Der <strong>Filmleser</strong><strong>von</strong> so weit herkommen lassen, nur um mein Ohr zu ermüden?« Er sah mi<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>räg an und überlegte einen Moment. »Nun, i<strong>ch</strong> sehe, dass diese kluge Ents<strong>ch</strong>eidung dir ni<strong>ch</strong>t behagt«, sagte er. »No<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t? Ni<strong>ch</strong>t, solange no<strong>ch</strong> eine bessere Mögli<strong>ch</strong>keit offen steht? « Er trat di<strong>ch</strong>t heran und legte seine lange Hand auf meinen Arm. »Und warum ni<strong>ch</strong>t, Gandalf? « flüsterte er. »Warum ni<strong>ch</strong>t? Der Herrs<strong>ch</strong>erring? Könnten wir über den verfügen, fiele die Ma<strong>ch</strong>t an uns. Das ist der wahre Grund, warum i<strong>ch</strong> di<strong>ch</strong> gerufen habe. Denn viele halten in meinem Dienst die Augen offen, und darum glaube i<strong>ch</strong>, dass du weißt, wo si<strong>ch</strong> dieses kostbare Ding jetzt befindet. Ist dem ni<strong>ch</strong>t so? Oder warum sonst fragen die Neun na<strong>ch</strong> dem Auenland, und was hast du dort zu s<strong>ch</strong>affen?«Als er das sagte, leu<strong>ch</strong>tete ihm plötzli<strong>ch</strong> die nackte, ni<strong>ch</strong>t mehr zu verhehlende Gier aus den Augen. »Saruman«, sagte i<strong>ch</strong> und trat ein paar S<strong>ch</strong>ritte <strong>von</strong> ihm weg, »wie du wohl weißt, lässt si<strong>ch</strong> der Ring ni<strong>ch</strong>t auf zwei Hände zuglei<strong>ch</strong> stecken, also spar dir dein Wir! Von mir bekommst du weder den Ring no<strong>ch</strong> irgendeine Auskunft über ihn, seit i<strong>ch</strong> nun weiß, was du im Sinn hast. Du warst der Oberste des Rates, aber jetzt hast du di<strong>ch</strong> selbst entlarvt. Und die Wahl, vor die du mi<strong>ch</strong> stellst, s<strong>ch</strong>eint zu erfordern, dass i<strong>ch</strong> mi<strong>ch</strong> entweder Sauron unterwerfe oder dir. Dazu sag' i<strong>ch</strong>: keinem! Hast du no<strong>ch</strong> andere Kandidaten zu empfehlen?« Nun wurde er kalt und drohend. »Gut«, sagte er. »I<strong>ch</strong> habe ni<strong>ch</strong>t erwartet, dass du mehr Verstand beweisen würdest, ni<strong>ch</strong>t mal zu deinem eigenen Vorteil; do<strong>ch</strong> i<strong>ch</strong> wollte dir die Chance lassen, mir freiwillig entgegenzukommen, und dir damit viel Kummer und S<strong>ch</strong>merz ersparen. Die dritte Mögli<strong>ch</strong>keit für di<strong>ch</strong> ist, hier zu bleiben bis zum Ende.« »Bis zu wel<strong>ch</strong>em Ende?« »Bis du mir sagst, wo der <strong>Eine</strong> zu finden ist. An Mitteln, di<strong>ch</strong> zu überzeugen, soll es mir ni<strong>ch</strong>t fehlen. Oder bis er trotz deiner Weigerung gefunden wird und der Gebieter Zeit hat, si<strong>ch</strong> mit lei<strong>ch</strong>teren Aufgaben zu befassen: zum Beispiel si<strong>ch</strong> eine angemessene Belohnung für die Widersetzli<strong>ch</strong>keit und Unvers<strong>ch</strong>ämtheit Gandalfs des Grauen auszudenken.« Vom Bu<strong>ch</strong>staben zum BildersturmLiteraturverfilmungen im Unterri<strong>ch</strong>tGandalf trifft Saruman»Die Aufgabe könnte si<strong>ch</strong> als gar ni<strong>ch</strong>t so lei<strong>ch</strong>t erweisen«, sagte i<strong>ch</strong>. Er la<strong>ch</strong>te mi<strong>ch</strong> aus, denn meine Worte waren leeres Gerede, und er wusste es. Sie ergriffen mi<strong>ch</strong> und bra<strong>ch</strong>ten mi<strong>ch</strong> ho<strong>ch</strong> auf die Zinne des Turms, dorthin, wo Saruman die Sterne zu betra<strong>ch</strong>ten pflegte. Der einzige Weg hinab ist eine s<strong>ch</strong>male Treppe mit Tausenden <strong>von</strong> Stufen, und der Talgrund s<strong>ch</strong>eint sehr weit weg zu sein. I<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>aute hinab und sah das Tal, das früher einmal grün und freundli<strong>ch</strong> war, nun voller Gruben und S<strong>ch</strong>miedewerkstätten. Wölfe und Orks waren darin untergebra<strong>ch</strong>t, denn Saruman stellte auf eigene Re<strong>ch</strong>nung eine große Streitma<strong>ch</strong>t auf, bis jetzt no<strong>ch</strong> als Saurons Rivale und ni<strong>ch</strong>t in seinen Diensten. Über all diesen Anlagen hing dunkler Qualm, der au<strong>ch</strong> die Seiten des Orthanc einhüllte. I<strong>ch</strong> stand allein auf einer Insel in den Wolken, ohne eine Mögli<strong>ch</strong>keit zu fliehen; und es wurden bitte· re Tage. Die Kälte ging mir dur<strong>ch</strong> und dur<strong>ch</strong>, und i<strong>ch</strong> hatte ni<strong>ch</strong>t mal viel Platz zum Aufundabgehen, als i<strong>ch</strong> drüber na<strong>ch</strong>grübelte, was die Reiter im Norden anstellen könnten. Dass die Neun tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> wieder auftraten, dessen war i<strong>ch</strong> si<strong>ch</strong>er, ganz unabhängig <strong>von</strong> Sarumans Reden, die ja au<strong>ch</strong> Lügen sein konnten. Lange bevor i<strong>ch</strong> Isengard errei<strong>ch</strong>te, hatte i<strong>ch</strong> unterwegs s<strong>ch</strong>on Na<strong>ch</strong>ri<strong>ch</strong>ten bekommen, die ni<strong>ch</strong>t fals<strong>ch</strong> sein konnten. I<strong>ch</strong> bangte um meine Freunde im Auenland, hatte aber no<strong>ch</strong> immer etwas Hoffnung. I<strong>ch</strong> hoffte, dass Frodo sofort aufgebro<strong>ch</strong>en war, wie i<strong>ch</strong> es ihm in meinem Brief dringend geraten hatte, und dass er Bru<strong>ch</strong>tal errei<strong>ch</strong>t hatte, ehe die Verfolger auf seiner Spur waren. Aber sowohl meine Sorge wie meine Hoffnung haben si<strong>ch</strong> als unbegründet erwiesen. Denn meine Hoffnung gründete si<strong>ch</strong> auf einen dicken Gastwirt in Bree und meine Sorge auf Saurons S<strong>ch</strong>läue. Aber ein dicker Mens<strong>ch</strong>, der Bier auss<strong>ch</strong>enkt, muss eben viele Gäste bedienen; und Saurons Ma<strong>ch</strong>t ist no<strong>ch</strong> immer geringer, als die Fur<strong>ch</strong>t sie ers<strong>ch</strong>einen lässt. Do<strong>ch</strong> so wie i<strong>ch</strong> da im Ring <strong>von</strong> Isengard saß, allein und gefangen, fiel es mir ni<strong>ch</strong>t lei<strong>ch</strong>t zu glauben, dass diese Jäger, vor denen sonst alles flieht oder in den Staub sinkt, im fernen Auenländ<strong>ch</strong>en s<strong>ch</strong>eitern sollten.« »I<strong>ch</strong> habe di<strong>ch</strong> gesehen!« rief Frodo. »Du bist auf und ab gegangen. Der Mond s<strong>ch</strong>ien dir aufs Haar.« Gandalf s<strong>ch</strong>wieg erstaunt und sah ihn an. »Es war nur ein Traum«, sagte Auss<strong>ch</strong>nitt aus »Der Herr der Ringe« <strong>von</strong> J.R.R. Tolkien ers<strong>ch</strong>ienen bei Klett-Cotta 2
Der <strong>Filmleser</strong>Frodo, »aber eben fiel er mir wieder ein. I<strong>ch</strong> hatte ihn ganz vergessen. Den hatte i<strong>ch</strong> vor einiger Zeit, i<strong>ch</strong> glaube, bald na<strong>ch</strong> dem Weggang aus dem Auenland .« »Das war dann zu spät«, sagte Gandalf, »wie du sehen wirst. I<strong>ch</strong> war in einer üblen Lage. Und wer mi<strong>ch</strong> kennt, weiß, dass i<strong>ch</strong> selten so in Not gewesen bin und mi<strong>ch</strong> mit sol<strong>ch</strong>en Rücks<strong>ch</strong>lägen nur s<strong>ch</strong>wer abfinden kann. Gandalf der Graue wie eine Fliege einer tückis<strong>ch</strong>en Spinne ins Netz gegangen! Aber au<strong>ch</strong> die feinst gesponnenen Netze haben man<strong>ch</strong>mal einen s<strong>ch</strong>wa<strong>ch</strong>en Faden. Zuerst befür<strong>ch</strong>tete i<strong>ch</strong>, was Saruman wohl beabsi<strong>ch</strong>tigte, Radagast sei mit ihm im Einvernehmen. Do<strong>ch</strong> hatte i<strong>ch</strong> bei der Begegnung mit ihm kein Anzei<strong>ch</strong>en <strong>von</strong> Verstellung in seiner Stimme oder in seinen Augen bemerkt. Sonst wäre i<strong>ch</strong> niemals na<strong>ch</strong> Isengard geritten, oder i<strong>ch</strong> hätte mehr Vorsi<strong>ch</strong>t walten lassen. Das hatte si<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> Saruman geda<strong>ch</strong>t, und darum hatte er den Boten über seine Absi<strong>ch</strong>ten getäus<strong>ch</strong>t. Es wäre ohnehin aussi<strong>ch</strong>tslos gewesen, den ehrli<strong>ch</strong>en Radagast für eine sol<strong>ch</strong>e Verräterei gewinnen zu wollen. Er überbra<strong>ch</strong>te mir die Bots<strong>ch</strong>aft in gutem Glauben und weckte darum in mir keinen Argwohn. Und daran wurde Sarumans Plan zus<strong>ch</strong>anden. Denn Radagast sah keinen Grund, ni<strong>ch</strong>t zu tun, worum i<strong>ch</strong> ihn gebeten hatte; und er ritt zum Düsterwald hin, wo er seit alten Zeiten viele Freunde hatte. Die Adler aus dem Gebirge flogen weit übers Land und sahen so man<strong>ch</strong>es: die Ansammlungen der Wölfe, die Aufmärs<strong>ch</strong>e der Orks und die neun Reiter, die kreuz und quer dur<strong>ch</strong> die Lande streiften; und sie erfuhren au<strong>ch</strong> <strong>von</strong> Gollums Flu<strong>ch</strong>t. Und mit all diesen Meldungen s<strong>ch</strong>ickten sie einen Boten zu mir. So kam es, dass in einer Mondna<strong>ch</strong>t, als der Sommer zu Ende ging, Gwaihir der Windfürst, der s<strong>ch</strong>nellste der großen Adler, unverhofft über dem Orthanc ers<strong>ch</strong>ien; und er fand mi<strong>ch</strong> auf der Zinne stehend. I<strong>ch</strong> spra<strong>ch</strong> mit ihm, und er trug mi<strong>ch</strong> da<strong>von</strong>, ehe Saruman etwas merkte. I<strong>ch</strong> war s<strong>ch</strong>on weit fort, als die Wölfe und Orks aus dem Tor gehetzt kamen, um mi<strong>ch</strong> zu verfolgen. Vom Bu<strong>ch</strong>staben zum BildersturmLiteraturverfilmungen im Unterri<strong>ch</strong>tGandalf trifft Saruman«Der Herr der Ringe – Die Gefährten»USA 2001Regie: Peter JacksonDVD-Kapitel 9 (Kinofassung, 2-Disc-Edition)Auss<strong>ch</strong>nitt aus »Der Herr der Ringe« <strong>von</strong> J.R.R. Tolkien ers<strong>ch</strong>ienen bei Klett-Cotta 3