Stadtarchiv Stuttgart, Bad Cannstatt - agn Niederberghaus & Partner ...
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<strong>Stadtarchiv</strong> <strong>Stuttgart</strong>, <strong>Bad</strong> <strong>Cannstatt</strong>:<br />
Denkmalschutz und Energiespeichertechnik<br />
2006 – 2011<br />
Besonderheiten des Projektes: Eine sehr heterogene Bausubstanz, das Erfüllen der<br />
Denkmalschutz-Anforderungen und ein ungewöhnliches Energiekonzept.<br />
Ein Eisspeicher – inviduelle Low-Tech-Lösung für die Frage der Energiespeicherung - optimiert<br />
Kühlung und Beheizung des Archivs. Die <strong>agn</strong>-Ingenieure haben die ursprüngliche<br />
Idee des saisonalen Eisspeichers, bei dem Energie zwischen Sommer und Winter<br />
pendelt, auf die speziellen Anforderungen des Archivs, den sehr kurzfristigen, abwechselnden<br />
Bedarf von Wärme und Kälte, abgestimmt.<br />
22. Januar 2011. <strong>Stuttgart</strong> hat ein neues <strong>Stadtarchiv</strong>. Statt wie bisher an vier verschiedenen<br />
Standorten sind die wertvollen Dokumente, Bücher, Urkunden und Datenträger nun an einem<br />
einzigen Standort in <strong>Bad</strong> <strong>Cannstatt</strong> „artgerecht“ untergebracht. Hier in dem sanierten Lager<br />
am Bellingweg finden sie optimale Rahmenbedingungen vor: konstante Temperatur und eine<br />
konstante, relative Feuchte. Auch für die knapp 20 Mitarbeiter ist der Umzug ein lang ersehnter<br />
Schritt. Bereits in den letzten Monaten konnten zuerst Vorphase und Inbetriebnahme des<br />
Archivs, dann der Umzug der Magazine und schließlich der Mitarbeiter abgeschlossen werden.<br />
Vor gut zwei Jahren hatte der Generalplaner <strong>agn</strong> <strong>Niederberghaus</strong> & <strong>Partner</strong> mit den Bauarbeiten<br />
begonnen.<br />
Architektur und Sanierungsphilosophie<br />
Die besondere Aufgabe: Umnutzung eines teilweise denkmalgeschützten Fabrikbaus von 1921 in<br />
ein modernes Archiv. Dabei bestand die Herausforderung in der sehr heterogenen Bausubstanz<br />
und unterschiedlichen Konstruktionsweise der verschiedenen Bauteile trotz eines einheitlichen<br />
Erscheinungsbildes. Darüber hinaus gab es keinen Brandschutz, teilweise fehlte jede thermische<br />
Eignung, eine „schwarze Wanne“ mit mehreren Metern Grundwasser erschwerte Planung und<br />
Bau zusätzlich.<br />
Vor dem Hintergrund langjähriger Erfahrung in Umnutzungsprojekten von mittelalterlichen<br />
Zisterzienserinnen-Klosteranlagen über die Umnutzung einer Pfarrkirche bis zum Industriedenkmal,<br />
war es <strong>agn</strong> auch hier wichtig, historische Spuren so authentisch wie möglich zu bewahren.<br />
Sowohl für denkmalgeschützte Elemente (Bauteil A) als auch für jüngere, nicht unter Denkmalschutz<br />
stehende, aber erhaltenswerte Bauteile (Bauteile B und C) galt es eine schlüssige, bauliche<br />
und technische Gesamtlösung für das Ensemble zu finden.<br />
Beispiel: Die Ziegelfassaden bleiben dank innen liegender Dämmung sichtbar. Auch die Grundausprägung<br />
der Dächer und Fensteröffnungen zum gesamten Innenhof und auf der Giebelseite<br />
des Bauteils C wurde erhalten, um die vorhandene kraftvolle und homogene Erscheinung der<br />
Anlage auch über die einzelnen Aspekte des denkmalgeschützten Teils hinaus zu bewahren.<br />
Teil der neuen technischen Ausstattung war die neueste Archivtechnologie in Bezug auf Klimatisierung<br />
und Lagerung. Über das klimatisierte Archiv hinaus wurden neue Arbeitsplätze für<br />
Verwaltung und Werkstätten, ein öffentlicher Lesesaal sowie diverse Räume (Gruppen-/Medienräume,<br />
Freihandbibliothek) eingerichtet.<br />
Energiekonzept: Fünf Jahre vor der Zeit<br />
Fast unsichtbar, aber ein echtes Alleinstellungsmerkmal ist das Energiekonzept. Von Anfang an<br />
war der Anspruch hoch. Bereits bei den Planungen 2006 wurden energetische Richtlinien umgesetzt,<br />
die die Anforderungen der EnEV deutlich übertrafen. Der <strong>Stuttgart</strong>er Energieerlass verlangte<br />
– anders als die EnEV, die nur einen Gesamtnachweis fordert – die Einzelberechnung aller<br />
Komponenten und Bauteile wie Fenster und Türen. Der maximal hohe Energiestandard wurde<br />
also auf alle Bauteile übertragen.
Sonderfall Archiv<br />
Beheizung, Befeuchtung und Kühlung – das sind die wichtigsten Stellschrauben für die Schaffung<br />
der optimalen klimatischen Rahmenbedingungen. Für die Planer herrschen in einem Archiv<br />
erschwerte Bedingungen: Aus Sicherheitsgründen dürfen keine Wasser führenden Leitungen<br />
zur Einbringung von Energie (Wärme/Kälte) verlegt werden. Außerdem ist eine intensive Luftdurchströmung<br />
notwendig, um überhaupt eine gleichmäßige Verteilung von Wärme bzw. Kälte<br />
im Raum realisieren zu können.<br />
Bei der Suche nach dem passenden Energiekonzept für das <strong>Stadtarchiv</strong> wurde dieses vorab simuliert<br />
und die späteren Betriebskosten so exakt wie möglich im Voraus berechnet, da die speziellen<br />
Anforderungen eines Archivs erheblichen Einfluss auf den Energiebedarf haben. Eines konnte<br />
auch die deutlich verbesserte Gebäudehülle nicht auffangen: Die energetisch sehr aufwändige<br />
und permanent notwendige Ausregelung des Außentemperatureinflusses auf das Gebäude. Was<br />
bei „normaler“ Nutzung praktisch nicht auffällt, ist hier ein Problem. Selbst kurzzeitige Wärmeperioden<br />
erfordern die Kühlung, Kälteperioden die Beheizung - ein energiezehrendes Unterfangen.<br />
Die DIN ISO 11799 gießt diese hohen Anforderungen in konkrete Regeln. Sie fordert eine<br />
schnelle Reaktion auf kleinste Temperatur- und Feuchteveränderungen und schafft somit maximale<br />
Kontinuität.<br />
Das Ungewöhnliche denken und individuelle Lösungen entwickeln<br />
Kernelement des Energiekonzeptes ist ein Eisspeicher. Die Idee entstand durch die spezifische Situation<br />
am Bauort: Das 2,40 m unter Erdgleiche vorkommende wertvolle Heilwasser machte die<br />
geplante klassiche Nutzung geothermischer Energien unmöglich. Im Prozess des Planens – ganz<br />
typisch für das projektindividuelle Vorgehen der <strong>agn</strong>-Fachingenieure, die keine Standardlösung<br />
empfehlen, sondern immer standort-, nutzer- und projektspezifische Ansätze entwickeln – wurde<br />
die Frage der Energiespeicherung diskutiert. Diese durfte weder zu große Energieverluste<br />
aufweisen, noch das Grundwasser beeinträchtigen (also die sensible Tonschicht durchstechen)<br />
oder in die Nähe des wertvollen Heilwassers kommen.<br />
Für beide „Probleme“ – die sensible, schnelle und möglichst wenig energieträchtige Ausregelung<br />
der Außentemperatureinflüsse sowie die Distanz zum Heilwasser/Grundwasser – eignete sich die<br />
Lösung Eisspeicher.<br />
Der große Speicherbehälter liegt genau auf der separierenden Tonschicht und beeinträchtigt das<br />
Grund- und Heilwasser nicht, wie auch das Amt für Umweltschutz bei seinen hydrologischen<br />
Untersuchungen bestätigte.<br />
Ausschlaggebend für den Eisspeicher mit gasbetriebener Absorber-Wärmepumpe war dann ein<br />
langwieriger Konzeptvergleich, um Ökologie und Ökonomie gleichermaßen günstig zu beeinflussen.<br />
Auch hier hat es sich gezeigt, dass dies nur gelingt, wenn man sich der speziellen Aufgabe<br />
eines Gebäudes annimmt und versucht hier den Hebel anzusetzen. Alle anderen Ansätze<br />
konnten keinen auch nur annähernd wirtschaftlichen Betrieb erkennen lassen oder konnten die<br />
hohen Ansprüche an den Betrieb nicht erfüllen und mussten deshalb verworfen werden.<br />
Das Prinzip des Eisspeichers<br />
Diese technische Lösung ist unter dem Begriff des saisonalen Eisspeichers bekannt geworden.<br />
Die <strong>agn</strong>-Ingenieure stimmten dessen ursprüngliche Idee - Energie pendelt zwischen Sommer und<br />
Winter - auf die speziellen Anforderungen des Archivs, nämlich den sehr kurzfristigen, abwechselnden<br />
Bedarf von Wärme und Kälte, ab.<br />
Kern dieser Technologie ist eine gasbetriebene Absorber-Wärmepumpe, die zur Beheizung des<br />
Gebäudes eingesetzt wird. Diese Wärme wird einem Wasser-Erdspeicher entzogen. Durch diesen<br />
Wärmeentzug friert das hier gelagerte Wasser komplett durch. Man speichert also Kälte,<br />
indem man Wärme erzeugt. Diese Kälte steht dem Gebäude dann zur Verfügung, um die Ar-
chivbereiche zu kühlen bzw. zu entfeuchten. Diese Kälte wird in einem außenliegenden, ca. 400 m 2<br />
großen Wassertank durch Eisbildung angespart, um für den Kühlfall unter geringstem Energieeinsatz<br />
zur Verfügung zu stehen.<br />
Zusammenfassung<br />
Auch hier hat sich gezeigt, dass eine Lösung immer nur individuell auf eine spezielle Fragestellung<br />
hin abgestimmt sein kann. Diverse alternativ untersuchte Methoden zeigten im Fall des<br />
<strong>Stadtarchiv</strong>s keine Verbesserung von Ökologie und Ökonomie. Dagegen erwies sich der sehr<br />
spezielle Eisspeicher mit gasbetriebener Absorber-Wärmepumpe für die Aufgabe als wirtschaftlichste<br />
und Energie sparendste Lösung.<br />
Daten und Fakten<br />
Umbau eines teilweise denkmalgeschützten Ensembles mehrerer Lagergebäude zum <strong>Stadtarchiv</strong><br />
Bauherr: LHS <strong>Stuttgart</strong>, Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung<br />
Leistungen: Generalplanung<br />
Baubeginn: September 2008<br />
Inbetriebnahme/Vorphase: Juli 2010<br />
Übergabe/Vollbetrieb: Januar 2011<br />
BGF: 12.000 m 2<br />
Projektleitung Hochbau: Christoph Schmidt-Rhaesa<br />
Projektleitung Technik: Uwe Bürgel<br />
Bauleitung: Hans-Joachim Meusel<br />
Geschäftsführung Hochbau: Bernhard Busch<br />
Geschäftsführung Technik: Bernhard Bergjan<br />
Kurzporträt <strong>agn</strong> <strong>Niederberghaus</strong> & <strong>Partner</strong> GmbH<br />
1952 als Architekturbüro gegründet, hat sich die <strong>agn</strong> <strong>Niederberghaus</strong> & <strong>Partner</strong> GmbH bis heute zum<br />
umfassenden Planer und Berater der Immobilienbranche entwickelt. Rund 270 Mitarbeiter an sieben<br />
Standorten (Ibbenbüren, Düsseldorf, Bremen, Halle/Saale, Hamburg, Ludwigsburg, Potsdam) planen und<br />
realisieren besonders in den Bereichen Verwaltung/Dienstleistung, Industrie, Gesundheitswesen, Bildung/<br />
Erziehung und öffentliche Bauten/Hochschulen.<br />
<strong>agn</strong> bietet alle Vorteile eines „echten Generalplaners“. Architekten und Fachingenieure bearbeiten<br />
Projekte ganzheitlich und interdisziplinär, um wirtschaftliche Ergebnisse bei Investition und Betriebskosten<br />
zu erzielen. Das heißt: <strong>agn</strong> integriert im eigenen Haus die komplette Bandbreite planerischer und<br />
ingenieurtechnischer Leistungen (z. B. Bauphysik, Statik, Tragwerksplanung, Technische Gebäudeausrüstung,<br />
Sicherheitstechnik, Monitoring, Garten- und Landschaftsplanung). Dazu gehören insbesondere ein<br />
umfassendes Projektmanagement und eine termin- und kostenorientierte Projektsteuerung, orientiert an<br />
Lebenszykluskosten und Gesamtaufwandkosten. Nur so kann ein Gebäude auf Dauer wirtschaftlich betrieben<br />
und unterhalten werden. Eine attraktive und zeitgemäße Architektur – auch belegt durch zahlreiche<br />
Auszeichnungen und Wettbewerbspreise - wird Bestandteil dieser Betrachtung.<br />
<strong>agn</strong> unterstützt ab 2009 den Lehrstuhl für Immobilien-Lebenszyklus-Management an der msa münster.<br />
Kontakt<br />
Bernard Bergjan (Projekt)<br />
Britta Tomaske (Presse)<br />
<strong>agn</strong> <strong>Niederberghaus</strong> & <strong>Partner</strong> GmbH<br />
Groner Allee 100<br />
49479 Ibbenbüren<br />
T 05451 5901-0<br />
F 05451 5901-240<br />
b.tomaske@<strong>agn</strong>.de
Heizen<br />
Kühlen<br />
Kälte<br />
Wärmepumpe<br />
Kälte<br />
Wärmepumpe<br />
Energiekonzept <strong>Stadtarchiv</strong> <strong>Bad</strong> <strong>Cannstatt</strong><br />
Schnitt Eisspeicher<br />
© <strong>agn</strong> <strong>Niederberghaus</strong> und <strong>Partner</strong><br />
Eisspeicher<br />
Eisspeicher<br />
Energiekonzept<br />
© <strong>agn</strong> <strong>Niederberghaus</strong> und <strong>Partner</strong>
© Olaf Mahlstedt<br />
© Olaf Mahlstedt
© Olaf Mahlstedt<br />
© Olaf Mahlstedt