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Die Tierwelt der Hunte im Spiegel des Aquariums - Dr. Oliver-D. Finch

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<strong>Die</strong><strong>Die</strong> <strong>Tierwelt</strong> <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> <strong>im</strong><strong>Spiegel</strong> <strong>des</strong> <strong>Aquariums</strong>.......................<strong>Oliver</strong>-D. <strong>Finch</strong>


Will man sich mit <strong>der</strong> <strong>Tierwelt</strong> eines Flusses wie <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> beschäftigen, so wird man umgehend erschlagen von <strong>der</strong> ungeheurenVielfalt an Arten und Lebensgemeinschaften. Nur ausgewiesene Experten überblicken den gesamten Artenreichtum,und es bedarf allgemein erheblicher Anstrengungen, um sich überhaupt einen tiefergehenden Einblick zu verschaffen. EineAbhandlung <strong>des</strong> gesamten Tierreichtums <strong>im</strong> Rahmen <strong>des</strong> vorliegenden Ausstellungskatalogs würde <strong>des</strong>sen Umfang sichersprengen.An best<strong>im</strong>mten Tiergruppen führt kaum ein Weg vorbei: Da wären zunächst – nicht zuletzt auch <strong>im</strong> Zusammenhang <strong>des</strong><strong>Aquariums</strong> <strong>im</strong> Lan<strong>des</strong>museum für Natur und Mensch wesentlich – die Fische als die Tiergruppe, die den Menschen seitUrzeiten interessiert und fasziniert. Früher vor allem als Nahrungsmittel, heutzutage auch für Aspekte <strong>der</strong> Freizeit undErholung, wenn man den Begriff <strong>der</strong> „Sportfischerei“ entsprechend interpretieren möchte, sowie als Zeigerorganismen fürden Zustand unserer Gewässer. Weiterhin sind als Tiergruppen am und <strong>im</strong> Wasser zahlreiche Vogelarten sowie Amphibienzu nennen. Letztere sind ja zumin<strong>des</strong>t während ihrer Larvalentwicklung an das Wasser gebunden. Wirbellose Tiere stellenden größten Anteil an <strong>der</strong> Artenvielfalt, sind wichtige Nahrungsquelle für die Wirbeltiere und sind insofern aus demNahrungskreislauf eines Flusses nicht wegzudenken. Stellvertretend lassen sich Libellen, Eintags-, Köcher- und Steinfliegennennen, aber auch Süßwasserkrebse, Bachstrudelwürmer und zahlreiche weitere Tiergruppen gehören in einen intakten Bacho<strong>der</strong> Fluss. <strong>Die</strong>se von den Fischern gern als sogenannte „Fischnährtiere“ bezeichneten Kleinorganismen, also das ganzeSpektrum <strong>der</strong> zumin<strong>des</strong>t zeitweise <strong>im</strong> Wasser lebenden wirbellosen Tiere, sind ebenso Teil <strong>des</strong> Nahrungsnetzes, welches sichum und durch die <strong>Hunte</strong> rankt, wie <strong>der</strong> Mensch selbst als Fischzüchter und -verzehrer und die übrigen, die sich gern von Fischernähren: Eisvogel, Kormoran, Graureiher und Haubentaucher, um nur einige zu nennen. Das alles an dieser Stelle umfassendbesprechen zu wollen, würde sicher zu weit führen – es soll hier ja kein Lehrbuch zur L<strong>im</strong>nologie (= Ökologie <strong>des</strong> Süßwassers)o<strong>der</strong> ein ausführliches Fachbuch zur Biologie und Ökologie <strong>der</strong> Süßwasserfische (z. B. Gerstmeier & Romig 2003) entstehen.Fische nehmen <strong>im</strong> Aquarium <strong>des</strong> Oldenburger Lan<strong>des</strong>museums für Natur und Mensch den zentralen Teil <strong>der</strong> Ausstellung ein. <strong>Die</strong>sist bei einem Aquarium auch naheliegend, nicht zuletzt, weil lebende Tiere in einem Museum <strong>im</strong>mer eine beson<strong>der</strong>e Attraktionsind. In den nachfolgenden Ausführungen sollen daher die Fische ebenfalls eine zentrale Stellung einnehmen – sie werdengewissermaßen als „verdiente Stellvertreter“ für die <strong>Tierwelt</strong> in <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> herangezogen. Eine solche Stellvertreterfunktionkommt ihnen auch in an<strong>der</strong>em Rahmen zu: so haben sich Fische als relativ langlebige Wirbeltiere als Zeigerorganismen <strong>des</strong>Umweltzustan<strong>des</strong> von Fließ- und Stillgewässern bewährt. Eben diese Eignung <strong>der</strong> Fische als Bioindikatoren macht man sich bei<strong>der</strong> biologischen Beurteilung von Gewässerzuständen bereits seit einigen Jahrzehnten zu Nutze. Jüngst haben sie durch die EG-Wasserrahmenrichtlinie (EG-WRRL) nochmals eine Stärkung dieser Funktion erfahren. <strong>Die</strong> Fische stellen neben <strong>der</strong> Gewässerflora(Phytoplankton, Phytobenthos und Makrophyten) sowie den benthischen Wirbellosen (Makrozoobenthos) eine <strong>der</strong> fünf standardmäßigzu untersuchenden biologischen Qualitätskomponenten von Gewässerzuständen gemäß EG-WRRL dar.Immer schön <strong>der</strong> Reihe nach? – <strong>Die</strong> Längszonierung <strong>der</strong> Lebensgemeinschaften in <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong>Für die <strong>Hunte</strong> zwischen Mittellandkanal und ihrer Mündung in die Weser sind <strong>im</strong> Jahre 2007 Anfor<strong>der</strong>ungen an dieWasserqualität erlassen worden, die eine Min<strong>des</strong>tqualität vorschreiben und einer Verschlechterung unter best<strong>im</strong>mteGrenzwerte entgegenwirken sollen (Nds.GVBl. 2007). Demnach wurde <strong>der</strong> gesamte Bereich als Cyprinidengewässer eingestuft,in denen Fischarten aus <strong>der</strong> Familie <strong>der</strong> Karpfen (Cyprinidae) o<strong>der</strong> Fischarten wie Hecht (Esox lucius), Flussbarsch (Percafluviatilis) und Aal (Anguilla anguilla) leben o<strong>der</strong> leben können. Das liefert uns Hinweise auf das Vorkommen von Fischarten– doch ist es mit diesen Arten bei weitem nicht getan. Insgesamt gehören beachtliche 3/4 <strong>der</strong> in Nie<strong>der</strong>sachsen he<strong>im</strong>ischenFischarten zum natürlichen Artenspektrum <strong>des</strong> Einzugsgebietes <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong>. Min<strong>des</strong>tens 37 Fischarten treten bzw. traten hierauf (Gau m e rt & Kä m m e r e i t 1992). Wir haben uns also mit einer großen Artenvielfalt allein bei dieser Tiergruppe zu befassen.41


<strong>Die</strong> <strong>Hunte</strong> macht in ihrem 174 km langen und 160 Höhenmeter umfassenden Verlauf auch hinsichtlich ihrer Besiedlungdurch Lebewesen eine wechselvolle „Laufbahn“ durch. Sie stellt das Verbindungsgewässer <strong>der</strong> naturräumlichen Region„Ems-<strong>Hunte</strong>-Geest“ <strong>im</strong> Nie<strong>der</strong>sächsischen Fliessgewässerschutzsystem dar (Rasper et al. 1991) und hat insofern seitens <strong>des</strong>Naturschutzes eine beson<strong>der</strong>e Bedeutung in <strong>der</strong> Region zugewiesen bekommen. Auch für die Umsetzung <strong>der</strong> EG-WRRL istdie <strong>Hunte</strong> von vordringlichem Interesse: Ein Modellprojekt befasst sich aktuell mit <strong>der</strong> exemplarischen Umsetzung <strong>der</strong> für dieWasserrahmenrichtlinie relevanten Themen an <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> (vgl. www.fgg-weser.de).Europäisches Schutzgebiet am <strong>Hunte</strong>-OberlaufIm Oberlauf zwischen <strong>der</strong> Quelle <strong>im</strong> Naturpark NördlicherTeutoburger Wald-Wiehengebirge und <strong>der</strong> Ortschaft Rabbertritt als „Leitfisch“ <strong>der</strong> Forellenregion die Bachforelle (Salmotrutta f. fario) auf, die hier auch ihren Verbreitungsschwerpunktin <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> hat und streckenweise die am häufigstenanzutreffende Fischart ist. Sie gehört zu den Lachsfischen(Salmonidae) und stellt an ihren Lebensraum hinsichtlichWasserbeschaffenheit und -struktur recht hohe Ansprüche. Sodarf die Wassertemperatur 18° C nicht über längere Zeit überschreiten.<strong>Die</strong> Bachforelle ist also eine stenotherme Fischart,Abb. 30: Bachforelle (Foto: R. König).die nur innerhalb eines engen Temperaturbereichs leben kann.Einstandsplätze hinter Steinen, unter überhängendem Ufero<strong>der</strong> Wurzeln sind für das Vorkommen <strong>der</strong> Bachforelle ebenfalls wichtig. Bachforellen sind standorttreu und verteidigenihren Standplatz gegenüber Konkurrenten, sie haben also Reviere. <strong>Die</strong> Nahrungsgrundlage bilden vor allem Wirbellose,bei größeren Exemplaren (Bachforellen können eine Körpergröße von 50 cm erreichen) auch Kleinfische. Auch wenn dasVorkommen <strong>der</strong> Bachforelle <strong>im</strong> Oberlauf <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> wohl überwiegend auf Besatzmaßnahmen und Stützungen <strong>des</strong> Bestan<strong>des</strong>zurückzuführen ist, hat man doch einen sich teilweise selbst fortpflanzenden Bestand wie<strong>der</strong> etablieren können, wie durchnachgewiesene Bachforellenbrut belegt ist (Gau m e rt & Kä m m e r e i t 1992, Gieselmann 1994). Weitere, nördlich <strong>des</strong> Dümmersgelegene Vorkommen <strong>der</strong> Bachforelle sind <strong>im</strong> <strong>Hunte</strong>einzugsgebiet z. B. aus <strong>der</strong> Aue und <strong>der</strong> K<strong>im</strong>merbäke bekannt (Gau m e rt& Kä m m e r e i t 1992).Abb. 31: Europäischer Edelkrebs (Foto: R. König).Erwähnenswert für diesen Bereich <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> sind auch diehistorisch belegten Vorkommen <strong>des</strong> Fluss- o<strong>der</strong> Edelkrebses(Astacus astacus), <strong>der</strong> ursprünglich min<strong>des</strong>tens zwischenBarkhausen und Bohmte vorgekommen sein soll. Anfang <strong>der</strong>1990er Jahre hat man hier sogar Wie<strong>der</strong>ansiedlungsversucheunternommen (Gieselmann 1994). Im übrigen <strong>Hunte</strong>gebiettritt die Art heute wohl nicht mehr auf (Suhrhoff & Gu m p r e c h t1997). Heute wird <strong>der</strong> he<strong>im</strong>ische Edelkrebs, von dem in ganzNie<strong>der</strong>sachsen nur noch wenige isolierte Vorkommen existieren(Gau m e rt & Kä m m e r e i t 1993), in den meisten Gewässerndurch den kleineren Kamberkrebs (Orconectes l<strong>im</strong>osus), <strong>der</strong>auch als Amerikanischer Flusskrebs bezeichnet wird, ersetzt.<strong>Die</strong>se Art ist gegenüber einer als „Krebspest“ bezeichneten42


Pilzerkrankung selbst <strong>im</strong>mun, überträgt sie aber auf den he<strong>im</strong>ischen Edelkrebs und gefährdet so die Restbestände dieser Art.Der Edelkrebs ist seit Ende <strong>des</strong> 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts durch die Erkrankung in ganz Mitteleuropa an den Rand <strong>des</strong> Aussterbensgebracht worden. Auch ist <strong>der</strong> Amerikanische Flusskrebs unempfindlicher gegen Gewässerverschmutzung, geringeSauerstoffkonzentrationen und technischen Gewässerverbau inklusive <strong>der</strong> damit verbundenen Strukturverluste.Insgesamt handelt es sich bei dem obersten Abschnitt <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> um einen sehr wertvollen Lebensraum. <strong>Die</strong>s kommt auch dadurchzum Ausdruck, dass dieser Bereich als sog. „FFH-Gebiet“ Bestandteil eines – entsprechend <strong>der</strong> EG-Richtlinie 92/43/EWG über dieErhaltung <strong>der</strong> natürlichen Lebensräume sowie <strong>der</strong> wildlebenden Tiere und Pflanzen (Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie) – europaweitzusammenhängenden Netzes von Schutzgebieten ist. Neben dem <strong>Hunte</strong>-Oberlauf, <strong>der</strong> sich streckenweise durch erfreulich naturnaheZustände auszeichnet, wurden <strong>im</strong> weiteren Verlauf <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> <strong>im</strong> Wesentlichen noch <strong>der</strong> Dümmer sowie die <strong>Hunte</strong> unterhalbvon Wil<strong>des</strong>hausen bis zu ihrer Mündung in die Weser sowie das Tal <strong>der</strong> Lethe ebenfalls als FFH-Gebiete ausgewiesen.Vom Düker unter dem Mittellandkanal, durch den Dümmer und die Stauwehrstrecke bis Wil<strong>des</strong>hausen<strong>Die</strong> unterhalb <strong>der</strong> Ortschaft Rabber bis zum Düker unter dem Mittellandkanal gelegene Gewässerstrecke <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> kann ebenfalls<strong>der</strong> sog. „Salmonidenregion“ zugeordnet werden (Gaumert & Kämmereit 1992). Bachforelle, Koppe (Gobio gobio) und Schmerle(Barbatula barbatula) sind hier allerdings nur gering vertreten,und die Habitatvielfalt ist eingeschränkt. In diesem Bereichsind vermehrt bereits sog. „Weißfische“ aus <strong>der</strong> Familie <strong>der</strong>Cyprinidae, v. a. Rotaugen (Rutilus rutilus), anzutreffen, die nichtals standorttypisch angesehen werden können und insoferneinen menschlichen Einfluss deutlich machen: den sich schnellerwärmenden, streckenweise verschlammten und strömungsarmenRückstaubereich <strong>der</strong> Wittlager Mühle. Das Rotauge ist alseurytope Fischart auch sonst <strong>im</strong> gesamten <strong>Hunte</strong>einzugsgebietsehr weit verbreitet und gehört zu den häufigsten Arten.Schwerpunktmässig besiedelt es tiefere, nicht zu schnell fließendeGewässerabschnitte <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> und ihrer NebengewässerAbb. 32: Rotauge/Plötze (Foto: R. König).sowie verschiedenste Stillgewässer inkl. <strong>des</strong> Dümmers.Unweit unterhalb <strong>des</strong> Kanaldükers unter dem Mittellandkanal beginnt heute nach massiven Ausbaumaßnahmen in den 1950erJahren die Cyprinidenregion <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong>, d. h. hier herrschen langsam fließende, krautreiche und sommerwarme Bedingungenvor. Solche Bedingungen würden natürlicherweise erst unterhalb <strong>des</strong> Dümmers, wo die <strong>Hunte</strong> gefällearm die <strong>Die</strong>pholzerMoornie<strong>der</strong>ung durchquert, herrschen. Im gesamten Abschnitt kommen heute Eutrophierungserscheinungen durch Einträgevon Nährstoffen aus den angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen als negative menschliche Einwirkungen hinzu, sodass eswährend <strong>der</strong> Sommermonate zu starkem Pflanzenwuchs kommt. Unmittelbar ober- und auch unterhalb <strong>des</strong> Dümmers erreicht die<strong>Hunte</strong> lediglich die Gewässergüteklasse III – sicherlich ein Zustand, <strong>der</strong> in den nächsten Jahren weiter verbessert werden muss.Unter den Raubfischen sind hier Flussbarsch (Perca fluviatilis) und Hecht (Esox lucius) weit verbreitet. Der Flussbarsch ist ähnlich wiedas schon erwähnte Rotauge in <strong>der</strong> gesamten <strong>Hunte</strong> ebenfalls sehr weit verbreitet und streckenweise sehr häufig; er ist in vielenAbschnitten neben Aal und Rotauge die häufigste Fischart. Ausgewachsene Flussbarsche leben räuberisch von kleineren Fischen,oft auch kannibalisch von Artgenossen. Der Hecht, die einzige mitteleuropäische Art aus <strong>der</strong> Familie <strong>der</strong> Hechte (Esocidae), kannsich in <strong>der</strong> ausgebauten <strong>Hunte</strong> kaum selbständig vermehren (Gieselmann 1994). Seine Populationen sind in den ausgebauten43


Abb. 33: Flussbarsch (Foto: R. König).Gewässerabschnitten durch das Fehlen natürlicher Laichgründe(z. B. Überschwemmungsflächen in <strong>der</strong> Aue) auf regelmäßigeBestandsstützungen durch Besatzmaßnahmen angewiesen. Ergehört zu den beliebtesten Fischen <strong>der</strong> Sportfischerei. Als einer<strong>der</strong> größten he<strong>im</strong>ischen Raubfische – er erreicht Körperlängenvon bis zu 1,5 m – kann <strong>der</strong> Hecht Weißfischbestände regulieren.Allerdings jagen große, ältere Exemplare auch gerne Frösche,Entenkücken und kleinere Wasservögel. Als Lauerjäger jagt <strong>der</strong>Hecht von Unterständen aus o<strong>der</strong> streift auf seinen Beutezügenauch langsam schw<strong>im</strong>mend umher. In seinem Wohngewässerbenötigt er unbedingt ein Min<strong>des</strong>tmaß an Deckungsstrukturen.Gerade auch an solchen Standplätzen mangelt es ihm in ausgebautenFlussabschnitten.<strong>Die</strong> Bestände von Brasse (Abramis brama), Güster (Bliccabjoerkna), Aland (Leuciscus idus), Rotfe<strong>der</strong> (Scardinius erythrophthalmus)und Schleie (Tinca tinca) nehmen stromab <strong>des</strong>Kanaldükers z. T. erheblich zu, während diese Arten oberhalb<strong>des</strong> Dükers <strong>im</strong> FFH-Gebiet nur ausnahmsweise anzutreffensind. Sie ernähren sich von wirbellosen Bodentieren, wie etwaZuckmückenlarven, Schlammröhrenwürmern und sonstigenLarven l<strong>im</strong>nischer Insekten. Alle diese Arten sind nicht auffließen<strong>des</strong> Wasser angewiesen. Insbeson<strong>der</strong>e Rotfe<strong>der</strong> undSchleie bewohnen sogar in erster Linie Stillgewässer.Abb. 34: Hecht (Foto: R. König).Erfreulicherweise wurden bereits in den 1990er Jahren alle Querbauwerke, die den Fischwechsel zwischen Dümmer undKanaldüker behin<strong>der</strong>t haben, durch die Anlage von Sohlgleiten beseitigt (z. B. in <strong>Hunte</strong>burg), so dass die <strong>Hunte</strong> zwischenDümmer und Düker für Fische ohne Sohlabstürze passierbar ist (Gieselmann 1994).Abb. 35: Flussaal (Foto: R. König).Der Aal (Anguilla anguilla) gehörte bis in die 1990er Jahre zu denam weitesten verbreiteten Arten <strong>im</strong> <strong>Hunte</strong>-Gebiet. Auch heutedürfte <strong>der</strong> Aal noch weit verbreitet sein. Inwieweit sein Bestand<strong>im</strong> Zuge <strong>des</strong> weltweiten, extremen Rückganges <strong>des</strong> EuropäischenAals auch in <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> abgenommen hat, ist noch nicht genauzu beurteilen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass auch in <strong>der</strong><strong>Hunte</strong> die Bestandsdichte (erheblich) zurückgegangen ist. Der<strong>im</strong> Juni 2007 verabschiedete Vorschlag <strong>des</strong> EU-Fischereiratesfür eine Verordnung zu Maßnahmen zur Wie<strong>der</strong>auffüllung <strong>des</strong>Bestan<strong>des</strong> <strong>des</strong> Europäische Aals wird hoffentlich helfen, demweiteren Bestandsrückgang dieser „Allerweltsart“ Einhalt zugebieten, bevor sie das gleiche Schicksal erleidet wie vielean<strong>der</strong>e Arten: Ausrottung durch Menschenhand. Entsprechend<strong>der</strong> Vorstellungen <strong>der</strong> EU greift, sofern bis Ende 2008 durchdie Mitgliedsstaaten keine Managementpläne für den Aal44


<strong>Die</strong> Fische <strong>des</strong> DümmersIm mittleren Lauf <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> liegt <strong>der</strong> Dümmer, <strong>der</strong> mit einer Fläche von 13,5 km 2 nach dem Steinhu<strong>der</strong> Meer denzweitgrößten Binnensee Nie<strong>der</strong>sachsens darstellt. <strong>Die</strong> <strong>Hunte</strong> bildet den Hauptzufluss dieses Flachsees, <strong>der</strong> als sehrnährstoffreich (poly- bis hypertroph) einzustufen ist. Eine ehemals vorhandene, ausgedehnte Unterwasservegetationfehlt heute fast vollständig (Kä m m e r e i t et al. 2005).Insgesamt sind für den Dümmer aktuell 19 Fischarten nachgewiesen (Kä m m e r e i t et al. 2005 und eigene Beob.). Während<strong>der</strong> Dümmer noch in den 1980er Jahren individuenstarke, aber schlechtwüchsige („verbuttete“) Populationen <strong>der</strong> sog.„Weißfische“ Brassen, Güster und Rotauge beherbergte, sind die Bestände seit Ende <strong>der</strong> 1990er Jahre allgemeinzurückgegangen, wobei aber <strong>im</strong>mer noch die genannten drei Arten dominieren. Heute treten zwar wie<strong>der</strong> größere undsomit auch schwerere Individuen vermehrt auf, die Altersstrukturen <strong>der</strong> Bestände sind aber gestört; es fehlen vielfachFische mittleren Alters (Kä m m e r e i t et al. 2005). Der auf dem Dümmer tätige Berufsfischer klagt zudem über Rückgängebei den Wirtschaftsfischarten wie Aal, Hecht, Flussbarsch und Zan<strong>der</strong>. Be<strong>im</strong> Zan<strong>der</strong> etwa fallen über die Wintermonatev. a. die Jungfische <strong>des</strong> Vorjahres aus.<strong>Die</strong>se Bestandsverän<strong>der</strong>ungen bei den Fischen können mit <strong>der</strong> starken Zunahme <strong>des</strong> Kormorans am Dümmer und dementsprechend hohen Prädationsdruck auf die vorhandenen Fische in Zusammenhang gebracht werden. Der Kormorantritt am Dümmer inzwischen ganzjährig auf und ist insbeson<strong>der</strong>e in den Herbstmonaten sehr zahlreich zu beobachten.Hochrechnungen ergeben, dass am Dümmer <strong>im</strong> Mittel 24 t Fisch pro Jahr von diesem heute wie<strong>der</strong> allgemeinhäufigem Vogel gefressen werden (Kä m m e r e i t et al. 2005). Hinzu kommen durch Kormoran-Bisse verletzte Tiere inunbekannter Größenordnung. Damit liegt auf <strong>der</strong> Hand, dass <strong>der</strong> am Dümmer in großer Anzahl auftretende Kormoranmit <strong>der</strong> Berufsfischerei in erhebliche Konkurrenz tritt.erstellt werden, ein 15-tägiges Fangverbot für Aale pro Monat. <strong>Die</strong> Abwan<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> sog. „Blankaale“ in die Laichgründe<strong>der</strong> Sargassosee soll in den zu erstellenden Managementplänen ebenso sichergestellt werden wie ein ausreichen<strong>der</strong> Besatzvon Binnengewässern mit Glasaalen. <strong>Die</strong> erst vor weniger als 80 Jahren genauer erforschten Wan<strong>der</strong>ungen <strong>des</strong> Aales sindselbst heute vor dem Hintergrund <strong>der</strong> allgemeinen Globalisierung erstaunlich: <strong>Die</strong> erwachsenen Tiere verlassen ihre (mittel-)europäischen He<strong>im</strong>atgewässer, um in <strong>der</strong> Sargassosee <strong>im</strong> Atlantik vor Mittelamerika abzulaichen. Der Nachwuchs durchläuftverschiedene Stadien, wird zeitweise als „Weidenblattlarve“ bezeichnet, und wird mit dem Golfstrom über einen Zeitraum vondrei Jahren zurück zum europäischen Kontinent verdriftet, wo die Tiere dann als 6-7 cm lange „Glasaale“ <strong>im</strong> Frühjahr in denFlüssen aufsteigen. Früher geschah dies in so ungeheuer großen Schwärmen, wie man sie sich heute kaum noch vorzustellenvermag. <strong>Die</strong> Glasaale sind zu Millionen in kilometerlangen und mehrere Meter breiten Bän<strong>der</strong>n die Flüsse hinauf gestiegen.Heute sind es nur noch wenige Promille <strong>der</strong> früheren Mengen, allenfalls Zwirnsfäden, wenn man den Vergleich denn so ziehenwill. Aktuell ist <strong>der</strong> Aal massiv in seinen Beständen bedroht: Aus Fernost eingeschleppte Parasiten, <strong>der</strong> massenhafte Tod abwan<strong>der</strong>n<strong>der</strong>Blankaale in den Turbinen „umweltfreundliche“ Elektrizität erzeugen<strong>der</strong> Wasserkraftwerke, <strong>der</strong> Fang von zum Laichenins Meer wan<strong>der</strong>nden Blankaalen in Stellnetzen, die in den Flussmündungen gestellt werden, sowie <strong>der</strong> Fang von Glasaalen vor<strong>der</strong> spanischen und französischen Küste haben die ehemals großen Bestände weitgehend dahingerafft. Es ist also höchste Zeitfür ein umfassen<strong>des</strong> Schutzkonzept!<strong>Die</strong> Aalquappe o<strong>der</strong> Quappe (Lota lota) ist keineswegs mit dem Aal verwandt, son<strong>der</strong>n gehört als einzige binnenländisch lebendeFischart zu den Dorschartigen (Gadidae). <strong>Die</strong> Quappe ist nachtaktiv, und größere Individuen leben vorwiegend räuberisch.Auffälligstes Merkmal ist <strong>der</strong> einzelne Bartfaden („Bartel“) am Kinn. <strong>Die</strong> Bestände <strong>der</strong> Aalquappe sind <strong>im</strong> <strong>Hunte</strong>gebiet ebenfallsstark zurückgegangen. Insbeson<strong>der</strong>e die vielfach vorhandenen Querbauwerke mit z. T. wenig effektiven Fischtreppen dürften45


<strong>der</strong> Art geschadet haben, da sie die von <strong>der</strong> Aalquappe vorgenommenen Wan<strong>der</strong>ungen zwischen den Sommerquartieren <strong>im</strong>tieferen Wasser und weiter stromauf liegenden, zur Laichzeit (November-März) aufgesuchten kiesigen Bereichen unterbinden(Brumund-Rüther 1994).<strong>Die</strong> insgesamt wenigen Nachweise <strong>der</strong> Aalquappe aus dem Einzugsgebiet <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> liegen vor allem aus dem Bereich <strong>der</strong> sog.„Stauwehrstrecke“ <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> unterhalb <strong>des</strong> Dümmers in <strong>der</strong> <strong>Die</strong>pholzer Moornie<strong>der</strong>ung und <strong>der</strong> Cloppenburger Geest vor(z. B. bei Colnrade). <strong>Die</strong>ser <strong>Hunte</strong>abschnitt ist ebenfalls <strong>der</strong> Cyprinidenregion zuzuordnen und weist teilweise einen stillgewässerähnlichenCharakter auf (Gau m e rt & Kä m m e r e i t 1992, He<strong>im</strong> & Kairies 1993). <strong>Die</strong> Stauregulierung und <strong>der</strong> stark begradigteVerlauf führen allerdings zu einer geringen Vielgestaltigkeit und zu einer überwiegend naturfernen Gewässermorphologiedieser 45 km langen Strecke <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong>. Auch hier fehlt es an Überschwemmungsflächen, die z. B. dem Hecht als Laichhabitatdienen könnten. Durch die vorherrschenden Bedingungen werden strömungsliebende Arten wie Döbel (Leuciscus cephalus),Hasel (Leuciscus Leuciscus) und Aland (Leuciscus idus) zurückgedrängt. Auch anspruchsvolleren Arten <strong>der</strong> Stillgewässer wieKarausche (Carassius carassius) und Schlammpeitzger (Misgurnus fossilis) fehlt es an Lebensraum, da <strong>der</strong> Fluss von seiner Auemit entsprechenden Stillwasserbereichen abgekoppelt ist.<strong>Die</strong> Erosionsstrecke unterhalb von Wil<strong>des</strong>hausenUnterhalb von Wil<strong>des</strong>hausen schließt sich die bei Kanusportlern und Strömungsbereiche bevorzugenden Tierarten gleichermaßenbeliebte „Erosionsstrecke“ <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> an, ein relativ naturnaher, aber teilbegradigter Abschnitt <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong>. <strong>Die</strong> gewässereigeneDynamik konnte hier vielfältigere Strukturen <strong>im</strong> Gewässerbett schaffen, die in an<strong>der</strong>en <strong>Hunte</strong>abschnitten heutelei<strong>der</strong> fehlen (He<strong>im</strong> & Kairies 1993). Aufgrund <strong>der</strong> historischen Begradigungen und damit einhergehenden Verkürzungen <strong>des</strong><strong>Hunte</strong>laufs in diesem Bereich treten relativ hohe Fließgeschwindigkeiten auf. Infolge dieser Fließgeschwindigkeiten und wegen<strong>der</strong> fehlenden Geschiebefracht aus oberhalb gelegenen Bereichen (Stauwehrstrecke) hat sich die <strong>Hunte</strong> seit 1954 um mehrals 1 m tief ins Gelände eingegraben (He<strong>im</strong> & Kairies 1993). Im Zusammenhang mit dieser Tiefenerosion treten z. T. großeUferabbrüche auf. <strong>Die</strong>ser Situation versucht man <strong>der</strong>zeit durch den Wie<strong>der</strong>anschluss von Altarmen o<strong>der</strong> die Neuanlage entsprechen<strong>der</strong>Gewässerabschnitte entgegenzuwirken. So wurde bei Dötlingen 1995 ein erstes Pilotprojekt zur Laufverlängerungmittels zweier neu angelegter, insgesamt 700 m langer Schleifen durchgeführt. Der ursprünglich von Menschenhand begradigte<strong>Hunte</strong>lauf stellt dann die „Altarme“ von morgen und liefert wichtige Rückzugsgebiete u.a. für Stillwasserbereichebevorzugende juvenile Hechte, Güstern und Alande. Weitere vergleichbare Vorhaben unterhalb von Wil<strong>des</strong>hausen befindensich <strong>der</strong>zeit in Planung und sollen den <strong>Hunte</strong>lauf um insgesamt bis zu drei Kilometer verlängern.Abb. 36: Hasel (Foto: R. König).Hinsichtlich ihrer Fischfauna ist die Erosionsstrecke ebenfalls<strong>der</strong> Cyprinidenregion zuzuordnen, ganz so, wie esdie eingangs erwähnte Verordnung „vorsieht“ (Gau m e rt &Kä m m e r e i t 1992) – auch wenn eine genaue Klassifizierungnach Fischregionen aufgrund <strong>der</strong> menschlichen Einflüsse und<strong>der</strong> damit einhergehenden Verän<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> Strukturund in den Fließgeschwindigkeiten heute schwierig ist.Strömungsliebende Fischarten wie Hasel und Döbel sind <strong>im</strong>Bereich <strong>der</strong> Erosionsstrecke deutlich häufiger als in <strong>der</strong> oberhalbgelegenen Stauwehrstrecke.Aus diesem Bereich stammen auch die wenigen rezenten Nachweise <strong>der</strong> rheophilen (strömungsliebenden), in Nie<strong>der</strong>sachsenstark gefährdeten Barbe (Barbus barbus) in <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> (Bohlen & Nolte 1998). <strong>Die</strong>se schon zu historischen Zeiten in <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong>46


seltene Fischart (Konken 1913) hat während verschiedener Lebensphasen wechselnde Ansprüche. So besiedeln die JungfischeFlachwasserbereiche, um dann später mit zunehmen<strong>der</strong> Körpergröße in Bereiche mit höherer Strömungsgeschwindigkeitzu wechseln. Kiesige Bereiche, z. B. in Rauschen (die in diesem <strong>Hunte</strong>abschnitt als „Franzosenschwellen“ bezeichnetenGrundbarrieren zur Sicherung <strong>der</strong> Sohle <strong>im</strong> verkürzten Flusslauf bilden u. a. solche Bereiche), dienen laichreifen Fischen möglicherweiseals Laichplätze. Eine Reproduktion <strong>der</strong> Barbe in <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> ist insofern wahrscheinlich, als dass es sich bei den vonBohlen & Nolte (1998) nachgewiesenen Barben um Jungfische handelte, die nicht aus <strong>der</strong> Weser zugewan<strong>der</strong>t sein können.In jüngster Zeit wurden von den ansässigen Fischereivereinen auch wie<strong>der</strong> Barben <strong>im</strong> <strong>Hunte</strong>gebiet ausgesetzt (mündl. Mitt.Salva).Festzuhalten ist, dass dieser Abschnitt <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> mit seinen teilweise naturnahen Nebengewässern, wie z. B. <strong>der</strong> Visbeker Aueund dem Altonaer Mühlenbach, vor allem auch durch das Vorkommen von kiesigen Substraten, die in die Nebengewässerheute auch z. T. künstlich (wie<strong>der</strong>-) eingebracht werden, von Bedeutung ist. Solche Kiesbänke stellen für die beson<strong>der</strong>sgefährdeten Kieslaicher, u. a. Meerforelle (Salmotrutta trutta), Barbe, Meerneunauge (Petromyzon marinus) sowie für dasLückensystem zwischen dem Kies besiedelnde Wirbellose essentielle Lebensräume dar. Heute haben Kiesbetten in unserenBächen und Flüssen Seltenheitswert, da sie bei Gewässerunterhaltungsmaßnahmen vielfach beseitigt wurden und z. T. <strong>im</strong>mernoch werden. Auch werden sie durch in die Gewässer eingetragene Feinstoffe überdeckt o<strong>der</strong> ihr Lückensystem wird verstopft(Suhrhoff & Gu m p r e c h t 1997).Überhaupt wären die Nebengewässer gerade in diesem Abschnitt <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> einer geson<strong>der</strong>ten Betrachtung wert: Durchausnoch vorhandene, (bedingt) naturnahe Abschnitte an verschiedenen Bächen laden zu interessanten Naturbeobachtungen ein.Zudem weisen die meisten Nebengewässer mit <strong>der</strong> Güteklasse II recht günstige Wasserverhältnisse auf (Suhrhoff & Gu m p r e c h t1997).Vielfach sind die Nebengewässer <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> allerdings stark begradigt, strukturarm und werden regelmäßig unterhalten. Sieentsprechen somit nicht einem natürlichem Zustand: Trapezförmige Profile <strong>des</strong> Gewässerlaufs, geringe Beschattung, monotonessandiges Substrat und gleichförmige Strömungsgeschwindigkeiten dominieren an vielen Stellen die kleineren und mittlerenFließgewässer und führen zu nur eingeschränkten Lebensraumqualitäten für Fische und an<strong>der</strong>e Lebewesen <strong>im</strong> und am Wasser(z. B. Dadau bei Vechta, Abschnitte <strong>der</strong> Katenbäke). So gibt es z. B. <strong>im</strong> Bereich <strong>der</strong> Ems-<strong>Hunte</strong>-Geest und <strong>der</strong> Dümmer-Geest-Nie<strong>der</strong>ung kein Gewässer, das nicht von Ausbaumaßnahmen betroffen wurde (Suhrhoff & Gu m p r e c h t 1997). Zudem macht diebis heute flächendeckend vorgenommene Unterhaltung an den meisten Stellen eine Neuentstehung von Fischeinstandsplätzendurch natürliche Dynamik unmöglich. So stellt, sofern nicht eine ökologisch orientierte Unterhaltung <strong>der</strong> Gewässer praktiziertwird, die maschinelle Gewässerunterhaltung mit Baggern an vielen Gewässern eine <strong>der</strong> Hauptgefährdungsursachen <strong>der</strong> aquatischenFauna dar (Suhrhoff & Gu m p r e c h t 1997).Historische Mühlenstaue an den gefällereichen Nebengewässern <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> schaffen zwar einerseits durch die obenliegendenMühlenkolke Lebensräume für viele Stillwasserbewohner, gleichzeitig werden aber durch diese heute teilweisezur Elektrizitätsgewinnung genutzten Bauwerke die Fließgewässer <strong>im</strong> Längsverlauf zerteilt und ganze Gewässerabschnitteabgeriegelt. Sofern keine Fischaufstiegshilfen installiert sind, sind die Gewässer außer vielleicht für den Aal nicht mehrfrei durchwan<strong>der</strong>bar, weil mehrere Meter hohe Abstürze solche Wan<strong>der</strong>ungen verhin<strong>der</strong>n. Hier gilt es, Planungen fürFischaufstiegshilfen o<strong>der</strong> Umgehungsgerinne zu beginnen bzw. die Umsetzung solcher Planungen zügig voranzutreiben, umendlich die Passierbarkeit <strong>im</strong> Längsverlauf <strong>der</strong> ökologisch zumeist wertvollen Nebengewässer <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> u. a. für die Fischewie<strong>der</strong> herzustellen. Markante Beispiele für Mühlenstaue an den Nebengewässern <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> <strong>im</strong> Naturraum <strong>der</strong> Ems-<strong>Hunte</strong>-Geest sind z. B. die zahlreichen (ehemaligen) Wassermühlen <strong>im</strong> Einzugsgebiet von Engelmannsbäke, Twillbäke und Aue sowieam Altonaer Mühlenbach, in Heinenfelde und in Moorbeck, von denen einzelne heute zur Elektrizitätsgewinnung genutztwerden (z. B. in Aumühle).47


<strong>Die</strong> Lethe und die Ahlhorner Fischteiche<strong>Die</strong> Lethe mit 35 km Lauflänge als eines <strong>der</strong> größeren Nebengewässer <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> ist einerseits selbst als Lebensraum interessant,wobei unter den auftretenden Fischarten Hasel, Aal, Bach- (Lampetra planeri) und Flussneunauge (Lampetra fluviatilis) sowie <strong>der</strong>Gründling beispielhaft genannt seien, an<strong>der</strong>erseits speist die Lethe die Teiche <strong>der</strong> zur Forstverwaltung Ahlhorn gehörenden staatlichenTeichwirtschaft und damit eine <strong>der</strong> größten Teichwirtschaften in Nie<strong>der</strong>sachsen. In diesem seit 1993 unter Naturschutzstehendem 485 ha großem Gebiet werden seit mehr als 100 Jahren u. a. Karpfen, Schleie, Regenbogenforellen, Hechte undZan<strong>der</strong> als Speisefische gezogen. Zeitweise umfasste die Teichwirtschaft 54 Teiche und max<strong>im</strong>al 200 ha Wasserfläche. Heute sindwegen Wassermangels meist nur noch 35 Teiche bzw. 120 ha Wasserfläche bewirtschaftet (Fenske 1999).Im Gebiet <strong>der</strong> Ahlhorner Fischteiche wurden bisher min<strong>des</strong>tens 204 Vogelarten, 237 Gefäßpflanzenarten, 39 Libellen- und11 Amphibienarten nachgewiesen. <strong>Die</strong> Ahlhorner Fischteiche beherbergen damit unter an<strong>der</strong>em lan<strong>des</strong>weit bedeutendeVorkommen an Amphibien und Libellen (z. B. Fenske 1999, Jödicke 2001). Fenske (1999) hat die Situation <strong>der</strong> AhlhornerFischteiche zusammenfassend dargestellt – eine Lektüre, die an dieser Stelle zum Weiterlesen über die Ahlhorner Fischteicheund ihre Umgebung empfohlen sei.Amphibien, Reptilien und Libellen <strong>im</strong> <strong>Hunte</strong>gebietAmphibien und ReptilienInsgesamt treten <strong>im</strong> <strong>Hunte</strong>einzugsgebiet 13 Amphibien- und 6 Reptilienarten auf (Sellmeier 1994, 1995). Hier sind faunistisch vonbeson<strong>der</strong>em Interesse die Vorkommen von Kreuzkröte, Knoblauchkröte, Laubfrosch, Kammmolch, Feuersalaman<strong>der</strong> und Zauneidechse.Für eine umfassende Darstellung zu den Amphibien und Reptilienarten sei auf die Arbeit von Sellmeier (1995) verwiesen.Liste <strong>der</strong> <strong>im</strong> <strong>Hunte</strong>gebiet auftretenden Amphibien und Reptilienarten (nach Sellmeier 1995).Erdkröte (Bufo bufo)Knoblauchkröte (Pelobates fuscus)Kreuzkröte (Bufo calamita)Grasfrosch (Rana temporaria)Moorfrosch (Rana arvalis)Laubfrosch (Hyla arborea)Seefrosch (Rana ridibunda)Teichfrosch (Rana kl. esculenta)Bergmolch (Triturus alpestris)Teichmolch (Triturus vulgaris)Kammmolch (Triturus cristatus)Fadenmolch (Triturus helveticus)Feuersalaman<strong>der</strong> (Salamandra salamandra)Abb. 37: Erdkröte (Foto: R. König).Abb. 38: Kreuzkröte (Foto: H. Klugkist).Blindschleiche (Anguis fragilis)Waldeidechse (Lacerta vivipara)Zauneidechse (Lacerta agililis)Kreuzotter (Vipera berus)Ringelnatter (Natrix natrix)Schlingnatter (Coronella austriaca)Abb. 39: Zauneidechse. (Foto: C. Ritzau)Abb. 40: Seefrosch (Foto: R. König).48


Insgesamt sind die Beziehungen <strong>der</strong> Amphibien und Reptilien zur <strong>Hunte</strong> stets lediglich mittelbar, wenn man von einzelnenAusnahmen absieht. D. h., dass die Arten zwar die Aue <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> und dort vorhandene Gewässer besiedeln, die unmittelbaren,fließenden Gewässer aber weitgehend meiden. Für Marschgebiete entlang <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> unterhalb von Oldenburgcharakteristisch ist z. B. die größte he<strong>im</strong>ische Froschart, <strong>der</strong> Seefrosch. Der zu den Grünfröschen gehörende Seefrosch macht<strong>im</strong> Frühjahr etwa ab Mitte Mai durch seine weithin hörbaren Froschkonzerte auf sich aufmerksam, die zuweilen sogar anGewässern <strong>im</strong> Oldenburger Stadtgebiet zu hören sind. <strong>Die</strong> Tiere laichen zwischen Mai und Juni in größeren Gruppen bevorzugtin pflanzenreichen Stillgewässern und Altarmen ab. Wie alle Grünfrösche lebt auch <strong>der</strong> Seefrosch ganzjährig ans Wassergebunden. Er untern<strong>im</strong>mt nur kleinere Wan<strong>der</strong>ungen zwischen verschiedenen Gewässern.Abb. 41: Feuersalaman<strong>der</strong> (Foto: R. König).Abb. 42: Teichmolch (Foto: R. König).Der Feuersalaman<strong>der</strong> stellt insofern eine Ausnahme dar, als er in kleinen Fließgewässern, oft in quellnahen Abschnitten,seinen lebend zur Welt gebrachten Nachwuchs absetzt. Der Feuersalaman<strong>der</strong> tritt entlang <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong>, wenn man einmalvon isolierten Populationen z. B. <strong>im</strong> Hasbruch absieht, lediglich zwischen <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong>quelle und dem Dümmer auf (Sellmeier1995). Abseits <strong>der</strong> Laichzeit leben die vorwiegend nachtaktiven Tiere vor allem in Laubholz-Altbeständen <strong>der</strong> Wäl<strong>der</strong>. <strong>Die</strong>Überwinterung erfolgt <strong>im</strong> Boden in Hohlräumen.Zu den wenigen Reptilienarten, die die Nähe <strong>des</strong> Wassersaufsuchen und die wie<strong>der</strong>holt auch direkt am <strong>Hunte</strong>ufer nachzuweisensind, gehört die Ringelnatter. Sie lebt bevorzugt anverschiedensten Gewässern (Teiche, Schlatts, Gräben, ungestörteFlussabschnitte). Es handelt sich um eine für den Menschen völligharmlose Natter, die – wie übrigens alle Nattern, nicht aber dieOttern – für den Menschen ungefährlich sind. <strong>Die</strong> Ringelnatterschw<strong>im</strong>mt gut und flüchtet oftmals auch über das Wasser, wenn<strong>der</strong> Mensch ihr zu nahe kommt. Sie ernährt sich hauptsächlichvon Fröschen, Molchen und Kröten sowie gelegentlich auch vonFischen und Mäusen. Ihre Eier legt sie <strong>im</strong> Frühjahr u. a. in Laub-,Kompost- o<strong>der</strong> Misthaufen ab, also überall dort, wo Wärme durchZersetzungsprozesse entsteht. Durch diese Wärme werden dieEier innerhalb von 60-75 Tagen ausgebrütet (Sellmeier 1995).Abb. 43: Ringelnatter (Foto: R. König).49


LibellenAbb. 44: Gebän<strong>der</strong>te Prachtlibelle (Foto: J. Johanning).Abb. 45: Blauflügelige Prachtlibelle (Foto: C. Ritzau).Zahlreiche Arten <strong>der</strong> Wirbellosen (z. B. Schwämme, Strudelwürmer, Eintagsfliegen, Steinfliegen, Köcherfliegen, Zweiflügler,verschiedene Wasserwanzen und -käfer) sind <strong>im</strong> nordöstlichen Weser-Ems-Gebiet nur noch <strong>im</strong> Bereich <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> und Delmeanzutreffen (Suhrhoff & Gu m p r e c h t 1997). Beispielhaft für diese zahlreichen Arten seien an dieser Stelle die Libellen angesprochen.Unter den Libellen <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> und ihrer Nebengewässer sind die beiden Fließgewässer besiedelnden, rheophilen (strömungsliebenden)Arten Gebän<strong>der</strong>te Prachtlibelle (Calopteryx splendens) und Blauflügelige Prachtlibelle (C. virgo) hervorzuheben. BeideArten gehören zur Ordnung <strong>der</strong> Kleinlibellen (Zygoptera). Ihre Männchen grenzen zur Fortpflanzungszeit <strong>im</strong> Mai/Juni Reviereab. Insbeson<strong>der</strong>e die Blauflügelige Prachtlibelle stellt hohe Ansprüche an die Strukturvielfalt und die Wasserbeschaffenheit.Besiedelt werden bevorzugt beschattete Bäche mit einzelnen sonnigen Lichtungen – Bedingungen, die zumeist mit hohenSauerstoffwerten und vergleichsweise niedrigen Wassertemperaturen einhergehen. <strong>Die</strong> Blauflügelige Prachtlibelle tritt nurnoch an einzelnen Nebenbächen <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> auf (Katenbäke, Visbecker Aue) (z. B. Ew e r s 1999), während ihre Schwesterart <strong>im</strong><strong>Hunte</strong>gebiet weit verbreitet ist und sogar die nur schwach strömende Stauwehrstrecke und an<strong>der</strong>e ausgebaute, krautreicheGewässerstrecken erfolgreich besiedelt.Abgesehen von den Prachtlibellen sind nur wenige Kleinlibellenauf strömende Gewässer angewiesen. Eine weitere Art ist dieVogel-Azurjungfer (Coenagrion ornatum), die <strong>im</strong> <strong>Hunte</strong>gebieteinzelne Wiesengräben in <strong>der</strong> Dümmernie<strong>der</strong>ung besiedelt(Ewers 1999). Sie gehört zu den Azurjungfern, <strong>der</strong>en Männchensich durch eine auffällige Blaufärbung auszeichnen. <strong>Die</strong> Vogel-Azurjungfer besiedelt <strong>im</strong> Allgemeinen flache und warme, langsamfließende Bäche und Wiesengräben in windgeschützterLage mit ausgedehnten Beständen <strong>der</strong> Bach-Berle (Berulaerecta), in die die Weibchen gerne ihre Eier ablegen (Altmülleret al. 1989, Ew e r s 1999). Ähnlich sind die Biotopansprüche<strong>der</strong> Helm-Azurjungfer (Coenagrion mercuriale), die ebenfalls inWiesengräben in <strong>der</strong> Dümmernie<strong>der</strong>ung anzutreffen ist. Abb. 46: Grüne Keiljungfer. (Foto: C. Ritzau)50


Abb. 47: Gemeine Keiljungfer (Foto: J. Johanning).Abb. 48: Grüne Mosaikjungfer bei <strong>der</strong> Eiablage (Foto: J. Ruddek).<strong>Die</strong> zu den Großlibellen (Anisoptera) gehörende Zweigestreifte Quelljungfer (Cordulegaster boltoni) ist vereinzelt <strong>im</strong><strong>Hunte</strong>gebiet anzutreffen. So liegt ein aktueller Nachweis aus <strong>der</strong> Umgebung von Wil<strong>des</strong>hausen vor (schriftl. Mitt. Liekweg2007). Heute nur noch <strong>im</strong> Oberlauf <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> (z. B. Bremkebach) tritt die Gestreifte Quelljungfer (Cordulegaster bidentata)auf (Ew e r s 1999, schriftl. Mitt. Liekweg 2007). Sie benötigt, ähnlich wie die Zweigestreifte Quelljungfer, kalte Bäche undQuellrinnsale als Lebensraum. <strong>Die</strong> Larven entwickeln sich über mehrere Jahre in solchen nährstoffarmen Gewässern.Im Gegensatz zu den Schwerpunktlebensräumen <strong>der</strong> vorangegangenen Arten besiedelt die Grüne Keiljungfer (Ophiogomphuscecilia) neben kleinen, sauberen, teilbeschatteten Bächen auch größere Flüsse. <strong>Die</strong> Großlibelle wurde aktuell aus dem Bereich<strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> unterhalb von Wil<strong>des</strong>hausen nachgewiesen (schriftl. Mitt. Liekweg 2007). Allgemein besiedelt sie Bäche und Flüssemit sandigem Grund, letztere u. a. auch <strong>im</strong> Bereich von Buhnenfel<strong>der</strong>n (Ew e r s 1999).Eine weitere typische Fließgewässerlibelle ist die Gemeine Keiljungfer (Gomphus vulgatiss<strong>im</strong>us), die langsam fließendeFlüsse und Wiesenbäche besiedelt. <strong>Die</strong>se Großlibellen-Art ist regelmäßig z. B. <strong>im</strong> Bereich <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> ober- und unterhalb vonWil<strong>des</strong>hausen nachweisbar (Suhrhoff & Gu m p r e c h t 1997). Sie ist, wie auch die an<strong>der</strong>en Fließgewässerlibellen, vor allem durchGewässerausbau und -unterhaltung in ihren Beständen bedroht.An stehenden Gewässern findet sich eine Vielzahl von Libellenarten. Als Beson<strong>der</strong>heit sei hier die Grüne Mosaikjungfer(Aeshna viridis) genannt, die zu den stark bedrohten Arten gehört. <strong>Die</strong> Grüne Mosaikjungfer vermehrt sich ausschließlichan Gewässern mit Beständen <strong>der</strong> Krebsschere (Stratiotes aloi<strong>des</strong>). Marschgräben o<strong>der</strong> Altarme mit entsprechendemPflanzenvorkommen stellen somit den Schwerpunktlebensraum dieser Libelle dar. <strong>Die</strong> Grüne Mosaikjungfer legt ihre Eier ausschließlichin die Blätter dieser Pflanzenart, die v. a. durch Gewässerunterhaltung und Nährstoffanreicherung gefährdet ist.<strong>Die</strong> <strong>Hunte</strong> unterhalb <strong>des</strong> Elektrizitätswerkes in OldenburgIn Oldenburg beginnt für die <strong>Hunte</strong> dann eine neue und vor ihrer Mündung in die Weser letzte Aufgabe: Sie wird zurBun<strong>des</strong>wasserstraße. In fast durchgängig mit Steinschüttungen befestigten, von Deichen gesäumten Ufern durchfließt siedie Wesermarsch. Durch Ausbaggerungen wird auch kleineren Seeschiffen, sog. Küstenmotorschiffen bis zu 4 m Tiefgang dieZufahrt zum Oldenburger Hafen ermöglicht. Hinsichtlich <strong>des</strong> Fischlebens hat dieser starke, naturferne Ausbau zu einer kanalisiertenSchifffahrtsstraße sicher eine extreme Einschränkung <strong>der</strong> Eignung als Lebensraum zur Folge: Natürliche Strukturen51


Abb. 49: Stör (Foto: W. Kehmeier).wie Flachwasserbereiche und Pflanzenbestände und die Vernetzung <strong>des</strong> Flusses mit seiner Aue sind gar nicht mehr o<strong>der</strong> nurnoch sehr eingeschränkt vorhanden, da sie einerseits dem Ausbau <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> zur Schifffahrtsstraße zum Opfer fielen undan<strong>der</strong>erseits Sielbauwerke die <strong>Hunte</strong> von den binnendeichs gelegenen Marschgewässern teilweise abriegeln. Eine natürlicheReproduktion <strong>der</strong> meisten Arten ist unter diesen Bedingungen kaum noch möglich. Als häufige Arten in <strong>der</strong> kanalisierten<strong>Hunte</strong> können heute Aal (Anguilla anguilla), Barsch (Perca fluviatilis), Zan<strong>der</strong> (San<strong>der</strong> lucioperca), Aland (Leuciscus idus) undFlun<strong>der</strong> (Platichthys flesus) sowie verschiedene Weißfische (Brasse, Güster, Rotauge) angesehen werden. Der bis zu einemMeter Körpergröße erreichende Zan<strong>der</strong>, ein zu den Barschartigen gehören<strong>der</strong> Raubfisch mit den charakteristischen zweiRückenflossen, war ursprünglich westlich <strong>der</strong> Weser nicht he<strong>im</strong>isch, son<strong>der</strong>n ist aus ostelbischen Gebieten eingebürgertworden. Er ernährt sich als Freiwasserjäger von kleineren Fischen und ist heute <strong>im</strong> gesamten <strong>Hunte</strong>gebiet weit verbreitet.Durch seine reflektierende Netzhaut ist er hervorragend an seine nachtaktive Lebensweise und an trübes Wasser angepasst,so dass <strong>der</strong> Zan<strong>der</strong> heute vielfach in nährstoffreichen, tieferen Gewässern gegenüber seinem Konkurrenten, dem Hecht, <strong>im</strong>Vorteil ist (Brumund-Rüther 1994).Auch <strong>der</strong> Stör (Acipenser sturio) war früher <strong>im</strong> Unterlauf <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> anzutreffen. <strong>Die</strong>s belegt ein Tier in <strong>der</strong> Sammlung <strong>des</strong>Lan<strong>des</strong>museums für Natur und Mensch (Bohlen 1996). Allerdings ist dieser größte Fisch <strong>der</strong> Flussunterläufe heute nicht nurin <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong>, son<strong>der</strong>n überall in Deutschland ausgestorben.Im Freiwasser u. a. <strong>der</strong> Flussunterläufe jagt <strong>der</strong> Rapfen (Aspius aspius). <strong>Die</strong>se Cypriniden-Art tritt auch in <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> unterhalbvon Oldenburg auf. Der Rapfen erreicht Körperlängen von bis zu 1,2 m, <strong>im</strong> Mittel aber meist 50-70 cm. Der Rapfen ist <strong>der</strong>einzige europäische Karpfenfisch, <strong>der</strong> sich als adultes Tier ausschließlich räuberisch von an<strong>der</strong>en Fischen ernährt.Als ein Einwan<strong>der</strong>er in diesem Bereich und auch in weiter stromauf gelegenen Abschnitten <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> muss abschließend nochdie zu den Kurzschwanzkrebsen gehörende Chinesische Wollhandkrabbe (Eriocheir sinensis) Erwähnung finden. Sie wurdeAnfang <strong>des</strong> 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts vermutlich mit Ballastwasser nach Europa eingeschleppt (Gau m e rt & Kä m m e r e i t 1993). Ihr heutestellenweise insbeson<strong>der</strong>e <strong>im</strong> küstennahen Unterlauf <strong>der</strong> Flüsse massenhaftes Auftreten bringt den Angler vielfach an den52


Abb. 50: Wollhandkrabbe (Foto: R. König).Rand <strong>der</strong> Verzweiflung. Nahezu alles, was sie überwältigenkann, egal ob Angelkö<strong>der</strong> o<strong>der</strong> Aas, wird durch diese eingeschleppteKrabbenart, die eine Körpergröße von bis zu 10 cm(ohne Beine) erreicht, verzehrt.<strong>Die</strong> Krabben vermehren sich <strong>im</strong> Brack- und Salzwasserv. a. <strong>im</strong> Wattenmeer und wan<strong>der</strong>n in den Frühjahrs- undSommermonaten bis zu 700 km stromaufwärts ins Süßwasserein. Wehre und an<strong>der</strong>e Hin<strong>der</strong>nisse werden dabei z. T. mit einem„Landgang“ überwunden. <strong>Die</strong> Bezeichnung „Wollhandkrabbe“ist übrigens auf den insbeson<strong>der</strong>e bei den Männchen auftretendendichten Haarpelz an den Scheren zurückzuführen.Lauter „kleine Fische“Innerhalb <strong>des</strong> Spektrums natürlich vorkommen<strong>der</strong> Kleinfische gibt es einige interessante Arten mit abson<strong>der</strong>lichem Äußereno<strong>der</strong> son<strong>der</strong>barem Namen. Zu ersteren gehört sicherlich die Mühlkoppe o<strong>der</strong> Groppe (Cottus gobio) aus <strong>der</strong> Familie <strong>der</strong>Cottidae. Ihr breiter, fast froschartig anmuten<strong>der</strong> Kopf mit sehr weiter, endständiger Mundspalte, die großen, segelförmigenFlossen, die Kiemendeckel mit einem kräftigen Stachel am Hinterrand und <strong>der</strong> schuppenlose Körper verleihen ihr eine unverkennbareGestalt. Zur Laichzeit zwischen Februar und Mai bauen die Männchen flache Gruben unter Steinen; die Eier werdenam Stein angeheftet, und das Nest wird vom Männchen bewacht. Mit einer max<strong>im</strong>alen Körperlänge von 18 cm gehört sie,wie alle übrigen hier behandelten Kleinfische, sicher nicht zu den für Sportangler interessanten Fischarten. Allerdings hatihnen ihre vermeintliche Schädlichkeit als Laichräuber lange Zeit geschadet. Inzwischen hat aber ein allgemeines Umdenkendazu geführt, dass die Anwesenheit <strong>der</strong> Mühlkoppe in einem Gewässer erfreut wahrgenommen und als Zeichen für guteWasserqualität verstanden wird.Mühlkoppen treten <strong>im</strong> Bereich <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> zusammen mit <strong>der</strong> Bachforelle <strong>im</strong> <strong>Hunte</strong>-Oberlauf bzw. den Nebenbächen <strong>im</strong>Osnabrücker Hügelland sowie in kleineren, gut durchströmten Zuflüssen <strong>der</strong> Cloppenburger und Delmenhorster Geest rechtweit verbreitet und z. T. häufig auf. Vorkommen <strong>im</strong> <strong>Hunte</strong>-Einzugsgebiet existieren z. B. <strong>im</strong> Bereich <strong>der</strong> Aue bei Wil<strong>des</strong>hausenund auch in <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> selbst in <strong>der</strong> sog. Erosionsstrecke. Auch begradigte Abschnitte kleinerer Nebengewässer wie z. B. <strong>der</strong>Katenbäke werden besiedelt.<strong>Die</strong> Mühlkoppe lebt fast ausschließlich am Boden und durchschw<strong>im</strong>mt fast nie das Freiwasser, so dass kleinste Wehreunüberwindbare Hin<strong>der</strong>nisse darstellen. Überhaupt ist es ein weit verbreiteter Irrglaube, dass unsere he<strong>im</strong>ischen FischartenSohlschwellen einfach überspringen könnten. <strong>Die</strong>s ist fast nur dem Lachs möglich – so wie man es in Filmaufnahmen ausKanada o<strong>der</strong> Skandinavien sehen kann. Fast allen übrigen Arten ist es nicht möglich, solche Schwellen zu überwinden – denKleinfischen schon gar nicht.Das Bachneunauge (Lampetra planeri) wäre als typischerweise mit <strong>der</strong> Mühlkoppe in den Bachoberläufen vergesellschafteteArt auch für den obersten <strong>Hunte</strong>-Abschnitt zu erwarten. Allerdings fehlen neuere Nachweise (Gaumert & Kämmereit 1992, Salva2005), wohingegen die Art für den Bereich <strong>des</strong> <strong>Hunte</strong>-Oberlaufs z. B. von Gieselmann (1994) noch erwähnt wird. Nachweise<strong>des</strong> Bachneunauges gibt es z. B. aus den Zuflüssen Katenbäke und Lethe, aus <strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Delmenhorster Geest entspringendenK<strong>im</strong>merbäke und einigen weiteren Nebengewässern <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> und <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> selbst (Gaumert & Kämmereit 1992, Suhrhoff &Gumprecht 1997). Strenggenommen gehören die Neunaugen gar nicht zu den eigentlichen Fischen, son<strong>der</strong>n werden systematischzu den Rundmäulern (Cyclostomata) bzw. zu den Agnatha gezählt, da ihnen Kiefer <strong>im</strong> Sinne <strong>der</strong> übrigen Wirbeltiere fehlen.<strong>Die</strong> Bezeichnung „Neunaugen“ resultiert aus den auf je<strong>der</strong> Körperseite vorhandenen sieben Kiemenöffnungen, einem Auge und53


Abb. 51: Flussneunauge (Foto: R. König).dem Nasenloch, woraus sich summarisch neun „Augen“ ergeben.Neunaugen leben als Larve, die als „Quer<strong>der</strong>“ bezeichnetwerden, <strong>im</strong> Sed<strong>im</strong>ent <strong>der</strong> Bäche und Flüsse. Das Bachneunaugeist dabei mehr o<strong>der</strong> weniger stationär auch <strong>im</strong> Erwachsenenalterin Bachoberläufen anzutreffen, während die SchwesterartenFlussneunauge (Lampetra fluviatilis) und Meerneunauge(Petromyzon marinus) zwischen dem Meer und Süßwasser wan<strong>der</strong>n,hier also während dieser Wan<strong>der</strong>ungen auch beson<strong>der</strong>enGefahren ausgesetzt sind. <strong>Die</strong> beiden letztgenannten Artenernähren sich nach Vollendung <strong>der</strong> Larvenstadien parasitischvon Fischen, indem sie sich mit ihrem Rundmaul anheften undGewebe und Lymphflüssigkeit aufsaugen.Aktuelle Belege für ein Vorkommen <strong>des</strong> Bitterlings (Rhodeus sericeus amarus) in <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> gibt es z. B. aus dem BereichColnrade. Allgemein werden von dieser zu den kleinsten europäischen Karpfenfischen gehörenden Art Stillgewässero<strong>der</strong> ruhige Flachwasserbereiche <strong>der</strong> Fließgewässer als Lebensraum bevorzugt. In Bezug auf seine Fortpflanzung ist <strong>der</strong>Bitterling hochgradig spezialisiert: <strong>Die</strong> Tiere laichen in lebende Großmuscheln <strong>der</strong> Gattungen Anodonta o<strong>der</strong> Unio. Für dieReproduktion <strong>des</strong> Bitterlings sind die Vorkommen solcher Muscheln also essentiell. <strong>Die</strong>se werden heute <strong>im</strong>mer noch zuoft z. B. während Unterhaltungsmaßnahmen beeinträchtigt,sodass fehlende Großmuschelvorkommen eine, aber nicht dieeinzige Gefährdungsursache für den nach <strong>der</strong> Roten Liste inNie<strong>der</strong>sachsen vom Aussterben bedrohten Bitterling sind. <strong>Die</strong>Männchen <strong>des</strong> 5-9 cm großen Bitterlings bilden während <strong>der</strong>Laichzeit zunächst ein Revier an einer Muschel aus. Dabeizeigen sie eine ausgeprägte, attraktive Laichfärbung und einengrobkörnigen Laichausschlag am Kopf. <strong>Die</strong> Weibchen legen miteiner langen Legeröhre ihre Eier in <strong>der</strong> Mantelhöhle <strong>der</strong> Muschel Abb. 52: Bitterling (Foto: R. König).ab. Das Männchen gibt unmittelbar anschließend seinen Samenüber <strong>der</strong> Atemöffnung <strong>der</strong> Muschel ab, sodass dieser durch die Muscheln eingesaugt wird und die Eier in <strong>der</strong> Mantelhöhle <strong>der</strong>Muschel befruchtet werden. Nach zwei bis drei Wochen Entwicklungszeit verlässt die Brut <strong>des</strong> Bitterlings die Muschel, in <strong>der</strong> <strong>der</strong>Laich bis dahin vor Fressfeinden und Verdriftung sicher war. Anzumerken ist, dass die Muscheln während <strong>der</strong> Entwicklung <strong>des</strong>Laichs <strong>des</strong> Bitterlings nicht beeinträchtigt werden.Abb. 53: Gründling (Foto: R. König).Neben Groppe, Bachneunauge und Bitterling als beson<strong>der</strong>seinprägsame Kleinfischarten sind folgende, wirtschaftlichunbedeutende Kleinfischarten <strong>im</strong> <strong>Hunte</strong>gebiet anzutreffen:Gründling (Gobio gobio), Hasel (Leuciscus leuciscus), Ukelei(Alburnus alburnus), Mo<strong>der</strong>lieschen (Leucaspius delineatus),Elritze (Phoxinus phoxinus), Neun- (Pungitius pungitius) und<strong>Dr</strong>eistacheliger Stichling (Gasterosteus aculeatus), Kaulbarsch(Gymnocephalus cernua) sowie die zu den Schmerlen(Cobitidae) gehörenden drei Arten Schmerle (Barbatula barbatula),Steinbeißer (Cobitis taenia) und Schlammpeitzger(Misgurnus fossilis).54


Gründling und Hasel sind <strong>im</strong> <strong>Hunte</strong>-Gebiet bis Oldenburg anzutreffen. Insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Gründling tritt in vielenGewässerstrecken <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> und ihrer Nebengewässer auf. <strong>Die</strong>ser kleine, fast drehrunde Fisch mit einer seitlichen Längsreihedunkler Flecken erreicht selten Körperlängen von mehr als 15 cm. Er ist einer unserer häufigsten einhe<strong>im</strong>ischen Kleinfische,<strong>der</strong> fließende Gewässer mit Sandgrund bevorzugt, aber als anpassungsfähige Art auch in Seen und Teichen auftreten kann.Zum Ablaichen <strong>im</strong> Frühjahr benötigt <strong>der</strong> Gründling Sand- o<strong>der</strong> Kiesgrund.Der strömungsliebende Hasel ist <strong>im</strong> Einzugsgebiet <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> ebenfalls weit verbreitet. Er ernährt sich von Kleintieren undtierischem Plankton. Hasel erreichen meist 15-20 cm Körpergröße und treten als Schwarmfische auf. Sie bevorzugen kleinereströmungsreiche Flüsse mit Sand- o<strong>der</strong> Kiesgrund als Lebensraum. <strong>Die</strong> Männchen entwickeln während <strong>der</strong> Laichzeit, wieübrigens viele an<strong>der</strong>e Karpfenfische (Cyprinidae) auch, einen feinkörnigen Laichausschlag.Der Ukelei o<strong>der</strong> Laube ist ein typischer Freiwasserfisch, <strong>der</strong> sich oberflächennah von Anflugnahrung ernährt. In <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> sindUkeleien <strong>im</strong> Bereich <strong>der</strong> Stauwehrstrecke, bei Colnrade und Dötlingen nachgewiesen. Streckenweise sind sie sehr häufig. <strong>Die</strong><strong>im</strong> Mittel 12-15 cm langen Fische leben nahe <strong>der</strong> Oberfläche am Ufer und auch <strong>im</strong> Freiwasser. Sie sind wichtige Beutefischefür viele Raubfischarten.Abb. 54: Mo<strong>der</strong>lieschen (Foto: R. König).Das Mo<strong>der</strong>lieschen tritt vereinzelt <strong>im</strong> Strom <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> auf,wobei es in träge fließenden Abschnitten wie z. B. beiColnrade häufiger sein kann; eigentlich ist das Mo<strong>der</strong>liescheneine typische Art <strong>der</strong> Marsch- und Auengewässer, da es bevorzugtkrautreiche Altarme, Weiher und Kleingewässer besiedelt.Es handelt sich um einen kleinen Karpfenfisch (Cyprinidae),<strong>der</strong> meist 6-8 cm groß wird. Mo<strong>der</strong>lieschen besiedeln alsSchwarmfische oberflächennahe Wasserschichten und ernährensich überwiegend von Plankton.<strong>Die</strong> strömungsliebende Elritze ist aktuell nur aus dem Bremkebach <strong>im</strong> <strong>Hunte</strong>-Oberlauf bekannt (Salva 2005). Ob ihr Vorkommendort sich selbst reproduziert o<strong>der</strong> auf Wie<strong>der</strong>ansiedlungsmaßnahmen, wie sie Gieselmann (1994) erwähnt, zurückzuführen ist,ist nicht bekannt, zumal Salva (2005) nur zwei adulte Einzeltiere nachweisen konnte.Abb. 55: Elritze (Foto: R. König).Abb. 56: <strong>Dr</strong>eistacheliger Stichling (Foto: R. König).55


Abb. 57: Kaulbarsch (Foto: R. König).Der <strong>Dr</strong>eistachelige Stichling tritt in standorttreuen Populationen entlang <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> ebenfalls in den auf <strong>der</strong> Delmenhorsterund Cloppenburger Geest entspringenden Nebengewässern sowie in <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> selbst recht weit verbreitet auf. In <strong>der</strong>Wesermarsch ist die Art ebenfalls anzutreffen; hier handelt es sich aber möglicherweise um die vorwiegend marin lebende,anadrome Wan<strong>der</strong>form.Der Neunstachelige Stichling, auch als Zwergstichling bezeichnet, präferiert weniger strömende bis stehende Gewässerabschnitte.Daher sind seine Nachweise <strong>im</strong> eigentlichen <strong>Hunte</strong>-System wenig zahlreich und beschränken sich weitgehend auf die kleinerenNebengewässer. Es ist jedoch davon auszugehen, dass auch die Gräben in <strong>der</strong> Aue vielfach besiedelt sind. Beide Stichlingsartensind durch ihre Stacheln übrigens nur begrenzt vor großen Raubfischen geschützt – sie gehören beispielsweise zur Hauptbeute<strong>des</strong> Aals (Brumund-Rüther 1994). Beide he<strong>im</strong>ischen Arten <strong>der</strong> Stichlinge legen Nester an, in denen <strong>der</strong> Laich ablegt wird und dieanschließend durch das Männchen bis zum Schlupf <strong>der</strong> Nachkommen bewacht werden.Der zu den Barschartigen (Perciformes) gehörende, <strong>im</strong> Allgemeinen 10-15 cm groß werdende Kaulbarsch ist eigentlich einCharakterfisch <strong>der</strong> sog. Kaulbarsch-Flun<strong>der</strong>-Region <strong>der</strong> Flussunterläufe, kurz vor ihrer Mündung ins Meer. In <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> ist eraußer in dem Abschnitt unterhalb Oldenburgs auch in weiter stromauf gelegenen, ruhigeren stauregulierten Abschnitten zufinden. So tritt er z. B. unterhalb <strong>des</strong> Dümmers (Brumund-Rüther 1994) und bei Dötlingen auf.Aktuelle Vorkommen <strong>der</strong> Schmerle sind nur für das FFH-Gebiet <strong>im</strong> <strong>Hunte</strong>-Oberlauf und den dortigen Nebenbächen belegt(Salva 2005). <strong>Die</strong>se ansonsten wenig anspruchsvolle, typische Begleitfischart in <strong>der</strong> Salmonidenregion ist <strong>im</strong> <strong>Hunte</strong>gebietdamit nur selten anzutreffen und <strong>im</strong> Vergleich zu ihrer lan<strong>des</strong>weiten Verbreitung deutlich unterrepräsentiert. <strong>Die</strong> Schmerlewird max<strong>im</strong>al 16 cm groß und hat drei Paar Bartfäden am Maul (sogenannte „Barteln“). Massenauftreten <strong>der</strong> Schmerle auchin ausgebauten Gewässern sind nicht selten (z. B. <strong>im</strong> Emseinzugsgebiet).56


Abb. 58: Steinbeißer (Foto: R. König).Der in den Roten Listen als stark gefährdet eingestufte Steinbeißerist in <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> nördlich und südlich <strong>des</strong> Dümmers sowie <strong>im</strong>Bereich <strong>der</strong> Delmenhorster Geest anzutreffen. Auch aus <strong>der</strong>Haaren westlich <strong>des</strong> Oldenburger Stadtgebietes sind Nachweise<strong>des</strong> Steinbeißers bekannt. Doch frisst <strong>der</strong> Steinbeißer, <strong>der</strong> auch alsDorngrundel bezeichnet wird, keineswegs Steine. Der bis 12 cmlanggestreckte Bodenfisch lebt tagsüber <strong>im</strong> Substrat vergrabenund begibt sich nachts auf die Suche nach am Boden lebendenWirbellosen. Allgemein werden vom Steinbeißer langsam fließendeund stehende Gewässer besiedelt. Dabei werden lockere,frische Feinsubstrate mit Korngrößen von 0,1-1 mm und feinerSand mit organischen Anteilen präferiert. In Deutschland liegt<strong>der</strong> Verbreitungsschwerpunkt <strong>des</strong> Steinbeißers eindeutig in <strong>der</strong>Norddeutschen Tiefebene. Als Hauptgefährdungsursachen werdenfür die Populationen <strong>des</strong> Steinbeißers Wasserverschmutzung,Vernichtung o<strong>der</strong> Ausräumung von Kleingewässern angegeben.Ein <strong>im</strong> <strong>Hunte</strong>gebiet selten nachgewiesener Charakterfisch <strong>der</strong> Gräben und Stillgewässer ist <strong>der</strong> ebenfalls in den Roten Listenals stark gefährdet eingestufte Schlammpeitzger. Nachweise dieser allgemein schwer nachweisbaren Art liegen z. B. ausdem Einzugsgebiet <strong>der</strong> Wagenfel<strong>der</strong> Aue vor (Gau m e rt & Kä m m e r e i t 1992). Auch in an<strong>der</strong>en Augewässern, z. B. auch in denGräben <strong>der</strong> huntenahen Wesermarsch, ist die Art zu erwarten. Der Schlammpeitzger ist in beson<strong>der</strong>er Weise an das Leben inzeitweise sauerstoffarmen Stillgewässern angepasst: Er verfügt über die Fähigkeit, behelfsmäßig über den Darm zu atmen.Trockenzeiten werden durch Eingraben <strong>im</strong> Schlamm überdauert, und so kann <strong>der</strong> Schlammpeitzger auch unter widrigenUmständen Niedrigwasserstände in seinen Wohngewässern überleben. <strong>Die</strong> Art präferiert allgemein stehende bis schwachströmende Gewässer mit einer lockeren Schlammauflage und einem hohen Anteil von Schwebstoffen von bis zu 1 m Dicke.Hohe Anteile von festen Substratbestandteilen werden gemieden. Als Gefährdungsursachen werden das zunehmendeVerschwinden geeigneter Habitate z. B. durch Verlandung von Altarmen o<strong>der</strong> das Trockenlegen von Sümpfen angegeben.Auch intensive Unterhaltungsmaßnahmen an <strong>der</strong> Sohle von Gräben sind als kritisch anzusehen.Wan<strong>der</strong>er mit leisen FlossenHistorisch belegt ist, dass Lachse (Salmo salar), Meerneunaugen (Petromyzon marinus), Finten (Alosa fallax), Flun<strong>der</strong>n(Platichthys flesus) und vermutlich auch Meerforellen (Salmo trutta forma trutta) in <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> aufgestiegen sind (Konken1913, Gau m e rt & Kä m m e r e i t 1992). Alle diese Arten bezeichnet man auch als anadrome Wan<strong>der</strong>fische, da sie aus dem Meerins Süßwasser zum Laichen ziehen. Ein Gegenbeispiel stellt <strong>der</strong> Aal dar, <strong>der</strong> als katadromer Wan<strong>der</strong>fisch vom Süßwasser insMeer wan<strong>der</strong>t, um dort abzulaichen (s. o.).Auch heute gibt es wie<strong>der</strong> Lachse und Meerforellen in <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong>. Vorkommen dieser wohl populärsten Wan<strong>der</strong>fischartensind durch Elektro-Kontrollfischen belegt und auf den aktiven Beitrag <strong>der</strong> Sportfischer zurückzuführen: Sie haben Lachs undMeerforelle seit Mitte <strong>der</strong> 1980er Jahre in <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> wie<strong>der</strong> angesiedelt. Heute lassen sich alljährlich aus dem Atlantik bzw.<strong>der</strong> Nordsee in die <strong>Hunte</strong> zurückkehrende laichreife Lachse und Meerforellen nachweisen – sicher ein schöner Erfolg kontinuierlicherBemühungen zur Wie<strong>der</strong>ansiedlung dieser beiden Fischarten!57


Bisher war <strong>der</strong> Aufstieg für viele Fische aber stark eingeschränkt: An <strong>der</strong> südlichen Oldenburger Stadtgrenze war ein Aufstiegin die <strong>Hunte</strong> nur über einen Fischpass <strong>im</strong> Osternburger Kanal und über die Verbindung zwischen <strong>Hunte</strong> und Küstenkanalam Achterdiek möglich. Starke Schw<strong>im</strong>mer wie z. B. die Meerforelle haben es möglicherweise auch geschafft, bei hohenWasserständen die Freischütze <strong>im</strong> E-Werk zu überwinden (mündl. Mitt. Salva), und die <strong>im</strong> Frühjahr eintreffenden Glasaalekonnten den durch die Mitglie<strong>der</strong> <strong>des</strong> Oldenburger Fischereivereins gepflegten Aalpass <strong>im</strong> E-Werk zum Aufstieg nutzen. Dernormale Weg <strong>der</strong> Wan<strong>der</strong>fische durch die <strong>Hunte</strong> war aber den Fischen durch das Oldenburger Wasserkraftwerk als eines<strong>der</strong> größten Wan<strong>der</strong>hin<strong>der</strong>nisse <strong>im</strong> Längsverlauf <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> zu den meisten Zeiten <strong>im</strong> Jahr versperrt. Seit 24. November2006 hat sich dies erfreulicherweise geän<strong>der</strong>t: Mit einem offiziellen Einweihungsakt wurde die mit Lan<strong>des</strong>mitteln finanzierteund rund 950.000 Euro teure Fischtreppe am Oldenburger E-Werk durch den Nie<strong>der</strong>sächsischen Lan<strong>des</strong>betrieb fürWasserwirtschaft, Küsten und Naturschutz (NLWKN) ihrer Best<strong>im</strong>mung übergeben: die stromauf gerichteten Wan<strong>der</strong>ungenvon Lachs, Meerforellen, Neunaugen und an<strong>der</strong>en Fischarten zu erleichtern. Dabei müssen die Fische je nach Tide in <strong>der</strong> 60m langen Treppe einen Höhenunterschied von 5 m und mehr überwinden. Dabei helfen ihnen 36 Einzelbecken mit einemHöhenunterschied von jeweils etwa 15 cm. Und dass sie funktioniert, hat die Fischtreppe bereits mit einem schönen Beispielbewiesen: Unlängst wurden Meerneunaugen, die Körperlängen von bis zu 1,20 m erreichen können, an <strong>der</strong> Visbecker Auebe<strong>im</strong> Ablaichen nachgewiesen. Hier, an einem <strong>der</strong> wohl naturschutzfachlich wertvollsten Nebengewässer <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong>, schreitenübrigens auch an<strong>der</strong>e Wan<strong>der</strong>fischarten wie z. B. die Meerforelle inzwischen wie<strong>der</strong> zu einer eigenständigen Reproduktion(mündl. Mitt. Salva). So wird die Bedeutung <strong>der</strong> Fischtreppe in Oldenburg für das Gewässersystem <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> noch einmalbeson<strong>der</strong>s hervorgehoben.Frei ist die <strong>Hunte</strong> durch diese Fischtreppe für die Wan<strong>der</strong>fische wie den Lachs jetzt bis Wil<strong>des</strong>hausen – dort besteht wie<strong>der</strong>umein großes Wan<strong>der</strong>hin<strong>der</strong>nis an einem Wasserkraftwerk, das den weiteren Aufstieg in <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> bis heute verhin<strong>der</strong>t. Aberauch in Wil<strong>des</strong>hausen und an an<strong>der</strong>en Orten entlang <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> gibt es bereits Planungen zur Herstellung <strong>der</strong> Durchgängigkeitfür die Fische, die hoffentlich bald umgesetzt werden können. Einige <strong>der</strong> insgesamt 17 weiteren Stauwehre zwischenWil<strong>des</strong>hausen und dem Dümmer, die den Fischwechsel ver- o<strong>der</strong> behin<strong>der</strong>n können, sind sogar bereits umgebaut wordenund schon heute für Fische passierbar: So hat beispielsweise das Wehr in Goldenstedt <strong>im</strong> Herbst 2005 unter Mitwirkung<strong>des</strong> ortsansässigen Tückervereins ebenfalls eine Fischtreppe erhalten, die u. a. den Aufstieg von Lachs, Meerforelle undMeerneunauge ermöglicht.DanksagungDas Nie<strong>der</strong>sächsische Lan<strong>des</strong>amt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES; Herr <strong>Dr</strong>. Arzbach) überließ dankenswerterweiseumfangreiche aktuelle Befischungsdaten aus <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong>, die <strong>im</strong> Rahmen <strong>des</strong> EG-Wasserrahmenrichtlinien-Monitorings in den Jahren 2001-2006 erhoben wurden. Hierfür gilt dem LAVES mein beson<strong>der</strong>er Dank. KonstruktiveAnmerkungen und Ergänzungen zum Text machten T. Holle (Oldenburg) und <strong>Dr</strong>. J. Salva (Lan<strong>des</strong>fischereiverband Weser-Ems,Oldenburg).Abb. 59: Zwischen Wardenburg (links), Oldenburg (oben) undSandkrug (rechts außerhalb <strong>des</strong> Fotos) werden die ehemaligenHochwassergebiete bei<strong>der</strong>seits <strong>der</strong> <strong>Hunte</strong> heute landwirtschaftlichintensiv genutzt. <strong>Die</strong> Flurbereinigung hat nach Absenkung <strong>der</strong>Vorfluter eine Ackerwirtschaft bis an den Deich möglich gemacht(Foto: Archiv BSH).58

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