkbaren Fallgestaltung informieren muss, sonderndem Verbraucher nach dem Willen des Gesetzgebers seine Rechte nurgrundsätzlich verdeutlichen soll. Daher muss eine Formulierung zumFristbeginn gewählt werden, die den Verbraucher in der Lage versetzt,den Beginn der Widerrufsfrist richtig zu ermitteln.Der Verbraucher wird eine Belehrung, dass die Frist „mit“ Erhalt zulaufen beginne, richtigerweise so verstehen, dass die Frist am selbenWochentag bzw. dem Tag mit identischer kalendarischer Bezeichnung1Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten, S. 45.


406 Teil 5 – Informations- und Belehrungspflichtendet. Die Formulierung „nach Erhalt“ ist auch nicht falsch, weil derErhalt der Belehrung in Textform u.a. Voraussetzung für den Fristlaufist und die Frist nach Erhalt dieser Belehrung zu laufen beginnt. Somitist auch diese Formulierung möglich, um über den Beginn der Widerrufsfristzutreffend zu belehren. Bei der Angabe der einzelnen Voraussetzungendes Fristbeginns schafft Vereinfachung Transparenz. DieNennung nur einiger Voraussetzungen täuscht jedoch den Verbraucherüber die weiteren Voraussetzungen des Fristbeginns.Der Gesetzgeber hat sich für die Nennung sämtlicher Voraussetzungenentschieden. Dem Verbraucher müssen seine Rechte aber nicht <strong>im</strong>Detail, sondern grundsätzlich deutlich gemacht werden, so dass er inder Lage ist, einen möglicherweise späteren Fristbeginn zu erkennen.Dies ist sowohl bei einem Pauschalverweis als auch bei Nennung derParagrafen der Fall. Sinnvoll wäre es, die gesetzlichen Voraussetzungenfür den Beginn der Widerrufsfrist zu reduzieren, damit einfacher darüberaufgeklärt werden kann. Der von dem VRRL-E eingeschlageneWeg, dass der Fristlauf allein von dem Erhalt der Ware und der Belehrungabhängig ist, ist daher der richtige.Problematisch ist die Nennung eines konkreten Enddatums, da dadurchkeine identische vorvertragliche Information zum <strong>Widerrufsrecht</strong>möglich wäre, was Verwirrung be<strong>im</strong> Verbraucher stiften könnte. Weiterhinist keine standardisierte Belehrung in Textform möglich, d.h. derHändler kann die Belehrung nicht als statischen Text auf die KatalogoderRechnungsrückseite drucken. Auch weiß der Händler <strong>im</strong> Zeitpunktder Belehrungserstellung nicht, wann die Ware tatsächlich geliefertwird. Vor allem kann es vorkommen und ist höchst wahrscheinlich,dass der Händler einige oder mehrere textformgebundene Informationspflichten<strong>im</strong> Fernabsatz oder Pflichten <strong>im</strong> elektronischen Geschäftsverkehrnicht erfüllt, die ebenfalls Voraussetzungen für den Beginn derFrist sind. Hier ist dann nicht nur das konkrete Datum und mithin dieganze Belehrung fehlerhaft, sondern dem Verbraucher werden auchwesentliche Informationen vorenthalten, die ihm mitgeteilt werdenmüssen, um ihm seine Rechte deutlich zu machen.3. Einzelheiten der Ausübunga) Rechtzeitige Absendung genügtGemäß § 355 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 1 S. 2 BGB ist darüber zu belehren,dass zur Fristwahrung die rechtzeitige Absendung des Widerrufsoder der Sache genügt. Enthält die Belehrung über die Einhaltung derWiderrufsfrist nach der Formulierung „Zur Fristwahrung genügt dierechtzeitige Absendung des Widerrufs“ den Klammerzusatz „(Datum


B. Belehrung in Textform 407des Poststempels)“, ist dies missverständlich und löst nicht den Ablaufder Widerrufsfrist aus. 1 Ebenso unrichtig ist auch die Klausel „wir gewähren14 Tage Rücknahmegarantie ab Erhalt der Waren (Poststempel)“.2 Denn maßgeblich ist nicht der Poststempel, sondern die Absendung,die in aller Regel vor dem Anbringen des Stempels erfolgt, etwawenn der Verbraucher das Widerrufsschreiben oder die Warensendungin einen Briefkasten einwirft.b) WiderrufsadressatNach § 355 Abs. 2 S. 1 BGB muss die Belehrung auch Namen undAnschrift desjenigen enthalten, gegenüber dem der Widerruf zu erklärenist.aa) NameDa der Widerruf auch durch Rücksendung der Sache ausgeübt werdenkann, muss der Widerrufsempfänger zugleich auch die Ware in Empfangnehmen können. Möglich ist es zwar, einen anderen Widerrufsempfängerals den Unternehmer zu benennen. 3Jedoch darf dies nichtdazu führen, dass der Widerruf gegenüber einer Person erklärt werdenund die Ware an eine andere geschickt werden muss, da ansonsten –mangels Widerrufsmöglichkeit durch bloße Rücksendung – die Ausübungdes Widerrufs unzulässig beschränkt würde. 4 Ein Retourenzentrumo.ä. muss also stets zugleich auch Widerrufsempfänger sein.bb) Ladungsfähige AnschriftUnter dem Begriff „Anschrift“ i.S.d. § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB war zwarnach der Rechtsprechung des BGH früher nicht nur die Hausanschrift,sondern auch die Postfachanschrift zu verstehen. 5 Aus dem erst danachin Kraft getretenen § 14 Abs. 4 BGB-InfoV ergibt sich aber eine Modifizierungdieser Rechtslage, da dort angeordnet wird, dass bei Abweichungenvom gesetzlichen Muster die „ladungsfähige Anschrift“ zuverwenden ist. Daher ist die die bisherige Rechtsprechung des BGHinsoweit überholt. Der Hinweis auf das „Postfach“ genügt also nicht. 61OLG Oldenburg, BB 2006, 1077.2LG Konstanz, WRP 2006, 1156 (Ls.).3Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312d Rn. 39; Roßnagel/Brönneke/Zander-Hayat,§ 312c Rn. 129 (<strong>im</strong> Erscheinen); Lütcke, Fernabsatzrecht,§ 312c, Rn. 86.4Vgl. Roßnagel/Brönneke/Zander-Hayat, § 312c Rn. 129 (<strong>im</strong> Erscheinen).5BGH, GRUR 2002, 720 = NJW 2002, 239 = WRP 2002, 832; sowie zur altenRechtslage auch OLG Koblenz NJW 2005, 3430; Martin/Meinhoff, MDR 2004, 4,8.6OLG Koblenz, NJW 2006, 919, 920; MünchKommBGB/Masuch, § 355 Rn. 46,Fn 108; Staudinger/Kaiser, § 355 Rn. 34; Palandt/Grüneberg, § 355 Rn. 14.


408 Teil 5 – Informations- und BelehrungspflichtDiese Ansicht ist in der Literatur zum Teil kritisiert worden. Sowohlnach § 355 BGB als auch nach § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV könneauch eine Postfachadresse angegeben werden. 1Der Gesetzgeber habedie Anforderungen der § 355 Abs. 2 und § 1 Nr. 10 BGB-InfoV in derMusterbelehrung überobligatorisch umgesetzt. Dies könne sich nichtzum Nachteil des Unternehmers auswirken, der sich <strong>im</strong> Übrigen an dieRechtslage halte. 2 Dem ist einerseits entgegenzuhalten, dass die Festlegungeiner ladungsfähigen Anschrift in Gestaltungshinweis 3 der Musterbelehrungvon Art. 245 Nr. 1 EGBGB gedeckt ist. Andererseitskommt die Angabe nur einer Postfachadresse schon deswegen nicht inBetracht, weil der Widerruf auch durch Rücksendung der Ware ausgeübtwerden kann und Warenpakete zumindest ab einer best<strong>im</strong>mtenGröße nicht an Postfächer retourniert werden können.cc) E-Mail-Adresse und TelefaxnummerFraglich ist, ob der Unternehmer zusätzlich zur Angabe einer E-Mail-Adresse oder Telefaxnummer in der Widerrufsbelehrung verpflichtetist. Eine solche Obliegenheit kann aus dem Gesetz nicht, aus demZweck der Sache aber wohl abgeleitet werden, da andernfalls derVerbraucher seine Widerrufserklärung auf diese Weise dem Unternehmernicht übermitteln kann und ihm mithin der kostengünstige Wegper E-Mail abgeschnitten werde. 3Die Angabe aller Textform-Kontaktmöglichkeiten wird gefordert, da insbesondere bei Fernabsatzgeschäftenüber das Internet nicht ersichtlich sei, warum die E-Mail desVerkäufers nicht angegeben werden muss. 4Eine solche Forderung hatder BGH jedoch bislang abgelehnt. Der Verbraucher habe den zumutbarenWeg des Widerrufs zu nutzen, der ihm aufgezeigt wird. 5MitBlick auf die für den Verbraucher wesentlich ungünstigere Beweissituationbei Ausübung des Widerrufs per E-Mail oder Fax gegenüber Einschreibenoder Paketrücksendung ist gegen diese Vorgaben des BGHnichts einzuwenden. Die fehlende Angabe einer E-Mail-Adresse oderFaxnummer stellt daher keinen Verstoß gegen die Vorschriften zurBelehrung über das <strong>Widerrufsrecht</strong> für Verbraucher dar. 61Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312c Rn. 128, § 312d Rn. 39.2Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312c Rn. 128, § 312d Rn. 39.3Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, § 312c Rn. 129.4Buchmann, MMR 2007, 347, 352; Buchmann, K&R 2008, 12, 15.5BGH, NJW 2002, 2391 = WRP 2002, 832 = VuR 2002, 337 m. Anm. Schirmbacher;vgl. auch OLG Koblenz, NJW 2005, 3430.6Zur Faxnummer ebenso: OLG Hamburg, MD 2008, 379 = CR 2008, 331; LGKempten, Urteil v. 26.02.2008, 3 O 146/08.


B. Belehrung in Textform 409dd) TelefonnummerIn der Rechtsprechung uneinheitlich beantwortet wird die Frage, ob dieAngabe einer Telefonnummer in der Widerrufserklärung zulässig ist.<strong>Das</strong> OLG Frankfurt 1 vertrat die Meinung, dies berge die Gefahr, dassder Verbraucher den Inhalt der Widerrufsbelehrung irrtümlich dahinversteht, er könne sein <strong>Widerrufsrecht</strong> auch telefonisch ausüben. <strong>Das</strong>LG Berlin 2hat hingegen in einem Fall, in dem nach dem Satz „DerWiderruf ist zu richten an:“ <strong>im</strong> nächsten Absatz zunächst Name unddie Anschrift des Unternehmers und dann die Telefonnummer aufgeführtwurden, die Ansicht vertreten, dass unter diesen Umständen jedemVerbraucher klar sei, dass die Angabe der Telefonnummer nichtzur Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s verhelfen, sondern nur Fragen zurDurchführung der Rücksendung erleichtern solle. Mit gleicher Begründungbejahte das KG 3 die Frage, ob die Angabe einer Telefonnummerin einer Rückgabebelehrung nach § 356 BGB zulässig ist. Hier besteheauch deswegen keine Gefahr eines Missverständnisses über die Formder Ausübung des Rückgaberechts, da das Rückgaberecht anders alsdas <strong>Widerrufsrecht</strong> schon seinem Wortlaut nach pr<strong>im</strong>är auf eine tatsächlicheHandlung und nicht eine Erklärung gerichtet sei. <strong>Das</strong> LGLübeck 4sah schließlich eine Telefonnummernangabe auch in einerWiderrufsbelehrung als unbedenklich an.Eine Telefonnummer kann in der Belehrung genannt werden, wenneindeutig klar gestellt wird, dass die Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s nurin Textform und durch Rücksendung der Sache möglich ist. Daher darfdie Telefonnummer nicht einfach unter die Adresse mit der Einleitung„Der Widerruf ist zu richten an:“ geschrieben werden, sondern es mussdann ein zusätzlicher Hinweis erfolgen, dass ein telefonischer Widerrufnicht möglich ist (z.B. durch entsprechenden Klammerzusatz hinter derTelefonnummer). Nur dann wird der Verbraucher eine Telefonnummerin der Art verstehen, dass er diese für Rückfragen zur Rückabwicklung,aber nicht zur Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>es nutzen kann.c) Unzulässige EinschränkungenSchließlich ist die Angabe von weitergehenden Erklärungen <strong>im</strong> Rahmender Widerrufsbelehrung unzulässig, da diese das Verständnis seitens desVerbrauchers gefährden können und ihn vom Inhalt der Belehrung nurablenken. 5 Stets unzulässig sind Klauseln, die die Ausübung des Wider-1OLG Frankfurt, Urteil v. 17.6.2004 – 6 U 158/03, BeckRS 2007, 19788.2LG Berlin, Beschluss v. 05.06.2008, 52 O 196/08.3KG Berlin, K&R 2007, 530 = MD 2007, 1146 = GRUR 2008, 87 = GRUR-RR2008, 23 = MMR 2008, 45 = WRP 2007, 1380 (Ls.) = NJW-RR 2008, 352.4LG Lübeck, MMR 2008, 554 = K&R 2008, 483.5Roßnagel/Brönneke/Zander-Hayat, § 312c Rn. 130 (<strong>im</strong> Erscheinen).


410 Teil 5 – Informations- und Belehrungspflichtrufsrechts von weiteren Voraussetzungen abhängig machen, wie z.B.Rücksendung in Originalverpackung. 1<strong>Das</strong> Öffnen der Pr<strong>im</strong>ärverpackungkann allerdings in einigen Fällen erhebliche Wertersatzansprücheauslösen oder sogar zum Ausschluss des <strong>Widerrufsrecht</strong>es führen. 2Unzulässig ist das Verlangen nach Beifügen einer Kopie der Rechnungoder des Zahlungsnachweises, 3Vorliegen eines schriftlichen Einverständnisses,4Pflicht zur telefonischen Vorankündigung der Rücksendung,Anfordern einer Reklamationsnummer 5 oder ähnliches. So z.B. isteine Klausel „…vorausgesetzt die Rücksendung ist <strong>im</strong> originalen, ungetragenen,unbeschädigten Zustand!“ ebenso unzulässig 6 wie die Klausel„Von der Rücknahme ausgeschlossen ist benutzte oder beschädigteWare“, verbunden mit dem Hinweis, dass zurückgeschickte Ware geprüftwird und der Kaufbetrag anschließend dem Kundenkonto gutgeschriebenwerde, wobei eine Barauszahlung nicht möglich sei. 7Eine unzulässige Einschränkung des <strong>Widerrufsrecht</strong>es erfolgt auchdurch eine Klausel, die den Verbraucher darüber informiert, dass dieRücksendung ausreichend frankiert sein muss. 8Die Frankierung vonRücksendungen darf nicht zu einer zwingenden Voraussetzung für dieAusübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>es gemacht werden. 9 Dabei ist es unerheblich,ob der Verbraucher um die Nutzung eines beigefügten Retourenaufklebersoder um „Selbstfrankierung“ gebeten wird. Beides wurdegleichermaßen als unzulässig bewertet. 10 <strong>Das</strong> OLG Hamburg verpflichtetden Unternehmer gar zur Annahme unfreier Pakete, auch wennwirksam die 40-Euro-Rücksenderegelung vereinbart wurde. 111OLG Hamm, NJW-RR 2005, 1582; OLG Düsseldorf, WRP 2006, 1270 = CR2006, 858 = MMR 2006, 833; OLG Jena, GRUR-RR 2006, 283; OLG Frankfurt,WRP 2005, 922; LG Stuttgart, WRP 2006, 1156 (Ls.); LG Coburg, K&R 2006, 533= CR 2007, 592Vgl. dazu Teil 2 D III 3 c).3OLG Düsseldorf, WRP 2006, 1270 = CR 2006, 858 = MMR 2006, 833; LGStuttgart, WRP 2006, 1156 (Ls.).4LG Stuttgart, WRP 2006, 1156 (Ls.).5OLG Jena, GRUR-RR 2006, 283.6LG Konstanz, WRP 2006, 1156 (Ls.). Zum Wertersatzanspruch Teil 4 D I 3 b).7LG Regensburg, WRP 2007, 1020 (Ls.).8OLG Hamburg, MD 2007, 540 = WRP 2007, 674 = CR 2007, 455 = MMR2007, 530 = GRUR-RR 2007, 289; LG Paderborn, MMR 2007, 191 = CR 2007,465.9 OLG Stuttgart, MMR 2008, 616; OLG Hamburg, MMR 2008, 44; OLGHamburg, MMR 2007, 461; LG Trier, Beschluss v. 18.12.2006 – 10 HK O 48/06;LG Frankenthal, Urteil v. 23.3.2007 – 1 HK O 9/07.10OLG Hamm, NJW-RR 2005, 1582.11OLG Hamburg, GRUR-RR 2007, 289, 290. Zur Schadensminderungspflicht:Teil 4 C II 1.


B. Belehrung in Textform 4114. RechtsfolgenNach § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV ist der Verbraucher auch über dieRechtsfolgen des Widerrufs zu informieren. Der Verbraucher soll nichtnur vor den mit Fernabsatzverträgen einhergehenden Gefahren geschütztwerden, sondern eine gesicherte Grundlage für die Entscheidungerhalten, ob er das <strong>Widerrufsrecht</strong> ausüben will oder nicht. 1DerVerbraucher ist zunächst über seine Rückgabepflicht aus §§ 357 Abs. 1S. 1, 346 Abs. 1 BGB zu belehren. Ausdrücklich festgelegt ist in § 1Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV, dass dem Verbraucher Informationen überden Betrag, den er <strong>im</strong> Fall des Widerrufs nach § 357 Abs. 1 BGB für dieerbrachte Dienstleistung zu zahlen hat, zur Verfügung zu stellen sind.Liegt ein verbundenes Geschäft vor, ist auch die Wirkung des § 358BGB zu erörtern. 2 Weiterhin ist es erforderlich, den Verbraucher richtigund vollständig über mögliche Wertersatzansprüche bei Ausübung des<strong>Widerrufsrecht</strong>es zu belehren, d.h. der Verbraucher muss <strong>im</strong> Klarensein, wann genau er sich schadensersatzpflichtig macht. 3a) WertersatzBei der Wertersatzpflicht ist zwischen den allgemeinen Wertersatzpflichtennach §§ 357 Abs. 1, S. 1, 346 Abs. 1, 2 BGB und der speziellerenRegelung des § 357 Abs. 3 BGB zu differenzieren. Während demVerbraucher geläufig sein dürfte, dass er für vorsätzliche Beschädigungender Ware durch unsachgemäßen Gebrauch Schadensersatz leistenmuss, ist der erweiterte Wertersatzanspruch des § 357 Abs. 3 BGBweniger bekannt. Daher muss der Verbraucher gemäß § 357 Abs. 3BGB Wertersatz für eine best<strong>im</strong>mungsgemäße Ingebrauchnahme nurdann leisten, wenn ihn der Unternehmer spätestens bei Vertragsschlussin Textform darauf hinweist und darüber informiert, wie die Wertersatzpflichtvermieden werden kann. Bisher haben die Gerichte überwiegendentschieden, dass eine Belehrung über die Wertersatzpflichten desVerbrauchers <strong>im</strong> Falle des Widerrufs eine unverzichtbare Informationspflichtnach § 312c Abs. 2 BGB i.V.m § 1 Abs. 1 Nr. 1 BGB-InfoV ist,so dass bei deren Fehlen ein nicht nur unerheblicher Wettbewerbsverstoßvorliege. 41KG Berlin, WRP 2008, 265 (Ls.) = MD 2008, 262 = GRUR-RR 2008, 129.2MünchKommBGB/Wendehorst, § 1 BGB-InfoV Rn. 42; Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, § 1 BGB-InfoV Rn. 32.3Vgl. <strong>Föhlisch</strong>, MMR 2007, 139, 140; Brönneke MMR 2004, 127, 132.4OLG Hamm, JurPC Web-Dok. 14/<strong>2009</strong>; OLG Zweibrücken, MMR 2008, 257(m. zust. Anm. Faustmann) = CR 2008, 539.


412 Teil 5 – Informations- und Belehrungspflichtaa) Allgemeiner WertersatzanspruchFraglich ist, ob der Hinweis auf einen Wertersatzanspruch des Unternehmersnach den allgemeinen Vorschriften Pflichtbestandteil der Belehrungist. 1<strong>Das</strong> Gesetz schreibt eine solche Aufklärung nicht explizitvor, sie lässt sich aber möglicherweise aus § 312c Abs. 1 BGB i.V.m.§ 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV ableiten, wonach über die Rechtsfolgendes Widerrufs <strong>im</strong> Detail aufzuklären ist. Fraglich ist allerdings der Sinneiner solch detaillierten Aufklärung. Der Verbraucher wird sich – andersals bei einem Wertersatz für Verschlechterungen infolge best<strong>im</strong>mungsgemäßerIngebrauchnahme – denken können, dass er nicht denvollen Kaufpreis zurück erhält, wenn er die <strong>im</strong> Fernabsatz erworbeneFlasche Wein austrinkt und ihm in diesem Zustand das online gekaufteHandy ins Klo fällt.Der Unternehmer ist <strong>im</strong> Falle des Widerrufs auch nicht gezwungen,Wertersatz zu verlangen. Allerdings dürfte es unrealistisch sein, dass einUnternehmer beispielsweise <strong>im</strong> Fall der Beschädigung der Ware infolgenicht best<strong>im</strong>mungsgemäßer Ingebrauchnahme auf seinen Wertersatzanspruchverzichtet. Hier dürften durchaus Unterschiede zwischen verschiedenenUnternehmern bestehen, je nachdem, wie kulant solche Fällegehandhabt werden. Während ein Unternehmer Streitigkeiten mit demVerbraucher und Verwaltungskosten vermeiden will, kann ein andererdurchaus jede Gelegenheit nutzen wollen, über die Geltendmachungvon Wertersatz die Kosten eines Widerrufs zu kompensieren.<strong>Das</strong> KG Berlin, 2 OLG Zweibrücken, 3 OLG Hamm, 4 OLG Koblenz, 5und die überwiegenden St<strong>im</strong>men in der Literatur 6sprechen sich daherzutreffend für eine Aufklärungspflicht des Unternehmers über die allgemeineHaftung des Verbrauchers nach §§ 357 Abs. 1 S. 1, 346 BGBaus. Abweichend hiervon hat lediglich das LG Wuppertal 7 die Auffassungvertreten, dass eine Belehrung über die Folgen eines Verbrauchsnicht erforderlich sei, da der gänzliche oder teilweise Verbrauch desempfangenen Gegenstandes <strong>im</strong>mer zur Folge habe, dass Wertersatz zuleisten ist. Als Rückschluss aus der besonderen Hinweispflicht in § 357Abs. 3 S. 1 BGB folge, dass der Verbraucher nicht darauf aufmerksam1Dazu <strong>Föhlisch</strong>, MMR 2007, 139, 140.2KG Berlin, WRP 2008, 265 (Ls.) = MD 2008, 262 = GRUR-RR 2008, 129; KGBerlin, MMR 2008, 339 = MD 2008, 265.3OLG Zweibrücken, MMR 2008, 257 (m. zust. Anm. Faustmann) = CR 2008,539.4 OLG Hamm, JurPC Web-Dok. 14/<strong>2009</strong>.5OLG Koblenz, MMR 2007, 190 = JurPC Web-Dok. 52/2007 = CR 2007, 745.6MünchKommBGB/Wendehorst, § 1 BGB-InfoV Rn. 42; Roßnagel/Brönneke/Zander-Hayat, § 312c Rn. 135 (<strong>im</strong> Erscheinen); Buchmann, MMR 2007, 347, 352 f;Witt, NJW 2007, 3759, 3760; Wege, BB 2007, 1012, 1015.7LG Wuppertal, BeckRS 2008, 03864.


B. Belehrung in Textform 413zu machen ist, wie er die Nutzungsersatzpflicht vermeiden kann. 1 Diesist zwar zutreffend, entbindet den Unternehmer jedoch nicht, über dieRechtsfolgen des § 346 BGB (nicht deren Vermeidung) <strong>im</strong> Rahmen derBelehrung über die Rechtsfolgen des Widerrufs aufzuklären.bb) Besonderer WertersatzanspruchUnstrittig ist bei der Belehrung über die Rechtsfolgen des <strong>Widerrufsrecht</strong>sauf den besonderen Wertersatzanspruch des § 357 Abs. 3 S. 1BGB hinzuweisen, der eine erhebliche Abweichung von den allgemeinenWertersatzregelungen darstellt und den Verbraucher nicht überraschendtreffen soll. Diese Regelung findet allerdings nur auf die FälleAnwendung, in denen der Verbraucher „spätestens bei Vertragsschlussin Textform auf diese Rechtsfolge und eine Möglichkeit hingewiesenworden ist, sie zu vermeiden.“ Daraus resultieren zwei Problempunkte.Zunächst ist es irreführend auf die Rechtfolge der Regelung hinzuweisen,wenn die Textformbelehrung erst nach Vertragsschluss erfolgt, unddiese nicht zu Anwendung kommt. 2 So hat eine Mehrzahl von Gerichten3 entschieden, dass ein entsprechender Hinweis bei eBay-Geschäftenunzulässig sei. 4 Auf der anderen Seite wird die Meinung vertreten, dassin diesen Fällen ein Hinweis darauf unerlässlich ist, dass eine Verschlechterungder Ware, die durch best<strong>im</strong>mungsgemäßen Gebrauchentstanden ist, bei der Best<strong>im</strong>mung der Höhe des Wertersatzes außerAcht bleibt. 5Dies ist zutreffend, da der Verbraucher <strong>im</strong> Rahmen derWiderrufsbelehrung auch über seine wesentlichen Rechte aufzuklärenist, also auch die Möglichkeit, die Ware in Gebrauch zu nehmen, ohnehierfür Wertersatz zu schulden.Hingegen hat das KG zwar die Verwendung einer Belehrung mit demWortlaut „Im Übrigen können Sie die Wertersatzpflicht vermeiden,indem Sie die Sache nicht wie ein Eigentümer in Gebrauch nehmen undalles unterlassen, was deren Wert beeinträchtigt.“ bei einem <strong>im</strong> Rahmeneiner sogenannten Auktion abgeschlossenen Fernabsatzvertrag alsmissverständlich angesehen, soweit der Verbraucher die erhaltene Warenicht nur geprüft, sondern best<strong>im</strong>mungsgemäß in Gebrauch genommen1Buchmann, MMR 2007, 347, 353.2<strong>Föhlisch</strong>, MMR 2007, 139, 140; Woitkewitsch/Pfitzer, MDR 2007, 61, 66;Roßnagel/Brönneke/Zander-Hayat, § 312c Rn. 136 (<strong>im</strong> Erscheinen).3LG Dortmund, Beschluss v. 19.07.2007, 10 O 113/07; LG Karlsruhe, JurPCWeb-Dok. 85/2008; OLG Stuttgart, MMR 2008, 616; OLG München, MMR 2008,677; OLG Köln, JurPC Web-Dok. 144/2007 = MMR 2007, 713 = ITRB 2008, 3 m.Anm. Rössel = CR 2008, 44 = GRUR-RR 2008, 88 = MD 2008, 701.4Dazu Teil 4 D II 4.5AG Lahr, MMR 2008, 270 = BB 2008, 694; LG Berlin, K&R 2007, 424 (m.Anm. Buchmann/Tilse) = JurPC Web-Dok. 84/2007 = CR 2008, 198 (Ls.); Buchmann,MMR 2007, 347, 353.


414 Teil 5 – Informations- und Belehrungspflichthat. 1 Heißt es aber <strong>im</strong> Zusammenhang mit dieser Belehrung „Kann derVerbraucher die empfangenen Leistungen ganz oder teilweise nichtoder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren, muss derVerbraucher insoweit gegebenenfalls Wertersatz leisten.“ sei die Belehrunglediglich unvollständig, jedoch nicht falsch, da die Einschränkung„gegebenenfalls“ gerade einem dahin gehenden Verständnis der Belehrungentgegen stehe, dass der Verbraucher bei einer Verschlechterungder Ware durch best<strong>im</strong>mungsgemäße Ingebrauchnahme (stets) Wertersatzzu leisten habe. 2Diese Begründung des KG Berlin ist nicht überzeugend,da das „gegebenenfalls“ so verstanden wird, dass je nachBenutzungsintensität und nicht je nach Belehrungszeitpunkt Wertersatzzu leisten ist.Auch das OLG Köln entschied mit Blick auf die bis zum 31.3.2008geltende Musterbelehrung wenig überzeugend, dass auch bei Geltungder Monatsfrist der Hinweis auf den Wertersatz nicht irreführend sei.Demnach lasse die Formulierung offen, ob <strong>im</strong> gegebenen Fall tatsächlichWertersatz zu leisten sei. Zudem sei auch <strong>im</strong> Falle von Beschädigungender Ware Wertersatz ohne vorherige Textformaufklärung möglich.Auch lasse sich die Formulierung so verstehen, dass eineVerschlechterung, die nur auf der best<strong>im</strong>mungsgemäßen Ingebrauchnahmeberuht, keine Wertersatzpflicht auslöst. <strong>Das</strong> OLG Köln ist derAnsicht, dass die Wertersatzverpflichtung eine vertragliche Gestaltungsmöglichkeitzwischen Unternehmer und Verbraucher darstellt undsomit eine fehlende Belehrung über Wertersatz bei best<strong>im</strong>mungsgemäßerIngebrauchnahme zur Folge hat, dass der Unternehmer diesenschlicht nicht verlangen kann. Interessant ist die ausschlaggebendeErklärung des Senats, wonach der Unternehmer die Formulierung deshalbverwenden könne, weil sie aus dem Muster des Bundesjustizministeriumsstammt. 3 Diese Diskussionen haben sich jedoch mit Inkrafttretender aktuellen Musterbelehrung nach Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoVerledigt, weil dort eine differenzierte Wertersatzbelehrung je nach Vertriebswegenthalten ist.b) KostentragungZu den wesentlichen Rechtsfolgen, die für den Verbraucher von großerBedeutung sind, zählt auch die Kostenfrage. Der Verbraucher muss sich<strong>im</strong> Klaren sein, mit welchen Kosten die Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s1KG Berlin, MMR 2008, 339 = MD 2008, 265.2KG Berlin, MMR 2008, 541 m. Anm. <strong>Föhlisch</strong> = K&R 2008, 375 = JurPC Web-Dok. 101/2008 = CR 2008, 586 = GRUR-RR 2008, 352.3OLG Köln, JurPC Web-Dok. 144/2007 = MMR 2007, 713 = ITRB 2008, 3 m.Anm. Rössel = CR 2008, 44 = GRUR-RR 2008, 88 = MD 2008, 701.


B. Belehrung in Textform 415verbunden ist, so dass eine Aufklärungspflicht des Unternehmers hierüberanzunehmen ist.aa) RücksendekostenAufzuklären ist über die Rücksendekosten. Diese trägt <strong>im</strong> Regelfall(§ 357 Abs. 2 S. 2 BGB) der Unternehmer und muss den Verbraucherdarauf aufmerksam machen. 1Denn für den Verbraucher ist bei derEntscheidung, ob er sein <strong>Widerrufsrecht</strong> ausüben will, vielfach die Frageerheblich, ob er selbst die Rücksendekosten tragen muss, etwa wenndiese einen relativ hohen Anteil <strong>im</strong> Verhältnis zum Warenwert (z.B. beiBüchern) oder einen hohen Absolutbetrag (z.B. bei Billardtischen) ausmachen.Durch vertragliche Vereinbarung ist be<strong>im</strong> <strong>Widerrufsrecht</strong>anders als be<strong>im</strong> Rückgaberecht eine Abwälzung der Kosten auf denVerbraucher gemäß § 357 Abs. 2 Satz 3 BGB möglich. Auch hierüberist aufzuklären, jedoch nur dann, wenn die entsprechende Vereinbarungauch tatsächlich zustande kommt. 2Fehlerhaft wäre es auch, denVerbraucher zu informieren, dass er die vertragsbedingten Kosten trägt,falls die Rückgabe auf einer versehentlichen Bestellung beruht. 3bb) HinsendekostenDie Frage nach einer Aufklärung darüber, wer die Hinsendekosten trägtist noch nicht abschließend geklärt. 4 Nach h.M. muss diese der Händlertragen. 5 Mit Blick auf die Rechtsprechung des BGH, 6 wonach derVerbraucher auch über wesentliche Rechte aufgeklärt werden muss,spricht einiges dafür, dass er auch darüber aufgeklärt werden muss,dass er <strong>im</strong> Falle des Widerrufs eines Fernabsatzvertrages über Warenlieferungendie Kosten der Hinsendung nicht trägt, die z.B. bei Lieferungvon Kühlschränken oder Gartenmöbeln ganz erheblich und damit entscheidendfür die Entscheidung über die Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>essein können. Brönneke 7n<strong>im</strong>mt hingegen an, dies sei nur in Fällenerforderlich, in denen der entsprechende Betrag nicht an den Unter-1MünchKommBGB/Wendehorst, §1 BGB-InfoV Rn. 42; Roßnagel/Brönneke/Zander-Hayat, § 312c Rn. 135 (<strong>im</strong> Erscheinen); Buchmann, MMR 2007, 347, 352 f;Witt, NJW 2007, 3759, 3760; Wege, BB 2007, 1012, 1015.2Roßnagel/Brönneke/Zander-Hayat, § 312c Rn. 136 (<strong>im</strong> Erscheinen).3OLG Jena, MD 2006, 772 = GRUR-RR 2006, 283.4Vgl. hierzu BGH NJW <strong>2009</strong>, 66 und Teil 4 C III.5OLG Frankfurt, CR 2002, 642; LG Karlsruhe, MMR 2006, 245 (m. Anm. Kazemi);OLG Karlsruhe, K&R 2007, 586 = MMR 2008, 46 m. Anm. Würdinger/Ringshandl= CR 2008, 118 = VuR 2008, 75 = NJW-RR 2008, 1016; Brönneke,<strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten, S. 19; a.A. OLG Nürnberg, NJW-RR 2005,1581.6BGH, MMR 2007, 514 m. Anm. <strong>Föhlisch</strong>.7Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten, S. 59, Fn. 119.


416 Teil 5 – Informations- und Belehrungspflichtnehmer entrichtet wurde. Seien hingegen die Versandkosten schon gezahlt,ergebe sich die Pflicht zur Rückerstattung aus dem bisherigenBelehrungstext, nach dem die beiderseitig empfangenen Leistungenzurückzuerstatten sind; hierzu zählten eben auch die <strong>im</strong> Rechnungsbetragenthaltenen Versandkosten. 1Es ist allerdings zweifelhaft, ob derVerbraucher dieses Verständnis hat oder konkret über die Tragung derHinsendekosten aufgeklärt werden muss, zumal viele Versandhändlerdiese angesichts der ungeklärten Rechtslage derzeit nicht zurück erstatten.Der Händler muss sich daher in seiner Belehrung zu seiner Rechtsansichtbezüglich dieser Frage bekennen.c) GefahrtragungDie Frage, ob zu den Einzelheiten der Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>sauch Informationen über die Gefahrtragung bei der Rücksendung derWare gehören, ist vom Gesetz- bzw. vom Verordnungsgeber nicht ausdrücklichfestgelegt. <strong>Das</strong> KG 2 und OLG Hamburg 3 haben mit der Begründung,die Musterbelehrung a.F. sehe eine entsprechende Belehrungüber die Gefahrtragung nicht vor, die Ansicht vertreten, dass eine entsprechendeBelehrungspflicht hierüber nicht bestehe. Die Rechtsfolgendes Widerrufs müssten nicht in allen nach dem Gesetz denkbaren Alternativenund Varianten vollständig und in allen Einzelheiten dargestelltwerden. Diese Begründung ist allerdings nicht nachvollziehbar, dadas alte Belehrungs-Muster durchaus einen Hinweis auf die Gefahrtragungenthielt, der jedoch infolge eines Redaktionsversehens des Gesetzgebersfehlt, sobald die sog. 40-EUR-Klausel umgesetzt wird, woraufzutreffend das LG Berlin hinweist .4In der Literatur wird überwiegend angenommen, ein Hinweis darüber,dass der Unternehmer das Risiko der Rücksendung trägt, sei erforderlich.5Diese Annahme ist zutreffend, da Verbraucher sich insbesonderebei hochwertiger Ware oder einer nicht nachverfolgbarenVersandart (z.B. Warensendung, Päckchen) Gedanken darüber machenwerden, ob sie bei Verlust der Rücksendung gleichwohl Anspruch aufKaufpreisrückerstattung haben. Mithin handelt es sich um ein wesentlichesRecht des Verbrauchers, die Sache auf Gefahr des Unternehmerszurücksenden zu dürfen und nicht für Transportverluste verantwortlich1Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten, S. 59, Fn. 119.2KG Berlin, WRP 2008, 265 (Ls.) = MD 2008, 258 = GRUR-RR 208, 134 =MMR 2008, 341.3OLG Hamburg, CR 2008, 606 = MD 2008, 380.4LG Berlin, CR 2008, 54 = ITRB 2008, 31; ebenso KG Berlin, WRP 2008, 265(Ls.) = MD 2008, 262 = GRUR-RR 2008, 129.5Roßnagel/Brönneke/Zander-Hayat, § 312c Rn. 135 (<strong>im</strong> Erscheinen); Buchmann,MMR 2007, 347, 352 f; Witt, NJW 2007, 3759, 3760; Wege, BB 2007, 1012, 1015.


B. Belehrung in Textform 417zu sein. Daher hat der Unternehmer den Verbraucher über die Gefahrtragungaufzuklären. Falsche Informationen wie etwa die Klausel „BeiSchäden geht die Gefahr zu Lasten des Käufers, nicht des Verkäufers.Daher versenden wir nur versichert. Falls ein unversichertes Päckchenverloren geht, haben Sie Pech gehabt. Ich bitte das zu berücksichtigen,wenn Sie auf unversicherten Versand bestehen.“ 1führen stets zu Unwirksamkeitder Widerrufsbelehrung.5. ZwischenergebnisBei der Aufklärung darüber, dass die rechtzeitige Absendung genügt, istein Verweis auf den „Poststempel“ irreführend. Anders als nach alterRechtslage darf der Unternehmer keine Postfachadresse mehr benennen,sondern muss eine ladungsfähige Anschrift angeben. Die Nennungeiner E-Mail-Adresse oder Faxnummer ist hingegen keine zwingendeVoraussetzung. Zwar ist die Textformerfordernis durch eine E-Mailoder ein Fax leichter zu erfüllen, jedoch ist die Beweissituation hierwesentlich ungünstiger für den Verbraucher als bei Einschreiben oderPaketrücksendung. Eine Telefonnummer kann in der Belehrung genanntwerden, wenn eindeutig klar gestellt wird, dass die Ausübung des<strong>Widerrufsrecht</strong>s nur in Textform und durch Rücksendung der Sachemöglich ist, z.B. durch entsprechenden Klammerzusatz hinter der Telefonnummer.Stets unzulässig sind Klauseln, die die Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>svon weiteren Voraussetzungen abhängig machen, z.B.Rücksendung in Originalverpackung oder frankiert.Eine detaillierte Aufklärung über die allgemeine Wertersatzpflichtnach § 346 BGB ist nicht <strong>im</strong>mer sinnvoll. Der Verbraucher wird sichdenken können, dass er nicht den vollen Kaufpreis zurück erhält, wennder Zustand der gekauften Sache sich verschlechtert oder er diese verbraucht.Nicht jeder Unternehmer wird aber <strong>im</strong> Falle des Widerrufsauch Wertersatz verlangen. Daher muss der Unternehmer <strong>im</strong> Vorfeld„Farbe bekennen“, in welchen Fällen er sich die Geltendmachung vonWertersatzansprüchen vorbehält. Über den möglichen Wertersatz beibest<strong>im</strong>mungsgemäßer Ingebrauchnahme der Ware ist stets zu informieren,da dies eine erhebliche und mithin unerwartete Abweichung vonden allgemeinen Rücktrittsregeln darstellt.Aufzuklären ist der Verbraucher schließlich über die Tragung derRücksende- aber auch die der Hinsendekosten, da er ansonsten nichtvollständig über seine Rechte informiert worden wäre. In der Literaturund Teilen der Rechtsprechung wird angenommen, auch ein Hinweisdarüber, dass der Unternehmer das Risiko der Rücksendung trägt, sei1LG Coburg, K&R 2006, 533 = CR 2007, 59.


418 Teil 5 – Informations- und Belehrungspflichterforderlich. Diese Annahme ist zutreffend, da Verbraucher sich insbesonderebei hochwertiger Ware oder einer nicht nachverfolgbaren VersandartGedanken darüber machen werden, ob sie bei Verlust derRücksendung gleichwohl Anspruch auf Kaufpreisrückerstattung haben.V. Rechtsentwicklung1. Rechtslage nach dem BGB-RegEDie Bundesregierung plant eine Neuordnung des Widerrufs- und Rückgaberechts.1Mit dem geplanten Gesetz sollen die Verbraucherkreditrichtlinieund der zivilrechtliche Teil der Zahlungsdiensterichtlinie umgesetztsowie die Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberechtneugeregelt werden. In Bezug auf den Inhalt der Informationspflichtenaus § 312c Abs. 2 BGB (geltende Fassung) und der Belehrungspflichtaus § 355 BGB (geltende Fassung) des Unternehmers sind allerdings nurwenige Veränderungen vorgesehen. Insbesondere werden die Differenzenin den Anforderungen beider Vorschriften nicht beseitigt.a) Neufassung § 312c BGB-RegENeu gefasst wird die Regelung der § 312c BGB. Die Absätze 1 und 2sollen nach dem Regierungsentwurf wie folgt lauten: „(1) Der Unternehmerhat den Verbraucher bei Fernabsatzverträgen nach Maßgabedes Artikels 246 §§ 1 und 2 des Einführungsgesetzes zum BürgerlichenGesetzbuche zu unterrichten. (2) Der Unternehmer hat bei von ihmveranlassten Telefongesprächen seine Identität und den geschäftlichenZweck des Kontakts bereits zu Beginn eines jeden Gesprächs ausdrücklichoffenzulegen.“Die Differenzierung zwischen den Informationen, die <strong>im</strong> Vorfeld undin flüchtiger Form zu erteilen sind und denen, die der Verbraucher inTextform zu erhalten hat, erfolgt in Artikel 246 §§ 1, 2 EGBGB. Dieseenthalten keinerlei inhaltliche Veränderungen in Bezug auf die Informationenzum <strong>Widerrufsrecht</strong>. Wie § 1 Abs. 4 S. 2 BGB-InfoV legt auchArtikel 246 § 2 Abs. 3 S. 1 EGBGB-RegE fest, dass für die Erfüllungder Informationspflichten in Textform die Verwendung der Musterbelehrungin Anlage 1 zu EGBGB-RegE genügt.b) Neufassung §§ 355, 360 BGB-RegENeu gefasst wird auch die Regelung zur allgemeinen Belehrungspflichtdes Unternehmers in Textform. Zum Inhalt der Textformbelehrung1BGB-RegE, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 16/11643 v. 21.1.<strong>2009</strong>. <strong>Das</strong> Gesetz trat am 4.8.<strong>2009</strong> inKraft (BGBl. I <strong>2009</strong>, S. 2355).


B. Belehrung in Textform 419sagt der neue § 355 Abs. 3 S. 1 BGB-RegE: „Die Widerrufsfrist beginnt,wenn dem Verbraucher eine den Anforderungen des § 360Abs. 1 entsprechende Belehrung über sein <strong>Widerrufsrecht</strong> in Textformmitgeteilt worden ist.“Nach § 360 Abs. 1 BGB-RegE muss eine Widerrufsbelehrung folgendeInformationen enthalten: „... 1. einen Hinweis auf das Recht zumWiderruf, 2. einen Hinweis darauf, dass der Widerruf keiner Begründungbedarf und in Textform oder durch Rücksendung der Sache innerhalbder Widerrufsfrist erklärt werden kann, 3. den Namen und dieladungsfähige Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zuerklären ist, und 4. einen Hinweis auf Dauer und Beginn der Widerrufsfristsowie darauf, dass zur Fristwahrung die rechtzeitige Absendungder Widerrufserklärung oder der Sache genügt...“Im Vergleich zum derzeit geltenden § 355 Abs. 2 S. 1, Abs. 1 BGBbesteht inhaltlich lediglich der Unterschied, dass die neue Vorschrift dieAngabe der ladungsfähigen Anschrift des Widerrufsempfängers ausdrücklichvoraussetzt. Dies ordnete bislang nicht das BGB, sondernGestaltungshinweis 3 der Musterbelehrung an. 12. Rechtslage nach dem VRRL-ENach Art. 11 Abs. 4 sind die in Art. 9 VRRL-E vorgeschriebenen Informationendem Verbraucher „innerhalb einer angemessenen Fristnach dem Abschluss eines Fernabsatzvertrags auf einem dauerhaftenDatenträger zu bestätigen, und zwar spätestens bei der Lieferung derWaren oder wenn die Ausführung der Dienstleistung beginnt, es seidenn, der Verbraucher hat die Informationen bereits vor dem Abschlussdes Fernabsatzvertrags auf einem dauerhaften Datenträger erhalten.“Nach Art. 11 Abs. 4 i.V.m. Art. 9 a) 5 Abs. 1 e) VRRL-E muss derUnternehmer den Verbraucher über „gegebenenfalls das Bestehen eines<strong>Widerrufsrecht</strong>s“ informieren. Unklar ist somit, ob der Verbraucherkünftig auf das Nichtbestehen des <strong>Widerrufsrecht</strong>s aufmerksam zumachen ist. Dies ist dem Zweck der Informationspflichten entsprechendsinnvoll, da dem durchschnittlich informierten Verbraucher, der Geschäfteüber das Internet vorn<strong>im</strong>mt, das Bestehen des <strong>Widerrufsrecht</strong>smittlerweile bekannt ist und daher eine Ausnahme hiervon eher überraschendwirken würde.Der Inhalt der Widerrufsbelehrung ist nach Art. 9 b) VRRL-E in Anhang1 des Entwurfs normiert. Danach muss die WiderrufserklärungName, Anschrift und E-Mail-Adresse des Unternehmers, an den dasWiderrufsformular geschickt werden muss (Nr. 1) und einen Hinweis1Vgl. Teil 5 IV 3 b) bb).


420 Teil 5 – Informations- und Belehrungspflichtdarauf, dass dem Verbraucher ein <strong>Widerrufsrecht</strong> zusteht und dass erdieses Recht dadurch ausüben kann, dass er das <strong>im</strong> VRRL-E vorgeseheneWiderrufsformular auf einem dauerhaften Datenträger an denUnternehmer innerhalb der jeweiligen Widerrufsfrist schickt (Nr. 2),enthalten. Im Vergleich zu der FARL und ihrer Umsetzung in deutschesRecht wird somit die Informationspflicht des Unternehmers hinsichtlichder Angabe seiner E-Mail-Adresse ausgeweitet. Keine Angaben werdenhingegen darüber gemacht, ob es sich bei der Anschrift des Unternehmersum eine Postfach- oder ladungsfähige Adresse handeln muss.Problematisch ist hier weiterhin, dass der Unternehmer seinen Namen,Anschrift und E-Mail-Adresse, also sich als Widerrufsempfänger anzugebenhat. Dies könnte bedeuten, dass keine Empfangsboten mehrauf Unternehmerseite eingeschaltet werden dürfen.Weiterhin ist der Verbraucher bei allen Kaufverträgen auf die Fristenund Modalitäten für die Rücksendung der Waren an den Unternehmerund die Bedingungen für die Erstattung des Kaufpreises gemäß den Art.16, 17 Abs. 2 VRRL-E aufmerksam zu machen (Nr. 3). In Art. 17Abs. 2 VRRL-E sind die Wertersatzpflichten des Verbrauchers geregelt.Alle diese Informationen hat der Unternehmer bereits nach deutschemRecht (§ 312c Abs. 2 BGB i.V.m. § 1 Abs. 4 S. 1 Nr. 1, Abs. 1 Nr. 10BGB-InfoV) dem Verbraucher in Textform zu erteilen, so dass insoweitkeine Änderungen in Pflichtumfang vorliegen. Schließlich ist derVerbraucher darüber zu belehren, dass er das Standard-Widerrufsformularauf der Website des Unternehmers ausfüllen und abschickenkann, wobei er vom Unternehmer unverzüglich eine E-Mail zur Bestätigungdes Eingangs seines Widerrufs erhalten wird (Nr. 4), und dass erdas Widerrufsformular in Teil B des Anhang I zu VRRL-E verwendenkann (Nr. 5). Die weiteren Informationen, die der Unternehmer <strong>im</strong>Rahmen der Widerrufsbelehrung zu erteilen hat, beziehen sich somitauf die neuen Ausübungsmöglichkeiten, die in VRRL-E vorgesehensind.C. Rechtsfolgen von PflichtverletzungenC. Rechtsfolgen von PflichtverletzungenI. UKlaGDa die Informationspflichten <strong>im</strong> Fernabsatz gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1UKlaG Verbraucherschutzgesetze i.S.v. § 2 UKlaG sind, haben qualifizierteEinrichtungen, Wettbewerbsverbände sowie Industrie- und Handelskammern(§§ 3, 4 UKlaG) bei Pflichtverletzungen einen Unterlassungsanspruch,ohne dass wettbewerbswidriges Verhalten vorliegenmuss. Darüber hinaus machen gerade Verbraucherverbände häufig vondem Unterlassungsanspruch nach § 1 UKlaG bei unwirksamen AGB


C. Rechtsfolgen von Pflichtverletzungen 421Gebrauch, weil diese <strong>im</strong> Internet besonders leicht ausfindig zu machensind (z.B. durch gezielte Phrasen-Suche über Suchmaschinen).II. WettbewerbsrechtIn der Vergangenheit spielten wettbewerbsrechtliche Abmahnungenwegen einer falschen oder unvollständigen Widerrufsbelehrung eine vielgrößere Rolle als vom Verbraucher geltend gemachte Fristverlängerungen.Die Rechtsprechung musste sich mit den verschiedenen Einzelheitender Informations- und Belehrungspflichten befassen und entscheiden,welche wettbewerbsrechtliche Relevanz Verstöße gegen dieInformationspflichten nach § 312c Abs.1 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 10BGB-InfoV haben.Bereits seit 12.12.2007 musste das alte UWG <strong>im</strong> Lichte der UGPRLangewendet werden, seit 30.12.2008 gilt in Deutschland das neueUWG. Nach § 4 Nr. 11 UWG alter und neuer Fassung handelt unlauterinsbesondere, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, dieauch dazu best<strong>im</strong>mt ist, <strong>im</strong> Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhaltenzu regeln. Anerkanntermaßen ist die Verpflichtung nach§ 312c Abs.1 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV eine Marktverhaltensregel,so dass Verstöße dagegen einen Rechtsbruch i.S.d. § 4Nr. 11 UWG darstellten und somit grundsätzlich wettbewerbswidrigwaren. 1Zu beachten ist allerdings die neu eingeführte Vorschrift des § 5aAbs. 3 Nr. 5 UWG, wonach als wesentliche Information, deren Unterlassungeine Irreführung herbeiführt, das Bestehen eines Rechts zumRücktritt oder Widerruf gilt. Nach dem Wortlaut der Regelung ist beider Beurteilung der Vollständigkeit und Richtigkeit einer vorvertraglichenAufklärung lediglich auf das Bestehen bzw. auf das Nichtbestehen,nicht aber auf die Einzelheiten und Bedingungen des <strong>Widerrufsrecht</strong>sabzustellen, so dass fraglich ist, ob die bislang als wettbewerbswidrigeingestuften Verstöße auch künftig als solche zu bewerten sind.1. Rechtslage bis zum 11.12.2007Die in § 312c BGB i.V.m. § 1 BGB-InfoV und § 355 enthaltenen Informations-und Belehrungspflichten zum <strong>Widerrufsrecht</strong> sind Marktverhaltensregelni.S.v. § 4 Nr. 11 UWG a.F. 2Wurde gegen die Pflicht1Vgl. LG Berlin, WRP 2004, 1198; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/v. Jagow,§ 4 Nr. 11 Rn. 81; Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 4, Rn. 11.156; Kaestner/Tews, WRP 2005, 379, 382.2OLG Hamm, GRUR-RR 2005, 285; LG Berlin, WRP 2004, 1198;Kaestner/Tews, WRP 2005, 379, 382; Buchmann, MMR 2007, 347, 350;


422 Teil 5 – Informations- und Belehrungspflichtzur Belehrung über das <strong>Widerrufsrecht</strong> verstoßen, konnte auch einAusnutzen der Rechtsunkenntnis des Verbrauchers i.S.d. § 4 Nr. 2UWG a.F. oder eine Irreführung i.S.d. § 5 UWG a.F. 1 vorliegen.Im Sinne des § 3 UWG a.F. handelte nur unlauter, wer den Wettbewerbnicht nur unerheblich beeinträchtigte. An dieser sog. Bagatellklauselmusste sich jeder Wettbewerbsverstoß messen lassen. Überschritt erdiese Hürde nicht, so war das beanstandete Verhalten nicht unlauterund blieb damit sanktionslos. Es musste jeweils <strong>im</strong> Einzelfall am Maßstabvon subjektiven und objektiven Momenten unter Berücksichtigungaller Einzelheiten geprüft werden, ob lediglich ein Bagatellverstoß vorlagoder diese Grenze überschritten wurde. 2Dabei war besonders dieSchwere des Verstoßes zu beachten sowie die zu erwartenden Auswirkungenauf den Wettbewerb. 3Die Größe des Unternehmens, die Zahlder Mitbewerber auf dem relevanten Markt sowie die Schwere, Häufigkeit,Art und Dauer des Wettbewerbsverstoßes sind wichtige Indikatoren.4a) Bagatellverstöße<strong>Das</strong> OLG Hamburg 5 brachte in diesem Zusammenhang die Rechtsunsicherheitüber die „richtige“ Widerrufsbelehrung auf den Punkt. EineKlausel mit der Formulierung „Die Frist beginnt frühestens mit Erhaltdieser Belehrung“ entspreche dem (alten) Mustertext für eine Widerrufsbelehrunggem. Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV. Zwar sei dieser Mustertextinsoweit unvollständig, als er § 312d Abs. 2 BGB nicht berücksichtigt,nachdem für den Fristbeginn bei der Lieferung von Waren <strong>im</strong>Fernabsatz nämlich zusätzlich erforderlich ist, dass die Ware be<strong>im</strong>Empfänger eingeht. Wenn aber die Klausel dem Mustertext des Gesetzgebersinsoweit folgt – gleichwohl dieser unvollständig ist – wäre eseine Überspannung der Pflichten des Gewerbetreibenden, wenn manverlangen wollte, dass er in dem überaus komplizierten und verschachteltenFernabsatzrecht klüger sein soll als der Gesetzgeber. Daher liegezumindest kein erheblicher Wettbewerbsverstoß <strong>im</strong> Sinne des § 3 UWGvor. 61OLG Hamm, MMR 2008, 176 = CR 2008, 451; Hefermehl/Köhler/Bornkamm§ 4, Rn. 11.170 m.w.N..2OLG Koblenz GRUR-RR 2007, 23 f.3KG Berlin, JurPC Web-Dok. 91/2007 = K&R 2007, 406 = MD 2007, 656 = CR2007, 595 = MD 2007, 656 = GRUR-RR 2007, 326 = MMR 2007, 791.4KG Berlin, JurPC Web-Dok. 91/2007 = K&R 2007, 406 = MD 2007, 656 = CR2007, 595 = MD 2007, 656 = GRUR-RR 2007, 326 = MMR 2007, 791.5OLG Hamburg, K&R 2007, 655 = MMR 2008, 44 = MD 2008, 272 = CR2008, 116 = GRUR-RR 2008, 137 (Ls.).6OLG Hamburg, MMR 2008, 44.


C. Rechtsfolgen von Pflichtverletzungen 423Mehrere Gerichte sahen hingegen in der Verwendung des Passus ausder bis zum 31.3.2008 geltenden Musterbelehrung: „Die Frist beginntfrühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ die Gefahr, dass erheblicheTeile der Verbraucher den Satz in der Art missverstehen könnten, dieFrist beginne bereits, wenn man sie auf der Website <strong>im</strong> Internet lese,ohne auch nur einen Vertrag geschlossen zu haben. 1Zwar entschiedauch das LG Berlin, eine solche Belehrung sei nicht ganz klar und eindeutig,es liege aber ein Bagatellverstoß vor. 2<strong>Das</strong> KG sah eine fehlerhafteBelehrung über die Wertersatzklausel <strong>im</strong> Falle der Ausübung des<strong>Widerrufsrecht</strong>es als Bagatellverstoß an. 3Außerdem hielt es die Bagatellgrenzenicht für überschritten, wenn zwar über eine Wertersatzpflichtinformiert wurde, jedoch nicht in Textform „spätestens bei Vertragsschluss.“4Ein Bagatellverstoß liege auch vor, wenn ein Händlernicht darüber informiert, dass Rücksendungen auf Kosten und Gefahrdes Unternehmers zurückzusenden sind. 5<strong>Das</strong> LG Bielefeld 6entschied, die Zulassung der Übergangsregelungdes § 16 BGB-InfoV mache deutlich, dass der Verordnungsgeber diemit der Verwendung des alten Musters verbundenen Nachteile als unerheblicheinstufte, so dass die Verwendung des alten lückenhaftenMusters während des Übergangszeitraums als Bagatellverstoß einzustufensei.b) Keine Bagatellverstöße<strong>Das</strong> KG sah die Bagatellgrenze als überschritten an, wenn die Belehrungüber eine bestehende Wertersatzpflicht komplett fehlt, allerdingsüber das aus dem Widerruf entstehende Rückgewährschuldverhältnisbelehrt wird. 7Belehrungen über eine Zweiwochenfrist waren, wenntatsächlich eine Monatsfrist galt, stets wettbewerbswidrig. <strong>Das</strong> OLGHamburg hatte an diese Diskussion anschließend zu entscheiden, ob dieAngabe einer vierwöchigen Frist die Bagatellgrenze des § 3 UWG überschreitet.8 Dies bejahte der Senat mit der Begründung, dass ein Verstoßgegen diese verbraucherschützende Norm grundsätzlich keinen Bagatellverstoßmehr darstellen könne. Zuzust<strong>im</strong>men ist auch dem OLG1KG Berlin, NJW 2006, 3215; KG MMR 2007, 185; OLG Hamm, MMR 2007,378.2 LG Berlin, MMR 2007, 734.3KG Berlin, GRUR-RR 2007, 355; KG Berlin, BeckRS 2008, 18601.4KG Berlin, MMR 2008, 339 = GRUR-RR 2008, 131 = JurPC Web-Dok.20/2008, Abs. 1 – 27 = MD 2008, 265.5KG Berlin, BeckRS 2008, 00564. So auch die Vorinstanz LG Berlin, Urteil v.2.8.2007 – 96 O 138/07.6LG Bielefeld, Urteil v. 5.11.2008 – 18 O 34/08.7KG Berlin, BeckRS 2008, 00562.8OLG Hamburg, Beschluss vom 26.3.2007 – 3 W 58/07.


424 Teil 5 – Informations- und BelehrungspflichtZweibrücken, welches die Informationspflicht zur allgemeinen Wertersatzpflichtals eine zwingende Pflicht ansah und den aus einer Unterlassungresultierenden Verstoß auch nicht als Bagatelle i.S.d. § 3 UWGeinstufte. .1Die Frankierung von Rücksendungen darf nicht zu einer zwingendenVoraussetzung für die Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>es gemacht werden.2Dabei ist es unerheblich, ob der Verbraucher um die Nutzungeines beigefügten Retourenaufklebers oder um „Selbstfrankierung“gebeten wird. Beides wurde gleichermaßen als unzulässig bewertet. 3 <strong>Das</strong>OLG Hamburg verpflichtet den Unternehmer gar zur Annahme unfreierPakete, auch wenn wirksam die 40-Euro-Rücksenderegelung vereinbartwurde. 4 Der Senat sah die Verpflichtung zur Frankierung derRücksendung als eine Bedingung zur Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>esan, welche <strong>im</strong> Gesetz nicht vorgesehen ist. All diese Verstöße wurdenals wesentlich eingestuft. Kein Bagatellverstoß liegt vor, wenn bei Lieferungvon standardisierter Software an Private <strong>im</strong> Wege des Fernabsatzesdas <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgeschlossen wird, denn bei standardisierterSoftware greift die Ausnahme des § 312 Abs. 4 Nr. 1 BGB nicht ein. 52. Rechtslage seit dem 12.12.2007Am 11.05.2005 wurde die UGPRL verabschiedet. Gemäß deren Art. 19hätten bis zum 12.12.2007 die Umsetzungsvorschriften in den Mitgliedsstaatenin Kraft treten müssen. In Deutschland wurde die Richtlinieverspätet umgesetzt. <strong>Das</strong> hat zur Folge, dass bereits das zwischendem 12.12.2007 und 29.12.2008 geltende UWG richtlinienkonformauszulegen war. 6a) Richtlinienkonforme AuslegungDabei musste das Ziel der Richtlinie <strong>im</strong>mer <strong>im</strong> Auge behalten werden,namentlich die vollständige Angleichung der Rechtsvorschriften derMitgliedsstaaten (Erwägensgrund 6). 7Dies bedeutet gleichzeitig, dassdie Mitgliedstaaten, gerade auch Deutschland, ihr tradiertes Lauterkeitsrechtein Stück weit aufgeben müssen, da überall in der Gemein-1OLG Zweibrücken, MMR 2008, 257.2OLG Stuttgart, 2 U 71/07; OLG Hamburg, MMR 2008, 44; OLG HamburgMMR 2007, 461; LG Trier, Beschluss v. 18.12.2006 – 10 HK O 48/06; LG Frankenthal,Urteil v. 23.3.2007- 1 HK O 9/07.3OLG Hamm, NJW-RR 2005, 1582.4OLG Hamburg, GRUR-RR 2007, 289, 290.5LG Memmingen, JurPC Web-Dok. 116/2004.6Vgl. Köhler, GRUR 2008, 841 f.7Vgl. Sosnitza, WRP 2006, 1, 6.


C. Rechtsfolgen von Pflichtverletzungen 425schaft die gleichen Regeln gelten sollen. 1 Nicht die Richtlinie war„UWG-konform“ 2 auszulegen, sondern die Regeln der Richtlinie musstenin die bestehenden Vorschriften des UWG hineingelesen werden.Dabei war folgende Prüfungsreihenfolge zu beachten: Zunächst musstefestgestellt werden, ob es sich bei einem beanstandetem Sachverhalt umeine Geschäftspraktik handelt, also ob der Anwendungsbereich derRichtlinie überhaupt eröffnet ist. War dies der Fall, musste diese Geschäftspraxiszunächst anhand des Anhangs I der Richtlinie, der sog.Schwarzen Liste, geprüft werden. Fiel diese Geschäftspraktik nichtdarunter, musste anschließend geprüft werden, ob ein Fall der Art. 6 bis9 UGPRL vorliegt. Erst wenn auch dies nicht der Fall war, war zu prüfen,ob sie unter die Generalnorm des Art. 5 UGPRL subsumiert werdenkann. 3aa) Keine Bagatellschwelle mehrFür die richtlinienkonforme Auslegung von § 3 UWG a.F. bedeutetedies, dass, wenn eine unlautere Geschäftspraktik i.S.d. UGPRL nichtvorlag, auch kein Verstoß i.S.d. § 3 UWG a.F. angenommen werdenkonnte. Ebenso galt vice versa: Lag eine unlautere Geschäftspraktiki.S.d. UGPRL vor, so lag zwingend auch eine Zuwiderhandlung gegen§ 3 UWG vor. 4 Dies bedeutet, dass ein Verhalten, das unlauter i.S.d.UGPRL ist, nicht als Bagatelle i.S.d. § 3 UWG a.F. eingestuft werdenkonnte. 5 Dieser Grundsatz gilt auch nach der UWG-Novelle weiter.War ein Verstoß gegen die Informationspflichten über das <strong>Widerrufsrecht</strong>eine unlautere Geschäftspraktik i.S.d. UGPRL, lag gleichzeitig einVerstoß gegen § 3 UWG a.F. vor und konnte sanktioniert werden.Stellte ein Verstoß gegen eine nationale Informationsverpflichtung jedochnicht gleichzeitig eine Unlauterkeit i.S.d. UGPRL dar, so war einVerstoß gegen § 3 UWG nicht anzunehmen.bb) Widerrufsbelehrung <strong>im</strong> LauterkeitsrechtFür die konkrete Prüfung der Widerrufsbelehrung muss man nunmehrzwischen der vorvertraglichen Informationspflicht und der in Textformzu erteilenden Bestätigung der Information unterscheiden. Erstere richtetsich nach Art. 4 FARL, letztere nach Art. 5 FARL. Die erste Vorschriftdient dazu, den Verbraucher darüber in Kenntnis zu setzen, ob1Vgl. Köhler, NJW 2008, 3032.2Köhler, NJW 2008, 3032, 3033.3Vgl. Köhler, GRUR 2008, 841, 842; Henning-Bodewig, GRURInt 2005, 629,631; Gamerith, WRP 2005, 391, 425; Keßler/Micklitz, Beilage Nr. 15 zu BB49/2005, 8.4Vgl. Köhler, GRUR 2008, 841, 842.5Zum Verstoß gegen Impressumspflichten OLG Hamm, MMR 2008, 469.


426 Teil 5 – Informations- und Belehrungspflichtihm ein <strong>Widerrufsrecht</strong> zusteht oder nicht. Dies kann formlos und einfachgeschehen. Die Informationen, die gem. Art. 5 FARL schriftlichspätestens bei Warenlieferung erteilt werden müssen, sollen denVerbraucher über die Einzelheiten, Bedingungen und Rechtsfolgen derAusübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>es genauer informieren. Über Art. 7Abs. 5 UGPRL gelten die Art. 4 u. 5 FARL als wesentliche Informationeni.S.d. Art. 7 Abs. 1 UGPRL und ihre Vorenthaltung oder Falschangabeerfüllt somit den Tatbestand der Irreführung durch Unterlassen,ist also wettbewerbswidrig.b) Vorabinformation über das Bestehen eines <strong>Widerrufsrecht</strong>esDies bedeutet zunächst, dass eine Belehrung über das Bestehen oderNichtbestehen eines <strong>Widerrufsrecht</strong>es <strong>im</strong> Fernabsatz <strong>im</strong>mer erteilt werdenmuss und ihr Weglassen keine Bagatelle mehr i.S.d. § 3 UWG a.F.darstellen kann.Andererseits bedeutet dies, dass eine fehlende Vorabinformation überdie Einzelheiten, Bedingungen und Rechtsfolgen des <strong>Widerrufsrecht</strong>eskeinen Verstoß gegen die UGPRL darstellt. Eine fehlende Vorabinformationüber die Einzelheiten der Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>es istvon Art. 5 FARL nicht erfasst und wird somit auch nicht als wesentlichi.S.d. Art. 7 Abs. 1 UGPRL angesehen. Daraus folgt, dass kein Verstoßgegen Informationspflichten aus der UGPRL vorliegt. Wie oben bereitsausgeführt, hat dies wiederum zur Folge, dass kein Verstoß gegen § 3, 4Nr. 11 UWG a.F. mehr vorliegen konnte, der den Wettbewerb zumNachteil der Verbraucher, Mitbewerber und sonstigen Marktteilnehmerbeeinträchtigen kann. Ein solcher Verstoß gegen bestehendes nationalesLauterkeitsrecht musste also als Bagatelle eingestuft werden und damitohne Sanktionen bleiben. Anders liegt der Fall, wenn die Vorabinformationnicht fehlt, sondern fehlerhaft ist.aa) Erforderlichkeit eines höheren nationalen SchutzniveausDie UGPRL lässt in Art. 3 Abs. 5 jedoch die Möglichkeit offen, dass dieMitgliedsstaaten bis zum 12. Juni 2013 strengere Regelungen aufrechterhaltendürfen, wenn diese unbedingt erforderlich sind, um denVerbraucher vor unlauteren Geschäftspraktiken zu schützen und wennsie verhältnismäßig zur Erreichung dieses Ziels sind. Es darf also nichtjede verbraucherschützende Norm, die strenger gestaltet ist als dieMindestanforderungen in den genannten Richtlinien, beibehalten werden,sondern nur solche, die unbedingt erforderlich und verhältnismäßigsind. 1Hier stellt sich die Frage, ob § 1 Nr. 10 BGB-InfoV diesenErfordernissen entspricht. In der Begründung für die Änderung der1Vgl. Keßler/Micklitz, Beilage Nr. 15 zu BB 49/2005, 1.


C. Rechtsfolgen von Pflichtverletzungen 427Musterwiderrufsbelehrung heißt es zunächst, dass die Änderung notwendigsei, „um wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen wegen Verwendungder Muster kurzfristig die Grundlage zu entziehen“. 1Voneiner Steigerung des Verbraucherschutzes ist in der Begründung keineRede. An anderer Stelle heißt es zur alten Musterbelehrung, dass diesedem Verbraucher grundsätzlich seine Rechte vermittle. 2bb) Kombination von Vorabinformation und TextformbelehrungDie grundsätzliche Vermittlung des <strong>Widerrufsrecht</strong>es würde aber einekurze Vorabinformation über das Bestehen eines <strong>Widerrufsrecht</strong>es inVerbindung mit einer ausführlichen Belehrung nach Vertragsschlussgenauso gewährleisten. Es ist für ein hohes Verbrauchschutzniveaunicht erforderlich, derart ausführlich vorab über das <strong>Widerrufsrecht</strong> zubelehren, wie es derzeit in Deutschland Pflicht ist. 3Es ist nicht zwingendnotwendig, eine ausführliche Belehrung bereits vor Vertragsschlussbereitzustellen und damit das hohe Risiko einzugehen, aufgrundkleinster Fehler die Abmahnung eines Wettbewerbers zu erhalten, wenndiese Fehler für den Verbraucher von keinerlei Bedeutung sind. Mit derkurzen, den Anforderungen der FARL und der UGPRL genügendenVorabinformation würde sowohl ein hohes Verbraucherschutzniveaugewährleistet, als auch der Boden für ein zu Missbrauch anfälliges Abmahnwesenentzogen werden, was wiederum jedem einzelnem Anbieternützt.Leider hat es der Gesetzgeber verpasst, diese Chance bei der Schaffungdes neuen UWG wahrzunehmen. In der Begründung zum Richtlinienvorschlagheißt es, dass der Zweck der UGPRL darin besteht, einhohes Verbraucherschutzniveau herzustellen. 4 Im Erwägensgrund 8heißt es, dass das Maß an Konvergenz, welches durch die Angleichungnationaler Rechtsvorschriften durch die Richtlinie hervorgebracht wird,ein hohes allgemeines nationales Verbraucherschutzniveau schafft. Einedurch die Vorschriften der Richtlinie evtl. eintretende Absenkung desVerbraucherschutzniveaus ist hinnehmbar. Diese war schon wegen derBindung der nationalen Rechtssprechung an die des EuGH <strong>im</strong> Einzelfallzu berücksichtigen. Durch eine solche teilweise Absenkung aufgrundvon Harmonisierung würde Rechtsunsicherheit abgebaut unddamit letztlich doch wieder ein höheres Verbraucherschutzniveau gesichert.51Bundesanzeiger Nr. 42 v. 14.3.2008, S. 958.2Bundesanzeiger Nr. 42 v. 14.3.2008, S. 958.3Dazu ausführlich Teil 5 A I 3.4Vgl. Gamerith, WRP 2005, 391, 404.5Vgl. Gamerith, WRP 2005, 391, 405.


428 Teil 5 – Informations- und Belehrungspflichtc) Bestätigung der Informationen nach VertragsschlussVon der Vorabinformation 1 über das <strong>Widerrufsrecht</strong> ist die nach Vertragsschlussmitzuteilende Bestätigung in Textform 2zu trennen. Dieserichtet sich nach Art. 5 FARL, der es genügen lässt, diese Informationin Textform spätestens zum Zeitpunkt der Vertragserfüllung mitzuteilen.<strong>Das</strong> bedeutet, dass ein Unternehmer gegen diese Verpflichtungverstößt, wenn er erst nach Warenlieferung in Textform oder fehlerhaftinformiert oder wenn die schriftliche Bestätigung ganz unterbleibt.Maßgeblich ist hier der in der FARL genannte Zeitpunkt „während derVertragserfüllung“ und nicht der <strong>im</strong> deutschen Recht „bei Vertragsschluss“.Die Information muss dabei ausführlich ausfallen und allewichtigen Informationen über Einzelheiten, Bedingungen und Rechtsfolgender Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>es beinhalten.3. Rechtslage nach Inkrafttreten des UWG n.F. zum 30.12.2008Zum 30.12.2008 trat das neue UWG in Kraft, mit dem die UGPRLumgesetzt werden soll. Die Regelung zur Vorabinformation zum <strong>Widerrufsrecht</strong>findet sich in § 5a Abs. 3 Nr. 5 UWG n.F. Außerdem verweist§ 5a Abs. 4 pauschal auf „Informationen, die dem Verbraucherauf Grund gemeinschaftsrechtlicher Verordnungen oder nach Rechtsvorschriftenzur Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Richtlinien fürkommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketingnicht vorenthalten werden dürfen“, wozu auch § 1 BGB-InfoV zählt. Inder Begründung zum neuen UWG findet sich eine Liste mit den Vorschriften,die der Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Richtliniendienen. Zunächst erscheint es äußerst zweifelhaft, ob es genügt, dieListe in die Gesetzesbegründung zu übernehmen und die Feststellungder Unlauterkeit ansonsten der Rechtssprechung zu überlassen. 3DerBundesrat hat in seiner Stellungnahme zutreffend angeraten, dies nichtzu tun, da sonst dem Rechtsanwender das Risiko auferlegt werdenwürde, sich unlauter zu verhalten, somit eine Abmahnung zu provozierenund die Entscheidung eines Gerichtes abwarten zu müssen. 4Die Anwendung des § 4 Nr. 11 UWG auf Geschäftspraktiken, dienicht in der UGPRL oder deren Anhang aufgeführt sind, gegenüberVerbrauchern, ist auf Grund der Vollharmonisierung des Lauterkeitsrechtesdurch die UGPRL europarechtlich nicht mehr zulässig. 5Eine1Siehe Teil 5 A.2Siehe Teil 5 B.3Vgl. EuGH, EuZW 2002, 467.4BR-<strong>Dr</strong>ucks. 345/1/08, S. 4 (noch zum Entwurf v. 20.05.2008).5Vgl. Köhler, NJW 2008, 3032, 3036.


C. Rechtsfolgen von Pflichtverletzungen 429Widerrufsbelehrung, die vor Vertragsschluss korrekt über das Besteheneines <strong>Widerrufsrecht</strong>s, jedoch nicht über Einzelheiten, Bedingungen undFolgen informiert, genügt den Anforderungen der UGPRL sowie des§ 5a Abs. 3 Nr. 5 UWG und kann daher zukünftig nicht mehr sanktioniertwerden. Eine solche Belehrung wäre <strong>im</strong> Sinne des § 3 UWG n.F.nicht geeignet, das Interesse von Mitbewerbern, Verbrauchern odersonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen. Dabei mussjedoch beachtet werden, dass der Verbraucher eine Information überdie Einzelheiten und Bedingungen des <strong>Widerrufsrecht</strong>es gemäß Art. 7Abs. 5 UGPRL i.V.m. Art. 5 Abs. 1 FARL spätestens bei Lieferung derWare in Textform erhalten muss.III. Vertragsrechtliche SanktionenWird erst nach Vertragsschluss über das <strong>Widerrufsrecht</strong> in Textformbelehrt, verlängert sich die Widerrufsfrist von 14 Tagen auf einen Monat(§ 355 Abs. 2 Satz 2 BGB) 1und der Unternehmer kann keinenWertersatz nach § 357 Abs. 3 BGB verlangen. 2<strong>Das</strong> <strong>Widerrufsrecht</strong>erlischt nach § 312e Abs. 3 S. 2 BGB gemäß § 355 Abs. 3 BGB erstnach sechs Monaten, wenn dem Kunden keine angemessenen Korrekturhilfenzur Verfügung gestellt wurden oder er sonstige Pflichten aus§ 312e Abs. 1 Satz 1 BGB verletzt hat. 3 Wird gar nicht oder fehlerhaftüber das <strong>Widerrufsrecht</strong> belehrt, verlängert sich die Widerrufsfrist aufunbest<strong>im</strong>mte Zeit (§ 355 Abs. 3 Satz 3 BGB). 4<strong>Das</strong> europäische Rechtkennt ganz überwiegend nur die <strong>Dr</strong>e<strong>im</strong>onatsfrist bei fehlerhaften Widerrufsbelehrungen.5IV. ZwischenergebnisIn der Vergangenheit spielten wettbewerbsrechtliche Abmahnungenwegen einer falschen oder unvollständigen Widerrufsbelehrung eine vielgrößere Rolle als etwaige vom Verbraucher geltend gemachte Fristverlängerungen.Über die Frage, wann ein abgemahnter Verstoß die Erheblichkeitsschwelledes § 3 UWG a.F. überschritt, waren sich die Gerichtenicht einig. Bei Anlehnungen des Belehrungstextes an die Musterbelehrungdes BMJ tendierten die Gerichte zunehmend dazu, allenfalls vonBagatellverstößen auszugehen, auch weil ein Händler nicht klüger seinkönne als der Gesetzgeber.1Siehe dazu Teil 3 A III 1.2Siehe dazu Teil 4 D II.3Siehe dazu Teil 3 A III 4.4Siehe dazu Teil 3 A III 5.5Teil 3 A III 3.


430 Teil 5 – Informations- und BelehrungspflichtDies hat sich durch die UGPRL-konforme Auslegung des UWG unddie anschließende Umsetzung der UGPRL in das deutsche Recht geändert.Eine Belehrung über das Bestehen oder Nichtbestehen eines <strong>Widerrufsrecht</strong>es<strong>im</strong> Fernabsatz muss <strong>im</strong>mer erteilt werden und ihr Weglassenkann keine Bagatelle mehr i.S.d. § 3 UWG a.F. darstellen. Auchfehlerhafte Belehrungen sind stets wettbewerbswidrig. Andererseitsstellt eine fehlende Vorabinformation über die Einzelheiten, Bedingungenund Rechtsfolgen des <strong>Widerrufsrecht</strong>es keinen Wettbewerbsverstoßmehr dar. Eine kurze Vorabinformation über das Bestehen eines <strong>Widerrufsrecht</strong>esin Verbindung mit einer ausführlichen Belehrung nach Vertragsschlussgenügt mithin.


Teil 6 – Verwendung eines BelehrungsmustersTeil 6 – Verwendung eines BelehrungsmustersA. Entstehungsgeschichte und ZweckA. Entstehungsgeschichte und ZweckIm Rahmen der Schuldrechtsreform wurden die in verschiedenenVerbraucherschutzgesetzen geregelten <strong>Widerrufsrecht</strong>e zentral in § 355BGB geregelt. § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB wurde kurz darauf durch dasOLGVertrÄndG dahingehend neu gefasst, dass das <strong>Widerrufsrecht</strong> inallen Anwendungsbereichen überhaupt nicht erlischt, wenn derVerbraucher nicht ordnungsgemäß über sein <strong>Widerrufsrecht</strong> belehrtworden ist. 1 Diese deutschen Sanktionen bei Verstößen gegen Informationspflichten<strong>im</strong> Fernabsatz oder Vorschriften zum <strong>Widerrufsrecht</strong>sind <strong>im</strong> Vergleich zur europäischen Mindestvorgabe unverhältnismäßigeinschneidend. Art. 6 Abs. 3 FARL sieht bei einer fehlerhaften Widerrufsbelehrungeine Fristverlängerung auf lediglich 3 Monate vor.Der Gesetzgeber erkannte diese unverhältnismäßige Belastung undwollte die Folgen für die Unternehmer mildern. So wurde einerseits in§ 355 Abs. 2 Satz 2 BGB eine eigene Frist für die nachträgliche Belehrunggeschaffen, die einen Monat beträgt, damit Unternehmer durchNachholung der Belehrung verhindern können, noch Jahre nach Vertragsschlussdem Widerruf des Verbrauchers ausgesetzt zu sein. Andererseitswurde beschlossen, eine Musterwiderrufsbelehrung einzuführen,bei deren Verwendung der Unternehmer <strong>im</strong> NormendickichtRechtssicherheit haben sollte. 2Ähnliche Ansätze gab es auch in anderen EU-Staaten. So hat Zypernein „Standard-Vertragskündigungsformular“ vorgeschrieben, das demVerbraucher zusammen mit der schriftlichen Bestätigung übermitteltwerden muss. In Spanien muss der Lieferer dem Verbraucher mit derschriftlichen Bestätigung ein Vertragskündigungs-/Annullierungs-Dokument übermitteln. Belgien ist noch einen Schritt weiter gegangenund hat die Verwendung vorformulierter Standardklauseln zwingendvorgeschrieben und die diesbezüglichen Rechtsfolgen <strong>im</strong> Falle derNichtbeachtung dieser Best<strong>im</strong>mungen gesetzlich geregelt. 31<strong>Föhlisch</strong>, MMR 2007, 139.2Beschlussempfehlungen des Rechts- und Wirtschaftsausschusses, BR-<strong>Dr</strong>ucks.503/1/02, S. 5 f.3KOM(2006) 514 endgültig v. 21.9.2006 zur Umsetzung der Richtlinie 1997/7/EG, S. 11.


432 Teil 6 – Verwendung eines BelehrungsmustersB. Entwicklung der BelehrungsmusterB. Entwicklung der BelehrungsmusterI. Fehlerhafte erste Fassung 2002Eine erste Musterbelehrung über das Widerrufs- und Rückgaberechtwurde durch das Bundesjustizministerium <strong>im</strong> Rahmen der BGB-InfoVvom 1.8.2002 1eingeführt. In § 14 Abs. 2 BGB-InfoV (a.F.) hat derVerordnungsgeber festgelegt, dass die Widerrufs- bzw. Rückgabebelehrungden gesetzlichen Anforderungen entspricht, wenn die Musterbelehrungverwendet wird. Tatsächlich wurde die Rechtsunsicherheitjedoch verstärkt, da diese Widerrufsbelehrung inhaltlich wesentlicheAbweichungen vom Gesetz aufwies und fehlerhaft war.1. Inhaltliche SchwächenDie vom BMJ verabschiedete Musterbelehrung wurde aus vielen Gründenkritisiert. Zum einen sei die vom Verordnungsgeber gewählte Formnicht geeignet gewesen, die angestrebte Vereinfachung herbeizuführen.Vom Unternehmer wurde eine nicht unbeachtliche juristische Gewandtheitabverlangt, da er selbst die Widerrufsbelehrung durch Streichungund Hinzufügung von Passagen an das konkrete Geschäft anpassenund über (z.T. <strong>im</strong> juristischen Schrifttum umstrittene) Fragenentscheiden musste, wie z.B. wann eine Belehrung nach Vertragsschlussmitgeteilt wird. 2Zum anderen wurden zahlreiche rein inhaltliche Abweichungenvon Gesetzesregelungen bemängelt.Die Formulierung „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“sei unzutreffend gewesen, da die Widerrufsfrist nach vielenSonderregelungen (§§ 312d Abs. 2, 312c Abs. 3 S. 2, 355 Abs. 2 S. 3i.V.m. § 491 BGB) möglicherweise später zu laufen beginne. 3 Zudemgenügte, so die Kritik, die gewählte Formulierung nicht der Verordnungsermächtigung,wonach der Verordnungsgeber den Inhalt einerdem Verbraucher „seine Rechte deutlich“ machenden Belehrung festlegensollte, weil dadurch dem Verbraucher nicht hinreichend klar wurde,dass und unter welchen Voraussetzungen er möglicherweise auchweit jenseits von zwei Wochen nach Erhalt der Widerrufsbelehrung sein1Zweite Verordnung zur Änderung der BGB-InfoV vom 01.08.2002, BGBl I,2958.2Bodendiek, MDR 2003, 1, 3; zust<strong>im</strong>mend Masuch, BB 2005, 344, 345; Witt,NJW 2007, 3759, 3760.3Bodendiek, MDR 2003, 1, 3; Masuch, NJW 2002, 2931, 2932.


B. Entwicklung der Belehrungsmuster 433<strong>Widerrufsrecht</strong> ausüben könnte. 1 Beanstandet wurde weiterhin, dass indem Muster seinerzeit über die Gesetzesanforderungen hinaus auf dasErlöschen 2 und die Rechtsfolgen der Widerrufsfrist hingewiesen wurde. 3Über die Folgen der <strong>Widerrufsrecht</strong>sausübung war nach dem Gesetzdamals nur <strong>im</strong> Fall von Haustürgeschäften aufzuklären.2. UnwirksamkeitTeilweise wurden diese Diskrepanzen zwischen gesetzlichen Vorgabenund den Regelungen der Musterbelehrung als noch von der Ermächtigungdes Art. 245 EGBGB abgedeckt angesehen. Im Hinblick auf dieVielzahl der denkbaren Konstellationen waren Abweichungen zwischender typisierenden Musterwiderrufsbelehrung und den gesetzlichen Anforderungenvom Gesetzgeber nicht nur vorhergesehen, sondern entsprachenauch seiner Intention. Die Rechtssicherheit des Unternehmershabe Vorrang gegenüber einer <strong>im</strong> Detail zutreffenden Umsetzung dergesetzlichen Vorgaben. 4Überwiegend wurde jedoch zu Recht ein Verstoß gegen höherrangigesRecht angenommen. 5 Die Verordnungsermächtigung in Art. 245EGBGB sei nach Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG so auszulegen, dass Inhalt,Zweck und Ausmaß der Ermächtigung hinreichend best<strong>im</strong>mt sind, soermächtige diese EGBGB-Regelung (nur) zu einer solchen Festlegungdes Inhalts der Widerrufsbelehrung, die sich in den Grenzen der gesetzlichenVorgaben halte und insb. der Grundanforderung des § 355Abs. 2 Satz 1 BGB genüge, wonach dem Verbraucher eine Belehrungmitzuteilen sei, die ihm „seine Rechte deutlich macht“. 6§ 14 Abs. 1 BGB-InfoV einschließlich seiner Anlage 2 war dahermangels hinreichender Verordnungsermächtigung nichtig, weil dieseBest<strong>im</strong>mungen zum Nachteil des Verbrauchers nicht mit den gesetzlichenRegelungen übereinst<strong>im</strong>mten und damit den Rahmen der Verordnungsermächtigungin Art. 245 EGBGB überschritten hatten. Aus derUnwirksamkeit der Musterbelehrung folgte, dass jede Belehrung, ungeachtetder Privilegierung des § 14 Abs. 2 BGB-InfoV (a.F.), an dengesetzlichen Vorgaben selbst zu messen war. Auch Bodendiek, der sichgegen die Unwirksamkeit der alten Musterbelehrung aussprach, nahm1Masuch, NJW 2002, 2931, 2932; LG Halle, NJOZ 2006, 1951 = MMR 2006,772.2 Masuch, NJW 2002, 2931, 2932.3Bodendiek, MDR 2003, 1, 3; Masuch, NJW 2002, 2931, 2932.4Bodendiek, MDR 2003, 1, 3.5LG Halle, NJOZ 2006, 1951 = MMR 2006, 772; Masuch, NJW 2002, 2931,2932; MünchKommBGB 4 /Ulmer, § 355 Rn. 52.6LG Halle, NJOZ 2006, 1951 = MMR 2006, 772.


434 Teil 6 – Verwendung eines Belehrungsmustersan, dass eine Widerrufsbelehrung, die „die Gesetzeslage besser undaussagekräftiger abbildet“, erforderlich war. 1II. Unzureichende Neufassung 2004Durch das Fernabsatzänderungsgesetz wurde das Informationserfordernisdes § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV n.F. erheblich ausgeweitet,wonach nun der Unternehmer den Verbraucher „vor Abgabe von dessenVertragserklärung“ (§ 312c Abs. 1 BGB) nicht nur wie bislang überdas Bestehen, sondern bereits zu diesem Zeitpunkt auch über die Bedingungen,Einzelheiten der Ausübung und Rechtsfolgen des <strong>Widerrufsrecht</strong>esinformieren muss. Der Gesetzgeber hielt die Ausweitung derVorgaben des Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 a) und d) FARLFDL auf alle Fernabsatzverträgefür „sachgerecht“. Eine unbillige Belastung des Unternehmerswerde „nicht zuletzt“ dadurch vermieden, dass dieser das Musterder Anlage 2 zur BGB-InfoV verwenden könne. 2 Die für Finanzkonzernekonzipierten Regelungen wurden damit auch auf eBay-Powersellerausgedehnt, obwohl dies gemeinschaftsrechtlich nicht erforderlich war. 3Trotz dieser gravierenden Änderungen blieb das Belehrungsmusternahezu unverändert. Es wurde weder die Möglichkeit genutzt, die bekanntenFehler zu beheben, noch wurde das Muster der verändertenStruktur der Informationspflichten angepasst. <strong>Das</strong>s mehrere Formulierungeneine geschlechtsneutrale Neufassung erhalten haben, ist vonMasuch zutreffend als eine „bemerkenswerte Prioritätensetzung“ bezeichnetworden. 4 Der Gesetzgeber war der Meinung, dass das Musterlediglich „geringfügig zu ändern“ sei und es so „komplett zur Verwendungin der Praxis zur Verfügung steht“. 51. Ungeeignetheit und Schwächen des Musters<strong>Das</strong> amtliche Muster wurde auch in der 2004 leicht geänderten Fassungwegen der mangelnden Handhabbarkeit und Zweifeln über die Vereinbarkeitmit den gesetzlichen Vorgaben kritisiert. 61Bodendiek, MDR 2003, 1, 3.2BT-<strong>Dr</strong>ucks. 15/2946, S. 26.3Vgl. Antrag des Freistaates Bayern v. 22.9.2004, BR-<strong>Dr</strong>ucks, 644/2/04; Hoeren/Sieber/<strong>Föhlisch</strong>,Teil 13.4 Rn. 266 ff.; Becker/<strong>Föhlisch</strong>, NJW 2005, 3377.4Masuch, BB 2005, 344, 347.5BR-<strong>Dr</strong>ucks. 84/04, S. 56.6Masuch, NJW 2002, 2931, 2932; Bodendiek, MDR 2003, 1, 3; Witt, NJW2007, 3759, 3760; Marx/Bäuml, WRP 2004, 162.


B. Entwicklung der Belehrungsmuster 435a) Ungeeignetheit zum Einsatz <strong>im</strong> InternethandelEntgegen dem Bedürfnis der Händler, für die vorvertragliche Informationund die Belehrung in Textform den gleichen Text zu verwenden,war das Muster nicht für die flüchtige Information, sondern für eineBelehrung in Textform konzipiert. 1 Mehrere Gerichte sahen darin, dassder Hinweis „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“auch auf der Internetseite und nicht nur in der E-Mail oder auf demLieferschein stand, die Gefahr, dass erhebliche Teile der Verbraucherden Satz in der Art missverstehen könnten, die Frist beginne bereits mitLektüre des Satzes auf der Internetseite. 2 Zu Recht stellte das LG Berlindiese Sichtweise die Frage. Der angemessen gut informierte, angemessenaufmerksame und kritische Verbraucher wird schon wegen der Formulierung„mit Erhalt“ nicht davon ausgehen, dass die Frist mit demDurchlesen zu laufen beginne, da er die Begriffe „Erhalt“ und „Lesen“nicht gleichsetzt.Zudem widersprach diese Ansicht auch dem klaren Wortlaut des § 1Abs. 4 Satz 2 BGB-InfoV. Hätte der Gesetzgeber allein die Informationspflichtgemäß § 312c Abs. 2 BGB i.V.m. § 1 Abs. 4 BGB-InfoVgemeint, hätte er, wie in § 1 Abs. 4 Satz 3 BGB geschehen, auf Satz 1des § 1 Abs. 4 BGB-InfoV verwiesen. Dies ist aber nicht geschehen. 3Auch würde die Auffassung des KG entgegen der gesetzgeberischenZielsetzung nur noch Verwender gedruckter Kataloge, Prospekte oderMailings mit der Musterbelehrung privilegieren. Außerdem sah dieMusterbelehrung, anders als bei den Angaben zur Widerrufsfrist, geradekeine nach dem Zeitpunkt der formgerechten Belehrung differenzierendenGestaltungsmöglichkeiten vor. 4Somit galt die Privilegierungauch für die vorvertragliche Information. 5b) Inhaltliche SchwächenDie Kritik aus Rechtsprechung und Literatur an dem Muster aus demJahr 2002 wurde vom Gesetzgeber bei der Neufassung 2004 nicht aufgegriffen,so dass die bemängelten Schwächen bestehen blieben undweitere aufgezeigt wurden.1<strong>Föhlisch</strong>, MMR 2007, 139, 140.2KG Berlin, CR 2006, 680 = WRP 2006, 1145 = NJW 2006, 3215 = MMR2006, 678 = MD 2006, 1162; KG Berlin, VuR 2007, 37 (Ls.) = MD 2007, 115 =MMR 2007, 185 = ITRB 2007, 104 m. Anm. Günther = CR 2007, 331 = K&R2007, 104; OLG Hamm, MMR 2007, 378.3LG Berlin, Beschluss v. 31.10.2006, 16 O 936/06.4OLG Köln, CR 2008, 44 = GRUR-RR 2008, 88 = MD 2008, 701.5<strong>Föhlisch</strong>, MMR 2007, 139, 140; a.A. OLG Hamm, CR 2007, 387 = MMR2007, 377 = K&R 2007, 324.


436 Teil 6 – Verwendung eines BelehrungsmustersDie umstrittene Formulierung zum Fristbeginn „Die Frist beginntfrühestens mit Erhalt dieser Belehrung“, die bereits Hauptkritikpunktam Muster aus dem Jahr 2002 war, wurde 2004 nicht geändert unddemzufolge weiterhin bemängelt. Einerseits wurde eine Klarstellung fürnötig gehalten, dass die Frist erst beginne, wenn eine „gesonderte“Belehrung in Textform erteilt 1 und die Ware 2 geliefert werde; nicht fürnötig befunden wurden hingegen Hinweise auf die Erfüllung der Informationspflichten<strong>im</strong> Fernabsatz und der Pflichten <strong>im</strong> elektronischenGeschäftsverkehr, die ebenfalls Voraussetzungen des Fristlaufs sind.Diese Kritik ist durch ein Urteil des BGH, 3 wonach die Verwendung desWortes „frühestens“ nicht dem Deutlichkeitsgebot widerspricht, überholt.4 Zum anderen wurde kritisiert, dass das Muster so formuliert war,dass die Frist „mit“ statt „am Tag nach“ dem Erhalt der Ware und derBelehrung in Textform beginne. 5 Diese Kritik war jedoch unberechtigt,da die Formulierung „mit“ ebenso zutreffend war 6wie die aktuelleFormulierung „nach“ (statt „am Tag nach“).Kritisiert wurde die nur fakultative Angabe von Fax-Nummer und E-Mail in der Widerrufsbelehrung, da hierdurch Verbraucher irrig annehmenkönne, er könne mit einer E-Mail seine Willenserklärung nichtwiderrufen. 7Die fakultative Nennung basiert jedoch auf der richtigenAnnahme, dass der Verbraucher den ihm aufgezeigten zumutbarenTextform-Weg nutzen muss. 8 Kritisch betrachtet wurde auch, dass dieMusterbelehrung zu einem nach § 1 Nr. 10 BGB-InfoV erforderlichenHinweis auf das Nichtbestehen des <strong>Widerrufsrecht</strong>s nach § 312d Abs. 4und 5 BGB schwieg, obwohl dieser aus Transparenzgründen <strong>im</strong> Kontextder Widerrufsbelehrung erfolgen muss, soweit sich der Unternehmerdarauf berufen will. 9 Zugleich erfolgte in Gestaltungshinweis 8 eineBelehrung über das Erlöschen des <strong>Widerrufsrecht</strong>s, so dass die Gefahrgesehen wurde, dass der Verbraucher irre geführt wurde, wenn er überdas vorzeitige Erlöschen des <strong>Widerrufsrecht</strong>s, nicht aber auf die Aus-1KG Berlin, VuR 2007, 37 (Ls.) = MD 2007, 115 = MMR 2007, 185 = ITRB2007, 104 m. Anm. Günther = CR 2007, 331 = K&R 2007, 104 = MD 2007, 115.2Vgl. OLG Düsseldorf, MMR 2008, 171 = VUR 2008, 55 = JurPC Web-Dok.15/2008 = ITRB 2008, 153; ebenso OLG Köln, CR 2008, 130.3BGH, Urteil v. 13.1.<strong>2009</strong>, XI ZR 118/08.4Siehe dazu ausführlich Teil 5 B IV 2 c) aa).5OLG Hamm, MMR 2008, 176 = CR 2008, 451; Palandt/Grüneberg, § 14 BGB-InfoV Rn. 5; Buchmann MMR 2007, 347, 351.6Siehe hierzu Teil 5 B IV 2 b) sowie LG Braunschweig, MMR 2008, 59 m. Anm.Faustmann/Lehmann und Faustmann, VuR 2006, 384.7Buchmann, MMR 2007, 347, 352; Buchmann, K&R 2008, 12, 15.8Vgl. Teil 5 B IV 3 b) sowie OLG Hamburg, MD 2008, 379 = CR 2008, 331;LG Kempten, Urteil v. 26.02.2008, 3 O 146/08.9Buchmann, MMR 2007, 347, 352.


B. Entwicklung der Belehrungsmuster 437nahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> nach § 312 d Abs. 4 BGB hingewiesenwurde. 1 Diese Kritik ist aus genannten Gründen zutreffend.An der Rechtsfolgenbelehrung wurde bemängelt, dass für denVerbraucher nicht klar werde, ob und wie er seine Vertragserklärungwiderrufen kann, wenn die Ware untergegangen ist. 2 Aus Gründen derKlarheit und Verständlichkeit wurde weiterhin empfohlen, die Rücksende-und die Wertersatzpflicht aus § 357 Abs. 2 BGB getrennt zuregeln. 3Die Kombination aus einer Frist von einem Monat gemäßGestaltungshinweis 1 unter Aufrechterhaltung des Wertersatzanspruchswar evident falsch, weil sowohl § 355 Abs. 2 Satz 2 als auch § 357Abs. 3 Satz 1 BGB auf eine Belehrung in Textform spätestens „bei“Vertragsschluss abstellen. 4Mit dem nicht erforderlichen Hinweis aufdie Wertersatzpflicht werde die ungeklärte Frage, ob § 357 Abs. 3 BGBmit Art. 6 Abs. 2 FARL vereinbar ist, umgangen. 52. Rechtsfolgen der Fehlerhaftigkeit des Mustersa) Gesetzes- oder VerordnungsrangMasuch 6vertrat die Auffassung, durch Neufassung und Verkündungdes Musters <strong>im</strong> Fernabsatzänderungsgesetz habe das Muster in derFassung von 2004 selbst Gesetzesrang erlangt, indem die Vorschriftvom Gesetzgeber selbst verabschiedet wurde. Ein Verstoß gegen höherrangigesRecht sei seitdem nicht mehr zu befürchten, da § 355 BGB und§ 14 Abs. 1 BGB-InfoV normenhierarchisch auf einer Ebene stünden.Hierbei wurde allerdings außer Acht gelassen, dass in Art. 8 des Änderungsgesetzesausdrücklich festgelegt wurde, dass die durch das Gesetzgeänderten Teile vom Verordnungsgeber angepasst werden konnten, sodass die BGB-InfoV weiterhin einen Verordnungsrang besaß und sichan Art. 245 EGBGB orientierte. 7Auch das Bundesverfassungsgerichtentschied, dass, wenn das Parlament bestehende Rechtsverordnungenändert oder in diese neue Regelungen einfügt, das dadurch entstandeneNormgebilde aus Gründen der Normenklarheit insgesamt als Rechtsverordnungzu qualifizieren ist, 8 so dass eine Rechtssicherheit des Mus-1Witt, NJW 2007, 3759, 3760.2Faustmann, VuR 2006, 384, 385.3Buchmann, MMR 2007, 347, 352.4<strong>Föhlisch</strong>, MMR 2007, 139, 140.5Buchmann, MMR 2007, 347, 353.6Hoeren/Sieber/<strong>Föhlisch</strong>, Teil 13.4 Rn. 276; so auch Masuch, BB 2005, 344,347f.7Faustmann, VuR 2006, 384, 387.8BVerfG NVwZ 2006, 191,197


438 Teil 6 – Verwendung eines Belehrungsmustersters nicht mehr mit dem Gesetzesrang-Argument begründet werdenkonnte. 1b) UnwirksamkeitAngesichts der Entstehungsgeschichte und des Normzwecks war jedochkeine vollständige Unwirksamkeit des Musters anzunehmen. Der rechtlicheBestand und die Bekräftigung der Privilegierungsnormen begründeteneinen besonderen Vertrauenstatbestand zugunsten der Unternehmer,2 worauf auch der Verordnungsgeber zielte. Auch zwei Jahre späterbekräftigte die Bundesregierung ihre Auffassung, dass die Musterwiderrufsbelehrung<strong>im</strong> Sinne der Ermächtigung in Art. 245 Nr. 1 EGBGB dieAnforderungen des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB an eine Belehrung <strong>im</strong>Verordnungswege konkretisiert. Dementsprechend hielten das LGMünster 3 und das LG Flensburg 4 das Muster für wirksam. <strong>Das</strong> LGHamburg führte aus, dass die Widerrufsbelehrung für eine Vielzahlunterschiedlicher Fälle konzipiert sei, so dass Unschärfen die unvermeidlicheFolge seien, was aber nicht bedeute, dass die Regelungen sichnicht mehr <strong>im</strong> Rahmen der Verordnungsermächtigung bewegten. 5 Auchweitere Landgerichte 6 waren dieser Ansicht.Der Auffassung der Bundesregierung war jedoch nicht uneingeschränktzuzust<strong>im</strong>men. Denn der Verordnungsgeber war nicht ermächtigt,eine Irreführung des Verbrauchers und Verstöße gegen Marktverhaltensregelnfür folgenlos zu erklären. 7 Deswegen wurde überwiegendvon einer Unwirksamkeit der Musterbelehrung ausgegangen. 8Demfolgten das LG Koblenz 9 , OLG Hamm 10 und das KG 11 . Auch der VorsitzendeRichter des VIII. Zivilsenats des BGH, Ball, hat in mehrerenmündlichen Verhandlungen, u.a. <strong>im</strong> Verfahren der Bertelsmann-Tochter inmediaOne 12 zum Ausdruck gebracht, dass die Muster in der1<strong>Föhlisch</strong>, MMR 2007, 249, 250.2Faustmann, VuR 2006, 384, 387.3LG Münster, CR 2006, 782 = K&R 2006, 480 = MMR 2006, 762 = JurPCWeb-Dok. 34/2007.4LG Flensburg, MMR 2006, 686 = JurPC Web-Dok. 116/2006 = CR 2007, 112.5LG Hamburg, Urteil v. 22.5.2007 – 309 S 265/06, BeckRS 2007, 10576.6LG Kassel, NJW 2007, 3136; LG Berlin, BeckRS 2007, 10572; LG Hannover,BeckRS 2007, 10574.7<strong>Föhlisch</strong>, MMR 2007, 139, 141.8MünchKommBGB/Masuch, 5. Aufl., § 355 Rn. 57; Erman/Saenger § 355, Rn.12.9LG Koblenz, MMR 2007, 190 = JurPC Web-Dok. 52/2007 = CR 2007, 745.10OLG Hamm, CR 2007, 387 = JurPC Web-Dok. 126/2007 = MMR 2007, 377= K&R 2007, 324.11KG Berlin, VuR 2007, 37 (Ls.) = MMR 2007, 185 = CR 2007, 331 = K&R2007, 104 = MD 2007, 115.12BGH, 26.09.2007, VIII ZR 25/07 – Revision zurückgenommen.


B. Entwicklung der Belehrungsmuster 439seinerzeitigen Fassung unzulänglich waren und die Gerichte Verwerfungskompetenzhatten. 1c) WettbewerbswidrigkeitEs musste daher Verbrauchern möglich bleiben, trotz Verwendung desMusters mit Irreführungsfolgen, etwa ein verlängertes <strong>Widerrufsrecht</strong>auszuüben und Wettbewerbern musste es möglich sein, bei wettbewerbswidrigenPraktiken wegen Verwendung des Musters Unterlassungsansprüchegeltend machen zu können. <strong>Das</strong> bedeutete aber nicht,dass deshalb das gesamte Muster unwirksam war. <strong>Das</strong> hohe Schutzbedürfnisdes Händlers vor unangemessenen Rechtsfolgen gebot es, diePrivilegierung des Musters nur dann zu versagen, wenn sich ein Fehlerin einem Fall konkret zum Nachteil des Verbrauchers auswirkte. 2Dadiese Feststellung oft Schwierigkeiten bereitete und eine Missbrauchsgefahrbestand, waren erhöhte Anforderungen an die Darlegungs- undBeweislast des Verbrauchers zu stellen. 3Auch bei Auslegung der lauterkeitsrechtlichen Vorschriften mussteberücksichtigt werden, dass der Gesetzgeber das Musterformular mehrfach„komplett zur Verwendung in der Praxis“ 4empfahl und keinenÄnderungsbedarf sah. Jedoch war trotz erhöhter Anforderungen aneinen Wettbewerbsverstoß nicht jede Abmahnung wegen Verwendungdes unveränderten Musters bis zur Behebung der Fehler rechtsmissbräuchlichi.S.v. § 8 Abs. 4 UWG, 5zumal eine Korrektur ausweislichdamaliger Stellungnahmen der Bundesregierung nicht in Sicht war. 6Hiergegen wurde allerdings eingewendet, ein Unternehmer handelebei Verwendung des gesetzlichen Musters auch dann wettbewerbswidrig,wenn das Muster selbst rechtswidrig ist. Dies ergebe sich daraus,dass zwischen der Schutzbedürftigkeit des Verwenders und der desVerbrauchers bzw. der Wettbewerber abgewogen werden musste.Durch die unrichtige Belehrung erlangte der Unternehmer einen Wettbewerbsvorteilzu Lasten seiner Wettbewerber und des Verbrauchers.Der Schutzzweck der §§ 312d, 355 BGB lasse es nicht zu, ein solchesVerhalten nur deswegen als rechtskonform zu akzeptieren, weil auf einMuster zurückgegriffen wird, das vom Gesetzgeber vorgeschlagen wurde.Daher habe in jedem Fall ein Verstoß gegen die §§ 3, 4 Nr. 111<strong>Föhlisch</strong>, MMR 2007, 749, 750.2LG Köln, JurPC Web-Dok. 125/2007; Palandt/Grüneberg, § 14 BGB-InfoV Rn.6; AnwKomm/Ring, § 14 BGB-InfoV Rn. 12.3Faustmann, VuR 2006, 384, 388.4BR-<strong>Dr</strong>ucks. 84/04, S. 56.5So aber Faustmann, VuR 2006, 445, 446.6<strong>Föhlisch</strong>, MMR 2007, 139, 141.


440 Teil 6 – Verwendung eines BelehrungsmustersUWG vorgelegen. 1 Durch Schaffung der Übergangsregelung des § 16BGB-InfoV zeigte der Gesetzgeber später, dass er das Informationsinteressedes Verbrauchers hinter das Vertrauen des Unternehmers auf dieRichtigkeit der Belehrung zurückstellte.d) TeilkorrekturSelbst erstellte Belehrungen bergen mangels höchstrichterlicher Rechtsprechung<strong>im</strong>mer das Risiko, wettbewerbswidrig zu sein und verlängerteFristen nach sich zu ziehen. 2Auch eine Korrektur einzelner Fehlerunter Aufrechterhaltung des Musters <strong>im</strong> Übrigen durch den Verwenderwar und ist keine Lösung. 3 Bei Verwendung des Musters nur in einzelnenTeilen war eine Einschränkung der Privilegierung des § 14 BGB-InfoV geboten. Wurden einzelne Wörter abgeändert oder nur Teile desMusters verwendet, bestand keine Rechtssicherheit nach § 14 Abs. 1BGB-InfoV mehr. 4 Wurden einzelne Passagen aus dem Muster in eineransonsten eigenen Belehrung verwendet, offenbarten sich die Fehlermangels Privilegierung und führten vielfach zur Wettbewerbswidrigkeit.5Eine Ausnahme hiervon wurde lediglich für den Fall angenommen,dass zu Lasten des Verbrauchers gehende Unrichtigkeiten des Mustersberichtigt wurden. 6 Damit war aber die Frage, was genau an dem Musterunrichtig ist und wie dies berichtigt werden kann, nicht beantwortet,sondern wurde von den Gerichten unterschiedlich beurteilt. KeineAbweichung konnte daher mit der Gewissheit vorgenommen werden,dass die Privilegierung noch greift, sondern es ging dann um konkretePassagen, die ein Gericht ungeachtet der Regelungen des § 14 BGB-InfoV für zulässig hielt oder nicht.1Buchmann, MMR 2007, 347, 350; vgl. auch OLG Naumburg, CR 2008, 247 =NJW-RR 2008, 776 = MMR 2008, 548 = GRUR-RR 2008, 321 (Ls.).2So auch LG Frankfurt, Urteil vom 07.10.2008, 2-18 O242/08 bereits zur neuenMusterbelehrung.3<strong>Föhlisch</strong>, MMR 2007, 139, 142.4LG Stuttgart, WRP 2006, 287 = MMR 2006, 341; OLG München, MMR2008, 677; OLG Düsseldorf, MMR 2008, 171 = VuR 2008, 55 = JurPC Web-Dok.15/2008 = ITRB 2008, 153; OLG Stuttgart, MMR 2008, 616.5So war die vom KG Berlin, VuR 2007, 37 (Ls.) = MD 2007, 115 = MMR 2007,185 = ITRB 2007, 104 m. Anm. Günther = CR 2007, 331 = K&R 2007, 104 beanstandete,aus der Muster-Belehrung stammende Formulierung in einer selbst erstelltenBelehrung enthalten.6OLG Stuttgart, MMR 2008, 616.


B. Entwicklung der Belehrungsmuster 4413. Amtshaftung für normatives UnrechtSchon dem Verordnungsgeber von 2002 ist vorzuwerfen, dass er dieRechtsfolgenanordnung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV erlassen hatte,ohne die Vereinbarkeit des zugehörigen Musters mit höherrangigemRecht zu gewährleisten. Unverständlich ist auch, warum nicht der Gesetzgebervon 2004 die Kritik aus der Literatur aufgegriffen und dasMuster umfassend überarbeitet und verbessert hat. Der Gesetzgeber hatbei dem lobenswerten Versuch, die unternehmerischen Informationspflichtenzu konkretisieren und so auch kleineren Unternehmen dieTeilhabe an einem Zukunftsmarkt zu ermöglichen, seine Aufgaben inevidenter Weise vernachlässigt. 1 <strong>Das</strong> Muster gereichte sowohl Verbrauchernals auch Händlern zunehmend mehr zum Nachteil als zum Vorteil.2Die FDP-Bundestagsfraktion wies auf politischer Ebene bereits am8.11.2006 3 auf die dramatische Lage hin und forderte die Bundesregierungauf, endlich nachzubessern und die Rechtsunsicherheit zu beseitigen.Im Dezember 2006 antwortete die Bundesregierung dann noch,dass sie die Belehrung für wirksam halte und ein in den Details weiterdifferenzierendes Muster Gefahr liefe, nicht mehr verstanden zu werden.4 Damit gab sich die FDP nicht zufrieden. Im Februar 2007 wurdedie Regierung nochmals aufgefordert, den Zustand der Rechtsunsicherheitzu beenden. 5 <strong>Das</strong> BMJ ließ jedoch auch in der Folgezeit die Internethändlerweiter ins offene Messer laufen, indem der gesetzte Vertrauenstatbestandsogar noch einmal bekräftigt wurde. In der Presse spieltedas Ministerium die Bedeutung der Gerichtsentscheidungen für dieUnternehmer herunter. Daher wurde über Amtshaftungsansprüchenachgedacht. 6Den Ministerialbeamten ist nicht gelungen, was der Gesetzgeber einemKleingewerbetreibenden abverlangte, und das trotz Verbesserungshinweisenaus Literatur und Rechtsprechung und mehrfacherGelegenheit zur Korrektur. Wegen dieser Pflichtverletzungen kam eineAmtshaftung für normatives Unrecht nach § 839 Abs. 1 BGB i.V.m.Art. 34 GG in Betracht. 7Einen zentralen Streitpunkt der Anwendbarkeitdes Amtshaftungsanpruchs auf normatives Unrecht stellte jedoch1Faustmann, VuR 2006, 384, 388.2<strong>Föhlisch</strong>, MMR 2007, 139, 142.3BT-<strong>Dr</strong>s. 16/3387.4BT-<strong>Dr</strong>s. 16/3595.5BT-<strong>Dr</strong>s. 16/4452.6<strong>Föhlisch</strong>, MMR 2007, 139 m.w.Nw.7<strong>Föhlisch</strong>, MMR 2007, 139, 142.


442 Teil 6 – Verwendung eines Belehrungsmustersdie Frage nach der <strong>Dr</strong>ittbezogenheit der Amtspflichten dar. 1Obwohldie BGB-InfoV weder eine Einzelfall- noch eine Maßnahmeverordnungist, spricht die Entstehungsgeschichte für eine drittschützende Wirkung.Es war gerade der Zweck der Muster-Belehrung, den Unternehmer vornegativen Folgen einer fehlerhaften Belehrung zu schützen. 2 Die erheblicheBelastung der Unternehmer durch die gemeinschaftsrechtlich nichtgebotene Erweiterung der vorvertraglichen Informationspflichten wurde2004 sogar mit Verweis auf das Muster und dessen Privilegierunggerechtfertigt. 3Die Bundesregierung hatte spätestens Ende 2006 die Pflicht, auf dieRücknahme des gesetzten Vertrauenstatbestandes hinzuwirken, wennschon die Korrektur der evidenten Fehler nicht erfolgte. 4Wegen dergravierenden Versäumnisse bei Schaffung, Überarbeitung und Bekräftigungdes Vertrauenstatbestandes in der drittschützenden BGB-InfoVbesteht ein Amtshaftungsanspruch gegen die Bundesrepublik Deutschland,wenn ein Widerruf des Vertrages oder eine Abmahnung auf dasfehlerhafte Muster zurückzuführen ist. 5Hinzu kommt die verspäteteVeröffentlichung des Urteils des LG Halle, 6 das von der Nichtigkeit desMusters ausging und damit zweifellos von genereller rechtsstaatlicherRelevanz und somit von öffentlichem Interesse ist, womit das Gerichtseiner ihm <strong>im</strong> Rechtsstaat obliegenden Verantwortung nicht gerechtgeworden ist. 7 III. Verbesserte Musterbelehrung 20081. Diskussionsentwurf v. 23.10.2007Nachdem die 2004 nur unwesentlich überarbeitete Muster-WiderrufsbelehrungGegenstand anhaltender Kritik aus Rechtsprechung undLiteratur blieb, hat das BMJ am 23.10.2007 einen Diskussionsentwurffür die <strong>Dr</strong>itte Verordnung zur Änderung der BGB-Informationspflichtenverordnungvorgelegt. Es war zwar begrüßenswert, dass dasBMJ nun nach fünf Jahren „der Kritik der Instanzgerichte und weitgehendauch des Schrifttums Rechnung“ tragen und weitere wettbewerbsrechtlicheAbmahnungen der Muster-Verwender vermeiden wollte. 81Ausführlich Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 5. Aufl. 1998, S. 105 ff. Die <strong>Dr</strong>ittbezogenheitder BGB-InfoV bejahend: Staudinger/Kaiser, Art. 245 EGBGB Rn. 4.2Bericht des Rechtsausschusses, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 14/7052, S. 208.3BR-<strong>Dr</strong>ucks. 84/04, S. 56.4<strong>Föhlisch</strong>, MMR 2007, 139, 143.5Ebenso Faustmann, VuR 2006, 384, 389; a.A. Rössel, CR 2006, 709, 711.6LG Halle, NJOZ 2006, 1951 = MMR 2006, 772.7Faustmann, VuR 2006, 384, 389 m.w.N.8So das erklärte Ziel, BMJ-DiskE v. 23.10.2007, S. 1.


B. Entwicklung der Belehrungsmuster 443<strong>Das</strong> BMJ war jedoch in einem Punkt über das Ziel hinausgeschossenund in einem anderen nicht mutig genug gewesen. 1Die Musterbelehrung nach dem Diskussionsentwurf zeichnete sichdurch sehr ausführliche Formulierungen aus. 2Nicht geglückt war derVersuch, wegen des vollständigen Verzichts auf das umstrittene Wort„frühestens“ umfassend über den Beginn der Widerrufsfrist zu informieren,indem der Unternehmer zum „Abdruck“ zahlreicher Vorschriftenverpflichtet werden sollte. Die in einfachen Grundkonstellationenetwa 4 DIN A4-Seiten langen Belehrungstexte waren für Unternehmerunpraktikabel und für die Verbraucher intransparent. Ein solcher Texthätte bei Teleshopping, Telefonverkäufen, M-Commerce, Katalogversandhandel,Bestellcoupons in Zeitschriften oder Bestellungen in Internetshopspraktisch weder untergebracht noch gelesen werden könnenund wäre nicht „klar und verständlich“ i.S.v. § 312c Abs. 1 BGB und§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB gewesen. 32. <strong>Dr</strong>itte Verordnung zur Änderung der BGB-InfoVDie durch die dritte Verordnung zur Änderung der BGB-InfoV 4 eingeführteneue Musterbelehrung stellt einen ausgewogenen Kompromisszwischen den Anforderungen an den Unternehmern und dem Informationsbedürfnisdes Verbrauchers dar. 5Problematisch bleibt allerdingsdie Anpassung der Musterbelehrung auf das konkrete Rechtsgeschäftdurch den Unternehmer. Ein weiteres Manko ist, dass die Muster nachwie vor nur in der BGB-InfoV privilegiert werden. Ein Amtsgerichtkönnte jederzeit einen neuen Fehler entdecken und die Musterbelehrungnach wie vor für unwirksam erklären. 6a) Belehrung über VerbraucherrechteDer Verordnungsgeber will die Kritik des BGH 7umsetzen, dass dieMusterbelehrung den Verbraucher nicht nur über dessen Pflichten,sondern auch über dessen Rechte aufklären müsse. 8Diesem Zweckdienen die Veränderungen zum Fristanlauf, sowie die Ergänzungen zurGefahrtragung und zur Pflicht des Unternehmers, vom Kunden geleisteteZahlungen innerhalb von 30 Tagen zurück zu erstatten. Inwieweit1<strong>Föhlisch</strong>, MMR 2007, 749, 750.2Buchmann, K&R 2008, 12, 13.3Vgl. <strong>Föhlisch</strong>, MMR 2007, 749, 750 m.w.N.4Bundesgesetzblatt 2008 I v. 12. März 2008, S. 292.5Masuch, NJW 2008, 1700.6<strong>Föhlisch</strong>, MMR 2008, 205, 206.7BGH, JurPC Web-Dok. 92/2007 = CR 2007, 529 = MMR 2007, 514 m. Anm.<strong>Föhlisch</strong> = NJW 2007, 1946 = K&R 2007, 404.8Lejeune, CR 2008, 226, 228.


444 Teil 6 – Verwendung eines Belehrungsmustersdie Vorgaben des BGH durch die Bundesregierung erfüllt sind, lassesich allerdings nicht genau einschätzen, weil der BGH selbst keine konkretenAnforderungen an die Musterbelehrung in dieser Hinsicht angegebenhat. 1 Um eine tatsächliche Verständlichkeit der Musterbelehrungfür den Verbraucher zu erreichen, ist allerdings eine Reduzierung derInformationen auf das notwendige Maß erforderlich. Ansonsten bestehtdie Gefahr, dass die Belehrung ihren Zweck verfehlt und damit unzureichendist. 2 Zu beanstanden ist ferner, dass es nach wie vor an einemHinweis fehlt, dass die Widerrufsbelehrung sich ausschließlich anVerbraucher richtet, sowie darauf, bei welchen Rechtsgeschäften demVerbraucher ein <strong>Widerrufsrecht</strong> zusteht. Dies könnte dann problematischwerden, wenn die Widerrufsbelehrung in AGB integriert wird. 3b) Belehrung über den FristbeginnDie umstrittene Formulierung zum Fristbeginn wird durch den Satz„Die Frist beginnt nach Erhalt dieser Belehrung in Textform“ ersetzt.Nicht durchgesetzt hat sich der Vorschlag für eine Formulierung „…amTag nach…“. 4 Es wird allerdings kritisiert, auch die neue Musterbelehrungerläutere dem Verbraucher nicht, wann genau die Frist an- undabläuft, womit das Problem bestehe, dass auch diese in Zukunft wiedervon den Gerichten für unwirksam erklärt werden könnte. 5Diese Entscheidungdes Verordnungsgebers entspricht jedoch der Rechtsprechungdes BGH 6 , wonach eine nähere Erläuterung der §§ 187, 188,193 BGB nicht erforderlich ist 7 und trägt weiterhin dem noch ungenauformulierten Wortlaut des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB Rechnung. Somit istdie Wirksamkeit der neuen Musterbelehrung nicht zu bezweifeln. 8 DieTransparenz der Ausführungen zum Fristanlauf wird aber auch insoweitin Frage gestellt, als der Verbraucher <strong>im</strong> Gesetz nachzuschlagenhat, welche die Informationspflichten aus §§ 312c, 312e BGB sind, diemaßgeblich für den Fristbeginn sind. 9Zum anderen wird in der neuen Belehrung deutlich gemacht, dass fürden Beginn der Widerrufsfrist der Erhalt der Widerrufsbelehrung inTextform erforderlich ist. Darüber hinaus sind in Gestaltungshinweis 3nähere Informationen für die Fälle gegeben, in denen neben der Mitteilungder Widerrufsbelehrung in Textform auch weitere Voraussetzun-1Lejeune, CR 2008, 226, 228.2Witt, NJW 2007, 3759, 3759.3Buchmann, K&R 2008, 12, 14.4Buchmann, MMR 2007, 347, 350.5Lejeune, CR 2008, 226, 228; Buchmann, K&R 2008, 12, 14.6BGH, NJW 1994, 1800, 1801.7Rössel, ITRB 2008, 136, 137.8Masuch, NJW 2008, 1700, 1701.9Lejeune, CR 2008, 226, 231.


B. Entwicklung der Belehrungsmuster 445gen für den Fristbeginn zu erfüllen sind, nämlich der Erhalt der Ware<strong>im</strong> Fernabsatzgeschäft. 1Diese Änderungen erscheinen konsequent undlösen die in der Rechtsprechung kritisierten Schwachstellen der Musterbelehrung.c) Belehrung über die RechtsfolgenNach wie vor problematisch bleibt allerdings die Belehrung über denvom Verbraucher u.U. zu zahlenden Wertersatz. Zum einen ist demdurchschnittlichen Verbraucher der Unterschied zwischen dem allgemeinenWertersatz und Wertersatz wegen best<strong>im</strong>mungsgemäßer Ingebrauchnahmenicht bewusst, so dass eine Belehrung darüber ohne einenentsprechenden Hinweis ihr Ziel verfehlt. Zum anderen ist die Formulierung„Können Sie uns die empfangene Leistung ganz oder teilweisenicht oder nur <strong>im</strong> verschlechterten Zustand zurückgewähren, müssenSie uns insoweit ggf. Wertersatz leisten.“ irreführend, da stets Wertersatzzu leisten ist, wenn die Ware <strong>im</strong> verschlechterten Zustand zurückgegebenwird. Eine Ausnahme hiervon besteht nur für den Fall, dass derUnternehmer darauf verzichtet. Durch die in Frage stehende Formulierungkönnte allerdings be<strong>im</strong> Verbraucher den Eindruck erweckt werden,dass eine solche Verpflichtung grundsätzlich besteht. 23. Übergangsfrist, § 16 BGB-InfoV<strong>Das</strong> alte Muster konnte nach einer Überleitungsvorschrift (§ 16 BGB-InfoV n.F.) unter Aufrechterhaltung der Privilegierung noch bis EndeSeptember 2008 verwendet werden. In diesem Zusammenhang hat dasKammergericht entschieden, dass dies als Bagatellverstoß nach § 3UWG einzustufen sei. 3Auch bei Verwendung des neuen Musters sindGerichtsurteile, die von der Unwirksamkeit der Belehrung ausgehen,zwar nicht auszuschließen, solange das Muster nicht in ein formellesGesetz überführt worden ist.IV. Geplante Musterbelehrung <strong>2009</strong><strong>Das</strong> Bundesjustizministerium (BMJ) hat am 5.11.2008 den mit Spannungerwarteten Referentenentwurf zur Neuordnung der Vorschriftenüber das Widerrufs- und Rückgaberecht vorgelegt. 4 Am 21.1.<strong>2009</strong>1Masuch, NJW 2008, 1700, 1701.2Buchmann, K&R 2008, 12, 15.3KG Berlin, MMR 2008, 541 m. Anm. <strong>Föhlisch</strong> = K&R 2008, 375 = JurPC Web-Dok. 101/2008 = CR 2008, 586 = GRUR-RR 2008, 352.4BGB-RefE v. 17.6.2008, mittlerweile verkündet (BGBl. I <strong>2009</strong>, S. 2355), Inkrafttretenam 11.6.2010.


446 Teil 6 – Verwendung eines Belehrungsmusterswurde der Gesetzentwurf der Bundesregierung 1veröffentlicht, der nahezuinhaltsgleich ist. Dieser Gesetzentwurf sieht die Regelung derMuster in einem formellen Gesetz vor, was zu Sicherheit gegen Fristverlängerungenund Abmahnungen führt. Es handelt sich um einen großenWurf des BMJ, da neben der Problematik der Musterbelehrungenzugleich die unberechtigte Ungleichbehandlung von Onlineshops undeBay-Händlern aufgehoben wird. 2<strong>Das</strong> Bundesjustizministerium definiertklarer als bislang die Pflichtbestandteile der Widerrufs- bzw.Rückgabebelehrung. Damit soll klargestellt werden, dass eine Belehrungüber die vollständige Rechtslage, die zwischenzeitlich zu einemeinhellig abgelehnten vierseitigen Widerrufsmuster-Entwurf geführthatte, nicht erforderlich ist.1. Gesetzesrang der Musterbelehrung§ 360 Abs. 3 BGB-E, der als formelles Gesetz auch das Widerrufsmusterfür rechtens erklärt, ersetzt den derzeit geltenden § 14 BGB-InfoVund soll wie folgt lauten: „Die dem Verbraucher gem. § 355 Abs. 3Satz 1 mitzuteilende Widerrufsbelehrung genügt den Anforderungendes Abs. 1 und den diesen ergänzenden Vorschriften dieses Gesetzes,wenn das Muster der Anlage 1 zum EGBGB in Textform verwendetwird. Die dem Verbraucher gem. § 356 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 355Abs. 3 Satz 1 mitzuteilende Rückgabebelehrung genügt den Anforderungendes Abs. 2 und den diesen ergänzenden Vorschriften diesesGesetzes, wenn das Muster der Anlage 2 zum EGBGB in Textformverwendet wird. Der Unternehmer darf in Format und Schriftgröße vonden Mustern abweichen und Zusätze wie die Firma oder ein Kennzeichendes Unternehmers anbringen.“Die Muster für die Widerrufs- und Rückgabebelehrung sind zukünftigdie ersten beiden Anlagen zum EGBGB und werden der neuenRechtslage (14tägige Frist und Wertersatz bei eBay) angepasst. Durchdie Aufnahme der Gesetzlichkeitsfiktion in das BGB erlangt diese denRang eines formellen Gesetzes. Die Muster sollen als Anlagen zumEGBGB ebenfalls den Rang eines formellen Gesetzes haben. Damit istes Gerichten verwehrt, die Muster als unwirksam zu verwerfen und aufGrund dessen die Gesetzlichkeitsfiktion für eine den Mustern entsprechendeBelehrung zu versagen. 31BT-<strong>Dr</strong>ucks. 16/11643. Dazu Teil 7 B I.2<strong>Föhlisch</strong>, MMR 2008, Heft 8, XXIV, XXV.3<strong>Föhlisch</strong>, MMR 2008, Heft 8, XXIV, XXV.


B. Entwicklung der Belehrungsmuster 4472. Kritik an der vorgesehenen MusterbelehrungDer vzbv kritisiert, viele Informationen seien in überlagerter Fachspracheformuliert und damit nicht geeignet, dem Durchschnittsverbraucherseine wesentlichen Rechte zu vermitteln. Daher könne das eigentlicheZiel nicht erreicht werden, nämlich Verbraucher verständlich zu informierenund sie damit in die Lage zu versetzen, wirtschaftliche Entscheidungenin Kenntnis ihrer Rechte treffen zu können. Die vzbv verlangtdaher eine kurze und verständliche Belehrung, die in möglichst vielenFällen gefahrlos Verwendung finden kann. 1Dem Verbraucher werdenach dem Entwurf vielfach eine juristische Subsumtion auferlegt. Dieskönne verhindert werden, indem die Gestaltungshinweise für individuellesituationsgemäße Eintragungen geöffnet würden. 2 Ebenfalls kritischangesehen werden der Detaillierungsgrad der Musterbelehrung 3sowiedie Pauschalverweise auf Paragraphen des BGB. 4Inhaltlich kritisiert wird die geplante Musterbelehrung in Hinblickauf den Hinweis über die Wertersatzpflicht wegen best<strong>im</strong>mungsgemäßerIngebrauchnahme. Dieser sei nicht gesetzlich vorgeschrieben undmüsse mit dem allgemeinen Hinweis ergänzt werden, dass „man sichdie Ware anschauen und hierfür aus der Verpackung nehmen darf,dabei aber vorsichtig vorgehen muss, um Gebrauchsspuren zu vermeiden.“Einzelheiten müsse der Unternehmer verständlich und produktbezogenformulieren. 5Bemängelt wird weiterhin zu Recht das Fehlenjeglicher Informationen über einen Hinweis auf Ausnahmen (Nichtbestehenoder Erlöschen) des <strong>Widerrufsrecht</strong>s. Zum einen brauche derVerbraucher diese Informationen für die Wahrnehmung seiner Pflichten,zum anderen sei der Hinweis deswegen erforderlich, weil er zu denvorvertraglichen Informationspflichten gehöre und daher nach Art. 246§ 1 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB-RefE in der Musterbelehrung enthalten seinmuss, damit diese zu Erfüllung der vorvertraglichen Informationspflichtenausreichend sei. 6V. Keine europäische Muster-WiderrufsbelehrungMit dem VRRL-E hätte der europäische Richtliniengeber die Chancenutzen können und sollen, eine europäische Musterbelehrung einzuführen.7 Für eine solche Musterbelehrung hatte sich auch das BMJ einge-1vzbv-Stellungnahme v. 19.08.2008, S. 14 f.2Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten, S. 53.3Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten, S. 54 f.4Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten, S. 60 f.5vzbv-Stellungnahme v. 19.08.2008, S. 15.6vzbv-Stellungnahme v. 19.08.2008, S. 16.7<strong>Föhlisch</strong>, MMR <strong>2009</strong>, 75.


448 Teil 6 – Verwendung eines Belehrungsmusterssetzt. 1Eine solche Musterbelehrung ist bisher nicht vorgesehen. Stattdessenwird <strong>im</strong> VRRL-E ein „Standard-Widerrufsformular“ eingeführt,mit dem der Verbraucher seinen Widerruf erklären soll. Dieses gehtjedoch vollkommen an der Realität vorbei. 2Es bleibt zu hoffen, dassdieses Formular <strong>im</strong> Laufe des Verabschiedungsprozesses der Richtliniewieder entfernt und stattdessen eine Muster-Widerrufsbelehrung eingeführtwird. 3C. Vor- und NachteileC. Vor- und NachteileDie Geschichte der Musterbelehrung des Bundesjustizministeriums istwohl eines der dunkelsten Kapitel der deutschen Rechtsgeschichte.Gesetz- und Verordnungsgeber haben es über Jahre nicht geschafft,einen Text zu entwerfen, der allen gesetzlichen Vorgaben genügt. DieGrenzen der Belehrungsqualität und Eignung eines einzigen Musters füralle denkbaren Fälle sind entscheidende Nachteile eines Belehrungsmusters.Obwohl die erste Musterbelehrung 2002 heftig kritisiert und dieVorschriften zum <strong>Widerrufsrecht</strong> erheblich geändert wurden, blieb dasBelehrungsmuster 2004 nahezu unverändert. Entgegen dem Bedürfnisder Händler, für die vorvertragliche Information und die Belehrung inTextform den gleichen Text zu verwenden, war das Muster nicht fürdie flüchtige Information, sondern für eine Belehrung in Textform konzipiert,was der eigentlichen gesetzgeberischen Zielsetzung widersprach.Abgesehen davon wies das Muster zahlreiche inhaltliche Schwächenauf, für die aufgrund des Verordnungsrangs des Musters die Unternehmerdie Verantwortung tragen mussten. In Betracht kommen insofernAmtshaftungsansprüche gegen die Bundesrepublik. Die Bundesregierunghatte spätestens Ende 2006 die Pflicht, auf die Rücknahme desgesetzten Vertrauenstatbestandes hinzuwirken, wenn schon die Korrekturder evidenten Fehler nicht erfolgte.Die durch die dritte Verordnung zur Änderung der BGB-InfoV eingeführteneue Musterbelehrung stellt einen ausgewogenen Kompromisszwischen den Anforderungen an den Unternehmer und dem Informationsbedürfnisdes Verbrauchers dar. Problematisch bleibt allerdings dieAnpassung der Musterbelehrung auf das konkrete Rechtsgeschäft durchden Unternehmer, der damit häufig überfordert ist. Ein weiteres Mankoist, dass die Muster nach wie vor nur in der BGB-InfoV privilegiert1BRD-Stellungnahme v. 21.9.2006.2<strong>Föhlisch</strong>, MMR <strong>2009</strong>, 75; ebenso Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten,S. 73.3Kritisch Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten, S. 73.


C. Vor- und Nachteile 449werden. Ein Amtsgericht könnte jederzeit einen neuen Fehler entdeckenund die Musterbelehrung nach wie vor für unwirksam erklären. InhaltlicheSchwächen der Musterbelehrung werden jedoch deutlich geringereRolle nach Inkrafttreten des neuen BGB-RegE v. 21.01.<strong>2009</strong> spielen.Hierdurch würde die Musterbelehrung den Rang eines formellen Gesetzeserlangen und nicht mehr von den Gerichten verworfen werden können.Hiermit ist der Gesetzgeber auf dem richtigen Weg. EntscheidenderVorteil der Musterbelehrung ist die Rechtssicherheit in einem Dickichtunklarer, ausufernder Pflichten und maßloser, unangemessener Sanktionen.


Teil 7 – Ergebnisse und AusblickTeil 7 – Ergebnisse und AusblickA. ErgebnisseA. ErgebnisseI. Historische Entwicklung1. Distanz zu Vertragspartner und Leistung als RechtfertigungDie Rechtfertigungsgründe für ein <strong>Widerrufsrecht</strong> sind vielfältig, nämlichdie Überraschungs- und Überrumpelungsgefahr, die Komplexitätder Vertragsmaterie, die langfristige Vertragsbindung des Verbrauchers,die möglicherweise seine finanziellen Mittel übersteigt und schließlichdie Distanz zwischen den Vertragsparteien und die fehlende Möglichkeit,die Leistung <strong>im</strong> Vorfeld zu begutachten. Nur der letzte Grundrechtfertigt das <strong>Widerrufsrecht</strong> <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong>. Eine lediglich mit dem„Verbraucherschutzgedanken“ begründete Erklärung führt nicht weiterund erweckt leicht Zweifel hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem Gebotdes verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatzes gemäß Art. 3Abs. 1 GG.2. Veraltetes Leitbild „Tele-Einkauf“ der FARLEs muss berücksichtigt werden, dass heute anders als zum Zeitpunktder Entstehung der FARL und des „Tele-Einkaufs“ der Verbraucher <strong>im</strong>Internet über Preissuchmaschinen, Testberichte, Kundenbewertungenund Gütesiegel gezielt nach Produkten suchen kann, von denen er <strong>im</strong>Vorfeld Meinungen anderer, einen vertrauenswürdigen Verkäufer undden besten Preis in Erfahrung bringen und eine finanziell abgesicherteTransaktion tätigen kann. Vielfach wird in Internet-Shops und aufAuktionsplattformen auch Ware angeboten, die <strong>im</strong> stationären Handelzuvor ausgiebig geprüft werden kann. Diese veränderten Umständeführen dazu, dass die damalige Intention des europäischen Gesetzgebersnicht unkritisch auf den <strong>Onlinehandel</strong> übertragen werden kann.3. Fernabsatzrecht als Spielball der Politik<strong>Das</strong> Ringen unterschiedlicher Interessen und Meinungen ist <strong>im</strong> Fernabsatzrechtseit jeher deutlich erkennbar. Immer wieder werden die Fragennach der Anwendung des Fernabsatzrechts auf Internetauktionen,der Umfang der Informationspflichten und der Wertersatz <strong>im</strong> Rahmender Rückabwicklung des widerrufenen Geschäfts teils polemisch disku-


452 Teil 7 – Ergebnisse und Ausblicktiert. Sollten z.B. anfangs noch Versteigerungen vom Anwendungsbereichdes FernAbsG ausgenommen sein, so sorgte die berechtigte Kritikder AgV für deren Aufnahme. Die Kommission möchte <strong>im</strong> VRRL-EInternetauktionen nun wieder ausnehmen. Die zeigt deutlich den Mangelan Geradlinigkeit <strong>im</strong> Fernabsatzrecht, der nationalen Interessen zumOpfer fällt.Die Entscheidung des deutschen Gesetzgebers, dem Verbraucher –anders als fast alle anderen Mitgliedsstaaten – nicht die Rücksendekosten<strong>im</strong> Falle des Widerrufs aufzuerlegen, sorgte nach langen Diskussionenund plötzlichen Kehrtwenden zu der Einführung der verunglückten40-Euro-Klausel als bürokratisches Negativbeispiel, welcher nun auchschon wieder die Abschaffung durch Art. 17 Abs. 1 VRRL-E droht, dadieser vorsieht, dass der Verbraucher die Rücksendekosten zu tragenhat.4. Steigerung der Komplexität statt TransparenzDie mit der Integration des FernAbsG in das BGB und der Erweiterungder Ermächtigung des BMJ aus dem EGBGB, Vorschriften über dieInformationspflichten des Unternehmers zu erlassen, bezweckte bessereÜbersichtlichkeit wurde nicht erreicht, u.a. auch, da eine Auslagerungverbraucherrechtlicher Vorschriften selten zielführend ist, wenn eineIntegrierung des Verbraucherrechtes in das BGB bewirkt werden soll.Durch eine überzogene Umsetzung der FARLFDL entstanden Belehrungspflichten,die <strong>im</strong> Vergleich zu den bereits zuvor unübersichtlichgestalteten Vorschriften noch verworrener geworden sind. SelbstVerbraucherverbände wiesen darauf hin, dass die Flut der zu erteilendenInformationen zu einem gegenteiligen Effekt, nämlich der Irreführungstatt Orientierung führen kann.5. Völlig unangemessene Sanktionen<strong>Das</strong> Mindestniveau der FARL wurde auch mit dem unbefristeten <strong>Widerrufsrecht</strong>,wenn der Verbraucher nicht ordnungsgemäß über sein<strong>Widerrufsrecht</strong> belehrt worden ist, beachtlich überschritten. Dieserschwere Eingriff in die Vertragsfreiheit konnte durch die Veröffentlichungvon Musterbelehrungen und der Festlegung einer Monatsfrist fürnachträgliche Belehrungen nur teilweise abgefedert werden.6. FARL verfehlt ihre ZieleHinsichtlich des <strong>Widerrufsrecht</strong>es stellt die Kommission in ihrem Berichtüber die Anwendung der FARL in den Mitgliedsstaaten fest, dass


A. Ergebnisse 453es ein Paradebeispiel für die Zusammenhanglosigkeit der gemeinschaftsrechtlichenBest<strong>im</strong>mungen und nationaler Disparitäten als Folgeder Inanspruchnahme der Mindestklausel ist. <strong>Das</strong> bestehende EG-Verbraucherrecht weist eine tiefe Rechtszersplitterung auf. Daher könnenvor allem die kleineren und mittleren Unternehmen von einemstärker vorausschaubaren Regelungsumfeld und unkomplizierteren EU-Vorschriften nicht profitieren. Die FARL hat ihre Zwecke nicht erfülltund passt mit ihrem Tele-Einkauf-Leitbild nicht in die Realität des<strong>Onlinehandel</strong>s.Es ist auch ein Mangel an Vertrauen seitens des Verbrauchers in ausländischeUnternehmen festzustellen. Die Befürchtung einer „Versteinerung“des Verbraucherschutzrechtes durch Vollharmonisierung istunbegründet. Vielmehr erschweren die verschiedenen nationalen Regelungendie Teilnahme an grenzüberschreitenden Verträgen nicht nur fürden Unternehmer, sondern auch für den Verbraucher, da dieser sichnicht darüber <strong>im</strong> Klaren ist, welches Recht auf seinen Vertrag anwendbarist.1. Schutz des SchwächerenII. AnwendungsbereichZweifelsohne gibt es <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong> Situationen, in denen das Vertragsgleichgewichtvon Verbraucher und Unternehmer derart gestörtist, dass ein schwacher Verbraucher einem starken Unternehmer gegenübersteht,etwa wenn es um so genannte Vertragsfallen geht, bei denender Verbraucher – meist über ein Gewinnspiel angelockt – einenvermeintlich kostenfreien Dienst in Anspruch nehmen will und erstnach Registrierung bemerkt, dass er ein kostenpflichtiges Abonnementabgeschlossen haben soll. Bemerkenswerterweise weist das Fernabsatzrechtgerade in diesen Konstellationen erhebliche Schutzlücken auf.Gerechtfertigt ist das <strong>Widerrufsrecht</strong> auch, wenn der unbedarfteVerbraucher Produkte von zweifelhafter Qualität erwirbt, die es ausschließlich<strong>im</strong> Distanzhandel zu erwerben gibt. Auch Anbieter solcherWaren entziehen sich bewusst dem Zugriff des Vertragspartners undagieren oft an der Grenze zur Legalität.2. Starker Verbraucher gegen schwachen HändlerAllerdings stellt sich die Realität des <strong>Onlinehandel</strong>s häufig auch so dar,dass die Parteien gleichberechtigt sind oder der Verbraucher sogar dieüberlegene Partei ist. Eine Vielzahl von Online-Shops wird nicht vongroßen Unternehmen, sondern von Einzelgewerbetreibenden betrieben,


454 Teil 7 – Ergebnisse und Ausblickdie damit neben einem Angestelltenverhältnis etwas dazu verdienen,sich nach Arbeitslosigkeit eine Existenz aufbauen oder zusätzlich zueinem bestehenden stationären Handel in geringem Maße auch onlineUmsätze erzielen.3. Fließende Grenzen des VerbraucherschutzrechtsBesonders auf elektronischen Marktplätzen wie eBay sind die Grenzenzwischen Verbrauchern und Unternehmern fließend. Einerseits versuchenkleine Händler durch die Darstellung als Privatperson das <strong>Widerrufsrecht</strong>zu umgehen, andererseits werden Mütter von vier Kindern,die deren gebrauchte Kleidung verkaufen, als Unternehmer eingestuft.So stehen Personen, die eigentlich dem Schutzbereich des Verbraucherschutzrechtesunterliegen, <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong> plötzlich und unerwartetauf der Seite der vermeintlich „starken“ Vertragspartei. Auf der anderenSeite ist der Onlinekäufer häufig überdurchschnittlich gebildet undwirtschaftlich stark. Häufig wird eine handelsübliche Ware, die bereits<strong>im</strong> stationären Handel ausgiebig begutachtet und getestet wurde, beidem Onlinehändler bestellt, der diese zu dem günstigsten Preis anbietet.4. Umgehungsmöglichkeiten des AnwendungsbereichsSoweit das Kontinuum von der Anbahnung des Vertrages bis zum Vertragsschlussdurch persönlichen Kontakt durchbrochen wird, müssenHilfskonstruktionen bemüht werden, um eine Umgehung des Anwendungsbereichszu verhindern. Ein Postbote kann nicht zu einem direktenKontakt zwischen Händler und Verbraucher führen. Da die spezifischeGefahr von Fernabsatzverträgen in der eingeschränktenSichtbarkeit von Leistung und Vertragspartner liegt, spielen der Umfangund die Qualität der vom Boten übermittelten Informationen eineentscheidende Rolle.Erfolgt eine Abholung durch den Verbraucher <strong>im</strong> Ladengeschäft desVerkäufers, so ist zu differenzieren, ob der Verbraucher vorher einenVertrag über Fernkommunikationsmittel geschlossen hat. In diesem Fallkonnte er die Ware vor dem Kauf nicht begutachten und ist somitschutzwürdig. Erfolgt jedoch lediglich eine Reservierung über das Internetund kann der Kunde dann vor Ort einen Kaufvertrag abschließen,so greifen die Fernabsatzvorschriften nicht. Da bei Abholung sowohlder Unternehmer als auch die Ware von dem Verbraucher wie <strong>im</strong>stationären Handel in Augenschein genommen werden können, fehlt eshier an einer Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers.


A. Ergebnisse 455III. Ausnahmen1. Willkürliche Annahme der UnzumutbarkeitDie Rechtfertigung für die konkreten Ausnahmen ist bis heute strittigund schwach begründet. Im Laufe der Gesetzgebungsverfahren aufeuropäischer und deutscher Ebene wurden Argumente für und gegendie Unzumutbarkeit beziehungsweise Unzweckmäßigkeit von Informationspflichtenund <strong>Widerrufsrecht</strong> bei best<strong>im</strong>mten Vertragstypen gleichermaßenvorgebracht und diskutiert. <strong>Das</strong>s es letztlich gerade zu denbekannten Ausnahmen gekommen ist, beruht überwiegend darauf, dassbest<strong>im</strong>mte Interessenvertreter bessere Arbeit geleistet haben als andere.Inhaltlich ist jedoch nicht nachvollziehbar, warum nicht entweder garkeine oder sehr viel mehr Verträge ausgenommen werden.2. Lobbyismus statt SystematikWie schon bei den Ausnahmen vom Anwendungsbereich des Fernabsatzrechtsmacht es die kontroverse Diskussion der Interessengruppenüber viele Jahre schwierig, den Willen des historischen Gesetzgebers zuermitteln und bei der Auslegung der Normen heranzuziehen. Aus derEntstehungsgeschichte der Ausnahmeregelungen kann lediglich gefolgertwerden, dass die Fernabsatzvorschriften einen möglichst weitenAnwendungsbereich genießen sollen und lediglich wenige Verträgeausgenommen sein sollen. Die Rechtfertigung für die konkreten Ausnahmenist jedoch bis heute strittig und bleibt weitgehend <strong>im</strong> Dunkeln.Nicht nachvollziehbar ist, warum die Kommission vorschlägt, künftigauf die Ausnahme für Verträge über aufgrund ihrer Beschaffenheit nichtzur Rücksendung geeignete Waren zu verzichten, da diese unerlässlich ist,um evident unangemessene Ergebnisse, nämlich einen wirtschaftlichenTotalverlust des Unternehmers, bei der Rückgabe von gebrauchter Unterwäsche,Hygieneartikeln, angebrochenen Kosmetika, Arzne<strong>im</strong>ittelnoder „getestetem“ Piercingschmuck zu vermeiden. Vordergründig sprechendie geplante Streichung der Ausnahme für Verträge über aufgrundihrer Beschaffenheit nicht zur Rücksendung geeignete Waren zwar füreine beabsichtigte Ausweitung des Verbraucherschutzes.Auf der anderen Seite sollen Weinverkäufer begünstigt werden, dieWaren später als 30 Tage nach Bestellung liefern. Dies ist mit Blick aufdie Schnelllebigkeit des Internethandels und die Erwartungen desVerbrauchers, dass eine Ware möglichst sofort geliefert werden sollte,nicht zu rechtfertigen und spricht eher für eine beabsichtige Ausweitungdes Unternehmerschutzes. Ähnlich verhält es sich bei der Ausnahme der


456 Teil 7 – Ergebnisse und AusblickeBay-Versteigerungen aus dem <strong>Widerrufsrecht</strong>. Diese lässt sich mitkeinem sachlichen Grund rechtfertigen, da hier die gleiche Gefährdungslagewie bei Käufen über „normale“ Onlineshops besteht. Diebereits gemachte Erfahrung zeigt, dass das <strong>Widerrufsrecht</strong> keinenachteilige Auswirkung auf den Markt der Internetauktionen hat unddieses Geschäftsfeld nicht gefährdet.3. Gesetzgeber trifft notwendige politische Entscheidungen nicht<strong>Das</strong>s die übrigen Ausnahmetatbestände nach wie vor umstritten sind undgleichwohl so belassen wurden, lässt sich für die historisch-teleologischeAuslegung nicht fruchtbar machen. Der europäische Gesetzgeber hat sichschlichtweg den Praxisproblemen nicht gestellt. Ein überzeugendes Gesamtkonzeptfür die Ausnahmen ist nach wie vor nicht erkennbar. DieKommission war bedauerlicherweise nicht gewillt, sich der politischenDiskussion erneut zu stellen und hat es <strong>im</strong> VRRL-E <strong>im</strong> Wesentlichen beiden aktuell geltenden Ausnahmetatbeständen belassen, obwohl aus derPraxis wichtige Vorschläge zur Erweiterung, Streichung oder Klarstellungdes Ausnahmekataloges vorgebracht wurden. Der europäische Besitzstandwurde weitgehend so belassen wie er ist.4. KundenspezifikationDer Entscheidung des BGH zu individuell konfigurierten PCs ist zuzust<strong>im</strong>men.Auch wenn der Kunde sich genau überlegt, welche Komponentener wünscht, kann er gleichwohl an einen Händler geraten, dernicht die beschriebene Qualität ausliefert oder trotz Zahlung über einenlangen Zeitraum gar nicht oder nur teilweise liefert. Zudem wäre beianderer Betrachtungsweise quasi jede Konfektionsware vom <strong>Widerrufsrecht</strong>ausschlussfähig, weil das <strong>Widerrufsrecht</strong> allein davon abhängigwäre, ob eine Ware vorrätig gehalten oder erst auf Bestellung produziertwird. Der Verbraucherschutz <strong>im</strong> Fernabsatz liefe leer, weil Händler,die das <strong>Widerrufsrecht</strong> umgehen wollen, standardisierte Massenwaredann <strong>im</strong>mer erst auf Bestellung produzieren lassen würden.a) Typisierte UnzumutbarkeitMaßgeblich kann nicht sein, dass die Rücknahme einer Ware überhauptwirtschaftliche Nachteile für den Unternehmer hat, sondern dassgerade die Ausgestaltung der Ware nach den Wünschen des Verbrauchersdie wirtschaftlichen Nachteile des Unternehmers in unzumutbarerWeise verschärft (typisierte Unzumutbarkeit). Die Grenzziehung zwischentypisierter Unzumutbarkeit und zumutbarem Widerrufsrisiko istallerdings ein „Dauerproblem“ <strong>im</strong> Fernabsatzrecht.


A. Ergebnisse 457b) Zerlegung mit wirtschaftlich vertretbarem AufwandViele Waren sind trotz individueller Zusammenstellung schon deshalbnicht vom <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgenommen, weil sie sich ohne weiteresmit vertretbarem Aufwand und ohne Substanzverletzung wieder trennenlassen (z.B. PCs, Kraftfahrzeuge, Fahrräder, Duschkabinen). MaßgeblicherSchwellenwert für einen zumutbaren Zerlegungsaufwandsollte die Umsatzrendite sein. In solchen Fällen kommt ein Ausschlussdes <strong>Widerrufsrecht</strong>s regelmäßig nur in Betracht, wenn Komponentenvorhanden sind, die sich nicht rückgängig machen lassen, wie z.B. eineSonderlackierung oder wenn der Kunde völlig freie Gestaltungsmerkmaleübermittelt, d.h. diese nicht aus einer vorgegebenen Liste aussucht.Kann eine individuell zusammengesetzte Sachgesamtheit nachZerlegung in ihre Einzelteile oder auf sonstige Weise sinnvoll auf demMarkt angeboten werden und ist der Aufwand für die Zerlegung mitwirtschaftlich vertretbarem Aufwand möglich, greift die Ausnahmevorschriftnicht ein.c) Weiterverkäuflichkeit mit erheblichen wirtschaftlichen EinbußenWeiterhin gibt es Warengruppen, bei denen eine Zerlegung ohne Substanzverlustregelmäßig nicht in Betracht kommt (z.B. Möbel, Kleidungoder Waren mit Aufdrucken). Hier kommt das zweite vom BGH herausgearbeiteteKriterium zum Tragen, wonach die Ware nicht oder nurmit erheblichen wirtschaftlichen Einbußen wieder verkäuflich sein darf.Über diese Erheblichkeitsschwelle wurde bislang nicht entschieden.Angesichts des Schutzzwecks des Fernabsatzrechts und der gesetzgeberischenEntscheidung, das wirtschaftliche Risiko, dass ein Kunde mitder Ware nicht zufrieden ist und diese retourniert, dem Händler aufzuerlegen,muss dieser Schwellenwert aber deutlich höher liegen als derfür den Zerlegungsaufwand maßgebliche.Von einer erheblichen wirtschaftlichen Einbuße <strong>im</strong> Falle einer nichtzerlegbaren Massenfertigung kann daher nur die Rede sein, wenn derPreisabschlag denjenigen übersteigt, der entstehen würde, wenn derHändler eine <strong>im</strong> Rahmen des <strong>Widerrufsrecht</strong>es geprüfte Ware wiederveräußern will. Hier könnte ein Abschlag von 20% des Kaufpreises invielen Fällen als zumutbar betrachtet werden, der auch als Wertminderunginfolge der Prüfung einer Ware durchaus realistisch ist. Je mehrein Produkt von den üblichen Spezifikationen abweicht, desto größerwird die Wahrscheinlichkeit, dass sich die übrigen Kunden des Händlersnicht mehr für dieses konkrete Produkt interessieren.


458 Teil 7 – Ergebnisse und Ausblick5. Zur Rücksendung nicht geeigneta) Unergiebige Wortsinn- und historisch-teleologische AuslegungWortsinn und historisch-teleologische Auslegung sind wenig hilfreich.Nach dem Wortlaut hat die Vorschrift entweder überhaupt keinenAnwendungsbereich oder es fällt eine Vielzahl von Verträgen darunter.Die kontroverse Diskussion der Interessengruppen über viele Jahre – seies bei Schaffung der FARL, der deutschen Regelungen oder des VRRL-E – und Nachbesserungen sowohl zugunsten der Unternehmer als auchder Verbraucher machen es so gut wie unmöglich, den Willen des historischenGesetzgebers zu ermitteln und bei der Auslegung der Normenheranzuziehen.b) Objektiv-teleologische AuslegungAuch die Grundsätze der engen Auslegung von Ausnahmebest<strong>im</strong>mungenund des Analogieverbotes helfen nur bedingt weiter. Vielmehr sindhäufig objektiv-teleologische Kriterien und die Verfassung als Auslegungsmaßstabheranzuziehen. Hier ist unter Beachtung der Art. 3 und12 GG entscheidend, ob in gleichartigen Situationen ein Unternehmerohne sachliche Rechtfertigung mit dem <strong>Widerrufsrecht</strong> belastet wirdund der andere nicht.c) Wiederverkäuflichkeit als maßgebliches KriteriumDer Blick auf die Umsetzungen in anderen Mitgliedsstaaten legt nahe,insbesondere das Kriterium der Wiederverkäuflichkeit bei der Interpretationzu berücksichtigen. Auch die Systematik spricht dafür, dass diefehlende Wiederverkäuflichkeit zu einem Ausschluss des <strong>Widerrufsrecht</strong>sführt. Bei der Ausnahme muss <strong>im</strong> Interesse der Rechtssicherheitverlangt werden, dass die Beschaffenheitsänderung zur Beseitigung derweiteren Verkehrsfähigkeit der Ware <strong>im</strong> Rahmen ihrer ursprünglichenZweckbest<strong>im</strong>mung führt. Bloße Beeinträchtigungen der Verkehrsfähigkeitwerden schließlich über die dem Unternehmer zustehenden Wertersatzansprüchekompensiert.d) Ausnahme ist verbraucherfreundlicher als WertersatzWenn ein Wiederverkauf der Ware infolge best<strong>im</strong>mungsgemäßer Ingebrauchnahmedes Verbrauchers überhaupt nicht mehr möglich ist, dannkann der Wertverlust, der <strong>im</strong> Wege des Wertersatzes vom Unternehmerbei entsprechender Vereinbarung verlangt werden kann, 100 % betragen.Damit wäre der Verbraucher aber schlechter gestellt, als wenn ervon vornherein darüber informiert worden wäre, dass ein best<strong>im</strong>mterNutzungsumfang zum Ausschluss des <strong>Widerrufsrecht</strong>s führen kann. DieSchlechterstellung ergibt sich aus der Tatsache, dass der Verbraucher


A. Ergebnisse 459die Ware bei Kenntnis ggf. weiter verwendet hätte oder er – wenn er dieWare an den Unternehmer zurückgesandt hätte und erst dann erfährt,dass er den Kaufpreis nicht zurückerhält – eventuell einen Anspruch aufHerausgabe des wertlos gewordenen Gegenstands geltend machenmuss.Wird er hingegen von vornherein aufgeklärt, dass eine Ware vomWiderruf ausgeschlossen ist, wird er sie entweder erst gar nicht wie einEigentümer verwenden oder <strong>im</strong> Falle der best<strong>im</strong>mungsgemäßen Ingebrauchnahmevon einem Widerruf absehen, was für ihn wirtschaftlicherheblich günstiger ist, weil er dann wenigstens noch über die restliche,für ihn verwertbare Ware verfügt.e) Typisierte UnzumutbarkeitDie Ausnahmevorschrift des § 312d Abs. 4 Nr. 1, 3. Var. BGB ist keinAuffangtatbestand für alle Fälle, in denen eine Rücknahme wirtschaftlichunzumutbar erscheint. Andererseits kann es ausreichen, wenn dieBeschaffenheit der Ware gerade durch die einmalige Versendung oderdie Rücksendung oder einen Verbrauchereingriff während der Widerrufsfristverändert wird und dadurch für den Unternehmer für eineWeiterveräußerung ungeeignet wird. Hierbei ist allerdings <strong>im</strong> Rahmender gebotenen engen Auslegung eine besonders hohe Anforderung andie Feststellung einer Widerrufsausschlusslage zu stellen.Die typisierte Unzumutbarkeitslage für den Unternehmer kann vorliegen,wenn die gelieferte Ware mit anderen Stoffen be<strong>im</strong> Verbraucherverbunden oder vermischt wird. Ein Ausschluss des <strong>Widerrufsrecht</strong>snach § 312d Abs. 4 Nr. 1, 3. Var. BGB wegen Öffnens der Verpackungkann nur bei best<strong>im</strong>mten Waren vorliegen, in denen eine den anderenAusschlusstatbeständen vergleichbare, typisierte Gefahrenlage vorliegt,insbesondere auch bei erheblichen Wertersatzansprüchen. Erreicht derWertverlust, der <strong>im</strong> Wege des Wertersatzes vom Unternehmer bei entsprechenderVereinbarung verlangt werden kann, nahezu die Höhe desWarenwertes, wäre der Verbraucher bei Geltendmachung des Wertersatzanspruchsschlechter gestellt, als wenn er von vornherein darüberinformiert worden wäre, dass ein best<strong>im</strong>mter Nutzungsumfang zumAusschluss des <strong>Widerrufsrecht</strong>s führen kann.6. Gleiche Gefährdungslage bei AuktionenDem BGH ist darin zuzust<strong>im</strong>men, dass eBay-Versteigerungen nichtgem. § 312d Abs. 4 Nr. 5 BGB vom <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgenommensind. Der deutsche Gesetzgeber hatte seinerzeit einmal mehr das europäischeNiveau zugunsten des Verbrauchers bewusst überschritten,indem er sich entschied, Versteigerungen nicht generell vom Anwen-


460 Teil 7 – Ergebnisse und Ausblickdungsbereich des Fernabsatzrechtes auszunehmen und nur Versteigerungeni.S.d. § 156 BGB vom <strong>Widerrufsrecht</strong> auszunehmen. Daraufwurde seitens der Verbraucherverbände bewusst hingewirkt. DerVerbraucher ist auch schutzbedürftig, da mindestens ebenso viele unseriöseUnternehmer über Auktionsplattformen handeln wie über Online-Shops unter eigenen Domains.Die teleologischen Argumente, es werde unsachgemäß in den Preisfindungsmechanismuseingegriffen oder das <strong>Widerrufsrecht</strong> werde aufspekulative Geschäfte erweitert, überzeugen nicht. Denn dies gilt letztlichfür alle Internet-Geschäfte über Verkaufsportale und Online-Shops.Einer der Hauptgründe der Verbraucher, <strong>im</strong> Internet Waren zu bestellen,ist der, dass die Ware meist günstiger ist. Jeder Internet-Unternehmer muss gleichwohl das weit reichende <strong>Widerrufsrecht</strong>beachten und die Kosten einiger Missbrauchsfälle auf alle Kunden umlegen.Einer Nutzung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s in nachweisbarer Schädigungsabsichtmuss aber bei allen Internet-Vertriebsformen unter Verwirkungsgesichtspunktenentgegengetreten werden können.IV. Widerrufsfrist1. Tatsächlicher Erhalt der WareFür den Eingang der Ware be<strong>im</strong> Verbraucher muss sie dergestalt inseinen Machtbereich gelangen, dass dieser die Möglichkeit hat, dieSache zu untersuchen. Daraus folgt, dass die tatsächliche Ablieferungan den Kunden selbst sowohl für den kaufrechtlichen Gefahrübergang(vgl. § 474 Abs. 2 BGB) als auch für den Lauf der fernabsatzrechtlichenWiderrufsfrist maßgeblich ist. N<strong>im</strong>mt ein <strong>Dr</strong>itter die Ware in Empfang,läuft die Frist also nur, wenn dieser vom Verbraucher zuvor als Empfängerbenannt wurde. Unzulässig sind daher hiervon abweichendenKlauseln.Durch die Hinterlegung auf dem „Postamt“ oder be<strong>im</strong> Spediteur hatder Verbraucher noch keine Möglichkeit, die Ware zu untersuchen, sodass dies nicht genügen kann, von einem Eingang auszugehen. Nichtsanderes kann auch dann gelten, wenn der Verbraucher sich die Ware aneine DHL Packstation liefern lässt. Anders als die Lieferung mangelhafterSachen kann die Lieferung eines aliud keinen Einfluss auf den Beginnder Widerrufsfrist haben. Bei Teillieferungen muss der Verbraucherschon aus der ersten Teillieferung auf die Eigenschaften derrestlichen Lieferungen schließen können, damit er entscheiden kann, ober am Vertrag festhalten will oder nicht. Ist dies nicht möglich, läuft dieFrist erst mit Eingang aller Lieferungen.


A. Ergebnisse 4612. Keine Mitteilung in Textform durch InternetseitenZur Mitteilung in Textform kann das Bereithalten einer abrufbarenWiderrufsbelehrung daher allenfalls durch das Herunterladen oderAusdrucken der Belehrung durch den Verbraucher führen. Dies wirdder Unternehmer in aller Regel weder substantiiert vortragen nochbeweisen können. Eine richtlinienkonforme Auslegung des § 126b BGBführt dazu, dass den Vorgaben des europäischen Rechts entsprochenwird. Hier kommt es nach Art. 5 Abs. 1 FARL anders als bei § 126bBGB auf den tatsächlichen Zugang der Information be<strong>im</strong> Verbraucheri.S.d. § 130 Abs. 1 S. 1 BGB an, so dass der Begriff des „Mitteilens“gemeinschaftskonform so auszulegen ist.Wenn der Gesetzgeber also fordert, dass dem Verbraucher eine Belehrungin Textform „mitgeteilt“ wird, so bringt er damit – wie auchdie Entstehungsgeschichte deutlich zeigt – eindeutig zum Ausdruck,dass die Widerrufsbelehrung nicht nur in der vorgeschriebenen Textformerstellt sein, sondern in dieser dem Verbraucher auch zugehenmuss, denn es ist zwischen Einhaltung der Textform und Zugang derBelehrung zu unterscheiden. Bei einer bloßen Kenntnisnahme der Veröffentlichungder Belehrung auf der eBay-Seite fehlt es aber an einer„Mitteilung“ in Textform, also dem Zugang einer entsprechend perpetuiertenErklärung, denn die Belehrung muss dem Verbraucher in einerzur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneten Form auchzugehen und dieser muss auf die unveränderte Erklärung zugreifenkönnen, wann es ihm beliebt.Dies könnte sich in Zukunft nur dahingehend ändern, dass nach demVRRL-E Download-Möglichkeiten in personalisierten LogIn-Bereichenfür die Form des dauerhaften Datenträgers als ausreichend angesehenwerden, nicht jedoch auf allgemein zugänglichen Websites.3. Zulässige Textform-FormateDie Mitteilung in Textform ist durch die Übersendung von Brief, Faxoder E-Mail möglich. Im letzten Fall ist die Verwendung der FormateHTML, TXT oder PDF-Files, nicht jedoch von DOC oder RTF oderZIP-Datei zulässig, weil durch das Öffnen solcher Dateien erheblicheSicherheitsrisiken bestehen (z.B. Makro-Viren) und zudem kostenpflichtigeProgramme installiert sein müssen.


462 Teil 7 – Ergebnisse und Ausblick4. Ausufernde Informationspflichten als FristlaufvoraussetzungDie textformgebundenen Informationspflichten <strong>im</strong> Fernabsatz sindunnötig umfangreich, zu unpräzise und machen mit Blick auf den angeordnetenBelehrungszeitpunkt für den Verbraucher vielfach nur bedingtSinn. Sinnvoll ist zwar die Information über das Nichtbestehen des<strong>Widerrufsrecht</strong>es, die nach richtiger Auffassung ohnehin schon vorUmsetzung der FARLFDL zu erteilen war. Im Übrigen wird der Durchschnittsverbraucherdie Detail-Informationen zum <strong>Widerrufsrecht</strong> inseine Verkaufentscheidung jedoch nicht mit einbeziehen, so dass dieAusweitung keinen nennenswerten Verbraucherschutzeffekt hat.Der Weg des VRRL-E, die Anzahl der Informationen zu reduzieren,ist richtig. Ein Großteil der Probleme ist jedoch schon derzeit vom deutschenGesetzgeber gemacht, indem für Finanzdienstleistungen konzipierteInformationspflichten mit allgemeinen Informationspflichtenvermischt wurden. Es wäre begrüßenswert, wenn sich insoweit dasVollharmonisierungsprinzip des VRRL-E durchsetzt und eine sinnloseAusweitung durch nationale Vorschriften nicht mehr möglich wäre.a) Irreführende VertragsschlussinformationenDie Pflicht, über das Zustandekommen des Vertrages zu informieren(§ 1 Abs. 1 Nr. 4 BGB-InfoV), ist zwar von der Intention her sinnvoll,tatsächlich ist der Unternehmer hiermit jedoch häufig überfordert, weiler nicht weiß, wie der Vertrag zustande kommt oder verschiedeneRechtsmeinungen darüber bestehen. Dies führt dazu, dass der Verbraucherzwar informiert wird, die Information jedoch häufig falsch undsogar irreführend ist. Es stellt sich die Frage, ob der Verbraucher nichtbesser gestellt wäre, wenn er nicht durch dem Unternehmer abgenötigtefragwürdige Rechtsansichten verwirrt wäre, sondern sich <strong>im</strong> Konfliktfalleinfach über die objektive Rechtslage beraten lassen würde.b) Irreführende Informationspflichten über LeistungsvorbehalteDie Pflicht gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 6 BGB-InfoV, dem Verbraucher Informationen„einen Vorbehalt, eine in Qualität und Preis gleichwertigeLeistung (Ware oder Dienstleistung) zu erbringen, und einen Vorbehalt,die versprochene Leistung <strong>im</strong> Fall ihrer Nichtverfügbarkeit nicht zuerbringen“ mitzuteilen, überfordert den Unternehmer regelmäßig. Vielfachwird angenommen, dass solche Vorbehalte wirksam vereinbartwerden können, weil darüber zu informieren ist. Nur die wenigstensolcher Klauseln halten jedoch einer inhaltlichen Kontrolle stand.


A. Ergebnisse 463c) Unpräziser Begriff der „Einzelheiten“ als FristlaufvoraussetzungWenig präzise ist der Begriff der „Einzelheiten“ der Zahlung und Lieferungoder Erfüllung (§ 1 Abs. 1 Nr. 9 BGB-InfoV). Nach richtiger Ansichtfallen hierunter insbesondere auch der Zahlungszeitpunkt und diegenaue Lieferzeit. Dies ergibt sich aber nicht zweifelsfrei aus dem Wortlautund ist nicht abschließend geklärt. Wichtige Fragen wie der Laufder Widerrufsfrist, die Richtigkeit der Widerrufsbelehrung oder dieWettbewerbswidrigkeit des Angebots hängen entscheidend von höchstunbest<strong>im</strong>mten Rechtsbegriffen ab.d) Bedingt sinnvolle BelehrungszeitpunkteNicht nur für die Information zur Lieferzeit, sondern auch bei anderenInformationen stellt sich die Frage, ob eine Mitteilungspflicht spätestensmit der Lieferung ausreicht, um dem Zweck der Vorschrift gerecht zuwerden. Eines der häufigsten Probleme <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong> ist, dass bezahlteWare überhaupt nicht geliefert wird. Die textformgebundenen Informationen,die dem Verbraucher den Beweis des Vertrages und dessen Konditionenermöglichen sollen, erreichen diesen dann erst gar nicht und könnenmithin auch ihren Zweck nicht ansatzweise erfüllen. Würde die Warezwar theoretisch geliefert, jedoch unter erheblicher Überschreitung dervereinbarten Lieferfrist oder zu einem anderen als dem vereinbarten Preis,hat der Verbraucher ebenfalls bereits vor Lieferung ein Interesse daran,sein <strong>Widerrufsrecht</strong> auszuüben, was erschwert wird, wenn er nicht überdie nötigen Informationen in Textform verfügt.e) Multiple Verknüpfungen mit erhöhter FehleranfälligkeitDie Verknüpfung des Widerrufsfristbeginns mit der Erfüllung aller Pflichten<strong>im</strong> elektronischen Geschäftsverkehr ist – soweit ersichtlich – europaweiteinmalig und verkompliziert die Belehrung über den Beginn der Widerrufsfristunnötig. Zudem ist durch die Vielzahl der Voraussetzungenauf die Anzahl möglicher Fehlerquellen bei der Belehrung unnötig hoch.Zu begrüßen ist, dass diese durch den VRRL-E abgeschafft wird, was zueiner Vereinfachung der deutschen Vorschriften führen würde.§ 312e Abs. 3 Satz 2 BGB muss daher seinem Zweck entsprechend soausgelegt werden, dass sich die Frist nur verlängert, wenn der Unternehmereine Pflicht verletzt, die für die Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>esvon Bedeutung ist. Unbedeutende Verstöße gegen die Pflicht zur Informationüber alle Verhaltenskodizes oder die Vertragstextspeicherungführen bei teleologischer Reduktion der Vorschrift nicht zur Verlängerungdes <strong>Widerrufsrecht</strong>es, da eine solche Rechtsfolge völlig unangemessenwäre und nicht dem Vertrauen in den elektronischen Geschäftsverkehrdient.


464 Teil 7 – Ergebnisse und Ausblick5. Nie beabsichtigte Sanktionswirkung der MonatsfristZutreffend ist schon nach jetziger Rechtslage entgegen der überwiegendenRechtsprechung von einer zweiwöchigen Widerrufsfrist bei eBay-Verkäufen auch dann auszugehen, wenn die Belehrung unverzüglichnach Vertragsschluss in Textform mitgeteilt wird, z.B. durch Versandeiner E-Mail unmittelbar nach Abschluss der Auktion. Die Knüpfungeiner vermeintlichen Sanktion an die Belehrung in Textform noch vordem Zeitpunkt, den Art. 5 Abs. 1 FARL („spätestens zum Zeitpunktder Lieferung“) vorsieht, ist ein Fremdkörper in der Systematik desFernabsatzrechts.a) Unternehmerschutz statt VerbraucherschutzEindeutig gegen die Anwendung des § 355 Abs. 2 S. 2 BGB <strong>im</strong> Warenfernabsatzals Sanktion für eBay-Händler spricht die Entstehungsgeschichteder Norm. <strong>Das</strong> OLGVertrÄndG führte die unendliche Widerrufsfristfür sämtliche Verbraucherverträge bei fehlerhafter Belehrungund damit einen der folgenreichsten Eingriffe in die Vertragsfreiheit desBGB ein. Um diesen erheblichen Eingriff in die Berufsfreiheit zahlreicherUnternehmer zu kompensieren, ergriff der Gesetzgeber zwei flankierendeMaßnahmen zur Entlastung der Unternehmer. Erstens wurdedie erste Version der Musterbelehrung eingeführt, um den Unternehmerangesichts der komplizierten Belehrungssituation und den unverhältnismäßigeinschneidenden Sanktionen bei Fehlern eine korrekte Belehrungzu ermöglichen. Zweitens wurde in § 355 Abs. 2 S. 2 BGB eineeigene Frist für die nachträgliche Belehrung geschaffen, die einen Monatbeträgt. Diese zweite Maßnahme diente vor allem dazu, den Sorgender Banken vor einer europarechtlich nicht gebotenen endlosen Frist beiFalschbelehrungen zu begegnen.§ 355 Abs. 2 S. 2 BGB hat also die Zielrichtung, dass der Unternehmerdurch Nachholen der Belehrung in Textform verhindern könnensoll, dass dem Verbraucher ein unbefristetes <strong>Widerrufsrecht</strong> verbleibt.Die ebenso häufig behauptete Zielrichtung, der Unternehmer solledurch die vermeintliche Sanktion der Fristverlängerung angehaltenwerden, die formgerechte Belehrung möglichst schon bei Vertragsschlusszu erteilen, ist historisch nicht belegt. Die Norm ist also keineVerbraucherschutz-, sondern eine Unternehmerschutzvorschrift.b) Teleologische ReduktionVieles spricht mithin dafür, dass der Gesetzgeber das Problem der Fristverlängerung(statt Fristbegrenzung) bei Belehrung nach Vertragsschlussbei Fernabsatzgeschäften überhaupt nicht gesehen hat. Zumindesthatte die Monatsfrist ganz eindeutig keinen Sanktionscharakter,


A. Ergebnisse 465sondern Entlastungscharakter für Unternehmer. Auch die geplanteAbschaffung der Ungleichbehandlung zwischen Online-Shops und e-Bay-Verkäufern zeigt, dass der Gesetzgeber eine Ungleichbehandlungnie beabsichtigt hat. Eine Belehrung in Textform „unverzüglich nachVertragsschluss“ soll demnach der Belehrung bei Vertragsschlussgleichgestellt werden.c) Verbraucher nicht schutzbedürftigDer Verbraucher ist gemäß § 312c Abs. 1 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1Nr. 10 BGB-InfoV bereits zuvor über sämtliche Einzelheiten undRechtsfolgen des <strong>Widerrufsrecht</strong>es in flüchtiger Form zu informieren.Einer Verlängerung bedarf es jedoch nicht, wenn der Vertragsschlussund die Widerrufsbelehrung in Textform in so kurzer zeitlicher Folgeliegen, dass es keine Rolle spielt, was zuerst erfolgt. Der Verbraucherhat dann ausreichend Zeit, sich seiner Rechte ohne Veränderungsmöglichkeitdurch den Unternehmer „schwarz auf weiß“ Gewahr zu werdenund ggf. von seinem <strong>Widerrufsrecht</strong> Gebrauch zu machen.d) Gemeinschaftsrechtswidrige Regelung§ 355 Abs. 2 S. 2 BGB ist überdies in seiner allgemeinen Geltung füralle Verbraucherverträge zumindest mit Blick auf Finanzdienstleistungengemeinschaftsrechtwidrig, weil die dem Vollharmonisierungsprinzipfolgende FARLFDL eine Monatsfrist nicht vorsieht. Bei nachträglicherErfüllung der Informationspflicht aus Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 a)FARLFDL, die mit der in der Nachbelehrung i.S.d. § 355 Abs. 2 S. 2BGB erfolgt, wird vielmehr gemäß Art. 6 Abs. 1 S. 3, 2. SpiegelstrichFARLFDL der Lauf der regulären Widerrufsfrist von 14 Kalendertagenin Gang gesetzt, nicht eine Monatsfrist. Wegen des Vollharmonisierungsprinzipsdarf der deutsche Gesetzgeber hiervon nicht abweichen.Auch der VRRL-E sieht keine Monatsfrist bei späterer Belehrung vor,sondern nur eine dre<strong>im</strong>onatige Frist bei fehlender Belehrung über das<strong>Widerrufsrecht</strong> (Art. 13 VRRL-E).V. Ausübung1. Rückgaberecht als zulässige ErsetzungsformDie Ersetzung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s durch ein Rückgaberecht ist bereitsnach geltender Rechtslage möglich und gemeinschaftskonform. Zwarverlangt das Gesetz in § 356 Abs. 1 S. 1 BGB, dass das <strong>Widerrufsrecht</strong>schon <strong>im</strong> Vertrag ersetzt wird, um dem Verbraucher frühzeitig Gewissheitdarüber zu geben, ob ihm ein Widerrufs- oder Rückgaberecht zusteht;allerdings erfordert § 356 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BGB nicht, dass be-


466 Teil 7 – Ergebnisse und Ausblickreits zu diesem Zeitpunkt das Rückgaberecht in Textform mitgeteiltworden ist, denn dort findet sich überhaupt keine Angabe zum Zeitpunkt.Auch systematisch macht die Gegenauffassung keinen Sinn,denn würde man verlangen, dass dem Verbraucher das Rückgaberechtschon bei Vertragsschluss in Textform mitgeteilt wird, so wäre § 356Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB überflüssig. Auch die Entstehungsgeschichtestützt diese Interpretation.2. Paketversandfähigkeit mit PrivatversendernDer Wortlaut des § 356 BGB lässt keinesfalls darauf schließen, dasseine Paketversandfähigkeit nur dann vorliegt, wenn die Deutsche PostAG diese Leistung anbietet. Andererseits läuft es dem Zweck der Vorschrift,dem Verbraucher die Rückgabe vergleichbar leicht wie die Abgabeder Widerrufserklärung zu machen, zuwider, wenn man stattdesseneine Nicht-Paketversandfähigkeit nur ann<strong>im</strong>mt, wenn die Sache nurmit einer Spedition versendet werden kann und ansonsten jedes weitereVersandunternehmen, das einen Paketversand anbietet, als der Postgleichwertig einstuft. Denn nicht alle Versender ermöglichen demVerbraucher eine vergleichbar einfache Rücksendung und häufig sindauch nicht alle Versender bzw. möglichen Versandarten bekannt.Der Verbraucher ist nicht verpflichtet, in dem ihm fremden PflichtenundInteressentenkreis des Unternehmers tätig zu werden und für dieseneinen möglichen Versender herauszusuchen. Im eigenen Interesse sollteder Unternehmer dem Verbraucher daher einen möglichen Rückversandwegdeutlich aufzeigen. Dem Verbraucher kann dann abverlangtwerden, diesen auch zu nutzen. Die Vorgaben der Deutschen Post AGfür Pakete können daher außer Betracht bleiben, wenn der Verbraucherauf eine geeignete Rücksendemöglichkeit hingewiesen worden ist, diekeinen erheblich größeren Aufwand verursacht als das Aufsuchen dernächsten Postfiliale oder -agentur.3. Sinnvolle Ausübungsform des WiderrufsEin gänzlich formloser Widerruf führt ebenso wie ein Widerruf übereine Website zu Beweisproblemen zu Lasten des Verbrauchers. DerHändler kann hier leicht behaupten, der Widerruf sei niemals ausgeübtworden. Hingegen ist ein Widerruf per Einschreiben eine zu großeHürde für den Verbraucher, der gerade <strong>im</strong> Internet bestellt, weil ernicht zu den üblichen Ladenöffnungszeiten ein Geschäft betreten kannoder möchte und dann durch eine solch strenge Form gezwungen wird,sich während noch restriktiverer Zeiten zur Post zu begeben, um sichnur so von dem unerwünschten Vertrag lösen zu können. Die bloße


A. Ergebnisse 467Rücksendung führt hingegen oft zu dem Problem, dass der Händlernicht weiß, ob der Kunde einen Widerruf, Nachbesserung oder Neulieferungwünscht.Am sinnvollsten erscheint daher eine Ausübungsform, die der geltendendeutschen Rechtslage nahekommt. Der Widerruf kann entweder inTextform oder durch Rücksendung der Ware erklärt werden. Bei derRücksendung sollte der Verbraucher aber deutlich machen müssen,dass er einen Widerruf wünscht. Diese Erklärung muss jedoch nicht als„Widerruf“ bezeichnet sein, sondern kann auch lauten: „Ich möchtemein Geld zurück.“ oder: „Ich habe an der Ware kein Interesse mehr.“Da der Verbraucher nach Art. 17 Abs. 1 VRRL-E ohnehin künftigverpflichtet werden soll, die Waren binnen vierzehn Tagen ab dem Tag,an dem er dem Gewerbetreibenden seinen Widerruf mitteilt, an denGewerbetreibenden zurückzusenden oder zu übergeben, ist der Widerrufmit gleichzeitiger Rücksendung der Ware die sinnvollste Form,zumal dann der Verbraucher auch einen Absendebeleg für den Widerrufhat (Paketeinlieferschein).VI. Leistungsrückgewähr Zug-um-ZugAus der Anwendbarkeit der §§ 320, 322 BGB folgt, dass sowohl derUnternehmer als auch der Verbraucher das Recht haben, die eigeneLeistung bis zur Erbringung der Gegenleistung zurückzubehalten. Dieses„Henne-Ei“-Problem führt dazu, dass eine reibungslose Rückabwicklungauf dem Versandweg nicht möglich ist, sondern Käufer undVerkäufer sich zum Leistungsaustausch Zug-um-Zug real treffen müssen.Daher spielen Garantie- und Treuhandmodelle <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong> insolchen Fällen eine große Rolle. Dies umso mehr, als die derzeit geltendenRegelungen für die Rückgewährfristen entweder völlig fehlen (fürden Verbraucher) oder erörterungsbedürftig (für den Unternehmer)sind. <strong>Das</strong> bestehende Problem würde durch den VRRL-E gelöst werden.Diese klaren Regelungen, die für beide Seiten Rückgewährfristen setzen,sind begrüßenswert.Die Zurückbehaltung des Kaufpreises bis zur Rücksendung durchden Verbraucher ist schon derzeit ein gängiges und legit<strong>im</strong>es Mittel desUnternehmers, den Erhalt der unversehrten Ware sicherzustellen. Zudembesteht diese Möglichkeit <strong>im</strong> deutschen Recht auch deswegen, weilder Unternehmer statt des <strong>Widerrufsrecht</strong>es ein Rückgaberecht einräumenkann, bei dem der Verbraucher sich nur durch fristgerechte Rücksendungder Ware vom Vertrag lösen kann. Dieses Problem kann nichtdurch eine einseitige Verlagerung des Risikos auf eine Partei, sondernnur die finanzielle Absicherung der Rückabwicklung, wie sie z.B.Trusted Shops anbietet, gelöst werden.


468 Teil 7 – Ergebnisse und AusblickVII. Gefahr- und Kostentragung1. Fehlende einheitliche GefahrtragungsregelungDie FARL regelt die Übernahme der Transportgefahr bei Hin- undRücksendung nicht ausdrücklich. Während nach den Vorschriften vielerEU-Staaten keine Abwälzung der Gefahr auf den Verbraucher möglichist, haben sie sich einige Staaten für eine Entlastung des Unternehmersentschieden. Eine ausdrückliche Regelung in dem VRRL-E wärewünschenswert, um eine Vereinheitlichung der Regelungen und Rechtssicherheitfür Unternehmer und Verbraucher in dieser praktisch bedeutsamenFrage zu erreichen.2. Zu komplizierte 40-EUR-RegelungDie Bundesregierung sieht in ihrer Stellungnahme zur FARL keinenAnlass zur Überarbeitung der komplizierten deutschen 40-EUR-Kostentragungsregelung. Vielmehr sei dies <strong>im</strong> Interesse der Beibehaltungder nationalen Gewohnheiten sachgerecht. Eine weitergehendeHarmonisierung würde zu einer Überreglementierung führen, so dieBundesregierung. Dies ist nicht nachvollziehbar, führt doch nicht dieavisierte Harmonisierung der Rücksendekostenregelung zu mehr Bürokratie,sondern die deutsche Regelung ist ein Musterbeispiel für Überreglementierung.3. Unangemessene Möglichkeit der unfreien RücksendungDie unfreie Rücksendung wirkt auf den ersten Blick verbraucherfreundlich,birgt aber die Gefahr, dass der Kunde die Absendung später nichtnachweisen kann, sofern er keinen Ablieferbeleg erhält. Auch kommenunfrei gesendete Pakete überdurchschnittlich oft auf dem Transportwegabhanden oder sind bei Ankunft „inhaltsgeschmälert“. Da der Unternehmernach deutschem Recht die Gefahr der Rücksendung trägt, hater ein berechtigtes Interesse daran, dass der Verbraucher bei der Rücksendungeine Versandart wählt, die ihn in die Lage versetzt, Regressansprüchegegen das Transportunternehmen nach § 421 Abs. 1 Satz 2HGB geltend zu machen. Man wird daher verlangen dürfen, dass derKunde die Ware zumindest als versichertes Standard-Postpaket zurücksendet; bei dieser Versandart ist auch eine Option „Empfänger zahlt“möglich.


4. Schadensminderungspflicht des VerbrauchersA. Ergebnisse 469Wählt der Verbraucher einen unverhältnismäßig teureren Versandweg,ist dies als eine Verletzung der gesetzlichen Rücksichtnahmepflicht des§ 241 Abs. 2 BGB anzusehen. In diesem Fall muss er die Differenzkostenzur gewählten teureren Rücksendeart selber tragen. Dies bedeutetjedoch nicht, dass der Verbraucher stets nach der günstigsten Transportmöglichkeitsuchen muss. Er muss aber den mitgelieferten Retourenaufkleberverwenden. Die Opt<strong>im</strong>ierung der Rücksendekosten dientallen Verbrauchern, da die angefallenen Rücksendekosten letztlich aufalle Verbraucher umgelegt werden müssen.5. Hinsendekosten sind keine kausalen Kosten i.S.d. FARLDie Versandkosten müssen nach deutschem Recht vom Käufer getragenwerden, wenn diese als solche explizit ausgewiesen und mit dem Kundenvereinbart werden. Dies ergibt sich aus § 448 Abs. 1 BGB. Zudemverweist § 357 Abs. 1 BGB auf die allgemeinen Rücktrittsvorschriftenin § 346 ff. BGB. Die Versandkosten sind verbraucht und können demHändler nicht zurückgegeben werden. Insoweit muss dann derVerbraucher Wertersatz nach § 346 Abs. 2 Nr. 1 BGB leisten, d.h. erbekommt bereits gezahlte Versandkosten nicht zurück erstattet. Füreine Auferlegung der Kosten auf den Verbraucher bedarf es zudem derKausalität zwischen dem Widerruf und den aufzuerlegenden Kosten.Die Hinsendekosten werden jedoch widerrufsunabhängig demVerbraucher in Rechnung gestellt. Es fehlt bereits an der Kausalität.Schließlich handelt es sich nicht um Kosten i.S.v. Art. 6 Abs. 2 Satz 1FARL, sondern um in der Richtlinie nicht geregelte Zahlungen.VIII. Wert- und Nutzungsersatz1. Kein Wertersatz für bloße NutzungsmöglichkeitDer Generalanwältin ist darin zuzust<strong>im</strong>men, dass ein Wertersatzanspruchfür die bloße Möglichkeit der Nutzung dem Zweck der FARLzuwider läuft. Dies liefe praktisch auf eine nachträgliche Leihgebührhinaus und könnte den Verbraucher durch Auferlegung von Kostendavon abhalten, von seinem <strong>Widerrufsrecht</strong> Gebrauch zu machen. Esverbleibt weder eine Bereicherung be<strong>im</strong> Verbraucher noch ein Schadenbe<strong>im</strong> Unternehmer. Der bloße Besitz der Ware während des Laufs derWiderrufsfrist kann keine ersatzpflichtige Nutzung darstellen. Der Nutzungsersatzanspruchnach § 346 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 BGB beziehtsich auch nicht auf die Wertverluste, die durch die reine (erstmalige)Ingebrauchnahme entstanden sind.


470 Teil 7 – Ergebnisse und AusblickEine Abgrenzung zwischen „Ingebrauchnahme“ i.S.v. § 357 Abs. 3S. 1 BGB und „Nutzung“ i.S.v. § 346 Abs. 1 BGB führt auch oft in einejuristische Grauzone. Maßgeblich hierfür ist die Intensität der Nutzung;wo die genaue Grenze liegt, ist <strong>im</strong> Einzellfall sehr schwer zu beurteilen,zumal häufig nicht nachweisbar ist, ob die Sache überhaupt, einmaligoder mehrmals gebraucht wurde. Die Abgrenzungsschwierigkeitenkönnen aber nicht dazu führen, dass der Händler überhaupt keinenNutzungsersatzanspruch mehr geltend machen kann. Vielmehr ist dieserAnspruch durch richtlinienkonforme Auslegung restriktiv zu handhaben.2. Wertersatz für AbnutzungsschadenDie FARL lässt entgegen der Ansicht der Generalanwältin eine nationaleRegelung zum Wertersatz für tatsächlich gezogene Nutzung zu. Diedeutsche Regelung zum Wertersatz für Nutzung kann nicht generellunter den Begriff der „Kosten“ <strong>im</strong> Sinne des Erwägungsgrundes 14bzw. von Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 der FARL subsumiert werden. DieZahlung eines Nutzungsentgelts für die tatsächliche Nutzung wird vonder FARL nicht untersagt, sondern unterliegt dem Ermessen der Mitgliedstaaten.Es würde einen Verstoß gegen das Gleichheitsgebot undeinen nicht nachvollziehbaren Politikwechsel darstellen, wenn der europäischeGesetzgeber den Wertersatz bei den Finanzdienstleistungen<strong>im</strong> Wege der Vollharmonisierung anordnet, aber bei allgemeinenDienstleistungen anders hätte regeln wollen. Die Möglichkeit, Wertersatzfür gezogene Nutzungen zu verlangen, ist nach der FARL alsonicht generell ausgeschlossen, so dass Wertersatzverpflichtungen nichtinsgesamt pauschal unter den Kostenbegriff subsumiert werden können.Problematisch ist ein Wertersatz infolge best<strong>im</strong>mungsgemäßer Ingebrauchnahmeallerdings dann, wenn kein Abnutzungsschaden der Warevorliegt und die Verschlechterung nicht auf Mängeln der Sache selbst,sondern auf Marktgepflogenheiten beruht, die außerhalb des Verantwortungsbereichsdes Verbrauchers stehen.3. Richtlinienkonforme Auslegung der deutschen RegelungenDie deutschen Vorschriften sind richtlinienkonform so auszulegen, dassder Unternehmer nur Anspruch auf Wertersatz hat, wenn eine objektiveVerschlechterung der Sache in Form eines Abnutzungsschadens infolgebest<strong>im</strong>mungsgemäßer Ingebrauchnahme vorliegt. Hier wäre nach einementsprechenden EuGH-Urteil eine gesetzgeberische Klarstellung wünschenswert,dass diese Form des Wertersatzes bei Ausübung des fernabsatzrechtlichen<strong>Widerrufsrecht</strong>es vom Unternehmer nicht beansprucht


A. Ergebnisse 471werden kann. Diese Regelungen können aber auch richtlinienkonformso ausgelegt werden, dass die Schutzzwecke der FARL und die berechtigtenInteressen des Unternehmers gleichermaßen gewahrt werden.Soweit man Wertersatz für die bloße Nutzungsmöglichkeit nicht mitdarunter fasst, stellen Wertersatzansprüche für die tatsächliche Nutzungder Ware keine Kosten i.S.d. FARL dar.4. Sich als Eigentümer gerierender Verbraucher nicht schutzwürdigEs ist kein schutzwürdiges Vertrauen darauf ersichtlich, dass demVerbraucher gegenüber für die Zeit der Nutzung keine Nutzungsersatzansprüchegeltend gemacht würden. Der Verbraucher ist nicht schutzbedürftig,da er schon die Entscheidung getroffen hat, die Ware zubehalten und wie ein Eigentümer zu benutzen. Es ist konsequent, denVerbraucher für den Fall der Revidierung seiner Entscheidung mit demErsatz der Nutzung zu belasten. Die Pflicht zum Ersatz eines Wertverlustesunterscheidet sich wertungsmäßig klar von einer Kostentragungsregelungi.S.d. FARL. Der Verbraucher erleidet auch keinen Nachteil,da er durch die Nutzung der Ware entschädigt ist. Somit ist jeglichetatsächliche Nutzung zu vergüten und nicht nur diejenige, die Spurender Abnutzung hinterlassen hat.5. Keine Kaufpreisrückerstattung für verbrauchte WarenWird eine Sache verbraucht, ist sie nicht mehr verkehrsfähig (z.B. eineangebrochene Flasche Wein). Bei Verbrauch der Sache greift daher eineWertersatzpflicht in Höhe des Wertes der Sache, falls das <strong>Widerrufsrecht</strong>in solchen Fällen nicht ohnehin ausgeschlossen ist. Ist die Verpackungder Ware verschlechtert, ist die Verkehrsanschauung maßgeblich,die auf die Verkehrsfähigkeit der Verpackung und die Verbrauchersicht<strong>im</strong> Einzelfall abstellt. Ergibt dies, dass die Verpackung für die Ware einwertsteigernder Faktor ist, so stellt sie zugleich einen Bestandteil dieserdar und wird von den Wertersatzregelungen des § 346 BGB erfasst. Beider Originalverpackung kann dies der Fall sein, soweit es sich um einespezielle Verpackung des Herstellers handelt und nicht bloß um einestandardisierte Transportverpackung.6. Objektiver Verkehrswert für die Berechnung maßgeblichIn teleologischer Reduktion des § 346 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BGB wird fürdie Berechnung des Wertersatzes zutreffend auf den objektiven Wertder Ware abgestellt, auch dann wenn dieser deutlich unter dem tatsächlichenWert des Gegenstandes liegt. Der erleichterte Haftungsmaßstab


472 Teil 7 – Ergebnisse und Ausblickgilt nur für den Fall einer nicht ordnungsgemäßen Belehrung, weil demVerbraucher die schwebende Wirksamkeit des Vertrages bewusst ist, sodass er gesteigerte Pflichten hinsichtlich des Vertragsgegenstandes inKauf zu nehmen hat.7. <strong>Das</strong> Dilemma der Abgrenzung zwischen Prüfung und Ingebrauchnahme<strong>Das</strong> Dilemma der Abgrenzung zwischen Prüfung und Ingebrauchnahmebesteht darin, dass eine qualitative Abstufung zwischen Prüfung undIngebrauchnahme nicht <strong>im</strong>mer möglich ist, da eine Sache meist nurdadurch geprüft werden kann, dass sie (zumindest kurz) in Gebrauchgenommen wird. Der Vergleich mit dem Ladengeschäft ist daher nurbedingt tauglich, da je nach Anbieter für dasselbe Produkt <strong>im</strong> PräsenzhandelUnterschiede zwischen den Arten der Präsentation bestehen.Hierbei spielt auch eine Rolle, ob die Ware überhaupt <strong>im</strong> stationärenHandel erhältlich ist. Ist dies nicht der Fall, ist eine intensivere Prüfungzulässig. Der Anwendungsbereich des § 357 Abs. 1 S. 1, 2 BGB istdahingehend teleologisch zu reduzieren, dass der Verbraucher Wertersatznur insoweit schuldet, als die Verschlechterung auf einemGebrauch beruht, der nicht unerheblich über einen zur Prüfung derSache angemessenen Umfang hinaus geht.8. Rechtsfolgenbelehrung vor Ingebrauchnahme ausreichendEin Hinweis vor Ingebrauchnahme reicht aus, um die Wertersatzpflichtzu vermeiden. Die bloße Abgabe der Vertragserklärung bzw. der Vertragsschlusskann niemals die Wertersatzpflicht auslösen, so dass derVerbraucher hier noch nicht schutzwürdig ist. Der Zeitpunkt „bei Vertragsschluss“ist also teleologisch reduziert so zu verstehen, dass eineTextformbelehrung „<strong>im</strong> unmittelbaren Anschluss an den Vertragsabschluss“ausreichend ist, um den Wertersatzanspruch des § 357 Abs. 3S. 1 BGB geltend machen zu können.IX. Information auf InternetseitenDie Frage, ob eine Information klar und verständlich zur Verfügunggestellt wird, kann nicht für alle Informationen nach § 1 Abs. 1 BGB-InfoV gleich beantwortet werden. <strong>Das</strong> fernabsatzrechtliche Transparenzgebotist aber jedenfalls dann nicht gewahrt, wenn nicht mindestensdie Voraussetzungen erfüllt sind, die nach § 305 Abs. 2 BGB fürdie Einbeziehung und nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB für die inhaltlicheTransparenz von AGB gelten. Ergänzend und konkretisierend kann <strong>im</strong>


A. Ergebnisse 473<strong>Onlinehandel</strong> auf das Transparenzgebot des E-Commerce-Rechts zurückgegriffenwerden, denn dieses ist ja gerade für Informationsvermittlung<strong>im</strong> Internet konzipiert.1. Vertragsaufhebung bei Fehlaufklärung über das NichtbestehenDer Unternehmer muss den Verbraucher korrekt informieren. DiesePflicht kann er durch eine Fehlinformation nicht erfüllen. Vielmehrdürfte eine solche Fehlinformation meist auch auf einer Fehleinschätzungder gesetzlichen Ausschlusslage beruhen. Solche Fehlinformationensind unlauter und lösen auch die hierfür vorgesehenen Sanktionen<strong>im</strong> vertraglichen Verhältnis zum Kunden aus. Die gilt z.B., wenn derUnternehmer Waren anbietet, von denen er meint, sie seien nicht zurRücksendung geeignet, obwohl dies zumindest in dieser Pauschalität fürsein Sort<strong>im</strong>ent nicht zutrifft.Der Unternehmer kann sich gemäß § 242 BGB (venire contra factumproprium) nicht auf das Nichtbestehen berufen, wenn er die Informationunterlassen hat. Überdies wird, wenn über eine objektiv gegebeneAusnahme <strong>im</strong> Rahmen der Widerrufsinformation nicht aufgeklärt wird,auch ein vertragliches <strong>Widerrufsrecht</strong> eingeräumt. Zudem handelt essich bei der Informationspflicht um eine gesetzlich konkretisierteSchutzpflicht i.S.d. §241 Abs. 2 BGB. Beruht die Verletzung mindestensauf Fahrlässigkeit des Unternehmers, kann der Verbraucher Schadensersatznach §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB verlangen.§ 312c Abs. 1 BGB wird auch als Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGBangesehen, so dass auch diese Norm als Anspruchsgrundlage dienenkann. Der Schadensersatzanspruch ist dann auf Aufhebung des Vertrags<strong>im</strong> Wege der Naturalrestitution nach § 249 Abs. 1 BGB gerichtet,so dass der Verbraucher sich vom Vertrag lösen kann.2. Unangemessener Umfang vorvertraglicher InformationspflichtenDer Umfang der vorvertraglichen Informationspflichten nach deutschemRecht ist unangemessen. Sinnvoll ist zwar eine Information überdas Nichtbestehen des <strong>Widerrufsrecht</strong>es, die nach richtiger Auffassungohnehin schon vor ausdrücklicher Verankerung in § 1 Abs. 1 Nr. 10BGB-InfoV zu erteilen war und auch nach dem VRRL-E zu erteilen ist.Denn diese Information schützt den Verbraucher vor Bestellungen solcherWaren, die er bei Nichtgefallen nicht zurückgeben kann. Die Ausweitungder Informationspflicht für Finanzdienstleistungen hinsichtlichder Belehrung über Einzelheiten und Rechtsfolgen auf das allgemeineFernabsatzrecht ist aus Gründen des Verbraucherschutzes unnötig undbegegnet mit Blick auf die Berufsausübungsfreiheit des Unternehmers


474 Teil 7 – Ergebnisse und Ausblickerheblichen Bedenken. Zudem sieht auch die UGPRL nur einen Hinweisauf das Bestehen vor.Der Verbraucher soll vor Abgabe seiner Vertragserklärung über dieInformationen verfügen, die er für seine Entscheidung über den Vertragsschlussbenötigt. Es ist nicht ersichtlich, was der Verbraucher miteiner umfangreichen Information über die Einzelheiten der Ausübungund Rechtsfolgen des <strong>Widerrufsrecht</strong>es vor Vertragsschluss anfangensoll, z.B. wissen muss, ob ein kostenloses RMA-Verfahren zur Verfügungsteht oder wie Wertersatz infolge best<strong>im</strong>mungsgemäßer Ingebrauchnahmevermieden werden kann. Es genügt, wenn solche Informationenzusammen mit der Warenlieferung erteilt werden, also vorIngebrauchnahme.Der unnötige Umfang der vorvertraglichen Informationspflicht führtauch außerhalb des Internets zu unsachgemäßen Ergebnissen. EineKleinanzeige mit Bestellcoupon ist praktisch nicht mehr zu realisieren,und auch Geschäftsmodelle <strong>im</strong> M-Commerce sind nur noch dann gesetzeskonformzu realisieren, wenn es einer Widerrufsbelehrung nichtbedarf. Es ist erfreulich, dass der Europäische Gesetzgeber mit demVRRL-E die vorvertragliche Informationspflicht verbindlich auf einvernünftiges Maß reduzieren will. Der deutsche Gesetzgeber sollte inBetracht ziehen, bereits <strong>im</strong> Zuge der Neuordnung der Vorschriften des<strong>Widerrufsrecht</strong>s die vorvertragliche Informationspflicht entsprechendzu reduzieren.3. Information auch durch Grafiken und PDFs möglichDie Rechtsprechung zur Unzulässigkeit einer Belehrung durch eineGrafik erging konkret zum sog. eBay-WAP-Portal, d.h. einer besonderenVersion dieses Handels-Portals, das für den Zugriff über Mobilfunkgeräteopt<strong>im</strong>iert ist. Zum Zeitpunkt der Entscheidung wurdenbest<strong>im</strong>mte Grafiken bei Nutzung dieser Version in der Tat <strong>im</strong> Browsernicht angezeigt. <strong>Das</strong> heißt aber nicht, dass die Widerrufsinformation inForm von Grafiken generell unzulässig ist. Zunächst können Grafikenvon sämtlichen Internetbrowsern ebenso angezeigt und ausgedrucktwerden wie Text. Soweit der Händler bzw. das Portal also sicherstellt,dass eine Grafik von allen darauf zugreifenden Endgeräten angezeigtwerden kann oder – was technisch möglich ist – den Zugriff best<strong>im</strong>mterEndgeräte verhindert, ist gegen eine Widerrufsinformation in Formeiner Grafik nichts einzuwenden.Möglich ist mittlerweile die Bereitstellung von Informationen <strong>im</strong>PDF-Format. Zwar kann der Download des Adobe-Readers mit einemModem einige Zeit dauern. Jedoch n<strong>im</strong>mt der Einsatz langsamer Verbindungenab und mittlerweile wird diese Software auf nahezu jedem


A. Ergebnisse 475PC standardmäßig vorinstalliert oder auf einer CD kostenfrei mitgeliefert.PDF-Dokumente können zudem auch mit älteren Versionen desAdobe-Readers angezeigt werden. Schließlich ist das PDF eines dersichersten <strong>im</strong> Internet eingesetzten Textformate. Der Verbraucher sollteaber gleichwohl auf eine kostenfreie Download-Möglichkeit <strong>im</strong> Internethingewiesen werden, damit er weiß, wie er den Text lesen kann.4. Zwangsführung über sprechende LinksViele Verbraucher werden mit dem Begriff „<strong>Widerrufsrecht</strong>“ faktischweniger anfangen können als mit dem Terminus „Bedingungen“, weiles sich um einen juristischen Fachbegriff handelt, der nicht jedem Laienumgangssprachlich geläufig ist. Vielmehr bezeichnen Verbraucher dasdamit bezeichnete Recht häufig als „Rückgabe“ oder auch „Umtausch“.Unter „Lieferbedingungen“ oder auch „AGB“ erwartenVerbraucher hingegen auch und gerade Informationen zu Rückgabemöglichkeiten.Auch die Begriffe „Kundeninformationen“, „Verbraucherinformationen“,„Gesetzliche Informationen“ oder „RechtlicheInformationen“ sind für den durchschnittlichen Verbraucher so verständlich,dass dieser dahinter sowohl die Informationen <strong>im</strong> Fernabsatzals auch die zum E-Commerce erwartet.Je konkreter allerdings die Bezeichnung für die dahinter stehendenInformationen und je kürzer die Verweiskette ist, desto eher ist dasTransparenzgebot eingehalten. Bei allzu allgemeinen Bezeichnungen desersten Glieds der Verweiskette besteht die Gefahr, dass dem Verbraucherdie dahinter verborgene Information nicht „klar und verständlich“zur Verfügung gestellt wird. Die Information zum <strong>Widerrufsrecht</strong> mussebenso wie ein Hinweis auf AGB nach § 305 Abs. 2 Nr. 1 BGB auf derBestellseite gegeben werden, ohne dass dem Verbraucher zugemutetwerden kann, wie nach einem Impressum in einer Fußzeile danach zusuchen.Die vollständige Information zum <strong>Widerrufsrecht</strong> selbst (ausführlicherText) kann auf einer besonderen Informationsseite, zusammen mitanderen Pflichtinformationen, auf einer allgemeinen Informationsseiteoder auch in AGB zur Verfügung gestellt werden. Scrollen kann einweiterer Schritt in der Verweiskette zur eigentlichen Information seinoder sogar dazu führen, dass das Transparenzgebot nicht eingehaltenwird. Wenn sich aus dem oberen Teil einer Informationsseite nichthinreichend deutlich ergibt, dass sich <strong>im</strong> unteren Seitenteil die Informationzum <strong>Widerrufsrecht</strong> befindet, fehlt es an einer mediengerechten Artund Weise der Übermittlung dieser Angaben.


476 Teil 7 – Ergebnisse und Ausblick5. Unumgänglichkeit der Verwendung juristischer FachspracheDie Ansicht, dass in der Widerrufsbelehrung keine Rechtsbegriffe genanntwerden dürfen, würde dazu führen, dass eine Information in demvon § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV geforderten Umfang objektiv unmöglichist. Ein Verzicht auf juristische Fachsprache und Nennung vonParagrafen ist nicht möglich, solange nicht die zugrunde liegendeRechtslage selbst vereinfacht wird. Daher ist bezüglich der vorvertraglichenInformation zum <strong>Widerrufsrecht</strong> das fernabsatzrechtliche Transparenzgebotauch dann gewahrt, wenn der Unternehmer die zur Verdeutlichungdieses Rechts erforderlichen Rechtsvorschriften nennt.6. Hinweis auf AGB-Passage zum <strong>Widerrufsrecht</strong>Auch ein Link „AGB“ ist ausreichend, soweit dieser auf ein Inhaltsverzeichnisführt, von dem aus in einem zweiten Schritt direkt die Widerrufsinformationerreicht wird oder diese Information als erster Absatzder AGB direkt sichtbar ist. Die Integration der Widerrufsinformationin AGB ist aus zwei Gründen sinnvoll. Erstens handelt es sich vielfachnicht um reine Informationen, sondern zugleich auch Vereinbarungenund zweitens erhöht die Integration die Transparenz für den Verbraucher.Es gilt eine 2-Schritt-Regel, nach der das Erreichen einer Informationsseiteüber zwei Links zur Wahrung des fernabsatzrechtlichenTransparenzgebotes genügt. Eine Erreichbarkeit in nur einem Schritt istjedoch sicherer, weil durch mehrere Begriffe in der Verweiskette auchdas Risiko steigt, dass der Verbraucher hinter einem dieser Begriffenicht die gesuchte Information vermutet (z.B. die Widerrufsinformationunter der Bezeichnung „Gesetzliche Informationen“).7. Gezielte Sprachvermischung führt zur IntransparenzIm grenzüberschreitenden <strong>Onlinehandel</strong> müssen die Informationen abeiner gewissen Komplexität zumindest in englischer Sprache, idealerweiseaber <strong>im</strong>mer auch in der Sprache des belieferten Best<strong>im</strong>mungslandesvorgehalten werden. Eine gezielte Sprachvermischung dergestalt,dass der Unternehmer das Angebot in einer Sprache hält, die Informationspflichtenjedoch in einer anderen erfüllt, verstößt gegen das Verständlichkeitsgebotund ist daher unzulässig.8. Einzelfallprüfung der rechtzeitigen InformationEine starre Frist für den Zeitpunkt zwischen Informationserteilung undAbgabe der Vertragserklärung ist nicht sachgerecht, sondern es ist <strong>im</strong>


A. Ergebnisse 477Einzelfall zu prüfen, ob der Verbraucher genügend Zeit hatte, die Informationenvor Abgabe seiner Vertragserklärung zur Kenntnis zunehmen. Bei Internetangeboten, die mit extrem kurzen Angebotsphasenoperieren, müssen die Informationen schon abrufbar sein, bevor derVerbraucher sich auf der Bestellseite befindet und nur noch wenigeMinuten Zeit zur Kenntnisnahme hat. Hierbei ist es unzulässig, dasAngebot so zu gestalten, dass der Verbraucher zu einer übereilten Entscheidungveranlasst wird, in dem der Zeitraum dem Zurverfügungstellender Information und der Abgabe der Vertragserklärung unnötigverkürzt wird.Ist das Internetangebot hingegen – vergleichbar einem gedrucktenProspekt mit mehrwöchiger Gültigkeitsdauer – über einen längerenZeitraum abrufbar, reicht es aus, wenn die Informationen erst unmittelbarvor Abgabe der Vertragserklärung des Verbrauchers verfügbarsind.X. Belehrung in Textform1. Kein Zwang zur Erläuterung der gesetzlichen TextformDer Unternehmer ist nicht verpflichtet, die Textformerfordernisse beispielhaftzu erklären. Der Verbraucher kann dies vielmehr selbst beiBedarf durch Lektüre des Gesetzes herausfinden. Es ist zu beachten,dass die Widerrufsbelehrung keine Rechtsmittelbelehrung ist, die überjedes Detail jeder denkbaren Fallgestaltung informieren muss, sonderndem Verbraucher nach dem Willen des Gesetzgebers seine Rechte nurgrundsätzlich verdeutlichen soll. Daher muss eine Formulierung zumFristbeginn gewählt werden, die den Verbraucher in der Lage versetzt,den Beginn der Widerrufsfrist richtig zu ermitteln.2. Frist beginnt mit oder nach Erhalt der Textform-BelehrungDer Verbraucher wird eine Belehrung, dass die Frist „mit“ Erhalt zulaufen beginne, richtigerweise so verstehen, dass die Frist am selbenWochentag bzw. dem Tag mit identischer kalendarischer Bezeichnungendet. Die Formulierung „nach Erhalt“ ist auch nicht falsch, weil derErhalt der Belehrung in Textform u.a. Voraussetzung für den Fristlaufist und die Frist nach Erhalt dieser Belehrung zu laufen beginnt. Somitist auch diese Formulierung möglich, um über den Beginn der Widerrufsfristzutreffend zu belehren. Bei der Angabe der einzelnen Voraussetzungendes Fristbeginns schafft Vereinfachung Transparenz. DieNennung nur einiger Voraussetzungen täuscht jedoch den Verbraucherüber die weiteren Voraussetzungen des Fristbeginns.


478 Teil 7 – Ergebnisse und Ausblick3. Nennung alle Voraussetzungen oder PauschalverweisDer Gesetzgeber hat sich für die Nennung sämtlicher Voraussetzungenentschieden. Dem Verbraucher müssen seine Rechte aber nicht <strong>im</strong> Detail,sondern grundsätzlich deutlich gemacht werden, so dass er in derLage ist, einen möglicherweise späteren Fristbeginn zu erkennen. Diesist sowohl bei einem Pauschalverweis als auch bei Nennung der Paragrafender Fall. Sinnvoll wäre es, die gesetzlichen Voraussetzungen fürden Beginn der Widerrufsfrist zu reduzieren, damit einfacher darüberaufgeklärt werden kann. Der von dem VRRL-E eingeschlagene Weg,dass der Fristlauf allein von dem Erhalt der Ware und der Belehrungabhängig ist, ist daher der richtige.Problematisch ist die Nennung eines konkreten Enddatums, da dadurchkeine identische vorvertragliche Information zum <strong>Widerrufsrecht</strong>möglich wäre, was Verwirrung be<strong>im</strong> Verbraucher stiften könnte. Weiterhinist keine standardisierte Belehrung in Textform möglich, d.h. derHändler kann die Belehrung nicht als statischen Text auf die KatalogoderRechnungsrückseite drucken. Auch weiß der Händler <strong>im</strong> Zeitpunktder Belehrungserstellung nicht, wann die Ware tatsächlich geliefertwird. Vor allem kann es vorkommen und ist höchst wahrscheinlich,dass der Händler einige oder mehrere textformgebundene Informationspflichten<strong>im</strong> Fernabsatz oder Pflichten <strong>im</strong> elektronischen Geschäftsverkehrnicht erfüllt, die ebenfalls Voraussetzungen für den Beginn derFrist sind. Hier ist dann nicht nur das konkrete Datum und mithin dieganze Belehrung fehlerhaft, sondern dem Verbraucher werden auchwesentliche Informationen vorenthalten, die ihm mitgeteilt werdenmüssen, um ihm seine Rechte deutlich zu machen.4. Postfachadresse, E-Mail und FaxnummerAnders als nach alter Rechtslage darf der Unternehmer keine Postfachadressemehr benennen, sondern muss eine ladungsfähige Anschriftangeben. Die Nennung einer E-Mail-Adresse oder Faxnummer ist hingegenkeine zwingende Voraussetzung. Eine Telefonnummer kann inder Belehrung genannt werden, wenn eindeutig klar gestellt wird, dassdie Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s nur in Textform und durch Rücksendungder Sache möglich ist, z.B. durch entsprechenden Klammerzusatzhinter der Telefonnummer. Stets unzulässig sind Klauseln, die dieAusübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s von weiteren Voraussetzungen abhängigmachen, z.B. Rücksendung in Originalverpackung oder frankiert.


A. Ergebnisse 4795. Aufklärung über allgemeinen und besonderen WertersatzDer Verbraucher wird sich denken können, dass er nicht den vollenKaufpreis zurück erhält, wenn der Zustand der gekauften Sache sichverschlechtert oder er diese verbraucht. Nicht jeder Unternehmer wirdaber <strong>im</strong> Falle des Widerrufs auch Wertersatz verlangen. Daher muss derUnternehmer <strong>im</strong> Vorfeld „Farbe bekennen“, in welchen Fällen er sichdie Geltendmachung von Wertersatzansprüchen vorbehält. Über denmöglichen Wertersatz bei best<strong>im</strong>mungsgemäßer Ingebrauchnahme derWare ist stets zu informieren, da dies eine erhebliche und mithin unerwarteteAbweichung von den allgemeinen Rücktrittsregeln darstellt.6. Aufklärung über Hin- und RücksendekostenAufzuklären ist der Verbraucher schließlich über die Tragung derRücksende- aber auch die der Hinsendekosten, da ansonsten er nichtvollständig über seine Rechte informiert worden wäre. In der Literaturund Teilen der Rechtsprechung wird angenommen, auch ein Hinweisdarüber, dass der Unternehmer das Risiko der Rücksendung trägt, seierforderlich. Diese Annahme ist zutreffend, da Verbraucher sich insbesonderebei hochwertiger Ware oder einer nicht nachverfolgbaren VersandartGedanken darüber machen werden, ob sie bei Verlust derRücksendung gleichwohl Anspruch auf Kaufpreisrückerstattung haben.7. Integration in AGBDer Verbraucher ist durch eine Zusammenfassung von Pflichtinformationenund AGB nicht schlechter gestellt. Im Gegenteil: Neben demTransparenzgebot aus § 312c Abs. 1 BGB, das auf die nachvertraglichenInformationspflichten ausstrahlt, ist er zusätzlich durch jenes in§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB geschützt. Es dient dem Verbraucherschutz,wenn möglichst viele Pflichtinformationen auf einer Seite gebündelt undnicht über verschiedene Seiten verstreut werden. Der Unternehmer kanndaher die textformgebundenen fernabsatzrechtlichen Informationenauch in AGB erteilen.XI. Rechtsfolgen von Pflichtverletzungen1. Bagatellverstöße nur nach altem RechtIn der Vergangenheit spielten wettbewerbsrechtliche Abmahnungenwegen einer falschen oder unvollständigen Widerrufsbelehrung eine vielgrößere Rolle als etwaige vom Verbraucher geltend gemachte Fristver-


480 Teil 7 – Ergebnisse und Ausblicklängerungen. Über die Frage, wann ein abgemahnter Verstoß die Erheblichkeitsschwelledes § 3 UWG a.F. überschritt, waren sich die Gerichtenicht einig. Bei Anlehnungen des Belehrungstextes an die Musterbelehrungdes BMJ tendierten die Gerichte zunehmend dazu, allenfalls vonBagatellverstößen auszugehen, auch weil ein Händler nicht klüger seinkönne als der Gesetzgeber.2. Keine Pflicht zur Vorabinformation über EinzelheitenDies hat sich durch die UGPRL-konforme Auslegung des UWG und dieanschließende Umsetzung der UGPRL in das deutsche Recht geändert.Eine Belehrung über das Bestehen oder Nichtbestehen eines <strong>Widerrufsrecht</strong>es<strong>im</strong> Fernabsatz muss <strong>im</strong>mer erteilt werden und ihr Weglassenkann keine Bagatelle mehr i.S.d. § 3 UWG a.F. darstellen. Auch fehlerhafteBelehrungen sind stets wettbewerbswidrig. Andererseits stellt einefehlende Vorabinformation über die Einzelheiten, Bedingungen undRechtsfolgen des <strong>Widerrufsrecht</strong>es keinen Wettbewerbsverstoß mehrdar. Eine kurze Vorabinformation über das Bestehen eines <strong>Widerrufsrecht</strong>esin Verbindung mit einer ausführlichen Belehrung nach Vertragsschlussgenügt mithin.XII. Vor- und Nachteile eines Belehrungsmusters1. Schlechtere Belehrungsqualität und Grenzen durch StandardisierungDie Geschichte der Musterbelehrung des Bundesjustizministeriums istwohl eines der dunkelsten Kapitel der deutschen Rechtsgeschichte.Gesetz- und Verordnungsgeber haben es über Jahre nicht geschafft,einen Text zu entwerfen, der allen gesetzlichen Vorgaben genügt. DieGrenzen der Belehrungsqualität und Eignung eines einzigen Musters füralle denkbaren Fälle sind entscheidende Nachteile eines Belehrungsmusters.2. Amtshaftungsansprüche wegen fehlerhafter MusterbelehrungenObwohl die erste Musterbelehrung 2002 heftig kritisiert und die Vorschriftenzum <strong>Widerrufsrecht</strong> erheblich geändert wurden, blieb dasBelehrungsmuster 2004 nahezu unverändert. Entgegen dem Bedürfnisder Händler, für die vorvertragliche Information und die Belehrung inTextform den gleichen Text zu verwenden, war das Muster nicht fürdie flüchtige Information, sondern für eine Belehrung in Textform konzipiert,was der eigentlichen gesetzgeberischen Zielsetzung widersprach.Abgesehen davon wies das Muster zahlreiche inhaltliche Schwächen


B. Aktuelle Gesetzesvorhaben 481auf, für die aufgrund des Verordnungsrangs des Musters die Unternehmerdie Verantwortung tragen mussten. In Betracht kommen insofernAmtshaftungsansprüche gegen die Bundesrepublik. Die Bundesregierunghatte spätestens Ende 2006 die Pflicht, auf die Rücknahme desgesetzten Vertrauenstatbestandes hinzuwirken, wenn schon die Korrekturder evidenten Fehler nicht erfolgte.3. Rechtssichere aktuelle MusterbelehrungDie durch die dritte Verordnung zur Änderung der BGB-InfoV eingeführteneue Musterbelehrung stellt einen ausgewogenen Kompromisszwischen den Anforderungen an den Unternehmer und dem Informationsbedürfnisdes Verbrauchers dar. Problematisch bleibt allerdings dieAnpassung der Musterbelehrung auf das konkrete Rechtsgeschäft durchden Unternehmer, der damit häufig überfordert ist. Ein weiteres Mankoist, dass die Muster nach wie vor nur in der BGB-InfoV privilegiertwerden. Ein Amtsgericht könnte jederzeit einen neuen Fehler entdeckenund die Musterbelehrung nach wie vor für unwirksam erklären. InhaltlicheSchwächen der Musterbelehrung werden jedoch eine deutlichgeringere Rolle nach Inkrafttreten des neuen BGB-RegE v. 21.01.<strong>2009</strong>spielen. Hierdurch würde die Musterbelehrung den Rang eines formellenGesetzes erlangen und nicht mehr von den Gerichten verworfenwerden können. Angesichts unklarer Informationspflichten und einschneidenderSanktionen überwiegt dieser Vorteil einer Musterbelehrungklar den genannten Nachteilen.B. Aktuelle GesetzesvorhabenB. Aktuelle GesetzesvorhabenI. Gesetz zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- undRückgaberecht<strong>Das</strong> Bundeskabinett beschloss am 5.11.2008 den Gesetzentwurf derBundesregierung zur Neuordnung der Vorschriften über das WiderrufsundRückgaberecht (BGB-RegE). 1 Der Entwurf sieht u.a. vor, die korrigiertenMusterbelehrungen in das EGBGB und die Privilegierungsnormenin das BGB zu überführen. Darüber hinaus soll § 355 Abs. 2 BGB-E dahingehend geändert werden, dass eine Belehrung in Textform unmittelbarnach Vertragsschluss einer Belehrung bei Vertragsschlussgleichsteht.1BT-<strong>Dr</strong>ucks. 16/11643 v. 21.1.<strong>2009</strong>; Gesetz wurde am 2.7.<strong>2009</strong> verabschiedetund am 3.8.<strong>2009</strong> verkündet (BGBl. I <strong>2009</strong>, S. 2355), Inkrafttreten am 11.6.2010.


482 Teil 7 – Ergebnisse und Ausblick1. Belehrungsmuster mit GesetzesrangEine Kernregelung des neuen RegE enthält § 360 Abs. 3 BGB-RegE.Hier wurde die bisherige Privilegierung aus § 14 BGB-InfoV übernommen,die das Muster für rechtens erklärt. Gleichzeitig wird das Musterin Anlage 1 zu Art. 246 EGBGB-RegE, also in einem formellen Gesetz,verankert.a) Erforderlichkeit der GesetzesänderungBereits bei Inkrafttreten der korrigierten Musterbelehrung zum1.4.2008 1 war klar, dass das BMJ in naher Zukunft Vorschläge für einformelles Gesetz unterbreiten wollte, das auch Regelungen zu den Musternenthalten wird. Die Neufassung der Muster <strong>im</strong> Verordnungswegestellte also lediglich einen unverzichtbaren Zwischenschritt auf demWeg zu Mustern mit Gesetzesrang dar. 2<strong>Das</strong>s die Muster derzeit nachwie vor nur Verordnungsrang haben, wurde kritisiert, weil sie trotzumfangreicher Korrekturen theoretisch weiterhin von einzelnen Gerichtenfür unwirksam erklärt werden könnten. 3Erst die Regelung derMuster in einem formellen Gesetz führt zu absoluter Sicherheit gegenFristverlängerungen und Abmahnungen des Musters. Unternehmer, dieals Vorlage für ihre Belehrungen über das Widerrufs- und Rückgaberechtdie neuen Muster verwenden, müssen künftig keine wettbewerbsrechtlichenAbmahnungen oder unbefristete Widerrufs- bzw. Rückgaberechtemehr fürchten.b) Baldiger erneuter ÄnderungsbedarfViele Unternehmer hätten sich deutlich vor Oktober <strong>2009</strong> ein unangreifbaresMuster gewünscht. 4 Ein zeitnahes Inkrafttreten der geplantenNeuregelung wäre wünschenswert. Da das seit 1.4.2008 geltende Musterbislang jedoch nicht erfolgreich abgemahnt wurde, besteht keinakuter Handlungsbedarf. Vor dem Hintergrund dreier anstehenderEuGH-Entscheidungen zu Hinsendekosten, 5Wertersatz für gezogeneNutzungen 6und Auslegung der Ausnahme „nicht zur Rücksendunggeeignet“ bzw. Wertersatz für Verbrauch 7 würde es vielmehr Sinn machen,diese Entscheidungen abzuwarten. Insbesondere für den Fall, dass1Vgl. <strong>Föhlisch</strong>, MMR 2008, 205.2<strong>Föhlisch</strong>, MMR 2008, XXIV.3Teil 6 B III 2.4Vgl. Stellungnahme von BAG und HDE v. 22.08.2008, S. 11; CDH-Stellungnahme v. 22.08.2008, S. 2.5BGH, Beschluss v. 1.10.2008 – VIII ZR 268/07.6AG Lahr, Beschluss v. 26.10.2007 – 5 C 138/07; Schlussanträge v. 18.2.<strong>2009</strong>,Rechtssache C-489/07.7BGH, Beschluss v. 18.3.<strong>2009</strong> – VIII ZR 149/08.


B. Aktuelle Gesetzesvorhaben 483der EuGH die deutschen Regelungen zum Wertersatz für gezogeneNutzungen für unzulässig erklärt, müsste das Muster erneut sofortgeändert werden, um zu erwartende wettbewerbsrechtliche Abmahnungenwegen einer dann fehlerhaften Wertersatzbelehrung <strong>im</strong> Muster zuverhindern. Sollte der Gesetzentwurf zur Verbesserung des Verbraucherschutzesbei besonderen Vertriebsformen 1 so verabschiedet werden,um die Problematik der „Vertragsfallen“ in den Griff zu bekommen,müsste wegen des dann geänderten § 312d Abs. 3 BGB zudem der Gestaltungshinweis10 der neu vorgeschlagenen Muster-Widerrufsbelehrungnoch angepasst werden.c) Kritik<strong>Das</strong> Gesetzesvorhaben wird von Brönneke 2 insoweit kritisiert, als durchdie statischen Belehrungstexte der Weg für eine Irreführung desVerbrauchers offen bleibe. Es gebe eine Vielzahl von Konstellationen,auf die das Muster nicht anwendbar sei. Dies folge bereits aus derMehrzahl der gerichtlichen Entscheidungen, die die bisherige Fassungder Musterbelehrung für wettbewerbswidrig bzw. nichtig erklärt habenund der Tatsache, dass der Gesetzgeber nicht alle Schwachpunkte desMusters beseitigt habe. Dazu käme, dass neue, bisher nicht bedachteSituationen vorkommen könnten. So gehe eine Festlegung der Belehrungsmustersauch zu Lasten des Unternehmers, da er dieses in best<strong>im</strong>mtenFällen nicht verwenden könne. Daher sei es sinnvoll, zumindestindividuelle Abweichungen zuzulassen und in den besonderenFällen, in denen das Muster für den Verbraucher irreführend ist, dieRichtigkeitsfiktion versagen. 3Eine solche Einschränkung der Richtigkeitsfiktion der Musterbelehrungauf die Fälle, auf die sie zugeschnitten ist und daher nicht irreführendwirkt, würde eine gerichtliche Prüfung der „irreführenden Wirkung“der Belehrung ermöglichen, die durch die Verankerung derMusterbelehrung in einem formellen Gesetz geschaffene Rechtssicherheitfür die Unternehmer wiederum relativieren würde. Einem Unternehmerkann die Prüfung nicht zugemutet werden, ob die Musterbelehrungbe<strong>im</strong> konkreten Rechtsgeschäft für den Verbraucher irreführendsein kann. Die Verwendung des Musters wäre nicht mehr vorteilhaft, sodass dann auch ganz auf ein Muster verzichtet werden könnte.1BT-<strong>Dr</strong>ucks. 16/10734 v. 31.10.2008.2Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten, S. 56 ff.3Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten, S. 56 ff.


484 Teil 7 – Ergebnisse und Ausblick2. Gleichstellung von Online-Shops und Internet-Auktionena) Widerrufsfrist und WertersatzpflichtDie geplanten Neuerungen tragen den Umständen bei InternetauktionenRechnung. 1Da es sich bei Angeboten über eine Internetauktionsplattformwie eBay bereits um rechtlich verbindliche Angebote handelt,wohingegen ein Angebot in einem „normalen“ Internetshop lediglichals invitatio ad offerendum anzusehen ist, hat der Unternehmer keineMöglichkeit, den Verbraucher spätestens bis Vertragsschluss über sein<strong>Widerrufsrecht</strong> in Textform zu belehren. 2Erst nach Vertragsschlussweiß er wer sein Vertragspartner geworden und damit zu belehren ist. 3Die unterschiedliche Behandlung von Fernabsatzgeschäften über eineInternetauktionsplattform und solchen, die sich in einem „normalen“Internetshop vollziehen, beruhe ausschließlich auf der rechtlichen Konstruktiondes Vertragsschlusses. Unterschiede in der Sache bestehennicht.Es handelt sich um einen großen Wurf des BMJ, da die unberechtigteUngleichbehandlung von Onlineshops und eBay-Händlern aufgehobenwird. So heißt es in § 355 Abs. 2 S. 2 BGB-RegE „Bei Fernabsatzverträgensteht eine unverzüglich nach Vertragsschluss in Textform mitgeteilteWiderrufsbelehrung einer solchen bei Vertragsschluss gleich,wenn der Unternehmer den Verbraucher gemäß Artikel 246 § 1 Abs. 1Nr. 10 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche unterrichtethat.“ Für die Gleichbehandlung von eBay-Powersellern undregulären Online-Shops haben sich bereits zahlreiche St<strong>im</strong>men in derLiteratur und Wirtschaft ausgesprochen. 4Bemerkenswert ist, dass dieNeuerungen sogar von Verbraucherschützern begrüßt werden. 5Es bestehtkein Schutzbedürfnis des Verbrauchers, der eine E-Mail nichtzusammen mit der Bestellannahme, sondern direkt nach Zustandekommendes Onlinegeschäfts erhält. Der Verbraucher ist gemäß § 312cAbs. 1 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV bereits zuvor übersämtliche Einzelheiten und Rechtsfolgen des <strong>Widerrufsrecht</strong>es in flüchtigerForm zu informieren. In diesem Fall liegen der Vertragsschlussund die Widerrufsbelehrung in Textform in so kurzer zeitlicher Folge,dass es keine Rolle spielt, was zuerst erfolgt.Analog zur Angleichung der Widerrufsfrist wird auch die Regelungzum Wertersatz für eine durch die sog. best<strong>im</strong>mungsgemäße Inge-1BT-<strong>Dr</strong>ucks. 16/11643 v. 21.01.<strong>2009</strong>, S. 103, 106; zust<strong>im</strong>mend Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong>und Belehrungspflichten, S. 13.2vgl. zu Fristverlängerung Teil 3 A III 1 und zu Wertersatzpflicht Teil 4 D II 4.3vgl. auch LG Berlin MMR 2007, 734; <strong>Föhlisch</strong>, MMR 2008, XXIV.4Vgl. Teil 3 A III 1.5vzbv-Stellungnahme v. 19.08.2008, S. 8.


B. Aktuelle Gesetzesvorhaben 485brauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung bei Online-Shops und eBay ergänzt. Hierzu wird der § 357 Abs. 3 BGB entsprechendgeändert, indem nach Satz 1 folgender Satz eingefügt wird: „BeiFernabsatzverträgen steht ein unverzüglich nach Vertragsschluss inTextform mitgeteilter Hinweis einem solchen bei Vertragsschluss gleich,wenn der Unternehmer den Verbraucher rechtzeitig vor Abgabe vondessen Vertragserklärung in einer dem eingesetzten Fernkommunikationsmittelentsprechenden Weise über die Wertersatzpflicht und eineMöglichkeit zu ihrer Vermeidung unterrichtet hat.“ Allerdings ist nichtunwahrscheinlich, dass der EuGH die Regelung des § 357 Abs. 3 BGBals Verstoß gegen Art. 6 FARL bewertet, so dass dann dieser Anspruchgenerell nicht mehr in dieser Pauschalität bestünde und die deutschenBGB-Vorschriften sowie die Musterbelehrungen erneut entsprechendangepasst werden müssten. 1b) Begriff der „Unverzüglichkeit“Kritisiert wird, dass der Gesetzentwurf den Begriff der „Unverzüglichkeit“nicht näher definiert. „Unverzüglich“ bedeutet nach der Legaldefinitiondes § 121 BGB „ohne schuldhaftes Zögern.“ Ob die aus demBereich der Anfechtung stammende Begrifflichkeit sich auf die Fragendes Widerrufs ohne Weiteres übertragen lässt, bleibe zweifelhaft. 2 Einezumindest erläuternde Klarstellung sei <strong>im</strong> Hinblick auf die gravierendenFolgen einer verspäteten Belehrung zu fordern. Geht ein Unternehmerdavon aus, er habe unverzüglich nach dem Vertragsschluss denVerbraucher über eine 14-tägige Widerrufsfrist belehrt, liegt eine unzutreffendeBelehrung vor, mit der Folge, dass die Widerrufsfrist nicht zulaufen beginnt. Daher bedürfe es einer Erläuterung der zeitlichen Rahmenund Voraussetzungen der Unverzüglichkeit. 3Der Begriff „unverzüglich“ ist zwar ausfüllungsbedürftig, da sich dieLegaldefinition in § 121 BGB und die hierzu ergangene Rechtsprechungpr<strong>im</strong>är auf die Fragen der Anfechtung von Willenserklärungen beziehtund sich nicht ohne Weiteres auf die anders gelagerten Fälle des Fernabsatzhandelsübertragen lässt. Hier jedoch ist eine baldige Konkretisierungdurch die Rechtsprechung, die diese Aufgabe besser erfüllen kannals der Gesetzgeber, zu erwarten.Für den <strong>Onlinehandel</strong> wird es darauf hinauslaufen, dass der Händlereine Belehrung unmittelbar nach der Auktion per E-Mail schicken muss(und nicht erst mit der Lieferung belehren darf), da <strong>im</strong> Rahmen deselektronischen Geschäftsverkehrs automatische Prozesse möglich und1Vgl. Teil 4 D I 1 c).2Stellungnahme von BAG und HDE v. 22.08.2008, S. 11.3CDH-Stellungnahme v. 22.08.2008, S. 4.


486 Teil 7 – Ergebnisse und Ausblicküblich sind. In anderen Fernabsatzformen ist durchaus die Interpretationzulässig, dass eine Belehrung nicht zwingend in automatisierterForm unmittelbar direkt nach Vertragsschluss erfolgen muss, sondernauch etwas später geschehen kann. Eine weitere Konkretisierung, inwelchem zeitlichen Rahmen und unter welchen Voraussetzungen dasKriterium der Unverzüglichkeit erfüllt wird, wäre allenfalls in der Gesetzesbegründung,aber nicht <strong>im</strong> BGB selbst wünschenswert.c) RückgaberechtEntscheidend für Onlinehändler verbessert wurde auch der § 356 BGB-RegE. Nach der derzeit geltenden Regelung des § 356 Abs. 1 S. 2 Nr. 1BGB bedarf es für die Ersetzung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s durch Rückgaberecht,dass dem Verbraucher das Rückgaberecht in Textform eingeräumtwird. Vereinzelt wurde angenommen, bei eBay könne unter dergeltenden Regelung kein Rückgaberecht eingeräumt werden. 1Wie inder Entwurfsbegründung zu Recht angeführt wird, erfordert ein effektiverVerbraucherschutz nicht, die Wirksamkeit der Ersetzung von derEinräumung des Rückgaberechtes in Textform abhängig zu machen.Vielmehr reicht es – wie be<strong>im</strong> <strong>Widerrufsrecht</strong> auch – aus, den Beginnder Rückgabefrist von der Belehrung über das Rückgaberecht in Textformabhängig zu machen. 2 Der VRRL-E sieht allerdings in Art. 14 fürdie Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s die Möglichkeit der Rücksendungder Sache nicht vor. Somit würde nach Inkrafttreten der neuen Richtliniedas deutsche Rückgaberecht gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen.3. Präzisierung des GesetzeswortlautsÄnderungen erfährt der § 355 BGB-RegE. Dieser Paragraf wird neustrukturiert, was die Norm übersichtlicher macht. 3 Der Verweis auf eineweitere Vorschrift für die Anforderungen an einer Widerrufsbelehrungvereinfacht den zurzeit geltenden § 355 Abs. 2 S. 1 deutlich. 4Zu derFristlänge wird es statt „zwei Wochen“ künftig „14 Tage“ heißen,womit die Formulierung an die in der Verbraucherkreditrichtlinie undder Richtlinie 2002/65/EG angepasst wird, ohne dass sich in der SacheÄnderungen ergeben. 5Auch § 312c BGB wird neu gefasst. Nach Absatz 1 hat der Unternehmerden Verbraucher bei Fernabsatzverträgen nach Maßgabe desArtikels 246 §§ 1 und 2 EGBGB-RegE zu unterrichten. In welcher Art1Vgl. Teil 3 B II 2 b) cc).2BT-<strong>Dr</strong>ucks. 16/11643 v. 21.01.<strong>2009</strong>, S. 105.3BT-<strong>Dr</strong>ucks. 16/11643 v. 21.01.<strong>2009</strong>, S. 102.4BT-<strong>Dr</strong>ucks. 16/11643 v. 21.01.<strong>2009</strong>, S. 109.5BT-<strong>Dr</strong>ucks. 16/11643 v. 21.01.<strong>2009</strong>, S. 102.


B. Aktuelle Gesetzesvorhaben 487und Weise dies zu geschehen hat und über welche Umstände zu unterrichtenist, ergibt sich zukünftig aus dem Artikel 246 §§ 1 und 2EGBGB-RegE. Durch diese Gestaltung können die bisher geltendenAbsätze 1 und 2 in einem Absatz zusammengefasst und deutlich vereinfachtwerden. 1Vereinzelt wird an dieser Stelle die „Auslagerung“ desInhalts der Informationspflichten in ein anderes Gesetz kritisiert. Diesverursache einen Mehraufwand bei der Anwendung des verweisendenGesetzes. Der ursprüngliche Zweck, nicht jedes Mal bei einer Änderungein Gesetzgebungsverfahren durchlaufen zu müssen, sei mit der Fassungin Gesetzesform ohnehin nicht mehr gegeben. Daher sei ggf. zu prüfen,ob nicht die Zusammenfassung dieser Best<strong>im</strong>mungen ebenso gut in dasBGB selbst eingeordnet werden kann. 2§ 355 Abs. 2 S. 4 BGB-RegE stellt erfreulicherweise 3 klar, dass dieverlängerte Widerrufsfrist von einem Monat bei Belehrung erst nachVertragsschluss auch dann gilt, wenn das Gesetz die Information überdas <strong>Widerrufsrecht</strong> in Textform zu einem späteren als in § 355 Abs. 2S. 1, 2 BGB-RegE genannten Zeitpunkt zulässt. Die Klarstellung erfolgt,weil in der Rechtsprechung die unzutreffende Auffassung vertretenwurde, § 312c Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB in der geltenden Fassungenthalte eine Spezialregelung zum Zeitpunkt und zur Art und Weise derBelehrung über die Rechtsfolgen des Widerrufs und gehe in seinemAnwendungsbereich § 357 Abs. 3 Satz 1 in der geltenden Fassung vor. 4Die Vorschrift des § 360 BGB-RegE fasst die Anforderungen an eineordnungsgemäße Widerrufs- bzw. Rückgabebelehrung zusammen, wasfür den Rechtsanwender eine Erleichterung darstellt. 5 § 360 Abs. 3BGB-RegE, der als formelles Gesetz auch das Widerrufsmuster für rechtenserklärt, ersetzt den derzeit geltenden § 14 BGB-InfoV. Die Festlegungeinheitlicher Voraussetzungen für alle betroffenen Situationen,erleichtert die Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Widerrufsbelehrung.64. Verbleibende Kritika) InformationspflichtenEin Großteil der Probleme um die transparente Widerrufsbelehrung istderzeit vom deutschen Gesetzgeber gemacht, indem für Finanzdienst-1BT-<strong>Dr</strong>ucks. 16/11643 v. 21.02.<strong>2009</strong>, S. 101 f.2DRB-Stellungnahme v. August 2008, Punkt 1.3DRB-Stellungnahme v. August 2008, Punkt 2.4Vgl. Teil 3 A III 1 c).5Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten, S. 38.6DRB-Stellungnahme v. August 2008, Punkt 2.


488 Teil 7 – Ergebnisse und Ausblickleistungen konzipierte Informationspflichten mit allgemeinen Informationspflichtenvermischt wurden. Es wäre begrüßenswert, wenn sichinsoweit das Vollharmonisierungsprinzip des VRRL-E durchsetzt undeine sinnlose Ausweitung durch nationale Vorschriften nicht mehr möglichwäre.Unverändert werden die vorvertraglichen Informationspflichten aus§ 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV in Art. 246 § 1 EGBGB-RegE übernommen.Auch in Zukunft würde es bei der erheblichen Überschreitung desEuropäischen Mindestniveaus (Art. 14 FARL) durch Ausweitung derVorgaben des Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 a) und d) FARLFDL auf alle Fernabsatzverträgebleiben. Es ist jedoch geboten, den Umfang der vorvertraglichenAufklärung über das Widerrufrecht auf die Unterrichtung übersein Bestehen bzw. Nichtbestehen zu reduzieren. 1Die textformgebundenen Informationspflichten <strong>im</strong> Fernabsatz sindunnötig umfangreich und zu unpräzise. Der deutsche Gesetzgeber istohne Not über das Mindestniveau der FARL hinausgegangen. Hierdurchhat sich der Verbraucherschutz aber nicht verbessert, sonderneher verschlechtert. Eine transparente, für den Verbraucher verständlicheWiderrufsbelehrung <strong>im</strong> Fernabsatz und elektronischen Geschäftsverkehrist wegen der Verknüpfung des Beginns der Widerrufsfrist, überden zu belehren ist, mit der Erfüllung zahlreicher unklarer Informationspflichtennahezu unmöglich. Als besonders problematisch erweisensich die Informationspflichten aus § 1 Abs. 2 Nr. 2, 4, 6 und 9 BGB-InfoV. 2 Der Weg des VRRL-E, die Anzahl der Informationen zu reduzieren,ist daher richtig.b) KostentragungKritisch zu betrachten ist das Beibehalten der viel zu komplizierten „40-Euro-Klausel“. 3Kritisiert wird auch, dass der Gesetzgeber es erneutunterlässt, die Frage nach der Tragung der Hinsendekosten ausdrücklichzu regeln. 4Im Hinblick auf die Vorlage dieser Frage an EuGHdurch den BGH 5und den VRRL-E, der eine ausdrückliche Regelunghierzu enthält, erscheint es aber zugleich sinnvoll, die Entwicklungenauf europäischer Ebene abzuwarten, um nachträglichen Abänderungsbedarfzu vermeiden. 61Vgl. Teil 5 A I 3.2Vgl. Teil 3 A II 3 d).3Vgl. Teil 4 C I 3.4vzbv-Stellungnahme v. 19.08.2008, S. 8.5BGH, NJW <strong>2009</strong>, 66, 67.6Vgl. Teil 4 C III 3.


B. Aktuelle Gesetzesvorhaben 489c) Verlängerte WiderrufsfristenZu kritisieren bleibt schließlich das Beibehalten der bestehenden Systematikder verlängerten Widerrufsfristen. Abzuschaffen ist die einmonatigeFrist, da diese ein Fremdkörper <strong>im</strong> Fernabsatzrecht darstellt. 1ImHinblick auf den Vollharmonisierungsgrundsatz des VRRL-E dürftendie in Deutschland derzeit geregelten Fristverlängerungen auf einenMonat (§ 355 Abs. 2 S. 2 BGB), sechs Monate (§ 312e Abs. 3 S. 2 bzw.§ 312d Abs. 2 S. 1 i.V.m. 355 Abs. 3 S. 1 BGB) oder auf unbest<strong>im</strong>mteZeit (§ 355 Abs. 3 S. 3 BGB) ab Inkrafttreten der Richtlinie nicht aufrechterhalten werden. 2II. Entwurf der Richtlinie über Rechte der Verbraucher (VRRL-E)Als Ergebnis der Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstands <strong>im</strong>Verbraucherschutz und der Konsultation über die Fernabsatzrichtlinie(FARL) hat die Europäische Kommission am 8.10.2008 einen Vorschlagfür eine Richtlinie über Rechte der Verbraucher (VRRL-E) vorgelegt.Als Nachfolgerichtlinie der FARL hat der VRRL-E erheblicheAuswirkungen auf das Fernabsatzrecht und insbesondere auch das<strong>Widerrufsrecht</strong>.1. EntstehungsgeschichteDie Europäische Kommission hat am 8. Februar 2007 das Grünbuchzur Überprüfung des Verbraucheracquis 3 veröffentlicht. Zum Grünbuchäußerten sich die verschiedensten Akteure – Unternehmen, Verbraucher,das Europäische Parlament, Mitgliedstaaten, Juristen aus Wissenschaftund Praxis. 4 Zudem wurde eine öffentliche Konsultation speziellzur FARL durchgeführt. 5 Die Kommission erhielt 313 Stellungnahmenzum Grünbuch und 84 Stellungnahmen zur FARL aus allen betroffenenKreisen und führte zusätzlich noch Ende 2007 eine ganztägige Konferenz,Befragungen mittels zweier umfangreicher Fragebögen sowie zuletzt<strong>im</strong> Februar 2008 Workshops mit Vertretern aus Wirtschafts- undVerbraucherkreisen durch. 6 Ergebnis dieses Prozesses ist der VRRL-E.1vgl. Teil 3 A III 1 e).2vgl. Teil A III 6.3Grünbuch Verbraucheracquis, http://ec.europa.eu/consumers/cons_int/safe_shop/acquis/green-paper_cons_acquis_de.pdf (Stand: 7.4.<strong>2009</strong>).4Stellungnahmen abrufbar unter http://ec.europa.eu/consumers/rights/responses_green_paper_acquis_en.htm (Stand: 7.4.<strong>2009</strong>).5Weitere Informationen abrufbar unter http://ec.europa.eu/consumers/cons_int/safe_shop/dist_sell/index_de.htm (Stand: 7.4.<strong>2009</strong>).6Vgl. Teil 1 B VI und VII.


490 Teil 7 – Ergebnisse und Ausblicka) Zusammenfassung von vier RichtlinienZiel der VRRL-E ist die Überarbeitung und Zusammenführung derRichtlinie 85/577/EWG über außerhalb von Geschäftsräumen geschlosseneVerträge, der Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauselnin Verbraucherverträgen, der Richtlinie 97/7/EG über Vertragsabschlüsse<strong>im</strong> Fernabsatz sowie der Richtlinie 1999/44/EG über denVerbrauchsgüterkauf und Garantien für Verbrauchsgüter. Diese vierRichtlinien sollen zu einem horizontalen Instrument zusammengefasstwerden, das das geltende Recht durch Beseitigung von Unst<strong>im</strong>migkeitenund Regelungslücken vereinfacht und aktualisiert. Dabei wird dasMindestharmonisierungskonzept zugunsten eines Konzeptes der vollständigenHarmonisierung aufgegeben. 1Kapitel I enthält die einheitlichen Definitionen für Begriffe wie„Verbraucher“ und „Gewerbetreibender“ (bislang „Unternehmer“)sowie den Grundsatz der vollständigen Harmonisierung. In Kapitel IIist festgelegt, worüber Gewerbetreibende ihre Kunden vor dem Abschlussaller Arten von Verbraucherverträgen informieren müssen.Ferner wird eine Informationspflicht für Vermittler begründet, die Verträge<strong>im</strong> Auftrag von Verbrauchern abschließen.<strong>Das</strong> Kapitel III, das nur für Fernabsatz- und außerhalb von Geschäftsräumengeschlossene Verträge gilt, sieht besondere Informationspflichtenvor; ferner wird das <strong>Widerrufsrecht</strong> (Frist, Ausübung undWirkungen) einheitlich geregelt. Außerdem wird darin auf ein standardisiertesWiderrufsformular verwiesen, das in Anhang I Teil B festgelegtist. In Kapitel IV werden die Best<strong>im</strong>mungen der Richtlinie 99/44/EGklargestellt.<strong>Das</strong> Kapitel V entspricht weitgehend dem Regelungsgehalt der Richtlinie93/13/EWG. Es gilt für missbräuchliche Vertragsklauseln. Um fürRechtssicherheit zu sorgen, enthält die Richtlinie zwei Listen missbräuchlicherKlauseln. In der Liste des Anhangs II sind diejenigen Klauselnaufgeführt, die in jedem Fall als missbräuchlich gelten. Anhang IIIenthält eine Liste mit Klauseln, deren Missbräuchlichkeit angenommenwird, sofern der Gewerbetreibende nicht das Gegenteil beweisen kann.b) Problem: RechtszersplitterungDie Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet derVerbraucherverträge weisen ausgeprägte Unterschiede auf, die zu merklichenWettbewerbsverzerrungen und Hindernissen für das reibungsloseFunktionieren des Binnenmarkts führen können (Erwägensgrund 6).Dies macht eine korrekte Belehrung, die sich an alle Verbraucher Euro-1VRRL-E, Begründung S. 3.


B. Aktuelle Gesetzesvorhaben 491pas richtet, so gut wie unmöglich. 1 Unternehmen, die ihre Waren oderDienstleistungen grenzüberschreitend anbieten wollen, müssen höhereKosten für die Einhaltung der Rechtsvorschriften aufwenden. DieRechtszersplitterung untergräbt auch das Vertrauen der Verbraucher inden Binnenmarkt (Erwägensgrund 7). <strong>Das</strong> grenzüberschreitende Potenzialdes Versandhandels, das zu den wichtigsten greifbaren Ergebnissendes Binnenmarkts gehören sollte, wird von den Verbrauchern nicht invollem Umfang ausgeschöpft. Im Vergleich zu dem erheblichen Wachstum,das in den letzten Jahren <strong>im</strong> inländischen Versandhandel verzeichnetwerden konnte, gab es <strong>im</strong> grenzüberschreitenden Versandhandelnur ein geringes Wachstum (Erwägensgrund 5).Die Diskrepanz zwischen den Wachstumsraten des Inlands- und desAuslandshandels zeigt sich be<strong>im</strong> Internethandel, bei dem das weitereWachstumspotenzial groß ist, besonders stark. Eine in allen 27 Mitgliedstaatendurchgeführte rechtsvergleichende Untersuchung der Umsetzungdes gemeinschaftlichen Besitzstands <strong>im</strong> Verbraucherrecht 2hatden Nachweis erbracht, dass die Rechtszersplitterung auf den häufigenRückgriff der Mitgliedstaaten auf die Mindestharmonisierungsbest<strong>im</strong>mungenin den überprüften Richtlinien zurückzuführen ist. 3Nach einer EU-Studie der Kommission aus dem Jahr <strong>2009</strong> wird Online-Shopping<strong>im</strong>mer beliebter, was sich u.a. daran zeigt, dass der Anteilder Verbraucher, die schon mal einen Artikel <strong>im</strong> Internet bestellthaben, <strong>im</strong> Zeitraum 2006 bis 2008 von 27 auf 33 % stieg. So haben inDeutschland, Frankreich und Großbritannien bereits 50 % der Internet-Nutzer eCommerce-Erfahrung, in den skandinavischen Ländern sind essogar über 90 %. Dennoch konnte der Anteil der grenzüberschreitendenEinkäufe <strong>im</strong> Internet zwischen 2006 und 2007 gerade ein Wachstumum 1 % (auf 7 %) verzeichnen. Die Gründe dafür sind jedoch nachAngabe der Befragten nicht sprachlicher Natur (so wäre jeder <strong>Dr</strong>ittebereit, günstige Waren <strong>im</strong> Ausland zu ordern und diese Einkäufe auchin einer Fremdsprache zu tätigen). Vielmehr verunsichern die unterschiedlichenVersand- und Portosysteme und Verbraucherschutzbest<strong>im</strong>mungenpotentielle Online-Käufer. Rechtliche Rahmenbedingungenzu Rückgabe, Mehrwertsteuer und Urheberrechten seien nicht EU-weitharmonisiert und führen zu schwerwiegenden Vertrauensdefiziten be<strong>im</strong>Verbraucher, so die Europäische Kommission. 41<strong>Föhlisch</strong>, MMR <strong>2009</strong>, 75. Dazu Teil 7 C I.2Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium.3<strong>Föhlisch</strong>, MMR <strong>2009</strong>, 75 f.4Report on cross-border e-commerce in the EU, SEC (<strong>2009</strong>) 283 final v.5.3.<strong>2009</strong>, COMMISSION STAFF WORKING DOCUMENT, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/consumers/strategy/docs/com_staff_wp<strong>2009</strong>_en.pdf (Stand: 7.4.<strong>2009</strong>).


492 Teil 7 – Ergebnisse und Ausblickc) Lösung: VollharmonisierungKonsequenz aus den Erkenntnissen der Kommission zur Rechtszersplitterungund entscheidende Neuerung der Richtlinie ist der sog. Vollharmonisierungsansatz.Mit dem VRRL-E wird das Mindestharmonisierungskonzeptaufgegeben (Erwägensgrund 2), auf dem die viergeltenden Richtlinien basieren (wonach die Mitgliedstaaten strengereinnerstaatliche Rechtsvorschriften beibehalten oder einführen können);er beruht vielmehr auf einem Konzept der vollständigen Harmonisierung(d.h. die Mitgliedstaaten dürfen keine Rechtsvorschriften beibehaltenoder einführen, die von denen der Richtlinie abweichen). 1<strong>Das</strong> Problem der Rechtszersplitterung könne von den einzelnen Mitgliedstaatennicht gelöst werden, da gerade deren unkoordinierterRückgriff auf die Mindestharmonisierungsbest<strong>im</strong>mungen der geltendenRichtlinien die Ursache des Problems der Rechtszersplitterung sei. Nurein koordiniertes Vorgehen der Gemeinschaft könne das Problem lösenund so einen Beitrag zur Vollendung des Binnenmarkts leisten. Dievollständige Harmonisierung einiger wesentlicher Aspekte der einschlägigenRegelungen werde die Rechtssicherheit für Verbraucher wie Unternehmenerheblich erhöhen (Erwägensgrund 8).Angesichts der besseren Geschäftsmöglichkeiten, die sich in vielenMitgliedstaaten bieten, sollten kleine und mittlere Unternehmen (auchEinzelunternehmer) oder Vertreter von Unternehmen, die <strong>im</strong> Direkthandeltätig sind, in stärkerem Maße bereit sein, in Grenzregionen nachneuen Geschäftsmöglichkeiten Ausschau zu halten. Deshalb werden dievollständige Harmonisierung der Verbraucherinformation und des<strong>Widerrufsrecht</strong>s in Verträgen, die <strong>im</strong> Fernabsatz oder außerhalb vonGeschäftsräumen geschlossen werden, zum besseren Funktionieren desBinnenmarkts für Geschäfte zwischen Unternehmen und Verbrauchernbeitragen (Erwägensgrund 5).Vor diesem Hintergrund regelt Art. 4 VRRL-E das Vollharmonisierungsprinzip:„Die Mitgliedstaaten dürfen keine von den Best<strong>im</strong>mungen dieserRichtlinie abweichenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften aufrechterhaltenoder einführen; dies gilt auch für strengere oder weniger strengeRechtsvorschriften zur Gewährleistung eines anderen Verbraucherschutzniveaus.“2. RegelungszweckeZweck des VRRL-E ist es, durch vollständige Harmonisierung der fürden Binnenmarkt relevanten wesentlichen Aspekte des Verbraucherver-1VRRL-E, Begründung S. 3.


B. Aktuelle Gesetzesvorhaben 493tragsrechts einen Beitrag zum ordnungsgemäßen Funktionieren desBinnenmarkts für Geschäfte zwischen Unternehmen und Verbrauchernzu leisten und ein gleichmäßig hohes Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten(Art. 1). Durch den Vorschlag soll eine einheitliche Regelungeingeführt werden, die es Gewerbetreibenden ermöglicht, ihreWaren an Verbraucher in 27 Mitgliedstaaten zu verkaufen, und zwargenau so, wie sie es zu Hause tun, also mit denselben allgemeinen Geschäftsbedingungenund demselben Informationsmaterial. Der Vorschlagwürde die Kosten, die für sie mit der Einhaltung von Rechtsvorschriftenverbunden sind, erheblich verringern und gleichzeitig denVerbrauchern umfassenden Schutz gewähren.3. AnwendungsbereichDer neue VRRL-E soll für die in der Richtlinie geregelte Verträge zwischenVerbrauchern und Gewerbetreibenden gelten.a) Verbraucher„Verbraucher“ ist gemäß Art. 2 Abs. 1 VRRL-E jede natürliche Person,die <strong>im</strong> Zusammenhang mit unter diese Richtlinie fallenden Verträgenzu Zwecken handelt, die nicht ihrer gewerblichen, geschäftlichen,handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.Anders als derzeit nach deutschem Recht (§ 13 BGB), das wegen desVollharmonisierungsprinzips entsprechend zu ändern wäre, ist also fürden Ausschluss der Verbrauchereigenschaft kein Zweck erforderlich,der der „selbständigen“ beruflichen Tätigkeit zugerechnet werdenkönnte. Arbeitnehmer, die Waren <strong>im</strong> Rahmen ihrer nichtselbstständigenTätigkeit bestellen, würden dann – anders als nach dem derzeitgeltenden deutschen Recht – nicht mehr unter den Verbraucherbegrifffallen. 1b) Gewerbetreibender§ 14 BGB spricht bislang nicht vom „Gewerbetreibenden“, sondernvom „Unternehmer“. Dieser Begriff wird <strong>im</strong> VRRL-E aufgegeben. GemäßArt. 2 Abs. 2 VRRL-E ist „Gewerbetreibender“ jede natürlicheoder juristische Person, die <strong>im</strong> Zusammenhang mit unter diese Richtliniefallenden Verträgen zu Zwecken handelt, die ihrer gewerblichen,geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnetwerden können, sowie jede Person, die <strong>im</strong> Namen oder <strong>im</strong> Auftrageines Gewerbetreibenden handelt. 21Kritisch hierzu Brönneke, <strong>Widerrufsrecht</strong> und Belehrungspflichten, S. 83.2<strong>Föhlisch</strong>, MMR <strong>2009</strong>, 75, 76.


494 Teil 7 – Ergebnisse und Ausblickc) Kein organisiertes FernabsatzsystemAnders als bislang nach deutschem Recht (§ 312b Abs. 1 S. 1 BGB) istfür einen Fernabsatzvertrag nach Art. 2 Abs. 6 VRRL-E kein „für denFernabsatz organisiertes Vertriebs- oder Dienstleistungssystem“ erforderlich.Vielmehr zählt als „Fernabsatzvertrag“ jeder Kauf- oderDienstleistungsvertrag, <strong>im</strong> Hinblick auf dessen Abschluss der Gewerbetreibendeausschließlich ein oder mehrere Fernkommunikationsmittelverwendet. Die Verbraucher sollen nicht deshalb ungeschützt sein, weilder Gewerbetreibende nur gelegentlich <strong>im</strong> Versandhandel tätig ist oderweil er ein organisiertes, von einem <strong>Dr</strong>itten betriebenes System wieetwa eine Online-Plattform nutzt (Erwägensgrund 13). <strong>Das</strong> Problem,dass Unternehmer durch den Einsatz von Boten oder Abholung derWare <strong>im</strong> Ladenlokal die Geltung des Fernabsatzrechts zu umgehenversuchen, geht der VRRL-E allerdings nicht an. 1d) Ausnahme für touristische DienstleistungenBest<strong>im</strong>mte Verträge sind vom sachlichen Anwendungsbereich des Fernabsatzrechtsausgenommen. So gelten die Art. 8 bis 19 (Vorschriften fürFernabsatzverträge) nicht für Fernabsatzverträge über die Erbringungvon Dienstleistungen in den Bereichen Unterbringung, Beförderung,Mietwagen, Lieferung von Speisen und Getränken sowie Freizeitgestaltung,sofern diese Verträge einen best<strong>im</strong>mten Erfüllungszeitpunkt oder–zeitraum vorsehen. (wie schon derzeit geregelt in § 312b Abs. 4 Nr. 6BGB)4. Definitionena) TextformDie derzeit in § 126b BGB geregelte Textform findet ihr Pendant in Art.2 Abs. 10 VRRL-E. Wie in der FARL spricht auch die neue Richtlinievon einem „dauerhaften Datenträger“ als jedes Instrument, das es demVerbraucher oder dem Gewerbetreibenden gestattet, an ihn persönlichgerichtete Informationen derart zu speichern, dass er sie in der Folge füreine für die Zwecke der Informationen angemessene Dauer einsehenkann, und das die unveränderte Wiedergabe der gespeicherten Informationenermöglicht. Erwägensgrund 16 konkretisiert die Begriffsbest<strong>im</strong>mungund nennt insbesondere best<strong>im</strong>mte Unterlagen auf Papier, USB-Sticks, CD-ROMs, DVDs, Speicherkarten und das Festplattenlaufwerkdes Computers, auf dem E-Mails oder PDF-Files gespeichert werden.Im deutschen Recht ist derzeit strittig, ob PDF-Files das Textformerfor-1<strong>Föhlisch</strong>, MMR <strong>2009</strong>, 75, 76.


B. Aktuelle Gesetzesvorhaben 495dernis waren, weil die Installation zusätzlicher Programme erforderlichist. 1b) VersteigerungAusführlich definiert wird der Begriff der Auktion, der in der Richtlinie<strong>im</strong>mer wieder eine Rolle spielt, z.B. weil hier das <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgeschlossensein soll. „Versteigerung“ ist nach Art. 2 Abs. 15 eine Verkaufsmethode,bei der Waren oder Dienstleistungen vom Gewerbetreibendenin einem auf konkurrierenden Geboten basierenden Verfahrenangeboten werden, das den Rückgriff auf Fernkommunikationsmitteleinschließen kann und bei dem derjenige, der das höchste Gebot abgibt,zum Erwerb der Waren oder Dienstleistungen verpflichtet ist; kommtein Rechtsgeschäft auf der Grundlage eines Angebots zum Festpreiszustande, so handelt es sich nicht um eine Versteigerung, auch wenndem Verbraucher die Möglichkeit eingeräumt wird, das Rechtsgeschäftin einem Bietverfahren abzuschließen. 2 Dies würde bedeuten, dass unterdem Auktionsbegriff – anders als nach derzeit geltendem deutschenRecht – auch eBay-Auktionen fallen würden (nicht hingegen Sofort-Käufe), mit der Konsequenz, dass Verbraucher bei solchen „Internetauktionen“kein <strong>Widerrufsrecht</strong> mehr geltend machen könnten.c) Öffentliche VersteigerungDem deutschen Begriff der Versteigerung i.S.v. § 156 BGB, die nach§ 312d Abs. 4 Nr. 5 vom <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgenommen sind, dürfte derneue Begriff der „öffentlichen Versteigerung“ entsprechen. Diesen definiertArt. 2 Abs. 16 als eine Verkaufsmethode, bei der ein GewerbetreibenderVerbrauchern, die der Versteigerung persönlich beiwohnen oderdenen diese Möglichkeit gewährt wird, Waren anbietet, und zwar ineinem vom Versteigerer durchgeführten, auf konkurrierenden Gebotenbasierenden Verfahren, bei dem derjenige, der das höchste Gebot abgibt,zum Kauf der Waren verpflichtet ist. In Anbetracht der Eigenartund Tradition von öffentlichen Versteigerungen kann der Versteigererdie Anschrift und Identität des Verkäufers, für den er die Waren verkauft,durch seine eigenen Kontaktangaben ersetzen (Erwägensgrund19, Art. 5 Abs. 2).d) VermittlerNeu ist auch der Begriff des „Vermittlers“, einem Gewerbetreibenden,der den Vertrag <strong>im</strong> Namen oder <strong>im</strong> Auftrag des Verbrauchers schließt(Art. 2 Abs. 19 VRRL-E). Dieser muss darüber informieren, dass er für1Vgl. Hoeren/Sieber/<strong>Föhlisch</strong>, Teil 13.4, Rn 216 m.w.N.2<strong>Föhlisch</strong>, MMR <strong>2009</strong>, 75, 76.


496 Teil 7 – Ergebnisse und Ausblickeinen anderen Verbraucher handelt, und dass der Verbraucher nicht denSchutz der Richtlinie genießt. Online-Handelsplattformen, die den Vertragnicht <strong>im</strong> Namen oder <strong>im</strong> Auftrag <strong>Dr</strong>itter abschließen, sollen nichtunter den Begriff des Vermittlers fallen (Erwägensgrund 20) Für Vermittlergelten spezielle Informationspflichten und Sanktionen bei Verstößengegen diese. Vor dem Abschluss des Vertrags klärt der Vermittler denVerbraucher darüber auf, dass er <strong>im</strong> Namen und <strong>im</strong> Auftrag eines anderenVerbrauchers handelt und dass der geschlossene Vertrag nicht alsVertrag zwischen einem Verbraucher und einem Gewerbetreibenden,sondern als Vertrag zwischen zwei Verbrauchern gelten wird und alssolcher nicht unter diese Richtlinie fällt (Art. 7 Abs. 1 VRRL-E). Kommtein Vermittler seiner Pflicht gemäß Absatz 1 nicht nach, so gilt der Vertragals in seinem eigenen Namen geschlossen (Art. 7 Abs. 2 VRRL-E).5. InformationspflichtenNeu ist, dass Informationspflichten nicht nur für Fernabsatzverträge,sondern für alle Verbraucherverträge vorgeschrieben werden. Vor demAbschluss eines Kauf- oder Dienstleistungsvertrags informiert der Gewerbetreibendegemäß Art. 5 Abs. 1 VRRL-E den Verbraucher überFolgendes, sofern sich diese Informationen nicht unmittelbar aus denUmständen ergeben: a) wesentliche Merkmale des Produktes; b) Anschriftund Identität; c) Preis einschließlich aller Steuern, Abgaben undVersandkosten; d) Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen; e) ggf.Bestehen des <strong>Widerrufsrecht</strong>s; f) ggf. Bestehen von Kundendienstleistungenund gewerblichen Garantien; g) ggf. Laufzeit und Kündigungsbedingungen;h) ggf. Mindestdauer; i) (neu hinzugekommen) „die Tatsache,dass der Gewerbetreibende vom Verbraucher die Stellung einerKaution oder die Leistung anderer finanzieller Sicherheiten verlangenkann, sowie die Bedingungen der Sicherheitsleistung.“a) Reduzierung des InformationsumfangsBegrüßenswert ist, dass zahlreiche Informationspflichten, die derzeit <strong>im</strong>deutschen Recht gemäß § 1 Abs. 1 BGB-InfoV gelten, weggefallen sind.aa) Weggefallene InformationenSo soll keine Pflicht mehr bestehen, zu informieren: über Unternehmensregisterund -nummer (Nr. 1), Vertreter in anderen Mitgliedsstaaten(Nr. 2), über die „ladungsfähige“ Anschrift (Nr. 3), darüber, wieder Vertrag zustande kommt (Nr. 4), über Leistungsvorbehalte, dienach deutschem Recht ohnehin nur sehr eingeschränkt möglich sind 11Vgl. BGH, NJW 2005, 3567 = BB 2005, 2487 = MMR 2005, 833 = CR 2006,74 (Ls.).


B. Aktuelle Gesetzesvorhaben 497(Nr. 6), über das „Nichtbestehen“ des <strong>Widerrufsrecht</strong>s (Nr. 10), überdie die Kosten des Fernkommunikationsmittels (Nr. 11) sowie über dieGültigkeitsbefristung (Nr. 12).Diese weggefallenen Informationspflichten ergeben sich allerdingszum Großteil aus anderen Gesetzen, wie z.B. die Nennung von Unternehmensregisterund –nummer aus § 5 Abs. 1 Nr. 4 TMG (zurückgehendauf die E-Commerce-Richtlinie), die Pflicht zur Nennung dertechnischen Schritte des Vertragsschlusses aus § 312e Abs. 1 S. 1 Nr. 2BGB i.V.m. § 3 Nr. 1 BGB-InfoV (zurückgehend auf die E-Commerce-Richtlinie), die Pflicht zur Nennung von Kosten des Fernkommunikationsmittelsz.B. aus § 66a TKG sowie weitere Informationspflichten ausder Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken <strong>im</strong> binnenmarktinternenGeschäftsverkehr zwischen Unternehmen undVerbrauchern. Gleichwohl ist begrüßenswert, dass Parallelpflichten,Doppelungen und Inkonsistenzen beseitigt werden. 1bb) Erleichterungen bei VersandkostenangabenZudem ergeben sich auch inhaltliche Erleichterungen, insbesondere beiden Preisangaben. So muss der Gewerbetreibende zwar wie derzeit nach§ 1 Abs. 1 Nr. 8 BGB-InfoV Liefer- und Versandkosten nennen, jedochin den Fällen, in denen diese Kosten „vernünftigerweise nicht <strong>im</strong> Vorausberechnet werden können“, nur die Tatsache, dass solche zusätzlichenKosten anfallen können (Art. 5 Abs. 1 c) VRRL-E). Dies dürfte inder Praxis insbesondere bei einem grenzüberschreitenden Versand eineRolle spielen, da es hier für Onlinehändler häufig sehr aufwändig ist,die genauen Lieferkosten abschließend zu ermitteln. Die Nichtnennungsolcher Kosten wurde sogar mehrfach als wettbewerbswidrig beurteilt. 2Wegen des Vollharmonisierungsgrundsatzes müssten demnach auch diedeutschen Regelungen der Preisangabenverordnung angepasst werden. 3cc) Keine Fristverlängerung bei PflichtverletzungArt. 6 VRRL-E knüpft anders als derzeit der deutsche § 312d Abs. 2S. 1 BGB keine Verlängerung der Widerrufsfrist an eine Verletzung derInformationspflichten, 4sondern schreibt in Abs. 1 nur fest, dass Zusatzkostenwie Versandkosten nicht verlangt werden können, wenn derGewerbetreibende hierüber nicht informiert. Allerdings enthält Art. 61<strong>Föhlisch</strong>, MMR <strong>2009</strong>, 75, 77.2KG, K&R 2007, 530 = MD 2007, 1146 = GRUR 2008, 87 = GRUR-RR 2008,23 = MMR 2008, 45 = WRP 2007, 1380 (Ls.) = NJW-RR 2008, 352; OLG Hamm,MMR 2007, 663 = CR 2008, 197 (Ls.); LG Lübeck, MMR 2008, 554 = K&R 2008,483; LG Berlin, Urteil v. 24.06.2008 – 16 O 894/07.3<strong>Föhlisch</strong>, MMR <strong>2009</strong>, 75, 77.4<strong>Föhlisch</strong>, MMR <strong>2009</strong>, 75, 77.


498 Teil 7 – Ergebnisse und AusblickAbs. 2 VRRL-E eine Öffnungsklausel, wonach sich die Folgen vonVerstößen gegen die in Artikel 5 geregelten Informationspflichten nachdem geltenden innerstaatlichen Recht best<strong>im</strong>men. Für den Fall einesVerstoßes gegen Artikel 5 sehen die Mitgliedstaaten in ihrem innerstaatlichenRecht wirksame vertragsrechtliche Rechtsbehelfe vor. Daherkönnten trotz Vollharmonisierung die deutschen Regelungen zur Fristverlängerungbei Verstößen gegen Informationspflichten <strong>im</strong> Fernabsatzund elektronischen Geschäftsverkehr evtl. aufrecht erhalten werden,was noch zu klären ist.b) Erleichterte Informationspflichten <strong>im</strong> FernabsatzArt. 9 VRRL-E regelt besondere Informationspflichten u.a. für Fernabsatz-Verträge.aa) Weniger InformationenZusätzlich zu den Informationen, die bei jedem Verbrauchervertragerteilt werden müssen, muss der Gewerbetreibende folgende Angabenmachen: a) zu den allgemeinen Informationen nach Art. 5 und 7 sowiezu „Modalitäten der Zahlung, Lieferung und Erfüllung in allen Fällen“;b) sofern ein <strong>Widerrufsrecht</strong> besteht, zu den Bedingungen und Verfahrender Ausübung dieses Rechts gemäß Anhang I der Richtlinie; c) Angabenzur „Geschäftsanschrift“; d) ggf. zu Verhaltenskodizes (bislanggeregelt in § 312e Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BGB i.V.m. § 3 Nr. 5 BGB-InfoV;e) (neu geregelt) zur Möglichkeit der gütlichen Beilegung von Streitigkeiten;f) dazu, dass der Vertrag mit einem Gewerbetreibenden geschlossenwird und dass der Verbraucher infolgedessen den Schutzdieser Richtlinie genießt (eine ähnliche Pflicht, über den „kommerziellenZweck“ des Vertrages aufzuklären, enthält derzeit § 312c Abs. 1BGB). Insbesondere die reduzierte Informationspflicht zum <strong>Widerrufsrecht</strong>würde erhebliche Erleichterungen bringen.bb) ZweistufigkeitDie bislang in Art. 4 und 5 FARL bzw. <strong>im</strong> deutschen Recht in § 312cAbs. 1 und 2 BGB geregelte Zweistufigkeit von vorvertraglicher flüchtigerInformation und Mitteilung der Informationen auf einem dauerhaftenDatenträger bzw. in Textform ist nun vereinfacht in dem neuen Art.11 VRRL-E mit der Überschrift „Formvorschriften bei Fernabsatzverträgen“geregelt. 1 Hier ergeben sich eine Reihe von Erleichterungen fürUnternehmer bzw. Gewerbetreibende. Weggefallen ist zunächst das ausder FARL stammende und in § 312c Abs. 1 BGB festgeschriebeneMerkmal „klar und verständlich“. Stattdessen heißt es in Art. 11 Abs. 11<strong>Föhlisch</strong>, MMR <strong>2009</strong>, 75, 76.


B. Aktuelle Gesetzesvorhaben 499VRRL-E nur noch: „Bei Fernabsatzverträgen sind die in Artikel 9Buchstabe a vorgeschriebenen Informationen dem Verbraucher vordem Abschluss des Vertrags in einer den benutzten Fernkommunikationsmittelnangepassten Weise zu erteilen oder verfügbar zu machen; siemüssen in einfacher und verständlicher Sprache abgefasst und lesbarsein.“cc) „Sprechende Links“ genügenBesonders bemerkenswert ist jedoch eine deutliche Reduzierung dervorvertraglichen Informationspflichten <strong>im</strong> M-Commerce oder in TV-Spots. Hier sollen künftig nur noch wesentliche Merkmale der Waresowie der Gesamtpreis genannt werden müssen, auf die übrigen Informationenkann verlinkt werden. Damit wird in Art. 11 Abs. 3 VRRL-Eder vom BGH 1 <strong>im</strong> deutschen Recht schon etablierte „sprechende Link“<strong>im</strong> europäischen Recht festgeschrieben. 2Der europäische Gesetzgeberwill damit bei Fernabsatzverträgen die Informationspflichten so anpassen,dass den technischen Zwängen, denen best<strong>im</strong>mte Medien unterworfensind, Rechnung getragen werden kann, z. B. der beschränktenAnzahl der Zeichen auf best<strong>im</strong>mten Displays von Mobiltelefonen oderdem Zeitrahmen, dem Werbespots <strong>im</strong> Fernsehen unterliegen. In diesemFall sollte sich der Gewerbetreibende an Mindestanforderungen hinsichtlichder Information halten und die Verbraucher an eine andereInformationsquelle verweisen, z. B. durch Angabe einer gebührenfreienTelefonnummer oder eines Hypertext-Links zu einer Webseite des Gewerbetreibenden,auf der die einschlägigen Informationen unmittelbarabrufbar und leicht zugänglich sind (Erwägensgrund 21). 3dd) Bestätigung in TextformWie schon nach der FARL und § 312c Abs. 2 BGB sind die Informationeneinschließlich der Widerrufsbelehrung dem Verbraucher gemäßArt. 11 Abs. 4 VRRL-E auf einem dauerhaften Datenträger spätestensbei Lieferung der Waren zu bestätigen. Eine Monatsfrist bei Belehrungnach Vertragsschluss sieht die Richtlinie nicht vor, so dass diese deutscheVorschrift spätestens bei Inkrafttreten der Richtlinie aufgehobenwerden müsste. 4Nach Art. 11 Abs. 5 VRRL-E dürfen die Mitgliedsstaatenausdrücklich keine weiteren Formvorschriften erlassen.1BGH, WRP 2005, 886 und BGH NJW 2006, 3633.2<strong>Föhlisch</strong>, MMR <strong>2009</strong>, 75, 76.3<strong>Föhlisch</strong>, MMR <strong>2009</strong>, 75, 76.4Für Oktober <strong>2009</strong> ist allerdings ohnehin schon eine Änderung des § 355 Abs. 2S. 2 BGB vorgesehen. Dazu gleich Teil 7 B I.


500 Teil 7 – Ergebnisse und Ausblick6. <strong>Widerrufsrecht</strong>a) Dauer und Beginn der WiderrufsfristGemäß Art. 12. Abs. 1 VRRL-E verfügt der Verbraucher über eineeuropaweit einheitliche Widerrufsfrist von vierzehn Tagen. Derzeitvariieren die Widerrufsfristen in den 27 Mitgliedsstaaten zwischen 7Werktagen, 8 Tagen, 10 Tagen, 10 Werktagen, 14 Tagen und 15 Tagen.Die Neuregelung macht eine einheitliche Belehrung möglich, diesich an alle Verbraucher Europas richtet. Betrifft der Fernabsatzvertragden Kauf von Waren, so beginnt die Widerrufsfrist an dem Tag zulaufen, an dem der Verbraucher oder ein vom Verbraucher benannter<strong>Dr</strong>itter, der nicht der Beförderer ist, in den Besitz der einzelnen bestelltenWaren gelangt. Betrifft der Fernabsatzvertrag die Erbringung vonDienstleistungen, so beginnt die Widerrufsfrist am Tag des Vertragsschlusseszu laufen (Art. 12 Abs. 2 VRRL-E).b) Fristverlängerung bei Nichtaufklärung über das <strong>Widerrufsrecht</strong>Eine Verknüpfung des Beginns der Widerrufsfrist und der Erfüllung derInformationspflichten wie bislang <strong>im</strong> deutschen Recht sieht die Richtlinienicht vor. Stattdessen gilt einheitlich eine Verlängerung der Frist aufdrei Monate bei Nichtaufklärung über das <strong>Widerrufsrecht</strong>. Hat derGewerbetreibende den Verbraucher unter Verstoß gegen die Artikel 9Buchstabe b, 10 Absatz 1 und 11 Absatz 4 nicht über sein <strong>Widerrufsrecht</strong>aufgeklärt, so läuft die Widerrufsfrist drei Monate nach dem Tagab, an dem der Gewerbetreibende seinen anderen vertraglichen Verpflichtungenin vollem Umfang nachgekommen ist (Art. 13 VRRL-E).Wegen des Vollharmonisierungsgrundsatzes dürften die in Deutschlandderzeit geregelten Fristverlängerungen auf einen Monat (§ 355 Abs. 2S. 2 BGB), sechs Monate (§ 312e Abs. 3 S. 2 bzw. § 312d Abs. 2 S. 1i.V.m. 355 Abs. 3 S. 1 BGB) oder auf unbest<strong>im</strong>mte Zeit (§ 355 Abs. 3S. 3 BGB) ab Inkrafttreten der Richtlinie nicht aufrecht erhalten werden.1Unklar ist allerdings noch das Verhältnis zu der Öffnungsklausel desArt. 6 Abs. 2 VRRL-E, wonach sich die Sanktionen bei Verletzung vonInformationspflichten nach innerstaatlichem Recht best<strong>im</strong>men. NachErwägensgrund 27 will der europäische Gesetzgeber auch in zeitlicherHinsicht Rechtssicherheit gewährleisten, so dass eine Begrenzung derFrist auf drei Monate in Fällen eingeführt wird, in denen der Gewerbetreibendeseine vertraglichen Pflichten in vollem Umfang erfüllt hat. Essollte davon ausgegangen werden, dass der Gewerbetreibende seinenPflichten in vollem Umfang nachgekommen ist, wenn er die vom1<strong>Föhlisch</strong>, MMR <strong>2009</strong>, 75, 77.


B. Aktuelle Gesetzesvorhaben 501Verbraucher bestellten Waren geliefert oder die bestellten Dienstleistungenvollständig erbracht hat, so der europäische Gesetzgeber. Diesspricht dagegen, dass die nationalen Rechte längere Fristen aufrechterhalten können.c) Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>esAnders als bislang nach deutschem Recht ist ein Widerruf durch bloßeRücksendung der Ware (§ 355 Abs. 1 S. 2, § 356 BGB) nach demRichtlinienentwurf nicht mehr möglich. Vielmehr muss der Verbraucherden Widerruf auf einem dauerhaften Datenträger erklären (wieunter geltendem Recht der – alternative – Widerruf in Textform), undzwar entweder in einer an den Gewerbetreibenden gerichteten Erklärung,die er selbst formuliert, oder indem er das Standard-Widerrufsformular des Anhangs I Teil B verwendet. Dies regelt Art. 14VRRL-E. Die Mitgliedstaaten legen für dieses Standard-Widerrufsformularkeine weiteren Formvorschriften fest.aa) Standard-Widerrufsformular<strong>Das</strong> Standard-Formular geht allerdings <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong> völlig an derRealität vorbei. Hier wäre eine Standard-Belehrung wünschenswertgewesen, das den Unternehmer vor Abmahnungen schützt, nicht jedochein Widerrufsformular, das der Verbraucher ohnehin nicht nutzenwird. 1 Entgegen Erwägensgrund 28 wird die Einführung eines harmonisiertenStandard-Formulars für den Widerruf des Verbrauchers dasWiderrufsverfahren nicht vereinfachen oder für Rechtssicherheit sorgen.Denn dem Verbraucher sollen gerade möglichst wenig formelleAuflagen gemacht werden, ein schlichtes Rückzahlungsbegehren beiRücksendung der Ware sollte genügen. 2bb) Widerruf über WebsiteArt. 14 Abs. 2 sieht die Möglichkeit vor, ein Standard-Widerrufsformularauf der Website des Gewerbetreibenden auszufüllen und abzuschicken.In diesem Fall hat der Gewerbetreibende dem Verbraucherunverzüglich per E-Mail eine Bestätigung über den Eingang seines Widerrufszu übermitteln. Ein derartiges Online-Formular dürfte allerdingszu erheblichen Beweisproblemen führen, da solche Formulare beiunseriösen Unternehmern nicht mehr vorhanden sein werden undselbst lautere Händler werden versucht sein, den Widerruf des Verbrauchers<strong>im</strong> virtuellen Nirvana des Internets verschwinden zu lassen. 3 Die1<strong>Föhlisch</strong>, MMR <strong>2009</strong>, 75, 77.2<strong>Föhlisch</strong>, MMR <strong>2009</strong>, 75, 77 f.3<strong>Föhlisch</strong>, MMR <strong>2009</strong>, 75, 78.


502 Teil 7 – Ergebnisse und AusblickBegründung in Erwägensgrund 29, dass erfahrungsgemäß vieleVerbraucher und Gewerbetreibende die Kommunikation über die Websitedes Gewerbetreibenden vorziehen, offenbart, dass hier keine mitden Gefahren des Internets vertrauten Autoren am Werk waren.d) Rückabwicklung des widerrufenen VertragesBegrüßenswert sind die klaren Regelungen zu den Wirkungen des Widerrufs(Art. 15), sowie den Pflichten des Gewerbetreibenden (Art. 16)und des Verbrauchers <strong>im</strong> Widerrufsfall (Art. 17). So enden gem. Art. 15a) VRRL-E mit der Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s die Verpflichtungender beiden Vertragsparteien, den Vertrag zu erfüllen. Der Verbraucherhat die erhaltene Ware binnen vierzehn Tagen zurückzusenden und derGewerbetreibende hat jede Zahlung, die er vom Verbraucher erhaltenhat, binnen dreißig Tagen ab dem Tag zurückzuzahlen, an dem dieMitteilung über den Widerruf bei ihm eingegangen ist. Die bislang <strong>im</strong>deutschen Recht nicht umgesetzte 1 30-Tage-Frist wird per Vollharmonisierungnun noch einmal verbindlich festgeschrieben.aa) Unternehmer trägt HinsendekostenAus Erwägensgrund 30 ergibt sich, dass „der Gewerbetreibende alleZahlungen, die er vom Verbraucher erhalten hat, zurückerstatten [hat];hierzu gehören auch Zahlungen für Aufwendungen des Gewerbetreibenden<strong>im</strong> Zusammenhang mit der Lieferung der Waren an denVerbraucher.“ <strong>Das</strong> bedeutet, dass zu den zurück zu erstattenden Zahlungenauch die „Hinsendekosten“ gehören. Für die Frage, wie Art. 6Abs. 2 FARL zu diesem Aspekt auszulegen ist, 2ist die Regelung <strong>im</strong>VRRL-E als bloßer Entwurf jedoch unergiebig.bb) Zurückbehaltungsrecht des UnternehmersEine weitere Neuerung gegenüber der FARL ist auch das ausdrücklichgeregelte Zurückbehaltungsrecht des Gewerbetreibenden hinsichtlichdes Kaufpreises für den Fall, dass er die Ware noch nicht zurück erhaltenhat. Bei Kaufverträgen braucht der Gewerbetreibende die Rückzahlungerst zu leisten, wenn er die Waren wieder zurückerhalten oderabgeholt hat bzw. wenn der Verbraucher den Nachweis erbracht hat,dass er die Waren zurückgeschickt hat, je nachdem, welches der frühereZeitpunkt ist (Art. 16 Abs. 2 VRRL-E). Dadurch wird gewährleistet,dass der Verbraucher die Ware überhaupt zurückschickt und dass der1Kritisch dazu zu Recht schon Artz, VuR 1999, 249. Vgl. Teil 4 A III 1.2Vgl. BGH, NJW <strong>2009</strong>, 66; OLG Karlsruhe, K&R 2007, 586 = MMR 2008, 46m. Anm. Würdinger/Ringshandl = CR 2008, 118 = VuR 2008, 75 = NJW-RR 2008,1016; LG Karlsruhe, MMR 2006, 245 m. Anm. Kazemi.


B. Aktuelle Gesetzesvorhaben 503Gewerbetreibende sie auf Beschädigungen und Gebrauchsspuren untersuchenkann. 1cc) Rücksendefrist für den VerbraucherNeu ist auch eine Frist zur Rücksendung der Ware für den Verbraucher.Die 30-Tage-Frist galt schon bislang nur für Zahlungsverpflichtungen.Hat bei Kaufverträgen der Verbraucher oder auf dessenWunsch ein <strong>Dr</strong>itter vor dem Ablauf der Widerrufsfrist den Besitz anden Waren erlangt, so hat der Verbraucher gemäß Art. 17 Abs. 1VRRL-E die Waren binnen vierzehn Tagen ab dem Tag, an dem er demGewerbetreibenden seinen Widerruf mitteilt, an den Gewerbetreibendenoder eine von diesem zur Entgegennahme ermächtigten Personzurückzusenden oder zu übergeben, es sei denn, der Gewerbetreibendehat angeboten, die Waren selbst abzuholen. Damit ein Gewerbetreibendereinem Verbraucher, der die Ware nicht zurückgegeben hat, denPreis nicht erstatten muss, soll der Verbraucher verpflichtet werden, dieWare spätestens vierzehn Tage nach dem Tag zurückzusenden (Erwägensgrund32).dd) Verbraucher trägt RücksendekostenAls Ausgleich dafür, dass der Unternehmer die Hinsendekosten trägt,soll der Verbraucher nach Art. 17 Abs. 1 VRRL-E stets die Rücksendekostenzu tragen. Diese Regelung gilt zwar bislang schon in den meistenMitgliedsstaaten, wegen des Mindestharmonisierungsprinzips derFARL haben Staaten wie Deutschland und Finnland jedoch abweichendeRegelungen erlassen und <strong>im</strong> Regelfall dem Unternehmer die Rücksendekostenauferlegt. Wegen des Vollharmonisierungsprinzips dürftensolche nationalen Vorschriften zulasten des Unternehmers nicht weiteraufrecht erhalten werden. 2ee) Verbraucher haftet für WertverlustDer bislang <strong>im</strong> deutschen Recht strittige 3Wertersatzanspruch des Gewerbetreibendengegen den Verbraucher für die Nutzung der Warewährend der Widerrufsfrist wird ausdrücklich in der Richtlinie festgeschrieben.Nach Art. 17 Abs. 2 VRRL-E haftet der Verbraucher füreinen etwaigen Wertverlust der Waren jedoch nur, wenn dieser Wertverlustauf einen zur Prüfung der Eigenschaften und des Funktionierensder Waren nicht notwendigen Umgang mit ihnen zurückzuführen ist. Erhaftet ferner nicht für den Wertverlust, wenn er vom Gewerbetreiben-1<strong>Föhlisch</strong>, MMR <strong>2009</strong>, 75, 78.2<strong>Föhlisch</strong>, MMR <strong>2009</strong>, 75, 78.3Vgl. Teil 4 D I 1 c) und Teil 4 D II 1.


504 Teil 7 – Ergebnisse und Ausblickden nicht gemäß Artikel 9 Buchstabe b über sein <strong>Widerrufsrecht</strong> aufgeklärtwurde.Der Gesetzgeber meint, wenn der Verbraucher Art und Funktionsweiseeiner Ware feststellen will, sollte er mit ihr so umgehen oder sieso ausprobieren, wie er das in einem Geschäft tun dürfte. So sollte derVerbraucher beispielsweise ein Kleidungsstück nur anprobieren, nichtjedoch tragen dürfen (Erwägensgrund 31). Unklar bleibt – wie bislang –jedoch die genaue Abgrenzung zwischen Prüfung, Ingebrauchnahmeund Nutzung sowie die Frage, was genau in einem „Geschäft“ mitWaren getan werden darf, zumal es ganz verschiedene Arten von Geschäftengibt. 1e) Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong>Mehr als enttäuschend ist die Neuregelung der Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong><strong>im</strong> Fernabsatz. Zu diesem besonders kritischen Bereich ist eineVielzahl von Stellungnahmen von Handelsverbänden eingegangen, diesich eine Erweiterung oder zumindest Klarstellung der bislang geltendenAusnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> gewünscht hatten. 2aa) Keine Regelung für Hygieneprodukte und Arzne<strong>im</strong>ittelViele Interessenvertreter der Wirtschaft sprechen sich dafür aus, dasseine zusätzliche Ausnahme vom <strong>Widerrufsrecht</strong> für solche Artikel eingeführtwird, die aus Hygiene-, Gesundheits- oder Sicherheitsgründennach einer Nutzung nicht wieder verkauft werden können. 3Genanntwerden exemplarisch Unterwäsche und Badetextilien, Hygieneartikel,angebrochene Parfümflaschen, Arzne<strong>im</strong>ittel, Lebensmittel, unabhängigvom Haltbarkeitsdatum oder Piercingschmuck. Solche Produkte könnenderzeit nicht mit hinreichender Gewissheit unter die Ausnahme fürdie Waren, die „aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht zur Rücksendunggeeignet“ sind, subsumiert werden. Denkbar wäre aus Sicht der Wirtschaftalternativ zu einer konkreten Erweiterung des Ausnahmekatalogesauch die Einführung einer generellen Ausnahme in Art. 6 FARL fürsolche Fälle, in denen die Ware aufgrund ihres Zustands zum Weiterverkaufungeeignet ist. 4 Vorgeschlagen wird zudem eine generelle Ausnahmefür geringwertige Transaktionen. 51<strong>Föhlisch</strong>, MMR <strong>2009</strong>, 75, 78 f.2<strong>Föhlisch</strong>, MMR <strong>2009</strong>, 75, 79.3BRD-Stellungnahme v. 21.09.2006, S. 7.4WBZ-Stellungnahme v. 20.11.2006, S. 5 f.5Summary of Responses, p. 11., s. a. <strong>Föhlisch</strong>, MMR <strong>2009</strong>, 75, 79.


B. Aktuelle Gesetzesvorhaben 505bb) Streichung der Ausnahme „zur Rücksendung nicht geeignet“Statt sich dem Problem zu stellen und eine politische Entscheidung zutreffen hat die Kommission beschlossen, die praktisch bedeutsamsteAusnahme für die Waren, die „aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht zurRücksendung geeignet“ sind ersatzlos zu streichen. Zur Begründungheißt es, der Händler könne Wertersatz verlangen, wenn die Waredurch Eingriffshandlungen des Verbrauchers wertlos geworden sei.Diese Sichtweise verkennt allerdings, dass damit der Verbraucher aberschlechter gestellt wäre, als wenn er von vornherein darüber informiertworden wäre, dass ein best<strong>im</strong>mter Nutzungsumfang zum Ausschlussdes <strong>Widerrufsrecht</strong>s führen kann. Die Schlechterstellung ergibt sich ausder Tatsache, dass der Verbraucher die Ware bei Kenntnis ggf. weiterverwendet hätte oder er – wenn er die Ware an den Unternehmer zurückgesandthätte und erst dann erfährt, dass er den Kaufpreis nichtzurückerhält – eventuell einen Anspruch auf Herausgabe des wertlosgewordenen Gegenstands geltend machen muss. 1Es bleibt zu hoffen, dass die Abgeordneten des Europäischen Parlamentsdieses Problem erkennen und die Ausnahme wieder in die Richtlinieaufnehmen und idealerweise weiter konkretisieren. 2cc) Weitgehend unveränderter AusnahmenkatalogIm Einzelnen soll nach Art. 19 VRRL-E das <strong>Widerrufsrecht</strong> bei folgendenVerträgen ausgeschlossen sein, wenn:a) die Ausführung von Dienstleistungen bereits vor dem Ablaufder in Artikel 12 genannten vierzehntägigen Frist begonnen und derVerbraucher dieser Ausführung zuvor ausdrücklich zugest<strong>im</strong>mt hat(wie derzeit in § 312d Abs. 3 Nr. 2 BGB geregelt). Die geplantenÄnderungen des Gesetzes zur Verbesserung des Verbraucherschutzesbei besonderen Vertriebsformen müssten also bei Inkrafttretender Richtlinie wegen des Vollharmonisierungsprinzips wieder rückgängiggemacht werden. Da der europäische Gesetzgeber ausweislichErwägensgrund 34 unter Dienstleistungen auch Datensätze, dieder Verbraucher während der Widerrufsfrist herunterlädt, versteht,wären die Bemühungen des deutschen Gesetzgebers, Internet-Vertragsfallen in den Griff zu bekommen, damit zunichte gemacht.b) Waren oder Dienstleistungen geliefert werden, deren Preis vonSchwankungen auf dem Finanzmarkt abhängt, auf die der Gewerbetreibendekeinen Einfluss hat (wie derzeit in § 312d Abs. 4 Nr. 6geregelt, Ausnahme stammt eigentlich aus der FARLFDL);1WBZ-Stellungnahme v. 20.11.2006, S. 11.2<strong>Föhlisch</strong>, MMR <strong>2009</strong>, 75, 79.


506 Teil 7 – Ergebnisse und Ausblickc) Waren geliefert werden, die nach Kundenspezifikation angefertigtwerden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnittensind oder die schnell verderben können oder deren Verfallsdatumüberschritten würde (wie derzeit in § 312d Abs. 4 Nr. 1BGB geregelt, Variante 3 „zur Rücksendung nicht geeignet“ ersatzlosgestrichen);d) Wein geliefert wird, dessen Preis be<strong>im</strong> Abschluss des Kaufvertragsvereinbart wurde, dessen Lieferung aber erst nach Ablauf derin Artikel 22 Absatz 1 genannten Frist erfolgen kann und dessenaktueller Wert von Schwankungen auf dem Markt abhängt, auf dieder Gewerbetreibende keinen Einfluss hat (neue Ausnahme);e) Ton- oder Videoaufnahmen oder Computersoftware in einer versiegeltenPackung geliefert wurden und der Verbraucher die Versiegelungentfernt hat (wie derzeit in § 312d Abs. 4 Nr. 2 BGB geregelt,Klarstellung, dass Datenträger versiegelt geliefert werden müssen);f) Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierte geliefert werden (wiederzeit in § 312d Abs. 4 Nr. 3 BGB geregelt);g) Wett- und Lotterie-Dienstleistungen erbracht werden (wie derzeitin § 312d Abs. 4 Nr. 4 BGB geregelt);h) Verträge auf einer Versteigerung geschlossen werden (wie derzeitin § 312d Abs. 4 Nr. 5 BGB geregelt, allerdings wären eBay-Versteigerungen künftig ausgenommen, da der Bezug auf § 156BGB wegfällt).dd) Neues LobbyistenwerkDie Ausnahmen d) und h) zeigen einmal mehr, dass der Ausnahmekatalogkeiner gerechten Systematik folgt, sondern nichts weiter als Lobbyistenwerkist. Warum eBay-Versteigerungen ausgenommen sein sollen,Kaufverträge über Arzne<strong>im</strong>ittel, Friteusen, Deoroller oder Dildos, die inOnlineshops erworben und während der Widerrufsfrist genutzt werdenjedoch nicht, lässt sich nur so erklären, dass eBay gute Lobbyarbeitgeleistet hat.Geradezu skandalös ist es, dass Verträge über Wein vom <strong>Widerrufsrecht</strong>ausgenommen werden, wenn der Wein später als 30 Tage geliefertwird. Dies kann sich der Verfasser nur so erklären, dass der EU-Beamte, der die Richtlinie geschrieben hat, von der Weinhändlerlobbyeine Kiste Wein geschickt bekommen und diese vor Abfassen des Richtlinienentwurfsausgetrunken hat. Im nüchternen Zustand wäre mannicht auf die Idee gekommen, eine solch offensichtliche Lobby-Klauselallen Ernstes vorzuschlagen, ohne die anderen bestehenden Ausnahmengründlich zu überarbeiten, wie es dringend geboten gewesen wäre. 11<strong>Föhlisch</strong>, MMR <strong>2009</strong>, 75, 79.


C. Europäisches Recht 507Die bislang in § 312b Abs. 3 Nr. 5 verankerte „Pizza-Klausel“ findetsich nun in Art. 19 Abs. 2 a) VRRL-E. Bei außerhalb von Geschäftsräumengeschlossenen Verträgen ist das <strong>Widerrufsrecht</strong> ausgeschlossenbei Verträgen über die Lieferung von Lebensmitteln, Getränken odersonstigen Haushaltsgegenständen des täglichen Bedarfs, die derVerbraucher zuvor unter Einsatz von Fernkommunikationsmittel ausgewählthat und die der Gewerbetreibende, der solche Waren in derRegel in seinen eigenen Geschäftsräumen verkauft, direkt dort abliefert,wo der Verbraucher wohnt, sich aufhält oder arbeitet.C. Europäisches RechtC. Europäisches RechtViele Online-Händler sind bestrebt, neue Märkte <strong>im</strong> europäischen Auslandoder sogar weltweit zu erschließen. Untersuchungen der EuropäischenKommission zufolge zeigt sich jedoch gerade be<strong>im</strong> Internethandeltrotz starken Wachstumspotenzials eine besonders starke Diskrepanzzwischen den Wachstumsraten des Inlands- und des Auslandshandels. 1Hier ist die Rechtslage in den Mitgliedsstaaten stark zersplittert. Eine inallen 27 Mitgliedstaaten durchgeführte rechtsvergleichende Untersuchungder Umsetzung des gemeinschaftlichen Besitzstands <strong>im</strong> Verbraucherrechte2 hat gezeigt, dass die Rechtszersplitterung auf den häufigenRückgriff der Mitgliedstaaten auf die Mindestharmonisierungsbest<strong>im</strong>mungenin den überprüften Richtlinien zurückzuführen ist.Richtige, aber umstrittene Konsequenz aus den Erkenntnissen derKommission zur Rechtszersplitterung und entscheidende Neuerung desVRRL-E ist der Vollharmonisierungsansatz. Mit dem VRRL-E wird dasMindestharmonisierungskonzept aufgegeben, 3 auf dem auch die FARLbasiert (wonach die Mitgliedstaaten strengere innerstaatliche Rechtsvorschriftenbeibehalten oder einführen können); er beruht vielmehr aufeinem Konzept der vollständigen Harmonisierung. Vor diesem Hintergrundregelt Art. 4 VRRL-E, dass die Mitgliedstaaten keine von denBest<strong>im</strong>mungen der Richtlinie abweichenden innerstaatlichen Rechtsvorschriftenaufrechterhalten oder einführen dürfen, was auch für strengereoder weniger strenge Rechtsvorschriften zur Gewährleistung einesanderen Verbraucherschutzniveaus gilt.Unmittelbar nach seiner Präsentation erfuhr der VRRL-E jedoch bereitsKritik auf nationaler Ebene. <strong>Das</strong> BMJ erklärte, für Deutschlandhätte die von der Kommission geplante Vollharmonisierung zur Folge,1Vgl. Erwägensgründe 6 und 7 VRRL-E.2Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium.3Erwägensgrund 2 VRRL-E.


508 Teil 7 – Ergebnisse und Ausblickdass bewährte deutsche Verbraucherschutzregelungen des deutschenRechts geändert oder sogar aufgehoben werden müssten, z.B. das unbefristete<strong>Widerrufsrecht</strong> bei nicht ordnungsgemäßer Belehrung oder dieEinführung der Rügefrist bei Lieferung mangelhafter Ware. 1 Nach Ansichtdes Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) gefährde derEntwurf gar „wesentliche Errungenschaften <strong>im</strong> nationalen Verbraucherschutz“.2Kritisiert wird insbesondere die Abschaffung des <strong>Widerrufsrecht</strong>sbei Internetauktionen, ein Ende der kostenlosen Rücksendungvon Waren <strong>im</strong> Versandhandel, ein Stopp der Pläne zum besserenSchutz vor unerwünschter Telefonwerbung sowie Unklarheiten überdas Bestehen des <strong>Widerrufsrecht</strong>s bei Strom- und Gaslieferungsverträgen.Der DIHK kritisiert hingegen als inakzeptabel, dass künftig unsinnigerweiseauch für Hygieneartikel, Arznei- und Lebensmittel das <strong>Widerrufsrecht</strong>bei Fernabsatzverträgen gelten soll. 3 Ebenso unverständlichsei ein Verfahren, das die Möglichkeit geben soll, am EU-Parlamentvorbei <strong>im</strong> Komitologieverfahren eine Liste unwirksamer Vertragsklauselnfortzuschreiben, kritisiert der DIHK. Auch der Bundesrat lehnteden Entwurf der VRRL ab. 4Hier stellt sich jedoch die Frage, ob bei derzeitiger Rechtslage eingrenzüberschreitender <strong>Onlinehandel</strong> innerhalb Europas überhauptmöglich ist oder ob nicht die Zersplitterung der Rechtslage dazu führt,dass die Ziele zahlreicher EU-Richtlinien, diesen Handel zu fördern,nicht erreicht werden können. Dabei ist zunächst das anwendbareRecht zu klären und sodann der Versuch zu unternehmen, eine Belehrung,die sich an Verbraucher aus allen europäischen Staaten richtet, zuentwerfen.I. Anwendbares RechtKeine Anwendung auf Verbraucherverträge finden das UN-Kaufrechtund das Herkunftslandprinzip aus dem ECRL. 5 In Betracht kommen dieVorschriften des EGBGB. Der Katalog des Art. 29 Abs. 1 EGBGB istabschließend. Die Sonderanknüpfung nach Art. 29 EGBGB ist zwar1BMJ-PM: „Zypries: EU darf deutschen Verbraucherschutz nicht aushöhlen!“ v.8.10.2008, http://www.bmj.bund.de/ (Stand: 7.4.<strong>2009</strong>).2vzbv-PM: „EU-Harmonisierungspläne gefährden Verbraucherschutz“ v. 7.10.2008, http://www.vzbv.de/start/index.php?page=themen&bereichs_id=1&themen_id=3&mit_id=1064&task=mit (Stand: 7.4.<strong>2009</strong>).3„Nachgefragt: Noch einige Haken“ – <strong>Dr</strong>. Christian Groß (DIHK), F.A.Z. v. 15.10.2008, S. 23.4BR- <strong>Dr</strong>ucks. 765/08 und Pressemitteilung des Bundesrates Nr. 43/<strong>2009</strong> v.6.3.<strong>2009</strong>, abrufbar unter http://www.bundesrat.de/cln_090/nn_8538/DE/presse/pm/<strong>2009</strong>/043-<strong>2009</strong>.html?__nnn=true (Stand: 7.4.<strong>2009</strong>).5vgl. § 3 Abs. 3 TMG.


C. Europäisches Recht 509gegenüber den Art. 27, 28 EGBGB lex specialis. Dennoch ist eineRechtswahl möglich. Eine solche Rechtswahl unterliegt dann den Einschränkungendes Art. 29 EGBGB. Die Produktdarstellung und Bestellmöglichkeiteines gängigen Online-Shops ist sowohl ein „Angebot“als auch eine „Werbung“ <strong>im</strong> Sinne des Art. 29 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB. 1Nicht jede Produktpräsentation auf einer Website unabhängig vonihrem länderspezifischen Zuschnitt stellt eine Werbung <strong>im</strong> Verbraucherstaati. S. d. Art. 29 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB dar. 2 Aus den Materialienzu Art. 5 EVÜ, dessen Umsetzung Art. 29 EGBGB darstellt, wird dieBedeutung der Zielrichtung des Angebots bzw. der Werbung deutlich. 3Diese Voraussetzungen sind mit der bloßen Einrichtung eines Online-Shops jedoch keinesfalls gegeben.Kaum eine Information über die Ausrichtung liefern der Serverstandort,4 die Sprache 5 und der verwendete Top-Level-Domain. Für eineräumliche Begrenzung der Werbung können ausdrückliche Hinweisedes Anbieters wie die Begrenzung des Liefergebietes sorgen. 6 Wer allerdingsals Händler seinen Online-Shop derart ausgestaltet, dass Verträgeper automatisch generierter E-Mail-Bestätigung angenommen werden,kann sich der Sonderanknüpfung des Art. 29 Abs. 1 S. 1 EGBGB nichtentziehen. 7 Art. 29 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB bedarf schließlich einer teleologischenReduktion für die Fälle der Bestellung während eines nurvorübergehenden Aufenthaltes des Verbrauchers <strong>im</strong> Ausland. 8In Art. 15 EuGVVO wird flankierend zum materiellen Recht ein besondererGerichtstand für Verbrauchersachen geregelt, der demVerbraucher ermöglicht, einen ausländischen Online-Händler in seinemHe<strong>im</strong>atland zu verklagen. Die Vorschrift setzt ebenfalls eine Ausrichtungauf den Verbraucherstaat voraus. Der Begriff ist nach dem BGHrestriktiv auszulegen. 9Der Unternehmer müsse gerade motiviert zum1Soergel/v. Hoffmann, Art. 29 EGBGB, Rn 17; MünchKommBGB/Martiny, Art.29 EGBGB, Rn 19.2Ebenso Borges, ZIP 1999, 565, 570; Pfeiffer, NJW 1997, 1207, 1214 und NJW1999, 3674, 3684 f.; Mehrings, CR 1998, 613, 614; Gruber, DB 1999, 1438; a.A.Palandt/Heldrich, Art. 29 EGBGB, Rn 5; Staudinger/Magnus, Art. 29 EGBGB, Rn71; MünchKommBGB/Martiny, Art. 29 EGBGB, Rn 20; Siehr, Internationales Privatrecht,2001, S. 149; Waldenberger, BB 1996, 2365, 2371; Kronke, RIW 1996,985, 988; Junker, RIW 1999, 815 f.; Martiny, ZEuP 1999, 246, 259; ähnlich: Soergel/v.Hoffmann, Art. 29 EGBGB, Rn 18, der noch zwischen „gebietsneutralen“ und„gebietsbezogenen“ Werbemedien differenziert; Taupitz/Kritter, JuS 1999, 839, 844.3Spindler/Schuster/Pfeiffer/Weller, Art. 29 EGBGB, Rn. 8.4Taupitz/Kritter, JuS 1999, 839, 844.5Kotthoff, CR 1997, 676.6Mehrings, CR 1998, 613.7Ähnlich Pfeiffer, JuS 2004, 282, 284.8Ebenso Borges, ZIP 1999, 565, 569.9BGH, EuZW <strong>2009</strong>, 26 = K&R <strong>2009</strong>, 47 = NJW <strong>2009</strong>, 298.


510 Teil 7 – Ergebnisse und AusblickVertragsschluss in dem Wohnsitzstaat des Verbrauchers sein, auchwenn der Vertragsschluss selbst nicht in dem Wohnsitzstaat erfolgt.Keine Ausrichtung einer Werbung liege demnach vor, wenn die Kontaktadressedes Anbieters lediglich durch <strong>Dr</strong>itte auf deren Homepageals Serviceleistung für die eigenen Kunden gestellt wird, unabhängigdavon, ob er davon Kenntnis hat. 1II. Differenzierte Widerrufsbelehrung für alle EU-MitgliedsstaatenTrotz zahlreicher Unterschiede bezüglich der Einzelheiten des <strong>Widerrufsrecht</strong>sin den einzelnen Mitgliedstaaten soll versucht werden, eineWiderrufsbelehrung sowie eine Vorabinformation für Verträge überLieferung von Waren zu entwerfen, die unionsweit gelten könnte.1. Belehrung auf dauerhaftem Datenträger, Art. 5 FARL<strong>Widerrufsrecht</strong>Als Verbraucher haben Sie ein <strong>Widerrufsrecht</strong>. Die folgenden landesspezifischenBesonderheiten, die in dem Land, in dem Sie Ihren gewöhnlichenAufenthalt haben, gelten, sind auch maßgeblich für denVertrag, den Sie mit uns schließen. 2oderAus den folgenden landesspezifischen Besonderheiten können Siesich zwischen dem Recht Ihres Aufenthaltstaates und dem Recht desLandes, in dem wir unsere Hauptniederlassung haben, entscheidenund das für Sie günstigere Recht wählen. 3WiderrufsbelehrungSie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von– 7 Werktagen in Belgien, Bulgarien, Irland, Litauen, Luxemburg, denNiederlanden, Österreich, der Slowakei, Spanien, und dem VereinigtenKönigreich– 7 Kalendertagen in Frankreich– 8 Werktagen in Ungarn– 10 Werktagen in Griechenland, Italien und Rumänien– 10 Kalendertagen in Polen1BGH, EuZW <strong>2009</strong>, 26.2Gestaltungshinweis: Dieser Text ist zu verwenden, wenn keine Rechtswahl getroffenwurde.3Gestaltungshinweis: Dieser Text ist zu verwenden, wenn eine Rechtswahl getroffenwurde.


C. Europäisches Recht 511– 14 Kalendertagen in Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland,Lettland, Portugal, Schweden, der Tschechischen Republik und Zypern– 15 Kalendertagen in Malta und Slowenienohne Angabe von Gründen widerrufen.FristbeginnIn Belgien: bei Verträgen zwischen Freiberuflern und Ihnen, für die dasGesetz über freie Berufe gilt, mit dem Tag des Wareneingangs, in allenanderen Fällen am Tag nach Eingang der Waren, jedoch nicht vor Erfüllungsämtlicher in Art. 79 § 1 Nr. 2 und § 2 GHP genannten Informationspflichten.In Bulgarien: mit dem Tag des Eingangs der Ware bei Ihnen, wenndie Verpflichtungen aus Art. 54 Verbraucherschutzgesetz (BG) erfülltsind.In Dänemark: mit dem Tag des Eingangs der Ware bei Ihnen,wenn die Verpflichtungen <strong>im</strong> Sinne des § 12 Unterabschnitte 1, 2, 4,5 des Gesetzes Nr. 451 vom 9. Juni 2004 erfüllt sind.In Deutschland: nach Erhalt der Widerrufsbelehrung in Textform,jedoch nicht vor Eingang der Ware bei Ihnen (bei der wiederkehrendenLieferung gleichartiger Waren nicht vor Eingang der erstenTeillieferung) und auch nicht vor Erfüllung unserer Informationspflichtengemäß § 312c Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 1,2 und 4 BGB-InfoV sowie unserer Pflichten gemäß § 312e Abs. 1Satz 1 BGB in Verbindung mit § 3 BGB-InfoV.In Estland: mit dem Tag des Eingangs der Ware bei Ihnen, wenndie Verpflichtungen <strong>im</strong> Sinne des § 55 Abs. 1, 2, 3 des Schuldrechtsgesetzes(EE) erfüllt sind.In Finnland: mit Empfang der Belehrung über das <strong>Widerrufsrecht</strong>oder, wenn die Waren nach der Belehrung geliefert wurden, mit derLieferung, wenn außerdem die Verpflichtungen <strong>im</strong> Sinne des Kapitels6 § 14 Verbraucherschutzgesetz (FI) erfüllt sind.In Frankreich: mit dem Tag des Eingangs der Ware bei Ihnen,wenn die Verpflichtungen <strong>im</strong> Sinne des Art. L. 121-19 VerbraucherGB(FR) erfüllt sind. Endet die Frist an einem Samstag, Sonntagoder gesetzlichen Feiertag, verlängert sie sich automatisch bis zumdarauffolgenden Werktag.In Griechenland: mit dem Tag des Eingangs der Ware bei Ihnen,wenn die Verpflichtungen <strong>im</strong> Sinne des Art. 4 Abs. 9 VerbraucherschutzG(GR) erfüllt sind.In Großbritannien: mit dem Tag des Vertragsschlusses. Die Fristendet jedoch nicht vor Ablauf einer Frist von 7 Werktagen ab demTag nach Erhalt der Ware, wenn die in Reg. 8 (1) – (2), Reg. 9


512 Teil 7 – Ergebnisse und AusblickDSRs genannten Informationspflichten vor oder mit Wareneingangbe<strong>im</strong> Verbraucher erfüllt wurden.In Irland: mit dem Tag des Eingangs der Ware bei Ihnen, wenndie Verpflichtungen <strong>im</strong> Sinne des Art. 5 Abs. 1 bis 4 FernabsatzG(IE) erfüllt sind.In Italien: mit dem Tag des Eingangs der Ware bei Ihnen, wenndie Verpflichtungen <strong>im</strong> Sinne des Art. 53 Abs. 1, 2 Verbrauchergesetzbuch(IT) erfüllt sind.In Lettland: mit dem Tag des Eingangs der Ware bei Ihnen, wenndie Verpflichtungen <strong>im</strong> Sinne der Art. 6, 7, 12 Abs. 4, 17 FernabsatzVOerfüllt sind.In Litauen: am Tag nach Eingang der Ware bei Ihnen, wenn dieVerpflichtungen <strong>im</strong> Sinne des Art. 17 Abs. 6 2., 3., 4., 5. Spiegelstrichdes Verbraucherschutzgesetzes (LT) sowie des Art. 6.366Abs. 6 2., 3., 4., 5. Spiegelstrich des Zivilgesetzbuches erfüllt sind.In Luxemburg: mit dem Tag des Eingangs der Ware bei Ihnen,wenn die Verpflichtungen <strong>im</strong> Sinne des Art. 4 Abs. 1 d FernabsatzG(LU) erfüllt sind.In Malta: mit dem Tag des Eingangs der Ware bei Ihnen und derErfüllung der Informationspflichten nach Artikel 5 Ab. 1 und 2FernabsatzVO (MT).In den Niederlanden: mit dem Tag des Eingangs der Ware bei Ihnen,wenn die Verpflichtungen <strong>im</strong> Sinne des Buches 7 Artikel 46cAbs. 2 BGB (NL) erfüllt sind.In Österreich: mit dem Tag ihres Eingangs bei Ihnen, wenn die Informationspflichtennach § 5d Abs. 1 und 2 des KSchG erfüllt sind.In Polen: mit dem Tag des Eingangs der Ware bei Ihnen, wenn dieInformationspflichten nach Art. 9 Abs. 1 Verbraucherschutzgesetz(PL) erfüllt sind.In Portugal: mit dem Tag des Eingangs der Ware bei Ihnen, wenndie Verpflichtungen <strong>im</strong> Sinne des Art. 5 Abs. 1 bis 4 RVO 143/2001erfüllt sind.In Rumänien: mit dem Tag des Eingangs der Ware bei Ihnen,wenn Informationspflichten erfüllt sind (FernabsatzVO (RU).In Schweden: mit dem Tag des Eingangs der Ware bei Ihnen,wenn die Verpflichtungen <strong>im</strong> Sinne des Kapitels 2 Abschnitt 7VerbraucherschutzG (SE) erfüllt sind.In der Slowakei: am Tag nach Erhalt der Ware, wenn wir die Informationspflichtennach § 10 VerbraucherschutzG (SK) ordnungsgemäßund rechtzeitig erfüllt haben.In Slowenien: mit dem Tag des Eingangs der Ware bei Ihnen,wenn wir unseren Verpflichtungen nach Art. 43c VerbraucherschutzG(SI) vollständig nachgekommen sind.


C. Europäisches Recht 513In Spanien: mit dem Tag des Eingangs der Ware bei Ihnen, wenndie Verpflichtungen <strong>im</strong> Sinne des Art. 47 Abs. 1 – 2 sowie AdditionalDisposition Abs. 1 Nr. 3 EinzelhandelG (ES) erfüllt sind.In der Tschechischen Republik: mit dem Tag des Eingangs derWare bei Ihnen, wenn die Verpflichtungen <strong>im</strong> Sinne der Art. 53Abs. 6, 53 a ZGB (CZ) erfüllt sind.In Ungarn: mit dem Tag des Eingangs der Ware bei Ihnen, vorausgesetzt,dass wir unsere Informationspflichten nach Art. 3 FernabsatzVO(HU) erfüllt haben.In Zypern: am Tag nach Erhalt der Ware oder am Tag nachdemwir unsere Informationspflichten nach Art. 6 FernabsatzG (CY)zum Abschluss von Fernabsatzverträgen erfüllt haben, abhängigdavon, welche Bedingung zuletzt erfüllt ist.FristwahrungZur Fristwahrung genügt– in Deutschland, Griechenland, Großbritannien, Österreich, Schweden,Slowenien und Zypern die rechtzeitige Absendung des Widerrufs;– in Belgien, Lettland, Malta, Niederlanden, Portugal, Rumänien, derSlowakei, Spanien, der Tschechischen Republik und Ungarn dierechtzeitige Erklärung des Rücktritts bzw. Widerrufs;– in Österreich, wenn die Rücktrittserklärung innerhalb der Frist abgesendetwird;– in Italien eine Erklärung per Telegramm, Fernschreiber, Fax oder E-Mail, welche innerhalb von 48 Stunden durch Zusendung eines Einschreibensmit Rückschein bestätigt werden muss.FormerfordernisDer Widerruf muss in Großbritannien, Litauen, Polen, der Slowakeiund Zypern schriftlich erfolgen, wobei in Großbritannien auch eineErklärung in Textform auf einem dauerhaften Datenträger dieser Formgenügt. In der Slowakei gilt die Schriftformerfordernis nur, sofernnichts Abweichendes vereinbart und der Vertrag ebenfalls in Schriftformgeschlossen wurde.In Zypern hat Ihre Widerrufserklärung folgende Mindestbestandteileaufzuweisen:– den Entschluss, die Vertragserklärung zu widerrufen,– das Datum, an dem die Erklärung aufgegeben wurde,– den Namen und die Anschrift dessen, an den sich die Erklärung richtet.In Deutschland kann der Widerruf entweder in Textform oder durchRücksendung der Ware erfolgen.


514 Teil 7 – Ergebnisse und AusblickIn Griechenland können Sie entweder in Text- oder Schriftformwiderrufen.In Italien muss der Widerruf per Einschreiben mit Empfangsbestätigungausgeübt werden. Alternativ kann der Widerruf zunächstper Telegramm, Fernschreiber, Fax oder E-Mail erfolgen, mussjedoch innerhalb von 48 Stunden durch Zusendung des entsprechendenEinschreibens mit Rückschein bestätigt werden.In Belgien, Bulgarien, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich,Irland, Lettland, Luxemburg, Malta, den Niederlanden, Österreich,Portugal, Rumänien, Slowenien, Schweden, Spanien, der TschechischenRepublik und Ungarn bestehen an die Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>skeine formalen Anforderungen.In Estland, Finnland und Spanien gilt explizit auch eine Rücksendungder Ware als wirksamer Widerruf. In Portugal stellt auch einan den Lieferer oder die zu diesem Zweck vorgesehene Person gerichtetesEinschreiben eine zulässige Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>esdar.RücksendeadresseDer Widerruf ist zu richten an:Zusätzlich können angegeben werden Telefaxnummer, E-Mail-Adresse und/oder, wenn der Verbraucher eine Bestätigung seinerWiderrufserklärung an den Unternehmer erhält, auch eine Internet-Adresse.In Rumänien ist die Angabe von Kontaktadresse, Telefon- undFaxnummer, sowie einer E-Mail-Adresse zwingend. 1WiderrufsfolgenIm Falle eines wirksamen Widerrufs sind in allen EU-Mitgliedstaatendie empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Ergänzend sind inDeutschland, Estland und Österreich 2 ggf. gezogene Nutzungen (z. B.Zinsen) herauszugeben. In Zypern trifft Sie nicht die Verpflichtung,Waren zurückzugewähren, die– verderblich sind;– aufgrund ihrer Beschaffenheit zum Verzehr best<strong>im</strong>mt sind und die inFolge dessen vor der Erklärung des Widerrufs verzehrt wurden;– geliefert wurden, um einem Notfall abzuhelfen;1Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium, S. 569.2§ 5g Abs. 1, 2 KSchG; Schulte-Nölke, Verbraucherrechtskompendium, S. 602.


C. Europäisches Recht 515– die vor der Erklärung des Widerrufs Bestandteil einer beweglichenoder unbeweglichen Sache wurden, die nicht Bestandteil des aufgelöstenVertrages ist.In den vorstehenden Fällen sind Sie jedoch dazu verpflichtet, einenangemessenen Wertersatz für die Überlassung der Ware zu leisten, dersich nach dem Wert der Überlassung bis zur Erklärung des Widerrufsrichtet.In Österreich haben wir den von Ihnen auf die Sache gemachtennotwendigen und nützlichen Aufwand zu ersetzen.In Bulgarien haben Sie die Ware während der Widerrufsfrist von7 Werktagen so zu lagern, dass die Erhaltung ihrer Qualität undihre Sicherheit gewährleistet sind.In Italien, Zypern und Griechenland stehen Sie in der Pflicht, dieWare sorgfältig zu behandeln.In Finnland muss die Ware in einem guten Zustand erhalten werden.In Deutschland und Estland müssen Sie ggf. Wertersatz leisten,wenn Sie uns die empfangenen Leistungen ganz oder teilweise nichtoder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren. Bei derÜberlassung von Sachen gilt dies nicht, wenn die Verschlechterungder Sache ausschließlich auf deren Prüfung (nur in Deutschland giltder folgende Einschub: – wie sie Ihnen etwa <strong>im</strong> Ladengeschäft möglichgewesen wäre –) zurückzuführen ist. Ebenfalls nur in Deutschlandgilt: Im Übrigen können Sie die Wertersatzpflicht vermeiden,indem Sie die Sache nicht wie Ihr Eigentum in Gebrauch nehmenund alles unterlassen, was deren Wert beeinträchtigt.In Österreich haben Sie die empfangenen Leistungen zurückzustellenund uns ein angemessenes Entgelt für die Benützung, einschließlicheiner Entschädigung für eine damit verbundene Minderungdes gemeinen Wertes der Leistung, zu zahlen; die Übernahmeder Leistungen in Ihr Gewahrsam ist für sich allein nicht als Wertminderunganzusehen. Ist die Rückstellung der von uns bereits erbrachtenLeistungen unmöglich oder untunlich, so haben Sie unsderen Wert zu vergüten, soweit sie ihm zum klaren und überwiegendenVorteil gereichen.In Ungarn müssen Sie für durch unsachgemäßen Gebrauch beschädigteWare Wertersatz leisten.


516 Teil 7 – Ergebnisse und AusblickRücksendepflichtPaketversandfähige Sachen sind in Deutschland und Österreich zurückzusenden.Nicht paketversandfähige Sachen werden in Deutschlandabgeholt.In Großbritannien und Irland sind die Sachen zurückzusenden,sofern dies so vereinbart wurde. Anderenfalls holen wir die Warebei Ihnen ab.In Italien müssen Sie die Waren binnen 10 Tagen nach Ausübungdes <strong>Widerrufsrecht</strong>s zurücksenden, in Slowenien innerhalb von 15Tagen.In Finnland sind Sie verpflichtet, die erhaltenen Waren zurückzusenden.Erst dann kommt eine Erstattung der Rücksendekosten inBetracht.RücksendekostenIn Frankreich, Dänemark, Griechenland, Litauen, Lettland, Spanien,der Slowakei, Slowenien, Niederlanden, Ungarn und Zypern tragen Siedie unmittelbaren Kosten der Rücksendung.In Deutschland tragen wir in jedem Falle die Rücksendekosten,falls ein Rückgaberecht anstelle des <strong>Widerrufsrecht</strong>s vereinbartworden ist. Anderenfalls haben Sie die Kosten der Rücksendung zutragen, wenn die gelieferte Ware der bestellten entspricht und wennder Preis der zurückzusendenden Sache einen Betrag von 40 Euronicht übersteigt oder wenn Sie bei einem höheren Preis der Sachezum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht die Gegenleistung odereine vertraglich vereinbarte Teilzahlung erbracht haben. Anderenfallsist die Rücksendung für Sie kostenfrei.In Italien, Luxemburg und Österreich tragen Sie die unmittelbarenKosten der Rücksendung, wenn dies so vereinbart wurde.In Großbritannien und Irland tragen Sie die Kosten der Rücksendung,wenn ausdrücklich vertraglich vereinbart wurde, dass Sie dieWare <strong>im</strong> Falle eines Widerrufs zurücksenden müssen, Sie dieserVerpflichtung jedoch nicht nachkommen oder die Ware auf unsereKosten zurücksenden.In Belgien müssen Sie die Rücksendekosten tragen, es sei denn,wir erfüllen unsere Informationspflichten aus Artikel 78 und 79 § 1GHP nicht oder die gelieferten Waren st<strong>im</strong>men nicht mit der Produktbeschreibungüberein.In Finnland erstatten wir Ihnen die Kosten der Warenrücksendung,sofern die zurückgesendete Ware üblicherweise durch die Posttransportiert werden kann.In Estland haben Sie die unmittelbaren Kosten der Warenrücksendungzu tragen (in allen Fällen jedoch max<strong>im</strong>al i.H.v. 10,- EUR).


C. Europäisches Recht 517In Bulgarien, Portugal, Rumänien, Schweden und der TschechischenRepublik übernehmen wir die Rücksendekosten. 1TransportgefahrIn Österreich tragen Sie die Transportgefahr, wenn in den AGB nichtsanderes vereinbart wurde und die Sache auf verkehrsübliche Art versendetwurde.Bei der Rücksendung <strong>im</strong> Rahmen des <strong>Widerrufsrecht</strong>s sind Sie inZypern dafür zuständig, dass uns die Ware in ihrem ursprünglichenZustand erreicht.In Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Portugal,Schweden, der Slowakei und dem Vereinigten Königreich tragen wirdie Transportgefahr. 2Pflicht zur Erstattung geleisteter ZahlungenDer Verpflichtung zur Erstattung der geleisteten Zahlungen müssen wirin allen Mitgliedstaaten innerhalb von 30 Tagen nachkommen. 3Diesgilt jedoch nicht für Litauen, die Slowakei und Slowenien. Hier mussdiese Verpflichtung innerhalb von 15 Tagen erfüllt werden.Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen müssen Sie inDeutschland innerhalb von 30 Tagen nach Absendung Ihrer Widerrufserklärungerfüllen.In Zypern steht Ihnen <strong>im</strong> Hinblick auf bereits erhaltene Ware einZurückbehaltungsrecht zu, bis unsererseits sämtliche Verpflichtungenzur Rückerstattung von Zahlungen erfüllt sind. Etwaige vonIhnen gestellte Sicherheiten werden wir unverzüglich herausgeben.Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong>Wenn Sie ein Verbraucher mit Wohnsitz in Estland 4 und Griechenlandsind, steht Ihnen in allen Fällen ein <strong>Widerrufsrecht</strong> zu. In Belgien bleibtdas Rücktrittsrecht bestehen, wenn wir Sie über eventuelle Ausnahmennicht informieren. In Österreich besteht kein <strong>Widerrufsrecht</strong> bei Verträgenüber Hauslieferungen oder Freizeit-Dienstleistungen (§ 5c Abs. 4Z 1 und 2).1Keine Angaben, ob in diesen Ländern die Rücksendekosten dem Verbraucherauferlegt werden dürfen. Da der nationale Gesetzgeber, diese Möglichkeit zu Lastendes Verbrauchers nicht umgesetzt hat, kann die Schlussfolgerungen gezogen werden,dass die Gewährleistung eines höheren Schutzniveaus gewünscht war.2Es liegen keine vollständigen Informationen vor, in welchen Ländern dies ebensoist.3Nicht in allen Ländern ausdrücklich umgesetzt, ergibt sich aber aus der FARL.4<strong>Das</strong> <strong>Widerrufsrecht</strong> ist in Estland lediglich bei Auktionen ausgeschlossen (Schulte-Nölke,Verbraucherrechtskompendium, S.561).


518 Teil 7 – Ergebnisse und AusblickSofern keine anderen Vereinbarungen getroffen wurden, könnenSie Ihr <strong>Widerrufsrecht</strong> nicht ausüben bei1. Verträgen zur Erbringung von Dienstleistungen, deren Ausführungmit Zust<strong>im</strong>mung des Verbrauchers vor Ende der jeweiligen Rücktritts-bzw. Widerrufsfrist begonnen hat;Wenn Sie Verbraucher mit Wohnsitz in Litauen oder Sloweniensind, dann steht Ihnen auch in diesen Fällen ein <strong>Widerrufsrecht</strong> zu.In Finnland, Großbritannien und Lettland ist das <strong>Widerrufsrecht</strong>bei einer Dienstleistung ausgeschlossen, wenn wir mit Ausführungder Dienstleistung mit Ihrer Zust<strong>im</strong>mung vor Ende der Widerrufsfristbegonnen haben und wir Sie über das Nichtbestehen eines<strong>Widerrufsrecht</strong>s in einem solchen Falle vorher informiert haben.2. Verträgen zur Lieferung von Waren oder Erbringung von Dienstleistungen,deren Preis von der Entwicklung der Sätze auf den Finanzmärkten,auf die der Lieferer keinen Einfluss hat, abhängt;Wenn Sie Verbraucher mit Wohnsitz in Litauen sind, steht Ihnenin diesen Fällen ein <strong>Widerrufsrecht</strong> zu.In Belgien gilt die Ausnahme für Verträge, die zwischen Freiberuflernund Verbrauchern geschlossen werden. Auch in den Fällen,in denen das Gesetz über Handelspraktiken Anwendungfindet, kommt die Ausnahme teilweise zum Tragen, da das Gesetznicht auf den Aktienhandel anwendbar ist.In Bulgarien ist diese Regelung für beide Parteien verbindlich,der Zusatz „Sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren“ findetinsofern keine Anwendung.In Deutschland fallen insbesondere Dienstleistungen <strong>im</strong> Zusammenhangmit Aktien, Anteilsscheinen, die von einer Kapitalanlagegesellschaftoder einer ausländischen Investmentgesellschaftausgegeben werden, und anderen handelbaren Wertpapieren,Devisen, Derivaten oder Geldmarktinstrumenten darunter.In Frankreich besteht ein <strong>Widerrufsrecht</strong> nicht bei Verträgen zurLieferung von Waren oder Erbringung von Dienstleistungen, derenPreis von der Entwicklung der Sätze auf den Finanzmärktenabhängt.In Ungarn besteht das <strong>Widerrufsrecht</strong> nicht bei Verträgen zurLieferung von Waren oder Erbringung von Dienstleistungen, derenPreis von der Entwicklung der Sätze auf den Finanzmärkten,die der Lieferer nicht kontrolliert, abhängt.In Polen besteht das <strong>Widerrufsrecht</strong> nicht bei Verträgen zur Lieferungvon Waren oder Erbringung von Dienstleistungen, derenPreis einzig und allein von der Entwicklung der Sätze auf den Finanzmärktenabhängt.In Spanien ist die Ausnahme auf Waren beschränkt.


C. Europäisches Recht 5193. Verträgen zur Lieferung von Waren,a) die nach Kundenspezifikation angefertigt werdenWenn Sie Verbraucher mit Wohnsitz in Litauen oder Schwedensind, steht Ihnen in diesen Fällen ein <strong>Widerrufsrecht</strong> zu.In Bulgarien ist diese Regelung für beide Parteien verbindlich,der Zusatz „Sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren“findet insofern keine Anwendung.In Finnland besteht das <strong>Widerrufsrecht</strong> nicht bei Verträgenzur Lieferung von Waren, die derart nach Kundenspezifikationangefertigt wurden, dass sie sich nicht ohne beträchtlichenVerlust oder überhaupt nicht weiterverkaufen lassen.In Dänemark erlischt das <strong>Widerrufsrecht</strong>, sobald wir vereinbarungsgemäßmit der Herstellung der Waren vor Ende derWiderrufsfrist begonnen haben.In Polen besteht das <strong>Widerrufsrecht</strong> nicht bei Verträgen vonWaren oder Erbringung von Dienstleistungen, deren Eigenschaften<strong>im</strong> Zuge der Bestellung durch den Verbraucher best<strong>im</strong>mtwurden oder direkt mit der Person des Verbrauchersverbunden sind.b) eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sindIn Bulgarien ist diese Regelung für beide Parteien verbindlich,der Zusatz „Sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren“ findetinsofern keine Anwendung.In Lettland und Litauen besteht ein <strong>Widerrufsrecht</strong> auch indiesem Fall.c) die aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendunggeeignet sindIn Bulgarien ist diese Regelung für beide Parteien verbindlich,der Zusatz „Sofern die Parteien nichts anderes vereinbart“ findetinsofern keine Anwendung.In Litauen besteht ein <strong>Widerrufsrecht</strong> in diesem Fall.d) schnell verderben könnenIn Bulgarien ist diese Regelung für beide Parteien verbindlich,der Zusatz „Sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren“ findetinsofern keine Anwendung.In Litauen besteht ein <strong>Widerrufsrecht</strong> in diesem Fall.e) deren Verfalldatum überschritten würde;In Bulgarien ist diese Regelung für beide Parteien verbindlich,der Zusatz „Sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren“ findetinsofern keine Anwendung.In Lettland besteht das <strong>Widerrufsrecht</strong> nicht bei Verträgenzur Lieferung von Waren, die schnell zu verwerten sind.In Litauen besteht ein <strong>Widerrufsrecht</strong> in diesem Fall.


520 Teil 7 – Ergebnisse und AusblickIn den Niederlanden besteht ein <strong>Widerrufsrecht</strong> nicht beiVerträgen zur Lieferung von Waren die schnell altern können.In Polen und der Slowakei gilt diese Ausnahme nicht.4. Verträgen zur Lieferung von Audio- oder Videoaufzeichnungen oderSoftware, die vom Verbraucher entsiegelt worden sind;In Italien gilt eine Ausnahme vom grundsätzlichen <strong>Widerrufsrecht</strong>bei versiegelten audiovisuellen Produkten und versiegelter Software,wenn diese von Ihnen geöffnet wurden.In Lettland und der Tschechischen Republik besteht das <strong>Widerrufsrecht</strong>nicht, wenn die Verpackung geöffnet wurde.In der Tschechischen Republik besteht das <strong>Widerrufsrecht</strong> nichtbei Verträgen zur Lieferung von Audio- oder Videoaufzeichnungenoder Software, wenn Sie die Originalverpackung beschädigthaben.In Polen besteht das <strong>Widerrufsrecht</strong> nicht, wenn der Verbraucherdie Originalverpackung entfernt hat.In Portugal steht Ihnen kein <strong>Widerrufsrecht</strong> zu bei Verträgen zurLieferung von Audio- oder Videoaufzeichnungen oder Software,wenn eine best<strong>im</strong>mte Art von Siegel entfernt worden ist.In der Slowakei besteht das <strong>Widerrufsrecht</strong> nicht bei Verträgenzur Lieferung von Audio- oder Videoaufzeichnungen oder Software,sofern diese von Ihnen ausgepackt wurden.In Luxemburg besteht ein <strong>Widerrufsrecht</strong> nicht bei Verträgen zurLieferung von Audio- oder Videoaufzeichnungen oder Software,die vom Verbraucher entsiegelt worden sind sowie bei Verträgenderen Gegenstand das Downloaden einer Software ist.In Spanien findet der Widerruf keine Anwendung auf Verträge zurLieferung von Audio- oder Videoaufzeichnungen oder Software,die vom Verbraucher entsiegelt worden sind sowie zur elektronischenLieferung von Dateien, die sofort für den dauerhaftenGebrauch heruntergeladen oder reproduziert werden können.5. Verträgen zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierten;Verbraucher aus Dänemark haben auch in diesem Fall ein <strong>Widerrufsrecht</strong>.In Österreich gilt die Ausnahme des <strong>Widerrufsrecht</strong>s auch bei „Verträgenüber periodische <strong>Dr</strong>uckschriften“In Finnland gilt die Ausnahme nur dann, sofern der Vertragnicht als Folge einer unangemeldeten Kundenansprache geschlossenwurde.In den Niederlanden besteht ein <strong>Widerrufsrecht</strong> nicht bei Lieferungvon Zeitungen und Zeitschriften.


C. Europäisches Recht 521In Schweden besteht das <strong>Widerrufsrecht</strong> nicht bei Verträgen zurLieferung von Zeitungen und Magazinen.In der Slowakei besteht das <strong>Widerrufsrecht</strong> nicht für Verträgezur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften und periodischen<strong>Dr</strong>uckerzeugnissen.In Polen gilt die Ausnahme für Zeitungen und Illustrierte.In Portugal gilt die Ausnahme für Verträge zur Lieferung vonZeitungen und Magazinen.In Zypern steht Ihnen kein <strong>Widerrufsrecht</strong> bei der Lieferung vonZeitungen oder Zeitschriften jeder Art zu.6. Verträgen zur Erbringung von Wett- und Lotterie-Dienstleistungen.In Frankreich sind nur öffentlich genehmigte Lotterien vom <strong>Widerrufsrecht</strong>ausgeschlossen.In Schweden besteht das <strong>Widerrufsrecht</strong> nicht bei Verträgen zurErbringung von Spielen und anderen Lotteriedienstleistungen.In der Slowakei besteht das <strong>Widerrufsrecht</strong> nicht bei Verträgenzur Erbringung von Lotterien und ähnlichen Spielen.In Slowenien ist das <strong>Widerrufsrecht</strong> bei Verträgen zur Erbringungvon Lotteriedienstleistungen und Glücksspielen ausgeschlossen.In Ungarn besteht das <strong>Widerrufsrecht</strong> nicht für Verträge zurTeilnahme an Spielen.2. Vorherige Unterrichtung, Art. 4 FARLDie flüchtige vorvertragliche Information kann in den meisten EU-Mitgliedsstaaten deutlich kürzer ausfallen als nach deutschem Rechterforderlich. Mindestbestandteile sind bei Abdeckung aller Länder, einHinweis auf das Bestehen des <strong>Widerrufsrecht</strong>s, die Widerrufsfrist, dieTragung der Rücksendekosten, die teils vereinbart werden muss, sowieNichtbestehen des <strong>Widerrufsrecht</strong>s.<strong>Widerrufsrecht</strong>Als Verbraucher können Sie Ihre Vertragserklärung ohne Angabe vonGründen widerrufen. Verbraucher aus Deutschland finden hier die für sie geltende ausführlicheWiderrufsbelehrung.WiderrufsfristDie Widerrufsfrist beträgt– 7 Werktage für Verbraucher aus Belgien, Bulgarien, Großbritannien,Irland, Litauen, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich, der Slowakeiund Spanien;


522 Teil 7 – Ergebnisse und Ausblick– 7 Kalendertage für Verbraucher aus Frankreich;– 8 Werktage für Verbraucher aus Ungarn;– 10 Werktage für Verbraucher aus Griechenland, Italien und Rumänien;– 10 Kalendertage für Verbraucher aus Polen;– 14 Kalendertage für Verbraucher aus Dänemark, Deutschland, Estland,Finnland, Lettland, Portugal, Schweden, der Tschechischen Republikund Zypern;– 15 Kalendertage für Verbraucher aus Malta und Slowenien.Tragung der RücksendekostenIn Finnland haben wir Ihnen die Kosten einer Rücksendung zu erstatten,wenn die Ware oder die Leistung üblicherweise per Post zurückgesendetwerden kann.Als Verbraucher aus Großbritannien und Irland haben Sie die direktenKosten der Warenrücksendung zu tragen, wenn ausdrücklichvertraglich vereinbart wurde, dass Sie die Ware <strong>im</strong> Falle eines Widerrufszurücksenden müssen, Sie dieser Verpflichtung jedoch nichtnachkommen oder die Ware auf Kosten des Lieferers zurücksenden.In Bulgarien, Portugal, Rumänien, Schweden und der TschechischenRepublik übernehmen wir die Rücksendekosten. 1In allen übrigen Ländern haben Sie die unmittelbaren Kosten einerRücksendung zu tragen, in Estland jedoch lediglich bis zu einemHöchstbetrag von 10 EUR.Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong>III. Europäische Widerrufsbelehrung auf dem höchsten NiveauAlternativ zu einer nach Mitgliedsstaaten differenzierenden Belehrungkann auch eine auf höchstem Verbraucherschutzniveau verwendet werden.Diese dürfte jedoch vielfach für den Unternehmer wirtschaftlichunzumutbar sein, weil sich hierin die gegenüber dem europäischenStandard erhöhten Verbraucherschutzniveaus kumulieren.1Keine Angaben, ob in diesen Ländern die Rücksendekosten dem Verbraucherauferlegt werden dürfen. Da der nationale Gesetzgeber diese Möglichkeit zu Lastendes Verbrauchers nicht umgesetzt hat, kann die Schlussfolgerungen gezogen werden,dass die Gewährleistung eines höheren Schutzniveaus gewünscht war.


C. Europäisches Recht 523WiderrufsbelehrungAls Verbraucher können Sie Ihre Vertragserklärung innerhalb von 15Kalendertagen ohne Angabe von Gründen widerrufen. Die Frist beginntbei Warenlieferungen am Tag nach Erhalt der Widerrufsbelehrung inTextform, jedoch nicht vor Eingang der Ware be<strong>im</strong> Empfänger undauch nicht vor Erfüllung unserer Informationspflichten <strong>im</strong> Fernabsatzsowie unserer Pflichten <strong>im</strong> elektronischen Geschäftsverkehr. Bei Fernabsatzverträgenüber die Erbringung von Dienstleistungen beginnt dieFrist am Tag nach Erhalt dieser Belehrung in Textform, jedoch nichtvor Vertragsschluss und auch nicht vor Erfüllung unserer Informationspflichten<strong>im</strong> Fernabsatz sowie unserer Pflichten <strong>im</strong> elektronischenGeschäftsverkehr.Der Widerruf muss in Großbritannien, Litauen, Polen, der Slowakeiund Zypern schriftlich erfolgen, wobei in Großbritannienauch eine Erklärung in Textform auf einem dauerhaften Datenträgerdieser Form genügt. In der Slowakei gilt die Schriftformerfordernisnur, sofern nichts Abweichendes vereinbart und der Vertragebenfalls in Schriftform geschlossen wurde.In Zypern hat Ihre Widerrufserklärung folgende Mindestbestandteileaufzuweisen:– den Entschluss, die Vertragserklärung zu widerrufen,– das Datum, an dem die Erklärung aufgegeben wurde,– den Namen und die Anschrift dessen, an den sich die Erklärung richtet.In Deutschland kann der Widerruf entweder in Textform oder durchRücksendung der Ware erfolgen.In Griechenland können Sie entweder in Text- oder Schriftformwiderrufen.In Italien muss der Widerruf per Einschreiben mit Empfangsbestätigungausgeübt werden. Alternativ kann der Widerruf zunächstper Telegramm, Fernschreiber, Fax oder E-Mail erfolgen, mussjedoch innerhalb von 48 Stunden durch Zusendung des entsprechendenEinschreibens mit Rückschein bestätigt werden.In Belgien, Bulgarien, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich,Irland, Lettland, Luxemburg, Malta, den Niederlanden, ÖsterreichPortugal, Rumänien, Slowenien, Schweden, Spanien, der TschechischenRepublik und Ungarn bestehen an die Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>skeine formalen Anforderungen. In Estland, Finnland undSpanien gilt explizit auch eine Rücksendung der Ware als wirksamerWiderruf. In Portugal stellt auch ein an den Lieferer oder die zudiesem Zweck vorgesehene Person gerichtetes Einschreiben einezulässige Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>es dar.


524 Teil 7 – Ergebnisse und AusblickZur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Erklärung des Widerrufsunter Wahrung der oben aufgeführten Formvorschriften.Der Widerruf ist zu richten anWiderrufsfolgenIm Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenenLeistungen zurückzugewähren. Die Verpflichtung trifft Sie jedoch nicht,wenn die empfangenen Waren– verderblich sind;– aufgrund ihrer Beschaffenheit zum Verzehr best<strong>im</strong>mt sind und die inFolge dessen vor der Erklärung des Widerrufs verzehrt wurden;– geliefert wurden, um einem Notfall abzuhelfen;– die vor der Erklärung des Widerrufs Bestandteil einer beweglichenoder unbeweglichen Sache wurden, die nicht Bestandteil des aufgelöstenVertrages ist.Für jedwede Verschlechterung der Ware ist kein Wertersatz zu leisten.Gegebenenfalls gezogene Nutzungen sind ebenfalls nicht herauszugeben.Sofern vorher vereinbart, müssen Sie uns die Ware zurücksenden.Anderenfalls holen wir diese bei Ihnen ab. Nicht paketversandfähigeSachen werden in jedem Falle bei Ihnen abgeholt. Die Rücksendungoder Abholung erfolgt in jedem Falle auf unsere Kosten und Gefahr.Der Verpflichtung zur Erstattung der geleisteten Zahlungen müssenwir innerhalb von 14 1Tagen nachkommen. Im Hinblick aufbereits erhaltene Ware steht Ihnen ein Zurückbehaltungsrecht zu,bis unsererseits sämtliche Verpflichtungen zur Rückerstattung vonZahlungen erfüllt sind. Etwaige von Ihnen gestellte Sicherheitenwerden wir unverzüglich herausgeben.Haben wir die geleisteten Zahlungen nicht innerhalb von 30 Tagenerstattet, sind Verbraucher aus Spanien berechtigt, das Doppelteder ursprünglich zurückzuzahlenden Summe zu verlangen. Verbrauchernaus Slowenien steht in diesem Fall zusätzlich zu dem gesetzlichenVerzugszins einen Strafzins von 10 % des Gesamtbetrages fürjeweils 30 Tage des Verzugs zu zahlen. 2Verbrauchern, die ihren Sitz nicht in Bulgarien haben, steht in jedemFalle ein <strong>Widerrufsrecht</strong> zu.1Art. 7 Abs. 3 S. 3 VerbraucherschutzG (PL).2Aus Vollständigkeitsgründen, da ansonsten der spanische Verbraucher nicht umfassendüber seine Rechte belehrt wird.


C. Europäisches Recht 525Für Verbraucher aus Bulgarien 1gelten Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong>bei– Verträgen zur Erbringung von Dienstleistungen, deren Ausführungmit Zust<strong>im</strong>mung des Verbrauchers vor Ende der Frist von 7 Werktagenbegonnen hat;– Verträgen zur Lieferung von Waren oder Erbringung von Dienstleistungen,deren Preis von der Entwicklung der Sätze auf den Finanzmärkten,jenseits der Kontrolle des Lieferers, abhängt;– Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden, die eindeutigauf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind, die aufgrundihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind, dieschnell verderben können oder deren Verfallsdatum überschrittenwürde.IV. ZwischenergebnisDie Tatsachen, dass Online-Händler, die sich gezielt an Verbraucher ausdem europäischen Ausland richten, einerseits stets deren lokales Verbraucherschutzniveauzu berücksichtigen haben, und dass andererseits dieRechtslage in den Mitgliedsstaaten völlig zersplittert ist, machen einekorrekte Belehrung, die sich an alle Verbraucher Europas richtet, praktischunmöglich. Entweder müssen 27 verschiedene Belehrungen eingesetztwerden, die jeweils die Besonderheiten des Ziellandes abdecken,oder es könnte ein Text verwendet werden, der alle Besonderheitenzugleich abdeckt und dadurch viel zu lang und intransparent wird oderaber eine Belehrung müsste auf dem europaweit höchsten Niveau formuliertwerden, was jedoch aus Unternehmersicht angesichts der Kumulierungder höchsten Standards meist wirtschaftlich unattraktiv ist.Die Kommission meint gleichwohl, grenzüberschreitender Handel seiderzeit möglich, Unternehmen müssten aber „höhere Kosten für dieEinhaltung der Rechtsvorschriften aufwenden.“ Die Rechtszersplitterunguntergrabe aber auch das Vertrauen der Verbraucher in den Binnenmarkt.2<strong>Das</strong> grenzüberschreitende Potenzial des Versandhandels,das zu den wichtigsten greifbaren Ergebnissen des Binnenmarkts gehörensollte, werde von den Verbrauchern nicht in vollem Umfang ausgeschöpft.Im Vergleich zu dem erheblichen Wachstum, welches in denletzten Jahren <strong>im</strong> inländischen Versandhandel verzeichnet werdenkonnte, gab es <strong>im</strong> grenzüberschreitenden Versandhandel nur ein geringesWachstum. 31Die Ausnahmen sind nach bulgarischem Recht zwingend, so dass auch nicht zuGunsten des Verbrauchers davon abgewichen werden kann.2Erwägensgrund 7 VRRL-E.3Erwägensgrund 5 VRRL-E.


526 Teil 7 – Ergebnisse und AusblickV. Europäische Widerrufsbelehrung nach VRRL-EEine europäische Widerrufsbelehrung für Onlinehändler nach demVRRL-E soll zeigen, dass der europäische Gesetzgeber mit seiner Vollharmonisierungsstrategieund den konkreteren Regelungen auf demrichtigen Weg ist, wenngleich die Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> nocheinmal (auch politisch) aufgearbeitet werden sollten.<strong>Widerrufsrecht</strong> 1Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von vierzehn Tagen ohneAngabe von Gründen dadurch widerrufen, 2dass Sie uns das nachfolgendeWiderrufsformular oder eine selbstformulierte Erklärung aufeinem dauerhaften Datenträger schicken 3 [oder das Standard-Widerrufsformular auf unserer Website ausfüllen und abschicken. Inletztem Fall erhalten Sie von uns unverzüglich eine E-Mail zur Bestätigungdes Eingangs Ihres Widerrufs]. 4Die Frist beginnt mit dem Tag der Inbesitznahme der bestelltenWaren durch Sie oder einen von Ihnen benannten <strong>Dr</strong>itten, der nichtIhr Beförderer ist. 5 Sind wir unseren Informationspflichten aus Art.9 (b), 11 Abs. 4 VRRL-E nicht nachgekommen, läuft die Widerrufsfristdrei Monate nach dem Tag ab, an dem wir unsere anderenvertraglichen Verpflichtungen in vollem Umfang erfüllt haben. 6Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendungder Widerrufsmitteilung. 7 Der Widerruf ist zu richten an:WiderrufsfolgenIm Falle eines wirksamen Widerrufs müssen Sie uns die erhaltenenWaren binnen vierzehn Tagen ab dem Tag, an dem Sie uns Ihren Widerrufmitgeteilt haben, zurücksenden oder übergeben. Dies gilt für denFall nicht, dass wir uns bereit erklärt haben, die Waren selbst abzuholen.8 Sie tragen die unmittelbaren Kosten der Rücksendung, wenn nichtsanderes vereinbart ist. 91Anhang I VRRL-E.2Art. 12 Abs. 1 VRRL-E.3Art. 14 Abs. 1 VRRL-E.4Art. 14 Abs. 2 VRRL-E.5Art. 12 Abs. 2 S. 2 VRRL-E.6Art. 13 VRRL-E.7Art. 12 Abs. 3 VRRL-E.8Art. 17 Abs. 1 S. 1 VRRL-E.9Art. 17 Abs. 1 S. 2 VRRL-E.


C. Europäisches Recht 527Können Sie uns die empfangene Leistung ganz oder teilweisenicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren, müssenSie uns insoweit ggf. Wertersatz leisten. Bei der Überlassung vonSachen gilt dies nicht, wenn der Wertverlust auf einen zur Prüfungder Eigenschaften und des Funktionierens der Waren notwendigenUmgang mit ihnen zurückzuführen ist. 1 Sie haften für den Wertverlustweiterhin dann nicht, wenn wir Sie nicht gemäß Art. 9 (b)VRRL-E über Ihr <strong>Widerrufsrecht</strong> aufgeklärt haben.Wir sind verpflichtet, Ihnen jegliche erfolgten Zahlungen, binnendreißig Tagen ab dem Tag zurückzuzahlen, an dem die Mitteilungüber den Widerruf bei uns eingegangen ist. 2 Wir sind berechtigt, dieRückzahlung zu verweigern, bis wir die Waren wieder zurückerhaltenoder abgeholt haben bzw. bis Sie den Nachweis erbracht haben,dass Sie die Waren zurückgeschickt haben, je nachdem, welches derfrühere Zeitpunkt ist. 3Besondere Hinweise 4Ein <strong>Widerrufsrecht</strong> besteht nicht wenn,– Waren oder Dienstleistungen geliefert werden, deren Preis vonSchwankungen auf dem Finanzmarkt abhängt, auf die der Gewerbetreibendekeinen Einfluss hat;– Waren geliefert werden, die nach Kundenspezifikation angefertigtwerden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnittensind oder die schnell verderben können oder deren Verfallsdatumüberschritten würde;– Wein geliefert wird, dessen Preis be<strong>im</strong> Abschluss des Kaufvertragsvereinbart wurde, dessen Lieferung aber erst nach Ablauf von dreißigTagen nach Abschluss des Vertrags erfolgen kann und dessen aktuellerWert von Schwankungen auf dem Markt abhängt, auf die derGewerbetreibende keinen Einfluss hat;– Ton- oder Videoaufnahmen oder Computersoftware in einer versiegeltenPackung geliefert wurden und der Verbraucher die Versiegelungentfernt hat;– Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierte geliefert werden;– Wett- und Lotterie-Dienstleistungen erbracht werden;– Verträge auf einer Versteigerung geschlossen werden.1Art. 17 Abs. 2 VRRL-E.2Art. 16 Abs. 1 VRRL-E.3Art. 16 Abs. 2 VRRL-E.4Art. 19 Abs. 1 VRRL-E.


528 Teil 7 – Ergebnisse und AusblickD. SchlussbetrachtungD. SchlussbetrachtungDer Gesetzentwurf zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs-und Rückgaberecht <strong>im</strong> allgemeinen Fernabsatzrecht ist ganzüberwiegend gelungen und ausdrücklich zu begrüßen. Die Verankerungder Muster in einem formellen Gesetz führt zu der dringend erforderlichenRechtssicherheit gegen Fristverlängerungen und Abmahnungeninsbesondere <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong>. Da die Fehler des alten Musters korrigiertwurden und das neue Muster bislang nicht erfolgreich abgemahntwurde, könnten drei Entscheidungen des EuGH noch abgewartet werden,zumal Änderungsbedarf hinsichtlich der Wertersatzansprüchewahrscheinlich ist und dann kurzfristig umgesetzt werden muss, was <strong>im</strong>Verordnungswege schneller möglich ist.Die Beseitigung der nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung vonOnlineshops und eBay-Händlern hinsichtlich der Widerrufsfrist, desWertersatzanspruchs und der Möglichkeit, ein Rückgaberecht einzuräumen,ist sinnvoll, da der <strong>Onlinehandel</strong> erheblich vereinfacht undhierdurch das Abmahnrisiko reduziert wird und Verbraucherrechtenicht unangemessen eingeschränkt werden. Die Belehrung ist „unverzüglichnach Vertragsschluss“ in Textform mitzuteilen. Dieser Begriffist in § 121 BGB legal definiert und in der Praxis gut handhabbar. DerWertersatzanspruch in der Pauschalität des deutschen Rechts könntejedoch bald vom EuGH für unzulässig erklärt werden.Bedenklich bleiben nach wie vor der Umfang der vorvertraglichen Informationspflichtenund die Kostentragungsregelung. Eine transparenteBelehrung ist schon wegen der zu komplizierten Rechtslage, über die zubelehren ist, so gut wie unmöglich. Eine systematische Trennung derInformationspflichten für Finanzdienstleistungen und das allgemeineFernabsatzrecht verbunden mit einer Reduzierung des Informationsumfangsfür den letztgenannten Bereich ist geboten. Auch die viel zu komplizierte„40-EUR-Regelung“ trägt dazu bei, dass die Belehrung wedervom Verbraucher noch vom Händler verstanden werden kann. Angemessenist eine Regelung, nach welcher der Händler die Hinsendekostenund der Verbraucher die Rücksendekosten trägt, wie dies auch<strong>im</strong> VRRL-E der Kommission vorgesehen ist. Eine Überarbeitung derFristverlängerungstatbestände wäre auch wünschenswert.Auch die in dem VRRL-E vorgeschlagenen Neuregelungen sind ausUnternehmersicht überwiegend begrüßenswert. Positiv hervorzugebenist etwa das angestrebte Vollharmonisierungsprinzip, das es Händlernüberhaupt erst ermöglicht, mit vertretbarem Aufwand rechtlich korrektVerbraucher in allen europäischen Mitgliedsstaaten zu beliefern. Er-


D. Schlussbetrachtung 529freulich sind auch die reduzierten Informationspflichten und die Möglichkeit,bei best<strong>im</strong>mten technischen Zwängen vereinfacht darauf hinzuweisen.Es bleibt zu hoffen, dass die avisierte <strong>Dr</strong>e<strong>im</strong>onatsfrist alsMax<strong>im</strong>alfrist für die Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>es bei rechtlichenFehlern nicht durch nationale Vorschriften umgangen wird. Begrüßenswertsind die klaren Regelungen zu Hin- und Rücksendekosten, dienun in einem gerechten Verhältnis stehen, zum Wertersatz sowie zurRücksendefrist des Verbrauchers und dem etwaigen Zurückbehaltungsrechtdes Gewerbetreibenden.An der Realität vorbei geht das neue Standard-Formular für die Widerrufserklärung,erforderlich wäre stattdessen eine Standard-Belehrunggewesen. Katastrophal ist, dass die Kommission sich in einer der dringlichstenFragen, nämlich in welchen Fällen Produkte vom <strong>Widerrufsrecht</strong>ausgenommen sind, um eine politische Entscheidung gedrückt hatund statt dessen mit einer neuen Ausnahme für Wein offenbart, dass dieAusnahmen nichts mit Gerechtigkeit zu tun haben, sondern einzig undallein Lobbyistenwerk sind. Hier bleibt zu hoffen, dass das EuropäischeParlament diesen Fehler noch korrigiert. Die Ausführungen haben gezeigt,dass nur ein Vollharmonisierungsansatz, wie ihn der VRRL-Everfolgt, einen grenzüberschreitenden <strong>Onlinehandel</strong> mit privaten Endverbrauchernin Europa ermöglicht.Der europäische und der deutsche Gesetzgeber sind also auf demrichtigen Weg. Gleichwohl sollten einige Themen noch beherzter inAngriff genommen werden. Die Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong> müsseneiner überzeugenden Systematik folgen und dürfen nicht länger einreines Resultat von Lobbyismus sein. Insbesondere muss die Ausnahmeder zur Rücksendung nicht geeigneten Waren entweder aufrecht erhaltenoder durch eine Ausnahme ersetzt werden, die auf die Wiederverkäuflichkeitder Ware abstellt. <strong>Das</strong> Kriterium der Unzumutbarkeit musshier konsequenter Berücksichtigung finden, um schwerwiegende Ungleichbehandlungenwie derzeit zu verhindern.Der Gesetzgeber sollte auch erkennen, dass die Grenze zwischenWertersatz und Ausnahme vom <strong>Widerrufsrecht</strong> fließend ist, so dass aufdas differenzierte Instrument des Wertersatzes nicht einfach vollständigverzichtet werden kann. Bei tatsächlicher Nutzung von Waren muss derUnternehmer <strong>im</strong>mer die Möglichkeit haben, Wertersatz für den Abnutzungsschadenzu verlangen. Anderenfalls wird es nicht wenige Missbrauchsfällegeben, sondern das Internet wird <strong>im</strong> großen Stil zum globalenLeihhaus mutieren. Best<strong>im</strong>mte Waren würden langfristig garnicht mehr und andere nur noch zu sehr viel höheren Preisen <strong>im</strong> <strong>Onlinehandel</strong>angeboten werden. Dies ist weder <strong>im</strong> Sinne des Verbraucherschutzesnoch der Förderung des elektronischen Geschäftsverkehrs.


StichwortverzeichnisStichwortverzeichnisStichwortverzeichnis(Die Zahlen beziehen sich auf die jeweiligen Seiten.)2-Schritt-Regel 378 ff, 47640-Euro-Klausel 35 f, 301 ff, 382,452Abholung der Ware 98 fAliud-Lieferungen 189 f, 302, 461Allgemeine Geschäftsbedingungen205 f, 230 f, 245, 309, 382 ffAmtshaftung 441 fAnwendungsbereich– Persönlicher 69 ff– Sachlicher 89 ffArzne<strong>im</strong>ittel 154 ffAuktionen– Ausnahmetatbestand BGB 21,177 ff, 361, 460– Ausnahmetatbestand FARL 41,105, 108– nach VRRL-E 495– Textform 196 f– Unternehmerbegriff 39, 76 ff– Vertragsschluss 240 f, 247 ff– Wertersatz 350 ff– Widerrufsfrist 250 ffAusnahmen vom Fernabsatzrecht– Auktionen (FARL), s. Auktionen– Automietverträge 115 f, 139, 142 f– Eintrittskarten 116 f– Entstehung 104 ff– Fernunterricht 10 f, 109 f– „Pizza-Klausel“ 113– Stellungnahmen zur FARL 40 ff– Teilzeit-Wohnrechte 110– Touristische Dienstleistungen 113 ff– Umsetzung <strong>im</strong> BGB 107 ff, 111 ff– Warenautomaten u.ä. 118Ausnahmen vom <strong>Widerrufsrecht</strong>358 ff, 455 ff, 529– Arzne<strong>im</strong>ittel 154 ff– Auktionen (BGB), s. Auktionen– Build-to-Order-Produkte 129 ff– Computerkomponenten 164 f– Downloads 166 f, 173– Entsiegelte Datenträger 170 ff– Entstehung 120 f– Heizöl 141, 182 f– Hygieneartikel 157 ff, 504– Information über 359 ff– Kundenspezifikation / personalisierteWare 126 ff, 456 f– Lebewesen 166– Medizinprodukte 156 f– nach VRRL-E 108 f, 504 ff– Nicht zur Rücksendung geeignet138 ff, 458 f, 505– Produkte, deren Preis auf den FinanzmärktenSchwankungen unterliegt182 f– Schnell verderbliche Ware 169 f– Umsetzung <strong>im</strong> BGB 121 f– Verbindung / Vermischung 148– Wein 125 f, 455, 506 f– Wett- und Lotterie-Dienstleistungen175 ff– Zeitungen / Zeitschriften 174 fAusübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s265 ff– Beweislast 289 f– durch Rücksendung 268 ff– in Textform 266 ff– in den Mitgliedstaaten 280 ff– Rechtsmissbrauch 286 ff– Teilwiderruf 284 f, 288– Verwirkung 285 fB2B 6B2C 6Bagatellgrenze 422 ffBelehrungszeitpunkt 65 f, 231 ff,247 ff, 386 ff, 393 ff, 463Binnenmarkt 58, 489 fBuild-to-Order-Produkte 129 ff


532 StichwortverzeichnisC2C 6Dauerhafter Datenträger 193 f, 200,202, 494Dauerschuldverhältnisse 216, 227 fDeutlichkeitsgebot 392, 394Dienstleistung, Definition 90 fDownloads 166 f, 173„Dual Use“-Produkte 73 fE-Commerce-Richtlinie 29, 39, 59 f,368E-Mail, s. TextformeBay, s. AuktionenEingang der Ware 186 ffEintrittskarten 116 ffErfüllungsort 296 fEuropäisches Recht– Anwendbares Recht 508 ff– Ausnahmen 517 ff– Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s280 ff, 513 ff– Belehrung auf höchstem Niveau522 ff– Belehrung für alle Mitgliedstaaten510 ff– Informationspflichten 364 ff– Rücksendekosten 300 f, 516 f– Widerrufsfrist 44 f, 185 f, 260 f,510 fFernabsatzgesetz– Entwurf 19 ff– Widerrufsfrist nach FernAbsG-E 21– Rücksendekosten 22, 25– Verabschiedung 26Fernabsatzrichtlinie– Ausnahmetatbestände 105 ff– Entstehung 13 ff– Konsultation über FARL 37 ff– Rückgewähr der Leistungen 293 f– Umsetzung der FARL 38, 107 f,452– Wertersatz 325 ff, 342 ffFernkommunikationsmittel 92 ff,227 fFernunterricht, s. Ausnahmen vomFernabsatzrechtFinanzdienstleistungen 33, 110 f,182 f, 256 f, 465Frankierbitte 306 fGefahrtragung, s. RücksendungGeschäftsbesorgungsverträge 114 f,176Gleichbehandlungsgrundsatz 143Grünbuch zur Überprüfung des gemeinschaftlichenBesitzstandes <strong>im</strong>Verbraucherschutz 38, 47 ffGünstigkeitsprinzip 67Heininger-Urteil 30 f, 40, 254 f,264Heizöl 141, 182 fHerkunftslandprinzip 50, 508Hervorhebung der Informationen384Hinterlegung der Ware 188 fHinsendekosten, s. VersandkostenHorizontaler Ansatz 49 fHWiRL / HWiG, s. <strong>Widerrufsrecht</strong>bei HaustürgeschäftenHygieneartikel 157 ff, 504Identität des Unternehmers 207 ffInformation über– Einzelheiten bzgl. Zahlung undLieferung 222 ff– Gültigkeitsdauer des Angebots 228– Identität des Unternehmers 207 f– Identität eines Vertreters 209 ff– Kosten des Fernkommunikationsmittels227 f– Kundendienst 229 f– Kündigungsbedingungen bei Dauerschuldverhältnissen227 f– Ladungsfähige Anschrift 211 ff– Leistungsvorbehalte 216 ff, 462– Mindestlaufzeit bei Dauerschuldverhältnissen216– Nichtbestehen und Einzelheiten des<strong>Widerrufsrecht</strong>s 226 f, 358 ff, 394 f– Preisangaben 218 f, 367– Versandkosten 219 ff, 414 ff– Vertretungsberechtigte 212 f– Wesentliche Merkmale der Ware213 f– Zustandekommen des Vertrages214 f, 462


Stichwortverzeichnis 533Informationspflichten 58 ff, 206 ff ,357 ff, 472 ff– Belehrungszeitpunkt 231 ff, 386,393 ff, 463– In den Mitgliedstaaten 364 ff– in Textform 203 ff– Integration in AGB 205 f, 382 ff,390 ff– Konsultation über FARL 43 f– Mittels Grafik / PlugIn 369 ff, 474– Mittels Link 374 ff, 383 f, 475– nach SMG 27 f– nach FernAbsÄG 33 f– Platzierung 372 ff– Scrollbox 374 f– Umfang 207 ff, 357 ff, 365 f, 462 f,487 f– Verständlichkeit 380 ff– Verstoß gegen 29 f, 52 f, 420 ff– Zweistufigkeit 62 ff, 366, 425 finvitatio ad offerendum 215, 228,484Kauf auf Probe 257 fKaufpreisrückerstattung 292Klarheit der Informationen 369 ff,372 ffKombinierter Ansatz 49 ffKorrekturhilfen 241 fKundendienst 229 fLadungsfähige Anschrift 211 ff,407 fLeistungsvorbehalte 216 ff, 462Lieferzeiten 224 ffLinks 372 f, 374 ff, 383 f, 475, 499Live-Shopping 388M-Commerce 6, 40Maßanfertigungen 129 ffMindestharmonisierung 18, 48, 51,59, 127, 492Musterwiderrufsbelehrung– Entstehung / Zweck 31 f, 34 f,432 ff– Fehlerhaftes Muster 432 ff, 437 ff,480– Fristbeginn 397 f, 444 f– Kritik 483– Neufassung 2004 434 ff– Neufassung 2008 442 ff– Privilegierung 433, 443Nachbarn, Annahme durch 187 fNeuordnung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s 445– Baldiger Änderungsbedarf 482 f– Gleichstellung von Auktionen484 ff– Informationspflichten 487 f– Widerrufsbelehrung 418 ff, 446,481 ff, 486 fNutzungsersatz, s. WertersatzOLG-Vertretungs-Änderungsgesetz30, 431<strong>Onlinehandel</strong>, Definition 5 fOrganisiertes Fernabsatzsystem101 ff, 494Originalverpackung, s. RücksendungPaketversandfähigkeit 275 ffPayPal 83, 97Pflichten <strong>im</strong> elektronischen Geschäftsverkehr236 ff– Bereitstellung von Korrekturhilfen237 f– Korrekturhilfen 241 f– Speicherbarkeit der Vertragsbest<strong>im</strong>mungen245– Technische Schritte des Vertragsschlusses239 ff– Verhaltenskodizes 242 f– Vertragssprache 242– Vertragstextspeicherung 241 ff– Zugangsbestätigung 243 f„Pizza-Klausel“ 113Powerseller 76 ffPreisangaben 218 ff, 367Privilegierung des Musters 433, 443Rechtsformzusatz 207 ffRechtsmissbrauch 286 ff, 326Reihenvorgänge 119Reisen, s. Touristische DienstleistungenRichtlinie über unlautere Geschäftspraktiken49, 52 f, 213, 366, 421,424 ff, 480Rückgaberecht 206, 269 f, 486– Paketversandfähigkeit 275 ff


534 Stichwortverzeichnis– Textform 272 ff– Vereinbarung 270 ff, 465 fRückgewähr Zug-um-Zug 293 ff,467Rücksendekosten 299 ff, 415, 468 f– 40-Euro-Klausel 35 f, 301 ff, 382,452– Frankierbitte 306 f– in den Mitgliedstaaten 300 f– Nach dem FernAbsG 22 ff– Nach der FARL 17 f, 45– Retourenaufkleber 307 ff– Schadensminderungspflicht 310 ff,469– Unfreie Rücksendung 305 ff– Versandarten 309 ffRücksendung– Kosten, s. Rücksendekosten– Annahmeverweigerung 278 f– Originalverpackung 45, 148 ff,298, 307, 313, 334 ff– Paketversandfähigkeit 275 ff, 291 f,466– Transportgefahr 296 ff, 416 f,468 fSchuldrechtsmodernisierungsgesetz27 ffScrollbox / Scrollen 371 f, 379Sprechender Link, s. LinkSubsidiaritätsprinzip 51Sukzessivlieferungen 190 fTeilzeit-Wohnrechte 110Teilwiderruf 284 f, 288„Tele-Einkauf“ 15, 18, 51, 451Telefonnummer in der Widerrufserklärung409Textform 64, 193 ff, 203 ff, 363,392 ff, 477– Bei Widerrufserklärung 266 f– Brief/Fax 195– E-Mail 195 f, 461 f– Internetseiten 196 ff, 461– nach VRRL-E 494 f– Rückgaberecht 272 ffTouristische Dienstleistungen 113 ff,494Transparenzgebot 204 f, 227, 292,367 ff, 372, 379 f, 392UGPRL, s. Richtlinie über unlautereGeschäftspraktikenUKlaG 420 fUnfreie Rücksendung, s. RücksendekostenUnternehmer– Beweislast 86 ff– Definition 75ff, 493– eBay-Problematik 76 ffUnwirksamkeit, schwebende 20, 23,274UWG 52, 421 ff, 480Verbraucher– Beweislast 86 ff– Definition 70 ff, 368 f, 493– Verbraucherschutzkonzepte 54 ffVerbraucherrechtsrichtlinie 489 ff– Anwendungsbereich 75, 102 f,493 ff– Ausnahmetatbestände 108 f, 494 f,504 ff– Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s282 f, 501 ff– Informationspflichten 374 f, 496 ff– Leistungsrückgewähr 295 f, 502 ff– Textform 494 f, 499– Widerrufsbelehrung 202 f, 419 f,447 f, 526 f– Widerrufsfrist 191 f, 500– Zweck 58 f, 489 ffVereine, gemeinnützige 70 fVerhaltenskodizes 16, 242 fVermittler 495 fVerpackung, s. Rücksendung - OriginalverpackungVersandhandel 6, 12Versandkosten, s. a. Rücksendekosten– Ausnutzen von Versandfreigrenzen287 f– Erstattung der Hinsendekosten313 ff, 415 f, 469, 488– Information über 219 ff, 414 ffVertragsschluss 239 ff, 247 ff, 351 fVertragssprache 242, 381 fVertragstextspeicherung 241 ffVersiegelung 170 ffVersteigerungen , s. AuktionenVertikaler Ansatz 49 fVideotext 15


Stichwortverzeichnis 535Vollharmonisierung 33, 49 ff, 259 f,365, 465, 492VRRL-E, s. VerbraucherrechtsrichtlinieWare, Definition 89 fWein 125 f, 455, 506 fWertersatz 321 ff, 458 f– Abnutzungsersatz 324– Allgemeine Rücktrittsregeln 321 ff,412 f, 470– Belehrungszeitpunkt 350 ff– best<strong>im</strong>mungsgemäße Ingebrauchnahme28 f, 337, 341 ff, 413 f– Beweislast / Haftung 338 f– durchschnittliche Mietkosten 323– für Originalverpackung 334 ff– für Verbrauch, Verschlechterung,Untergang etc. 331 ff– Höhe 332, 337 f, 350, 355– Information in Widerrufsbelehrung411 ff– nach AfA 322 f– nach FernAbsG-E 23 f– „Prüfung“ der Ware 345 ff, 472– Vereinbarkeit mit Gemeinschaftsrecht325 ff, 342 ff, 469 fWett- und Lotterie-Dienstleistungen175 ffWiderrufsbelehrung– Adressat 407 ff, 478– Angabe des Fristbeginns 398 ff.477 f– Belehrungszeitpunkt 65 f, 247 ff,386 ff, 393 ff– Inhalt 226 f, 358 ff, 393 ff– Integration in AGB 205 f, 382 ff,390 ff, 475– Mittels Grafik / PlugIn 369 ff– Muster, s. Musterwiderrufsbelehrung– Nichtbestehen, s. Ausnahmen vom<strong>Widerrufsrecht</strong>– Pflichterfüllung nach §§ 312c, 355389 f– Rechtsfolgen 411 ff, 445, 479– Unzulässige Einschränkungen409 f– Verstoß gegen 426 ff, 479 f– Zweistufigkeit 248, 426 ffWiderrufsfrist– Frist in den Mitgliedstaaten 44 f,185 f, 260 f, 510 f– Frist in Deutschland 396 f– Fristbeginn 186 ff, 203 ff, 396 ff,444 f, 460 f– Textform, s. TextformWiderrufsfristverlängerung 489– auf 1 Monat 32 f, 246 ff, 464 f– auf 3 Monate 259 ff– auf 6 Monate 28 ff, 36, 261 ff– unbefristet 30 ff, 37, 263 f<strong>Widerrufsrecht</strong>– Ausnahmen, s. Ausnahmen vom<strong>Widerrufsrecht</strong>– Ausübung s. Ausübung des <strong>Widerrufsrecht</strong>s– bei Haustürgeschäften 11, 96, 399– Grundlagen 8– Informationserteilung, s. a. Informationspflichten– Rückabwicklung <strong>im</strong> Falle des Widerrufs293 ff, 467– Teilwiderruf 284 f, 288– Zweck 9, 11, 61 f, 451Zeitungen / Zeitschriften 174 fZugangsbestätigung 243 f, 247

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