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Die innere Ruheund das Herzzentrumvon Gaby Hirschvogel


Die innere Ruhe und das Herzzentrumvon Gaby HirschvogelVon spirituellen Lehrern und aus der Tradition des Yoga wissen wir, dass dasHerzzentrum eines der sieben Energiezentren (cakren) ist, das sich im feinstofflichenLeib des Menschen befindet. Es liegt etwa auf der Höhe des physischen Herzens undnimmt von den sieben Energiezentren genau die Mitte zwischen den drei unterenund den drei oberen ein.Jedes Energiezentrum repräsentiert eine bestimmte seelische Eigenschaft. DasHerzzentrum ist das Zentrum der Ruhe, der Innerlichkeit und der ordnenden Kraft,dem Leben selbst einen Inhalt zu geben.Der Artikel möchte sich in ersten Ansätzen mit der Frage beschäftigen, wie wir unseiner metaphysischen, geistigen Realität wie dem Herzzentrum annähern können.Die Ausführungen basieren auf den geisteswissenschaftlichen Grundlagen vonHeinz Grill, dem Begründer des Yoga aus der Reinheit der Seele. Damit dienachfolgenden Gedanken leichter verständlich sind, soll zu Beginn kurz dasMenschenbild in diesem Yoga beschrieben werden.Das Menschenbild im Yoga aus der Reinheit der SeeleWir wissen, dass der Mensch aus Körper, Seele und Geist besteht. Mit dem Körper istunser physischer Körper gemeint. Wir können den Körper in der Yogapraxistrainieren und stärken. Wir können ihn dehnen, strecken oder drehen. Wir könnenihn in die unterschiedlichsten Yogastellungen hineinführen.Unter dem Begriff Seele versteht man im gewöhnlichen Sprachgebrauch oftmals denGemütszustand eines Menschen. So sagt man z.B., mir geht es heute seelisch gut,oder seelisch schlecht und meint damit mehr die persönliche Stimmung, in der mansich gerade befindet. Im Yoga aus der Reinheit der Seele wird dieser Begriff andersdefiniert. Den Begriff Seele versteht man in der Weise, dass die Seele aus dreiSeelenkräften, dem Denken, dem Fühlen und dem Willen besteht. Diese Seelenkräftesollen mit Hilfe der Körperübungen (asana), und weiteren Seelenübungen, trainiertund stabilisiert werden. Das Ziel dieser Stärkung der Seelenkräfte liegt in derEntwicklung von mehr Empathie, Mitgefühl und Beziehungsfähigkeit imMiteinander.Der Begriff Geist wird im Sprachgebrauch oftmals mit der Fähigkeit des Denkens inVerbindung gebracht. So sagt man zum Beispiel ein Mensch ist geistig fit oder nichtSeite 1


fit. Im Yoga aus der Reinheit der Seele versteht man den Begriff Geist, auch alsparatman oder Ich bezeichnet, in der Weise, dass der Geist im Wesentlichen inSchriften lebt, welche von Menschen verfasst wurden, die einen Zugang und einenEinblick in die geistige Welt haben oder hatten.Im Osten sind die wesentlichsten spirituellen Schriften die Bhagavad Gita, dieVeden, die Literatur von Sri Aurobindo, Sathya Sai Baba und weitere. Im Westensind es die Evangelien oder zeitaktuelle esoterische Schriften wie die von RudolfSteiner oder Heinz Grill, um nur einige zu nennen.Zum Training der Seelenkräfte wurden von Heinz Grill insgesamt sechsSeelenübungen entwickelt. Neben den Körperübungen (asana) ist es vor allen Dingendie Seelenübung „Das rechte Lesen“, die das Herzzentrum ganz wesentlich in dieEntwicklung bringen kann. Da sich viele Yogapraktizierende mit spirituellenSchriften auseinandersetzen, soll diese Seelenübung hier näher erläutert werden.Das anahata cakra und die Seelenübung „Das rechte Lesen“Diese Seelenübung möchte eine Aufmerksamkeit, eine Wertschätzung undAnerkennung einer spirituellen Literatur, bzw. dem spirituellen Lehrer, gegenüberfördern. Diese seelischen Eigenschaften werden im Yoga aus der Reinheit der Seele, wieauch in der Anthroposophie Rudolf Steiners, als förderliche Eigenschaften zurEntwicklung des Herzzentrums betrachtet.Das rechte Lesen entsteht vor allen Dingen dann, wenn es uns möglich wird, einenRaum zwischen uns und der spirituellen Literatur zu bilden. Was bedeutet nundieser Raum?Wir alle kennen diesen Raum aus unseren alltäglichen menschlichen Begegnungen.Versucht uns ein anderer Mensch in einem Gespräch zu überreden, zu überzeugenoder zu manipulieren, so fühlen wir uns bedrängt, der andere rückt uns zu nahe undwir haben keinen eigenen Raum mehr. Wir erleben jedoch einen Raum, wenn uns einanderer Mensch aufmerksam und achtsam zuhört, uns in Ruhe aussprechen lässt,oder versucht, sich in unsere Lage hineinzuversetzen. Durch diese innere Haltungentsteht eine erste Wahrnehmung des Gegenübers. Wie kann nun dieser Raum imUmgang mit einer spirituellen Literatur geschaffen werden?Eine erste Voraussetzung dafür wäre, dass wir uns eine Schrift auswählen, die wirals eine spirituelle Schrift annehmen, oder zumindest als eine Schrift betrachten, diewir noch nicht vollständig verstehen. Durch diese innere Einstellung schaffen wirbereits einen ersten Raum zwischen uns und der Schrift. Diesen Raum können wirauch als eine achtsame Haltung bezeichnen. Weiterhin kann es hilfreich sein, wennSeite 2


man sich mit dem Leben des Autors beschäftigt. Gerade das Lesen in einerBiographie fördert den Blick, dass es sich um die Worte und Gedanken eines unszunächst fremden Menschen handelt. Entsteht durch die Biographie vielleicht sogarein gewisser Respekt vor dem Leben des Autors, so begegnen wir auch seinenWorten mit mehr Aufmerksamkeit.Auch können wir uns das Lesen als eine Art Gespräch zwischen uns und dem Autorvorstellen. Wie in einem Dialog können wir nachfragen, wenn uns etwas nichtverständlich ist. Lesen wir z.B. einen Gedanken von Heinz Grill zum Herzzentrum:„Die erste empfohlene Übung richtet sich auf die Entwicklung eines Fühlens, dassdas Herz das Zentrum des Selbstgefühls darstellt. Diese Ausrichtung auf dieHerzmitte geschieht durch eine bewusste inhaltliche, produktive Gestaltungsarbeitinnerhalb der Übung [...]“ (Die Seelendimension des Yoga).Was meint Heinz Grill mit „bewusster, inhaltlicher, produktiver Gestaltungskraft“?Vielleicht finde ich in den weiteren Ausführungen eine Antwort. Wenn nicht, kanndie Frage weiterhin offen bleiben. Ich gewähre dem Autor dadurch einen Raum,indem ich nicht davon ausgehe, dass ich seine Gedanken sogleich verstehe.Das rechte Lesen ist im Yoga aus der Reinheit der Seele eine Seelenübung, die dieSeelenkräfte (das Denken, das Fühlen und den Willen) stärkt und kräftigt. Beimgewöhnlichen Lesen neigen wir oftmals dazu, einen Text relativ schnell nachunserem Verständnis zu deuten. In der Seelenübung „Das rechte Lesen“ halten wirhingegen unseren Willen bewusst zurück. Das heißt, wir ergreifen und interpretierenden Text nicht sofort, sondern lassen ihn erst einmal in der Betrachtung frei stehenund stellen uns die Frage, was der Autor eventuell damit meinen könnte.Die Gedanken kommen in eine Ordnung und Konzentration, da wir von unsereneigenen, ständig anwesenden Gedankenströmen einmal Abstand nehmen und unsauf einen fremden Gedankeninhalt einlassen. Sehr aktiv wird das Gedankenlebenangesprochen, wenn wir uns von dem Gelesenen eine bildhafte Vorstellung machen.Durch diesen oftmals „mühsamen“ Umgang mit einer spirituellen Schrift, kann sichmit der Zeit eine Empfindung einstellen, was der Autor wirklich mit seinen Wortenmeint und was er ausdrücken möchte. Diese Empfindung ist seelischer Natur undkann uns tiefer berühren, als nur ein sympathisches oder antipathisches Gefühl füreine Literatur, das leicht bei einem sehr schnellen „Drüber- oder Querlesen“entstehen kann.Durch solch einen achtsamen Umgang mit einer spirituellen Literatur können wirbemerken, wie unser Atem ruhiger wird. Durch das Ruhigwerden des AtemsSeite 3


entspannen sich auch unsere Gedanken. Das gelöstere Gedankenleben bewirkt eineEntspannung und eine innere Ruhe.Auch können wir bemerken, dass dadurch leichter ein Respekt, eine Wertschätzungund Anerkennung dem Autor gegenüber entstehen kann. Diese Eigenschaftenwerden ebenfalls dem Herzzentrum zugeordnet.Das anahata cakra und die asana-PraxisDer Baum (tadasana) ist eine klassische Yogaübung, die dem Herzzentrumzugeordnet ist. Wenn wir nun bei dem oben genannten Gedanken von Heinz Grillzum Herzzentrum bleiben, können wir uns die Frage stellen, wie wir eineYogaübung „bewusst, inhaltlich und produktiv“ ausführen können.Eine einfache Art ist es, die Aufmerksamkeit sorgfältig auf die körperlicheAusführung zu richten. Sehr hilfreich ist es, die Stellung zuerst gedanklich zu bildenbevor wir tatsächlich in die Übung praktisch hineingehen. Das gedankliche Bildeneiner Yogaübung hat eine gedächtnisstärkende Wirkung. Alles was wir aufmerksambetrachten, prägt sich tiefer in unser Gedächtnis ein. Das Gedächtnis ist wieder einAusdruck unserer Lebenskraft. In Zeiten der Schwäche und Erschöpfung bemerkenwir sehr leicht ein Nachlassen der Gedächtniskräfte.Bei tadasana stehen wir balancierend auf einem Bein. Das andere Bein winkeln wir jenach Möglichkeit zum halben Lotus, zum Knie, oder zum Köchel heran. Ist einebalancierende Stellung am Anfang der Übungspraxis nicht möglich, so kann daszweite Bein mit den Zehen abgestützt werden. Weiterhin richten wir die Wirbelsäuleharmonisch auf und entspannen den Schulterbereich. Auch der Kopf ist in dieÜbung mit integriert. Er ist aufgerichtet und die Augen bleiben während der Übunggeöffnet.Wir nehmen als erstes die Vorphase der Übung ein, indem wir die Arme nachseitlich außen geben und auch für einige Momente in dieser Stellung verweilen.Schließlich formen wir die Hände auf der Herzhöhe zu dem atmanjali mudra (dieForm einer Gebetshaltung) zusammen. Wir atmen während der Übung ruhig undentspannt weiter und richten unsere Aufmerksamkeit auf den Herzbereich.Schließlich wechseln wir auf die andere Seite. Jede Seite kann bis zu ca. einer Minutegehalten werden.Seite 4


Der Baum, tadasana (Vorphase +Endstellung)Erst nachdem dieses Bild über die körperliche Ausführung des Baums gedanklichgeschaffen wurde, gehen wir in die körperliche Ausführung hinein. Nachdem wirdie Übung ausgeführt haben, achten wir bewusst auf die Empfindung, die nach derÜbung spürbar sein kann. Beim Baum können wir z.B. bei einiger Übungspraxis dasEmpfinden der Zentriertheit erleben. Eine Empfindung ist seelischer Natur und eskann daher einige Zeit der gedanklichen Übungspraxis benötigen, bis sie für unserlebbar wird.Ebenso wie bei der Seelenübung „Das rechte Lesen“, ordnen wir in der asana-Praxisunsere Seelenkräfte. Die Gedanken werden vor der Ausführung konkret undanschaulich gebildet. Je konkreter und klarer wir die Gedanken zu einer Übunggebildet haben, desto deutlicher können auch die Empfindungen wahrgenommenwerden. Ein zu schnelles Hineingehen in eine asana würde vielleicht ein nuroberflächliches Gefühl der Sympathie oder des Wohlseins entwickeln, da dieKörperenergien (prana, chi etc.) etwas besser ins Fließen gekommen sind. DieEmpfindung der Zentriertheit oder Innerlichkeit hingegen wird unserer Seelenlebenerfüllen und bereichern. Der Wille wird durch den Gedanken harmonischeingestimmt und bewirkt eine ruhige körperliche Ausführung. Ohne diesegedankliche Ordnung könnte der Wille leichter einem Leistungs- und Erfolgsdenkenunterliegen.Seite 5


Heinz Grill schreibt, dass diese wahrnehmbaren Empfindungen in einer Übung,tatsächlich wahre Empfindungen unseres Seelenlebens sind. So können wir dieEmpfindung der Konzentration auch im alltäglichen Leben erfahren.Das anahata cakra und die inhaltliche Gestaltung des LebensWir können uns eine einfache Situation aus dem Alltag vorstellen. Nehmen wir an,wir gehen am Wochenende in einen Supermarkt zum Einkaufen, ohne dass wir unskonkrete Gedanken gebildet haben. Wir werden leicht bemerken können, wie unsereSinne hin und her springen, sie förmlich nach außen gezogen werden. DieReizwirkung durch die vielen Sonderangebote, die oftmals im Hintergrund laufendeMusik, bzw. die gesprochenen Werbetexte, ziehen unsere Aufmerksamkeit unddamit unsere Lebenskräfte nach außen. Neben dem Seh- und Gehörsinn erfährt auchder Geschmackssinn eine Reizung durch die angebotenen „Probierhäppchen“. Nichtselten erleben wir durch diese Reizwirkungen eine nervliche Erschöpfung und einAusgezehrtsein nach einem Besuch im Supermarkt.Dieser Zustand bei dem die Sinne hin und her springen und inhaltslos an denObjekten vorbeistreifen wird im Baum durch die ausgebreiteten Arme in derVorphase dargestellt.Es stellt sich nun die Frage, wie wir bei dem o.g. Einkauf im Supermarkt eineZentrierung bewirken könnten. Hilfreich ist es sicherlich, dass wir uns überhauptdieser Reize und ihrer Wirkung bewusst sind. Je mehr die Reize bewusstwahrgenommen werden, desto weniger können sie unser Nervensystemunangenehm belasten. Eine Hintergrundmusik, die wir z.B. nicht bewusst hören,wirkt dennoch auf unser Nervensystem. Wir bemerken dies z.B. wenn wir aus einemGeschäft herausgehen und wir auf einmal ein bestimmtes Lied im Kopf haben.Dieses Lied hatten wir im Geschäft nicht bewusst gehört, aber es hatte trotzdemseine Wirkung. Wir kennen dieses Phänomen unter der Bezeichnung „Ohrwurm“.Eine weitere Möglichkeit geordneter und zentriert zu bleiben wäre es, wenn wir unseinen Einkaufszettel schreiben und uns auch an diesen halten. Wenn wir dasGeschäft bereits kennen, so wissen wir auch in etwa, wo die diversen Produktestehen und können gezielter an die Regale gehen.Sind wir dann glücklich an der Kasse angekommen und befinden uns dann in einerlangen Warteschlange, so können wir auch diese Minuten zu einer kurzenAufmerksamkeitsschulung nützen. Wir können z.B. die Kassiererin aufmerksamwahrnehmen, so dass wir im Nachhinein ein konkretes Bild von ihr haben. Wirnehmen z.B. die Frisur, die Haarfarbe und wo sich der Scheitel befindet konkretSeite 6


wahr. Trägt sie eine Brille oder nicht? Wie ist die Form und Farbe der Kleidung, desSchurzes etc.Gerade der bewusste Bezug nach außen hilft uns, dass wir mehr bei uns bleiben unddadurch konzentrierter verweilen können. Durch diese Schulung derAufmerksamkeit bleiben wir zentrierter und wir können den Supermarkt wiederrelativ ruhig und geordnet verlassen.Diese Zentrierung der Sinne wird im Baum durch die gefalteten Hände vor demHerzen dargestellt.Durch eine vertiefte Auseinandersetzung mit einem Energiezentrum können alleLebensbereiche des Menschen in eine freudige und bereichernde Erweiterunggelangen.Gerne möchte ich die Ausführungen mit einem Gedanken von Heinz Grill beenden:„[...] Der Yoga, der im Sinne dieses Individuationspfades erlebt wird, gewinnt seinewesentliche Bedeutung in einer vollständigen, integralen Bewusstseinsarbeit, die alleTeilbereiche des Lebens erfasst. Das Erleben des Yoga ist in die Welt hineinausgerichtet, es sucht eine Beziehung zu der Erde und den Erscheinungsformen undsucht gleichzeitig den verborgenen Geist hinter der sinnlichen Wahrnehmung. Inallen Erscheinungsformen der Weltenschöpfung atmet der Geist eines Mysteriums.“(Übungen zur Erkenntnisbildung der höheren Welten).Literaturempfehlungen:Heinz Grill: Die Seelendimension des YogaHeinz Grill: Übungen zur Erkenntnisbildung der höheren Welten (Bd. II derInitiatorischen Schulung in Arco)Rudolf Steiner: Wie erlangt man Erkenntnisse höherer WeltenZur PersonGaby Hirschvogel, seit 1991 intensive Yogapraxis. 1992-1998 Aus- und Weiterbildungzur Yogalehrerin bei Heinz Grill. Yogalehrertätigkeit bei Volkshochschulen und inprivaten Kursen.Seite 7

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