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Predigt am Ewigkeitssonntag 2006 Jes 65,17-25: Neuer ... - Wolfsburg

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<strong>Predigt</strong> <strong>am</strong> <strong>Ewigkeitssonntag</strong> <strong>2006</strong><br />

<strong>Jes</strong> <strong>65</strong>,<strong>17</strong>-<strong>25</strong>: <strong>Neuer</strong> Himmel und neue Erde<br />

[<strong>17</strong>] Denn siehe, ich will einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen, dass man der vorigen nicht mehr<br />

gedenken und sie nicht mehr zu Herzen nehmen wird. [18] Freuet euch und seid fröhlich immerdar über das,<br />

was ich schaffe. Denn siehe, ich will Jerusalem zur Wonne machen und sein Volk zur Freude, [19] und ich<br />

will fröhlich sein über Jerusalem und mich freuen über mein Volk. Man soll in ihm nicht mehr hören die Stimme<br />

des Weinens noch die Stimme des Klagens. [20] Es sollen keine Kinder mehr da sein, die nur einige Tage<br />

leben, oder Alte, die ihre Jahre nicht erfüllen, sondern als Knabe gilt, wer hundert Jahre alt stirbt, und wer<br />

die hundert Jahre nicht erreicht, gilt als verflucht. [21] Sie werden Häuser bauen und bewohnen, sie werden<br />

Weinberge pflanzen und ihre Früchte essen. [22] Sie sollen nicht bauen, was ein anderer bewohne, und nicht<br />

pflanzen, was ein anderer esse. Denn die Tage meines Volks werden sein wie die Tage eines Baumes, und<br />

ihrer Hände Werk werden meine Auserwählten genießen. [23] Sie sollen nicht umsonst arbeiten und keine<br />

Kinder für einen frühen Tod zeugen; denn sie sind das Geschlecht der Gesegneten des HERRN, und ihre<br />

Nachkommen sind bei ihnen. [24] Und es soll geschehen: Ehe sie rufen, will ich antworten; wenn sie noch<br />

reden, will ich hören. [<strong>25</strong>] Wolf und Schaf sollen beieinander weiden; der Löwe wird Stroh fressen wie das<br />

Rind, aber die Schlange muss Erde fressen. Sie werden weder Bosheit noch Schaden tun auf meinem ganzen<br />

heiligen Berge, spricht der HERR.<br />

Liebe Gemeinde,<br />

eine alte Legende erzählt: Zwei Mönche haben seit vielen Jahren fast nur über ein Thema miteinander gesprochen:<br />

Wie wird es nach dem Tode sein?<br />

Jeder von beiden hat seine Vorstellungen davon, jeder beschreibt dem anderen, wie er sich die jenseitige<br />

Welt denkt. Aber immer, wenn einer das Jenseits in bunten Farben geschildert hat, winkt der andere ab:<br />

„Aliter!“ – wie unter Mönchen im Mittelalter üblich natürlich in Latein – also: Anders wird es sein, anders als<br />

du es dir vorstellst!<br />

Und wenn dann der zweite wortreich seine Vorstellung vom Jenseits dargelegt hat, antwortet wieder der erste:<br />

„Aliter – anders!“<br />

Schließlich vereinbaren sie: wer von ihnen zuerst stirbt, soll dem anderen im Traum erscheinen und ihm erzählen,<br />

wie es nun wirklich ist!<br />

Tatsächlich erscheint der eine nach seinem Tod dem anderen im Traum, und der fragt ihn gespannt: Wie ist<br />

es denn nun wirklich?<br />

Die Antwort lautet: Totaliter aliter! Ganz anders!<br />

Ganz anders, liebe Gemeinde, wird es sein, ganz anders, als wir es uns in unseren kühnsten Träumen vorstellen.<br />

Die Bibel ist voller Bilder, die beschreiben, wie es dann sein wird. Bilder, die Trost spenden. Es wird ganz<br />

anders sein. Eine Beschreibung dessen, was sein wird, hörten wir eben bei <strong>Jes</strong>aja im <strong>65</strong>. Kapitel.<br />

„Ich will Jerusalem zur Wonne machen und sein Volk zur Freude, und ich will fröhlich sein über Jerusalem<br />

und mich freuen über sein Volk. Man soll in ihm nicht mehr hören die Stimme des Weinens noch die Stimme<br />

des Klagens.“ So stellt Gott uns hier seine schöne neue Welt vor: Wie eine Stadt, in der nur noch Freude<br />

herrscht, in der keiner mehr weint und klagt, wo alle miteinander glücklich sind und Gott selbst auch froh und<br />

glücklich ist über das, was er geschaffen hat.<br />

Stell dir das einmal vor: Eine Stadt, in der Notarztwagen mit Sirenengeheul überflüssig sind, wo man Tag und<br />

Nacht bedenkenlos durch Parks und Gassen gehen kann. Wo das Krankenhaus abgerissen wird, weil niemand<br />

mehr operiert werden muss, wo die Gerichtsgebäude und Gefängnisse in Theater- und Konzertsäle<br />

umfunktioniert werden, weil keiner mehr etwas Böses tut. Wo im Rathaus keine ratlosen Politiker mehr sitzen,<br />

sondern Gott selber alles zum Wohl und zur Freude aller regiert. Wo Geld überflüssig ist, weil sowieso<br />

alles im Überfluss vorhanden ist und keiner mehr an irgendetwas Mangel leiden muss. Wo keine Kinder<br />

mehr erzogen und keine Alten mehr gepflegt werden müssen. Wo jeder sich mit jedem versteht und keiner<br />

mehr den andern verletzt. Wo alle wirklich eines Sinnes sind und einander das Leben nur noch bereichern.<br />

Und der Mittelpunkt dieses fröhlichen, friedvollen und vollkommenen Lebens wird Gott selber sein. Keiner<br />

wird mehr mit ihm hadern. Keiner wird mehr fragen: Gott, warum? Warum lässt du zu, dass so viele Menschen<br />

leiden müssen? Warum greifst du nicht ein, wenn Menschen sich gegenseitig niedermetzeln? Warum<br />

verhinderst du nicht Krankheit, Not und Hunger? Denn das alles wird es nicht mehr geben. Wir werden vielmehr<br />

mit Gott in vollkommener Gemeinschaft leben. In unserm Bibelwort wird das so ausgedrückt: „Und es<br />

soll geschehen“, sagt Gott: „ehe sie rufen, will ich antworten; wenn sie noch reden, will ich hören.“ Das heißt<br />

doch: Zum Beten werden wir gar nicht mehr kommen, weil Gott uns unsere Bitten und Wünsche schon erfüllt<br />

hat, bevor wir sie ausgesprochen haben.<br />

Hier auf Erden ist Beten ja oft noch richtig anstrengend. Nicht nur, dass wir uns dazu immer wieder aufraffen<br />

muss. Nein, oft beschleicht uns wohl auch das Gefühl, dass da <strong>am</strong> anderen Ende gar keiner ist, der uns zuhört.<br />

Besonders wenn die Erfüllung unserer Gebete auf sich warten lässt, wenn wir uns in Geduld üben müs-


sen. Dann kann Beten regelrecht zum K<strong>am</strong>pf werden, zum Ringen mit Gott und zum Widerstreit gegen den<br />

eigenen Kleinglauben.<br />

In der Ewigkeit ist das alles kein Thema mehr. Da sind wir so mit Gott vertraut, dass er uns gewissermaßen<br />

unsere Wünsche von den Lippen abliest. „Ehe sie rufen, will ich antworten; wenn sie noch reden, will ich hören.“<br />

Und noch auf ein Letztes in unserem Bibelwort möchte ich eingehen. „Siehe, ich will einen neuen Himmel<br />

und eine neue Erde schaffen.“ spricht Gott. Dieses Bild, das uns <strong>Jes</strong>aja vor Augen malt, umfasst die komplette<br />

Neuschöpfung, auch die Tier- und Pflanzenwelt. Das alles wird frei sein von Bosheit. Unser Bibelwort<br />

kleidet das in ein anschauliches Bild: „Wolf und Schaf sollen beieinander weiden; und der Löwe wird Stroh<br />

fressen wie das Rind.“ Das heißt doch: Fresslust, niedere Instinkte und Überlebenstrieb werden dort der Vergangenheit<br />

angehören. Die Erde wird so sein, wie wir sie uns immer gewünscht haben, gewaltfrei, friedlich,<br />

einfach perfekt.<br />

Ich weiß nicht, wann ihr das letzte Mal Besuch von den Zeugen Jehovas gehabt habt. Als die vor einiger Zeit<br />

bei mir waren, hielten sie mir ein buntes Bildchen unter die Nase. Auf dem war ein Löwe zu sehen, der Stroh<br />

frisst und viele glückliche Menschen drum herum, die arbeiteten ohne sich dreckig zu machen. „Das ist Jehovas<br />

neue Welt. Er verspricht, dass sein Volk auf dieser Erde ewig leben wird.“ sagten sie gut auswendig gelernt<br />

herunter. Bei einer Nachbarin waren diese sogenannten Zeugen dann auch. Die k<strong>am</strong> nachher zu mir<br />

und beschwerte sich: „Die Ewigkeit kann man doch nicht in bunte Bildchen drucken!“<br />

Sie hat absolut recht. Denn diese Zukunftsschau von <strong>Jes</strong>aja ist ja nicht die einzige anschauliche Erfahrung,<br />

die uns die Bibel von der Ewigkeit gibt. Von dem, was die Kinder Gottes bei ihrem himmlischen Vater erwartet,<br />

spricht die Heilige Schrift in ganz verschiedenen Bildern: Ewigkeit bei Gott verbringen, ist<br />

wie ein Hochzeitsfest (Mt <strong>25</strong>),<br />

wie ein nach Hause kommen (Joh 14),<br />

wie ein Aufwachen nach dem Schlaf (1Kor 15),<br />

wie ein Geborgen sein in Abrah<strong>am</strong>s Schoß (Lk 16)<br />

....<br />

Keine von diesen vorsichtigen Beschreibungen darf absolut gesetzt oder Eins-zu-eins übertragen werden.<br />

Wir merken: Die Heilige Schrift spricht immer nur andeutungsweise von dem, was kommen wird, so, dass wir<br />

eine Idee bekommt. Genau sagen, wie es ist, kann keiner von uns. In der Ewigkeit ist es dann eben doch<br />

totaliter aliter.<br />

Die Zeugen Jehovas behaupten zwar, mit ihren Bildern ganz biblisch zu sein. Doch sie blenden bestimmte<br />

Sachverhalte aus. Was wir bei den alttest<strong>am</strong>entlichen Propheten bedenken müssen: Sie zeichnen das Neue<br />

noch mit den Bildern der alten Erde. Somit weisen sie über sich hinaus auf eine weit größere Erfüllung, von<br />

der die Propheten nur ahnend sprechen konnten. Gottes Neuschaffen geht doch weit über das hinaus, was<br />

<strong>Jes</strong>aja verheißen hat. Beim Prophet heißt es noch: „Es sollen keine Kinder mehr da sein, die nur einige Tage<br />

leben oder Alte, die ihre Jahre nicht erfüllen, sondern als Knabe gilt, wer hundert Jahre alt stirbt und wer die<br />

hundert Jahre nicht erreicht, gilt als verflucht.“ Eine Hoffnung auf erfülltes Leben wird hier ausgesprochen, wo<br />

es den Tod aber durchaus noch gibt. Im Neuen Test<strong>am</strong>ent, in der Offenbarung des Johannes, wird <strong>Jes</strong>aja <strong>65</strong><br />

weitergeführt. Die Vision von einem neuen Himmel und einer neuen Erde wird uns dort vor Augen gestellt.<br />

Ausdrücklich heißt es aber: „der Tod wird nicht mehr sein!“. Das kann nur im Rückblick auf <strong>Jes</strong>us Christus so<br />

gesagt werden. Er ist für uns gestorben und auferstanden. Er gab dem Tod den Todesstoß. Sein Leben<br />

siegt! Himmel und Erde sind dann nicht mehr getrennt, sondern eins. Das sprengt dann wirklich unsere Vorstellungskraft.<br />

Die Ewigkeit ist tatsächlich totaliter aliter – ganz anders.<br />

Ja, liebe Gemeinde, nun sagst du vielleicht: Schön Pastor, jetzt hast du uns die Ewigkeit vor Augen gemalt:<br />

Aber was hab ich davon. Was hab ich jetzt davon. Jetzt, wo ich hier mitten im irdischen Leben bin. Willst du<br />

uns etwa aufs Jenseits vertrösten? Willst du, dass wir den Kopf in den Sand stecken und nur noch auf den<br />

Jüngsten Tag warten? Ist es denn nicht auch unsere Aufgabe, aus dem Leben hier das Beste zu machen?<br />

Doch, natürlich ist es das. Aber ich glaube, dass geht viel besser, wenn wir dabei dieses herrliche Ziel vor<br />

Augen haben. Das ist so, als wenn du auf einen Urlaub zulebst. Je näher der Urlaub rückt, desto leichter<br />

gehen dir selbst die nervigsten und schwierigsten Arbeiten von der Hand. Ja, <strong>am</strong> liebsten möchtest du vorm<br />

Urlaub noch alles erledigt haben, d<strong>am</strong>it du richtig befreit losfahren kannst. So ist es mit dem Zuleben auf die<br />

Ewigkeit auch. Wer auf dieses Ziel zulebt, der wird sich auch gerne für diese Welt einsetzen und versuchen<br />

hier und da schon ein kleines bisschen von dem Paradies sichtbar werden zu lassen, so wie und das denn<br />

möglich ist und Gott uns seine Gnade dazu gibt.<br />

Amen.<br />

Pastor Klaus Bergmann<br />

evangelisch-lutherische St. Michaelsgemeinde (SELK), <strong>Wolfsburg</strong>-Westhagen

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