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Multikulti in Mongolien - bei Karin Schickinger

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<strong>Multikulti</strong> <strong>in</strong><strong>Mongolien</strong>Hubert Auriol will, dass alle durch den Flussfahren. Gilles Picard versucht es als erster.Klar, denn als Navigator von Luc Alphandund Dakarsieger 2006 hat er die StartnummerE<strong>in</strong>s. Se<strong>in</strong>e Vorderräder tauchen e<strong>in</strong>, grabensich durch den Kies, dann die H<strong>in</strong>terräder,bekommen kurz Haftung, drehen, drehen undSchluss. Picard steckt fest. Noch e<strong>in</strong> kurzerVersuch, dann beschließt er, das Fahrzeug zuschonen.Der zweite, der sich an die Flussdurchfahrtwagt, ist Philippe Monnet. Er stand immerh<strong>in</strong> schon zweimal,e<strong>in</strong>mal mit Auriol und e<strong>in</strong>mal mit Jean-Louis Schlesser, ganzoben auf dem Siegertreppchen der Wüstenrallye und hat alsSolist e<strong>in</strong>en Rekord im Segeln um die Welt aufgestellt. Er steuertse<strong>in</strong>en Wagen den Hang h<strong>in</strong>unter <strong>in</strong> den Fluss, Vorderräder,H<strong>in</strong>terräder - dann kommt auch er nicht weiter.Hubert Auriol gibt auf. Er schickt den Rest des Raid-Truppsüber die Brücke, denn er hat es <strong>in</strong> der Hand, wann alle stoppenoder fahren, wann jeder e<strong>in</strong>zeln mit Roadbook und GPS dasGrassland von Hulun<strong>bei</strong>er durchquert oder alle Teilnehmer imKonvoi unterwegs s<strong>in</strong>d wie gerade am Fluss. Nachdem er jahrelangdie Dakar-Rallye organisiert hat, ist se<strong>in</strong> neuestes Projektnun die Green Raid, für deren Generalprobe er Fahrer undReporter aus acht Nationen <strong>in</strong> die <strong>in</strong>nere Mongolei, Teil derVolksrepublik Ch<strong>in</strong>a, geholt hat.„Die ch<strong>in</strong>esischen Journalisten fragen immer, was der Unterschiedist zwischen der Dakar und der Green Raid“, sagt dieDakar-Fünfte Andrea Mayer, die mit zwei weiteren ‚GermanGirlsʻ im Auto das e<strong>in</strong>zige re<strong>in</strong>e Frauenteam pilotiert. Denn e<strong>in</strong>ezweite ‚Dakarʻ, das hätten die ch<strong>in</strong>esischen Organisatoren vorOrt gerne, <strong>in</strong> ihrem weiten Land zwischen russischer Grenze mitdem Fluss Argun im Norden und den Ausläufern der Gobi imSüden.Doch Auriol hat anderes im S<strong>in</strong>n: „Die Idee ist, die Green Raidals nicht Rallye, sondern als Raid zu organisieren, <strong>bei</strong> der esalle<strong>in</strong> auf Gleichmäßigkeit ankommt. Jedes Team kann wählen,ob es am Classement teilnehmen will oder nicht. Wenn es spätkommt oder sich verfährt und die Waypo<strong>in</strong>ts nicht f<strong>in</strong>det, ist esam nächsten Morgen immer noch Teil der Raid.“Dass die Ch<strong>in</strong>esen dies nicht so sehen, ist für die Teilnehmerder Green Raid ke<strong>in</strong> Nachteil. Kamerateams filmen sie auf ihrerFahrt durchs Grassland, <strong>in</strong> jeder Stadt, an jedem Nationalparkwerden sie mit Zeremonien geehrt. Junge Menschen <strong>in</strong> bunterTracht kredenzen kle<strong>in</strong>e Schälchen mit Milch oder Schnaps undhängen den Gästen weiße oder blaue Schals um. Oft wird dieRaid von Reitern mit bunten Fahnen begleitet und als besonderesSchmankerl feiern alle zusammen e<strong>in</strong> Fest unter dem klarenSternenhimmel der Steppe mit viel ‚Gan <strong>bei</strong>ʻ und mongolischenFoxtrott.Am nächsten Tag wird es wieder ‚Ernstʻ. Sonderprüfung imströmenden Regen um den Hulun-See im Dreiländereck. AndreaMayer hat akribisch alle Waypo<strong>in</strong>ts <strong>in</strong>s GPS e<strong>in</strong>gegeben undbrennt darauf, durch die sanften Hügel zu sliden. Dieser E<strong>in</strong>satzwird belohnt. Bei e<strong>in</strong>er pompösen Siegerehrung <strong>in</strong> der Prov<strong>in</strong>zhauptstadtHailar bekommen alle Fahrer e<strong>in</strong>en Pokal, den derAustralier Simon Pavey munter kommentiert: „This was the funniestweek <strong>in</strong> my life!“Internationale Dakar-Prom<strong>in</strong>enz testet Green Raidganz weit h<strong>in</strong>ten <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>aText: Kar<strong>in</strong> Schick<strong>in</strong>ger, Fotos: Serge PotierFrau im GlückDie deutscheRallyefahrer<strong>in</strong>Andrea Mayerfuhr <strong>bei</strong> derGenralprobe imHerbst 2006 dieGreen Raid mitund gewann


Am Kamm des ch<strong>in</strong>esischen HahnsEs ist sechs Uhr morgens. Die Ersten krabbeln aus ihren Jurtenund bl<strong>in</strong>zeln <strong>in</strong> die aufgehende Sonne, die den Himmel tiefrotfärbt. Bei uns <strong>in</strong> Europa wäre das e<strong>in</strong> Zeichen für schlechtesWetter, aber hier <strong>in</strong> Hulunbuir, <strong>in</strong> dem Teil der Mongolei, der zuCh<strong>in</strong>a gehört?„Ich dachte heute nacht schon, es regnet“, sagt unser NachbarPhilippe, während er se<strong>in</strong>e Zahnbürste aus dem Auto kramt.Doch es war nur der Steppenw<strong>in</strong>d, der mit den Jurtenwändenspielte. Ansonsten hatten alle e<strong>in</strong>e angenehme Nacht. Ke<strong>in</strong>Wunder, denn Matratze und Schlafsack waren komfortabel undden Rest besorgte der e<strong>in</strong> oder andere Schlaftrunk des gestrigenAbends.E<strong>in</strong> Steppenfest hatten unsere Gastgeber aus der südhulunbuirschenStadt X<strong>in</strong>BaErHuZuo vorbereitet, mit allem wasdazu gehört: R<strong>in</strong>gerkämpfe und Trommelkonzert im Abendlicht,großes Büffet an heimischen Speisen und reichlich ch<strong>in</strong>esischesBier und Schnaps. Als nach e<strong>in</strong>er Reihe von „Gan Beis“- mandar<strong>in</strong> für ‚Auf Ex‘ - e<strong>in</strong> Akkordeonspieler zum Tanz aufspielte,stand der Völkerverständigung nichts mehr im Wege.Die männlichen Teilnehmer unserer Gruppe führten <strong>in</strong> bunterTracht gekleidete Hulunbuir<strong>in</strong>nen aufs Rasenparkett, währendwir Frauen von offiziell aussehenden Herren aufgefordertwurden. Nicht die schlechteste Wahl, wie sich schnell herausstellte.Die Asiaten erweisen sich als die geübteren Tänzer undwirbelten ihre Partner<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Art mongolischem Foxtrottleichtfüßig übers Gras.Wer partout nicht tanzen wollte, fand <strong>in</strong> den Gastgebern <strong>in</strong>teressierteund <strong>in</strong>teressante Gesprächspartner. Viele von ihnens<strong>in</strong>d Englischlehrer <strong>in</strong> X<strong>in</strong>BaErHuZuo und hatten sich eigensfrei genommen, denn selten hätten sie die Chance, Menschenaus Europa zu treffen und dann gleich aus sieben Nationen!Zu verdanken hatten wir dieses <strong>Multikulti</strong>treffen <strong>in</strong> <strong>Mongolien</strong>Hubert Auriol, Rennfahrerlegende aus Frankreich, mehrfacherSieger und ehemaliger Organisator der Dakar-Wüstenrallye.Er hat die ‚Green Raid‘ <strong>in</strong>s Leben gerufen und aus Süd- undWesteuropa Freunde der gepflegten Fortbewegung auf vierRädern versammelt, um diese <strong>bei</strong> uns kaum bekannte Eckeder Welt zu erkunden.Zwischen Russland und derMongolei liegt das Graslandvon Hulun<strong>bei</strong>er, auch bekanntals Grüne Jade von Ch<strong>in</strong>aText: Kar<strong>in</strong> Schick<strong>in</strong>gerFotos: Serge Potier, Schick<strong>in</strong>gerOrientierungE<strong>in</strong>e Karte ist nicht schlecht,wenn man sie denn lesen kannInfos zur Green Raid:www.greenraid.eu


„Wenn man sich das Landkartenbild von Ch<strong>in</strong>a als Hahn vorstellt‚der den Sonnenaufgang ankündigt“, erzählte e<strong>in</strong>e derLehrer<strong>in</strong>nen, „dann ist das Grasland von Hulunbuir der Kammdes Hahns.“ Benannt sei die Hochebene nach den <strong>bei</strong>dengroßen Seen Hulun und Buir, von denen die Legende sagt,dass sie e<strong>in</strong>mal zwei junge mongolische Liebende gewesenwaren, von ihren Familien getrennt verwandelten sie sich ausSchmerz zu Seen.Die Asiaten erweisen sich als die geübteren Tänzer und wirbeltenihre Partner<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Art mongolischem Foxtrott leichtfüßigübers Gras.Wer partout nicht tanzen wollte, fand <strong>in</strong> den Gastgebern <strong>in</strong>teressierteund <strong>in</strong>teressante Gesprächspartner. Viele von ihnens<strong>in</strong>d Englischlehrer <strong>in</strong> X<strong>in</strong>BaErHuZuo und hatten sich eigensfrei genommen, denn selten hätten sie die Chance, Menschenaus Europa zu treffen und dann gleich aus sieben Nationen!Zu verdanken hatten wir dieses <strong>Multikulti</strong>treffen <strong>in</strong> <strong>Mongolien</strong>Hubert Auriol, Rennfahrerlegende aus Frankreich, mehrfacherSieger und ehemaliger Organisator der Dakar-Wüstenrallye.Er hat die ‚Green Raid‘ <strong>in</strong>s Leben gerufen und aus Süd- undWesteuropa Freunde der gepflegten Fortbewegung auf vierRädern versammelt, um diese <strong>bei</strong> uns kaum bekannte Eckeder Welt zu erkunden.„Wenn man sich das Landkartenbild von Ch<strong>in</strong>a als Hahn vorstellt‚der den Sonnenaufgang ankündigt“, erzählte e<strong>in</strong>e derLehrer<strong>in</strong>nen, „dann ist das Grasland von Hulunbuir der Kammdes Hahns.“ Benannt sei die Hochebene nach den <strong>bei</strong>dengroßen Seen Hulun und Buir, von denen die Legende sagt,dass sie e<strong>in</strong>mal zwei junge mongolische Liebende gewesenwaren, von ihren Familien getrennt verwandelten sie sich ausSchmerz zu Seen.„Bei der Green Raid kommt es alle<strong>in</strong> auf Orientierung undGleichmäßigkeit an,“ erklärt Hubert Auriol. Jedes Team kannzudem wählen, ob es am Klassement teilnehmen will odernicht. E<strong>in</strong>zige Voraussetzung ist e<strong>in</strong> gültiger Führersche<strong>in</strong>, nichte<strong>in</strong>mal Allraderfahrung brauchen die Teilnehmer. E<strong>in</strong>en großenTeil der Strecke ist man sowieso im Konvoi unterwegs.„Où sont les brites?“, fragt Hubert Auriol, als der Raid-Trossan e<strong>in</strong>er Ansammlung von Ste<strong>in</strong>hügeln auf e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en Berganhält. Galopper Nummer elf fehlt. Die Briten wurden zuletzte<strong>in</strong>en Kilometer entfernt gesichtet, wie sie e<strong>in</strong>en Schäfer fotografierten.Ke<strong>in</strong> Grund zur Sorge also. E<strong>in</strong> Teil der Gruppeerzählt Anekdoten, wie plötzlich e<strong>in</strong> Hirte se<strong>in</strong> Motorola-Handyzückte und selbst Fotos schoss. Die Anderen besichtigen e<strong>in</strong>endieser Ste<strong>in</strong>hügel, mongolisch Obo genannt. In der Mitte desHaufens steckt e<strong>in</strong> Stab mit vielen blauen Tuchstreifen, selbste<strong>in</strong>en anzubr<strong>in</strong>gen, soll auf der Reise Glück br<strong>in</strong>gen. Geradeam Buir-See haben wir blaue Schals überreicht bekommen,sollen wir sie opfern? Wir entscheiden uns für e<strong>in</strong> anderesSegensritual und umrunden die Obos dreimal mit den Autos.Dann erkundigen wir uns <strong>bei</strong> Salvador, dem Spanier, ob wirheute <strong>bei</strong> der Orientierungsfahrt um den Hulun-See noch unserGPS brauchen würden. Salvador lacht. Er hat se<strong>in</strong> Global Position<strong>in</strong>gSystem noch überhaupt nicht e<strong>in</strong>gesetzt. Für ihn reichtdas Roadbook und wenn das nicht hilft, dann fährt er e<strong>in</strong>fachden anderen h<strong>in</strong>terher. Das hat bis jetzt immer funktioniert,resümiert er, zum Beispiel auf der Fahrt nach Norden durchbirkenbewaldete Hügel, entlang des hahnenkamm-gewundenenFlusses Argun, den Blick gen Russland gerichtet, bis derGrenzsoldat zurück nach Shiwei schickte. Wo die Gastfamilienuns mit Gesängen verwöhnten. Oder <strong>in</strong> Richtung Süden, aufden Spuren der mongolischen Nomaden durch die Ausläuferder Wüste Gobi. Niemand fehlte, alle waren da.Auch entlang des Hulun-Sees geht niemand verloren. Als wirabends im Beach-Hotel sitzen, vermissen wir allenfalls dieSauna vom Hotel <strong>in</strong> Hailar. Denn e<strong>in</strong>es sche<strong>in</strong>t <strong>in</strong> Hulun<strong>bei</strong>erwie daheim klar zu se<strong>in</strong>: Morgenrot, schlecht Wetter droht. Esregnet.Mongolische ImpressionenReiten steht immer noch anoberster Stelle der mongolischenHobbysMorgenrot - schlecht Wetter drohtMüde ch<strong>in</strong>esiche Fahrer am Hulun-SeeDreimal um den Obo br<strong>in</strong>gt Glück

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