Lederhandbuch 23.8.98
Lederhandbuch 23.8.98
Lederhandbuch 23.8.98
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Das <strong>Lederhandbuch</strong><br />
Larry Townsend<br />
Deutsch von Gerold Hens
Inhaltsverzeichnis<br />
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />
John Preston<br />
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15<br />
zur Silbernen Jubiläumsausgabe<br />
1. Kapitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23<br />
Warum Ledersex?<br />
2. Kapitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45<br />
M oder S?<br />
3. Kapitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69<br />
Bondage ohne SM<br />
4. Kapitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87<br />
SM ohne Bondage<br />
5. Kapitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101<br />
Ausrüstung<br />
6. Kapitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127<br />
Partnersuche
6<br />
Das <strong>Lederhandbuch</strong><br />
7. Kapitel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151<br />
Die Übernahme einer Rolle<br />
8. Kapitel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171<br />
Das Motorrad und sein Besitzer<br />
9. Kapitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185<br />
Suff und Drogen<br />
10. Kapitel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203<br />
Von Freunden und Liebhabern<br />
11. Kapitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215<br />
Der wahre M<br />
12. Kapitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235<br />
Der Rudelbums<br />
13. Kapitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251<br />
Esoterica/Exotica<br />
14. Kapitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271<br />
Bis zum Äußersten<br />
15. Kapitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287<br />
Risiken<br />
16. Kapitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297<br />
Die sozialen Kontakte in der Lederszene<br />
17. Kapitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305<br />
Wo stehst du?<br />
Auswahlbibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337<br />
deutschsprachiger Titel zum Thema SM und Leder<br />
Adressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339<br />
im deutschprachigen Raum
Vorwort des Verfassers<br />
zur Silbernen<br />
Jubiläumsausgabe
Hier ist sie also: die Ausgabe zum Silbernen Jubiläum des <strong>Lederhandbuch</strong>s.<br />
Ich bin das Buch Zeile für Zeile durchgegangen und<br />
habe verschiedene Passagen neu geschrieben, bzw. kursiv gedruckte<br />
Kommentare hinzugefügt, um den Text auf den neuesten<br />
Stand zu bringen. Erstaunlicherweise besitzt der Großteil<br />
des Originals noch immer seine Gültigkeit. Den Rest habe ich<br />
geändert und hoffe, daß die heutige Generation von Ledermännern<br />
und Ledermännern in spe aus meinem Buch Nutzen zieht.<br />
Doch vollständigkeitshalber folgt nun – mit ein paar klitzekleinen<br />
Auslassungen und Änderungen – die ursprüngliche Einleitung:<br />
In den letzten Jahren sind viele Bücher erschienen, die verschiedene<br />
Aspekte homosexuellen Verhaltens und homosexueller Lebensweisen<br />
behandeln. In allen wird der Ledermann beharrlich<br />
vernachlässigt oder vom Verfasser – egal, ob schwule Textiltrine<br />
oder Hetero-Autor – lächerlich gemacht. Bei der Lektüre solcher<br />
Publikationen regten sich unterschiedliche Gefühle in mir, und<br />
zuweilen habe ich mich nicht wenig geärgert. Vielen anderen Le-
18<br />
Das <strong>Lederhandbuch</strong><br />
dermännern ging es ebenso. Es scheint mir jedoch sinnlos, mein<br />
eigenes Buch mit einer Schlammschlacht einzuleiten. Das überlasse<br />
ich der Tuntenfraktion und erspare mir alle Beschuldigungen,<br />
wer angeblich was gesagt hat. Statt dessen will ich<br />
versuchen, mit einer positiven Aussage anzufangen und ebenso<br />
von den guten wie den schlechten Erzeugnissen meiner Vorgänger<br />
zu profitieren.<br />
Die Ratgeber und Handbücher, die ich am lesbarsten fand, waren<br />
aus einer ganz subjektiven Perspektive – im Gegensatz zu<br />
den akademischen Untersuchungen, bei denen man sich fragt,<br />
ob der Verfasser das, worüber er schreibt, je selbst erlebt hat,<br />
und ob er überhaupt schwul ist. Daher will ich eines von Anfang<br />
an klarstellen: Ich bin schwul und mit der Lederszene in einem<br />
Maße vertraut, daß ich behaupten darf, beinahe jede ihrer Spielarten<br />
als Beteiligter oder als Zeuge selbst erlebt zu haben. Und<br />
meiner Meinung nach engt mich dieses „Engagement“ nicht so<br />
sehr ein, daß ich nicht ab und zu einen objektiven Blick auf den<br />
Weg werfen könnte, den ich einstmals betreten habe und der<br />
mich zum heutigen Stand meiner sexuellen und/oder emotionalen<br />
Entwicklung geführt hat. Doch wer mich durch die folgenden<br />
Seiten begleitet, wird das besser beurteilen können.<br />
Bei meinem Wissen über die Szene halte ich es für wichtig,<br />
nicht etwa Praktiken zu kritisieren, nur weil sie nicht mein Ding<br />
sind. Deshalb werdet ihr viele Stellen im Buch finden, die ich mit<br />
den Worten einleite: „Ich bin der Meinung, daß …“. Wenn eine<br />
bestimmte Praktik – egal, wieviele sie ausüben – Spaß macht<br />
und von allen Beteiligten gewünscht wird, dann glaube ich<br />
nicht, daß sie an sich „schlecht“ oder „falsch“ oder „böse“ sein<br />
kann. Ich mag z.B. kein Vanilleeis, aber es ist nicht meine Aufgabe,<br />
irgend jemandem zu erklären, es sei auch nichts für ihn.<br />
Es ist Geschmacksache, und wie etwas schmeckt, läßt sich<br />
manchmal schwer beschreiben. Um diese Schwierigkeit zu<br />
überwinden, habe ich eine Reihe kurzer Schilderungen aufgenommen,<br />
um die Praktik, die ich gerade bespreche, besser zu illustrieren.<br />
Wenn einige davon euch packen, betrachte ich meinen<br />
Versuch als geglückt, so anschaulich wie möglich zu<br />
schreiben.
Vorwort des Verfassers zur Silbernen Jubiläumsausgabe<br />
Meine Erfahrungen erstrecken sich hauptsächlich auf die<br />
Westküste – glücklicherweise, glaube ich, weil die meisten meiner<br />
Kollegen von der Ostküste kamen und ihre Berichte sich<br />
meist auf Begebenheiten und Ereignisse in New York oder anderen<br />
Städten dort beziehen. Meine eigenen Erlebnisse sowie die<br />
meiner vielen Freunde und Bekannten in der internationalen Lederszene<br />
bilden den Grundstock für meine Beschreibung eines<br />
äußerst befriedigenden Lebensstils. Da sich unser Sexualleben<br />
in vieler Hinsicht von dem „üblichen“ unterscheidet, ist es notwendig,<br />
es denjenigen zu erklären, die sich dem Thema mit einem<br />
ganz unterschiedlichen Wissensstand nähern. Sollten meine<br />
Darlegungen anfangs zu stark auf Grundlagen eingehen, bitte<br />
ich den fortgeschrittenen Ledermann, etwas Geduld zu haben;<br />
bald wird es auch für ihn interessanter.<br />
Was meine Referenzen betrifft, die mich für dieses Unterfangen<br />
qualifizieren, so kann ich den Leser nur auf meine zahlreichen<br />
Romane zum Thema Ledersex verweisen. Diese erfreuen<br />
sich einer recht großen und zuweilen enthusiastischen Beliebtheit,<br />
und in vielen Rezensionen der wichtigsten schwulen Zeitschriften<br />
wurden sie als „maßgeblich“ und als „Standardwerke<br />
des SM“ bezeichnet. Solltet ihr meine Bemühungen in dieser<br />
Richtung bereits kennen, um so besser. Falls nicht, werdet ihr sie<br />
alsbald kennenlernen.<br />
Auch wenn ich schon mit einer Menge „Lederfans“ in den Vereinigten<br />
Staaten, Kanada und Europa in Verbindung stehe, bin<br />
ich stets begierig, noch mehr über die Lederwelt zu erfahren. Besonders<br />
wenn ihr das Gefühl habt, ich liege irgendwie bei einem<br />
Thema sachlich falsch, laßt es mich wissen; vielleicht finden sich<br />
eure Gedanken dann in einer meiner späteren Arbeiten wieder.<br />
Zu erreichen bin ich unter: P.O. Box 302, Beverly Hills, CA 90213,<br />
USA.<br />
Da ich schon einmal die egozentrische Schiene fahre – hier ein<br />
paar Einzelheiten aus meinem Lebenslauf: Von meiner Ausbildung<br />
her bin ich Psychologe – zumindest auf dem Papier. Das<br />
Studium habe ich jedoch nach dem Diplom geschmissen, vor allem<br />
weil ich nicht mit der (früher) vorherrschenden Theorie einverstanden<br />
war, daß die Ergebnisse aus Labortests an Tieren<br />
19
20<br />
Das <strong>Lederhandbuch</strong><br />
sich auf menschliches Verhalten übertragen ließen. Mehrere Jahre<br />
führte ich Einzelberatungen durch und arbeitete auch als Betriebspsychologe.<br />
Aufgrund dieser Erfahrungen bin ich der festen<br />
Überzeugung, daß viele – wenn nicht die meisten –<br />
Behauptungen der akademischen Seelenklempner-Autoritäten<br />
purer Mist sind! Ein Quentchen Wahrheit steckt jedoch auch in<br />
dieser Pseudowissenschaft, und wo es mir angemessen schein,<br />
habe ich versucht, das zu berücksichtigen.<br />
Wie lange ich schon durch die Gegend streife und diese<br />
„schmutzigen“ Sachen erlebe? Ist das eure nächste Frage? Nun<br />
ja, das Alter stellt bei Ledermännern zuweilen ein ebenso sensibles<br />
Thema dar wie bei den Textiltrinen! Für diejenigen, die seit<br />
geraumer Zeit mit der Szene in Los Angeles vertraut sind, möchte<br />
ich anmerken, daß meine Karriere im alten Cinema am Santa<br />
Monica Boulevard anfing. Und ich möchte noch hinzufügen,<br />
daß ich damals bereits volljährig war. Da ich jetzt auf dieses Etablissement<br />
mit der Nostalgie eines Ehemaligen schaue, der nach<br />
vielen Jahren einen Blick auf seine Schulzeit wirft, muß ich außerdem<br />
noch sagen – mit der Bitte um Nachsicht an alle Besitzer<br />
der vielen Kneipen, die einer namentlichen Nennung in meinen<br />
Anekdoten so freundlich zugestimmt haben –, daß es nie<br />
wieder eine Kneipe wie das Cinema geben wird. Der Bundesstaat<br />
Kalifornien sollte eine Plakette an dem historischen Ort anbringen,<br />
wo es sich befand, und alle Ledermänner, die daran vorbeikommen,<br />
sollten den Kopf ehrfürchtig neigen. (An seiner Stelle<br />
befindet sich jetzt eine Autowerkstatt.)<br />
Für diejenigen, die nicht genau wissen, wie eine Lederkneipe<br />
aussieht, möchte ich das Cinema kurz beschreiben. Der Innenraum<br />
maß etwa sieben mal neun Meter. Die Wände waren<br />
schwarz und fleckig und mit allerlei Postern, Fotos, Straßenschildern<br />
übersät – mit fast jedem Gegenstand eben, der der Geschäftsführung,<br />
den Angestellten oder den Kunden gefiel. Die<br />
Kundschaft bestand aus einer wunderbaren Mischung von Leder,<br />
Jeansjacken und abgewetzten Levi’s. Ich war auch nicht das<br />
einzige junge Gemüse da – insofern interessant, als die meisten<br />
Lederkneipen vor allem von Männern über 35 bevölkert werden.<br />
An jedem Wochenende konnte man mit viel Action rechnen: mit
Vorwort des Verfassers zur Silbernen Jubiläumsausgabe<br />
einer Gruppe von Kerlen z.B., denen die Schwänze aus dem Hosenschlitz<br />
raushingen (oder -ragten) und einem Sklaven auf<br />
Knien, der einen nach dem anderen bediente. Das Klo war draußen,<br />
an der Tankstelle nebenan. Meine Aufregung wuchs noch,<br />
wenn gelegentlich die Bullen, die an der Straßenecke rumlungerten,<br />
den Suchscheinwerfer auf die Leute richteten, die rein- und<br />
rausgingen. Wir machten uns über sie lustig, denn die Meute<br />
wirkte so mackerhaft und rauh, daß die uniformierten Bullen<br />
sich fürchteten, einen Fuß in den Laden zu setzen. Immer machten<br />
Gerüchte die Runde, Polizeibeamte seien an Ort und Stelle<br />
zusammengeschlagen oder abgestochen worden, und obwohl<br />
ich wußte, daß das nie vorkam, machte ich mir, wie alle anderen,<br />
einen Spaß daraus, solche Geschichten rumzuerzählen.<br />
Das Cinema war wirklich toll. Aber es gehört inzwischen der<br />
Vergangenheit an und mit ihm die Naivität, mit der ich es zum<br />
erstenmal betrat. Nun, da ich nach all den Jahren zurückschaue,<br />
hege ich angenehme Erinnerungen an Erlebnisse sowohl in der<br />
Kneipe als auch mit Leuten, die ich dort kennengelernt habe. Damals<br />
machte mir alles wahnsinnig viel Spaß, und insgeheim hatte<br />
ich das Gefühl, die äußersten Höhen sexueller Lust zu streifen.<br />
Heute weiß ich es besser. Um wieviel erfüllender wären<br />
diese Jahre gewesen, hätte mich damals jemand über das aufgeklärt,<br />
was ich euch heute zu erzählen versuche …<br />
Damit endet die Einführung, die ich vor 25 Jahren schrieb. Glücklich,<br />
das dazwischenliegende Vierteljahrhundert überlebt zu haben,<br />
lese ich nun meine eigenen Worte und wundere mich, wie<br />
wenig sich die Menschen in der Lederszene verändert haben –<br />
wo sich doch hinsichtlich gesellschaftlicher Akzeptanz, Politik<br />
und wissenschaftlicher Erkenntnis so vieles gewandelt hat. Katastrophal<br />
war natürlich das Auftreten von Aids, das nahezu jeden<br />
Aspekt unseres Lebens – unseres Sexuallebens, zumindest – beeinflußt<br />
hat. Diejenigen, die sich nicht umstellen wollten, sind<br />
fast alle tot; wir übrigen sehen uns gezwungen, uns ganz anders<br />
zu verhalten als vor 25 Jahren. All das führt mich zu dem Hauptstreitpunkt<br />
bei der Veröffentlichung dieser Jubiläumsausgabe.<br />
Nach eingehender Seelenforschung und Diskussion mit meinen<br />
21
22<br />
Das <strong>Lederhandbuch</strong><br />
Lektoren und dem Verleger haben wir uns dazu entschlossen,<br />
gelegentlich eine Mahnung einfließen zu lassen, daß „die Zeiten<br />
sich geändert haben“, und dort, wo es notwendig war, eine Erläuterung<br />
dieser Veränderungen einzufügen. Die erotischen Erlebnisberichte<br />
jedoch ließen wir unangetastet. Über die zahllosen<br />
Auflagen in den letzten anderthalb Jahrzehnten, seit bei<br />
Olympia Press die Originalausgabe erschienen ist, haben diese<br />
kleinen Geschichten angeregt und angetörnt und mir zuviele Anhänger<br />
verschafft, als daß ich die Stellen hätte neu schreiben<br />
wollen. Ihr müßt nur immer daran denken, daß sie vor dem Aufkommen<br />
von Aids und Safer-Sex geschrieben wurden.<br />
Im Lauf der Jahre erhielt ich haufenweise Briefe von Männern,<br />
die meine Bücher gelesen und offensichtlich davon profitiert haben.<br />
Ich hoffe, diese neue Ausgabe wird sich für die Generation<br />
von Ledermännern, die jetzt die Szene bevölkert, als lehrreich –<br />
oder wenigstens unterhaltsam – erweisen. Was mich betrifft, so<br />
denke ich, ich sollte mich auf das Goldene Jubiläum freuen,<br />
wenn die Aids-Krise hoffentlich schon lange vorbei ist und wir in<br />
der Lage sind, zu einigen der Verhaltensweisen zurückzukehren,<br />
die ich vor 25 Jahren so unverblümt beschrieben habe.