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Franz Sattler - Steiermarkhof

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dingungen. In dem Maße, in dem sich die Kunst selbst thematisierte (Metakunst), verlor sie das Interesseder breiten, immer besser informierten Schichten, denen sie als Avantgarde eigentlich vorangehen wollte.Blieben zuvor Konflikte um Kunst intern und wurden innerhalb eines ExpertInnenkreises ausgetragen, soverweigern nun ganze Teile der Gesellschaft der Kunst ihrer Zeit die Akzeptanz.Es entwickelt sich eine Gegenmoderne, die ihre Ausdrucksformen in diversen entgegengesetzten Stilensucht – z. B. neoklassizistische, andere historistische oder bewusst anachronistisch ausgerichtete Kunst.Aber: Bei der Begegnung des Publikums mit innovativer zeitgenössischer Kunst ist zu fast allen ZeitenAblehnung zu beobachten, ausgelöst durch die Nichterfüllung von Erwartungshaltungen in Bezug auf Sehgewohnheiten,Bildungsidealen und/oder moralischen Einstellungen.Über diesen Protest weit hinaus ging die Diffamierung der modernen Kunst im Nationalsozialismus,der mit dem Schlagwort „Entartete Kunst“ die Klassische Moderne im Ganzen zu treffen versuchte: durchBerufsverbote, höhnische Präsentationen bis hin zur physischen Vernichtung. Das Kunstschaffen hatteim Dienste von Staat, Volk und Rasse zu stehen, die früheren Ideale klassisch-humanistischer Bildungwurden als „undeutsch“ abgelehnt. Bevorzugt wurde die traditionelle akademische Genremalerei im Stildes späten 19. Jahrhunderts.Seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist ein Nebeneinander verschiedenster Stile weitgehendakzeptiert und schafft eine große künstlerische Bandbreite in einer globalen Kultur. Die postmoderneAnschauung von Kunst stellt zum Teil die Ideen von Freiheit, Originalität und Authentizität wiederinfrage, setzt bewusst Zitate anderer KünstlerInnen ein und verbindet historische und zeitgenössischeStile, Materialien und Methoden sowie unterschiedliche Kunstgattungen miteinander. Kunstbetriebeund Ausstellungsorte werden von einer Metaebene aus hinterfragt (White Cube). Die Grenzen zwischenDesign, Popkultur und Subkultur einerseits und Hochkultur andererseits verschwimmen. Ähnlich wie inder Wissenschaft erschließt sich das umfassende Verständnis der möglichen Bedeutungen von Werkenoft erst durch eingehende Beschäftigung mit dem künstlerischen Gegenstand. Die Herausforderungenan die RezipientInnen sind stark gestiegen, ebenso wie die Anforderungen an die kulturelle Bildung.Auch die Erweiterung des Kulturbegriffs seit den 1970er Jahren, der seither versucht, mit anthropologischen,ethnologischen oder soziologischen Methoden alle Lebens- und Arbeitsformen der einzelnensozialen Gruppen mit kulturellen Wertvorstellungen zu verbinden, bereitet vielen Kunstinteressiertengroße Schwierigkeiten. In diesem Zusammenhang hat sich im österreichischen Kontext der Begriff der„Vermittlung“ etabliert. Dieser bezieht sich aber in erster Linie auf das Bildungsangebot von Kunst- undKultureinrichtungen. Wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge fand bis in die 1970er Jahre nur einsehr kleiner, überwiegend bildungsbürgerlich ausgerichteter Teil der österreichischen Bevölkerung Zugangzum Angebot der traditionellen Kunst- und Kultureinrichtungen, während der überwiegende RestFragen von Kunst und Kultur als ihn nicht betreffend einschätzte (vgl. IFES-Grundlagenforschung im kulturellenBereich 1975, 1980, 1989). Spannend wären topaktuelle Umfragen. Allerdings hat das Themader kulturellen Bildung in einer vorrangig Output orientierten Bildungsforschung noch immer nicht allzugroßen wissenschaftlichen Niederschlag gefunden, obwohl Kunst, Kultur und kulturelle Bildung nicht nurfür jeden einzelnen Menschen, sondern als letztlich kognitives und emotionales Wissen auch für dasgesellschaftlich Gemeinsame wesentlich sind.Kulturelle Bildung eröffnet neue Welten, sie bietet die Möglichkeit der Auseinandersetzung mit sichselbst und der Kunst. George Herbert Mead meint in seinem eingangs erwähnten Aufsatz, eine der Besonderheitender ästhetischen Erfahrung sei ihr utopisches Potenzial. Es spricht für den „<strong>Steiermarkhof</strong>“,dass er sich Kunst und Bildung in so hohem Maße verpflichtet fühlt und seine BesucherInnen mit einerVielfalt von ästhetischen Erfahrungen konfrontiert, die ihnen die Möglichkeit bietet, sich in der Gemeinschaft,aber auch ganz individuell kulturell zu bilden und Utopien zu verfolgen. n110 111

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