Stadtarchiv Stuttgart, Bad Cannstatt - agn Niederberghaus & Partner ...
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Sonderfall Archiv<br />
Beheizung, Befeuchtung und Kühlung – das sind die wichtigsten Stellschrauben für die Schaffung<br />
der optimalen klimatischen Rahmenbedingungen. Für die Planer herrschen in einem Archiv<br />
erschwerte Bedingungen: Aus Sicherheitsgründen dürfen keine Wasser führenden Leitungen<br />
zur Einbringung von Energie (Wärme/Kälte) verlegt werden. Außerdem ist eine intensive Luftdurchströmung<br />
notwendig, um überhaupt eine gleichmäßige Verteilung von Wärme bzw. Kälte<br />
im Raum realisieren zu können.<br />
Bei der Suche nach dem passenden Energiekonzept für das <strong>Stadtarchiv</strong> wurde dieses vorab simuliert<br />
und die späteren Betriebskosten so exakt wie möglich im Voraus berechnet, da die speziellen<br />
Anforderungen eines Archivs erheblichen Einfluss auf den Energiebedarf haben. Eines konnte<br />
auch die deutlich verbesserte Gebäudehülle nicht auffangen: Die energetisch sehr aufwändige<br />
und permanent notwendige Ausregelung des Außentemperatureinflusses auf das Gebäude. Was<br />
bei „normaler“ Nutzung praktisch nicht auffällt, ist hier ein Problem. Selbst kurzzeitige Wärmeperioden<br />
erfordern die Kühlung, Kälteperioden die Beheizung - ein energiezehrendes Unterfangen.<br />
Die DIN ISO 11799 gießt diese hohen Anforderungen in konkrete Regeln. Sie fordert eine<br />
schnelle Reaktion auf kleinste Temperatur- und Feuchteveränderungen und schafft somit maximale<br />
Kontinuität.<br />
Das Ungewöhnliche denken und individuelle Lösungen entwickeln<br />
Kernelement des Energiekonzeptes ist ein Eisspeicher. Die Idee entstand durch die spezifische Situation<br />
am Bauort: Das 2,40 m unter Erdgleiche vorkommende wertvolle Heilwasser machte die<br />
geplante klassiche Nutzung geothermischer Energien unmöglich. Im Prozess des Planens – ganz<br />
typisch für das projektindividuelle Vorgehen der <strong>agn</strong>-Fachingenieure, die keine Standardlösung<br />
empfehlen, sondern immer standort-, nutzer- und projektspezifische Ansätze entwickeln – wurde<br />
die Frage der Energiespeicherung diskutiert. Diese durfte weder zu große Energieverluste<br />
aufweisen, noch das Grundwasser beeinträchtigen (also die sensible Tonschicht durchstechen)<br />
oder in die Nähe des wertvollen Heilwassers kommen.<br />
Für beide „Probleme“ – die sensible, schnelle und möglichst wenig energieträchtige Ausregelung<br />
der Außentemperatureinflüsse sowie die Distanz zum Heilwasser/Grundwasser – eignete sich die<br />
Lösung Eisspeicher.<br />
Der große Speicherbehälter liegt genau auf der separierenden Tonschicht und beeinträchtigt das<br />
Grund- und Heilwasser nicht, wie auch das Amt für Umweltschutz bei seinen hydrologischen<br />
Untersuchungen bestätigte.<br />
Ausschlaggebend für den Eisspeicher mit gasbetriebener Absorber-Wärmepumpe war dann ein<br />
langwieriger Konzeptvergleich, um Ökologie und Ökonomie gleichermaßen günstig zu beeinflussen.<br />
Auch hier hat es sich gezeigt, dass dies nur gelingt, wenn man sich der speziellen Aufgabe<br />
eines Gebäudes annimmt und versucht hier den Hebel anzusetzen. Alle anderen Ansätze<br />
konnten keinen auch nur annähernd wirtschaftlichen Betrieb erkennen lassen oder konnten die<br />
hohen Ansprüche an den Betrieb nicht erfüllen und mussten deshalb verworfen werden.<br />
Das Prinzip des Eisspeichers<br />
Diese technische Lösung ist unter dem Begriff des saisonalen Eisspeichers bekannt geworden.<br />
Die <strong>agn</strong>-Ingenieure stimmten dessen ursprüngliche Idee - Energie pendelt zwischen Sommer und<br />
Winter - auf die speziellen Anforderungen des Archivs, nämlich den sehr kurzfristigen, abwechselnden<br />
Bedarf von Wärme und Kälte, ab.<br />
Kern dieser Technologie ist eine gasbetriebene Absorber-Wärmepumpe, die zur Beheizung des<br />
Gebäudes eingesetzt wird. Diese Wärme wird einem Wasser-Erdspeicher entzogen. Durch diesen<br />
Wärmeentzug friert das hier gelagerte Wasser komplett durch. Man speichert also Kälte,<br />
indem man Wärme erzeugt. Diese Kälte steht dem Gebäude dann zur Verfügung, um die Ar-